Die Autorin beschreibt in diesem Buch eine Anleitungssituation: "Die unsterile Assistenz bei endoskopischer Venenentnahme". Diese Anleitungssituation fand vor der Ausbildung zur Praxisanleiterin statt. Jedoch war die Anleitung nicht optimal, da die Anleiterin noch nicht über ausreichend pädagogisches Wissen verfügte. Der Text betont die Bedeutung von klaren Lernzielen und individueller Anleitung im Rahmen der Praxisanleitung. Es wird empfohlen, zu Beginn des Lerneinsatzes über die Ziele zu sprechen und die Vorkenntnisse des Lernenden zu erfragen, um das Lernen an seine Bedürfnisse anzupassen. Darüber hinaus wurde unbewusst die Vier-Stufen-Methode als Anleitungsmodell angewandt, die die Bedeutung des Zuhörens, Beobachtens, gemeinsamen Übens und Übertragens des Gelernten in die Praxis betonte. Im Text geht es um die Reflexion der Anleitungssituation mit Wissen und Erfahrung vor der Ausbildung sowie um die Reflexion der Anleitung mit pädagogischem Wissen nach der abgeschlossenen Weiterbildung zur Praxisanleiterin.
Inhalt
1 Anleitungsplanung
1.1 Die Abteilung
1.2 Die Anzuleitende
1.3 Die Praxisanleiterin
1.4 Gegenwarts-/Zukunftsbedeutung
1.5 Lernziele
1.6 Anleitungsmodell
1.7 Lerntheorien
1.8 Medieneinsatz
1.9 Umfeldvorbereitung
1.10 Zeiteinschätzung
1.11 Geplanter Ablauf
1.12 Nachbereitung
2 Prozessbeschreibung
3 Reflexion des Prozesses
3.1 Organisation und Planung der Anleitung
3.2 Zeitumfang der Anleitung
3.3 Erreichen der individuellen Lernziele
3.4 Förderung des aktiven Lernens durch passende Anleitungsmodell und passende Lernmethode
3.5 Berücksichtigung der Vorerfahrung des Schülers
3.6 Beziehung zwischen Praxisanleiterin und Anzuleitender
4 Meine professionelle Entwicklung als Praxisanleiterin
4.1 Wie erlebe ich mich zurzeit als professionelle Praxisanleiterin?
4.2 Wie stelle ich mir vor dass mich die Auszubildende sehen?
4.3 Was sind für mich wichtige persönliche Veränderungen bei meiner Arbeit mit Auszubildenden?
4.4 Wodurch habe ich mich entwickelt?
1 Anleitungsplanung
1.1 Die Abteilung
Die CardioClinic Köln wurde 1995 in Betrieb genommen. Seit Herbst 2006 ist sie eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Uni-Klinik Köln und bietet durch den Kooperationsvertrag eine optimale Versorgung herzchirurgischer Patienten im rechts- und linksrheinischen Gebiet. Die CardioClinic ist eine eigenständige, medizinisch unabhängige Klinik und befindet sich im zweiten Stock des Evangelischen Krankenhauses Köln-Kalk. Die Räumlichkeiten sind optimal in den Krankenhausbetrieb dieses Hauses integriert.
In der CardioCliniC werden jedes Jahr etwa 300 Operationen am offenen Herz durchgeführt. Das Spektrum der herzchirurgischen Behandlungen beinhaltet:
-Koronare Bypasschirurgie
-endoskopische Venenentnahme und endoskopische Entnahme der Arterie Radialis
-Komplett arterielle Revaskularisierung
-Aortenklappenersatz
-Mitralklappen-Rekonstruktion
-Mitralklappenersatz
-minimalinvasive Mitralklappenchirurgie
-Trikuspidalklappen-Rekonstruktion
-Chirurgie bei Herztumoren
-Chirurgie bei angeborenen Herzfehlern im Erwachsenenalter
-Chirurgie der Aorta ascendens/Aortenbogen
-Herzschrittmacher
Die OP-Abteilung befindet sich im ersten Stock im OP-Bereich des Evangelischen Krankenhauses. Die CardioCliniC hat dauerhaft den Saal 5 gemietet, der sich am Ende des OP-Flurs befindet.
Das Team der Op-Pflege besteht aus 2 Vollzeitkräften und einer Zeitarbeitskraft. Momentan bilden wir auch 3 OTA- Schüler aus, die für einen speziellen Einsatz zu uns kommen.
Wir leisten Frühdienste und manchmal auch Zwischendienste. Außerhalb der regulären Arbeitszeit sind wir für die Versorgung unserer operierten Patienten und für Notfälle aus dem Haus oder außerhalb des Hauses im Rufdienst tätig. Der Rufdienst besteht aus zwei OP-Pflegekräften.
Das Lernangebot in der CardioClinic Köln beinhaltet den speziellen Aufgabenbereich der Pflege in der Herzchirurgie, Instrumentation und Springertätigkeit, die Lagerung von Patienten, die Bedienung technischer Geräte, die Vor- und Nachbereitung von Operationen sowie die Dokumentation. Die höchste Priorität liegt sowohl auf der Einhaltung hygienischer Richtlinien als auch auf der Wahrung der Privatsphäre der Patienten.
