Die Bedeutung der Kundenzufriedenheit für die Unternehmenspraxis wächst ständig, da vermehrt Käufermarktsituationen auftreten und über eine erhöhte Kundenzufriedenheit auch eine Steigerung der Kundenbindung erreicht werden soll (vgl. Stauss, 1999, S.5).
Durch Kundenbindung erhoffen sich die Untenehmen eine geringere Preiselastizität, positive Mundwerbung, Einsparungen bei Beziehungskosten sowie die Freisetzung von Akquisitionsressourcen (vgl. Matzler / Stahl, 2000, S.627). Nach Stahl besteht Kundenbindung aus Commitment und materiellen sowie emotionalen Wechselbarrieren.
Ergänzt man die Kundenbindung um das Wiederkaufverhalten, erhält man die Kundenloyalität (vgl. Stahl, 2002, S.101).
Kundenzufriedenheit ist also eine notwendige Voraussetzung für Kundenloyalität, jedoch keine hinreichende (vgl. Homburg / Giering / Hentschel, 1999, S.175). Der Unterschied zwischen einem loyalen zufriedenen Kunden und einem illoyalen zufriedenen Kunden lässt sich zumindest teilweise durch Wechselbarrieren erklären, welche die Wechselkosten des Kunden beeinflussen. Wechselbarrieren schränken die Beweglichkeit des Kunden ein und können materieller, wissensmäßiger, emotionaler oder rechtlicher Natur sein (vgl. Stahl,
2002).
Im Fokus dieser Arbeit soll der Einfluss von Wechselbarrieren auf den
Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität liegen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Betrachtung der Nachfragerseite.
Inhalt
1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.1 Einleitung
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung
2 Kundenzufriedenheit
2.1 Einführung und Überblick der verschiedenen Konzepte
2.2 Wachsende Bedeutung der Kundenzufriedenheit als Zielgröße
2.3 Theorien der Kundenzufriedenheit
2.4 Messung der Kundenzufriedenheit
3 Kundenloyalität
3.1 Das Konstrukt Kundenloyalität
3.2 Bedeutung der Kundenloyalität
3.3 Verhaltentheoretische Grundlagen der Kundenloyalität
3.4 Der Zusammenhang von Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität...
3.5 Messung der Kundenloyalität
4 Wechselbarrieren
4.1 Einführung
4.2 Klassifizierung von Wechselbarrieren
4.3 Theoretische Grundlagen
4.4 Wechselbarrieren als Moderator des Zusammenhangs Kundenzufriedenheit - Kundenloyalität
4.5 Strategische Bedeutung von Wechselbarrieren
4.6 Messung von Wechselbarrieren
5 Empirische Studie
5.1 Allgemeines
5.2 Vorgehensweise
5.3 Auswertung und Ergebnisse
5.4 Implikationen
6 Zusammenfassung - Executive Summary
7 Anhang
7.1 Fragebogen Wechselbarrieren
7.2 Auswertung
8 Literaturverzeichnis
9 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
10 Danksagung
11 Eidesstattliche Erklärung
1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.1 Einleitung
Die Bedeutung der Kundenzufriedenheit für die Unternehmenspraxis wächst ständig, da vermehrt Käufermarktsituationen auftreten und über eine erhöhte Kundenzufriedenheit auch eine Steigerung der Kundenbindung erreicht werden soll (vgl. Stauss, 1999, S.5).
Durch Kundenbindung erhoffen sich die Untenehmen eine geringere Preiselastizität, positive Mundwerbung, Einsparungen bei Beziehungskosten sowie die Freisetzung von Akquisitionsressourcen (vgl. Matzler / Stahl, 2000, S.627).
Nach Stahl besteht Kundenbindung aus Commitment und materiellen sowie emotionalen Wechselbarrieren.
Ergänzt man die Kundenbindung um das Wiederkaufverhalten, erhält man die Kundenloyalität (vgl. Stahl, 2002, S.101).
