Im Mittelpunkt der Hausarbeit stehen zwei Dichter des so genannten Frühen bzw. Donauländischen Minnesangs. Es handelt sich hier zum einen um den Burggrafen von Regensburg, dessen Lied XIV Ich bin mit rehter staete interpretiert werden soll. Zum anderen geht es um den Dichter Albrecht von Johannsdorf, von dem ebenfalls eines seiner zahlreichen Lieder , nämlich das Lied XX Wie sich minne hebt, das weiz ich wol den Mittelpunkt der Hausarbeit bildet. Da es sich bei den ausgesuchten Liedern um so genannte Frauenlieder handelt, hinter denen sich jedoch ein männlicher Autor verbirgt, wird die Gattung der Frauenlieder vorerst näher dargestellt.
Den Leitfaden sollen dabei die folgenden Fragen bilden: Was ist unter einem Frauenlied zu verstehen und wo genau ist es zeitlich einzuordnen? Wie unterscheiden sich die Frauenlieder, die ja zu den ältesten poetischen Zeugnissen 1 gehören aber in der Forschung dennoch wenig Aufmerksamkeit gewinnen, von den Männerliedern, die den so genannten Frauendienst beinhalten? Inwieweit ent- bzw. widerspricht der Inhalt der Lieder den Forderungen der Gesellschaft jener Zeit? Können wir von den Frauenliedern als der Perspektive der Frau und von den Männerliedern als der Perspektive des Mannes sprechen und wie verhalten sich die Inhalte der Lieder zur (gesellschaftlichen) Realität des Mittelalters? Inwieweit unterscheiden sich die oben erwähnten zwei Lieder voneinander? Anhand dieser Fragestellungen und der zur Verfügung stehenden Literatur soll versucht werden zum einen eine angemessene Interpretation und Einordnung der beiden oben erwähnten Lieder durchzuführen sowie zum anderen einen ausführlichen Einblick in die Entwicklung und Bedeutung der Frauenlieder zu verschaffen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Frauenlieder des Mittelalters
3. Der Burggraf von Regensburg
3. 1 Die Herkunft des Burggrafen von Regensburg
3. 2 Überlieferte Werke
3. 3 Das Lied XIV Ich bin mit rehter staéte
3. 3. 1 Form
3. 3. 2 Inhalt
4. Albrecht von Johannsdorf
4. 1 Die Herkunft des Albrechts von Johannsdorf
4. 2 Überlieferte Werke und Form der Lieder
4. 3 Das Lied XX Wie sich minne hebt, das weiz ich wol
5 Schluss
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Mittelpunkt der Hausarbeit stehen zwei Dichter des so genannten Frühen bzw. Donauländischen Minnesangs. Es handelt sich hier zum einen um den Burggrafen von Regensburg, dessen Lied XIV Ich bin mit rehter staete interpretiert werden soll. Zum anderen geht es um den Dichter Albrecht von Johannsdorf, von dem ebenfalls eines seiner zahlreichen Lieder , nämlich das Lied XX Wie sich minne hebt, das weiz ich wol den Mittelpunkt der Hausarbeit bildet. Da es sich bei den ausgesuchten Liedern um so genannte Frauenlieder handelt, hinter denen sich jedoch ein männlicher Autor verbirgt, wird die Gattung der Frauenlieder vorerst näher dargestellt.
Den Leitfaden sollen dabei die folgenden Fragen bilden:
Was ist unter einem Frauenlied zu verstehen und wo genau ist es zeitlich einzuordnen? Wie unterscheiden sich die Frauenlieder, die ja zu den ältesten poetischen Zeugnissen [1] gehören aber in der Forschung dennoch wenig Aufmerksamkeit gewinnen, von den Männerliedern, die den so genannten Frauendienst beinhalten? Inwieweit ent- bzw. widerspricht der Inhalt der Lieder den Forderungen der Gesellschaft jener Zeit? Können wir von den Frauenliedern als der Perspektive der Frau und von den Männerliedern als der Perspektive des Mannes sprechen und wie verhalten sich die Inhalte der Lieder zur (gesellschaftlichen) Realität des Mittelalters? Inwieweit unterscheiden sich die oben erwähnten zwei Lieder voneinander?
Anhand dieser Fragestellungen und der zur Verfügung stehenden Literatur soll versucht werden zum einen eine angemessene Interpretation und Einordnung der beiden oben erwähnten Lieder durchzuführen sowie zum anderen einen ausführlichen Einblick in die Entwicklung und Bedeutung der Frauenlieder zu verschaffen.
