Andauernder Sprachkontakt ist in der heutigen globalisierten Welt kein Ausnahmefall mehr und die daraus resultierenden Veränderungen gehören zum natürlichen Entwicklungsprozess aller Sprachen. Im Fall von Spanglish wird dies besonders deutlich. Die Varietät ist stark durch den Sprachkontakt zwischen Englisch und Spanisch beeinflusst, zeichnet sich durch Sprachwechsel innerhalb des Diskurses und Entlehnungen aus und tritt bei vielen bilingualen Sprechern in hispanophonen Ländern auf.
Die Untersuchung des Auftretens von Code-Switching bei diesen Sprechern, dem wechselnden Gebrauch von Englisch und Spanisch innerhalb einer Aussage, in mündlicher und schriftlicher Form ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Um die Grundlage für diese Analyse der Sprachwechsel bereitzustellen, gliedert sich die Arbeit in einen theoretischen Teil, der den sprachwissenschaftlichen und kulturellen Hintergrund von Code-Switching in den USA erläutert, sowie einen empirischen Teil, welcher die Untersuchung von Sprachbeispielen beinhaltet.
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. THEORETISCHER TEIL
2.1. Allgemeiner Sprachkontakt
2.1.1. Code-Switching
2.1.1.1. Ursachen
2.1.1.2. Begrenzungen
2.1.2. Entlehnungen
2.1.3. Bilingualismus
2.1.4. Diglossie
2.2. Spanisch-Englischer Sprachkontakt in den USA
2.2.1. Geschichte des Spanischen in Nordamerika
2.2.2. Einwanderungsgruppen
2.2.3. Aktuelle Hispanische Bevölkerung
2.3. Spanglish
2.3.1. Linguistische Untersuchung
2.3.2. Soziolinguistische Aspekte
2.3.3. MedialeVerbreitung
3. EMPIRISCHERTEIL
3.1. Methodik
3.2. Geschriebene Sprache - Kurzgedichte
3.2.1. „Who am I? Quién soy?“ - Suzuky Silva
3.2.2. „Cuando erajoven...“ - José Cruz
3.2.3. „The Stern“ - Jennifer Villanueva
3.3. Gesprochene Sprache - Podcast
3.4. Zusammenfassung der Resultate
4. FAZIT UND AUSBLICK IN DIE ZUKUNFT VON CODESWITCHING ZWISCHEN SPANISCH UND ENGLISCH
5. BIBLIOGRAPHIE
5.1. Primärquellen
5.2. Sekundärquellen
5.2.1. Printmedien
5.2.1. Internetquellen
6. ANHANG
6.1. Transkription
6.2. Kurzgedichte
Abstract
Con casi 40 millones de hablantes, el espanol es el segundo idioma mâs hablado en los Estados Unidos y ha sido en estrecho contacto con el inglés por muchos siglos. Esta coexistencia promueve a fenomenos de contacto lingülstico como el bilingüismo, el cambio individual de idiomas por parte de los hablantes y la variedad del ‘espanglish’, que sigue polarizando las percepciones sociales y atrayendo la atencion del publico en general y lingüistico hasta el dia de hoy. El objetivo del presente estudio es investigar la ocurrencia del cambio de codigo, el uso cambiante de varios idiomas entre el inglés y el espanol en su apariencia escrita y oral. Para lograr ese objetivo se seleccionaron textos liricos como ejemplos literarios y la transcription de una conversation grabada en un podcast como material hablado. Como ejemplos de lenguaje auténtico, los objet- os de investigation sirvieron para mostrar cuândo se produce el cambio de codigo y qué factores favorecen la probabilidad de que se produzca el cambio de lenguaje. La investigation de los hâbitos de los idiomas mixtos en forma oral y escrita y su probabilidad de aparicion entre los hablantes bilingües es un rico campo de investigation y proporciona la base para posibles anâlisis e interpretaciones lingüisticas en el futuro.
1. Einleitung
Spanisch ist mit beinahe 40 Millionen Sprechern die am zweithäufigsten gesprochene Sprache auf nordamerikanischem Gebiet und kann neben Englisch als eine der wichtigsten Weltsprachen betrachtet werden (vgl. US Census Bureau 2017). Die beiden Sprachen stehen in den Vereinigten Staaten von Amerika seit langer Zeit im intensiven Kontakt miteinander, da Spanisch durch die Siedler der iberischen Halbinsel dort bereits vor der Gründung der USA präsent war. Durch diese Koexistenz kam es zu Bi- lingualismus und Sprachkontaktphänomenen wie individuellem Sprachwechsel seitens der Sprecher und der Varietät Spanglish (Definition siehe Kapitel 2.3), welche bis heute die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit erregt und in ihrer gesellschaftlichen Wahrnehmung zunehmend polarisiert.
