Das Heimgesetz besteht seit dem 1.1.1975. Es sollte damals dazu beitragen die grossen
Missstände im Pflegebereich zu beheben, die aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen
und der daraus nicht möglichen Kontrolle durch den Staat entstanden waren. Im Laufe
der Jahre wurde das Heimgesetz immer wieder novelliert und so den Gegebenheiten der
Zeit angepasst. Die letzte Novellierung trat am 1.1.2002 in Kraft. „Wesentlich veränderte
gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen, sowie der im Bereich der
Altenhilfe bestehende Reformstau haben den Gesetzgeber veranlasst, nach mehr als 25
Jahren eine erfolgreiche Rechtslage modernen Erfordernissen anzupassen“1.
Die Ziele der Novellierung wurden im §2 Abs. 1 Heimgesetz wie folgt definiert:
- Schutz der Würde und der Interessen der Bewohner vor Beeinträchtigung
- Förderung und Wahrung der Selbständigkeit, Selbstbestimmung und
Selbstverantwortung der Bewohner
- Sicherung der Einhaltung der dem Heimträger gegenüber den Bewohnern
obliegenden Pflichten
- Sicherung der Heimbewohnermitwirkung
- Sicherung der Qualität des Wohnens und der Betreuung
- Förderung der Beratung in Heimangelegenheiten
Der Hauptteil dieser Arbeit beschreibt die aus diesen Zielen abgeleiteten Veränderungen
für Betreiber und Bewohner. Er beschränkt sich dabei auf die Paragrafen §5,§7,§8 und
§10 und die dazugehörigen Absätze. Ich werde die einzelnen Absätze zuerst
beschreiben und die jeweiligen Veränderungen zur alten Fassung aufzeigen und danach
die praktische Relevanz und Bedeutung erklären und erörtern. Natürlich kann eine
komplette Analyse der einzelnen Absätze aufgrund der Seitenlimitation nur bedingt
erfolgen. Es ist auch nicht mein Anspruch eine Abhandlung über das neue Gesetz zu
verfassen, sondern es sollen die Kernpunkte herausgearbeitet werden, die in der Praxis
relevant sind und bereits jetzt in Fachkreisen für viel Gesprächs- und Zündstoff sorgen.
In den Fussnoten werde ich auf weiterführende Literatur verweisen, die dem
interessiertem Leser helfen können, die einzelnen Details zu vertiefen. Schließen
möchte ich mit einer kritischen Betrachtung zu den Zielsetzungen des Gesetzes und
ihrer Umsetzung in die Praxis. Auf Grund der Aktualität des Themas liegt noch keine bzw. nur ungenügende Literatur
vor. Deswegen stützt sich diese Arbeit hauptsächlich auf Interviews, die ich mit
Heimbetreibern, Sachverständigen und den Heimbewohnervertretungen geführt habe.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Geschichte und Hintergrund des Heimgesetzes
2. Die Paragraphen §5, §7, §8 und §10 des neuen Heimgesetzes; Veränderungen für Betreiber und Bewohner
2.1 §5: Der Heimvertrag
2.2 §7: Die Erhöhung des Entgelts
2.3 §8: Die Vertragsdauer
2.4 §10: Die Mitwirkung der Bewohner
3. Zusammenfassung
Literatur- und Quellenverzeichnis
1. Geschichte und Hintergrund des Heimgesetzes
Das Heimgesetz besteht seit dem 1.1.1975. Es sollte damals dazu beitragen die grossen Missstände im Pflegebereich zu beheben, die aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen und der daraus nicht möglichen Kontrolle durch den Staat entstanden waren. Im Laufe der Jahre wurde das Heimgesetz immer wieder novelliert und so den Gegebenheiten der Zeit angepasst. Die letzte Novellierung trat am 1.1.2002 in Kraft. „Wesentlich ver-änderte gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen, sowie der im Bereich der Altenhilfe bestehende Reformstau haben den Gesetzgeber veranlasst, nach mehr als 25 Jahren eine erfolgreiche Rechtslage modernen Erfordernissen anzupassen“[1].
