Gegensätzlich und dennoch eins – mit dieser Thematik befassen sich auch die Autoren, mit denen sich folgende Arbeit befasst. In ihrem Innersten gespalten, befinden sich die Protagonisten auf der Suche nach ihrer wahren Identität. Zahlreiche Doppelgängerfiguren verkörpern die unterschiedlichen Teile ihrer Selbst.
E.T.A. Hoffmann, der Meister des Unheimlichen, liefert mit seinem Roman „Die Elixiere des Teufels“ bereits in der Romantik ein Paradebeispiel des Doppelgängermotivs. Ein Jahrhundert später greift Gustav Meyrink in seinem Roman „Der Golem“ diese Problematik
erneut auf.
Alfred Kubin, als Illustrator sehr bekannt, war fasziniert von der unheimlichen Atmosphäre der Schauerromane seiner Vorgänger, in der ominöse Doppelgänger ihr Unwesen treiben. So schuf er kurze Zeit später, dem Vorbild Meyrinks folgend, in seinem Debütwerk
„Die andere Seite“ eine Welt voller Rätsel und Unheimlichkeiten, die der Düsterheit des Prager Ghettos in keiner Weise nachsteht. Einige der Abbildungen des Romans waren ursprünglich für den „Golem“ vorgesehen, welchen Kubin illustrierte.
Der Aspekt der Fremdbestimmung eröffnet nach einer kurzen Einführung der drei Werke die folgende Arbeit, da unsichtbare Mächte einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Protagonisten ausüben und ihnen ihren selbstbestimmten Lebensweg vereiteln. Der Fokus der Analyse liegt jedoch auf der Konstitution der Doppelgänger und ihrem Einfluss auf den Individuationsprozess der Protagonisten.
Die Funktion der Doppelgänger soll ebenfalls im Blickpunkt der
Arbeit stehen. So wird zu klären sein, ob diese als Begleiter der Protagonisten auf ihrem Lebensweg fungieren oder vielmehr den Selbstfindungsprozess bewusst verhindern, mit dem Ziel, die Identität ihrer Spiegelbilder zu zerstören.
Die Todesthematik, sowie die Frage inwieweit die Frauen der Romane die Selbstfindungsprozesse der Protagonisten negativ
und positiv beeinflussen, wird ebenfalls behandelt. Eng verbunden mit dem Wunsch nach einer höheren Existenz, ist das Motiv
der Androgynie. Der Sprung zwischen Traum und Wirklichkeit, Rahmen- und Binnenerzählung, durchbrochen von Retrospektiven und Einschüben, verwirrt. Allen drei Autoren gelingt es so, die Wirklichkeit zu verschleiern, die Identitäten von Rahmen- und Binnenerzähler zu vermischen. Die Erzählstruktur soll daher für ein besseres Verständnis aufgelöst werden.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Der Doppelgänger — eine Begriffserklärung
- Die Schauerromane
- E.T.A. Hoffmann: „Die Elixiere des Teufels"
- Gustav Meyrink: „Der Golem"
- Alfred Kubin: „Die andere Seite"
- Die Fremdbestimmung
- Der Faden des Lebens
- Die unsichtbare Intelligenz
- Im Bann
- Das Doppelgängerphänomen
- Im Zeichen des Kreuzes
- Das Spiegelbild der Seele
- „Der Demiurg ist ein Zwitter"
- Die Todesthematik
- Die Auferstehung im Kunstwerk
- Zwischen Himmel und Erde
- Das Reich des Todes
- Das weibliche Geschlecht
- Femme fragile vs. Femme fatale
- Der Hermaphrodit
- Die Medusenschönheit
- Der Individuationsprozess
- Der Duft der Rose
- Die „Seelenschwängerung"
- „Die eine glänzende Sonne"
- Strukturelle Merkmale
- Das Parergon
- Glatt wie ein Stück Fett
- Der Alptraum
- Abschließender Vergleich
- Schlusswort
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert die Selbstfindungsprozesse gespaltener Persönlichkeiten in drei Schauerromanen der deutschsprachigen Literatur: E.T.A. Hoffmanns „Die Elixiere des Teufels", Gustav Meyrinks „Der Golem" und Alfred Kubins „Die andere Seite". Die Arbeit untersucht, wie die Protagonisten mit ihren Doppelgängern konfrontiert werden, welche Funktionen diese Figuren im Kontext der jeweiligen Werke einnehmen und wie sie den Individuationsprozess der Protagonisten beeinflussen.
- Das Doppelgängermotiv als Ausdruck der Spaltung des Ichs
- Die Rolle von Fremdbestimmung und unbewußten Kräften im Individuationsprozess
- Die Bedeutung der Todesthematik und der Sehnsucht nach einem höheren Dasein
- Die ambivalenten Beziehungen der Protagonisten zum weiblichen Geschlecht
- Die strukturellen Merkmale der Romane und die Verwischung von Traum und Realität
Zusammenfassung der Kapitel
Das zweite Kapitel der Arbeit beschäftigt sich mit dem Doppelgängermotiv und stellt verschiedene Definitionen und Interpretationen des Begriffs vor. Die Arbeit erläutert die historische Entwicklung des Motivs von der antiken Vorstellung eines „lebendigen Teils der Person" bis zur modernen Deutung als Symptom einer psychischen Störung.