Hispanoamerikaner sind die ethnische Gruppe, welche sich in den Vereinigten Staaten am schnellsten vergrößert. Ihr Sprachverhalten vermischt Englisch und Spanisch und sorgt kontinuierlich für durch sprachpuristische Ansprüche angeregte Konflikte und Diskriminierung, unter denen Latinos in den USA leiden. Nicht zuletzt durch die aktuelle Regierung der Vereinigten Staaten wurde ein feindlicher Diskurs gegenüber Hispanoamerikanern mit Migrationshintergrund angefeuert und die Degradierung ihrer gemischtsprachlichen Varietäten erhöht (vgl. Châvez 2018: 115). Politische Bewegungen wie das English-Only-Movement oder U.S. English mit Millionen von Mitgliedern, welche sich für die Marginalisierung von Minderheitensprachen in den USA aussprechen und diese teilweise sogar offiziell verbieten möchten, verhelfen Spanglish nicht zu einem höheren Status in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Diese Form der Sprachmischung zwischen Spanisch und Englisch wird häufig als negatives Nebenprodukt der Globalisierung betrachtet und als Jargon der armen, ungebildeten Einwanderer dargestellt (vgl. Pawliszko 2020: 97). Trotz den vielfach geäußerten Befürchtungen eines drohenden Sprachverlusts oder sich reduzierender Distinktion zwischen den beiden Sprachen, kam es bisher nicht zu drastischen Veränderungen oder bedrohlichen sprachlichen Rückschritten durch den Sprachkontakt zwischen Spanisch und Englisch. Vor allem aus sprachwissenschaftlicher Perspektive kann der Anspruch sprachlicher Reinheit nicht standhalten, da Sprachen nicht als statische Gebilde betrachtet werden können. Andauernder Sprachkontakt ist in der heutigen globalisierten Welt kein Ausnahmefall mehr und die daraus resultierenden Veränderungen gehören zum natürlichen Entwicklungsprozess aller Sprachen. Im Fall von Spang- lish wird dies besonders deutlich. Die Varietät ist stark durch den Sprachkontakt zwischen Englisch und Spanisch beeinflusst, zeichnet sich durch Sprachwechsel innerhalb des Diskurses und Entlehnungen aus und tritt bei vielen bilingualen Sprechern in hispanophonen Ländern auf.
Die Untersuchung des Auftretens von Code-Switching bei diesen Sprechern, dem wechselnden Gebrauch von Englisch und Spanisch innerhalb einer Aussage, in mündlicher und schriftlicher Form ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Um die Grundlage für diese Analyse der Sprachwechsel bereitzustellen, gliedert sich die Arbeit in einen theoretischen Teil (Kapitel 2), der den sprachwissenschaftlichen und kulturellen Hintergrund von Code-Switching in den USA erläutert, sowie einen empirischen Teil (Kapitel 3), welcher die Untersuchung von Sprachbeispielen beinhaltet.
Im zweiten Kapitel soll eine allgemeine theoretische Einführung in die Sprachkontaktforschung sowie sprachlichen Phänomene wie Code-Switching und Entlehnungen als Einstieg in die Thematik dienen. Daneben werden die möglichen Resultate der Koexistenz mehrerer Sprachen dargestellt, bei individuellen Sprechern kann es zu Biling- ualismus kommen, bei einer Gesellschaft hingegen zum Zustand der Diglossie. Darauffolgend wird die besondere Situation der spanischen Sprache in den USA in historischer und aktueller Perspektive beleuchtet, um zu verdeutlichen, welche Rolle sie auf nordamerikanischem Gebiet einnimmt. Im Anschluss wird der Fokus auf die Varietät Spanglish gesetzt und ihre linguistische sowie soziolinguistische Charakteristika und mediale Verbreitung vorgestellt.
Die empirische Untersuchung im dritten Kapitel dieser Arbeit stellt Spanglish und Code-Switching 'm deren schriftlichen und mündlichen Auftreten gegenüber. Als Analyseobjekte werden hierfür mehrsprachige lyrische Texte als literarisches Beispiel und ein in einem Podcast aufgezeichnetes Gespräch als gesprochenes Material ausgewählt. Als authentische Sprachbeispiele zeigen die Untersuchungsobjekte auf, wann CodeSwitching auftritt und welche Faktoren und Kommunikationsabsichten die Auftretenswahrscheinlichkeit der Sprachwechsel begünstigen können. Die Untersuchung der gemischtsprachlichen Ausdrucksweise in gesprochener wie verschriftlichter Form bei bilingualen Sprechern erweist sich als ergiebiges Forschungsgebiet und bietet ein weites Spektrum für mögliche sprachwissenschaftliche Analysen.