2. Die Frauenlieder des Mittelalters
Als die ’Blütezeit’ des Frauenlieds, eines der ältesten Zeugnisse der volkssprachlichen Lyrik, ist der Frühe bzw. Donauländische Minnesang um 1160 zu sehen.
Ein kleiner Teil der Frauenlieder besteht aus Einzelstrophen, jedoch bilden den Großteil Lieder aus mehreren Strophen, zu denen die Lieder X IV und XX zählen. Zu den Dichtern des Frühen Minnesangs gehören weiterhin Der von Kürenberg, Dietmar von Eist, der Burggraf von Rietenburg und Meinloh von Sevelingen. Viele der Lieder jener Zeit sind unter diesen Namen überliefert. Auffallend ist hier natürlich, dass es sich bei allen Dichtern um Männer handelt. Jedoch sind auch Lieder des Frühen Minnesangs überliefert, deren Autorschaft anonym blieb. Bei den anonym überlieferten Liedern könnte es sich also demnach auch um Frauen handeln, deren Namen ‘bewusst’ nicht überliefert bzw. übernommen wurden, gerade deshalb, weil es sich um Frauen handelte und in jener Zeit Frauen als v. a. Dichter aus gesellschaftlicher Sicht nicht willkommen waren. Andererseits stellt sich die Frage, warum die Frauenlieder überhaupt überliefert wurden, wenn sich in diesen Liedern wie wir sehen werden doch eine Frau offenbart. Sprechen die Gefühle und Wünsche der Frauen in den Liedern nicht gegen die Konventionen? Die Frage nach der Autorschaft der anonymen Lieder kann also nicht genau beantwortet werden. Im deutschsprachigen Raum sind keine Frauenlieder überliefert, deren Verfasser als Frauen zu bezeugen sind, doch dafür in Frankreich, wo die Autorinnen der Frauenlieder als trobairitz bezeichnet werden.
Was ist aber unter der Gattung Frauenlied zu verstehen?
Bei den Frauenliedern handelt es sich um Lieder, in denen das lyrische Ich eine Frau ist. Frauenlieder werden auch als Frauenmonologe oder aufgrund des elegischen, des trauernden Tons als Frauenklagen bezeichnet [2]. Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass diese Lieder, in denen eine Frau offen ihre intimsten Gefühle und Wünsche ausspricht- die, wie wir sehen werden, den Normen der Gesellschaft widersprechen- von Männern verfasst worden sind, wenn man die Autorennamen zur Kenntnis nimmt. Nach Ingrid Kasten handelt es sich bei den Frauenliedern demnach um Lieder, deren Autoren Männer waren, welche die Gedanken und Gefühle von Frauen imaginiert und poetisiert haben. [3] Da die Verfasser der Frauenlieder meist Männer waren, bezeichnet man diese als Rollenlieder bzw. als Rollenlyrik. Dürfen wir demzufolge hier davon ausgehen, dass sich der Mann in die ‘Rolle’ der Frau versetzt und aus ihrer Perspektive u. a. erzählt, singt, klagt, flucht oder sich nach Liebe sehnt?
