Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie sich die Rolle des Experiments vom Mittelalter bis zur Neuzeit verändert hat. Der im Jahr 1500 beginnende Epochenumbruch war gekennzeichnet von vielen Umbrüchen und neuen Denkarten: vor allem in der Wissenschaft. Dabei kam insbesondere dem Experiment eine besondere Rolle für das neue Verständnis der Wissenschaft zu. Es wird festgestellt, dass der Epochenumbruch als Wendepunkt in der Geschichte des Experiments betrachtet werden kann.
Literaturverzeichnis
Einleitung
Definition Experiment
Experimente im Mittelalter
Epochenwende und Neuzeit
Diskussion
Literaturverzeichnis
Abstract
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie sich die Rolle des Experiments vom Mittelalter bis zur Neuzeit verändert hat. Der im Jahr 1500 beginnende Epochenumbruch war gekennzeichnet von vielen Umbrüchen und neuen Denkarten: vor allem in der Wissenschaft. Dabei kam insbesondere dem Experiment eine besondere Rolle für das neue Verständnis der Wissenschaft zu. Es wird festgestellt, dass der Epochenumbruch als Wendepunkt in der Geschichte des Experiments betrachtet werden kann.
Einleitung
Das Experiment wird heute als selbstverständlich in der Wissenschaft wahrgenommen. Eine Hinterfragung des Konzeptes Experiment ist häufig nicht im Lehrplan von Studierenden enthalten. So etabliert sich eine unterbewusste Wahrnehmung des Experiments als Notwendigkeit für die Wissenserlangung (Schneider 1978: 7f.). Es scheint ganz logisch zu sein, die Natur zu befragen, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Vergessen scheint die lange Geschichte, die das Experiment hinter sich hat. Dabei ist das Experiment, so wie wir es heute verstehen, verglichen mit der langen Menschheitsgeschichte, noch nicht lange präsent. Es ist umso lohnenswerter, einen Blick in die relativ junge Geschichte des Experiments zu werfen.
Kellermann beschreibt den Epochenumbruch zwischen Mittelalter und Neuzeit im Zeichen der Verwissenschaftlichung stehend (1999: 138). In diesen Zeitraum lässt sich die Geburtsstunde des Empirismus verorten, bei dem das Experiment ein Schlüsselelement darstellt. Die Zeit zwischen dem Mittelalter hin zur Neuzeit spielte damit eine ganz besondere Rolle für das Verständnis des Experiments in der modernen Wissenschaft. Welche Personen und Bedingungen zu diesem neuen Verständnis beigetragen haben, soll im folgenden Beitrag erläutert werden. Ob der Epochenumbruch einen entscheidenden Wendepunkt markiert, soll in diesem Essay diskutiert werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich demnach mit dem Wandel von Experimenten seit dem Mittelalter bis hin zur Neuzeit.
Zunächst wird der Begriff Experiment definiert. Anschließend wird auf die Rolle von Experimenten im Mittelalter eingegangen, um zu verstehen, warum die Zeit nach dem Mittelalter einen besonderen Einfluss in der Geschichte des Experiments darstellt. Nach der Darstellung des Experiments im Mittelalter wird die Entwicklung bis in die Neuzeit betrachtet. Während dieser Betrachtung und in der Diskussion soll die Frage beantwortet werden, wie sich die Rolle von Experimenten vom Mittelalter bis zur Neuzeit verändert hat. Am Ende wird aufgezeigt, warum tatsächlich von einem Wendepunkt während des Epochenumbruchs gesprochen werden kann. Abschließend werden weitere Forschungspotenziale aufgezeigt.
Definition Experiment
Ein Experiment ist eine spezielle Form der Datenerhebung (Rack/ Christophersen 2007: 17). Neben den Experimenten gibt es beispielsweise Interviews und Befragungen als Datenerhebungsmethoden (ebd.). Experimente werden folgendermaßen definiert:
„ Unter einem Experiment versteht man einen systematischen Beobachtungsvorgang, auf Grund dessen der Untersucher das jeweils interessierende Phänomen erzeugt sowie variiert und dabei gleichzeitig systematische und/oder unsystematische Störfaktoren durch hierfür geeignete Techniken ausschaltet bzw. kontrolliert.“ (Sarris 1992: 129).
