Mentale Widerstandsfähigkeit zu beweisen, bedeutet in schwierigen Situationen, wie beispielsweise bei der Erbringung sportlicher Leistung, belastbar zu sein und trotz empfundener Schmerzen sich weiterhin Herausforderungen auszusetzen. Diese Fähigkeit wird auch "Resilienz" genannt. Diese Arbeit hat sich als Ziel gesetzt, bestimmte Resilienz-Techniken von Spitzen- und Leistungssportlern zu analysieren und wissenschaftlich zu erklären. Außerdem werden die Fragen, wie Motivation grundsätzlich entsteht, weshalb sportliche Betätigung sowohl für die physische als auch die psychische Verfassung des Körpers wichtig ist und ob es tatsächlich ein Limit des Körpers im Kontext Schmerztoleranz gibt, behandelt. Auch die Rolle von "Stress" im Hinblick auf zu viel Leistungsdruck wird dabei beleuchtet.
Die Arbeit basiert hauptsächlich auf Informationen aus Sachbüchern und Autobiographien, doch auch aus zahlreichen wissenschaftlichen Lexika und Artikeln aus dem Internet, dessen Daten miteinander verglichen werden, um eine einheitliche Aussage zu kreieren. Die Schlussfolgerungen der Arbeit sind aufschlussreich und können erklären, welche Faktoren die mentale Belastbarkeit beeinflussen und wie man sie kontrollieren kann, aber auch, dass es nicht immer erstrebenswert ist, am resilientesten zu sein. Denn nur durch eine Balance zwischen Zeiten der Belastung und Entlastung des Körpers kann das tatsächliche physische und psychische Optimum erreicht werden.
Inhalt
Vorwort
1 Einleitung
2 Die Voraussetzungen für Resilienz
2.1 Die Definition von Resilienz
2.1.1 Die Beziehung zwischen Sport und Resilienz
2.2 Definition von Schmerz und Anstrengung
2.2.1 Der Unterschied zwischen Schmerzschwelle und Schmerztoleranz
2.3 Die Vererbbarkeit von Resilienz
2.3.1 Die Entwicklung der Resilienz in unserer Jugend
2.3.2 Der Einfluss traumatischer Erfahrungen auf die Schmerztoleranz
2.4 Der Sinn hinter einem sportlichen und leistungsorientierten Lebensstil
2.4.1 Der Unterschied zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation
2.4.2 Der bedingte Nutzen sportartspezifischer Bewältigungsstrategien
2.4.3 Die individuelle Trainingsgestaltung und Entdeckung der persönlichen Formel
3 Die Überwindung des Geistes und die Überschreitung mentaler Grenzen
3.1 Das Vermeiden von Ausreden und Vorwürfen in der Zukunft
3.2 Die Vorbereitung auf das Schlimmste
3.3 Die Ablenkung von Schmerzen durch einen Fokus auf die zu bewältigende Aufgabe
3.4 Der „Flow-Zustand“ und die Neutralisierung der Gedanken durch die Überwindung von Unsicherheiten
3.5 Der motivierende Effekt von quantitativer Zielsetzung
3.6 Der Publikumseffekt und der Einfluss positiver Zurufe
3.7 Die Effizienz und das Gefühl einer Gruppe nutzen
3.8 Das Herausfordern des eigenen Körpers durch Handicaps
3.9 Das Vermeiden von unnötigem Volumen zur Verringerung des Drucks
4 Die Bedeutung von Siegen und Niederlagen
4.1 Das Gefühl des Sieges ausnutzen um sich für die Zukunft zu motivieren
4.2 Das Schaffen neuer Möglichkeiten aus Niederlagen
4.3 Der motivierende Aspekt von Niederlagen
5 Das Erkennen der eigenen Grenzen und die sinnvolle Reduktion des Leistungsdrucks
5.1 Das Kennenlernen eigener Limits und die Entwicklung eines gesunden Körpergefühls
5.2 Die Gefahr von zu viel selbstverschuldetem Stress
6 Fazit
7 Literatur
8 Gender-Erklärung
Abstract
Mentale Widerstandsfähigkeit zu beweisen, bedeutet in schwierigen Situationen, wie beispielsweise bei der Erbringung sportlicher Leistung, belastbar zu sein und trotz empfundener Schmerzen sich weiterhin Herausforderungen auszusetzen. Diese Fähigkeit wird auch "Resilienz" genannt. Diese Arbeit hat sich als Ziel gesetzt, bestimmte Resilienz-Techniken von Spitzen- und Leistungssportlern zu analysieren und wissenschaftlich zu erklären. Außerdem werden die Fragen, wie Motivation grundsätzlich entsteht, weshalb sportliche Betätigung sowohl für die physische als auch die psychische Verfassung des Körpers wichtig ist und ob es tatsächlich ein Limit des Körpers im Kontext Schmerztoleranz gibt, behandelt. Auch die Rolle von "Stress" im Hinblick auf zu viel Leistungsdruck wird dabei beleuchtet.
