Mitwirkungsoffenes Verwaltungshandeln gibt dem Bürger ein Stück persönlichkeitsbildender Selbstbestimmung zurück. Die analytisch kommunikative Verwaltung steht den Bürgern in liberalisierten Netzen in neuen Kooperation und Netzstrukturen gegenüber.
Die Verwaltung ist konstitutiv nur der Verfassung unterstellt, so dass es keinen rechtsfreien Raum geben kann, Art. 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 20 Abs. 3 GG. Eine rechtsfreie Exekutive ist nach dem GG nicht denkbar. Kompetenzen müssen der Verwaltung von der Rechtsordnung ausdrücklich eingeräumt werden. Ansonsten sind die Kompetenzen der Verwaltung (ausdrücklich) beschränkt. Unter der normativen Geltung des GG gibt es keine außerrechtliche Staatszwecklehre, die innerrechtliche Befugnisse eröffnet.
Recht lebt in Sprache und entwickelt sich mit der Sprache; Auch das Recht, das seine Verbindlichkeiten in Sprache überbringt, nimmt teil an der Entwicklung der Sprache. Kirchhof: Recht lebt in Vorschriften die den zukünftigen, noch unbekannten Fall regeln soll. Wenn eine solche Regelung auf die Zukunft vorgreift, ist sie mit der Verkündung schon veraltet.
Die Qualität einer Verwaltungsentscheidung ist an den sachlichen und rationalen Gründen, die in der Entscheidung dargestellt werden, zu messen. Ist die Entscheidung begründet? Hält sie dem Begründungs zwang als verwaltungsinterner Vorabkontrolle stand, dann kann Rechtssicherheit durch vernünftige, rationale und widerspruchsfreie Darstellung entstehen.
Wirtschaftlichkeit und Effizienz sind legitime Direktiven des Verwaltungsrechts. Neben die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ist zunehmend die Problemlösungsfähigkeit des Regelungsverständnisses in den Vordergrund getreten.
Mitwirkungsoffenes 1 Verwaltungshandeln gibt dem Bürger ein Stück persönlichkeitsbildender Selbstbestimmung zurück. Die analytisch kommunikative Verwaltung steht den Bürgern in liberalisierten Netzen in neuen Kooperation und Netzstrukturen gegenüber.2
Die Verwaltung ist konstitutiv nur der Verfassung unterstellt, so dass es keinen rechtsfreien Raum geben kann, Art. 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 20 Abs. 3 GG. Eine rechtsfreie Exekutive ist nach dem GG nicht denkbar. Kompetenzen müssen der Verwaltung von der Rechtsordnung ausdrücklich eingeräumt werden. Ansonsten sind die Kompetenzen der Verwaltung (ausdrücklich) beschränkt. Unter der normativen Geltung des GG gibt es keine außerrechtliche Staatszwecklehre, die innerrechtliche Befugnisse eröffnet.
Recht lebt in Sprache 3 und entwickelt sich mit der Sprache; Auch das Recht, das seine Verbindlichkeiten in Sprache überbringt, nimmt teil an der Entwicklung der Sprache. 4 Kirchhof. Recht lebt 5 in Vorschriften die den zukünftigen, noch unbekannten Fall regeln soll. Wenn eine solche Regelung auf die Zukunft vorgreift, ist sie mit der Verkündung schon veraltet.6
Wirtschaftlichkeit und Effizienz sind legitime Direktiven des Verwaltungsrechts. Neben die Rechtmäßigkeit7 des Verwaltungshandelns ist zunehmend die Problemlösungsfähigkeit des Regelungsverständnisses in den Vordergrund getreten.8
Eine weit über den Horizont des konkreten Projekts hinausreichende Funktion von Bürgerbeteiligung ist deren legitimatorischer 9 Bezug. Dass der projektbezogenen Bürgerbeteiligung 10 die Funktion zugewiesen wird, im Rahmen eines holistischen Legitimationskonzepts einen ergänzenden Legitimationsfaktor darstellen zu können, wird seit Langem hervorgehoben
Die Qualität einer Verwaltungsentscheidung ist an den sachlichen und rationalen Gründen, die in der Entscheidung dargestellt werden, zu messen. Ist die Entscheidung begründet? Hält sie dem Begründungs11 zwang als verwaltungsinterner Vorabkontrolle stand, dann kann Rechtssicherheit durch vernünftige, rationale und widerspruchsfreie Darstellung entstehen.12
Die Verwaltung 13 und das Verwaltungshandeln 14
Direktor des FOI (an der DHBW) Prof. Dr. jur. utr., Dr. rer. publ., Siegfried Schwab, Assessor jur., Mag. rer. publ., Kreisverwaltungsdirektor a. D.*
*unter Mitarbeit von Diplom-Betriebswirtin (DH) Silke Schwab
Die öffentliche Verwaltung zeichnet sich durch einen Organisationsbezug aus. Entscheidungen werden kollegiale Stellen oderkoalierende Stellen getroffen (Teams, Ausschüsse, Beiräte). Die Verwaltung ist ein soziales Gefüge,15 das bindende Entscheidungen gestaltet und verantwortet.16 Die Verwaltung handelt als organisatorisches Makrosystem, das sich aus Behörden „speist“, die teilweise vernetzt oder im Verbund handeln.17
Organisationen analysieren Kommunikationsbeziehungen zwischen den Akteuren, erarbeiten Steuerungsvorgaben und –instrumente und betrachten Zielverwirklichung und Wirkungszusammenhänge. Das Recht der Verwaltungsorganisation erscheint als Stuerungsressource,18 zumal verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen und Vorgaben nicht einfach durch bloße Effizienz und Partizipationsvorteile ausgehebelt werden dürfen.19
Die Organisation ist eine institutionelle Wirkeinheit mit einem instrumentellen Regelsystem zur Bewältigung/Erfüllung von Aufgaben und Lösung von Interessenskonflikten.20
Das Verwaltungshandeln21 wird durch das Recht22 /23 /24 gesteuert25,26 /27 d. h. von heteronom gesetzten oder anerkannten Verbindlichkeiten oder Gewohnheiten.28
[...]
