Die derzeitige Finanzmarktkrise ist eine der schwersten des globalen Finanzsystems. Um den Ausbruch der Krise zu verhindern bzw. abzudämpfen wurden milliardenschwere Rettungspakete geschnürt, um Banken vor dem Kollaps zu retten. Selbst Verstaatlichungen waren kein Tabuthema mehr. Ferner folgten weitere Milliardenbeträge um den Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Realwirtschaft entgegen zu wirken. Doch wie kam es überhaupt zu einer solchen verheerenden Krise? Wie konnte der in der ersten Linie für die Krise verantwortlich gemachte US-Hypothekenmarkt die weltweite Finanzwirtschaft so tief in den Abgrund reißen?
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Gang der Arbeit
2 Grundlagen zu Credit Default Swaps als Kreditderivat
2.1 Definition von Kreditrisiko
2.2 Funktionsweise und Struktur eines Credit Default Swaps
2.2.1 Arten von Credit Default Swaps
2.2.2 CDS Prämie
2.2.3 Kreditereignis
2.2.4 Abwicklung
2.3 Anwendungsmöglichkeiten
2.4 Wirtschaftstheoretische Grundlagen
2.4.1 Prinzipal-Agenten-Theorie
2.4.2 Transaktionskostentheorie
3 Risiken des CDS Markts
3.1 Abgrenzung des Markts für Credit Default Swaps
3.1.1 Verfügbare Marktdaten
3.1.2 Marktgröße und -struktur
3.1.3 Wesentliche Marktteilnehmer und ihre Motive
3.2 Risiken verbunden mit Credit Default Swaps
3.3 Einfluss von Kontrahentenrisiko auf die Finanzmarktstabilität
3.3.1 Definition von Finanzmarktstabilität
3.3.2 Bestimmung des Kontrahentenrisikos
3.3.3 Gefahr des systemischen Risikos
3.3.3.1 Konzentration
3.3.3.2 Vernetzung
3.3.3.3 Liquidität
4 Regulierungsansätze von Credit Default Swap-Transaktionen
4.1 Aktuelle Regulierungsansätze für den CDS Markt
4.2 Central Counterparty als Regulierungsinstrument im CDS Markt
4.2.1 Theoretische Ansätze
4.2.1.1 Aufbau und Struktur von CDS Clearing
4.2.1.2 Risikomanagement
4.2.2 Aktuelle Umsetzung
4.3 Kritische Betrachtung der Einführung von Central Counterparties
4.3.1 Vorteile des zentralisierten Clearings
4.3.2 Risiken und Gefahren einer CCP im CDS Markt
4.3.3 Mögliche Effekte und Folgen einer CCP auf den Markt
4.3.4 Alternative Regulierungsmöglichkeiten
4.3.4.1 Handel über eine Börse
4.3.4.2 Zentrale Registrierung
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Credit Default Swap
Abbildung 2: Überblick über die Lösungsmöglichkeiten der Agencyprobleme
Abbildung 3: Effiziente Überwachung und Durchsetzung
Abbildung 4: Anteil von Credit Default Swaps im OTC-Derivatemarkt
Abbildung 5: Nominalwertentwicklung des CDS-Markts
Abbildung 6: Aufgliederung des CDS Markts nach Teilnehmer per 30.06.2009
Abbildung 7: Veränderung der staatlichen CDS Prämien nach Staatshilfen im Bankensektor
Abbildung 8: Bilaterale Vertragsbeziehungen im Vergleich zum Central Clearing
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Die derzeitige Finanzmarktkrise ist eine der schwersten des globalen Finanzsystems. Um den Ausbruch der Krise zu verhindern bzw. abzudämpfen wurden milliardenschwere Rettungspakete geschnürt, um Banken vor dem Kollaps zu retten. Selbst Verstaatlichungen waren kein Tabuthema mehr. Ferner folgten weitere Milliardenbeträge um den Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Realwirtschaft entgegen zu wirken. Doch wie kam es überhaupt zu einer solchen verheerenden Krise? Wie konnte der in der ersten Linie für die Krise verantwortlich gemachte US- Hypothekenmarkt die weltweite Finanzwirtschaft so tief in den Abgrund reißen?
Im Rahmen der Finanzmarktkrise kamen viele Faktoren zusammen, welche den kaskadenartigen Zusammenbruch des Finanzsystems verursachten. Eine wesentliche Rolle dabei spielten u.a. Credit Default Swaps (CDS) sowie die aus ihnen konstruierten komplexen Finanzprodukte. CDS, welche eigentlich als stabilisierend für das Finanzsystem angesehen wurde, waren vor der Finanzmarktkrise selbst unter Ökonomen kaum bekannt bzw. wurden kaum beachtet, doch lösten sie verheerende Kettenreaktion aus. Gemäß dem gültigen Bankenrecht, müssen Banken ihre Risiken genau bestimmen und diese entsprechend ihres Ausfallrisikos mit Eigenkapital hinterlegen. Bei riskanten Krediten bedeutet dies also eine hohe Bindung des Eigenkapitals. Allerdings existiert die Möglichkeit Kreditrisiken extern abzusichern und so das zu hinterlegende Eigenkapital für neue Geschäfte freizumachen. An dieser Stelle kommen die CDS ins Spiel. Bei Rückversicherern wie AIG wurden die Kredite der US-Hypothekenbanken über CDS abgesichert. Diese wiederum bündelten die Swaps und lagerten sie an Zweckgesellschaften aus, welche sie ihrerseits stückelten und an Zweckgesellschaften von Banken und Investmentgesellschaften auf der ganzen Welt verkauften. Das Ergebnis war, dass sich die nicht abgesicherten Risiken immer weiter verteilt und die geschnürten Kreditpakete immer undurchsichtiger wurden, so dass es zu einer deutlichen Unterschätzung der Risiken kam. Letztendlich führte das dazu, dass es über diverse Verflechtungen zu weitreichenden Zahlungsausfällen kam.
Während im Rahmen der Subprime-Krise das Interesse an den vorher so beliebten komplexen Kreditderivaten wie CDO sank, werden CDS immer noch aktiv gehandelt. Der noch recht junge Markt für CDS erfuhr in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum, doch ist das tatsächliche Marktvolumen schwer abzuschätzen.[1] Da es sich bei CDS im Wesentlichen um einen OTC-Markt (außerbörslicher Markt) handelt, wird der Großteil der Transaktionen individuell bilateral gehandelt, so dass es schwer ist das exakte Marktvolumen abzuschätzen. Gemäß den Statistiken der BIZ stieg das Nominalvolumen des gesamten CDS Markts von 6 Billionen USD Ende Dezember 2004 auf 58 Billionen USD Ende Dezember 2007.