Die Arbeit basiert hauptsächlich auf Informationen aus Sachbüchern und Autobiographien, doch auch aus zahlreichen wissenschaftlichen Lexika und Artikeln aus dem Internet, dessen Daten miteinander verglichen werden, um eine einheitliche Aussage zu kreieren. Die Schlussfolgerungen der Arbeit sind aufschlussreich und können erklären, welche Faktoren die mentale Belastbarkeit beeinflussen und wie man sie kontrollieren kann, aber auch, dass es nicht immer erstrebenswert ist, am resilientesten zu sein. Denn nur durch eine Balance zwischen Zeiten der Belastung und Entlastung des Körpers kann das tatsächliche physische und psychische Optimum erreicht werden.
Vorwort
Als Person, die täglich mehrfach Sport betreibt und meine körperliche Leistung auch stetig verbessern möchte, finde ich mich häufig in Situationen wieder, die man als sehr anstrengend oder gar schmerzhaft bezeichnen könnte. Sich diesen Schmerzen zu widersetzen und Stärke zu beweisen, ist für mich einer der größten Motivationsfaktoren. Doch es war mir stets klar, dass dies nicht für alle Menschen der Fall ist und die meisten von uns lieber den bequemeren als den schmerzhaften Weg wählen würden. Im Zuge dessen, dass ich das Buch „Can’t Hurt Me“ von David Goggins gelesen habe und es mich interessiert hat, inwiefern Sport und mentale Stärke zusammenhängen, habe ich beschlossen, mich mit zahlreichen mentalen Strategien zur Stärkung der eigenen Resilienz zu beschäftigen. Zudem ist es mir wichtig gewesen, zu klären, dass „härter“ nicht immer mit „besser“ gleichzusetzen ist und dass es auch tatsächlich ein gewisses Limit für den menschlichen Körper gibt, das nicht überschritten werden sollte. Meine Motivation und meinen Willen, diese Arbeit zu verfassen, habe ich vor allem meinen Eltern und Großeltern, aber auch meiner VWA-Betreuerin Frau Professor Vigele Brigitta und meinem Schwimmtrainer Weiss Klaus zu verdanken.
1 Einleitung
Leistung bedeutet Arbeit! Desto mehr man in einer gewissen Zeitspanne erreichen kann, desto leistungsfähiger ist man. Dieser Zusammenhang lässt sich in allen Aspekten des Lebens wiederfinden, auch im Sport. Um im Sport Leistung zu erbringen, ist es nötig, sich dem eigenen Körper zu widersetzen, sich vielen mentalen Herausforderungen zu stellen und mit empfundenen Schmerzen umzugehen. Wie zahlreiche Umfragen und Studien zeigen, sind heutzutage jedoch immer weniger Menschen bereit, sich diesen Herausforderungen bewusst zu stellen und sich diesen schmerzhaften Situationen auszusetzen, obwohl den meisten von ihnen bewusst ist, dass sich dies positiv auf ihre physische und psychische Verfassung auswirken würde. In dieser Arbeit beschäftige ich mich damit, welche positiven Effekte das Training der eigenen Widerstandsfähigkeit sowohl auf den Körper, als auch auf das Gehirn hat. Unter anderem wird das Anheben der eigenen Schmerztoleranz und psychischen Belastbarkeit, doch auch das niedrigere Krebsrisiko und kardiovaskuläre Verbesserungen, eine Rolle spielen. Um mich überhaupt mit diesen Effekten auseinandersetzen zu können, ist es zuerst wichtig gewesen, di=e Begriffe „Resilienz“, „Motivation“, „Schmerz“ und „Stress“ genau zu klären und definieren. Sehr gute Beispiele für mentale Belastbarkeit und Disziplin sind zahlreiche Sportler der Spitzen- und Leistungsklassen, die bereits seit Jahrzehnten Taktiken entwickeln und perfektionieren, um sich den Schmerzen des eigenen Körpers zu widersetzen.