Die Ziele der Novellierung wurden im §2 Abs. 1 Heimgesetz wie folgt definiert:
- Schutz der Würde und der Interessen der Bewohner vor Beeinträchtigung
- Förderung und Wahrung der Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Bewohner
- Sicherung der Einhaltung der dem Heimträger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten
- Sicherung der Heimbewohnermitwirkung
- Sicherung der Qualität des Wohnens und der Betreuung
- Förderung der Beratung in Heimangelegenheiten
Der Hauptteil dieser Arbeit beschreibt die aus diesen Zielen abgeleiteten Veränderungen für Betreiber und Bewohner. Er beschränkt sich dabei auf die Paragrafen §5,§7,§8 und §10 und die dazugehörigen Absätze. Ich werde die einzelnen Absätze zuerst beschreiben und die jeweiligen Veränderungen zur alten Fassung aufzeigen und danach die praktische Relevanz und Bedeutung erklären und erörtern. Natürlich kann eine komplette Analyse der einzelnen Absätze aufgrund der Seitenlimitation nur bedingt erfolgen. Es ist auch nicht mein Anspruch eine Abhandlung über das neue Gesetz zu verfassen, sondern es sollen die Kernpunkte herausgearbeitet werden, die in der Praxis relevant sind und bereits jetzt in Fachkreisen für viel Gesprächs- und Zündstoff sorgen. In den Fussnoten werde ich auf weiterführende Literatur verweisen, die dem interessiertem Leser helfen können, die einzelnen Details zu vertiefen. Schließen möchte ich mit einer kritischen Betrachtung zu den Zielsetzungen des Gesetzes und ihrer Umsetzung in die Praxis.
Auf Grund der Aktualität des Themas liegt noch keine bzw. nur ungenügende Literatur vor. Deswegen stützt sich diese Arbeit hauptsächlich auf Interviews, die ich mit Heimbetreibern, Sachverständigen und den Heimbewohnervertretungen geführt habe.
Da sich meine Gesprächspartner nicht nur in Baden Württemberg befanden, kann es vorkommen, dass bei einigen Paragrafen länderspezifische Besonderheiten z.B. im Bezug auf die Verhandlungen mit den Pflegekassen gibt, die unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten ergeben. So weit es mir möglich ist, werde ich darauf hinweisen.
2. Die Paragraphen §5, §7, §8 und §10 des neuen Heimgesetzes; Veränderungen für Betreiber und Bewohner
2.1 §5: Der Heimvertrag
Wie bei einem Dauerschuldverhältnis[2] üblich, schließen der Betreiber und der Bewohner einen Heimvertrag. Der Bewohner muss über den Inhalt des Vertrages aufgeklärt werden und erhält eine schriftliche Ausfertigung (Abs.1). Insbesondere muss der Betreiber den Bewohner auf die Möglichkeit der Kostenerhöhung aufmerksam machen, wie es in Abs.2 vorgeschrieben wird. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Bewohner sich auf die Mehrkosten, die in Zukunft entstehen können, einrichten kann.
Neu ist ebenfalls, dass die Betreibergesellschaften die Ausstattung des Heims und dessen Leistungen im Vertrag auflisten und nach Preisen aufschlüsseln müssen. Dies geschieht nach den Bereichen Unterkunft, Verpflegung, Betreuung und Investitions-kosten (Abs.3). Die Pflegesatzkommission verhandelt für jedes Heim die genauen Beträge, da aufgrund unterschiedlicher Standards keine landesweit einheitlichen Entgelte möglich sind.[3] In 2.2 wird dieses Thema der Pflegesatzkommission nochmals aufgegriffen.
Die Aufschlüsselung führt in einigen Alten- und Pflegeheimen zu einer deutlichen Mehrarbeit bei der Rechnungsstellung, da die frühere Pauschalabrechung in einem Betrag für sie einfacher und weniger zeitaufwendig war. Für den Bewohner aber wird die Rechnung übersichtlicher.