Viele Ökonomen waren nach dem Platzen der Dotcom-Blase und der darauf folgenden Insolvenzwelle der Ansicht, dass CDS dazu geeignet sind die Finanzmarktstabilität zu sichern. Aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung sowie dem außerbörslichen Handel wurden CDS kaum staatlich reguliert. Der Markt war somit bisher auf seine Selbstregulierungskräfte angewiesen, was in Verbindung mit dem exponentiellen Wachstum und der fehlenden Transparenz im Markt, als besonders problematisch angesehen werden kann.[2]
Die anhaltenden Finanzmarktkrise hat dem Markt für CDS, sowie der Art und Weise wie Kreditrisiken im Markt gehandelt werden, eine noch nie da gewesene Aufmerksamkeit der Regulatoren gebracht. Insbesondere kam die Bedeutung des Kontrahentenrisikos im OTC-Derivate Markt bei den Schwierigkeiten in Verbindung mit Bear Stearns, Lehmann Brothers und AIG zum tragen. Diese Fälle haben das Interesse auf die vernetzte Schattenwelt im OTC Markt gelenkt, in welchem Marktteilnehmer „too big or interconnected to fail“[3] sein können.
Die aktuelle Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass eine höhere Transparenz im Markt von Nöten ist, um das systemische Risiko besser steuern und kontrollieren zu können. Aus diesem Grund wurden seit Anfang 2009 mehrere Regulierungsansätze weltweit diskutiert und umgesetzt. Hierzu zählt u.a. die Einführung von Central Counterparties (CCP) für den Handel von CDS. Im Rahmen dieser Arbeit soll nun diskutiert werde, welche Folgen diese Central Counterparties für den CDS Markt haben. Tragen sie wirklich zu einer höheren Effizienz im CDS Markt mit bei, oder bewirken sie womöglich das Gegenteil? Wenn eine CDS CCP sinnvoll ist, wie sollte diese aufgebaut sein und funktionieren? Und welche Alternativen bestehen? Diese Fragen sollen im Rahmen dieser Arbeit näher erörtert werden.
1.2 Gang der Arbeit
Im ersten Kapitel der Arbeit, wird der Credit Default Swap in seinen Grundzügen vorgestellt. Im Rahmen dieser Vorstellung wird u.a. das Kreditrisiko, als wesentliche Voraussetzung für den Einsatz von einem CDS, näher definiert, sowie eine Erläuterung des Aufbaus und der Funktionsweise von CDS vorgenommen. Im Anschluss folgt eine grobe Darlegung der vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten von CDS. Abschließend werden die Prinzipal-Agenten-Theorie und Transaktionskostentheorie als mit der Arbeit zusammenhängende Wirtschaftstheorien dargestellt.
Das darauf folgende Kapitel befasst sich mit dem CDS Markt und dessen Risiken, welche eine Regulierung erforderlich machen könnten. Bei der Darstellung des Markts wird insbesondere auf die verfügbaren Marktdaten und die sich daraus erkennbare Größe, Struktur und Aktivität der Teilnehmer des Markts eingegangen. Im Anschluss an die Abgrenzung des Markts, erfolgt eine generelle Darstellung der Risiken von CDS. Aufbauend darauf wird die systemische Gefahr, welche von dem CDS Markt möglicherweise auf die Finanzmarktstabilität ausgeht, eingehend diskutiert.
An diese Diskussion anknüpfend, erörtert das vierte Kapitel die allgemeinen Regulierungsansätze, welche aktuell im CDS Markt umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die Einführung von Central Counterparties eingegangen, sowie deren mögliche Auswirkungen auf den Handel und den Markt von CDS analysiert. Im Rahmen dessen wird zudem die bereits vorgenommene Umsetzung mit berücksichtigt, sowie alternative Marktorganisationen dargestellt und diskutiert.
2 Grundlagen zu Credit Default Swaps als Kreditderivat
2.1 Definition von Kreditrisiko
Das Kreditrisiko, welches aus einer Schuldner-Gläubiger-Beziehung entsteht, wird als bedeutendster Treiber für den Einsatz von Kreditderivaten bezeichnet.[4] Prinzipiell lassen sich drei Arten von Kreditrisiken unterscheiden.[5] Zwar wird das klassische Kreditrisiko allgemein als reines Ausfallrisiko definiert, doch auch das Bonitätsrisiko und Spreadrisiko zählen zu dem erweiterten Begriff des Kreditrisikos.[6]
1) (Adress-)Ausfallrisiko
Das Ausfallrisiko beschreibt das Risiko, dass ein Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen, z.B. die rechtzeitige Erbringung der Zins- und Tilgungsleistungen, nicht oder nur teilweise nachkommen kann. Wird ein Schuldner zahlungsunfähig, erfahren die Gläubiger einen Verlust in Höhe des Betrags, welcher der Schuldner ihnen zum Zeitpunkt seiner Zahlungsunfähigkeit noch schuldete abzüglich der Beträge, welche durch eine Zwangsvollstreckung, Liquidation oder Restrukturierung erzielt werden können.[7]
2) Spreadrisiko
Unter dem Spreadrisiko wird das Risiko eines Wertverlustes bzw. Underperformance einer Anleihe gegenüber einem Benchmarkwert durch den Anstieg des sog. Credit Spreads verstanden. Dieser Credit Spread beschreibt die zusätzliche Prämie auf eine Staats- bzw. risikolose Anleihe, welche vom Markt für die Übernahme einer bestimmten Risikoposition verlangt wird.[8] In der Regel gilt, je geringer der Credit Spread ausfällt, umso höher ist der Marktwert. Die Höhe des Credit Spreads wird sowohl von mikroökonomischen als auch makroökonomischen Faktoren beeinflusst. Die Fähigkeit eines Unternehmens seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, hängt von dessen erwarteter Cashflowgenerierungskraft ab. Wie hoch diese Cashflows ausfallen, ist wiederum u.a. vom Konjunkturzyklus beeinflusst. Da Investoren in der Regel versuchen vorausschauend investieren, kann daraus geschlussfolgert werden, dass der Credit Spread neben der individuellen Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens auch auf erwartete Konjunkturveränderungen reagieren wird.[9] [10]
3) Bonitätsrisiko
Das Bonitätsrisiko beschreibt das Risiko, dass eine Anleihe oder deren Emittent eine schlechtere Bonitätseinschätzung erhält und somit der Credit Spread ansteigt. Dieser Anstieg des Credit Spreads resultiert wiederum, wie oben angesprochen, in einen geringen Marktwert des Aktivums.
