Der Satz vom auszuschließenden Widerspruch ist seit der Antike in der Philsophie stille Übereinkunft, wie z.B. in Platos Dialogen, oder problematisierte Fragestellung, wie bereits bei Aristoteles, der sich mit Belegen für den Ausschluss des Widerspruchs beschäftigte.
In einem ersten Teil beschäftigt sich diese Arbeit mit Begriff und Definition des Satzes und klärt die Einwände gegen den Aussschluss.
In einem zweiten Teil wird ein Argumentationsweg versucht, einen Sachverhalt in der Wirklichkeit nachzuweisen, für den der Widerspruch gilt. Die Argumentation stützt sich auf Fritz Riemanns Grundformen der Angst, ein psychologisches Werk, das von den Antinomien des Lebens handelt, wie Riemann sie betitelt.
Im nächsten Schritt soll eine der beiden Antinomien durch ein literarisches Beispiel von Fjodor M. Dostojewski, Aufzeichnungen aus dem Kellerloch, belegt werden. Dabei gilt besondere Aufmerksamkeit, die Gleichzeitigkeit der sich widersprechenden Aussagen zu erfüllen.
In formal-logische Hinsicht wird die kontradiktorische Gültigkeit des Satzes nicht angezweifelt.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch
2.1. Definition des Satzes vom Widerspruch
2.2. Klärung der Einwände gegen den Ausschluss des Widerspruchs
3. Riemanns Grundformen der Angst
3.1. Die Ängste und Antinomien des Lebens
3.2. Formalisierung der Antinomien
4. Dostojewskis Kellerloch
4.1. Der Mensch aus dem Kellerloch und die Grundformen der Angst
4.2. Formalisierung des Widerspruches
5. Zusammenfassung
5.1. Der Ausschluss des Widerspruchs
5.2. Der Wille zur Freiheit des Denkens
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Satz vom auszuschließenden Widerspruch ist seit der Antike in der Philsophie stille Übereinkunft, wie z.B. in Platos Dialogen, oder problematisierte Fragestellung, wie bereits bei Aristoteles, der sich mit Belegen für den Ausschluss des Widerspruchs beschäftigte.
In einem ersten Teil beschäftigt sich diese Arbeit mit Begriff und Definition des Satzes und klärt die Einwände gegen den Aussschluss.
In einem zweiten Teil wird ein Argumentationsweg versucht, einen Sachverhalt in der Wirklichkeit nachzuweisen, für den der Widerspruch gilt. Die Argumentation stützt sich auf Fritz Riemanns Grundformen der Angst, ein psychologisches Werk, das von den Antinomien des Lebens handelt, wie Riemann sie betitelt.
Im nächsten Schritt soll eine der beiden Antinomien durch ein literarisches Beispiel von Fjodor M. Dostojewski, Aufzeichnungen aus dem Kellerloch, belegt werden. Dabei gilt besondere Aufmerksamkeit, die Gleichzeitigkeit der sich widersprechenden Aussagen zu erfüllen.
In formal-logische Hinsicht wird die kontradiktorische Gültigkeit des Satzes nicht angezweifelt.
2. Der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch
2.1. Definition des Satzes vom Widerspruch
Der Satz vom Widerspruch lautet, wie folgt: in einer Prädikation wird eine Eigenschaft P einem Subjekt s zugesprochen und abgesprochen, also s [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] P und s [ P, dabei gelten beide Prädikationen zum gleichen Zeitpunkt. Genauer muss man also vom Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch sprechen, denn es ist unmöglich, dass eine Aussage oder Prädikation und die jeweilige Negation formal zugleich gelten.