1.2 Problemstellung
Kundenzufriedenheit ist also eine notwendige Voraussetzung für Kundenloyalität, jedoch keine hinreichende (vgl. Homburg / Giering / Hentschel, 1999, S.175). Der Unterschied zwischen einem loyalen zufriedenen Kunden und einem illoyalen zufriedenen Kunden lässt sich zumindest teilweise durch Wechselbarrieren erklären, welche die Wechselkosten des Kunden beeinflussen.
Wechselbarrieren schränken die Beweglichkeit des Kunden ein und können materieller, wissensmäßiger, emotionaler oder rechtlicher Natur sein (vgl. Stahl, 2002). Im Fokus dieser Arbeit soll der Einfluss von Wechselbarrieren auf den Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität liegen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Betrachtung der Nachfragerseite.
1.3 Zielsetzung
Einleitend soll ein kurzer Überblick über den derzeitigen Erkenntnisstand bezüglich Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Kundenloyalität gegeben werden.
In der Folge soll auf die Rolle der Wechselbarrieren und den Zusammenhang mit der Kundenloyalität eingegangen werden.
Die Auswirkungen von Wechselbarrieren auf die Wirkungskette Kundenzufriedenheit - Kundenloyalität sollen dadurch besser erklärt werden.
Abschließend soll die entwickelte Theorie in einer empirischen Studie auf ihre Praxisrelevanz getestet werden. Es soll gezeigt werden, dass die Wirkungskette Kundenzufriedenheit - Kundenloyalität wesentlich von den Wechselbarrieren beeinflusst wird.
In einem letzten Schritt soll auf die Implikationen für die Praxis eingegangen werden.
2 Kundenzufriedenheit
2.1 Einführung und Überblick der verschiedenen Konzepte
Über die Konzeptualisierung wie auch über die Operationalisierung der Kundenzufriedenheit herrscht in der Wissenschaft Uneinigkeit. Verschiedene Auffassungen spiegeln sich schon in der Definition von Kundenzufriedenheit wider.
“Satisfaction is thought to exist, when the focal person (i.e. the consumer in our case) perceives that the outcome-to-income ratio is proportionate to that of the partner. ”
(Oliver / DeSarbo, 1988, S.496)
Oliver und DeSarbo stellen den Aspekt der wahrgenommenen Gerechtigkeit in den Vordergrund und sehen darin die Hauptursache von Kundenzufriedenheit. Diese Sichtweise wird als Equity-Theorie bezeichnet.
„ Kunden werden als rationale Informationsverarbeiter betrachtet und suchen nach Gr ü nden f ü r Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit anhand eines dreidimensionalen Schemas. Das Ergebnis dieser Kausalattribution bestimmt die Zufriedenheit.“ (Richins, 1983 und Folkes, 1984, wie zitiert in Matzler, 1997, S.33f.)
Richins und Folkes erklären Zufriedenheit nach der Attributionstheorie. Ihr zufolge versucht der Kunde, die Ursache von positiven oder negativen Erfahrungen zu bestimmen, welche er in einem Konsumerlebnis gemacht hat. Dies geschieht im Rahmen eines Informationsverarbeitungsprozess nach einem dreidimensionalen Schema und das Resultat bestimmt die Zufriedenheit.
„ Nach dem Disconfirmations-Paradigma handelt es sich bei der Kundenzufriedenheit um das bewertete Ergebnis eines Soll-Ist-Vergleichs ü ber Konsumerlebnisse “
(Kaas / Runow, 1984, S.452)
Nach der Diskonfirmationstheorie sehen Kaas und Runow im Kern der Kundenzufriedenheit einen Vergleich der Erwartungen vor dem Konsumerlebnis mit der tatsächlich erhaltenen Leistung. Das Ergebnis wird einer Bewertung unterzogen, aus der in der Folge (Un)Zufriedenheit resultiert.
2.2 Wachsende Bedeutung der Kundenzufriedenheit als Zielgröße
Die wachsende Bedeutung der Kundenzufriedenheit in Forschung und Praxis lässt sich zumindest teilweise auf einen positiven Zusammenhang mit dem Unternehmenserfolg zurückführen. Untermauert wird diese Annahme durch zahlreiche empirische Studien. Anderson / Fornell / Lehmann beispielsweise konnten in einer umfassenden Studie in Schweden eine positive Korrelation von Kundenzufriedenheit und Return of Investment (ROI) nachweisen (vgl. Anderson / Fornell / Lehmann, 1994).