Zusatzleistungen wie Bügeln, Telefon, Essen auf dem Zimmer, usw. müssen ebenfalls gesondert mit den entsprechenden Preisen angeführt und beschrieben werden. Sie werden bei Bedarf mit dem Bewohner einzeln abgerechnet. Für die Bewohner bietet diese Lösung den Vorteil, dass die Kosten für einen Aufenthalt übersichtlicher und dadurch vergleichbarer werden. Denn aufgrund unterschiedlicher Preisgestaltungen (Pauschalen oder Einzelabrechnung) und Leistungsangeboten waren die Preise und Leistungen von unterschiedlichen Alten- und Pflegeheimen nur schwer durchschaubar. Und Transparenz in diesem Bereich war ein Hauptanliegen der Novellierung, wie es die zuständige Ministerin in einem Interview formulierte[4].
Leistungen Dritter (Friseur, medizinische Fusspflege, usw.) sind ebenfalls Bestandteil des Vertrags. Das Entgelt für diese Dienstleistungen wird nicht im Vertrag angegeben, da das Heim nur als Vermittler zwischen beiden auftritt und bei Bedarf die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt.
In Absatz 7 bestimmt der Gesetzgeber, dass das Entgelt sowie dessen Bestandteile im Verhältnis zu den Leistungen angemessen sein muss[5]. „Hier ist eine Verschärfung des Prüfungsmaßstabes zugunsten der Bewohner geschaffen worden als Ausgleich dafür, dass sie keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Entgeltgestaltung, d.h. auf die Wirtschaftsführung des Heimträgers haben.“[6]
Die Entgelte sind für alle Bewohner des Heimes nach einheitlichen Grundsätzen zu bemessen, wobei eine Differenzierung nach Kostenträgern grundsätzlich unzulässig ist. „Dies bedeutet, dass von einem Bewohner, der Leistungen der Sozialhilfe oder der gesetzlichen Pflegeversicherung erhält, für die gleiche Leistung kein höherer Kostenanteil als von einem anderen Bewohner verlangt werden darf.“[7]
Der Heimvertrag muss nun auch nach Abs.10 Ansprechpartner enthalten, an die sich der Bewohner bei Problemen oder zur Beratung wenden kann (Heimaufsicht, Medizinischer Dienst der Krankenkassen, Träger). Dies vereinfacht es dem Bewohner seine Beschwerden an den richtigen Adressaten zu richten und auf eine Verbesserung zu hoffen. Diese Regelung wird dazu führen, dass „die Träger ein geeignetes Beschwerde- und Beratungsmanagement aufbauen und es in eigenem Interesse auch praktizieren.“[8]
Wird eine im Vertrag zugesicherte Leistung nicht angemessen erbracht oder weist diese Leistung einen Mangel auf, so steht es dem Bewohner gemäß Abs.11 ab sofort frei das Entgelt zu kürzen. Dies kann bis zu 6 Wochen rückwirkend geschehen. Diese Regelung ist meiner Meinung nach äußerst problematisch. Zwar werden die Leistungen im Heimvertrag wie oben beschrieben aufgeführt und der Bewohner hat ein Recht auf die versprochene Leistung. Doch ist die Erfüllung oft von subjektiven Eindrücken geleitet. Zu diesem Problem gab der Geschäftsführende Vorstand des Diakoniewerks Hohenbrunn in Bayern folgendes Beispiel: Ein Bewohner wird aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit von einem Pfleger bei der Essenseinnahme unterstützt. Gibt es ein Recht zur Leistungskürzung, wenn der Pfleger, der die Gewohnheiten seines Bewohners sehr gut kennt und darauf eingeht, in Urlaub geht und die Urlaubsvertretung, die nicht in allen Einzelheiten mit dem Bewohner vertraut ist, in Temperament, Wesen und Auftreten vielleicht nicht dem normalen Pfleger entspricht und aus der Sicht des Bewohners dadurch die „gewohnte“ Leistung nicht erbracht wird?[9]
Und wie sieht es bei der Belästigung während Sanierungsarbeiten am Heim aus? In diesem Fall scheint eine Kürzung gerechtfertigt. Doch es ergibt sich ein anderes Problem. Denn handelt es sich bei dem Bewohner um einen Sozialhilfeempfänger müsste laut Heimgesetz die Minderung an das Sozialamt ausgezahlt werden, obwohl der Bewohner den Schaden und die Belästigung hat. Mir ist ein Fall bekannt, wo das Sozialamt auf Nachfrage des Betreibers die Minderung für einen kurzen Zeitraum (in diesem Fall 3 Monate) dem Bewohnern zusprach.