Verstehen wir im weiteren p als Variable für eine beliebige Aussage und steht „.“ als Operator für die Konjunktion, sowie „~“ als Negation, lautet der Satz vom Widerspruch p . ~p in dieser formal logischen Sprache. Die Negation wird hier im Zusammenhang mit der Falschheit verstanden. So gilt für den Fall „p ist wahr“, dass ~p falsch ist, und für den Fall „p ist falsch“, dass „~p wahr ist“.1
Da eine Konjunktion nur dann den Wert wahr annehmen kann, wenn beide Konjunktionsglieder wahr sind, kann die Formel p . ~p bei keiner Zuordnung der Wahrheitswerte „wahr“ und „falsch“ für p den Wert wahr annehmen. Die Formel ist formal-logisch eine Kontradiktion und kann in diesem logischen Kalkül nicht erfüllt oder bewiesen werden.2
2.2. Klärung der Einwände gegen den Ausschluss des Widerspruchs
In verschiedenen Hinsichten kann ein Prädikat einem Gegenstand zukommen und nicht zukommen. Ohne Zweifel kann ein Prädikat zu einem Zeitpunkt einem Gegenstand zugesprochen und zu einem anderen Zeitpunkt dem selben Gegenstand abgesprochen werden. So ist der Zusatz der Gleichzeitigkeit wichtig, da dann die Prädikation oder ihr Negat notwendig falsch sein muss. Mit der Gleichzeitigkeit sichert hier Aristoteles den Widerspruch.3
Ein anderer Einwand ist, dass ein Prädikat einem Gegenstand an verschiedenen Stellen zukommen kann, z.B.: ein Gegenstand ist rot, hat aber einen weißen Fleck. Auch wenn der Gegenstand überall die gleiche Farbe hat, kann er rot und nicht rot sein. Er ist zwar rot, das Prädikat „rot“ trifft aber nicht genau genug die Farbnuance des Rots, das gemeint ist, so ist der Gegenstand auch nicht rot. Hier hilft sich Aristoteles mit dem Zusatz, das Prädikat müsse genau in der gleichen Hinsicht zu- und abgesprochen werden. Es ist der Zusatz einer notwendigen Präzisierung.4
Mit diesen Zusätzen läuft jedoch derjenige, der den Widerspruch aufrechterhalten will, demjenigen, der ihn leugnet, hinterher, da es dem Leugner immer wieder gelingen wird, scheinbare Widersprüche in der Wirklichkeit aufzuzeigen. Nach Aristoteles ist es nicht möglich, den Widerspruch direkt zu beweisen, also müsse man denjenigen widerlegen, der den Satz leugnet. Solch ein indirekter Beweis setzt voraus, dass man in der Annahme des Gegners einen Widerspruch nachweist. Das kann den Leugner nicht zwingen seine Annahme fallen zu lassen, da die Negation des Widerspruchs in seiner Annahme besteht.
Der Gegner muss zugeben, dass er etwas sagt. Wenn er etwas sagt, dann will er etwas Bestimmtes zu verstehen geben. Und wer etwas Bestimmtes zu verstehen gibt und es wiederum nicht zu verstehen gibt, eben durch die Negation des Bestimmten, der gibt nichts zu verstehen.5
Was, wenn nun die angewandten Prädikate mehrdeutig sind? Aristoteles antwortet, das sei unerheblich, wenn die die Zahl der Bedeutungen eines Prädikates bestimmbar ist.
Der andere Einwand ist, dass die Gegenstände, auf die die Prädikate angewandt werden, eine unbestimmte Vielzahl an Bestimmungen haben. Aristoteles antwortet, es müsse unterschieden werden zwischen der Bedeutung des Prädikats und dem Gegenstand, auf den das Prädikat angewandt wird. Während der Gegenstand eine Vielzahl an Bestimmungen hat, muss die Bedeutung des Prädikats eindeutig bestimmt sein. So folgt der Schluss: wenn ein Prädikat eindeutig bestimmt ist, kann nicht zugleich sein Gegenteil gültig sein.6
Aristoteles bringt nicht zur Klarheit, welchen Stellenwert das Wort „nicht“ im Zusammenhang mit der Bestimmung des Prädikats hat. Auch das Problem der Mehrdeutigkeit konnte er nicht klären.
