Einen „Ketzer“ nannte ihn Augustinus und auch in der weiteren Geschichte des Christentums dürfte Tertullian als eigensinniger und rigoroser Zeitgenosse im Hinblick auf die Auslegung der biblischen Schriften erscheinen. Als vir ardens – so Hieronymus später – ließ er sich als Sohn eines römischen Hauptmannes um 90 nach Christus zum Christen taufen und verteidigte in mehreren Apologien mit kämpferischer Manier nicht nur seinen Glauben als die wahre Religion, sondern setzt sich gegen die anlautenden Vorwürfe der Heiden zur Wehr. Die formulierte Kritik bezog sich vor allem auf die vita Romana , die seiner Meinung nach unvereinbar mit den christlichen Geboten sowie Glaubensvorschriften sei.
Das dies nicht evident ist, könnte der Anlass und der Grund für die Abhandlung „De spectaculis“ sein: In dieser Polemik, die die Schauspiele in Rom aufs schärfste verurteilte, versucht er insbesondere Christen von demselben abzubringen, wobei er sich gegenüber heidnischen und christlichen Argumentationen zu beweisen versucht. Auf welche Weise Tertullian seine Haltung begründet und welchem Faden er in seinem Werk folgt, wird im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundzüge der tertullianischen Argumentation gegen die römischen Spiele
2.1 Ausgangspunkte und Beweggründe Tertullians
2.2 Dieludials Bestandteil des Heidentums
2.3 Dieludiim Hinblick auf die christliche Moral
2.4 Appell an die wahrevoluptas
3. Fazit
4. Bibliographie
1. Einleitung
Einen „Ketzer“1 nannte ihn Augustinus und auch in der weiteren Geschichte des Christentums dürfte Tertullian als eigensinniger und rigoroser Zeitgenosse im Hinblick auf die Auslegung der biblischen Schriften erscheinen. Als vir ardens so Hieronymus später2 ließ er sich als Sohn eines römischen Hauptmannes um 90 n. Chr. zum Christen taufen und verteidigte in mehreren Apologien mit kämpferischer Manier nicht nur seinen Glauben als die wahre Religion, sondern setzt sich gegen die anlautenden Vorwürfe der Heiden zur Wehr. Die formulierte Kritik bezog sich vor allem auf die vita Romana3, die seiner Meinung nach unvereinbar mit den christlichen Geboten sowie Glaubensvorschriften sei. Das dies nicht evident ist, könnte der Anlass und der Grund für die Abhandlung De spectaculis sein: In dieser Polemik, die die Schauspiele in Rom aufs schärfste verurteilte, versucht er insbesondere Christen von demselben abzubringen, wobei er sich gegenüber heidnischen und christlichen Argumentationen zu beweisen versucht. Auf welche Weise Tertullian seine Haltung begründet und welchem Faden er in seinem Werk folgt, wird im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen.
2. Grundzüge der tertullianischen Argumentation gegen die römischen Spiele
2.1 Ausgangspunkt und Beweggründe Tertullians
Das eben erwähnte Motiv Tertullians und zugleich die Zielgruppe seiner Schrift spiegeln sich schon im ersten Satz wieder und bilden den Ausgangspunkt seiner Argumentation: „ad deum acceditis […] vos testificati et confessi“4. Angesichts der anscheinend doch zahlreichen Anhänger der spectaculi auf christlicher Seite versucht Tertullian den Besuch solcher Veranstaltungen als Sünde darzulegen und angehende sowie getaufte Christen vor diesen zu schützen. Auch die möglichen Einwände der heidnischen Besucher gegen Sündhaftigkeit der Spiele versucht der Autor in Kapitel 1 5 zu entkräften und in ihrem Handeln die Grenze zum Leben im Sinne Gottes zu ziehen („ quemadmodum ista non competant verae religioni et vero obsequio“). Darüber hinaus spricht er sich gegen die „menschliche Ignoranz“5 aus, mit der selbst christliche Anhänger beispielsweise das Kolosseum befürworten wollen. So heißt es hier, dass letztlich alles von Gott geschaffen wurde und somit auch die Schauspiele zu befürworten seien. Weiter könnten die Bilder, die bei Theateraufführungen usw. auftreten, den Glauben eines gefestigten Christen nicht erschüttern. Mit der Widerlegung solcher „Ausflüchte[...]“6legt Tertullian auch das Fundament für seine spätere Argumentation gegen die Spiele und stellt seine Weltanschauung vor: Die Schöpfung Gottes ist im Sinne seiner Gebote entstanden („tot ratio damnationis perversa administratio conditionis aconditis“) und, dass auch alle, irdischen Dinge nicht im Sinne des „Rivalen“7missbraucht werden dürfen. Dass es auch an Ausreden auf Seiten der christlichen Anhänger nicht mangelt, legt Tertullian noch dar. So gibt es nach ihrer Meinung keinen Beleg in der heiligen Schrift gegen die Spiele („Plane nusquam invenimus, quemadmodum aperte positum est“8). Zwar gesteht der Autor ein explizites Gebot gäbe es nicht, jedoch zieht er verschiedene Analogien und andere Exklusion aus der Bibel heran, durch die er z.B. einen Gladiatorenkampf als ein „concilium impiorum“9ansieht und vor Gottes Richterspruch über solche Sünden warnt.