2. Theoretischer Teil
Um den Grundstein für die empirische Untersuchung der vorliegenden Arbeit bereitzustellen, welche gesprochene und schriftliche Sprachbeispiele von Code-Switching zwischen Spanisch und Englisch gegenüberstellt, soll zunächst die theoretische Basis betrachtet werden. In den folgenden Kapiteln wird sich deduktiv der Untersuchungsabsicht genähert, indem der Kontakt zwischen Sprachen sowie die daraus resultierenden Phänomene betrachtet werden. Anschließend werden die Besonderheiten des Sprachkontaktes zwischen der englischen und spanischen Sprache in den Vereinigten Staaten dargestellt. Abschließend erfolgt eine Charakterisierung von der Varietät Spanghsh, die sich als Mischform der beiden Sprachen durch Code-Switching und Entlehnungen kennzeichnet.
2.1. Allgemeiner Sprachkontakt
Wenn unterschiedliche Sprachgemeinschaften „für längere Zeit einen Lebensraum teilen“ verursacht dieser Kontakt zwangsläufig Vermischungen und Annäherungen zwischen den Sprachen (Winkelmann 2007: 10). Sprachkontakt lässt sich allgemein definieren als „Koexistenz zweier oder mehrerer Sprachen innerhalb einer Sprachgemeinschaft“ deren Mitglieder die Sprachen in alternativer Form abhängig von der Situation oder zur Erfüllung bestimmter Kommunikationsabsichten gebrauchen (Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Sprachkontakt). Die Ursachen für solche Situationen können „politisch, historisch, geographisch oder kulturgeschichtlich“ sein und die Effekte auf allen Ebenen der Sprachwissenschaft nachgewiesen werden (ebd.). Die ling-uistische Forschung im Bereich des Sprachkontakts untersuchtUrsachen, Auftreten und Resultate einerseits auf individueller Ebene, also die bei den Sprechern auftretenden sprachlichen Phänomene. Andererseits wird das Verhältnis zwischen verschiedenen Varietäten in mehrsprachigen Gruppen auf gesellschaftlicher Ebene erforscht (vgl. Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Kontaktlinguistik').
Sprachkontakt resultiert meist in „Sprachumstellung, Sprachbeibehaltung oder Sprachenmischung“ (Pelzer 2006: 37). Wenn die Sprecher in einer Sprachkontaktsituation ihre Muttersprache beibehalten, werden sie mit der Beherrschung der anderen Landessprache bilingual. Tritt eine Sprachumstellung auf, verlieren die Sprecher die Sprache ihrer Vorfahren und beherrschen nur noch die Sprache der Aufnahmegesellschaft (vgl. ebd.: 38). Eine Sprachumstellung hängt unter anderem von dem Eintrittsalter in die Aufnahmegesellschaft und der Generationszugehörigkeit ab. Die jüngere Generation wird die neue Sprache mit größerer Wahrscheinlichkeit erwerben und außerdem ihre Eltern zum Erlernen der neuen Sprache zwingen, um deren Existenzgrundlage in der Sprachgemeinschaft zu sichern (vgl. Adler 1977: 31). Es gilt den Sprachverlust durch die Sprachumstellung zu vermeiden, denn für Immigranten ist es essentiell, „dass sie neue Sprachen nicht auf Kosten der Muttersprache erwerben“ (Oksaar 1984: 263). Die Sprachbeibehaltung ist „aus soziopsychologischen, kulturellen und politischen Gründen“ bedeutend und dies nicht nur für den individuellen Sprecher, sondern zugleich für den sozialen Status in der Aufnahmegesellschaft wichtig (ebd.).
2.1.1. Code-SwUchmg
Code-Switching ist eines der am meisten untersuchten Sprachkontaktphänomene der modernen Sprachwissenschaft. Dieses Phänomen entsteht, wenn bilinguale Sprecher die beherrschten Sprachen nicht verändern, sie „aber innerhalb von sprachlichen Äußerungen gemischt“ verwenden (Riehl 2014a: 21). Nach Shana Poplack (vgl. 1980: 583) kann Code-Switching definiert werden als der Wechsel von zwei Sprachen innerhalb eines Diskurses, Satzes oder Konstituenten. Sie gibt mit dem Titel ihres anerkannten Artikels „Sometimes I'll start a sentence in English y termino en espanol“ ein Beispiel für den Wechsel zwischen Satzkonstituenten vor. Oft wird Code-Switching als „der sanfte Wechsel zwischen zwei oder mehreren Sprachen“ beschrieben, da die Sprecher nur selten Häsitationen oder Pausen zwischen den Sprachwechseln machen (Mülleretal. 2015: 11).
Bei diesem Resultat des Sprachkontaktes kann nicht nur zwischen verschiedenen Sprachen, sondern weiterhin zwischen Varietäten gewechselt werden, die oft in einem Hierarchieverhältnis stehen und sich in ihrer Prestigeträchtigkeit unterscheiden. Die Wahl der jeweiligen Sprache oder Varietät wird „gesteuert durch situative Faktoren wie Grad der Formalität, Thema, Beziehung der Gesprächsteilnehmer zueinander“ (Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Code-Switching). Nach dem Sprachwissenschaftler John Gumperz (vgl. 1982: 70) finden Sprachwechsel innerhalb einzelner Aussagen oft unter Bedingungen des Wandels statt, beispielsweise wenn nur diffuse ethnische Gruppengrenzen vorherrschen.