**** Herrn OStR Karl Peter Wettstein, MdL unserem leider zu früh verstorbenen Lehrbeauftragten in feundschaftlicher Verbundenheit gewidmet
***** Herrn Umweltminister Harald B. Schäfer, der leider zu früh verstarb in freundschaftlicher Verbundenheit gewidmet.
1 Rosenzweig/Eith, Mehr Demokratie durch mehr Partizipation? – Aktuelle demokratietheoretische Debatten, DSE <Deutschland und Europa> Heft 62, 2011, S. 10ff – eine bis zu 20 % umfassende Gruppe von „Aktivbürgern“ fordert nachdrücklich und generell die Möglichkeit der direkten Beteiligung im politischen Entscheidungsprozess. Sie verfügen über die entsprechenden Ressourcen, vor allem über Zeit und Fachkenntnisse, um im politischen Prozess eine aktivere Rolle nicht nur einfordern, sondern auch ausfüllen zu können. Demgegenüber beschränkt sich etwa die Hälfte der BürgerInnen vorwiegend auf die kritische Beobachtung der Ergebnisse des Regierungshandelns. …. Insbesondere Habermas plädiert in seinem deliberativen Demokratiemodell für einen Mittelweg zwischen institutionell-verfahrensrechtlicher Entscheidungsfindung und „informell gebildeten öffentlichen Meinungen“, Habermas, 1998, S. 362. Dabei kommt neben den repräsentativen Verfahren politischer Willens- und Entscheidungsbildung der zivilgesellschaftlich und medial organisierten Öffentlichkeit eine gleichermaßen zentrale Bedeutung zu. ….
Schon mit der berühmten Lincoln´schen Bestimmung der Demokratie als „government of the people- by the people, for the people“ werden unterschiedliche Perspektiven demokratietheoretischer Ansätze deutlich Legt man den Schwerpunkt auf die Dimension „by the people“ steht die Input – Legitimation des politischen Systems im Zentrum. Gefragt wird nach der demokratischen Inklusion und Beteiligung sowie nach dem Umfang demokratischer Teilhabe- und Entscheidungsrechte. Die Dimension „for the people“ hingegen verweist auf die „Output-Legitimation des politischen Systems. Dies lenkt den Blick auf Effizienz, die Angemessenheit und die Wirkung von politischen Entscheidungen. Idealtypisch beschreibt „government for the people“ die Herrschaft von Repräsentanten im Namen der BürgerInnen, wobei entsprechende Demokratiemodelle zumeist auf die konkrete Ausgestaltung von Gewaltenteilung und Gewaltenkontrolle und weniger auf die zu erwartende Qualität von politischen Ergebnissen abheben.
2 Bürger und Bürgerinnen erwarten eine echte Teilhabe insbesondere an der Planung und Zulassung von Infrastrukturvorhaben und großen Industrieprojekten. Sie wollen und sollen den Prozess auch aktiv mitgestalten, eine echte soziale Teilhabe, vgl. Schütte, Mehr Demokratie versus Verfahrensbeschleunigung?, ZUR 2011 Heft 4, 169 - ein »Schlichtungsverfahren«, wie es in Stuttgart durchgeführt wurde, wirft zahlreiche Fragen auf, deren Aufarbeitung erst ganz am Anfang steht. Unklar ist zum Beispiel des Öfteren, welche Beteiligten mit welcher Legitimation an einem informellen Verfahren teilnehmen dürfen. Häufig nicht eindeutig ist auch das Mandat des Schlichters, Mediators oder eines Runden Tisches. Auf Grund fehlender gesetzlicher Regelungen fehlt zudem eine Maßgabe, wie Ergebnisse eines informellen Verfahrens in das formelle Zulassungsverfahren überführt werden können. Ein weiterer Aspekt, der vor allem der größeren Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung dienen könnte, ist es, den Erörterungstermin durch einen Dritten leiten zu lassen, der weder dem Vorhabenträger noch den entscheidenden Behörden zugeordnet werden kann. Die Sachverständigenkommission für ein Umweltgesetzbuch schlug insoweit einen Mediator vor.