Das dritte Kapitel behandelt die drei Schauerromane, die im Zentrum der Analyse stehen. Es bietet einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Werke und die literarische Rezeption ihrer Autoren. Die Kapitelübersichten beschreiben die Hauptfiguren und den Handlungsverlauf der Romane, ohne jedoch wesentliche Handlungselemente oder die Schlussfolgerungen der Arbeit vorwegzunehmen.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Fremdbestimmung, die die Protagonisten in den drei Romanen erfahren. Es analysiert die verschiedenen Arten von Fremdbestimmung, die in den Werken dargestellt werden, wie zum Beispiel die Beeinflussung durch eine höhere Macht, die Besessenheit durch übernatürliche Kräfte oder die Manipulation durch andere Personen. Die Arbeit untersucht, wie diese Einflüsse die Handlung und den Individuationsprozess der Protagonisten gestalten.
Das fünfte Kapitel widmet sich dem Doppelgängerphänomen in den drei Romanen. Es analysiert die verschiedenen Arten von Doppelgängern, die in den Werken auftreten, wie zum Beispiel die körperliche Erscheinung, die innere Stimme oder die Projektion des Unterbewusstseins. Die Arbeit untersucht, welche Bedeutung die Doppelgänger für die Protagonisten haben, wie sie mit diesen umgehen und ob diese Figuren als positive oder negative Kräfte zu verstehen sind.
Das sechste Kapitel befasst sich mit der Todesthematik in den Romanen. Es untersucht die verschiedenen Arten, wie der Tod in den Werken dargestellt wird, wie zum Beispiel die Sehnsucht nach dem erlösenden Tod, die Auferstehung in einer höheren Existenz oder der Untergang des Traumreiches. Die Arbeit analysiert, welche Bedeutung der Tod für die Protagonisten hat und wie er ihren Individuationsprozess beeinflusst.
Das siebte Kapitel analysiert die Beziehungen der Protagonisten zum weiblichen Geschlecht. Es stellt die verschiedenen Frauentypen vor, die in den Romanen auftreten, wie zum Beispiel die „femme fragile", die „femme fatale" und die „Medusenschönheit". Die Arbeit untersucht, wie die Frauen die Protagonisten beeinflussen, welche Rolle sie im Individuationsprozess spielen und ob sie als positive oder negative Kräfte zu verstehen sind.
Das achte Kapitel befasst sich mit dem Individuationsprozess der Protagonisten. Es analysiert die verschiedenen Stadien der Entwicklung, die die Protagonisten durchlaufen, wie zum Beispiel die Phase der Verwirrung, die Konfrontation mit dem eigenen Schatten und die Erlangung der Einheit des Ichs. Die Arbeit untersucht, welche Herausforderungen die Protagonisten bewältigen müssen, welche Erkenntnisse sie gewinnen und welche Ziele sie erreichen.
Das neunte Kapitel analysiert die strukturellen Merkmale der drei Romane. Es untersucht die Bedeutung des Parergon, die Verwischung von Traum und Realität und die symbolische Verwendung von Bildern und Träumen. Die Arbeit analysiert, wie diese strukturellen Merkmale die Interpretation der Romane beeinflussen und welche Bedeutung sie für die Darstellung des Individuationsprozesses haben.
Das zehnte Kapitel bietet einen abschließenden Vergleich der drei Schauerromane. Es untersucht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Werke in Bezug auf die Thematik der Selbstfindung, die Rolle der Doppelgänger und die Bedeutung der Fremdbestimmung. Die Arbeit analysiert, wie die Autoren mit diesen Themen umgehen und welche spezifischen Perspektiven sie auf den Individuationsprozess entwickeln.
Das elfte Kapitel bietet ein Schlusswort, in dem die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst werden. Es untersucht die Bedeutung des Doppelgängermotivs für die deutschsprachige Literatur und die Aktualität des Themas in der heutigen Zeit. Die Arbeit beleuchtet die Herausforderungen des Individuationsprozesses und die Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem eigenen Schatten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Doppelgänger, die Selbstfindung, den Individuationsprozess, die Fremdbestimmung, die Todesthematik, das weibliche Geschlecht, die Schauerromantik, E.T.A. Hoffmann, Gustav Meyrink, Alfred Kubin, „Die Elixiere des Teufels", „Der Golem", „Die andere Seite", Traum, Realität, Unterbewusstsein, Besessenheit, Angst, Schuld, Erlösung, Hermaphrodit, Zwitterwesen, Symbol, Metapher, Struktur, Genre.
- Arbeit zitieren
- Corinna Groß (Autor:in), 2011, Das Grauen vor dem zweiten Ich – Selbstfindungsprozesse gespaltener Persönlichkeiten bei Hoffmann, Meyrink und Kubin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178052
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