Matzler und Stahl gehen noch einen Schritt weiter und entdecken einen positiven Einfluss der Kundenzufriedenheit auf die Treiber des Unternehmenswertes - Höhe, Zeitpunkt und Volatilität des Cashflows sowie der Residualwert der Marketing- Investitionen (vgl. Matzler / Stahl, 2000).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die Wirkung der Kundenzufriedenheit auf die Treiber des Unternehmenswertes
Quelle: Matzler / Stahl, 2000, S.631.
Konsequenterweise gewann die Kundenzufriedenheit in letzter Zeit auch wesentlich an Bedeutung als Steuergröße in der Praxis der strategischen Unternehmensführung. Matzler und Stahl identifizieren folgende Entwicklungen in der Praxis (vgl. Matzler / Stahl, 2000, S.627).
- Zufriedenheitsindikatoren werden als explizite Zielgrößen formuliert.
- In Unternehmensleitbildern bekennen sich Unternehmen zu uneingeschränkter Kundenorientierung.
- Entlohnungschemata werden an Kundenzufriedenheitsurteile gebunden.
- Operative Maßnahmen zur Steuerung von Kundenzufriedenheit werden entwickelt.
Ein Beispiel hierfür ist der Leitsatz der Firma Rank Xerox: „Customer satisfaction ist the number-one priority for every employee.“
2.3 Theorien der Kundenzufriedenheit
Wie am Anfang dieses Kapitels erwähnt, existiert eine Vielzahl von konkurrierenden Konzepten zur Definition und Beschreibung des Konstruktes der Kundenzufriedenheit (Überblicke bei Matzler 1997, S.43 oder Yi, 1990).
Das Erwartungs-Diskonfirmations-Modell spielt allerdings in der wissenschaftlichen Diskussion die bedeutendste Rolle und in seinen Rahmen sind die anderen verhaltenswissenschaftlichen Konzepte wie die Equity-Theorie und die Attributionstheorie zu integrieren (vgl. Stauss, 1999, S.6).
Aus diesem Gründ soll in der Folge nur ein kurzer Überblick der oben genannten Zufriedenheitsmodelle gegeben werden, um dann genauer auf die Diskonfirmationstheorie eingehen zu können.
2.3.1 Die Equity-Theorie
Die Equity-Theorie beschäftigt sich mit dem Gerechtigkeitsaspekt von Austauschbeziehungen. Sie geht zurück auf Adams, welcher annimmt, dass Mitarbeiter in Organisationen ihr Input / Output-Verhältnis mit dem von Referenzindividuen vergleichen. Fällt der Vergleich negativ aus, resultiert daraus das Empfinden von Ungerechtigkeit (vgl. Adams, 1963).
Auf Austauschsituationen mit Gegenleistung angewandt, identifiziert Bagozzi drei Vergleichsformen, deren Resultate zu empfundener (Un)Gerechtigkeit, in der Folge zu positiven (negativen) Emotionen und letztendlich zu (Un)Zufriedenheit führen (vgl. Bagozzi, 1986, S.87).
- Gerechtigkeitsvergleiche mit dem Austauschpartner
- Gerechtigkeitsvergleiche mit anderen an der Transaktion beteiligten Personen
- Gerechtigkeitsvergleiche mit anderen Anbietern
Dieser Einfluss der empfundenen Gerechtigkeit auf die Zufriedenheit von Kunden konnte empirisch bewiesen werden (vgl. Fisk / Coney, 1982).
Allerdings weist die Equity-Theorie einige Schwächen auf und kann alleine das Konstrukt Kundenzufriedenheit nicht ausreichend erklären (vgl. Matzler, 1997, S.50f.)
- Andere Faktoren als die Gerechtigkeit werden nicht ins Modell miteinbezogen.
- Es ist unklar, wer in welcher Situation als Bezugsperson für den Gerechtigkeitsvergleich dient.
- Inputs und Outputs können nicht immer klar quantifiziert werden.