3 Die Macht der Sprache begrenzt die öffentliche Gewalt, damit Willkür, Unmaß und Parteilichkeit verhindert werden kann. Eine raum- zeitliche Wahrscheinlichkeit, dass der Entscheidungsadressat erkennen kann, was von ihm verlangt wird. Gerechtigkeit, Rechtssicherheit, Gesetzmäßigkeit und Justiziabilität, Gewaltenteilung und Publizität erfordern Entscheidungen. Sie dürfen nicht missverständlich, irreführend oder sprachlich unzulänglich sein, sondern müssen vielmehr genau verständlich und eindeutig formuliert sein, § 37 Abs. 1 VwVfG.
Rechtsnormen, Gerechtigkeitslehre und persönliche Moral sind normative Ordnungen für menschliches Verhalten, Ekhard, Das Prinzip Nachhaltigkeit 2005, 10. Das Recht erhebt Anspruch auf Richtigkeit, es ist (aber) mit Zwang durchsetzbar. Zur Begriffsklärung sollten Rechtsnormen und Moralnormen nicht zwischen positiver oder negativer Wirkweise oder der Beifügung ideale Norm der Gerechtigkeit - was ist ideal, kohärent und vollständig? - sondern auf die Wirkweise abgestellt werden: unmittelbare rechtliche Norm oder tatsächliche Normen bzw. außerrechtliche, ethisch verbindliche Normen Die Frage nach Recht und materieller Gerechtigkeit ist eine Frage nach dem Verhältnis von Recht und Moral. Normen der Moral sind tatsächlich bestehende, kategorische, nicht rechtliche Normen (etwas Sicherheit und Ordnung, § 1 PolGB-W, der guten Sitten § 138 BGB oder Treu und Glauben bzw. unangemessener Verstoß § 307 Abs. 2 BGB), die für das friedliche und soziale Zusammenleben und Miteinander in einer Gemeinschaft unentbehrlich sind. Sie sind im Regelfall nicht mit Zwang durchzusetzen. Dennoch gibt es in einzelnen Fällen die Notwendigkeit, Moralvorstellung zwangsweise durchzusetzen. Ein moralische Notwehr bzw. Nothilferecht ist denkbar, wenn ein Autohalter mit einfacher körperlicher Gewalt herauszugeben, um einen Verunglückten zu retten. Generell sind aber Ermahnung, Missbilligung und Abbruch der gesellschaftlichen Kontakte, des Umgangs, die angemessenen Sanktionen auf die Verletzung moralischer Vorschriften. Auch nicht rechtliche Sozialnormen bedürfen der ethischen Rechtfertigung.
4 Das Wort ist stärker als sein Sprecher, FAZ vom 23. Nov. 2005, S. 43. Die kommunikativen Beziehungen zwischen Bürger und Verwaltung werden als Rechtsverhältnis mit festen Rollen definiert. Der Bürger verfolgt seine individuellen Rechte; die Verwaltung ist rechtsgebunden, Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverfahren, in Handbuch des Staatsrechts, Band 5, § 109, RN 18, aber für die Definition des Gemeinwohls letztlich allein verantwortlich. Dies zeigt sich etwa bei den Ausprägungen des Untersuchungsgrundsatzes § 24 VwVfG. Der Vertrauensschutz war ein zentrales Thema bei der Ausarbeitung des VwVfG (§§ 43, 48, 49 VwVfG).Die Vertrauensbasis ist von der Vorstellung bestimmt, die Verwaltung trage für die Rechtmäßigkeit ihres Handelns die alleinige Verantwortung.
5 Recht spricht den Menschen in der Rationalität des Sprachlichen an; Recht formt klare Entscheidungsalternative n: Ein Gesetz ist verfassungsgemäß oder verfassungswidrig, ein Verwaltungsakt ist rechtmäßig, nichtig oder rechtswidrig. Das Verfahren einer Annäherung an das Recht widerspricht der These, Not kenne kein Gebot, Oppermann, in Festschrift für Möschel, 2011, S. 909; Endres, Der Staat in Not, DÖV 2007, S. 1039 - ein Eingriff, mit dem die Grenze regulärer Befugnisse überschritten wird, erweist sich paradoxerweise auch als eine Maßnahme im allgemeinen Rechtsbewährungsinteresse, die der Erhaltung gerade des rechtlich geordneten Staatswesens dient. Das Recht selbst, das Freiheit und Gleichheit garantiert und damit zu einem Gutteil die Legitimation staatlicher Ordnung verbürgt, soll bewahrt werden.
