Didaktik als Gesamttheorie des Unterrichtens müsste auch die Teiltheorie des Unterrichtens mit Unterrichtsstörungen beinhalten und somit Aufgabe aller Schulen sein. Somit dürfte sich die Frage um eine „Sonder“-behandlung eigentlich gar nicht mehr stellen. Andererseits bedürfen so manche Verhaltens- bzw. Unterrichtsstörungen ganz gezielte Maßnahmen, die sich der Rechtfertigung einer allgemeinen Anwendung entziehen und somit doch einen besonderen Umgang bedürfen. Ein solcher besonderer Umgang kann durch eine allgemeine Didaktik (für alle SchülerInnen) mit gezielten Maßnahmen (für bestimmte Verhaltensweisen) erfolgen. Einige solcher „erweiterten“ Didaktiken können als Konzepte für den Unterricht bei Verhaltensstörungen Anwendung finden und werden nachfolgend beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Konfliktverarbeitung im Unterricht - BAULIG
1.1 Einführung
1.2 Praktische Umsetzung
2. Alltagsästhetischer Ansatz - BRÖCHER
2.1 Einführung
2.2 Praktische Umsetzung
3. Unterricht als Ermutigung - BLEIDICK
3.1 Einführung
3.2 Praktische Umsetzung
4. Reizreduktion - CRUICKSHANK
4.1 Einführung
4.2 Praktische Umsetzung
5. Durchstrukturierter Klassenraum - HEWETT & SCHUMACHER
5.1 Einführung
5.2 Praktische Umsetzung
6. Strukturiert-schülerzentrierter Ansatz - NEUKÄTER & GÖTZE
6.1 Einführung
6.2 Praktische Umsetzung
7. Kooperative Verhaltensmodifikation - REDLICH & SCHLEY
7.1 Einführung
7.2 Praktische Umsetzung
8. Neutralisierung der Lerninhalte - SIGRELL
8.1 Einführung
8.2 Praktische Umsetzung
9. Entwicklungstherapeutischer Unterricht - WOOD & BERGSSON
9.1 Einführung
9.2 Praktische Umsetzung
10. Vergleich der Konzeptionen
11. Fazit
Einleitung
Didaktik als Gesamttheorie des Unterrichtens müsste auch die Teiltheorie des Unterrichtens mit Unterrichtsstörungen beinhalten und somit Aufgabe aller Schulen sein. Deutschland verpflichtete sich eben genau hierzu, als mit der UN-BRK eingewilligt wurde, dass für „Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern“ (Art. 24 Abs. 2d UN-BRK). Somit dürfte sich die Frage um eine „Sonder“-behandlung eigentlich gar nicht mehr stellen.
Andererseits bedürfen so manche Verhaltens- bzw. Unterrichtsstörungen ganz gezielte Maßnahmen, die sich der Rechtfertigung einer allgemeinen Anwendung entziehen und somit doch einen be“sonder“en Umgang bedürfen. Ein solcher besonderer Umgang kann durch eine allgemeine Didaktik (für alle SchülerInnen) mit gezielten Maßnahmen (für bestimmte Verhaltensweisen) erfolgen. Einige solcher „erweiterten“ Didaktiken können als Konzepte für den Unterricht bei Verhaltensstörungen Anwendung finden und werden nachfolgend beschrieben.
1. Konfliktverarbeitung im Unterricht - BAULIG
1.1 Einführung
BAULIG erarbeitete im Rahmen seiner Dissertation verschiedene Ansätze zur Erziehung bei Verhaltensstörungen und fand insbesondere bei REISERS Ansatz des konfliktlösenden Unterrichts Potenzial zur Weiterentwicklung. Auf Basis dieses Ansatzes konzipierte BAULIG Handlungsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen: der Beziehungs-, Konflikt-, Strukturierungs-, Schüler- und Realitätsebene, die unterrichtsbegleitend eingesetzt werden.
1.2 Praktische Umsetzung
Die auf den genannten Ebenen realisierbaren Handlungsmöglichkeiten sind:
Die Gestaltung einer stabilen und warmen Lehrer-Schüler-Beziehung, die geprägt ist von einer Unterscheidung zwischen Person (Kind) und Symptom (Verhaltensstörung).
Die pädagogische Einwirkung auf Stigmatisierungen durch Einzelgespräche (ggf. Erwähnung des gültigen Regelschullehrplans), Gruppengespräche über Etikettierung und Rollenspiele zur Verarbeitung.
Eine unterrichtliche Konfliktverarbeitung durch das Erzählen konfliktorientierter Geschichten, das Thematisieren von lebensnahen Problemen, Interaktionsspiele und Psychodramen, das Führen problemorientierter Gespräche und nach einiger Zeit auch eine Kombination aus diesen Methoden.
Maßnahmen zur Strukturierung und Ich-Stützung durch klare Regeln, einen strukturierten Klassenraum und transparente Leistungsanforderungen.
Prinzipien der Unterrichtsgestaltung wie Kontinuität, Reizdosierung, Differenzierung, Individualisierung, Belohnungen, Kooperation etc.
Stärkung des Selbstbewusstseins und Ausbau der Frustrationstoleranz durch materielle bis hin zu verbalen Belohnungen und Rollenspielen.
Eine Förderung der Realitätsorientierung durch ein aufarbeiten innerer und äußerer Realitäten der SchülerInnen und regelmäßigen Elterngesprächen.
Literatur:
Hillenbrand, C. (2011): Das psychodynamische Modell: Konfliktverarbeitung im Unterricht nach Baulig. In: Hillenbrand, C. (2011): Didaktik bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen (138-152). 3. Aufl. München: Ernst Reinhardt.