Traditionell trugen Banken die Risiken aus den Krediten, welche sie gewährten, selber. Doch in den vergangenen Jahren wurde das Kreditrisiko mittels Kreditderivate vermehrt an andere Teilnehmer des Finanzsystems weitergereicht.[11] Anders ausgedrückt, lässt sich das Kreditrisiko durch Kreditderivate individuell steuern. Bei dieser Derivateart lassen sich drei Grundformen unterscheiden: Credit Default Swaps, Total (Rate of) Return Swaps und Credit Options. Selbst hochkomplex strukturierte Kreditderivate sind auf diese drei Grundformen zurückführen.[12] Eines der wichtigsten und auch das verbreitetste Kreditderivat ist der Credit Default Swap (CDS),[13] welcher im Folgenden näher erläutert wird und den Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt.
2.2 Funktionsweise und Struktur eines Credit Default Swaps
Die wahrscheinlich einfachste Form des Kreditrisikotransfers unter den Kreditderivaten stellt der CDS dar. Bei einem CDS handelt es sich um einen bilateralen Vertrag, mit welchem der Nominalwert eines bestimmten Referenzaktivums, beispielsweise einer Anleihe oder eines Kredites, abgesichert wird.[14] Anders gesagt, ermöglicht ein solcher Swap den Transfer des Adressausfallrisikos eines Unternehmens oder eines Staates. Die ursprüngliche Schuldner-Gläubiger-Beziehung wird dabei weiterhin aufrecht erhalten, d.h. das Kreditrisiko wird von der Kreditbeziehung gelöst.[15] Im Rahmen dieser Geschäfte gibt es immer drei Parteien: den Schuldner, den Gläubiger, der das Kreditrisiko des Schuldners trägt und verkaufen bzw. versichern will und den Sicherungsgeber, der das Risiko des Gläubiger übernehmen will.[16] Durch den Abschluss eines CDS verkauft der Sicherungsnehmer das Kreditrisiko zu einem Marktpreis an den Sicherungsgeber weiter. Für die Übernahme des Risikos zahlt der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber eine regelmäßige Prämie. Im Gegenzug erhält der Sicherungsnehmer von diesem eine Ausgleichszahlung bei dem Eintritt eines vorher vertraglich festgelegten Ereignisses (Kreditereignis) (siehe Abbildung 1).[17]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Neske (2000), S. 46, Hohl, Liebig (1999), S. 507, Gehrmann (2009), S. 43.
Abbildung 1: Credit Default Swap
CDS werden üblicherweise über einen Zeitraum von 5 Jahren geschlossen, doch gibt es auch Geschäfte mit anderen Laufzeiten, um sie etwa an die Laufzeit des Referenzaktivums anzupassen oder um sie mit dem Investmenthorizont des Sicherungsnehmers zu harmonisieren.[18] Neben der Anpassung der Laufzeit, kann auch die Definition der Ausfallzahlungen und der Kreditereignisse individuell zwischen den Vertragsparteien verhandelt werden.[19] Zwar ist in den vergangenen Jahren eine zunehmende Standardisierung im CDS Markt festzustellen, doch besteht prinzipiell für den Käufer eines CDS die Möglichkeit, eine für seine Bedürfnisse maß geschneiderte Kreditrisikoabsicherung zu erhalten.[20] Wie bei allen Kreditderivaten, braucht der Sicherungsnehmer nicht im Besitz des Referenzaktivums zu sein.[21]
2.2.1 Arten von Credit Default Swaps
Im Wesentlichen kann in drei Haupttypen von CDS unterschieden werden:
- Single-name CDS
Der Single-name CDS stellt die einfachste und zugleich die verbreitetste Variante von CDS dar. Bei diesem Swap stellt das Referenzaktivum eine einzelne Verbindlichkeit oder einen einzelnen Referenzschuldner, wie ein Unternehmen, eine Bank oder einen Staat, dar.[22] Im Folgenden bezieht sich der Begriff „CDS“ immer auf Single-name CDS.
- CDS Indizes
Bei CDS Indizes handelt es sich um Verträge, welche auf einen Pool von Single-name CDS bestehen (Index), wobei jeder Referenzschuldner im Index den gleichen Anteil am Nominalwert hat.[23] Aufgrund einer hohen Standardisierung und Transparenz erfuhr diese Form von CDS in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum. Die Liquidität von diesen Indizes wird zudem dadurch verbessert, dass nur die liquidesten Single-name CDS in einen Index aufgenommen werden. Die vom Sicherungsnehmer zu zahlende Prämie wird als Durchschnitt der im Index befindlichen Single-names festgelegt.[24] Im Gegensatz zu reinen Single-name CDS hören CDS Indizes nach dem Eintritt eines Kreditereignisses nicht auf zu existieren.[25] Im Falle eines Kreditereignisses nimmt der Ersteller des Index einfach das betroffene Referenzaktivum aus dem Index heraus, so dass der Index mit einem geringeren Nominalvolumen weiter gehandelt werden kann. Durch die Investition in einen solchen CDS Index können
Investoren auf die relative Entwicklung eines Titels zum Index oder auf die Entwicklungen der Spreadkurve insgesamt setzen.[26]
Neben CDS-Kontrakten auf einen Index, hat der Markt auch sog. CDS Index Tranchen entwickelt, wobei CDS-Kontrakte auf bestimmte Tranchen in einem CDS Index gebildet werden. Jede Tranche deckt dabei einen bestimmten Anteil an Verlusten ab, welche sich aus Kreditereignissen innerhalb des zugrundeliegenden Index ergeben.[27] Investoren, die beispielsweise an der First-loss- oder Equity-Tranche beteiligt sind, müssen zuerst zahlen und sichern die ersten x% Verlust eines Portfolios ab.[28] Die Auszahlungen der Investoren, die an den übrigen Tranchen beteiligt sind, erfolgt nach dem Subordinationsprinzip bis zur sichersten sog. Senior-Tranche. Bei dieser Konstruktion ist das Kontrahentenrisiko asymmetrisch verteilt.[29] Diese Form von CDS wird als Instrument angewandt, um die Korrelation zwischen Kreditrisiken zu handeln. Indem ein Sicherungsverkäufer in eine CDS Index Tranche investiert, partizipiert er an einem bestimmten Anteil der Verlustverteilung des CDS Index.[30]
- Basket CDS
Bei einem Basket CDS stellt das Referenzaktivum einen Korb von mehreren Titeln verschiedener Schuldner dar.[31] Basket CDS sind vergleichbar mit CDS Indizes, da sie sich ebenfalls auf ein Portfolio von Referenzschuldnern beziehen. Das Portfolio von Basket CDS ist in der Regel aber eher kleiner. Allgemein sind Basket CDS maßgeschneiderter als CDS Indizes und somit mit Blick auf ihre Größe und ihre Preisermittlung auch undurchsichtiger.[32] Zwar ist es möglich, CDS auf den gesamten Basket abzuschließen, doch ist es in der Regel üblich, dass ein CDS nur Schutz für eine Auswahl von Titeln im Portfolio gibt.[33] Bei einem First-to-Default-Swap ist die Ausgleichszahlung an den ersten Ausfall eines beliebigen Titels im Portfolio geknüpft.[34] Analog wird bei einem Second-to-default-Swap die Ausgleichszahlung bei dem Ausfall eines zweiten Aktivums ausgelöst. Diese Struktur lässt sich bis zu einem nth-to- default-Swap ausbauen.[35] Bei dieser Art von Swap zahlt der Sicherungskäufer die vorher festgelegte Prämie bis zum nten-Ausfall. Sobald eine Ausgleichszahlung für den nten-Ausfall gezahlt wurde, ist der Swap terminiert und es werden keine weiteren Zahlungen mehr seitens des Sicherungsgebers geleistet. Neben nth-to-default-Swaps existieren weitere Auszahlungsstrukturen wie beispielsweise die Green-Bottle-Struktur, der Subordinate Basket Default Swap und der Senior Basket Default Swap.