Hier hat Strawson einen klärenden Ansatz. Bei ihm ist das Prädikat nicht mit dem Gegenstand verbunden. Für ihn erfüllt das Prädikat eine Funktion, die das Prädikat auf einen Gegenstand bezieht. Hierbei wird die Beschaffenheit eines Gegenstandes beschrieben, und wird nicht nur mit anderen verglichen, sondern von anderen unterschieden. Die Kontrastierung des „es ist so“ oder „es ist nicht so“ ist bereits im Prädikat enthalten. Strawson erläutert das, mit dem Ziehen einer Grenze. Wenn wir ein Prädikat anwenden, geben wir zu verstehen, dass der Gegenstand auf der einen oder auf der anderen Seite der Grenzlinie liegt. Hier wird deutlicher, was Aristoteles mit dem bestimmten Ausdruck einer Rede meint. Wir geben etwas bestimmtes zu verstehen, wenn behauptet wird, dass der Gegenstand auf der einen und nicht auf der anderen Seite der Grenzlinie liegt. Nur dann kann eine Aussage informativ sein. Für den Fall des Widerspruchs würden wir sagen, dass der Gegenstand sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite der Grenzlinie liegt. Der Gegenstand wird in seiner Beschreibung weder verglichen noch unterschieden. Der Informationswert der Aussage ist gleich Null, denn wir haben nichts zu verstehenen gegeben.7
Hieraus folgt der Einwand, wenn jedes Prädikat also bestimmt ist und einem Gegenstand mehrere Prädikate zukommen, dass er z.B. blau und rund ist, so ist das Prädikat „blau“ nicht identisch mit dem Prädikat „rund“. Das läuft darauf hinaus, dass man sagt, der Gegenstand sei blau und nicht blau. Hier entgegnet Strawson, nicht die Prädikate würden voneinander unterschieden, sondern der Gegenstand ist es, der von anderen unterschieden wird. Die Aussage „das ist nicht blau“ behauptet, dass der Gegenstand auf der einen und nicht auf der anderen Seite der Grenzlinie liegt, was andere positive Prädikate nicht ausschließt. Es lässt sich für negative Aussagen eine positive formulieren, z.B. zu „es ist nicht schnell“ „es ist langsam“.
Strawson definiert an dieser Stelle den Inkompatibilitätsbereich. Wenn ein Prädikat bereits ein anderes ausschließt, wie „rot“ und „blau“. Sind Prädikate inkompatibel, können sie nicht dem gleichen Gegenstand in der gleichen Hinsicht zugesprochen werden, was bei „blau“ und „rund“ nicht der Fall ist. Hier kann also kein Widerspruch behauptet werden.
Mit Strawsons Erläuterungen kann nun auch das Problem mehrdeutiger Prädikate geklärt werden. Ein Widerspruch ergibt sich, wenn man einen Gegenstand auf die eine als auch auf die andere Seite der Grenzlinie setzt. Bei mehrdeutigen Prädikaten ist diese Grenze ein unscharfer Streifen, auf dem sich der Gegenstand also befinden kann. So kann man behaupten, der Gegenstand sei z.B. blau und nicht blau. An dieser Stelle muss man zu einer Präzisierung bereit sein, z.B. dass der Gegenstand zwar blau ist, aber etwas Rot enthält, also eher violett ist als blau. Ist man zu dieser Präzisierung nicht bereit und bleibt bei der Behauptung, der Gegenstand sei blau und nicht blau, so gibt man nichts zu verstehen, da man das, was man sagt, gleich wieder zurücknimmt.8
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1E,Tugendhat, U.Wolf, Logisch-semantische Propädeutik, Stuttgart 1983, S.50 – S.52
2H.Wessel, Logik, Berlin 1999, S.41
3E,Tugendhat, U.Wolf, S.53
4ebenda, S.54
5ebenda, S.54 – S.56
6ebenda, S.56 – S.57
7ebenda, S.57 – S.59
8ebenda, S.60 – S.62
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