- Die Voraussetzung der aktiven Informationsverarbeitung ist nicht immer gegeben.
2.3.2 Die Attributionstheorie
Die Attributionstheorie stützt sich auf das Werk „The Psychology of Interpersonal Relations“ (1958) von Heider. Darin sieht Heider den Menschen als Informationsverarbeiter, der Erklärungen für bestimmte Handlungen und Ereignisse sucht (Kausalattribution).
Auf die Zufriedenheitsforschung angewandt entsteht Kundenzufriedenheit durch Kausalattribution bei positiven oder negativen Erfahrungen (vgl. Bunse, 2000, S.17). Dieser Vorgang lässt sich nach einem von Weiner in Anlehnung an Heider entwickelten dreidimensionalen Schema einteilen (vgl. Weiner, 1980, S.327ff.).
- Lokus der Ursache: Die Frage, ob die Person selbst (intern) oder die Umwelt (extern) für ein Ereignis verantwortlich ist.
- Stabilität der Ursache: Die Frage, ob die Ursache eines Problems dauerhaft (stabil) oder vorübergehend ist (temporär).
- Kontrolle über die Ursache: Die Frage, ob das Auftreten eines Problems hätte verhindert werden können, oder ob eine externe, unkontrollierbare Ursache vorliegt.
Die Attributionstheorie wird derzeit überwiegend im Bereich des Beschwerdeverhaltens und zur Erklärung der Auswirkungen von Kausalattributionen bei negativer Diskonfirmation benützt. Darüber hinaus existieren einige Kritikpunkte, welche die Anwendbarkeit und die Erklärungskraft der Attributionstheorie erheblich einschränken (vgl. Matzler, 1997, 57ff.).
- In Kaufsituationen mit niedrigem Involvement ist davon auszugehen, dass aufgrund von niedriger Aktivierung der Kunden Kausalattributionen in der Regel nicht durchgeführt werden.
- Kausalattributionen werden eher bei stark positiven oder negativen Ereignissen durchgeführt.
- Alternativen zum dreidimensionalen Attributionsschema von Weiner wurden kaum berücksichtigt.
2.3.3 Die Diskonfirmationstheorie
Im Zentrum der Diskonfirmationstheorie steht der Vergleich von Erwartungen des Nachfragers (Soll) mit seinen tatsächlich mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung gemachten Erfahrungen (Ist) (vgl. Hermann / Johnson, 1999, S.582).
Die Gegenüberstellung von Soll-Standard und Ist-Komponente führt nun entweder zu einer Bestätigung (Konfirmation) oder Nichtbestätigung (Diskonfirmation) der Erwartungen. Das Ergebnis ist demnach positiv (wenn Ist > Soll), Null (wenn Ist = Soll) oder negativ (wenn Ist < Soll) (vgl. Oliver, 1996, S.104).
Die Konfirmation bzw. Diskonfirmation der Erwartungen beeinflusst wesentlich den Grad der Kundenzufriedenheit. Eine grafische Illustration dieses Modells bietet Matzler.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Das Erwartungs-Diskonfirmations-Paradigma Quelle: Matzler, 1997, S.60.
2.3.3.1 Der Soll-Standard
In der Forschung herrscht noch keine einheitliche Meinung über den Soll-Wert. Meist wird jedoch der Soll-Standard als Erwartung bezeichnet. Es lassen sich allerdings verschiedene Konzepte zum Erwartungsbegriff erkennen:
- Es wird das wahrscheinliche Leistungsniveau erwartet (predictions)
- Es wird die gewünschte Idealleistung erwartet (ideal)
- Es wird die verdiente Leistung erwartet (deserved)
- Es wird die gerade noch akzeptable Leistung erwartet (minimum tolerable)
Dieser Katalog von Erwartungskonzepten wird ständig erweitert und verfeinert, auch die Kombination und gleichzeitige Anwendung mehrerer Konzepte zugleich existiert. Diese Vielfalt von verschiedenen Erwartungskonstrukten resultiert in einer mangelnden Vergleichbarkeit von Zufriedenheitsstudien (vgl. Stauss, 1999, S.6-7).