Basket CDS stellen den wesentlichen Baustein für komplexer strukturierte Produkte, wie CDO dar.[36]
2.2.2 CDS Prämie
Der Sicherungsnehmer zahlt dem Sicherungsgeber eine regelmäßige Prämie für das Recht, im Falle eines Kreditereignisses von dem Sicherungsgeber eine Ausgleichszahlung verlangen zu dürfen.[37] Diese Prämie wird typischerweise in Basispunkte (bps) per annum ausgedrückt und auf den Nominalbetrag des abzusichernden Risikos berechnet.[38] In der Regel wird diese Prämie nachträglich quartalsweise an den Sicherungsgeber gezahlt. Die jeweilige Höhe der Prämie wird mit Hilfe einer der Zinsberechnungsmethoden bestimmt. Die im Kreditderivate gängigste Zinsberechnungsmethode ist actual/360. Zur Berechnung der Prämie wird hier die tatsächliche Anzahl an Tagen in einem Quartal und 360 Tage als Näherung für ein Jahr angewandt. Die Prämie für ein Quartal errechnet sich wie folgt:[39]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei CDS auf einen Referenzschuldner wird der Preis, d.h. die Prämie, die für den Swap verlangt werden kann, vom sog. Market Maker bereitgestellt. Als Market Maker werden Händler bezeichnet, welche sich verpflichtet haben, bei Anfragen zu bestimmten Derivaten immer einen Kauf- (bid price) und Verkaufspreis (ask price) zu nennen, einen sog. bid-ask-spread.[40] Nennt ein Händler beispielsweise einen bid-ask-spread von 320-330, bedeutet das, dass er bereit ist, eine Versicherung auf ein bestimmtes Referenzaktivum für 330 bps im Jahr zu verkaufen oder eine für 320 bps zu kaufen. Eine faire Preisbildung wird dadurch erreicht, dass der Market Maker zum Zeitpunkt der Abgabe seiner An- und Verkaufsgebote nicht weiß, ob der nachfragende Händler kaufen oder verkaufen will. Die Existenz von Market Maker stellt sicher, dass Ankaufs- oder Verkaufsorder ohne Zeitverzögerungen zu bestimmten Preisen ausgeführt werden und steigert dadurch die Liquidität des Markts.[41]
Die jeweilige Höhe einer Prämie ist abhängig von:[42]
- der Bonität des Referenzschuldners,
- der Laufzeit des Vertrags,
- der Bonität des Sicherungsgebers,
- der Definition der Kreditereignisse,
- dem erwarteten Restwert des Referenzaktivums nach einen Kreditereignis,
- der Wahrscheinlichkeit, dass der Sicherungsgeber und das Referenzaktivum gleichzeitig ausfallen.
Die Prämie ist also das vom Markt eingepreiste Ausfallrisiko eines Referenzaktivums dargestellt in Basispunkten[43] und wird daher als Indikator für finanzielle Schieflagen verwendet.[44] Gezahlt wird diese Prämie bis zum Ende der Laufzeit des CDS oder bis zum Eintritt eines Kreditereignisses.[45] Bei dem Eintritt eines Kreditereignisses wird die Prämienzahlung eingestellt.
2.2.3 Kreditereignis
Ein Ereignis, welches zu einer Zahlung des Sicherungsgebers an den oder die Sicherungsnehmer führt, werden als sogenanntes Kreditereignis (credit event) be- zeichnet.[46] Im Gegensatz zu anderen Derivaten wird bei CDS somit die Ausgleichszahlung nicht durch eine Preisbewegung ausgelöst. Die Definition der Ereignisse, welche eine Ausgleichszahlung auslösen, ist abhängig von der Art des Vertrags und individuellen Vereinbarungen.[47] Bei der Definition von Kreditereignissen orientieren sich die Verträge oft an den vorgefertigten Musterverträgen der „International Swaps and Derivatives Association“ (ISDA), welche seit 1998 zur Verfügung stehen.[48] ISDA ist eine Vereinigung der wesentlichen Teilnehmer im Markt.[49] Die aktuelle Fassung dieser standardisierten Vertragsausgestaltung (2003 ISDA Credit Definition) sieht folgende Kreditereignisse vor:[50]
- Bankruptcy (Insolvenz)[51]
Unter Bankruptcy fällt die Auflösung, Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit des Referenzschuldners oder dessen Kontrolle durch einen Treuhänder oder Zwangsvollstrecker.
- Obligation Acceleration (Vorzeitige Fälligkeit)[52]
Von einer Obligation Acceleration wird gesprochen, wenn durch einen Ausfall oder ein sonstiges Ereignis bei einer anderen Verbindlichkeit die besicherte Schuldenposition vor ihrer eigentlichen Fälligkeit fällig gestellt wird.
