Im folgenden Beitrag wird anhand eines konkreten Forschungsbereiches exemplarisch dargestellt, welche Relevanz die Linguistik für die DaF-Forschung haben kann, welche linguistischen Erkenntnisse die Grundlagen für diese Art von Untersuchungen bieten können. Zuerst wird eine mögliche Forschung skizziert, dann werden die damit zusammenhängenden Bereiche der Linguistik und ihre relevanten Erkenntnisse präsentiert. Der Beitrag endet mit einem Fazit im Hinblick auf alle DaF-Forschungen.
1. Einführung
Fundierte linguistische Kenntnisse sind unumstritten zentrale Bereiche des Faches Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Sie prägen sowohl die theoretische Dimension des Deutsch als Fremd- und Zweitspracheunterrichts, als auch die alltägliche Praxis oder das unterrichtliche Geschehen. Grammatisches Wissen, Wissen über Sprache spielen eine zentrale Rolle beim Sprachlernen, da
es Sicherheit schaffen kann für Lernende, die sich selbständig vergewissern wollen, ob sie Strukturen und Wörter angemessen verwenden, ob die von ihnen vermuteten Regelhaftigkeiten systematischer Natur sind oder Einzelphänomene, oder die Dinge eigenständig wiederholen, vertiefen, erweitern wollen (Fandrych 2010: 181).
Es ist also den Fächern DaF und DaZ wichtig
in Kooperation mit den anderen Teildisziplinen ihren spezifischen Beitrag stärker zu akzentuieren und sicherzustellen, dass der zentrale Gegenstand des Faches, die Sprache in ihrer schillernden Vielfalt und Komplexität, nicht ausgeblendet wird (Fandrych 2010: 181).
Dies gilt einerseits für die Unterrichtspraxis, für das Lehren und Lernen des Deutschen als Fremd- und Zweitsprache, andererseits für die DaF-Forschungen.
Im folgenden Beitrag wird anhand eines konkreten Forschungsbereiches exemplarisch dargestellt, welche Relevanz die Linguistik für die DaF-Forschung haben kann, welche linguistischen Erkenntnisse die Grundlagen für diese Art von Untersuchungen bieten können. Zuerst wird eine mögliche Forschung skizziert, dann werden die damit zusammenhängenden Bereiche der Linguistik und ihre relevanten Erkenntnisse präsentiert. Der Beitrag endet mit einem Fazit im Hinblick auf alle DaF-Forschungen.
2.Untersuchung der Produktion von Verbvalenzstrukturen
2.1. Hintergrund: der Fremdsprachenunterricht in Ungarn
In Ungarn sind Englisch und Deutsch eindeutig die zwei meist gelernten Fremdsprachen, die sowohl als L2 als auch als L3 im institutionellen Rahmen unterrichtet werden. Das Ziel des Fremdsprachenunterrichts in Ungarn ist dementsprechend im Sinne der Mehrsprachigkeit mehrere Fremdsprachen ˗ am häufigsten Englisch und Deutsch ˗ mit möglichst geringem Energieaufwand effektiv zu erlernen und die kommunikative Handlungsfähigkeit in mehreren Sprachen zu fördern.
Diese Handlungsfähigkeit äußert sich im Sprachgebrauch (rezeptiv, produktiv) und
erfolgt strukturiert, die sprachlichen Strukturen dienen also als Mittel der Kommunikation. Demzufolge ist die Sprachbasis „Voraussetzung für Sprachhandlungen, d.h. für den adäquaten Einsatz von sprachlichen Mitteln und Strukturen” (Feld-Knapp 2014: 133). Linguistische Teilkompetenzen (lexikalische, grammatische, semantische, phonologische) bilden außerdem auch im GER (2001) den Kern der kommunikativen Sprachkompetenzen. Ohne grundlegende Kenntnisse über die sprachliche Norm kann also die Verständlichkeit, damit auch die Handlungsfähigkeit nicht gesichert werden.
2.2. Die Verbvalenz und ihre Rolle
In diesem Prozess bilden der Satz und das Verb als seine wichtigste Einheit die Grundlagen der Sprachproduktion. Das Verb regelt den Satz als struktureller Hauptorganisator, indem es im Satz Leerstellen öffnet und Ergänzungen fordert, die von ihm abhängen und zusammen sinnvolle Satzstrukturen bilden. Diese Eigenschaft von Verben wird in der Linguistik als Verbvalenz bezeichnet und ist sowohl auf der morphologischen und syntaktischen als auch auf der semantischen Ebene der Sprache wirksam. Selbstverständlich ist also das Plädoyer für die Integration eines valenzgrammatischen Ansatzes (Willems/Coene, 2006: 252 bei Handwerker 2008), die Valenzgrammatik ermöglicht nämlich die Verzahnung von Lexik und Grammatik ohne strikte Trennung (Helbig 1995: 70).
2.3. Verbvalenz im Kontrast
Wenn die Produktion von Verbvalenzstrukturen als eine Grundlage für Verständlichkeit und dadurch als die Grundlage für die Handlungsfähigkeit in mehreren Sprachen angesehen wird, wäre es sowohl im Fremdsprachenunterricht des Deutschen als auch in der DaF-Forschung in Ungarn nützlich, Verbvalenzstrukturen unter die Lupe zu nehmen.