In der Allgemeinbevölkerung wird Code-Switching oftmals fälschlicherweise mit mangelhafter Sprachkompetenz assoziiert. Der Wechsel zwischen Sprachen wird von einem Großteil der Öffentlichkeit als „Effekt des Sprachverfalls“ und fehlender Sprachausbildung angesehen (Müller et al. 2015: 11). Vielfach wird angenommen, dass die Ursache für das Wechseln zwischen Sprachen an Kompetenzlücken in den jeweiligen Sprachen liegt, wegen derer der Sprecher sich in der anderen Sprache auszudrücken versucht. In diesem Zusammenhang werden Bezeichnungen wie Inglehol oder Spanglish häufig zur Degradierung des Sprachenwechsels benutzt (vgl. ebd.).
Allgemein kann zwischen situativem Code-Switching, dem situationsbedingten Sprachwechsel und konversationellem Code-Switching zur Erfüllung von Kommunikationsabsichten unterschieden werden. Faktoren für den situativen Wechsel zwischen Sprachen oder Varietäten können zum Beispiel der „Wechsel des Gesprächspartners, Ort der Kommunikation und Thema sein“ (Riehl 2014a: 25). Dem konversationellen Code-Switching liegen vor allem diskursstrategische Ursachen zugrunde, wegen derer der Sprecher einen kommunikativen Effekt mit dem Sprachwechsel erzeugen möchte (vgl. ebd.: 26). Während viele Sprecher die Funktionen von Code-Switching für ihre kommunikativen Intentionen nutzen, kommt es darüber hinaus häufig zu einem unabsichtlichen Sprachwechsel der Sprecher, „der auf interne Prozesse der Sprachproduktion zurückzuführen ist“ (Riehl 2014b: 103). Diese Form kann als psycholinguistisch motiviert klassifiziert werden und tritt oft bei Äußerungen auf, innerhalb derer sich die Sprecher nach dem Sprachwechsel selbst korrigieren (vgl. ebd.). Für diese Art von Sprachwechsel kann es bestimmte Auslösewörter (engl. trigger -words) geben, die in beiden Sprachen ähnlich klingen (vgl. ebd.).
Ferner kann zwischen satzextemem und satzinternem Code-Switching differenziert werden. Das satzexteme Code-Switching findet außerhalb des Satzes statt, der Sprachwechsel tritt also nur vor oder nach einem vollständigen Satz auf. Wie es der Terminus vermuten lässt, kommt der Wechsel beim satzinternen Code-Switching innerhalb der Satzgrenzen vor (vgl. Pelzer 2006: 72). In einzelnen Fällen, wie zum Beispiel beim Sprachwechsel der sich auf „Diskursmarker, reduzierte Fragesätze, idiomatische Wendungen und Zitate“ innerhalb eines Satzes erstreckt, kann man von emblemat- ischem Code-Switching sprechen, welches unter anderem den Sprechern mit geringer ausgeprägten Sprachfähigkeiten ermöglicht die Zugehörigkeit zur bilingualen Sprachgemeinschaft zu zeigen (vgl. ebd.: 73).
Welche Art von Code-Switching öfter benutzt wird, hängt von der Sprachkompetenz der Sprecher ab. Wenn die sprachlichen Fähigkeiten eher geringfügig ausgeprägt sind, kommt es häufiger zu satzexternem oder emblematischem Code-Switching, da der Sprachwechsel dieser Art weniger von syntaktischen Regeln begrenzt ist und so das Risiko von Fehlern verringert wird (vgl. Pelzer 2006: 73). Bilinguale Sprecher mit hohen Kompetenzen in beiden Sprachen tendieren öfter dazu den Wechsel innerhalb der Satzgrenzen zu vollziehen und haben aufgrund ihrer ausgeprägten Sprachkenntnisse geringere Hemmungen grammatikalische Regeln einer der beteiligten Sprachen zu verletzen (vgl. Poplack 1980: 581).
Das Konzept von Code-Switching muss eindeutig von Tag-Switching, einer weiteren Form des Sprachwechsels, abgegrenzt werden. Hierbei handelt es sich um die Einsetzung von kurzen sprachlichen Einheiten wie zum Beispiel you know oder verdad, welche nur geringe Sprachkompetenzen erfordert, während beim Code-Switching häufig beobachtet werden kann, dass die bilingualen Sprecher „ihre beiden Sprachen sehr gut beherrschen“ (Müller et al. 2015: 13). Code-Switching lässt sich weiterhin mit sprachlichem Transfer, also der „Übertragung von sprachlichen Besonderheiten der Muttersprache auf die Fremdsprache“ in Verbindung bringen (Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Transfer). In der älteren Sprachkontaktforschung wurde in Fällen von Sprachveränderung aufgrund von satzintemem Code-Switching von Interferenz, dem fehlgeschlagenen Transfer, gesprochen (vgl. Riehl 2014a: 35). Die neuere linguistische Forschung hebt jedoch seit den 1970er Jahren hervor, dass das Code-Switching hohe sprachliche Kompetenzen voraussetzt (vgl. Edel 2007: 3). Während CodeSwitching von bilingualen Sprechern eher wissentlich benutzt wird, entzieht sich Transfer meist der Kontrolle des Sprechers (vgl. Müller et al. 2015: 22). Der Sprachwechsel erfordert erhöhten Arbeitsaufwand seitens der Sprecher und kann daher im Vergleich zu Transfer nicht als Strategie zur Simplifizierung angesehen werden (vgl. ebd.: 23). Die kognitive Anstrengung, die der Sprachwechsel verlangt, kontrastiert mit der Annahme fehlender Sprachkompetenzen als eine der Ursachen für Code-Switching, die im folgenden Abschnitt ausgeführt werden.
