Eine Einführung in die Moderne als literarische Epoche. Behandelt unter anderem die folgenden Bereiche: Allgemeines, Beginn der Verwendung des Begriffs Moderne, Begriff der Moderne in der Literaturwissenschaft, Klassische Moderne und Avantgarde, Naturalismus, Überwindung des Naturalismus, Krise des Ich und neue Psychologie, Impressionistische Schreibweise, Décadence, Ästhetizismus und Sprachkrise: Hugo von Hofmannsthal: Ein Brief, George und der Symbolismus, Literatur und Großstadt, Expressionismus: Georg Heym: Der Irre, Autorschaftskonzepte der Moderne
Die Moderne als literarische Epoche
- Wende vom 19. zum 20. Jhd.: neue künstlerische Stile in der bildenden Kunst à Impressionismus, Expressionismus, Abstrakte Malerei, Kubismus
- gilt auch für die Literatur
- verschiedene Epochenstile nebeneinander à Stilpluralismus
- zeitgleiches Nebeneinander von Stilen macht gewohnte Literaturauffassung fragwürdig à eigentlich zeitliche Abfolge von Epochen und ihren Stilen à jetzt gleichzeitig
Beginn der Verwendung des Begriffs Moderne
- Autoren bezeichnen sich und ihre Epoche seit den 80er Jahren des 19. Jhd. als modern à wollen neues Epochengefühl zeigen und sich von der Tradition absetzen
- 1885: Arno Holz „Lieder der Moderne“
- Zentrum der naturalistischen Bewegung (Gerhard Hauptmann, Arno Holz)
- Erstnennung „die Moderne“
- Veröffentlichung der 10 Thesen zur Kunst und Literatur à Literatur soll sich nicht mehr an der Antike orientieren sondern an der Moderne
- Verwendung hebt einen Kontrast hervor à neu/alt, progressiv/konservativ à bewusste Abwendung von der literarischen Tradition
- Eugen Wolf Aufsatz „die literarische Moderne“:
- Lebensrealität hätte sich verändert, deswegen kommt die Moderne
- Wesen der modernen Literatur soll in Allegorie gefasst werden à Göttin (neue Zeit wird ausgerufen, aber vermittelt Idee durch altes Gewand)
- Bereiche die getrennt waren wie Arbeit und Schönheit können jetzt zusammen existieren
- Wort hat sich schnell durchgesetzt à wurde auch von Antinaturalistischen aufgegriffen und umgedeutet à Begriff kann nicht genau definiert werden (registrierten schon Zeitgenossen) à entsprach einem neuen Zeitgefühl
Begriff der Moderne in der Literaturwissenschaft
- wann beginnt Epoche? à Einteilung immer schwierig, weil fließend à immer Hilfskonstruktionen
Dimensionen des Moderne-Begriffs
1. denkgeschichtliche Moderne à 1450 – 1600 à Emanzipation des Menschen aus Tradition und Religion
2. sozialigeschichtliche Moderne à 2. Hälfte des 18. Jhd. Aufklärung à Bürgertum wird zur kulturtragenden Schicht
3. literaturgeschichtliche bzw. ästhetische Moderne à 2. Hälfte des 19. Jhd. in Frankreich à in Deutschland erst Mitte der 80er Jahre mit Beginn des Naturalismus
Klassische Moderne und Avantgarde
- Zeitraum zwischen 1885 – 1933 in der Literatur à unterschieden sich nach der Radikalität in der die Autoren mit der Tradition gebrochen haben à Klassische Moderne eher noch traditionell (Kafka, Musil, Mann)
- Avantgarde kommt aus der franz. Militärsprache à Vorhut à Künstler sehen sich als Vorhut und Spitze der Kunst, wollen das Vorangegangene übertreffen à sprengen traditionellen Kunstbegriff
- Gruppenbildung: internationale Bewegungen, die Kunst- und Gattungsgrenzen ablehnen à es ist nicht mehr wichtig ein einzelnes Werk zu schaffen, Grenze zwischen Kunst und Leben verschwimmt à ist provokativ und negiert alles was davor da war (Dadaismus, Surrealismus, Futurismus)
Merkmale avantgardistischer Kunst
1. Die Avantgarden betreiben eine destruktive „Poetik der Infragestellung“ à Gattungsgrenzen
2. Die Avantgarde gehen mit der Sprache als Material um à dadaistische Lautgedichte, Sprache wird zerlegt und mit den einzelnen Lauten gearbeitet, , Übergänge zur bildenden Kunst und Geräuschmusik
3. Die Avantgarde stellen das Konzept des geschlossenen organischen Werkes in Frage à Montage, Künstler benutzt vorgefertigte Materialien