Zur Analyse dieser Taktiken ist besonders das Buch “Siegen ist Kopfsache. Die mentalen Erfolgsstrategien der Ausnahme-Athleten” vom Sportjournalisten Matt Fitzgerald zur Verwendung gekommen. (vgl. Fitzgerald, 2015)
In seinem Handbuch beschäftigt er sich mit bereits angewandten Erfolgsstrategien von ihm bekannten Ausdauer-Spitzensportlern aus verschiedenen Sportarten wie Rudern, Laufen oder Radfahren. Pro Kapitel stellt er hierfür einen Spitzenathleten vor und hat auf der Basis von Interviews und Beobachtungen ihren Weg zum Ziel analysiert. Ein weiteres Buch, das mir als Inspiration gedient hat, ist „Can't Hurt Me" von David Goggins. (vgl. Goggins, 2018) Unter anderem schreibt er in seiner Autobiographie über schwierige Situationen, denen er im Leben ausgesetzt gewesen ist und wie er sie mental überwunden hat. Dies beinhaltet sowohl eine traumatische Kindheit unter einer brutalen Vaterfigur, als auch Herausforderungen, denen er sich aus Selbstüberzeugung stellte, wie dem Abschluss von 3 NAVY-SEAL „Hell Weeks“, dem Laufen zahlreicher Ultramarathons und dem Aufstellen des Rekordes für die meisten Klimmzüge in 24 Stunden. Er beschreibt wie es zu Motivation überhaupt kommt und wie man sie richtig nutzt.
Zudem verwende ich vertrauenswürdige Quellen aus dem Internet um Definitionen genau zu klären. So haben mir Lexika wie das „Lexikon Stangl“ oder das „Ärzteblatt“ dabei geholfen, Begriffe zu beschreiben und zu analysieren, ob die Aussagen der Internetartikel, auf die ich mich bezogen habe, auch tatsächlich auf fundierter Wissenschaft basieren. Im Anschluss habe ich die Daten und Studien aus dem genutzten Material genommen, miteinander verglichen und eine Schlussfolgerung daraus gezogen. (vgl. Lexikon Stangl 2022) (vgl. Ärzteblatt 2016)
Als erstes wird der Begriff „Resilienz“ und was es mit der mentalen Widerstandsfähigkeit tatsächlich auf sich hat geklärt , beziehungsweise wie sie im sportlichen Kontext eine Rolle spielt. Daraufhin erläutere ich das korrelierende Gefühl des Schmerzes und was der wissenschaftliche Unterschied zwischen „Schmerzschwelle“ und „Schmerztoleranz“ ist. Im Anschluss beschäftige ich mich mit den erblichen Voraussetzungen für Resilienz, wobei besonders „Intelligenz“, „Optimismus“ und „Extroversion“ hier eine große Rolle spielen. Außerdem ist es natürlich auch noch wichtig zu wissen, wie das weitere Alltagsleben die mentale Widerstandsfähigkeit beeinflusst. Hierfür habe ich einerseits Faktoren in den jungen Jahren unserer Entwicklung beleuchtet, aber auch generell traumatische Erlebnisse, denen viele Spitzensportler bereits ausgesetzt gewesen sind. Besonders wichtig ist als nächstes zu klären gewesen, welche physischen und psychischen Vorteile eine Auseinandersetzung mit seinen körperlichen Schwachstellen wirklich bringt. Hierbei ist auch eine Definition von intrinsischer Motivation als Unterschied zur extrinsischen nötig gewesen. Daraufhin folgt noch eine kurze Analyse vom Sinn spezifischer Bewältigungsstrategien und persönlichen Trainingsplänen. Der Hauptteil dieser Arbeit befasst sich mit den jeweiligen Techniken und ihren wissenschaftlichen Erklärungen, wie beispielsweise dem Kampf gegen Ausreden, um Vorwürfe in der Zukunft zu vermeiden. Auch eine Vorbereitung auf die "schlimmsten" Situationen oder die Ablenkung von empfundenen Schmerzen sind wichtige Stichpunkte im Kontext Widerstandsfähigkeit.