2.1.1.1. Ursachen
Code-Switching tritt als durch Sprachkontakt verursachtes Phänomen vor allem bei zweisprachigen Sprechern auf. Da es in der heutigen Zeit kaum noch Sprachgemeinschaften gibt, die in völliger Isolation von externen Spracheinflüssen leben, ist das Auftreten von Sprachkontaktphänomenen sicherlich nicht mehr als Ausnahme zu betrachten (vgl. Adler 1977: 67). Dieses Phänomen tritt am häufigsten in der informellen Rede von Sprechern auf, die Mitglieder von Minderheitengruppen sind. Diese sprechen ihre Muttersprache hauptsächlich im familiären Kontext und verwenden die Mehrheitssprache der Gesellschaft im Arbeitsumfeld und im Umgang mit Freunden und Bekannten die anderen ethnischen Gruppen angehören (vgl. Gumperz 1982: 64). Aus diesem Grund benutzen viele bilinguale Sprecher Code-Switching aus Prestigegründen oder mit der Intention die „Zugehörigkeit zu einer Gruppe an[zu]zeigen und Solidarität aus[zu]drücken“ (Müller et al. 2015: 21). Die gesellschaftliche Wahrnehmung polarisiert, denn Code-Switching wird einerseits auf schlechte Bildung, fehlende Manieren oder unsachgemäße Sprachkontrolle zurückgeführt, andererseits oftmals als legitimer Stil in kolloquialen Gesprächen gewertet (vgl. Gumperz 1982: 62).
Die Ursachen für Code-Switching können entweder externer Natur sein, also außerhalb des sprachlichen Fähigkeitsbereichs des Sprechers liegen oder von ihm selbst motiviert sein. Externe Faktoren können der „Gesprächspartner, Ort oder auch Thema der Kommunikationssituation“ sein (Herling/Patzelt 2013: 375). Interne Ursachen können in mangelnder Sprachkompetenz oder unbekannter Terminologie begründet werden oder auftreten, wenn der Sprecher bestimmte Funktionen durch den Sprachwechsel erfüllen möchte. Gumperz (vgl. 1982: 75ff) zählt in diesem Zusammenhang diskursive Funktionen wie die Wiedergabe und Markierung von direkter Rede oder eines Rollenwechsels, Einwürfe, Wiederholung und Nachrichtenqualifizierung auf. Außerdem stellt Gumperz neben der Möglichkeit Inhalte kontrastierend hervorzuheben auch emotionale Ursachen seitens der Sprecher dar, wie zum Beispiel persönliche Appelle, sowie die Hervorhebungen von Meinungen oder Gefühlen (vgl. ebd.: 93f). Weiterhin kann Code-Switching für die Sprecher dazu dienen, das Thema des Diskurses zu wechseln oder die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer in eine bestimmte Richtung zu lenken (vgl. Herling/Patzelt 2013: 376).
Das Wechseln zwischen verschiedenen Sprachen kann ferner aufschlussreich für die soziale Position der Sprecher sein, da es zur Identifizierung, Zugehörigkeitsmarkierung oder Abgrenzung zu einer Gruppe dienen kann (vgl. Winkelmann 2007: 19). Der Sprachwechsel kann durch die Vertrautheit des jeweiligen Themas bestimmt werden, wenn es sich um Erlebnisse handelt, die mit einer bestimmten Sprache verbunden sind oder wenn die Sprecher daran gewöhnt sind, Themen nur in einer Sprache zu behandeln (vgl. Pelzer 2006: 76). Es gibt sprachspezifisch konnotierte Themen und Konzepte, die wichtig für die Identifikation mit einer Gemeinschaft sind, zum Beispiel wird Geld meist mit der Aufnahmegesellschaft assoziiert (vgl. ebd.: 96ff). Neben dem Diskursthema kann weiterhin das Verständnis des kulturellen Kontextes des Sprechers die Auftretenswahrscheinlichkeit von Sprachwechseln beeinflussen. Nach Ricardo Otheguy erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Code-Switching, wenn der Kontext eines Gesprächs derjenige ist, an den die Sprache neu angepasst wird. Umgekehrt nimmt der Gebrauch ab, wenn der sprachliche Kontext vertrauter ist (vgl. Otheguy/ Garcia 1993: 1351'). Die Erforschung dieser sozialen Faktoren von Code-Switching erleichtert das „Verständnis der Rolle von Sprachen im gesellschaftlichen Zusammenleben unterschiedlicher Sprechergemeinschaften“ (Edel 2007: 5).