In der CardioClinic haben Auszubildende und neue Mitarbeiter die Chance, durch professionelle Anleitung ihr Grundwissen zu festigen und fachspezifisches Wissen zu erwerben und zu erweitern.
1.2 Die Anzuleitende
F. kam im Herbst 2021 zu uns in die Abteilung, halbes Jahr bevor ich an der Weiterbildung zur Praxisanleiterin an der Lindenburg Akademie der Universitätsklinik Köln teilgenommen habe. F. war die erste OTA-Auszubildende in unserer Klinik und befand sich zu diesem Zeitpunkt im ersten Ausbildungsjahr. Es war eine neue Herausforderung für F., für mich und für die gesamte Abteilung. Ich habe viele neue Mitarbeiter eingearbeitet, aber noch nie eine Auszubildende. Da ich sehr neugierig bin, habe ich in den ersten zwei Wochen von F. Einsatz einige Informationen gesammelt. F. hatte gerade ihr Abitur gemacht und hatte zwei Wochen Praktikum auf einer Station im Krankenhaus absolviert, bevor sie ihre Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin an der Lindenburg Akademie der Universität Köln begonnen hat. F. war ständig eine gute Beobachterin und traute sich, wiederholte Handlungen auch selbständig auszuführen. Nach drei Wochen ständiger Begleitung entschloss ich mich, F. in der unsterilen Assistenz bei einer endoskopischen Venenentnahme anzuleiten.
1.3 Die Praxisanleiterin
Ich habe meine Ausbildung als Hebamme in der Slowakei absolviert und die Weiterbildung zur Fach-OP-Schwester an der Universitätsklinik Bonn durchlaufen.
Ich habe 8 Jahre lang an der Universitätsklinik Bonn in der Herzchirurgie im Operationssaal gearbeitet und anschließend 12 Jahre in der Helios Klinikum Siegburg als OP-Schwester. Seit 2012 bin ich Teil des Teams in der CardioCliniC Köln in der herzchirurgischen OP-Abteilung.
1.4 Gegenwarts-/Zukunftsbedeutung
F. war bereits seit 3 Wochen bei ihrem spezifischen Einsatz in unserer herzchirurgischen Abteilung und hatte mich während mehrerer ACVB-Operationen begleitet und beobachtet. Daher habe ich beschlossen, sie in unsteriler Assistenz bei einer endoskopischen Venenentnahme anzuleiten. Die Venenentnahme ist ein wichtiger Bestandteil am Anfang einer ACVB-Operation. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir keine Gedanken über die Auswirkungen meiner Anleitung gemacht.
1.5 Lernziele
Am Anfang ihres Einsatzes hat mir F. ihren Schulordner gezeigt. Allerdings habe ich die von der Schule festgelegten Richt-, Grob- und Feinziele sowie die Pläne zur Umsetzung von Theorie in Praxis nicht berücksichtigt.
1.6 Anleitungsmodell
F. befand sich am Anfang ihrer Ausbildung und war eine sehr gute Beobachterin. Trotzdem traute sie sich nicht, alle beobachteten Handlungen selbst auszuführen. Ich ergänzte ihre Kenntnisse durch die Beobachtung und ließ sie die konkrete psychomotorische Handlung praktisch ausprobieren. Dies geschah intuitiv, ohne dass ich wusste, wie diese Anleitung bezeichnet wird.
1.7 Lerntheorien
Während der Anleitung legte ich großen Wert darauf, dass das erworbene Wissen durch Instruktion und Schulung integriert wird und sowohl motorische als auch kognitive Aspekte berücksichtigt werden. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich die Lerntheorie, auf die die Anleitung aufbaut, jedoch nicht benennen.
1.8 Medieneinsatz
Ich habe immer gerne die neuen Mitarbeiter motiviert, sich vorab über die Herzchirurgie im Internet zu informieren und in den Zeiten zwischen den Operationen die OP-Standards und Anleitungen für die Geräte, das OP-Equipment und die Herzklappen zu lesen. F. bekam in den drei Wochen vor der Anleitung immer eine Anleitung mit Bildern und Erklärungen zu den Produkten, die sie nachlesen konnte. Ab und zu stellte F. Fragen zum gelesenen Material, die ich gerne beantwortete. Dies geschah intuitiv, da ich auf diese Art und Weise selbst gelernt habe.
1.9 Umfeldvorbereitung
Es wurden keine besonderen Vorkehrungen getroffen. Ich habe weder Chirurgen noch das OP-Pflege-Team darüber informiert, dass ich eine Anleitung durchführe. Alles geschah nebenbei.
1.10 Zeiteinschätzung
Die Zeit für die Anleitung wurde im Vorfeld nicht festgelegt. Die Anleitung hat so lange gedauert, wie die endoskopische Venenentnahme gedauert hat, um nicht nur die Durchführung, sondern auch die Nachbereitung zu erklären.