4. Rezipient wird immer wichtiger, kreativer Rezeptionsprozess ist wichtig, subjektiver Leser
5. Texte haben Tendenz unpersönlich zu werden, kein im Zentrum stehendes Subjekt
Literarische Zentren um 1900
Grundlagen der Epoche
- kaum verbindliche Gemeinsamkeiten à Vielfalt
- Gesellschaftlicher Wandel: Gesellschaft der Zeit ist in Gruppierungen mit unterschiedlichen Zielen zerfallen, um 1900 stärkere als jemals zuvor
- um 1900: Wandel von Kernbereichen bürgerlicher Identität (Ehe, Familie, Arbeit, Geschlechter)à Rolle der Frau ändert sich: rechtliche Gleichstellung, arbeiteten in der Fabrik oder im Dienstleistungssektor à Stellung des Mannes verändert sich im Haus, neues Verhältnis der Geschlechter untereinander (Außereheliche Kinder, offene Beziehungen usw.) à Bedeutungsschwund der Familie (auf dem Land anders)
- Modernisierungs- und Beschleunigungsverfahren: Größer von Betrieben wächst, straffere Arbeitsabläufe
- Bürgerliche Gesellschaft wird in großen Bereich als Überholt erfahren
- Veränderung des literarischen Markts: Literatur als Ware
- Begriff der Modernität wichtig für das Selbstverständnis der naturalistischen Autoren
- Naturalismus folgt auf den poetischen Realismus
- wichtigster Vertreter: Arno Holzer
- Naturalismus hat kaum Publikum
- Ausnahme im deutschen Raum: Gerhard Hauptmann (Die Weber, Der Biberpelz)
- Naturalismus konzentrierte sich auf München und Berlin
- junge Autoren waren sehr an gegenseitigem Kontakt interessiert à Gruppenbildung
- stieß bei Bürgern auf Unverständnis, bricht mit dem allgemeinen Bürgerverständnis
Phasen des Naturalismus
1. 1878 – 1884: Konstitutionsphase, geprägt durch Kampfschriften und Lyrik
2. 1885 – 1887/89: Gruppenbildung, Ausbildung von Zentren in München und Berlin, Entstehung von programmatischen Schriften, Prosa dominiert
3. 1888/90 – 1895: Berlin ist Zentrum, Gründung zahlreicher Literatur und Bühnenvereine, Drama wird zur wichtigsten Gattung
Naturwissenschaft und Kunst
- Naturwissenschaften leitende Funktionen bei moderner Welterschließung
- Naturalisten richten Literatur an Naturwissenschaften aus à Wissenschaftsbegeisterung der Autoren
- Bedeutung des Künstlers schrumpft à Naturalismus reagiert mit Verwissenschaftlichung der Kunst à Flucht nach Vorne
- neuer Maßstab bei der Literatur à wissenschaftliche Korrektheit
- neue Erkenntnisse und Theorien über den Menschen und die menschliche Gesellschaft à Biologie und Soziologie
- Milieutheorie: übernommen aus Frankreich à französischer Naturalismus von der Philosophieà alles spekulative wird abgelehnt, rein empirische Kenntnisse bestimmten Entwicklung des Menschen
- Darwinismus und Evolutionstheorie: alle Lebewesen stammen von gleichem Urahnen ab à Schöpfungsgedanke wird hinfällig; natürliche Auslese à Individuen sind im Kampf um Ressourcen, Sozialdarwinismus, der Stärkere setzt sich durch
- Vererbung und Degenerationslehre: Mensch geprägt durch Erbanlagen (Hauptmanns Drama „Der Sonnenaufgang“: Alkoholismus ist erblich); Anfang der menschlichen Entwicklung steht Urtyp, der sich durch Anpassung in Rassen abspaltet und durch äußere Einflüsse degenerieren kann à dann wird negatives immer weiter vererbt
Popularisierung naturwissenschaftlicher Kenntnisse
- naturwissenschaftliche Denkweisen werden am Ende des 19. Jhd. dominant in der Gesellschaft à für Leihen nicht mehr zu verstehen à Vermittlerfiguren sind nötig
- neuer Autortyp:
- Wissenschaftler, die ihre Kenntnisse leicht verständlich machen (Biologe Ernst Haeckel)
- Schriftsteller, die sich in Wissenschaft einarbeiten (Wilhelm Bölsche)
Verwissenschaftlichung der Ästhetik
- Naturalisten versuchen Ästhetik auf objektive Gesetzmäßigkeiten zu verpflichten
- Konsequenzen für den Autor:
- positivistisches Verhältnis zur Realität à äußere Realität wird festgehalten
- Umstellung von Innen nach Außenorientierung à Subjektivität des Künstlers ist nicht mehr wichtig, sondern Wirklichkeit muss Objektiv erfasst werden
- Traditionelle Normen werden unwirksam