- Obligation Default (Potenzielle Vorfälligkeit)[53]
Unter dem Obligation Default wird versteht, dass durch ein Kreditereignis bei einer anderen Verbindlichkeit die besicherte Schuldenposition fällig gestellt werden darf.
- Failure to Pay (Zahlungsverzug)[54]
Als Failure to Pay wird das Versäumnis des Referenzschuldners seinen Zahlungsverpflichtungen bei deren Fälligkeit und vor Ablauf einer Toleranzfrist nachzukommen, bezeichnet.
- Repudiation/Moratorium (Verweigerung von Zahlungsverpflichtungen)[55]
Die Gültigkeit einer Verbindlichkeit wird seitens des Referenzschuldners oder des Staates nicht anerkannt. Besonders bei Auslandsgeschäften ist dieses Kreditereignis von Bedeutung.
- Restructuring (Schuldenrestrukturierung)[56]
Unter den Begriff Restructuring fallen alle Änderungen der Schuldenposition, welche die Gläubiger schlechter stellen. Darunter fallen die Reduzierung oder Stundung von Zins- und Tilgungsleistungen, Änderung der Währung oder Verringerung des Rangs einer Schuld.
Um nun eine Ausgleichszahlung anzustoßen, muss die betroffene Partei (Sicherungsnehmer) den Sicherungsgeber von dem Kreditereignis in Kenntnis setzen, sowie diesem öffentlich verfügbare Informationen (z.B. Meldungen über Reuters) über das Ereignis zukommen lassen. Daraufhin ist der Calculation Agent, dessen Rolle in der Regel vom Sicherungsgeber beim Interbanken-Geschäft eingenommen wird, dazu angehalten die Wesentlichkeit (Materiality) des Ereignisses zu überprüfen.[57] Ab wann ein Kreditereignis als wesentlich zu betrachten ist, wurde vorher vertraglich festgelegt. Durch diese Materialitätsklausel (Materiality Clause) wird verhindert, dass eine Ausgleichszahlung aufgrund eines technischen Zahlungsverzuges ohne Bonitätsverschlechterung des Schuldners fällig wird.[58] Gemäß dieser Klausel kann beispielsweise das Eintreten eines Kreditereignisses mit der Anforderung einer deutlichen Preisänderung einer bestimmten Referenzanleihe oder eines ganzen Spektrums an Titeln verbunden sein, die von dem Schuldner entweder garantiert oder direkt emittiert sind.[59]
2.2.4 Abwicklung
Bei dem Eintritt eines vertraglich festgelegten Kreditereignisses hat der Versicherer seine Versicherungsleistung gegenüber dem Sicherungsnehmer zu erbringen.
Hierbei werden zwei Formen unterschieden, wie diese Ausgleichszahlung durchgeführt werden kann: ein Cash Settlement und ein Physical Settlement.
Bei einem Cash Settlement wird der Verlust des Sicherungsnehmers als Differenz zwischen dem Anleihekurs von 100% (pari) oder einem anderen beliebigen Prozentsatzes und dem gesunkenen Marktpreis der Referenzanleihe nach Eintritt des Kreditereignisses nachgebildet. Die Kalkulation des Marktwertes wird üblicherweise vom Sicherungsgeber als Calculation Agent vorgenommen.[60] Die Feststellung der Preisveränderung erfolgt zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt nach Eintritt des Kreditereignisses durch Umfragen unter den Banken, welche im Markt als Market Maker auftreten. Der Preis, der anhand dieser Umfrage ermittelt wird, reflektiert somit die Einschätzung des Markts bzgl. des Restwertes des Referenzaktivums.[61] Nach der Feststellung der Wertveränderung zahlt der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer den Differenzbetrag (Barausgleich).[62]
Diese Form der Ausgleichsleistung wird besonders bevorzugt, wenn ein CDS Teil eines strukturierten Kreditproduktes ist. Zudem besteht bei dieser Art von Settlement nicht die Gefahr wie beim Physical Settlement, dass das zu liefernde Refe- renzaktivum im Markt nicht lieferbar ist (z.B. aufgrund Liquiditätsengpässen) und der Sicherungsnehmer ggf. eine geringere Ausgleichszahlung erhält.[63]
Eine besondere Form des Cash Settlements stellt das Binary Settlement dar. Bei dieser Art von Settlement wird die Ausgleichszahlung in Höhe eines vorab bestimmten Betrags vorgenommen.[64] Der Restwert des Referenzwerts wird somit ex ante festgelegt. Durch diese Gestaltung ist eine Reduktion der Absicherungskosten möglich, da beispielsweise die Annahme eines höheren Restwertes eine geringe Ausgleichszahlung bedeutet, so dass der Sicherungsgeber folglich eine geringere Prämienzahlung verlangt. Dem Kostenvorteil steht jedoch die Gefahr der nur partiellen Absicherung gegenüber, wenn der tatsächliche Restwert niedriger ausfällt als angenommen.[65]
Bei einem Physical Settlement liefert der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber ein vertraglich spezifiziertes Referenzaktivum zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Kurs und erhält dafür von diesem eine Zahlung in Höhe des Nominalwertes des Referenzaktivums[66] Die physische Lieferung kann eine bestimmte Anleihe vorsehen oder eine Klasse von Anleihen, welche bestimmte Kriterien (z.B. Währung, Laufzeit, Seniortät) erfüllen.[67] Die Bestimmung solcher Lieferungsalternativen existiert insbesondere bei CDS, welche auf ein gesamtes Unternehmen abgeschlossen wurden und weniger bei Swaps auf bestimmte Verbindlichkeiten.[68] Im Rahmen dieser Alternativen wird der Sicherungsnehmer in der Regel die Verbindlichkeit liefern, welche für ihn am günstigsten ist. Es wird von einer sog. cheapest- to-deliver-Option gesprochen.[69] Bei Anleihen eines Unternehmens, welche am Markt günstiger gehandelt werden, handelt es sich meistens um Anleihen mit geringem Coupon, illiquide Anleihen, Anleihen mit einer sehr langen Laufzeit und Wandelanleihen.[70]
Bei einem Physical Settlement besteht für den Sicherungsgeber die Möglichkeit das Referenzaktivum noch gewinnbringend zu veräußern. Ebenso wird die Form des Physical Settlement häufig gewählt, da Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Marktwertes, welche bei einem Cash Settlement vorzunehmen ist, vermieden werden sollen.'[71]
2.3 Anwendungsmöglichkeiten