Außerdem erkläre ich das Ablenken von Schmerzgefühlen, sowohl durch einen Fokus auf die Bewegung, als auch durch eine generelle Selbstüberzeugung, die in den „Flow-Zustand“ übergeht. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Setzen von quantitativen und erreichbaren Zielen oder Meilensteinen. Die nächsten Effekte, mit denen ich mich beschäftigt habe, sind der Einfluss des Publikums, der Konkurrenten und selbst gesetzter Handicaps. Die letzte mentale Strategie ist das richtige Umgehen mit selbstauferlegtem unnötigem Stress und Volumen und weshalb zu viele Erwartungen die tatsächlich erbrachte Leistung drosseln können. Als nächstes kläre ich die Wichtigkeit von Niederlagen und wie man aus ihnen einen qualitativen Schluss ziehen kann, aber auch wie man Siege auf dem richtigen Weg nutzt, um sich selbst auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. Schlussendlich setzt sich die Arbeit noch mit der Frage auseinander, wie weit es wirklich von Vorteil ist, die Signale des eigenen Körpers in Stresssituationen zu ignorieren, um mentale Stärke zu beweisen, und ab wann es nötig ist, diesen selbstauferlegten Leistungs- und Verbesserungdruck zu verringern.
2 Die Voraussetzungen für Resilienz
2.1 Die Definition von Resilienz
Was ist Resilienz? Damit bezeichnet man generell die Fähigkeit psychischen Belastungen standzuhalten. Man kann sagen, dass resiliente Menschen sich in mentalen Krisen besser zurechtfinden und ihre psychische Gesundheit danach schneller wiederherstellen können. Laut dem Professor für Psychiatrie und Psychotherapie am Deutschen Resilienz Zentrum in Mainz, Professor Klaus Lieb, bezieht sich diese Eigenschaft sogar auf elementare Lebenskrisen, wie die Suche nach der eigenen Identität. Situationen, in denen Menschen ihre Resilienz beweisen können, sind Situationen von Stress und Frust, aber auch generell einfach Situationen, in denen man Flexibilität und eine robuste Psyche an den Tag legen muss.
Jedoch ist diese Fähigkeit nicht dasselbe wie „Unverletzbarkeit“, denn auch Menschen mit großer Resilienz verspüren Schmerzen. Der einzige Unterschied ist, dass diese Personen sich ihren Schmerzen besser widersetzen können. Man muss Resilienz also als mentale Widerstandsfähigkeit oder Belastbarkeit sehen. (vgl. Lexikon Stangl 2022)
Sie ist individuell sehr unterschiedlich prädispositioniert und besteht aus vielen einzelnen Faktoren, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt sind. Hierbei besteht ein Gegenspiel zwischen Risiko- und Schutzfaktoren, die bis zu einem gewissen Grad veränderbar sind. Das bedeutet, dass sich die Resilienz, also unsere mentale Kapazität in Stresssituationen, sowohl bewusst, aber auch unbewusst verändern lässt.
Die Frage lautet nur: „Wie?“ Wichtig zu beachten ist, dass die Resilienz nicht schlicht und einfach trainiert werden kann, indem man sich in eine schwierige Situation begibt, sondern sich als Antwort auf Herausforderungen bildet.