Noch fehlt es an der Festlegung der genauen Standards, die zu einer Minderung führen können. Diese werden wohl erst in den nächsten Jahren durch Gerichtsurteile definiert werden.
Außerdem wäre diese Kürzungsregelung gar nicht nötig gewesen, da den Bewohnern das Recht auf eine Schadensersatz aufgrund Schlechterfüllung des Heimvertrages nicht genommen werden kann.[10]
Zum Glück werden in den meisten Alten- und Pflegeheimen solche Probleme im Dialog mit dem jeweiligen Bewohner und dessen Angehörigen gelöst, so dass ein langwieriger Prozess vor Gericht umgangen werden kann.
Sollte es jedoch trotz aller Bemühungen zu einem Prozess kommen, kommt der Dokumentation eine besondere Stellung zu[11]. Durch eine fortlaufende und lückenlose Dokumentation kann sich der Betreiber vor ungerechtfertigten Klagen schützen und den Angehörigen über die damalige Situation aufklären.
Die Übergangsfrist zur Überarbeitung und Aktualisierung der alten Verträge beträgt ein Jahr. Die Überarbeitung ist häufig nicht nötig, da besonders in Pflegeheimen die Sterberate bei ca. 50% liegt und so eine Anpassung der alten Verträge entfällt.[12]
[...]
[1] Crößmann G.; Iffland S.; Mangels R.: Taschenkommentar Heimgesetz, 5.Auflage, Hannover 2002, S.10
[2] Vgl. dazu auch die Definition nach Eugen Klunzinger, in: Einführung in das Bürgerliche Recht, 9.Auflage, München 2000, S.168, in der auf die besonderen Rücksichts- und Loyalitätspflichten verwiesen wird, die sich aus einem Dauerschuldverhältnis ergeben.
[3] Vgl.: Interview mit Herrn Schwarz, Diakoniewerk Hohenbrunn, 21.9.2002
[4] Vgl.: Pressemittelung zur Verabschiedung des Heimgesetz unter: http://www.bmfsfj.de/dokumente/Artikel/ix_27558.htm?id=27558
[5] Zur Problematik des Begriffs „angemessen“ siehe: Stellungnahme der AWO von Elmar Schmitz zum Heimgesetz unter http://www.pflegenet.de/index1.html?SUBMENU=7&SubLinkNR=
0&linker=details&kat=3&id=14&criteria=heimgesetz und Urteil des BGH vom 19.1.96 – III ZR 108/94
[6] Friedrichs, H.; Broy, M.; Markus, K., Die Neuregelungen im Heimgesetz, Leitfaden Teil A, BIVA (Hrsg.) o.A., Swisstal, 2002, S.17
[7] Crößmann G.; Iffland S.; Mangels R.: a.a.O.,S.167
[8] Crößmann G.; Iffland S.; Mangels R, a.a.O, S.186
[9] Vgl. Interview mit Herrn Schwarz, Diakoniewerk Hohenbrunn, 7.8.2002
[10] Vgl.: §280 BGB in Verbindung mit §281BGB, die bei der Verletzung von Vertragspflichten die Anspruchsgrundlage bilden.
[11] Vgl.: Interview mit Herrn Breuninger, Samariterstiftung Nürtingen, 6.9.2002
[12] Vgl.: Interview mit Frau Kappus, Herzog-Christoph-Heim Bad Urach, 15.8.2002
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