2.3.3.2 Die Ist-Komponente
Hierbei herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass die Ist-Komponente die vom Kunden wahrgenommene Leistung darstellt (vgl. Kaas / Runow, 1984, S.452). Allerdings spricht viel dafür, dass die wahrgenommene Leistung auch von den Erwartungen beeinflusst wird, die Konstrukte sind also nicht voneinander unabhängig (vgl. Pieters / Koelemeijer / Roest, 1995).
2.3.3.3 Der Soll-Ist-Vergleich
Der Soll-Ist-Vergleich kann als rein kognitiver Akt gesehen werden, was als customer-as-bookkeeper Modell bezeichnet wird (vgl. Pieters / Koelemeijer / Roest, 1995, S.30). Allerdings wird bezweifelt, ob der Kunde in jedem Fall einen expliziten Vergleich zwischen Erwartung und Wahrnehmung durchführt im Sinne einer manifesten Zufriedenheit. Es wird angenommen, dass dieser Vergleich oftmals auch unbewusst abläuft im Sinne einer latenten Zufriedenheit (vgl. Bloemer / Kasper, 1995; und Blomer / Ruyter, 1998).
Darüber hinaus gibt es weitere Punkte, über die noch keine einheitliche Meinung herrscht:
- Die Aggregation der Bewertungen von Einzelmerkmalen zu einem Gesamturteil (Globalzufriedenheit)
- Die Rolle des Involvements. So beeinflusst das Produktart-Involvement die Anzahl der zum Soll-Ist-Vergleich herangezogenen Merkmale (vgl. Matzler, 1997, S.222)
- Ausstrahlungseffekte, sog. Halo-Effekte, können bei der Bewertung von Einzelmerkmalen auftreten und diese nach oben oder unten beeinflussen (vgl. Wirtz / Bateson, 1995)
2.3.3.4 Die Toleranzzone
Der kritische Wert zwischen Zufriedenheit und Unzufriedenheit stellt weniger einen Punktwert als vielmehr eine „Indifferenzzone“ dar (vgl. Miller, 1977, S.79). Als Konsequenz entsteht bei bloßer Erfüllung der Erwartungen der Eindruck der Indifferenz, Zufriedenheit oder gar Begeisterung des Kunden kann nur mit einem Übertreffen der Erwartungen erreicht werden (vgl. Liljander / Strandvik, 1993).
2.3.3.5 Erweiterung des Diskonfirmationsmodells
Zunehmend erkennt die Wissenschaft, dass durch ein Modell auf Basis der Diskonfirmationstheorie, ergänzt durch Elemente der Attributions- und Equitytheorie, die Wirklichkeit besser abgebildet werden kann als nur durch eine einzige Theorie.
Nach Schütze entsteht Kundenzufriedenheit nicht sofort als Resultat des Soll-Ist- Vergleichs, sondern erst in einem weiteren Schritt, wenn eben dieses Soll-Ist- Vergleichsergebnis einer Bewertung unterzogen wird (vgl. Schütze, 1992, S.179, S.263). Kriterien sind:
- Die situativen Umstände
- Die Alternativen
- Psychische Mechanismen wie Kausalattributoren bzw. die wahrgenommene Gerechtigkeit (vgl. Matzler, 1997, S.157ff.)
Diese Sichtweise der Trennung von Soll-Ist-Vergleich (Diskonfirmation) und Bewertung des Ergebnisses (Zustand der Zufriedenheit) bezieht auch Faktoren mit ein, die diesen Bewertungsprozess beeinflussen, wie beispielsweise das Involvement.
Auch Matzler schlägt ein solches Modell der Entstehung von Kundenzufriedenheit vor, ebenfalls unter Einbezug der Gerechtigkeit (Equity), Kausalattribution und der Alternativen (CLalt) (vgl. Matzler, 1997, S.148ff.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Modell der Entstehung von Kundenzufriedenheit
Quelle: Angelehnt an Matzler, 1997, S.160.
2.3.3.6 Die Rolle der Emotion
Die gedankliche Trennung von Diskonfirmation und (Un)Zufriedenheit ermöglicht auch den Einbezug von Emotionen ins Modell.