Für CDS gibt es vielseitige Anwendungsbereiche. Insbesondere im Kreditrisikomanagement von Banken werden CDS eingesetzt um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag zu erzielen.[72] Dies wird u.a. durch die Absicherung (Hedging) von Kreditrisiken erreicht. Hierbei wird zwischen dem Hedging von Einzelpositionen (Mirco Hedge) und dem Hedging von Portfolios (Macro Hedge), bestehend aus mehreren, idealerweise stark korrelierenden[73] Risikopositionen, unterschieden.[74] Solch eine Risikoneutralisierung wird üblicherweise durch den Aufbau von Positionen mit entgegengesetzter Wertentwicklung erreicht. Durch den Abschluss eines CDS wird diese negativ korrelierende Position synthetisch erstellt. Bei kleineren Schuldneradressen und insbesondere bei nicht börsennotierten Unternehmen ist die Absicherung über CDS nur begrenzt möglich. Bei diesen Adressen ist die Risikobewertung für einen Dritten schwierig, da diese in der Regel über kein öffentlich zugängiges Rating verfügen.[75]
Durch den Einsatz von CDS kann die Kreditgewährungspolitik und die Kreditrisikopolitik unabhängig voneinander durchgeführt werden.[76] Das bedeutet, dass bei entsprechender Nachfrage Kredite einfach gegeben werden können. Bei der Vergabe können evtl. Adressen-, Branchen-, oder Länderlimitierungen außer Acht gelassen werden, da das Management von Kreditrisiken an anderer Stelle erfolgt. Die hausintern festgelegten Kreditlinien können besser gesteuert werden, ohne Geschäftsbeziehungen einzuschränken.[77]
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit im Rahmen des Kreditrisikomanagements stellt die Risikoübernahme durch einen CDS dar. Insbesondere Banken mit einem starken Fokus auf bestimmte Kundengruppen, Branchen oder ein regionalbegrenztes Geschäftsgebiet zeigen meistens hohe Konzentrationsrisiken.'[78] Durch den Einsatz von CDS besteht zum einen die Möglichkeit der Übernahme von Kreditrisiken, die mit dem originären Kreditgeschäft nicht vollständig positiv korrelieren und zum anderen die Erschließung neuer Märkte. So können synthetische Engagements auf Länder, Branchen oder Kreditnehmer aufgebaut werden,[79] zu welchen der Zugang unter der normalen operativen Geschäftstätigkeit verwehrt geblieben wäre.[80] CDS ermöglichen Unternehmen somit ihre Risiken über verschiedene Länder, Sektoren und Branchen zu diversifizieren, was eine effektive und effiziente Kapitalallokation schafft.[81] Die gezielte Herein- und Herausnahme von Kreditrisiken[82] ermöglicht eine aktive Steuerung von Kreditrisiko-Portfolios.[83] Die so erzielbare höhere Diversifikation und Auflösung von Konzentrationsrisiken führt zu einer Verbesserung der Er- trag-Risiko-Verhältnisse.[84] Aufgrund ihrer Flexibilität eignen sich Kreditderivate besonders gut zur Portfoliooptimierung z.B. im Vergleich zu einer Direktanlage.[85] Zudem ist die Absicherung durch ein Kreditderivat günstiger als der Abschluss einer Garantie oder Kreditversicherung.[86]
Neben dem Einsatz als Kreditrisikomanagementinstrument, eignen sich CDS auch zu Arbitragegeschäften durch die Ausnutzung unterschiedlicher Bewertungen von Kreditrisiken innerhalb eines Markts oder in verschiedenen Marktsegmenten.[87] ' Solche risikolosen Gewinne lassen sich durch die Kombination zweier CDS erzielen, deren Risikoposition und somit Cashflow-Struktur entgegengesetzt ist. D.h. in dem Markt, in welchem ein Titel als weniger riskant eingeschätzt und daher für diesen eine niedrigere Prämie verlangt wird, tritt ein Investor als Sicherungsnehmer auf und verkauft diese Sicherheit als Sicherungsgeber in einem Markt, welcher den Titel als riskanter einschätzt und mit einer höheren Prämie handelt.[88] Der Investor erhält so einen Gewinn in Höhe des Differenzbetrages der Prämien ohne das Risiko der Ausgangssituation zu tragen.[89]
Zwar lag die ursprüngliche Intention der Nutzung von CDS in der Kreditversicherung, doch ist das Geschäft mit Kreditrisiken heutzutage immer mehr durch Spekulationen gekennzeichnet.[90] Bei der Spekulation mit CDS werden Gewinne durch kurzfristige Preisschwankungen von Kreditrisiken generiert. Durch eine Risikoübernahme ist es für einen Spekulanten möglich Gewinne in Höhe der Prämie zu erzielen, solange die Position kurzfristig zu günstigeren Konditionen geschlossen werden kann. Zudem ist es kostengünstiger eine Absicherung zu verkaufen, als das Referenzaktivum selber zu erwerben.[91] Hier besteht jedoch die Gefahr eines Verlustes im Falle eines Kreditereignisses. Weit weniger risikoreich ist der Verkauf einer Risikoposition ohne diese tatsächlich in den eigenen Büchern zu halten. Bei diesen Leerverkäufen ist der Verlust auf die zu zahlende Risikoprämie begrenzt und im Falle eines Kreditereignisses erzielt der Spekulant Gewinne in Höhe der Ausgleichszahlungen.[92]
Ein weiteres Anwendungsgebiet für CDS stellt die Optimierung der regulatorischen Eigenkapitalunterlegung dar.[93] Voraussetzung ist, dass ein CDS bestimmte Mindestanforderungen erfüllt, sowie die qualitativen und quantitativen Offenlegungsanforderungen eingehalten werden. Ist dies gegeben, wird das Risiko des Sicherungsgebers der Forderung zugrunde gelegt. Daraus ergibt sich, dass als Sicherungsgeber nur Unternehmen, Staaten, Banken oder Versicherungen mit einem besseren Rating als „A“ akzeptiert werden.[94] Durch geschickte Strukturierung des Gesamtportfolios kann die Eigenkapitalunterlegung somit reduziert werden.[95]
Desweiteren können CDS zur steuerlichen Optimierung sowie im Rahmen von synthetischen Verbriefungsstrukturen angewandt werden.[96] Allgemein erhalten Marktteilnehmer durch CDS und Kreditderivate eine objektivere Risikoeinschätzung zu bestimmten Positionen, da sie von einem ganzen Markt beurteilt werden und nicht von einem Investor alleine.[97] Dies ist insbesondere bei Referenzaktiva interessant, deren Markt sich eher als illiquide erweist.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass CDS nicht nur ein Instrument im Risikomanagement von Banken sind, sondern auch zur Vollkommenheit des Markts beitragen können.[98]
2.4 Wirtschaftstheoretische Grundlagen
Im Rahmen der Probleme im CDS Markt sowie dem Aufbau der Marktstruktur sind die Prinzipal-Agenten-Theorie sowie die Transaktionskostentheorie von Bedeutung.