Kirchhof, Das Gesetz der Hydra- gebt den Bürgerinnen ihren Staat zurück, S. 177 - eine freie Gesellschaft ist darauf angelegt, dass sie die Freiheitsrechte tatsächlich annimmt. Diese Freiheiten bieten im Alltagleben das Recht zur Beliebigkeit. Der freie Austausch von Meinungen, Kenntnissen und Erfahrungen ist eine Bedingung modernen Denkens und des demokratischen Staates. Demokratische Wahlen setzen den informierten Bürger voraus. Die Staatsverfassung sichert individuelle Freiheit. Der Verfassungsstaat gewährt mehr Freiheit vom Staat als durch den Staat. Er bietet dem Menschen Freiheitsrechte, damit dieser sich unbedrängt entfalten kann, Kirchhof, Hydra, S. 131.
6 Das Recht ist der spannende Rahmen, in dem sich das staatliche Leben abspielt. Rechtsnormen sichern und begrenzen die staatlichen Handlungsspielräume. Recht gestaltet die Lebensverhältnisse, gewährt Ansprüche. Recht ermöglicht und begrenzt staatliches Handeln. Es sichert und begrenzt Rechte. Recht durchdringt das menschliche Leben. Von der Wiege bis zur Bahre. Das Recht ist in einem hochkomplexen System ausdifferenziert.
7 Recht ist ein Medium besonders sensibler Art. Form und Gehalt, Rechtswerte und Rechtsverfahren, Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit, Beständigkeit und Wandelbarkeit müssen in ihm immer wieder zum Ausgleich gebracht werden. Rechtsanwendung und Rechtspolitik teilen sich diese Aufgabe. Der Rechtsstaat ist ein realistischer, ein nüchterner Staat. Die Offenheit, die in dem Medium Recht angelegt ist, wirkt in der Sache und in der Zeit, Schmidt-Aßmann, in Leitgedanken des Rechts, Festschrift für Paul Kirchhof, Rechtsstaat, § 22, RN 3. Nicht alles was unvollkommen erscheint, ist als rechtsstaatliches Defizit zu beklagen . Recht ist auf Wirksamkeit angelegt, Schmidt-Aßmann, Rechtsstaat, § 22, RN 4. Offenheit meint nicht Beliebigkeit. Reale Wirksamkeit ist das Widerlager zur Normativität des Rechts. Das Gebot der Klarheit und Bestimmtheit haben hier ihren Platz. Verlangt wird auch die Bereitschaft der staatlichen Funktionsträger zur Anwendung und Durchsetzung des Rechts. Entscheidungen sind in angemessener Zeit zu treffen. Mängel zu korrigieren und sanktionieren ist Aufgabe der Verfassungs- Verwaltungs- und Gerichtskontrolle.
Recht verlangt Kommunikation die vorrangig sprachliche Kommunikation ist . Das Zeichen von Recht ist die Sprache. Das Hervorbringen und Vollziehen von Recht ist stets als Vorgang des Sprechens verstanden worden, Schmidt-Aßmann, Rechtsstaat, § 22, RN 6.
8 Rechtlich geordnete Verfahren der Entscheidungsfindung gehören zu den auffälligsten Merkmalen des politischen Systems moderner Gesellschaften. Was Wahrheit im sozialen Verkehr leistet, ist Übertragung reduzierter Komplexität. Jeder einzelne ist daher für sinnhafte Orientierung und Lebensführung darauf angewiesen, dass er Selektionsleistungen, die andere übernehmen, können, d. h. Sinn, den andere ausgewählt haben, als so nicht anders behandeln kann, Luhmann, Legitimation, S. 23.
Die innere Konsistenz, der durch Entscheidungen hergestellten Rechtsordnung ist ein wichtiger Legitimationsfaktor, Luhmann, S. 36
9 Die Frage nach der Legitimation politischer Herrschaft weist über das Recht hinaus. Sie beantwortet sich auch in Kategorien des Moralischen und Empirischen. Die Verfassung ist ein Gedächtnis, die Gewährleistung legitimierenden Staatshandelns ihr wesenprägender Gegenstand.
10 Demokratie ohne Politiker? Bull, FAZ vom 10. März 2013 – lange wurden als Instrumente einer „Demokratisierung“ nur die verschiedenen Formen der direktdemokratischen Entscheidungsweisen propagiert. In vielen Fällen wurde recht eigennützig Widerstand gegen Vorhaben organisiert, die aus einer größeren Perspektive als gemeinnützig galten. So ist die Begeisterung für mehr direkte Demokratie in den vergangenen Jahren ein wenig gesunken. …. Angesichts der zahllosen Versäumnisse der etablierten Politik ist es verständlich, dass nach langen Debatten über systemkonforme Veränderungen, die das negative Meinungsklima kaum verbessert haben, nun auch über eine Systemreform nachgedacht wird. Aus der Sicht einer wohlinformierten, politisch wacher gewordenen Bevölkerung sind die Ergebnisse staatlicher Politik und Verwaltung vielfach unbefriedigend….Mit der Suche nach den „richtigen“ Volksvertretern sind wir bei einem zentralen Thema angelangt. Anders als früher wird in neueren Äußerungen gefordert, Berufspolitiker aus den Staatsorganen fernzuhalten oder zumindest ihren Anteil wesentlich zu verringern. Crouch (Postdemokratie) zitiert einen Vorschlag von Philippe Schmitter „eine Bürgerversammlung einzuführen, die Elemente der antiken griechischen Demokratie, der Geschworenengerichte, mit den direktdemokratischen Mechanismen, die in der Schweiz praktiziert werden, vereinen soll“. Gedacht ist an zufällig ausgewählte Bürger, die einen Monat lang Gesetzesentwürfe diskutieren, die ihnen zuvor eine qualifizierte Minderheit der regulären Parlamentsmitglieder zugewiesen hat“. Die Bürgerversammlung soll das Recht haben, diese Gesetzesentwürfe zu beschließen oder zu verwerfen. Für Crouch hat dieser Vorschlag den Vorzug, „gewöhnliche Menschen in einer Weise direkt in das politische Handeln und in politische Entscheidungen einzubinden, die weit über die bloße Stimmabgabe am Wahlsonntag hinausgeht“. Ganz neu ist diese Idee nicht. In Deutschland hat Dienel die „Planungszelle“ propagiert, die als beratendes Organ an schwierigen Planungen teilnehmen soll. Auch sie besteht aus „Normalbürgern“, die nach einem Zufallsprinzip aus der Einwohnerdatei ausgewählt werden. Solche Gremien wurden bisher zwar selten eingesetzt, haben in der Praxis aber einige beachtenswerte „Bürgergutachten“ hervorgebracht.