In der Praxis begegnen Deutschlehrende im FSU oft der Situation, dass Lernende mit Ungarisch als Muttersprache und Deutsch als L2 oder L3 häufig nicht nur einfach inkorrekte, sondern sogar unverständliche Sätze produzieren. Im Hintergrund stehen in vielen Fällen mangelnde Kenntnisse über die Struktur des deutschen Satzes und über die Unterschiede in der Satzstruktur. Die sprachstrukturelle Organisation erfolgt nämlich im Ungarischen anders als im Deutschen oder im Englischen, da das Ungarische als Teil der uralischen Sprachfamilie genealogisch weit vom westgermanischen Englischen und Deutschen steht. Der ungarische Sprachlernende bedient sich deshalb während des Fremdsprachenerwerbsprozesses anderer struktureller Mittel im Dienste der Kommunikation und aufgrund sprachstruktureller Unterschiede können Schwierigkeiten wegen negativem Transfer beim Erlernen von Deutsch als Fremdsprache entstehen. Die Gemeinsamkeiten zwischen Deutsch und Englisch könnten aber im L3-Deutschunterricht durch positiven Transfer diesen Fremdsprachenerwerb fördern.
Kontrastivität könnte in diesem Fall als Strategie eingesetzt werden (Brdar-Szabó 2010). Sie kann zum Beispiel die Lernerautonomie fördern: wenn die Sprecherinnen „wissen, was sie tun”, sind sie in der Lage zu wählen (Häcki Buhofer 2002), und so können auch Probleme als Lernchance aufgefasst werden, indem neue Informationen zum Tragen gebracht werden, die in den automatisierten Schemata noch nicht berücksichtigt sind (Portmann-Tselikas, 2001).
2.4. Über eine mögliche Forschung
Um diese Prozesse im L2- und L3-Unterricht des Deutschen in Ungarn optimieren zu können, sollten vor allem die Charakteristika, die Besonderheiten des Sprachgebrauchs der ungarischen Sprachlernenden (also die Merkmale ihrer Interimssprache) in Bezug auf die Verwendung von Verbvalenzstrukturen in Englisch und –Deutsch (L2 und L3) analysiert und untersucht werden. Beispielsweise wäre die Analyse ihres schriftlichen Sprachgebrauchs, also ihrer Textproduktion eine mögliche Forschungsrichtung.
In der Forschung könnte vor allem durch quantitative Methoden festgestellt werden, wie viele Fehler ungarische Sprachlernende im Bereich Verbvalenz in ihrer L2 und L3 (Deutsch) machen und wie oft sie korrekte Verbvalenzstrukturen in ihrer L2 und L3 (Deutsch) verwenden. Gewinnbringend wäre auch der Frage qualitativ nachzugehen, wie oft positiver und negativer Transfer im Hintergrund dieser Phänomene stehen und wie oft Ungarisch als L1 oder Englisch als L2 als Brücke und Hilfe funktionieren.
Durch die Ergebnisse dieser Forschung könnte festgestellt werden, ob Verbvalenzstrukturen für ungarische Fremdsprachenlernende im Deutschunterricht wirklich ein problematisches Feld darstellen und ob ihre Muttersprache oder ihre L2 als Bezugspunkt funktioniert, also ob Englisch in dieser Konstellation als Brückensprache funktioniert oder nicht.
So könnten Fehler und ungenutzte Potenziale wegen Ähnlichkeiten und Kontrasten zwischen der Muttersprache (Ungarisch) und der gelernten Fremdsprachen (Englisch, Deutsch) transparent gemacht werden und die Lehr- und Lernprozesse durch Vorschläge zur Bewusstmachung effektiviert werden. Durch die Ergebnisse könnten nämlich ungarischen Sprachlernenden relevante grammatische Kenntnisse vermittelt werden. Dadurch wäre es möglich, ihre Probleme und Schwierigkeiten in der Produktion verständlicher Sätze mit korrekten Verbvalenzstrukturen beim Erlernen des Deutschen als L2 und L3 aufzudecken.
3. Relevanz der Linguistik für diese exemplarische DaF-Forschung
Die oben skizzierte DaF-Forschung hat eine eindeutig angewandt linguistische Orientierung, aus diesem Grund ist es selbstverständlich, dass die Linguistik als Wissenschaft eine der wichtigsten Grundlagen für diese Untersuchung liefern kann. Welche Bereiche und Erkenntnisse der Linguistik sind aber für diese Forschung von zentraler Bedeutung, welche können ihre Grundlagen sein?
Wie es schon oben angedeutet wurde, ist die Verbvalenz eine Schnittstelle zwischen Morphologie, Syntax und Semantik. Diese drei linguistischen Bereiche sind demzufolge die wichtigsten für die Forschung. DaF als Fach steht aber selbst im Schnittpunkt von Referenzwissenschaften, d.h. es synthetisiert seinen Gegenstand – das Lernen, den Erwerb und das Lehren des Deutschen als Fremd- oder Zweitsprache – und stellt die Praxis und die Theorie gegenstands- und prozessorientiert, komplex, mit Einbeziehung relevanter Erkenntnisse der jeweiligen Grundlagen-, Bezugs- und Referenzwissenschaften dar. Aus diesem Grund sollten in der oben skizzierten Forschung die Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Pragmatik, der Textlinguistik, Grammatiken, Wörterbüchern und der Korpuslinguistik nicht außer Acht gelassen werden.
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- Arbeit zitieren
- Enikő Jakus (Autor:in), 2014, Linguistische Gegenstände in ihrer Bedeutung für das Deutsche als Fremd- und Zweitsprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/434812
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