2.4.1 Prinzipal-Agenten-Theorie
Das zentrale Problem, mit welchem sich die Prinzipal-Agenten-Theorie befasst, stellen die Informationsasymmetrien zwischen Vertragspartnern dar.[99] Diese Asymmetrien entstehen dadurch, dass es keine vollkommene und kostenlose Markttransparenz gibt.[100] Aufbauend auf diese Problematik analysiert die Prinzipal- Agenten-Theorie, wie Verträge organisiert werden müssen, um eine ökonomische Effizienz gewährleisten zu können.[101]
Der Begriff der Agency-Beziehung beschreibt nichts anderes, als dass sich Menschen mit ihrem Handeln gegenseitig beeinflussen. Aufgrund der Teilung und dem Tausch von Verfügungsrechten ist diese gegenseitige Beeinflussung in der heutigen arbeitsteiligen Wirtschaft stets präsent.[102] Die Prinzipal-Agenten-Theorie befasst sich i.W. mit der Artenteilung von Verfügungsrechten und den Problemen, welche sich aus vertraglichen Schuldverhältnissen ergeben. Die Person, die andere damit beauftragt bestimmte Sachen herzustellen oder zu verändern, bestimmte Leistungen zu erbringen oder einen bestimmten Erfolg zu generieren, wird in der Theorie als Prinzipal bezeichnet. Die auftragsempfangende Person stellt den Agenten dar.[103]
Die Theorie unterliegt einer Reihe von Prämissen:[104]
- Die Prinzipal-Agenten-Theorie basiert auf dem Verhaltensmodell des homo oe- conomicus mit seinem individuellen Anreizmechanismus und seiner begrenzten Rationalität.[105] D.h. sowohl der Prinzipal als auch der Agent sind rationale Nut- zenmaximierer.
- Aufgrund der unterschiedlichen Positionen von Verfügungsrechten haben Agent und Prinzipal unterschiedliche Nutzenvorstellungen.
- Es bestehen Informationsasymmetrien zwischen den Vertragspartnern in der Form, dass der Agent einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal hat. Im Gegensatz zum Prinzipal kann der Agent seine Leistungen, Fähigkeiten, Absichten und Motive besser bewerten als der Prinzipal.
- Durch sein Handeln und seine Entscheidungen kann der Agent auf das Wohlergehen des Prinzipals einwirken.
Diese Annahmen lassen darauf schließen, dass der Prinzipal der Gefahr ausgesetzt ist, dass der Agent im eigenen Interesse handelt und somit nicht mehr im Interesse des Prinzipals. Die daraus entstehenden Probleme können in vier Typen unterteilt werden:
1) hidden characteristics
Dem Prinzipal ist es vor Vertragsabschluss nicht möglich sämtliche Eigenschaften des Agenten zu durchleuchten. Daraus entsteht die Gefahr, dass ein schlechter Vertragspartner gewählt wird (adverse selection).[106]
2) hidden action
Der Prinzipal kann die Tätigkeit des Agenten nicht lückenlos beobachten. Wenn es für ihn ebenfalls nicht möglich ist von dem Ergebnis auf das Anstrengungsniveau des Agenten zu schließen, besteht die Gefahr, dass der Agent diese Informationsasymmetrien ausnutzt.[107] Beispielsweise kann der Agent zur „Drückebergerei“ („Shirking“) neigen oder die Ressourcen des Arbeitgebers für private Zwecke benutzen („Consumption on the job“).[108]
3) hidden information
Dieser Problemtyp entsteht, wenn der Prinzipal zwar die Tätigkeiten des Agenten beobachten, diese aber nicht bewerten kann. Diese Informationsasymmetrie ist umso größer, je größer das Spezialwissen des Agenten ist. Dieses Problem birgt die Gefahr, dass der Agent so handeln wird, wie es für ihn den größten Nutzen bringt.[109]
4) hidden intention
Dem Prinzipal bleiben die Absichten und die Motivation des Agenten vor Vertragsabschluss verborgen. D.h. der Prinzipal kann nicht abschätzen wie fair und ehrlich sich der Agent in einem Interessenkonflikt verhalten wird.[110] Besonders problematisch können diese versteckten Verhaltensmerkmale werden, wenn der Prinzipal auf den Agenten angewiesen ist. In solchen Fällen besteht die Gefahr, dass der Agent diese Abhängigkeit ausnutzt. Hier wird von einer „Hold up“- Problematik („Raubüberfall“) gesprochen.[111] All diese Probleme (ausgenommen die Problematik der adversen Selektion) lassen sich als sog. moralisches Risiko („Moral Hazard“) bezeichnen, da die Moral der Handelnden eine wesentliche Rolle spielt.[112]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Überblick über die Lösungsmöglichkeiten der Agencyprobleme
Da die Vereinigung der Informationsasymmetrien im Markt mit den Zielkonflikten und dem Homo Oeconomicus-Modell die Grundlage für die Agencysprobleme bildet, sind mögliche Lösungsansätze an diesen drei Prämissen anzusetzen. D.h. die oben aufgeführten Probleme können gelöst werden, indem die Informationsasymmetrien gesenkt, die Zielkonflikte aufgelöst und so die eigennützigen Verhaltensweisen des Homo Oeconomicus gemildert werden (siehe Abbildung 2).[113]
Das Maß für die Vorteilhaftigkeit der verschiedenen Vertragskonstellationen stellen die sog. Agenturkosten dar. Diese umfassen die Summe aus den Überwachungsund Kontrollkosten des Prinzipals, den Signalisierungs- und Garantiekosten des Agenten und dem verbleibenden Wohlfahrtsverlust.
[...]
[1] Vgl. Dohr (2009), S. 2.
[2] Vgl. Förster (2007), S. 2.
[3] EZB (2009a), S. 7.
[4] Vgl. Gehrmann (2009), S. 20.
[5] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 23.
[6] Vgl. Gehrmann (2009), S. 20.