Als Gegenteil der Resilienz, zieht man normalerweise die Vulnerabilität, also die Verletzbarkeit, heran. Vulnerable Personen lassen sich leichter von schwierigen Situationen belasten und können in Folge auch psychische Störungen entwickeln. Schutzfaktoren vor einer Entwicklung von Vulnerabilität können vielseitig sein. Sowohl ein hohes Selbstwertgefühl, aber auch die „Selbstwirksamkeitserfahrung“ oder ein Gefühl sozialer Verpflichtung tragen dazu bei, in Krisensituationen weniger verletzlich zu reagieren. Desto mehr Ressourcen man bereits hat, um Stress zu bekämpfen und sich nicht von einer Krise niederschlagen zu lassen, desto besser kehrt man aus diesen Situationen auch wieder zurück und erreicht einen geistigen Normalzustand. (vgl. Lexikon Stangl 2022)
Die eben angesprochene Selbstwirksamkeitserfahrung spielt hier eine besonders große Rolle. Als Selbstwirksamkeitserfahrung definiert man die Überzeugung von sich selbst, aus eigener Kraft schwierige Situationen und auch das Leben insgesamt meistern zu können. Diese Kompetenz ist insbesondere deswegen so interessant im Hinblick auf die Resilienz, da sie es den Menschen erlaubt, in Krisen nicht nach externen Schuldigen oder nach Ausreden, sondern nach einer Lösung zu suchen. Dieses lösungsorientierte Denken wiederum ermöglicht es ihnen, Situationen nicht schwarz zu malen, wodurch unnötiger Stress vermieden wird. (vgl. Jakob 2018)
Je öfter man sich selbst „wirksam“ erlebt, je größer wird die eigene Selbstwirksamkeitserfahrung und auch die Fähigkeit, die eigenen Grenzen zu kennen und zu wissen, welche Ziele für die eigene Person erreichbar sind. Diese Erfahrungen müssen für die eigene Person überzeugend gewesen sein und einen gesunden Stolz hervorrufen. Das bedeutet, dass man in Situationen wirksam sein muss, deren Ergebnisse einem etwas bedeuten. Wenn beispielsweise ein Schüler, der Schwierigkeiten in Mathematik, aber eine Stärke für Fremdsprachen hat, zum ersten Mal ein neues Kapitel im Mathematikbuch versteht und es ihm gelingt, die geforderten Rechnungen zu lösen, wird er stolzer und mehr von seiner eigenen Wirksamkeit überzeugt sein, als wenn er einen Satz aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Durch solche Erlebnisse wird die Selbstwirksamkeitserfahrung der eigenen Person gestärkt. Treten solche Ereignisse oft im eigenen Leben, besonders in jungen Jahren, auf, entwickelt sich eine generell positiv gestimmte Lebenseinstellung und eine Überzeugung von sich selbst, Krisen bewältigen zu können. (vgl. Lexikon Stangl 2022)
2.1.1 Die Beziehung zwischen Sport und Resilienz
Doch wie sieht es im sportlichen Kontext mit der Wichtigkeit der Resilienz aus? Auch hier versteht man unter Resilienz ebenfalls die mentale Widerstandsfähigkeit, die es uns nicht erlaubt, vor Herausforderungen und Stresssituationen zu kapitulieren. Allerdings setzt man sich, im Unterschied zur „Alltagsresilienz“, diesen Stresssituationen bewusst aus, nur um diese dann zu meistern und sich fürs nächste Mal zu steigern. Das zu Bekämpfende ist nicht direkt die Herausforderung an sich, sondern die eigene Bequemlichkeit, die es zu überwinden gilt. Sportwissenschaftler reden von einem „Central Governor“ in unserem Gehirn, der unterbewusst durch eine Regulierung des Muskelapparats unsere Leistung drosselt, indem er unserem Kopf sagt, dass wir beispielsweise keine Kraft mehr haben, obwohl sich noch sehr viel Leistung aus dem Körper rausholen lassen würde. Logischerweise hat dieses Vorgehen des „Central Governors“ evolutionär gesehen einen Sinn. Denn dieses hatte in unserer Geschichte den Zweck, uns wissen zu lassen, wann wir uns unseren körperlichen Limits nähern und uns nicht mehr in Gefahrensituationen begeben sollten. Das Problem hierbei ist, dass es derartige Situationen in der heutigen Welt kaum noch gibt und auch wenn wir uns unseren physischen Grenzen nähern würden, wir fast immer eine Absicherung hätten.