Daneben kann das Spracherwerbsalter ein bestimmender Faktor für die Auftretenswahrscheinlichkeit von satzintemem und -externem Code-Switching sein. Abhängig vom Alter bei der Migration in die Aufnahmegesellschaft oder dem Beginn der zweisprachigen Erziehung in dem Kindergarten und der Schule lässt sich prognostizieren, wie hoch sich die sprachlichen Kompetenzen ausbilden. In der Altersspanne von zwei bis sieben Jahren erreichen Kinder sehr wahrscheinlich bilinguale Sprachfähigkeiten und nutzen folglich häufiger satzinternes Code-Switching (vgl. Pelzer 2006: 120). Demzufolge ist die Sprachkompetenz ein weiterer wichtiger Faktor für die unterschiedliche Wahrscheinlichkeit der Code-Switching-Typtn. Je höher die Sprachkompetenz ausgebildet ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für das grammatikalisch komplexere satzinterne Code-Switching (vgl. ebd.: 119). Außer dem sprachlichen Kompetenzmangel gibt es zahlreiche andere Ursachen von satzextemem Code-Switching wie die Begründung einer vorangegangenen Äußerung oder die Antwort auf eine selbstgestellte Frage. Weiterhin können auch die Verständnisüberprüfung des Gesprächspartners oder der absichtliche Ausschluss einer Person aus dem Gespräch Sprachwechsel außerhalb von Satzgrenzen anregen (vgl. ebd.: 78ff).
2.1.1.2. Begrenzungen
Die sprachlichen Kompetenzen der Sprecher bestimmen die Auftretenswahrscheinlichkeit des intrasententiellen Code-Switchings, denn der Sprachwechsel innerhalb des Satzes muss sprachspezifischen Beschränkungen folgen. So müssen trotz des Wechsels die syntaktischen Regeln beider Sprachen eingehalten werden und die Oberflächenstruktur sollte ungestört sein (vgl. Pelzer 2006: 102f). Im Folgenden sollen zwei bekannte Theorien zur Limitation von Code-Switching vorgestellt werden.
Shana Poplack (vgl. 1988: 219) stellte mit dem Free Morpheme Constraint und dem Equivalence Constraint zwei bekannte Ansätze zur linguistischen Beschränkung auf. Ersteres verbietet die Mischung von Morphemen innerhalb der Wortgrenzen. Die zweite Beschränkung gibt vor, dass die Wortreihenfolge der Oberflächenstruktur beider Sprachen bei dem Punkt des Sprachwechsels übereinstimmen sollte. Wenn es den Sprechern gelingt, Sätze mit Sprachwechseln zu produzieren, die sich nach den Stand-ards des Spanischen und Englischen als grammatikalisch richtig erweisen, lässt dies auf hoch entwickelte sprachliche Fähigkeiten in beiden Sprachen schließen (vgl. ebd.). Nach tern Free Morpheme Constraint kann der Sprachwechsel theoretisch nach jedem Konstituenten in einem Satz auftretenjedoch nur wenn diese nicht aus gebundenen Morphemen bestehen. Diese Beschränkung gilt für alle linguistischen Ebenen, außer der phonologischen (vgl. dies. 1980: 585t). Folgend dem Equivalence Constraint können Sprachwechsel nur an Stellen im Satz auftreten, an denen die Nebeneinanderstellung von LI- und L2-Elementen nicht gegen eine syntaktische Regel einer der beiden Sprachen verstößt (vgl. ebd.).
