„Schließlich sollten die Entscheidungen über Krieg und Rassenpolitik, die beiden zentralen Dimensionen der nationalsozialistischen Politik, auf Hitlers weltanschaulichen Willen zurückgehen.“ (Bundeszentrale für politische Bildung 2009). Wenn ein Diktator das Volk soweit manipuliert, dass dieses nahezu willenlos folgt, stellt sich die Frage nach dem Vorgehen. Mit perfiden Gedankenspielen zur Rassenlehre und Umdeutungen von Naturgesetzen versprach er den Bürgern, die vom Ausgang des Ersten Weltkrieges gezeichnet waren, eine höhere Lebensqualität, da sie zur überlegenen Rasse gehören. Die leicht verständlichen und darüber hinaus verheißungsvollen Botschaften boten der rechtsextremistischen Ideologie Vorschub, ihren Anhängern eine glorreiche Perspektive. In der Erzählung „Aus dem Leben eines Fauns“ wird diese Thematik zwar indirekt angesprochen, die politischen Hintergründe bleiben jedoch weitestgehend unberücksichtigt. Beim erstmaligen Kontakt mit der Erzählung wirkt der Inhalt, begründet mit der atypischen Erzählstruktur und unzähligen intertextuellen Bezügen, suspekt. Und doch wird bei näherer Betrachtung die gesellschaftspolitische Kritik speziell an der Bevölkerung transparent. Innerhalb dieser Ausarbeitung werden zwei Systeme der Erzählung analysiert. Zum einen wird die Einstellung des Ich-Erzählers zur Gesellschaft im Allgemeinen begutachtet. Die Frage, welche Mitschuld jeder Einzelne an der Entwicklung hin zum Krieg trägt, soll dabei in den Fokus rücken (vgl. u. a. Simon 2006; Reemtsma 2004). Zum anderen wird die Familie des Protagonisten näher charakterisiert. In einer politisch schwierigen Zeit kann der Leser a priori davon ausgehen, dass die Familie als Rückzugsort dient, an dem jedes Mitglied Nähe und Geborgenheit genießt. Aus welchen Gründen Familie Düring diesem Ideal nicht entspricht, wird kritisch hinterfragt werden (vgl. Elhardt 1984). Wie auch das Killy Literatur-Lexikon belegt, repräsentiert der Erzähler im „Faun“ ein doppelmoralisches Leben, zwischen Ablehnung des Regimes und Ausführung von Befehlen (vgl. Killy 1991, S. 307). Speziell die Art, wie der Autor Arno Schmidt das Geschehene reflektiert, nämlich aufklärerisch expressionistisch und darüber hinaus inhaltlich treffend, spricht für eine gelungene Erzählung, der es gelingt, die Opfer- und die Täterrolle nicht zu vermengen. Ist der Krieg ausgebrochen, fragen die Bomben nicht nach Tätern, sondern belegen schonungslos die Konsequenzen für die Bevölkerung.
Inhaltsverzeichnis
- Thematische Einführung.
- ,,Das ganze Volk ist ergriffen vom Orden- und Abzeichenfimmel"
- Perspektiven der Gesellschaft im Vorfeld zum 2. Weltkrieg.
- Politisches und gesellschaftliches Verhalten des „Fauns“ vor Kriegsbeginn
- Familiäre Situation des „Fauns" vor Kriegsbeginn
- ,,Wir liefen leicht und schleifend hinter unsern Gliedern her❝
- Politisches und gesellschaftliches Verhalten des „,Fauns\" im Krieg
- Familiäre Situation des „Fauns\" im Krieg.
- Abschließende Betrachtungen.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die gesellschaftlichen und familiären Ansichten in Arno Schmidts Erzählung „Aus dem Leben eines Fauns“, um das politische und gesellschaftliche Verhalten des Ich-Erzählers Heinrich Düring im Vorfeld und während des Zweiten Weltkriegs zu beleuchten. Dabei wird untersucht, wie der „Faun“ auf die rechtsextremistische Ideologie des Nationalsozialismus reagiert und welche Rolle die Familie in dieser Zeit spielt.
- Die Kritik an der gesellschaftlichen Anpassung und dem unreflektierten Verhalten der Bevölkerung im Dritten Reich.
- Die ambivalente Haltung des „Fauns“ zum Regime, geprägt von Ablehnung und gleichzeitigem pflichtbewussten Verhalten.
- Die Rolle der Familie als Rückzugsort und gleichzeitig als Ort der Konflikte und Spannungen.
- Die Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Nationalsozialismus.
- Die Bedeutung der Intertextualität und der Erzählstruktur in der Analyse der Erzählung.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der thematischen Einführung und stellt die zentrale Frage nach dem Einfluss des Einzelnen auf die Entwicklung hin zum Krieg. Dabei wird die Rolle des Nationalsozialismus und die Manipulation der Bevölkerung durch perfide Gedankenspiele zur Rassenlehre beleuchtet.
Das zweite Kapitel untersucht die Perspektiven der Gesellschaft im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs. Es wird die Entstehung des Nationalsozialismus als Folge des Leidens der Bevölkerung nach dem Ersten Weltkrieg und die Rolle des Fremdenhasses als Instrument der Propaganda beleuchtet.
Das dritte Kapitel analysiert das politische und gesellschaftliche Verhalten des „Fauns“ vor Kriegsbeginn. Es wird seine ablehnende Haltung gegenüber dem Regime und seine ambivalente Strategie des Widerstands und der Anpassung herausgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen des Nationalsozialismus, der gesellschaftlichen Anpassung, des Widerstands, der Familie, der Intertextualität und der Erzählstruktur. Wichtige Begriffe sind: „Faun“, Heinrich Düring, Rechtsextremismus, Propaganda, Rassenlehre, Familie, Krieg, Widerstand, Intertextualität, Erzählstruktur.
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- Marco Schindler (Author), 2009, Die Menschen Gebärden sich wie Fahnen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142073
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