Der Leistungssport sieht diesen „Central Governor“, also einen Teil von uns selbst, als den Größten aller Feinde. Die Resilienz im Kontext Sport widmet sich der Frage, wie man ihn überwinden kann und dadurch mehr Widerstandsfähigkeit erlangen kann. Diese ist gegenüber physischen Schmerzen, wie es bereits viele Leistungssportler bewiesen haben, über verschiedene mentale Techniken erreichbar. (vgl. Fitzgerald, 2015, S.8)
2.2 Definition von Schmerz und Anstrengung
Vorab muss jedoch zwischen neuropathischen und nozizeptiven Schmerzen unterschieden werden. Neuropathische Schmerzen lassen sich auch als chronische Schmerzen bezeichnen. Diese können noch lange Zeit nach einer Verletzung auftreten, erfüllen im Körper keinen wirklichen Zweck und sind eher als Verletzungen der Nervenfasern zu betrachten. Im Unterschied dazu stehen jene Schmerzen, die als Reaktion des Körpers auf schädigende Reize entstehen. Dafür hat unser Gewebe und vor allem die Haut „Nozizeptoren“, das sind Zellen mit freien Nervenenden, die auf potentielle Gefahren, egal ob mechanisch, thermisch oder chemisch, reagieren, indem sie Signale über das Rückenmark an die Amygdala senden, die schlussendlich durch ein Schmerzgefühl reagiert. Bei diesen Schmerzen unterscheidet man zusätzlich noch zwischen viszeralem Schmerz aus den Eingeweiden und somatischem Schmerz aus den Knochen, Gelenken oder den Muskeln. Besonders der somatische Schmerz ist im Kontext Resilienz relevant.
Die biologische Sinnhaftigkeit dieser Reaktion ist leicht zu verstehen: Der Körper schützt sich selbst, indem er durch Alarmsignale unserem Unterbewusstsein signalisiert, dass er sich in Gefahr befindet. Sie dient also als Warnanlage vor Reizen, die uns Schaden zufügen können, wie eine Berührung mit kochendem Wasser. Während dem Sport spürt man Schmerzen vor allem dann, wenn entweder die Muskeln aufgrund einer Erschöpfung somatische Signale senden, um wieder regenerieren zu können, oder das Gehirn eine Erschöpfung mehrerer Organe befürchtet und über viszeralen Schmerz reagiert. Setzt man sich aktiv diesen Reaktionen des Gehirns aus und versucht immer noch das volle Potential des eigenen Körpers auszuschöpfen, spricht man von „Anstrengung“. (vgl. Lexikon Stangl 2022)
2.2.1 Der Unterschied zwischen Schmerzschwelle und Schmerztoleranz
Auch wenn diese Signale für uns Menschen als unangenehm empfunden werden, gibt es manche Menschen die scheinbar keine Schmerzreaktionen spüren und kontinuierlich ihren Körper unangenehmen Reizen aussetzen können, ohne zu leiden. Doch das ist nur eine Trugerscheinung. (vgl. Fitzgerald, 2015, S.23)
Erkenntnisse aus der modernen Forschung haben beweisen können, dass die Schmerzschwelle bei jedem Menschen nahezu ident ist. Als „Schmerzschwelle“ bezeichnet man die Grenze, ab der der Körper Reize als potentiell gefährlich kategorisiert und wir sie das erste Mal als negativen Impuls wahrnehmen. Spitzensportler haben somit genau dieselbe Schmerzschwelle wie untrainierte Individuen. Der entscheidende Unterschied liegt in der „Schmerztoleranz“ dieser Ausnahmeathleten. Anders als die Schmerzschwelle, die eine rein physiologische Grenze des Körpers ist, hängt die Schmerztoleranz viel mehr mit der psychischen Leistung zusammen und spiegelt die Kapazität an aushaltbaren Schmerzen wider. Diese ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und lässt sich trainieren. (vgl. Piepenbrock & Sittig 1998)
Eine Studie aus dem Jahr 2014 hat eine Personenmenge in zwei Gruppen unterteilt und ihre ischämische Schmerztoleranz untersucht. Eines der beiden Lager ist einem getakteten und harten Trainingsprogramm ausgesetzt worden, während den Personen des anderen Lagers das Training für die Zeit bis zum Test verboten worden ist. Die Ergebnisse zeigen eindeutige Verbesserungen der ischämischen Schmerztoleranz in der Trainingsgruppe und das, obwohl die Probanden in ihrer Trainingszeit ausschließlich ihre Füße trainiert haben, im Test aber ihre Arme beansprucht worden sind. Es lässt sich also ein direkter Zusammenhang zwischen Training und Schmerztoleranz im ganzen Körper erkennen. (vgl. Jones et al. 2014)