Von der Mehrheit der sich mit der Materie befassenden Forscher wird im Konstrukt der Zufriedenheit inzwischen sowohl eine kognitive als auch eine affektive Komponente gesehen (vgl. Oliver, 1996, S.291ff.).
Bezüglich der Integration der Emotion ins Modell gibt es zwei Ansätze:
Die Integration als intervenierende Variable, wonach die Emotion als Mediator zwischen der kognitiven Evaluation und der Zufriedenheit fungiert.
Der zweite Ansatz sieht die Emotion als unabhängige Variable, die zusammen mit einem kognitiven Beurteilungskonstrukt die Zufriedenheit bestimmt.
Dass überhaupt ein starker Einfluss der Emotion auf die Zufriedenheit besteht, konnten Arnould und Price in einer Studie mit Teilnehmern von Rafting-Touren beweisen (vgl. Arnould / Price, 1993).
Unklar ist derzeit noch, ob es sich bei der Zufriedenheit um eine eigenständige Emotion handelt, die in ihrer Intensität variiert und folglich auf einer Skala gemessen werden kann, oder ob mit dem Zustand der Zufriedenheit qualitativ unterschiedliche Emotionen verbunden sind (vgl. Stauss, 1999, S.9).
Bei der Konzeptualisierung der Zufriedenheitsemotion greifen Westbrook und Oliver auf Emotionskataloge von Izard (1977) zurück und reduzieren mittels multivariater Analyse anfänglich zehn Basisemotionen auf eine kleinere Zahl latenter Dimensionen (vgl. Westbrook / Oliver, 1991).
Eine alternative Möglichkeit der Modellierung des qualitativ unterschiedlichen Zufriedenheitserlebens bietet das Qualitative Zufriedenheitsmodell von Stauss und Neuhaus. Unter der Annahme, dass mit dem Globalzufriedenheitsurteil verbundene Emotionen vorwiegend in bestimmten Kombinationen auftreten, identifizieren sie fünf verschiedene Zufriedenheitstypen: Den fordernd Zufriedenen, den stabil Zufriedenen, den resigniert Zufriedenen, den stabil Unzufriedenen und den fordernd Unzufriedenen (vgl. Stauss / Neuhaus, 2002).
Emotionen treten allerdings nicht nur als Resultat des Diskonfirmationsprozesses auf, der emotionale Zustand eines Kunden kann auch schon früher, in der Kauf- und Nutzungssituation, das Kalkulationsergebnis beeinflussen. Diese „Stimmung“ des Kunden als Einflussgröße der Soll-Ist-Kalkulation bedarf noch weiterer Untersuchung (vgl. Oliver, 1996, S.306ff.).
2.3.3.7 Kundenzufriedenheit als mehrdimensionales Konstrukt - das Kano-Modell Kundenzufriedenheit wurde vielfach als eindimensionales Konstrukt gesehen. Diese Betrachtungsweise übersieht jedoch, dass der Zufriedenheitsgrad nicht bei allen Produkteigenschaften linear mit dem Erfüllungsgrad zusammenhängt (vgl. Bailom / Hinterhuber / Matzler, 1996, S.117).
Nach Kano unterscheiden Bailom, Hinterhuber und Matzler drei Arten von Produktanforderungen, deren Erfüllung einen jeweils unterschiedlichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat:
Basisanforderungen: Sie sind Musskriterien für ein Produkt, ein Nichterfüllen führt zu extremer Unzufriedenheit während die Erfüllung vom Kunden vorausgesetzt wird und nicht zu erhöhter Zufriedenheit führt.
Leistungsanforderungen: Hier verhält sich die Zufriedenheit proportional zum Erfüllungsgrad. Begeisterungsanforderungen: Sie üben den größten Einfluss auf die Zufriedenheit aus. Begeisterungsanforderungen werden nicht artikuliert oder erwartet. Sie führen zu extremer Kundenzufriedenheit, also Kundenbegeisterung. Bei Nichterfüllung entsteht keine Unzufriedenheit, da keine Erwartung vorlag (vgl. Bailom / Hinterhuber / Matzler, 1996, S.118).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit
Quelle: Bailom / Hinterhuber / Matzler, 1996; dargestellt auch in Berger et al., 1993.