11 Informationen und Erläuterungen, Begründungen seiner Entscheidungen sind Sauerstoff für eine aktive, lebendige und pulsierende Verwaltung. Der informierende Staat als Katalysator der Meinungsbildung im digitalen Zeitalter, vgl. Martini/Kühl, DÖV 2013, 573f, DÖV 2013, S. 573f. Bürger vertrauen auf staatliches und in dessen Verhalten und richten ihr eigenes Verhalten im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des staatlichen Handelns in Geboten - und Verboten, qualitativ und quantitativ funktionelle Entscheidungen aus. Informations- bzw. Begründungsassymetrie sind Sand im funktional erfolgreichen Rechtsstaat.
12 Im Gesamtkomplex Recht, Moral und Ethik geht es um positive Kennzeichen, Unterschied und Abgrenzungen im Gemeinwesen Die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an das Recht gebunden. Als Moral werden Verhaltensnormen bezeichnet, die nicht rechtsethisch und nicht gruppenbezogen, zweckbezogen und zweckmäßig gebunden sind. Die Ausrichtung von Individuellem Verhalten wird als Individualmoral verstanden, Vöneky, Recht, Moral und Ethik, 2010, S. 129.
13 Siegel, Entscheidungsfindung, 2008, S. 1ff - die Entscheidungsorientierung ist ein zentraler Begriff öffentlicher Verwaltung. Luhmann sieht das System als besonderes Kriterium ihres Handelns auf spezifische Funktion - die öffentliche Verwaltung werden durch die Sozialwissenschaften und den Organisationsbegriff mitgeprägt
14 Das Verwaltungsverfahrensrecht ist als Teil des Verwaltungsrechts konkretisiertes Verfassungsrech t. Das Verwaltungsverfahrensrecht steht an der Schnittstelle zwischen grundrechtlich-rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungsstrukturentscheidungen, Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverfahren, in Handbuch des Staatsrechts, Band 5, § 109, RN 20. Grundrechtsschutz durch Verfahren; so werden etwa seit der Mülheim-Kärlich Entscheidung des BVerfG Art 2 Abs. 2 GG verfahrensrechtliche Gewährleistungen zu gesprochen. Schmidt-Aßmann, a.a.O., RN 22.
15 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2004, Kap 5 Tz 12- Prantl, Zwischenruf - Die Apfelbaum-Demokratie - Ein Lob der Unruhe: Wie das Internet Protest organisiert, die Bürger politisiert und Gesellschaft und Staat verändert ZRP 2011, 24 - Die moderne Zivil- und Protestgesellschaft erhitzt und informiert sich im Internet, dort konstituiert und organisiert sie sich, findet sie Zuspruch, verschafft sie sich Expertenwissen. Sie wird diskussionsfähig und streitbar – also politisch. Sie macht aber dann die Erfahrung, dass sie an verfahrensrechtlichen Grenzen stößt. Leisner, Stuttgart 21: „Wir sind das Volk!” – Wer? NJW 2011, 33 - Seit Jahrzehnten wird über keine Grundentscheidung des „bewährten” Grundgesetzes so heftig gestritten wie über das Fehlen direkter Demokratie auf Bundesebene, die sich doch in Ländern und Gemeinden gerade „bewährt” hätte (Überblick bei Rux, Direkte Demokratie in Deutschland, 2008.
16 Luhmann, Theorie der Verwaltungsrechtswissenschaft, 1966, 67.
17 Eifert, Das Recht der elektronischen Verwaltung, 2006, 169ff; Schmidt-Aßmann, Europäische Verwaltung zwischen Kooperation und Hierarchie, in Festschrift Steinberger, 2002, 1375f.