Eine höhere Toleranzgrenze ist allerdings keine rein psychologische Verbesserung, sondern hat auch leistungsverbessernde Eigenschaften für den Körper. Dies liegt daran, dass der Körper unterbewusst auf wahrgenommene Schmerzen reagiert und versucht die Leistung zu drosseln. Besonders erwähnenswert sind hierbei kardiovaskuläre Veränderungen. Diese sind Teil des Schutzprogrammes des Körpers, setzen jedoch häufig bereits viel früher als notwendig ein. Erklären lässt sich das durch unser Unterbewusstsein, dessen Schmerztoleranz mit unserem eigentlichen Bewusstsein abgestimmt ist. Trainieren wir also unsere wahrgenommene Schmerzkapazität, reagiert auch das Unterbewusstsein erst später auf Reize des Körpers und unsere physische Verfassung bleibt länger erhalten.
Stellt man sich zum Beispiel eine Herausforderung schlimmer vor, als sie eigentlich ist, kann es also vorkommen, dass der Körper sich bereits im Vorhinein mit den Schmerzen auseinandersetzt und viele leistungserbringende Systeme in unserem Körper, wie unsere Skelettmuskeln oder unser Herz in ihrer Leistung drosselt. (vgl. Deroche 2010)
Außerdem wichtig zu erwähnen ist, dass sich unsere Toleranz nicht von heute auf morgen auf ihr maximales Potential bringen lässt sondern wie jede andere unserer Körpereigenschaften über einen längeren Zeitraum trainiert werden muss. (vgl. Schäfer 2009)
2.3 Die Vererbbarkeit von Resilienz
Um bestätigen zu können, dass manche Menschen von Geburt an resilienter sind als andere, müsste man diese Widerstandsfähigkeit als Talent bezeichnen können. Generell definiert man ein Talent als eine überdurchschnittliche Begabung in einer gewissen Tätigkeit, also in diesem Fall, sich Schmerzen widersetzen zu können und den „Central Governor“ zu überwinden. (vgl. Fitzgerald, 2015, S.19)
Dass es Menschen gibt, die sehr schlechte Voraussetzungen für eine mentale Widerstandsfähigkeit haben, ist leicht festzustellen - beispielsweise Personen, die an Epidomolysis Bullosa, auch „Schmetterlingshaut“ genannt, leiden. Sie erfahren schon bei den schwächsten Berührungen Schmerzreaktionen, was ihre Schmerztoleranz sehr belastet. (vgl. Sonnenmoser 2018)
Allerdings ist hier von einer Gendisposition die Rede, die unsere Schmerztoleranz sinken lässt. Gibt es denn auch konträre Ausnahmen? Also Menschen, deren Schmerztoleranz so hoch ist, dass sie sich viel leichter tun, sich an ihre körperlichen Limits heranzutasten? Zur Beantwortung dieser Frage muss zuerst geklärt werden, dass die eigene Resilienz aus vielen verschiedenen Faktoren besteht. Unter anderem finden sich hier erbliche Faktoren wie Intelligenz, Optimismus und Extroversion. (vgl. Jakob o.J.) Durch Versuche mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen ist es gelungen, zu beweisen, dass sowohl eine gewisse Intelligenz, als auch eine optimistische Lebenseinstellung und eine soziale Extroversion von unseren Genen abhängt. (vgl. Handelsblatt 2007) (vgl. Erberle 2010) (vgl. Neubauer 2012) Eine angeborene Intelligenz erlaubt es einem Menschen, die richtigen Lösungen auf seine Probleme zu finden und sich wahrgenommenen Schmerzen zu widersetzen. Wenn man sich Herausforderungen optimistisch stellt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, bei damit verbundenen Schwierigkeiten aufzugeben, und auch die generelle Hirnaktivität wird gesteigert. Schlussendlich spielt auch die Extroversion noch eine wichtige Rolle, da diese meist mit einer gewissen Spontanität und Handlungsfähigkeit einhergeht. Ein extrovertierter Läufer wird einen Zielsprint also bereits früher angehen, als ein introvertierter Läufer, der vielleicht schlussendlich nicht sein volles Potential ausgeschöpft hat, da er sich dem Schmerz nicht früh genug ausgesetzt hat. (vgl. Stangl 2022)
Es ist lange vermutet worden, dass Frauen im Durchschnitt bessere Startverhältnisse als Männer haben, um Resilienz zu erwerben. Inzwischen ist diese These bereits widerlegt worden.