Aus dem Kano-Modell ergeben sich für die Unternehmenspraxis folgende Vorteile (vgl. Bailom / Hinterhuber / Matzler, 1996, S.117f.).
- Das Verständnis für Produktanforderungen wird besser, daraus lassen sich dann Prioritäten für die Produktentwicklung ableiten und bei Trade-offs die richtigen Entscheidungen treffen.
- Mit dem Verständnis der Basis-, Leistungs- und Begeisterungsanforderungen kann differenziert auf unterschiedliche Nutzenerwatungen der einzelnen Kundensegmente eingegangen werden.
- Begeisterungsanforderungen bieten Differenzierungsmöglichkeiten.
- Das Kano-Modell lässt sich optimal mit Quality Function Deployment und dem Management von Kernkompetenzen verbinden.
2.4 Messung der Kundenzufriedenheit
In der Unternehmenspraxis bietet die Messung der Kundenzufriedenheit ein MarktFeedback, eine Leistungsbeurteilung aus Kundensicht und einen Indikator für zukünftigen Erfolg (vgl. Matzler / Bailom, 2002, S. 215).
Aber nicht nur in einzelnen Firmen, auch auf nationaler und auf Branchenebene haben sich inzwischen regelmäßige Kundenzufriedenheitsmessungen als nützlich erwiesen. Beispiele sind das Deutsche Kundenbarometer oder der American Customer Satisfaction Index (ACSI).
2.4.1 Überblick der Verfahren zur Messung von Kundenzufriedenheit
Da es sich bei der Kundenzufriedenheit um ein theoretisches Konstrukt handelt, ist eine direkte Messung nicht möglich, Zufriedenheit kann nur indirekt über Indikatoren gemessen werden. Es werden objektive und subjektive Indikatoren unterschieden.
Objektive Indikatoren sind direkt beobachtbare Größen wie Umsatz oder Marktanteil und haben keinen direkten Bezug zum Konstrukt Zufriedenheit. Sie beruhen allein auf plausiblen Annahmen über Ursachen und Folgen von Kundenzufriedenheit und erscheinen deshalb kaum valide (vgl. Stauss, 1999, S.12). Subjektive Indikatoren lassen sich in zwei Gruppen einteilen.
Implizite Verfahren messen Zufriedenheit anhand von Indikatoren, die einen mehr oder weniger eindeutigen Rückschluss auf das wirklich vorhandene Ausmaß an Zufriedenheit zulassen.
Explizite Verfahren greifen nicht auf Indikatoren zurück sondern ermitteln die vom Kunden empfundene Zufriedenheit direkt (vgl. Schütze, 1992, S.185). Die folgende Tabelle fasst die verschiedenen Messverfahren zusammen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Verfahren zur Messung von Kundenzufriedenheit
Quelle: Matzler / Bailom 2002, dargestellt auch in Andreasen 1982 und Schütze 1992.
2.4.2 Implizite Messverfahren
Die Methode der kritischen Ereignisse, auch Critical Incident Technique (CIT) genannt, versucht mittels mündlicher Befragung sog. kritische Ereignisse im Transaktionsprozess zwischen Kunde und Anbieter zu identifizieren. Unter kritischen Ereignissen versteht man Vorfälle, die vom Kunden als außergewöhnlich positiv oder negativ empfunden und im Gedächtnis behalten werden (vgl. Matzler / Bailom, 2002, S. 226).
Der Vorteil der Methode liegt in der Konkretheit der Zufriedenheitsaussagen und ihrer Verhaltensrelevanz. Außerdem erfolgt eine Einteilung in Mindestleistungen und Werterhöhungsleistungen (vgl. Stauss, 1999, S.15).
[...]
- Citation du texte
- Volker Schattel (Auteur), 2003, Wechselbarrieren und ihr Einfluss auf die Wirkungskette Kundenzufriedenheit - Kundenloyalität - Eine empirische Studie im Mobilfunksektor, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21554
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