Wie diese Definition zeigt, unterstreicht auch Huber, dass ein Experiment sich durch das aktive Eingreifen des Forschenden auszeichnet (Huber 1995: 62 in Rack/ Christophersen 2007: 18). Der Forschende versucht ein Szenario zu erzeugen, um dieses zu beobachten und zu analysieren. In einigen Disziplinen spielen Experimente für den Erkenntnisgewinn eine größere Rolle als in anderen. So kommen ihnen in den Naturwissenschaften im Allgemeinen eine große Bedeutung zu (Schneider 1978: 97f.), während in den Geisteswissenschaften häufig auf andere Formate, wie beispielsweise Interviews oder schriftliche Befragungen, für den Erkenntnisgewinn gesetzt wird (Rack/ Christophersen 2007: 17).
Es lässt sich zwischen quantitativen und qualitativen Experimenten unterscheiden. Bei dem quantitativen Experiment wird versucht die Veränderungen von abhängigen Variablen auf Variation von unabhängigen Variablen zu untersuchen und dabei Störvariablen zu kontrollieren. Es wird angestrebt bestehende Vermutungen zu bestätigen oder zu falsifizieren. Dagegen versucht das qualitative Experiment neue Muster und Strukturen zu erkennen. Während sich quantitative Experimente also durch das Überprüfen von Hypothesen auszeichnen, haben qualitative Experimente einen explorativen Charakter. Zusätzlich wird auf zwei unterschiedlichen Arten, dem Labor- und dem Feld-Experiment hingewiesen. Das Feld-Experiment findet im Gegensatz zum Labor-Experiment in einer natürlichen Umgebung statt (Sarris 1992: 182 f. in Rack/ Christophersen 2007: 18). Quantitative Experimente finden meistens im Labor statt, während qualitative Experimente eher im natürlichen Raum durchgeführt werden. In diesem Essay wird im Allgemeinen nicht auf den Unterschied der beiden Experiment Arten eingegangen, sondern das Experiment als Ganzes betrachtet. Dies geschieht aus dem einfachen Grund, dass erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Unterscheidung zwischen den beiden Formen begonnen wurde (Burkart 2010: 253).
Experimente im Mittelalter
Um zu verstehen, wie sich das Experiment nach dem Mittelalter bis hin zur Neuzeit entwickelt hat, muss zunächst einmal festgehalten werden, welchen Platz es im Mittelalter innehielt.
Das Mittelalter wird als Zeitraum zwischen Altertum und Neuzeit um ca. 500 bis 1500 nach Christi Geburt datiert (Knefelkamp 2018: 13). Es ist stets zu beachten, dass dieser Zeitraum lediglich einen Konsens zwischen Historikerinnen und Historikern verkörpert.
Häufig wird die Frage gestellt, warum vor und während dem Mittelalter nicht experimentiert wurde (Dingler 2014: 245). Doch auch vor und im Mittelalter hat es Experimente gegeben in dem Sinne, dass die Natur beobachtet wurde. So erkennt Dingler, dass „qualitative“ Experimente, die er als „ohne eigentliche Messung gemachten Erfahrungen“ (ebd.) beschreibt, schon seit den ältesten Zeiten eine außerordentliche Rolle spielten. Aber auch das messende Experiment fand laut Dingler schon seit dem Altertum seine Anwendung. So wurde in Ägypten bereits Land vermessen sowie in der Astronomie Messungen angestellt. Diese Messungen sind jedoch bloße Momentaufnahmen gewesen. Häufig wird die eigentliche Entwicklung des Experiments auf die Antike datiert. So haben die Pythagoräer bespielsweise die Beziehung von Tonhöhen und Saitenlängen untersucht und gefordert noch mehr Erfahrungen zu sammeln (Burkart 2010: 253). Im Mittelalter war es vor allem der arabische Gelehrte Alhazen, der im Gebiet der Optik Untersuchungen mit messendem, experimentellem Charakter durchgeführt hat (Dingler 2014: 247).