18 Burgi, Staatsorganisationsrecht, in Erichsen/Ehlers, § 7 I RN 19.
19 Richtige Kommunikation eröffnet neue Welten. Um am Puls der Zeit zu bleiben, brauchen Organisationen eine ausgezeichnete Kommunikation. Eine Kommunikation, die schnell, präzise Erfahrung mit neuem Wissen weitergibt
20 Schreyögg, Organisation – Grundlagen moderner Organisationsgestaltung, 2003, S. 4f.
21 Das deutsche Verwaltungsrecht ist eine wichtige Inspirationsquelle zur Entfaltung der Institute des europäischen Verwaltungsrechts, und es hat vor allem für den Vollzug europäischen Rechts weiterhin die größte Bedeutung (s. Art. 291 AEUV), von Danwitz, Europäisches Verwaltungsrecht, 2008, S. 123; Verwaltungsrecht in der Entwicklung, Hoffmann-Riem, S. 4f. Rechtserheblich werden insbesondere auch die Zwänge zur system-adäquaten oder doch mindestens kohärenten Einpassung nationaler Normen in die neu geschaffenen europäisierten Strukturen, darunter insbesondere das sog. Äquivalenz- und Effektivitätsgebot, von Danwitz, Europäisches Verwaltungsrecht , S. 137 f. Die Verwaltung im Mehrebenenverbund kann in rechtlich-organisatorischer Hinsicht verschiedentlich zusammen wirken, etwa als
- unverknüpfte Parallelordnungen - wechselseitige Bezugsordnungen
- wechselseitige Ergänzungsordnungen
- wechselseitige Auffangordnungen
- eigenständige Kooperationsordnungen.
Im Hinblick auf die unterschiedlichen Ausgestaltungsmodelle, wird die Sicherung der Kohärenz der Maßnahmen zu einer wichtigen Aufgabe.
22 Die Herrschaft der Menschen über Menschen bedarf der (normativen) Legitimation und Limitation, Grimm, in Leitgedanken des Rechts, Festschrift für Paul Kirchhof, 2013, § 12 Verfassung, S. 129. Die Verfassung enthält Regelungen über die Einrichtung und konkrete, einzelfallorientierte Ausübung staatlicher Herrschaft als in Freiheit gegründeter Interessenlenkung und Ordnung. Die Verfassung ist die Geschäftsordnung für die Staatsorgane. Sie ist nicht statisch abgeschlossen, sondern für neue Notwendigkeiten und Veränderungen offen. Die Verfassung ist für den Staat da. Sie ist sein Grund-Gesetz, das die wesentlichen staatsorganisationsrechtlichen Regelungen enthält, vgl. Eppler, Auslaufmodell Staat, 2005, S. 181.
Die Verfassung beschränkt sich aber nicht auf Vorschriften über die Organisation und das Verfahren der Staatsgewalt sowie Grenzziehungen in Form negatorischer, die individuelle Freiheit sichernder Grundrechte. Die Grundrechte wurden als Abwehrrechte gegen den Staat entwickelt. In dieser Richtung ist Grundrechtsschutz wirksam, soweit der Staat Aufgaben wahrnimmt. Eine Reihe früherer staatlicher Aufgaben sind privatisiert worden, Hoffmann-Riem mit R. Müller (FAZ vom 9. Okt. 2011) im Gespräch. Die Grundrechte enthalten auch einen Auftrag an den Staat, die allgemeine Rechtsordnung so einzuordnen, dass Freiheitsschutz auch gegen Private möglich wird. Allerdings ist dies in einer globalen Ordnung wie beim Internet schwer, da der Staat territorial begrenzt ist. Der Schutz des Kernbereichs ist Teil des Schutzes der Menschenwürde und darf niemals aufgegeben werden.
In Ausrichtung auf die Zukunft enthält die Verfassung der Bundesrepublik integrativ wirkende Staatsziele, Aufgaben und Programmnormen. Die Übertragung öffentlicher Gewalt auf supranationale Organisationen – Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG – führt zu einem deutlichen Bedeutungsverlust der staatlichen Verfassung bis hin auf einen verfassungsfesten, unantastbaren Identitätskern, vgl. Grimm, Zur Bedeutung nationaler Verfassungsgesetzgebung in einem vereinten Europa in HGR Bd. VI/2, 2009, S. 3. Die nationalen Verfassungen, auch das GG, können nicht mehr den inhärenten Eigenanspruch, alle Akte öffentlicher Gewalt innerhalb des eigenen territorialen Geltungsbereichs eigenverantwortlich zu regeln und auf die Regelungskompetenz durch Übertragung durch das Staatsvolk zurück zu führen, erfüllen. Die Legitimation steht unter dem Vorbehalt eines Autonomieverlusts durch vertragliche Souveränitätsübertragung zugunsten supranationaler Einrichtungen. Verfassungsvoraussetzungen knüpfen die Erwartungen daran, dass außer verfassungsrechtliche Umstände, Verhältnisse, Bedingungen und Erwartungen, sich im Geltungsanspruch einer Verfassungsnorm verwirklichen. Verfassungsnormen sind nicht autark, sondern stehen für die Verfassungswirklichkeit. Verfassungsvoraussetzungen und Verfassungsziele sollen dauerhaft, nachhaltig und vital verwirklicht werden, Uhle, in Leitgedanken des Rechts, Festschrift für Paul Kirchhof, 2013, § 14 Verfassungsvoraussetzungen, S. 149f; Kirchhof, Die Identität der Verfassung, in HStR Bd. II, § 21 RN 65; Krüger, Verfassungsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen, in Festschrift Ullrich Scheuner, 1973, S. 285f.