Ein weiteres bekanntes Modell mit dem Zweck Code-Switching linguistisch einzuordnen und zu limitieren, ist das Matrix Language Frame Modell der Linguistin Carol Myers-Scotton. Mit diesem Ansatz wird versucht, die Form von Code-Switching vorherzusagen und zu beschreiben. Nach diesem Modell gibt es eine Matrixsprache, „die in der Äußerung zu dominieren scheint, während [eine] eingebettete Sprache nur reduziert verwendet wird“ (Edel 2007: 6). Wie die Bezeichnung des Modells vermuten lässt, gibt die Matrixsprache durch morphosyntaktische Begrenzungen einen grammatischen Rahmen vor, in den die eingebettete Sprache lexikalische Einheiten einfügen kann (vgl. ebd.). Außerdem bietet das Modell eine Erklärung der unterschiedlichen Auftretenswahrscheinlichkeit der Matrixsprache und eingebetteten Sprachmorphemen bei satzinternem Code-Switching. Dieser Ansatz identifiziert die Matrixsprache als die dominantere Sprache, die den grammatikalischen Hauptrahmen für einen Satz vorgibt und bestimmt, was ihn wohlgeformt erscheinen lässt (vgl. Myers-Scotton 2013: 235). Die Funktion der eingebetteten Sprache besteht lediglich in der Bereitstellung von Inhaltselementen (vgl. ebd.). Da die Matrixsprache und die eingebettete Sprache nicht gleichermaßen an der Satzkonstruktion beteiligt sind, ergibt sich ein Hierarchieverhältnis als erste Prämisse des Modells (vgl. ebd.: 243). Die zweite Bedingung ist, dass nicht alle Morphemtypen gleichermaßen aus der Matrixsprache und der eingebetteten Sprache stammen können, denn Morpheme mit systematischer Funktion für die Oberflächenstruktur sollten aus der Matrixsprache stammen. Eine dritte Voraussetzung ist, dass beide Sprachen immer kognitiv aktiviert sind, wenn ein Sprecher die Sprache wechselt, obwohl die Matrix-Sprache stets stärker aktiviert ist (vgl. ebd.).
2.1.2. Entl ehnungen
Ein weiteres häufig auftretendes Sprachkontaktphänomen sind Entlehnungen, die klassifiziert werden können als „Übernahme eines sprachlichen Ausdrucks aus einer Fremdsprache in die Muttersprache“ (Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Entlehnung). Das Phänomen tritt meist auf, wenn es in der Ausgangssprache an Bezeichnungen für „neu entstandene [...] Sachverhalte“ mangelt (ebd.). Das Resultat des Integrationsprozesses von Entlehnungen sind Lehnwörter, die sich in Kontrast zu Fremdwörtern „in Lautung, Schriftbild und Flexion vollständig an die [eigene] Sprache angeglichen haben“ (Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Lehnwort). Bevor spontane Äußerungen vollständig in das Lexikon einer Sprache oder Varietät integriert wurden, können sie als ,Ad-hoc-Entlehnungen‘ klassifiziert werden (vgl. Riehl 2014b: 105). Das häufigste Motiv für Entlehnungen ist die „sprachliche Bedarfsdeckung“ um neu entstandene Konzepte zu benennen, ferner können Modeströmungen und die Absicht des Prestigegewinns Anlass für Entlehnungen bieten (Winkelmann 2007: 22). Einerseits werden Entlehnungen oftmals als Anzeichen von Bequemlichkeit oder geringer Loyalität zur eigenen Sprachgemeinschaft wahrgenommen, können andererseits gleichermaßen als Beweis der Anpassung an die Aufnahmegesellschaft gewertet werden (vgl. Pelzer2006: 125).
Wenn Entlehnungen kollektiv in einer Sprachgemeinschaft benutzt werden und ein fester Bestandteil der Zielsprache geworden sind, ist der Entlehnungsprozess vollendet. Im Gegensatz zum Code-Switching, welches relativ hohe sprachliche Kenntnisse erfordert, können Entlehnungen von den monolingualen Teilen einer Bevölkerung verwendet werden, da sie bereits an die grammatikalischen Regeln der Gesellschaftssprache angepasst wurden (vgl. ebd.: 44f). Ein Beispiel für eine Entlehnung aus dem Englischen in die spanische Sprache ist die Verbalkonstruktion Uamarpara aträs (engl. to call back) welche nicht parallel zur spanischen Struktur llamar de vuelta gebildet wird (vgl. Otheguy 1993: 32). Entlehnungen können als Resultate fehlgeschlagenen Transfers klassifiziert werden und sind demnach Interferenzen, die nach ihrer Entstehung unkorrigiert Verwendung fanden. Wenn Interferenzen bei mehreren Sprechern häufiger Gebrauch finden und dann von der Sprachgemeinschaft verwendet werden, kann man sie den Entlehnungen zuordnen (vgl. Pelzer 2006: 126). Im Zuge des Integrationsprozesses werden grammatikalische Eigenschaften auf das fremdsprachliche Wort übertragen, wie zum Beispiel die spanische Genusmarkierung bei la data (engl. the data), während die spanische Form los datos ein maskulines Genus aufweist (vgl. Ardila 2005: 74). Sehr häufig kommt es zu hybriden Formen aus englischen Verben, deren Stamm entlehnt und eine spanische Verbendung angehängt wurde, wie zum Beispiel parquear (engl. to park') oder printear (engl. to print) (vgl. ebd.).