Für eine messende Forschung, wie wir sie verstehen, wären nicht nur einzelne Messungen, sondern ganze Messungsserien erforderlich, die die Veränderungen und Abhängigkeiten von Umständen und Variablen feststellen sollen. Diese Art der Messung habe tatsächlich erst nach dem Mittelalter an Popularität gewonnen. Dingler möchte mit seinen Ausführungen betonen, dass die Vorwürfe, man hätte zu frühen Zeit nicht experimentiert, zu relativieren seien (ebd. 246f.).
Kellermann beschreibt die Wissensgesellschaft des Mittelalters als „gespaltene Gelehrten-Laien-Gesellschaft“ (1999: 138). Wissenschaftliche Schriften im Mittelalter wurden von Gelehrten und Mönchen, also Autoritäten zu damaligen Zeiten, dominiert. Dies lässt sich unter anderem daran erklären, dass diese Gruppe im Gegensatz zur restlichen Bevölkerung des Lesens und Schreibens mächtig war. Dementsprechend blieb der Zugang zu Wissen vielen Menschen von vorne rein verwehrt und damit das Interesse an Experimenten im Allgemeinen gering. Erst mit Johann Gutenbergs Erfindung des Buchdruckes um 1440 wurde der Zugang zu neuen Erkenntnissen vorangetrieben, mit denen sich zunehmend kritischer auseinandergesetzt wurde. Neugier, die sogenannte curiositas wurde im Allgemeinen in der Gesellschaft als Sünde wahrgenommen (ebd.: 124), da sie die vorherrschenden Weltbilder in Frage stellte. Das damalige Weltbild war vor allem durch die Kirche und Aristoteles Lehren geprägt und propagierte ein geozentrisches Weltbild mit dem Menschen als Mittelpunkt des Universums.
Festzuhalten ist, dass auch vor dem Epochenumbruch experimentiert wurde. Der experimentierende Mensch stellte sich im Mittelalter aber im Allgemeinen als eine Gefahr für das vorherrschende Weltbild heraus und wurde in der Gesellschaft wenig angesehen.
Epochenwende und Neuzeit
In diesem Essay wird der Umbruch vom Mittelalter bis zur Neuzeit im Lichte des Experiments fokussiert. Dieser Zeitraum beginnt um ca. 1500 nach Christus und wird meist als Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert adressiert. Häufig fällt in diesem Zusammenhang auch der Begriff der „wissenschaftlichen Revolution“, die sich vor, nach und über diesen Zeitraum ereignet haben soll. Ob tatsächlich von einer „Revolution“ gesprochen werden kann ist debattierfähig und soll nicht Teil dieses Essays sein.
Kellermann ordnet die Phase des Übergangs punktuell bereits im 14. Jahrhundert beginnend bis stellenweise noch im 17. Jahrhundert beobachtbar ein (1999: 124). Zusätzlich weist Kellermann darauf hin, dass diese Unterscheidung zwar das Verständnis für die Vergangenheit erleichtere, dabei aber wichtige Zwischenstufen und Entwicklungsschritte vernachlässigt werden würden. Der Wandel habe nicht radikal stattgefunden, sondern vielmehr wurden die Methoden der „Exakten Wissenschaft, Messen und Rechnen“ (ebd.) erst allmählich als Arbeitsweisen des wissenschaftlichen Weltverstehens akzeptiert.
Die folgenden Absätze sollen den Wandel im Hinblick auf das Experiment vertiefen. Es sollen Personen und Bedingungen aufgezeigt werden, die die Entwicklungen, die zum heutigen Verständnis des Experiments und der Wissenschaft beigetragen haben, begünstigten.