23 Schulz, Alles verändert Gesetze, Gesetze verändern nichts? DÖV 2009, S. 1113 - die Perspektive des steuernden Rechts hat einen Bedeutungszuwachs erlangt. Die Gesetzesfolgenabschätzung als „der Versuch, die Notwendigkeit und die Wirksamkeit einer Regelung und die Folgen, die über die eigentliche Wirksamkeit hinausgehen, mit Hilfe eines interdisziplinären Forschungsansatzes multidimensional zu erfassen und zu bewerten“ ist ein wirksames Mittel gegen eine wirkungslose Überreglementierung. Die Gesetzesfolgenabschätzung kann prospektiv bereits vor der Erarbeitung von Gesetzesentwürfen erfolgen, begleitend zum Gesetzgebungsverfahren und schließlich als Ex-Post-Analyse, die – leicht paradox – als retrospektive Gesetzesfolgenabschätzung oder auch als „Gesetzescontrolling“ bezeichnet werden kann, so Schulz; Brocker, Gesetzesfolgenabschätzung und ihre Methodik, in: Hof/ Lübbe-Wolff (Hrsg.),Wirkungsforschung zum Recht, Bd. I, 1999, S. 35; der gesetzliche Rahmen in einem Legislativrechtssystem ist verantwortlich für die konsensuale Problembewältigung. Mithilfe verwaltungsrechtlicher Systemsteuerung ist dieser dann implementierbar, Hoffmann-Riem, Organisation als Steuerungsressource, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 364. Maßstäbe sind hierbei nicht mehr nur die Verträglichkeit mit der Rechtsordnung; Wirtschaftlichkeit und Effizienz werden mittlerweile als legitime Direktiven für das Handeln der Verwaltung anerkannt. Neben der Rechtmäßigkeit der Gesetzgebung steht auch die Problemlösungsfähigkeit einer Regelungssystematik auf dem Prüfstand, Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. I RN 43; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, in: Schmidt-Aßmann/HoffmannRiem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 40. Die Effektivität ist die Grundlage für die Ausrichtung von Organisation, Struktur und Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens, Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle(Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts I, § 1 RN 11; Hoffmann-Riem, Organisation als Steuerungsressource, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 360f.
24 Der Grundsatz der Bestimmtheit und der Beständigkeit verwirklicht die im Rechtsstaatsprinzip verankerte Forderung nach Rechtssicherheit und bewirkt für den Einzelnen einen nachhaltigen Schutz des schützenswerten Vertrauens. Der Bestimmtheitsgrundsatz ist damit Verwirklichungsmodus grundrechtlicher, individueller Erwartungssicherheit, vgl. Schwarz, Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip 2000; Blanke, Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Recht, 2003. Der Schutz berechtigten und schützenswerten Vertrauens begrenzt die Rückwirkung normativer oder behördlicher Regelungen. In der Rechtsprechung wird dabei zwischen echter und unechter Rückwirkung unterschieden. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz Maßnahmen, die bereits vor seiner Verkündung abgeschlossen waren, nachträglich veränderten und nachteiligen Regelungen unterwirft, BVerfGE 114, 300. Ausnahmen sind nur bei fehlender Vertrauensgrundlage, bei fehlender Betätigung des Vertrauens (Umsetzung getroffener Regelungen) und bei verworrener bzw. unklarer Rechtslage denkbar, vgl. BVerfGE 108, 403. Der Schutz berechtigten Vertrauens tritt nur zurück, wenn dies nach einer Interessenabwägung angemessen und zumutbar ist. Dem Betroffenen dürfen keine unverhältnismäßigen Nachteile entstehen. Eine unechte Rückwirkung liegt dann vor, wenn ein Gesetz für aktuell noch andauernde Ereignisse, insbesondere entstandene Rechtsverhältnisse, Rechtswirkungen erstmalig oder mit (erheblich) veränderten Rechtsfolgen ausschließlich für die Zukunft vorsieht, vgl. etwa BVerfGE 103, 403; BVerwG, NVwZ 1991, 166f. Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und folgenmindernder Übergangsregelungen bzw. der Intensität der Nachteile und des Maßes an berechtigtem Vertrauen ist eine dem Einzelfall Rechnung tragende Rückanknüpfung im Gegensatz zur Rückbewirkung bei der echten Rückwirkung zulässig.