2. Alltagsästhetischer Ansatz - BRÖcHER
2.1 Einführung
BRÖCHER kritisierte bestehende didaktische Ansätze in der Pädagogik bei Verhaltensstörungen und setzte in seinen Arbeiten die Lebenswelt der SchülerInnen in den Mittelpunkt didaktischer Bemühungen, indem ihre eigenen Lebensprobleme das Thema des Unterrichts werden. Diese Lebensprobleme drücken sich nach BRÖCHER in alltagsästhetischen Produkten wie Zeichnungen, Collagen, Musik, Kleidung u.Ä. aus.
2.2 Praktische Umsetzung
Praktisch kann damit alles von den SchülerInnen Mitgebrachte zum Thema des Unterrichts gemacht und daran gearbeitet werden. Der Unterricht soll dementsprechend möglichst offen und frei gehalten und mit Selbsterarbeitungs- und Reflexionsphasen durchsetzt werden.
Literatur:
Hillenbrand, C. (2011): Alltagsästhetischer Ansatz nach Bröcher. In: Hillenbrand, C. (2011):
Didaktik bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen (197-202). 3. Aufl. München: Ernst Reinhardt.
3. Reizreduktion - Cruickshank
3.1 Einführung
CRUICKSHANK vertritt die Meinung, dass hirnorganische Schäden und Hirnfunktionsstörungen die Ursachen von abweichenden Verhaltens darstellen und sich didaktische Konzepte daran ausrichten müssten. Dazu zählt vor allem die Reizreduktion durch einen nicht-stimulierenden Klassenraum.
3.2 Praktische Umsetzung
Zur den praktischen Umsetzungsmöglichkeiten eines reizreduzierten Klassenraums nennt CRUICKSHANK unter anderem dezente Farben, Lernkabinen, Milchglasfenster, schalldämpfende Teppiche, Materialschränke und durchstrukturierte Lehr- und Lernphasen sowie Arbeitsmittel, um das Auffassungsvermögen nicht durch andere Reize zu stören.
Literatur:
Hillenbrand, C. (2011): Das Modell gestörten Lernens: Reizreduktion nach Cruickshank. In:
Hillenbrand, C. (2011): Didaktik bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen (103-111). 3. Aufl. München: Ernst Reinhardt.
4. Unterricht als Ermutigung
4.1 Einführung
Ausgehend von ADLERS individualpsychologischem Ansatz, entwickelte BLEIDICK eine Konzeption zur Anwendung solcher Methoden für den Unterricht, die auf dem Prinzip der Ermutigung und damit der Straflosigkeit, dem Optimismus, der Gemeinschaftserziehung und der Thematisierung des Lebensplans aufbauen.
4.2 Praktische Umsetzung
Im Mittelpunkt ermutigenden Unterrichts steht die Gemeinschaftserziehung. Diese kann durch verschiedene Erfahrungsfelder (Erlebnisgemeinschaft, Stützungsgemeinschaft, Aussprachegemeinschaft, Arbeits- und Hilfeleistungsgemeinschaft, Verwaltungsgemeinschaft) erleb- und erlernbar gemacht werden sowie zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls beitragen.
Literatur:
Hillenbrand, C. (2011): Das Psychodynamische Modell: Unterricht als Ermutigung. In: Hillenbrand, C. (2011): Didaktik bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen (157-168). 3. Aufl. München: Ernst Reinhardt.
5. Durchstrukturierter Klassenraum - Hewett & Schumacher
5.1 Einführung
HEWETT entwickelte auf Grundlade behavioristischer Lern- und Verhaltensmodifikationstheorien Verhaltensstufen, die schrittweise mithilfe einer durchorganisierten Lernumwelt (Aufgaben, Verstärkung und Strukturen) erreicht werden sollen. SCHUMACHER adaptierte dieses Modell ins Deutsche.
5.2 Praktische Umsetzung
Diese durchorganisierte Lernumwelt kann durch eine klare Klassenzimmer -und Zeitstruktur, Tagespläne und Tokensysteme, Regelwerke und Interventionslisten geschaffen werden und verfolgt immer das Ziel, den/die SchülerIn zur nächsthöheren Verhaltensstufe zu führen.
Literatur:
Hillenbrand, C. (2011): Das Modell der Verhaltensmodifikation: Der durchstrukturierte Klassenraum nach Hewett und Schumacher. In: Hillenbrand, C. (2011): Didaktik bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen (111-125). 3. Aufl. München: Ernst Reinhardt.
6. Strukturiert-schülerzentrierter Ansatz - NEUKÄTER & GÖTZE
6.1 Einführung
Dieser Ansatz verbindet verhaltensmodifikatorische und spieltherapeutische Elemente in einem Dreiphasenmodell der Selbststeuerung (fremdgesteuert, teilweise selbstgesteuert, weitgehend selbstgesteuert).
6.2 Praktische Umsetzung
In der fremdgesteuerten Phase werden Tokenprogramme eingesetzt, die eine Arbeitsphase mit einer nachfolgenden Spielphase belohnen.
In der teilwiese selbstgesteuerten Phase wird die Kontingenz zwischen Arbeits- und Spielphase gelockert, damit die SchülerInnen lernen wahrzunehmen, wann sie sich selbst belohnen bzw. verstärken können.
In der weitgehend selbstgesteuerten Phase leiten die SchülerInnen die Arbeits- und Spielphasen eigenständig während des Unterrichts ein.
Literatur:
Hillenbrand, C. (2011): Das Synthese-Modell: Der strukturiert-schülerzentrierte Ansatz nach
Neukäter und Goetze. In: Hillenbrand, C. (2011): Didaktik bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen (184-188). 3. Aufl. München: Ernst Reinhardt.
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- Anónimo,, 2022, Konzepte und Aspekte des Unterrichts bei Verhaltensstörungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1331400
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