Galileo Galilei (1564-1642) wird wegen seiner Experimente, aber auch seinen theoretischen Überlegungen als Begründer der modernen Wissenschaft gesehen (Schneider 1978: 24). Er hat 1604 als erste Person das Resultat eines physikalischen Experimentes in mathematischen Formeln beschrieben und somit das wissenschaftliche Arbeiten revolutioniert (Honerkamp 2020: 186). Er selbst sprach auch von einer „neuen Wissenschaft“, die er angetrieben habe. Sein Zitat „ Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.“ Ist in diesem Zusammenhang populär geworden. Er stellte fest, dass die Natur mit Hilfe von Experimenten befragt werden müsse, um sie zu verstehen. Daraus müssen seinem Verständnis zufolge Schlüsse mit Hilfe der Mathematik getroffen und formuliert werden. Demzufolge seien nicht nur Experimente, sondern Experimente im Zusammenhang mit der Mathematik bedeutend für seine neue Wissenschaft (ebd.).
Mit Galilei ging eine Lehre einher, die die Mathematisierung der Wissenschaft und eine größere Bedeutung von Experimenten für die Wissenschaft in den Vordergrund rückt. Galilei war es auch, der das erste Teleskop erbaute, um präzisere Daten über den Kosmos zu gewinnen. Durch Galilei geriet das messende Experiment in die Köpfe der damaligen Forscher, welche ihre eigenen Forschungen seit jeher mit der Entwicklung von möglichen Messinstrumenten bereicherten (Dingler 2014: 260). Er veränderte die Wissenschaft mit seinen Überlegungen grundlegend und brachte vor allen Dingen eine Systematik ein. Auch das damals vorherrschende Weltbild stellte Galilei infrage. Zum ersten Mal konnte die breite Bevölkerung sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass der Kosmos mehr bereithält als den eigenen Planeten. Dieser Umstand stellte logischerweise das geozentrische Weltbild in Frage und forderte etablierte Denkweisen heraus.
Doch Galilei darf nicht als alleiniger Einflussnehmer auf die experimentelle Methodik gesehen werden. Es waren die Beiträge vieler, die den Grundstein für die heutige experimentelle Forschung gelegt haben. Roger Bacon (1214-1292), ein englischer Naturphilosoph, hat bereits im 13. Jahrhundert die Mathematik als Basis aller Wissenschaft angesehen und die Quantität hochgepriesen. Während des Epochenumbruches war es Francis Bacon (1561-1626), der als starker Propagandist für experimentalistische Anschauungen, tätig war. Diesem fehlte jedoch das Verständnis für die Physik, weshalb er Galileis Werke wenig Beachtung schenkte. Er setzte sich eher für die Verbreitung des qualitativen Experiments ein. Trotzdem waren Galilei und er Glaubensbrüder, die das Experiment in den Köpfen der damaligen Wissenschaftler verankerten. René Descartes (1596-1650) und John Locke (1632-1704) systematisierten und erforschten Galileis Regeln weiterhin. Denis Diderot (1713-1784) fungierte später als Vermittler von Descartes Rationalismus und Lockes striktem Empirismus und erhob die Forderung Erfahrung, Beobachtung und Experiment mit Hypothesen zu verbinden (Maschewski 1997: 27 in Burkart 2010: 253). Im 17. Jahrhundert war das Experiment bereits umfangreich verbreitet, was zu bedeutenden Entdeckungen führte. Dazu zählte beispielsweise die von Isaac Newton (1642-1727) entdeckte Gravitationskraft. Schließlich kam es im 19. Jahrhundert dazu, dass sich eine Unterscheidung zwischen dem quantitativen und dem qualitativen Experiment herauskristallisierte. Zu diesem Zeitpunkt war das Experiment bereits als fester Bestandteil der Erkenntnisgewinnung in vielen Disziplinen etabliert (ebd.).
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- Arbeit zitieren
- Steffi Graf (Autor:in), 2020, Das Experiment in der Epochenwende vom Mittelalter zur Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/909807
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