- alles kann zur Kunst werden à alle Phänomene sind als gleichwertig zu betrachten (Geburt einer Kuh genauso wichtig wie Tod eines Helden) à neue Stoffe und verpönte Stoffe werden Literaturfähig à Darstellung des Elends der ausgebeuteten Schichten (Zola, Hauptmann), Kritik am Bürgertum, an deren Doppelmoral, zerbrechende Familien werden dargestellt
Arno Holz und der konsequente Naturalismus
- Papa Hamlet, Familie Selicke à bekannte Werke von Holz
- wurde als Vater der Moderne bezeichnet
- auf dem Gebiet der Lyrik, hat damit experimentiert
- auf dem Gebiet der literarischen Theorie
- Verbindung von Theorie und Praxis
- Johannes Schlaf arbeitete mit ihm eng zusammen und schrieben einige wichtige Texte à Streit weil sie sich nicht über die Einnahmen ihrer Werke einigen konnten
- wendete sich allmählich vom Naturalismus ab
- nach dem Naturalismus noch literarischer Erfolg mit Gedichten, seine Dramen fielen beim Publikum durch
- Gesetze: Kunst= Natur – X à Differenz zwischen Realität/Natur und künstlerischem Abbild à Reproduktionsbedingungen und ihre Handhabung (Darstellungsmittel, Fertigkeiten des Künstlers)
- Faktor X muss so gering wie möglich gehalten werden, im poetischen Realismus soll Realität noch poetisiert werden
- kreatives Potential des Künstlers ist nicht mehr nötig
- vermittelt aber auch Impulse à führt zu Experimenten
Sekundenstil
- perfekte Realitätsillusion à Sekunde zu Sekunde soll festgehalten werden, unbedeutende Details à vollständige Deckungsgleichheit soll erreicht werden
- z.B. „Papa Hamlet“ (Tip ... Tip...Tip)
- zeitgleiches Erleben und Einfangen
Naturalistisches Drama
- Berlin als Zentrum à private Bühnenräume, da man dadurch Zensuren umgehen konnte
Holz/Schlaf: „Familie Selicke“
- naturalistisches Drama
- typische Inhalte: Alkoholismus, zerrüttete menschliche Beziehungen
- Tod der jüngsten Tochter lässt Familie noch mehr zerbrechen als sie vorher schon waren
- Figuren: gefangen in ihrem Milieu, vorbestimmt
- Darstellungsmittel
- sozialer Stand eingefangen durch detaillierte Regieanweisungen (Räume)
- Haupttext von Streben nach Realitätsnähe durchzogen
- sprachliche Details: alltägliche Kommunikation, wirklichkeitsgetreue Nachbildung
- Soziolekt: soziale Herkunft spiegelt sich
- Tod durch Sprachlosigkeit zum Ausdruck gebracht
- elementar Neues, polarisiert Gesellschaft
Überwindung des Naturalismus, Krise des Ich und neue Psychologie
Allgemeines
- Gruppe junger Schriftsteller treffen sich in bestimmten Kaffeehäusern à „Kaffeehausliteraten“
- Kaffeehaus als Ort literarischer Produktion
Vertreter
- Hermann Bahr als Kopf der Gruppe, wichtiger Förderer
- „Die Zeit“ als mächtige Wochenzeitung
Hermann Bahr
- „Die Überwindung des Naturalismus“ (erschienen 1891) à macht ihn bekannt
- erkennt Zeitgeist; erkennt literarische Entwicklung
- Pariser Aufenthalt prägt ihn sehr à danach Aufenthalt in Berlin
- bekannt geworden als Essayist und Literaturkritiker
Was hat er kritisiert?
- fordert eine Wendung vom Außen nach Innen à psychologische Darstellung
- Übertragung naturalistischer Methode aufs menschliche Innere à neuer Literatur: „Nervenkunst“
- „Die neue Psychologie“ am Beispiel der Malerei dargestellt
- Eindrücke direkt literarisch darstellen und nicht erst in Verstandsprozesse bearbeiten
- Festhalten von Sinnesreizen: z.B. durch Erzählverfahren des inneren Monologs
- Beispiel: „Leutnant Gustl“
- keine vermittelnde Erzählinstanz
- unmittelbarer Zugang zu Empfindungen der Figuren
- Versprachlichung von innerem Bewusstsein
- was in Person vorgeht wird nach außen gekehrt
- 1. Person Indikativ und Präsens: Erinnerungen, Assoziationen… à (abgebrochene Sätze)
Tendenzen in der Erzählprosa der Jahrhundertwende
1. Subjektivierung des Erzählens à kaum auktorialer Erzähler, sondern interne Vokalisierung; Bewusstseinsdarstellungen; Figurenbewusstsein im Mittelpunkt; erlebte Rede
2. Konzentration auf Wahrnehmungen und Sinnesreize
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