25 Bei der Entwicklung und Nutzung neuer Handlungsinstrumente wie Konzeptionen oder Strategien längerfristig konzipierte Handlungsschritte, muss die Verwaltung das Übermaßverbot konzeptionell absichern, damit die Instrumentenvielfalt nicht zu vermeidbaren Eingriffsverschärfungen oder zu dysfunktionalen (unvorteilhaften) Blockaden führt, Hoffmann-Riem, S. 759.
Die Verwaltungsbehörden müssen ihre Entscheidung am Maßstab des Rechts entwickeln und rechtfertigen. Sie konkretisieren unabgeschlossene rechtliche Vorgaben unter Beachtung von Verfahrensvorgaben und Argumentationsbeschränkungen. Diese Maßstabsergänzung als rechtlicher Auftrag erfolgt selbstverständlich in rechtlichen Bahnen und unter Berücksichtigung des Zwecks der Ermächtigung. Sie darf kein Akt der Beliebigkeit sein. § 39 Abs. 1 S. 2, 3 VwVfG lässt sich mit Bezug auf den Prozess der Herstellung der Entscheidung ein die Maßstabsergänzung umfassender Auftrag entnehmen: Die Verwaltung muss in der Begründung ihres Verwaltungsaktes die Gesichtspunkte mitteilen, um die sie die Norm ergänzt hat und die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Satz 2). Sie muss erkennen lassen, von welchen Gesichtspunkten sie ausgegangen ist (Satz Die Normergänzung und -konkretisierung im Einzelfall füllt den Tatbestand jedoch nicht auch für zukünftige Fälle aus. In ihnen bleibt die Verwaltung zur eigenständigen Normergänzung befugt. Ist die Ergänzung durch Verwaltungsvorschrift erfolgt oder erstarkt sie kraft Selbstbindung, kann die Verwaltung sie gleichwohl wieder für die Zukunft einseitig ändern, siehe Geitmann, Bundesverfassungsgericht und „offene“ Normen: Zur Bindung des Gesetzgebers an Bestimmtheitserfordernisse, 1971, S. 56 ff., 122 ff.; vgl. auch den Ansatz von Schmidt, Gesetzesvollziehung durch Rechtsetzung, 1969, S. 75 ff.; Scholz, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit , in: VVDStRL, Bd. 34 (1976), S. 152, 175; Jestaedt, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: Erichsen/Ehlers, (Hrsg.), VerwR, § 11, RN 1 ff); Fehling, Das Verhältnis von Recht und außerrechtlichen Maßstäben, in: Trute/Groß/Röhl/Möllers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 466, 475; vgl. ähnlich Hoffmann-Riem, in ders./Schmidt-Aßmann, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 1, S.741.
26 Recht lebt in Sprache und entwickelt sich mit der Sprache; Auch das Recht, das seine Verbindlichkeiten in Sprache überbringt, nimmt teil an der Entwicklung der Sprache, Kirchhof, Das Wort ist stärker als sein Sprecher, FAZ vom 23. Nov. 2005, S. 43. Recht lebt in Vorschriften die den zukünftigen, noch unbekannten Fall regeln soll. Wenn eine solche Regelung auf die Zukunft vorgreift, ist sie mit der Verkündung schon veraltet.
27 Das Rechtsstaatsprinzip wird im einfachen Verwaltungsrecht lebendig, di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994, S. 471. Das Verwaltungsrecht ist in seinen Axiomen wie dem Gesetzesvorbehalt, dem Gesetzmäßigkeitsprinzip, dem Vertrauens- und Bestandsschutz, dem gerichtlichen Rechtsschutz aber auch hinsichtlich durchschaubarer Handlungsformen eine Komposition des Rechtsstaatsprinzips. Das System des allgemeinen Verwaltungsrechts berechenbar zu halten und den Entwicklungen der Staatszwecke anzupassen ist Verfassungsauftrag. Besonderer Pflege bedürfen die Handlungsformen der Verwaltung. Wegen der Dynamik wissenschaftsoffener Tatbestände und rechtlicher Risikoverhältnisse, plädiert die Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994 S. 469 für die Anerkennung des vorläufigen (einstweiligen Verwaltungsaktes als partiell verselbständigter Fall des Verwaltungsaktes. Die Handlungsform des vorläufigen Verwaltungsaktes gibt der Verwaltung die Pflicht zur Sachbeobachtung und neuer Entscheidung bei Änderung des Sachverhalts auf. Die Veränderung des Wissensstandes kann zu einer Änderung des Rechtmäßigkeitsurteils führen. Die Handlungsform des staatlichen Informationsaktes ist ein typischer Anwendungsfall der Risikoverwaltung. Die Produktwarnung hat u. U. ähnliche Wirkungen wie ein staatliches Verbot. Damit sollten die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Verbotsverfügung auf diesen eingriffsintensiven Informationsakt übertragen werden.
28 Das Verwaltungsverfahrensgesetz ist entscheidungsorientiert. Im Mittelpunkt stehen dabei administrative Einzelentscheidungen, Verwaltungshandeln ist Vollzugshandeln, Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverfahren, in Isensee/Kirchhof, § 109, RN 18. Dabei ist der Verwaltungsakt die primäre Form des Verwaltungshandelns.
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