Schließlich führt er seinen Glaubensbrüdern noch ihre Verpflichtung und Versprechen gegenüber dem Herrn vor Augen, welche sie mit der Taufe eingegangen sind. Denn mit diesem Siegel müssen sich die angehenden Christen dem Widersacher Gottes entsagen, indem sie sich vom Götzendienst der Heiden fernhalten.10 Diese idololatria steht nun Mittelpunkt der Argumentation Tertullians, weswegen er nun zu beweisen versucht, dass anhand der Namen, der Ausstattung, der Veranstaltungsorte und der Künste die Ursprünge der Spiele im heidnischen Kult liegen. Hierzu handelt der Autor den Circus, das Theater, die Athletenwettkämpfe und das Amphitheater ab.
2.2 Die ludi als Bestandteil des Heidentums
Im ersten Hauptteil ( Kapitel 5 13) liegt das Augenmerk auf dem höchstem Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Um die anderen Götter bzw. Götzen in den spectaculis zu ergründen, bedient sich Tertullian daher römischer Autoren („ethnicalium litterarum“11), die die Geschichte der einzelnen artes in ihren Schriften wiedergeben. So würde sich das Wort ludus etymologisch von den Lydern ableiten, die „im Namen der Religion“12 die Spiele in Etrurien eingeführt hätten. So wären sie auch nach Rom importiert worden. Andere Veranstaltungen tragen dagegen die Namen ihrer Schirmherren, wie es z.B. bei den Liberalia der Fall ist, die zu Ehren des Liber (oder auch Bacchus) ausgetragen werden. In ihnen sieht der Autor aber nicht nur andere Götter, sondern ebenso deren sündhaften Ursprung („ab impudentia a violentia ab odio, a fratricida institutore[…]“13), aus dem die Ecurria oder die Capitolini durch den Gründer Roms und deren Könige hervorgegangen sind. Dass dieser Götzendienst auch in den späteren Jahrhunderten fortgeführt wird, betont der Autor mit den Spielen zu Ehren von Apoll, Ceres etc. und sogar den Toten und Kaisern14. Unabhängig von der indirekten Kritik an der Divinisierung des Kaisers, weist Tertullian hier noch einmal deutlich darauf hin, dass der religiöse Bezug derludivon an Beginn der Stadt Rom bis in die Zeit der Republik und darüber hinaus reicht.
Vor allem in der letzten Phase des römischen Imperiums steigerten sich die Spiele im Allgemeinen in ihrem Aufzug. Hier kommt für den Autor noch ein weiteres Indiz für den Götzendienst in den Arenen hinzu: ihre prunkvolle Ausstattung, der noch die pompavorausgeht. Bei diesem Festzug werden nämlich kultische Handlungen in Form von Opfern vollzogen und Götterbilder zur Schau getragen. Hieraus ergibt für Tertullian, dass jede Art der Circusspiele in Verbindung mit den heidnischen Göttern stehen und somit den göttlichen Geboten widerspricht („ […] quod deum offendit qualiscumque pompa circi[...]“15).
Um seine Beweisführung weiter voranzutreiben lenkt Tertullian die Blicke seiner Leser nun auf die Örtlichkeiten, in denen die Spiele stattfinden. Denn dort erblickt man als Zuschauer z.B. in der Mitte der Rennbahn des Circus Maximum das Antlitz des Sonnengottes Sol: „die Delphine speien zu Ehren Neptuns, [und] die Säulen tragen Darstellungen der Sessia“16. Selbst ägyptische daemonii et angeli sollen sich dort befinden17. Dass sich derartige Darstellungen überall in Rom und den Provinzen befinden und es unausweichlich erscheint mit ihnen in Berührung zu kommen, leugnet Tertullian nicht, aber stellt klar, dass man nicht durch diese selbst befleckt wird, sondern alleine durch die Ereignisse, die dort stattfinden18. Von den Äußerlichkeiten der spectaculi aus nähert sich die Schrift nun den Künsten zu, die in ihnen stattfinden und welche derartige Örtlichkeiten so sündhaft machen sollen. So sieht er in der Reiterei den Ursprung bei Neptun, den die Griechen Hippios nennen. Das Viergespann ist dem Sol, das Zweigespann der Mondgöttin als fester Bestandteil der Pferderennen geweiht. Auch die Trikotfarben leitet er vom Götzendienst ab. So seien die Wagenlenker rot, weiß oder grün zu Ehren von Mars, den Zephyren oder der Mutter Erde
[...]
1 WEEBER, Karl-Wilhelm: Qintus Septimius Tertullianus.De spectaculisÜber die Spiele, Philipp Reclam jun., Stuttgart 1988, S. 112.
2 Vgl. Ebd., S. 112.
3 Ebd., S. 115.
4 Ebd., S. 4.
5 Ebd, S. 9.
6 Ebd., S. 15.
7 Ebd., S. 13.
8 Ebd., S. 14.
9 Ebd., S. 16.
10 Vgl. Ebd., S. 19.
11 Ebd., S. 20.
12 Ebd. S. 21.
13 Ebd., S. 22.
14 Ebd., S. 25.
15 Ebd., S. 27.
16 Ebd., S. 29.
17 Vgl. Ebd., S. 31.
18 Vgl. Ebd., S.33.
- Quote paper
- Markus Hofbauer (Author), 2013, Die Argumentation gegen die Vita Romana in Tertullians Polemik "De spectaculis", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340108
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