[7] Vgl. Choudhry (2004), S. 2.
[8] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 40.
[9] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 41 ff.
[10] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 43, vgl. Gehrmann (2009), S. 21.
[11] Vgl. Hull (2009), S. 645.
[12] Vgl. Neske (2000), S. 46.
[13] Vgl. Raunig, Scheicher (2008), S. 5.
[14] Vgl. Choudhry (2004), S. 16.
[15] Vgl. Förster (2007), S. 11.
[16] Vgl. Förster (2007), S. 3.
[17] Vgl. Blanco et. al. (2004), S. 9.
[18] Vgl. Jakola (2006), S. 2.
[19] Vgl. Lendzian (1999), S. 647 f.
[20] Vgl. Landry, Radeke (1999), S. 538.
[21] Vgl. Hohl, Liebig (1999), S. 506.
[22] Vgl. EZB (2009a), S. 9, vgl. Blanco et. al. (2004), S. 7.
[23] Vgl. CESR (2008), S. 43.
[24] Vgl. Gehrmann (2009), S. 60.
[25] Vgl. EZB (2009a), S. 9 f.
[26] Vgl. Gehrmann (2009), S. 60.
[27] Vgl. EZB (2009a), S. 10.
[28] Vgl. Posthaus (2000), S. 64.
[29] Vgl. Förster (2007), S. 14.
[30] Vgl. Hager (2008), S. 17.
[31] Vgl. Choudhry (2004), S. 18.
[32] Vgl. EZB (2009a), S. 10.
[33] Vgl. Choudhry (2004), S. 18.
[34] Vgl. Posthaus (2000), S. 64.
[35] Vgl. Gehrmann (2009), S. 54.
[36] Vgl. Choudhry (2004), S. 18.
[37] Vgl. Amato (2005), S. 64.
[38] Vgl. Choudhry (2004), S. 16, vgl. Neske (2000), S. 46.
[39] Vgl. Anson et. al., (2004), S. 49.
[40] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 50, vgl. Diener et. al. (2002), S.66.
[41] Vgl. Hull (2009), S. 242.
[42] Vgl. Förster (2007), S. 13, vgl. Kasapi (1999), S. 26.
[43] Vgl. Zertifikatejournal (2007), S. 19.
[44] Vgl. Singh, Spackman (2009), S. 3.
[45] Vgl. Hull (2009), S. 645.
[46] Vgl. Förster (2007), S. 11.
[47] Vgl. Neske (2000), S. 47.
[48] Vgl. Förster (2007), S. 13.
[49] Vgl. Raunig, Scheicher (2008), S. 7.
[50] Vgl. Taylor (2007), S. 155 f., vgl. Markit (2009e), S. 3 f.
[51] Vgl. ISDA (2003), S. 30.
[52] Vgl. ISDA (2003), S. 30 f.
[53] Vgl. ISDA (2003), S. 31.
[54] Vgl. ISDA (2003), S. 31.
[55] Vgl. ISDA (2003), S. 31 f.
[56] Vgl. ISDA (2003), S. 32 f.
[57] Vgl. Choudhry (2004), S. 38.
[58] Vgl. Neske (2000), S. 47.
[59] Vgl. Gehrmann (2009), S. 44, vgl. Kasapi (1999), S. 25.
[60] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 64.
[61] Vgl. Neske (2000), S. 48.
[62] Vgl. Gehrmann (2009), S. 43.
[63] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 65.
[64] Vgl. Gehrmann (2009), S. 43.
[65] Vgl. Neske (2000), S.49.
[66] Vgl. Gehrmann (2009), S. 43.
[67] Vgl. Neske (2000), S. 48.
[68] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 64.
[69] Vgl. Choudhry (2004), S. 39.
[70] Vgl. Anson et. al. (2004), S. 64.
[71] Vgl. Choudhry (2004), S. 40.
[72] Vgl. Cremers, Walzner (2007), S. 37.
[73] Vgl. Kern (2003), S. 17.
[74] Vgl. Grundke (2003), S. 27.
[75] Vgl. Oriwol (2005), S. 41.
[76] Vgl. Lendzian (1999), S. 647.
[77] Vgl. Cremers, Walzner (2007), S. 43, vgl. Watzinger (2000), S. 292.
[78] Vgl. Oriwol (2005), S. 42.
[79] Vgl. Kern (2003), S. 18.
[80] Vgl. Cremers, Walzner (2007), S. 42.
[81] Vgl. Förster (2007), S. 1.
[82] Vgl. Kern (2003), S. 18.
[83] Vgl. Hull (2009), S. 644.
[84] Vgl. Grundke (2003), S. 27.
[85] Vgl. Cremers, Walzner (2007), S. 42.
[86] Vgl. Cremers, Walzner (200'), S. 55.
[87] Vgl. Grundke (2003), S. 27, vgl. Oriwol (2005), S. 39.
[88] Vgl. Kern (2003), S. 21.
[89] Vgl. Oriwol (2005), S. 39.
[90] Vgl. Förster (2007), S. 1.
[91] Vgl. Deutsche Bundesbank (2004), S. 48.
[92] Vgl. Oriwol (2005), S. 40.
[93] Vgl. Grundke (2003), S. 28.
[94] Vgl. Cremers, Walzner (2007), S. 48, vgl. Deutsche Bundesbank (2004), S. 48.
[95] Vgl. Martin et. al. (2006), S. 10.
[96] Vgl. Grundke (2003), S. 28.
[97] Vgl. Cremers, Walzner (2007), S. 55.
[98] Vgl. EZB (2009a), S. 11.
[99] Vgl. Voigt (2002), S. 102.
[100] Vgl. Göbel (2002), S. 62.
[101] Vgl. Blum (2005), S. 58.
[102] Vgl. Göbel (2002), S. 98.
[103] Vgl. Furubotn, Richter (1999), S. 163, vgl. Göbel (2002), S. 99.
[104] Vgl. Göbel (2002), S. 100.
[105] Vgl. Blum (2005), S. 58.
[106] Vgl. Moormann, Möbus (2004), S. 203, vgl. Moormann, Möbus (2004), S. 205.
[107] Vgl. Kräkel (2007), S. 21 f.
[108] Vgl. Lederle (2008), S. 41.
[109] Vgl. Göbel (2002), S. 102.
[110] Vgl. Neus (2007), S. 96.
[111] Vgl. Moormann, Möbus (2004), S. 205.
[112] Vgl. Göbel (2002), S. 103.
[113] Vgl. Göbel (2002), S. 110.
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