Die Kategorisierung der Frauenlieder als Rollenlyrik betont die Differenz zwischen dem Autor- Ich und dem lyrischen Ich, auch in der Literatur der Gegenwart wird auf diese Differenz immer wieder hingewiesen. L iegt denn eine Differenz schon nicht vor in der einfachen Tatsache, dass der Verfasser ein Mann und die fiktive Protagonistin des Liedes eine Frau ist? Demnach kann hier von einer Identifikation zwischen dem lyrischen Ich und dem Autor- Ich nicht die Rede sein, sowie in der Realität dieser Zeit eine Identifikation zwischen der ‘Rolle’ einer Frau und die eines Mannes nicht die Rede sein kann. Besteht diese Differenz auch in dem so genannten Männerlied? Zwar gehören diese Lieder ebenfalls in die Kategorie Rollenlyrik, jedoch gibt es sowohl Lieder, in der sowohl eine Identifikation zwischen lyrischem Ich und Autor- Ich vorherrscht ( in einigen Liedern treten die Namen der Dichter auf), als auch eine Differenz. In den Männerliedern wird der Frauendienst thematisiert, d.h. hier wird von der Perspektive des Mannes, der einer höfischen Dame ‘Dienst leistet’, erzählt. In diesem von der romanischen Lyrik beeinflussten und deshalb als trobadoresk bezeichnetem Frauendienst wird die Frau zur domina, zur Herrin über den Mann erhoben und zum summum bonum des höfischen Daseins erklärt.[4] Diese Tatsache in den romanisch beeinflussten Liedern widerspricht also dem traditionellen Rollenverständnis, in dem die Dominanz des Mannes betont wird. In den Männerliedern ist das Verhältnis zwischen der Frau, dem Symbol für ein höheres Wesen,[5] und dem Mann (meist Ritter) als nichtehelich und daher als illegitim [6] zu charakterisieren. Der Dienst des Mannes besteht dabei darin, die Minnedame zu preisen und trotz eines Misserfolgs der Werbung der gleichgültig reagierenden Dame, in Treue an ihr festzuhalten. In den Männerliedern ist demzufolge, anders als beim Frauenlied, der Mann der Träger der Liebeserfahrung. Im Frauenlied dagegen erscheint die Frau als eine von Sehnsucht nach dem Mann erfüllte Liebende, die u. a. über den Schmerz der Trennung und über äußerliche Hindernisse klagt. Äußerliche Hindernisse meint sowohl die gesellschaftlichen Schranken als auch die dadurch entstandene räumliche Ferne zum Geliebten.
Gehen wir aber Zurück aber zu der Frage, warum ein Mann, dem in der Gesellschaft eine bzw. die dominante Rolle zugesprochen wird, Lieder verfasst, in denen das Verlangen der Frau nach u. a. freier Liebe thematisiert wird? Kann hier doch von einer Identifikation gesprochen werden, in dem Sinne, dass die Männer ihre eigenen Wünsche, ihre eigenen Gefühle mittels einer weiblichen Figur und Stimme wiedergeben wollten? D.h. das Frauenlied als Mittel dichterischer Selbstdarstellung? [7] Ihre eigenen Gefühle aber auch in dem Sinne, dass sie, die Dichter, sich selber eine treue Frau, wie sie in den Frauenliedern dargestellt ist, an ihrer Seite wünschen? Wenn bei Männerliedern der Frauenpreis im Mittelpunkt steht, so könnte man bei den von Männern verfassten Frauenliedern doch sagen, es handelt sich um einen (fiktiven) Männerpreis oder Männerdienst, in dem, wie beim Männerlied, die fast ewige Treue und Liebe zum Mann im Mittelpunkt steht. D.h. das Frauenlied als Gattung,
die dazu dienen konnte, die Attraktivität
des Mannes und seine Unabhängigkeit in der
Liebe poetisch zu verklären sowie gleichzeitig
‘entsprechende Wünsche der Frau abzuwähren‘. [8]
Gedanken, die den Normen der patriarchalisch, vom Mann bestimmten Gesellschaft [9] entsprechen sowie verstärken: Folglich misslingt das Verlangen der Frau nach freier gegenseitiger Liebe nicht nur an den Konventionen, sondern auch an der Untreue des Mannes bzw. seiner Unabhängigkeit oder Ungebundenheit in der Liebe. Diese einseitige Sexualmoral [10] verbietet es der Frau untreu zu sein, und drängt sie sich den gesellschaftlichen Normen zu unterwerfen.
[...]
[1] Kasten, Ingrid: Frauenlieder des Mittelalters. Philipp Reclam Jun. Stuttgart: 1990. S. 13.
[2] Ebd.
[3] Ebd.
[4] Kasten, Ingrid: Minnesang. In: Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte. Hg. v. Horst Albert Glaser. Bd. 1. Reinbeck: 1988. S. 165.
[5] Die deutsche Literatur in Text und Darstellung. Mittelalter. Hg. v. Best, Otto F.; Schmitt, Hans- Jürgen; Koch, Hans Jürgen. Philipp Reclam jun. Stuttgart: !990. S. 21.
[6] Kasten, Ingrid: Minnesang. S. 165.
[7] Ebd.
[8] Ebd.
[9] Grimminger, Rolf: Poetik des frühen Minnesangs. C. H. Beck‘sche Verlagsbuchhandlung . München: 1969. S. 60.
[10] Ebd.
- Citation du texte
- Özlem Aydin (Auteur), 2002, Frauenlieder des frühen Minnesangs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40492
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