(vgl. Springler 2017)
2.3.1 Die Entwicklung der Resilienz in unserer Jugend
Nicht nur unsere Gene haben einen Einfluss auf unsere Widerstandsfähigkeit, auch die Erziehung und unsere gesamten Erfahrungen in jungen Jahren spielen hierbei eine große Rolle.
Emmy Werner, eine ehemalige Psychologin aus den USA hat über 30 Jahre lang die Lebensentscheidungen und die mentale Kapazität von ungefähr 700 hawaiianischen Kindern aus sehr schlechten Lebensverhältnissen verfolgt. Einem Drittel dieser Kinder ist es gelungen, sich schließlich aus ihren prekären Lebensbedingungen heraus zu entwickeln und, trotz ihrer meist alkoholsüchtigen Eltern, sich in Stresssituationen durchsetzen zu können und sich selbst eine gute Zukunft zurecht zu legen. Es hat sich herausstellen, dass die meisten dieser „Ausnahmen“ eine außenstehende verlässliche Bezugsperson gehabt haben, die sie laut eigenen Angaben gefördert haben, ihr wahres Potenzial auszuschöpfen. Emmy Werners Studie sieht Resilienz zwar nicht im sportlichen Sinne, doch ihre Forschung konnte beweisen, wie wichtig ein positives und optimistisches soziales Umfeld für die Entwicklung mentaler Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress ist. Dieses Wissen lässt sich auch auf den Sport übertragen, denn hat man bereits in der Jugend eine Bezugsperson, die unsere Möglichkeiten und unseren Willen, uns weiter zu entwickeln, fördert, so fällt es einem im späteren Leben leichter, sich ein ähnlich gesinntes soziales Netz aufzubauen und sich gegenseitig „an die eigenen Limits zu pushen“. (vgl. Jakob o.J.)
2.3.2 Der Einfluss traumatischer Erfahrungen auf die Schmerztoleranz
Auch negative Erfahrungen, sogar Traumata, aus unserer Vergangenheit führen zu einer besseren Resilienz und Widerstandsfähigkeit. Dies haben bereits zahlreiche Studien bestätigen können, die Personen mit einer traumatischen Vergangenheit und Personen mit einervergleichsweise harmlosen Vergangenheit in ihrer Schmerztoleranz miteinander verglichen haben. In Buffalo, USA, sind College Studenten dahingehend in zwei Gruppen unterteilt und dem simplen Test unterzogen worden, wie lange sie ihre Hand in Eiswasser lassen können.
Ohne Überraschung hat der verantwortliche Psychologe Mark Seery feststellen können, dass jene Studenten, die sich bereits als Kinder oder Jugendliche in schwierigen Situationen bewiesen haben, auch mehr physischen Schmerz toleriert und ihre Hände länger im Wasser gelassen haben. (vgl. Fitzgerald, 2015, S.166)
Laut moderner Neurowissenschaft ist dafür eine überdurchschnittliche Entwicklung des anterioren cingulären Cortex verantwortlich. Dieser wird sowohl durch Ausdauersport als auch durch das Überwinden eines persönlichen Traumas entwickelt. Unter anderem beinhalten seine Aufgabenbereiche die emotionale Verarbeitung von Schmerz, die Regulierung von Angst und die Erkennung und Ausbesserung von Fehlern.
[...]
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- Anónimo,, 2022, Mentale Strategien im Leistungs- und Spitzensport. Resilienz, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1294436
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