1.11 Geplanter Ablauf
Die Anleitung war nicht ordnungsgemäß geplant. Es war eher eine spontane Entscheidung, da ich die Zeit hatte, von Anfang bis Ende persönlich dabei zu sein. Ich wollte sehen, wie viel aus der Beobachtung hängen geblieben ist, und habe die nicht gezeigten Handlungen vorgemacht und dann zum Ausprobieren freigegeben.
1.12 Nachbereitung
Im Anschluss habe ich F. gefragt, ob sie alles verstanden hat und ob sie sich zutrauen würde, bei der nächsten OP alles alleine durchzuführen. F. antwortete, dass sie immer noch Unterstützung benötigt, um nichts zu vergessen oder falsch zu machen.
2 Prozessbeschreibung
Die durchgeführte Anleitung war kein gezielt geplanter Vorgang. Obwohl ich F. während einer dreiwöchigen OP-Zeit begleitet und beobachtet habe, fiel die Entscheidung, die Anleitung durchzuführen, eher spontan. Mehrere Faktoren spielten eine Rolle: eine geplante Standard-OP, Zeit und eine ungewöhnlich gute Personalausstattung. Meine Kollegin war als Springerin eingesetzt, so dass ich mich in Ruhe auf die hier durchgeführte Anleitung konzentrieren konnte. Die Anleitung fand im laufenden Betrieb statt und es gab keine explizite Planung von meiner Seite aus. Mein Ziel war es, zu überprüfen, was F. aus der Beobachtung gelernt hatte, und ihr die Erklärung und das manuelle Erlernen der Handlungen mit dem endoskopischen Turm, der für die endoskopische Venenentnahme benötigt wird, zu vermitteln. Außerdem wollte ich meine Erfahrung und mein Know-how an F. weitergeben.
F. wurde gebeten, sich kurz mit den Standards für die endoskopische Venenentnahme vertraut zu machen und anschließend die Siebe und das Material dafür vorzubereiten. Dies erfolgte auf sehr kurzfristiger Basis. Trotzdem habe ich von F. eine perfekte Ausführung der Handlungen erwartet.
F. hatte die Siebe und das Material gemäß den OP-Standards vorbereitet. Daraufhin fragte ich F., ob sie die Vorteile und Nachteile einer endoskopischen Venenentnahme benennen kann, welche Vene bei der Entnahme aus dem Bein entnommen wird und wofür sie verwendet wird.
Ich habe in den drei Wochen, seit F. bei uns war, immer wieder den Ablauf der OP erklärt, aber da ich schnell rede, habe ich nicht überprüft, ob F. das auch versteht und was davon bei ihr hängen geblieben ist.
F. hatte vergessen, wie die Vena saphena heißt, und ich war darüber verärgert. Ich sagte ihr nur, dass sie das unbedingt wissen und verstehen muss, was wir hier machen. Später bereute ich meine Ungeduld. Immerhin war für F. alles neu und ich habe auch lange gebraucht, bis ich es verstanden habe. Ich erklärte F., dass die konventionelle Venenentnahme durch einen Hautschnitt entlang des Verlaufs der Vena saphena magna erfolgt. Je nach Länge des benötigten Graftmaterials wird dabei eine große Hautinzision gemacht, was zu einer großen Wundfläche führt. Dies wiederum kann bei den Patienten postoperative Schmerzen, reduzierte Mobilisierbarkeit sowie ein gewisses Risiko für Wundheilungsstörungen, Wundinfektionen und eine Verlängerung des Krankenhausaufenthalts verursachen.
Wundkomplikationen können bei Patienten mit bestehenden Begleiterkrankungen wie Adipositas, Diabetes mellitus und periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) häufiger auftreten. Außerdem kann es aufgrund einer Verletzung oder Irritation umliegender Nerven zu Neuropathien kommen. Darüber hinaus kann auch das kosmetische Ergebnis nach einer offenen Venenentnahme, welches das äußere Erscheinungsbild des Beins beeinflusst, eine erhebliche Belastung für den Patienten darstellen.
Während ihres Praktikums im Krankenhaus vor ihrer Ausbildung hatte F. bereits einige Wundkomplikationen gesehen, aber es war ihr nicht bewusst, dass auch nach erfolgreicher Bypass-OP eine Venenentnahme bei Patienten zu so viel Schmerzen führen kann.
Wir nutzen das System VasoView 6 PRO von Maquet für endoskopische Venenentnahme. Leider hatte F. das falsche System, VasoView Hemopro 2, vorbereitet, das für die Entnahme der Arteria radialis genutzt wird. Ich sprach F. sofort auf den Fehler an, woraufhin sie sagte, dass sie sich nicht bewusst war, dass wir zwei verschiedene Systeme haben. Zuerst war ich sehr verärgert, aber dann erkannte ich, dass alles neu und überwältigend für F. war und dass man nicht alles verstehen kann, indem man nur beobachtet. Mir war nicht bewusst, dass sie möglicherweise überfordert war.
[...]
- Quote paper
- Erika Halici - Mlejova (Author), 2023, Unsterile Assistenz bei Endoskopischer Venenentnahme. Evaluation einer Anleitungssituation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1351468
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.