2.1.3. Bilingualismus
Bei den Sprechern führt der kontinuierliche Sprachkontakt häufig zu Bilingualismus, dem ,,alternative[n] Gebrauch zweier Sprachen in der Kommunikation“ der sich entweder auf individueller Ebene, also bei einzelnen Sprechern oder auf kollektiver Ebene einer ganzen zweisprachigen Gesellschaft manifestiert (Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Bilingualismus). In der heutigen Zeit nimmt die Zahl bilingualer Menschen auf der ganzen Welt rapide zu. Schnelle Verkehrsmittel, Radio, Fernsehen und moderne Kommunikationsmittel bringen Sprecher verschiedener Sprachen einander näher (vgl. Adler 1977: 36). So ist es nicht mehr ungewöhnlich, dass ein Mensch in der Lage ist, einige Wörter und Ausdrücke in einer anderen Sprache zu verstehen. Selbst ohne einen Aufenthalt in einem fremdsprachigen Land ist es schwer, die Konfrontation mit fremden Sprachen in Filmen, Musik oder Nachrichten zu vermeiden (vgl. ebd.: 9). Mehrsprachigkeit ist heutzutage folglich kein Ausnahmefall mehr, sondern gehört zum Alltag in globalisierten Sprachgemeinschaften.
Nach Francois Grosjean (vgl. 2008: 10) lässt sich die individuelle Zweisprachigkeit definieren als der regelmäßige Gebrauch von zwei oder mehreren Sprachen oder Dialekten eines Sprechers. Das Konzept des Bilingualismus setzt primär den alltäglichen Gebrauch mehrerer Sprachen voraus, jedoch werden wichtige Charakteristika, die den Grad der Sprachkenntnisse des individuellen Sprechers beeinflussen, wie „Informationen über den Migrationshintergrund, Auslandsaufenthalte, Schulsprachen, linguistisches Wissen über die Sprachen“ häufig außer Acht gelassen (Müller et al. 2015: 16). Bei der Untersuchung von bilingualen Sprechern ist es wichtig zu differenzieren, ob es sich um simultane Mehrsprachigkeit handelt, deren Spracherwerb sich bereits im Kleinkindalter vollständig vollzogen hat, oder sukzessive Mehrsprachigkeit vorliegt, bei welcher der Spracherwerb der zuerst erlernten Sprache abgeschlossen ist, wenn der Erwerb der zweiten Sprache beginnt (vgl. ebd.).
Früher litt die Zweisprachigkeit unter weit verbreiteter Stigmatisierung durch das Vorurteil, dass zweisprachige Individuen durch ein gespaltenes Bewusstsein oder sogar Schizophrenie gefährdet seien (vgl. Weinrich 1984: 81). Sprachpuristen sprachen sich lange Zeit gegen die Anerkennung möglicher Vorteile von individuellem Bilingualis- mus aus (vgl. ebd.). Durch die weitreichende linguistische Forschung wurden die vorteilhaften Aspekte von individueller Zweisprachigkeit deutlich hervorgehoben und die „positive Auswirkungen auf den Intellekt“ und die Wahrscheinlichkeit einer ,,nu- ancierterefn] Auffassung von der Wirklichkeit“ gelobt (Oksaar 1984: 247). Bilinguale Sprecher haben Vorteile in der Kommunikation und die Möglichkeit „in zwei Erfahrungswelten einzutauchen und zwei [...] Kulturen kennen zu lernen“ (Winkelmann 2007: 29). Durch ihre großen sprachlichen Kenntnisse stehen mehrsprachigen Menschen „oftmals besserbezahlte Jobs zur Verfügung als [m]onolingualen“ Personen, gegenüber welchen sie „häufig im kreativen Denken überlegen“ sind (ebd.). In manchen Fällen kann individueller Bilingualismus jedoch zu Nachteilen für die Sprecher führen. Wenn die Sprachkenntnisse eher gering ausgeprägt sind, kann es zu ,Semi- lingualismus‘ kommen. Dieses Phänomen tritt auf, wenn in Muttersprache und Zweitsprache nur unzureichende Kenntnisse vorliegen und sich eine doppelte Halbsprachigkeit ergibt, denn selbst durch eine bilinguale Erziehung ist die vollständige Beherrschung zweier Sprachen nur schwer erreichbar (vgl. Fthenakis et al. 1985: 19).
2.1.4. Diglossie
Wenn sich die Zwei- oder Mehrsprachigkeit auf eine ganze Gesellschaft ausbreitet, herrscht der Zustand einer Diglossie. Dieser Terminus wurde 1959 von dem Sprachwissenschaftler Charles Ferguson eingeführt, um „eine stabile Form von gesellschaftlicher Zweisprachigkeit“ zu beschreiben (Lexikon der Sprachwissenschaft 2002: Diglossie). Jedoch liegt in einer Gesellschaft in der lediglich verschiedene Sprechergruppen existieren noch keine Situation der Diglossie vor, selbst wenn die Anzahl der zweisprachigen Sprecher sehr groß ist (vgl. Adler 1977: 8). Die Voraussetzung für die Klassifikation als Diglossie ergibt sich durch ein Hierarchieverhältnis zwischen den benutzten Sprachen einer multilingualen Gesellschaft mit einer funktionalen Differenzierung. Diese Hierarchisierung einer high variety als prestigereiche Sprache und einer low variety als kolloquiale Alternative gilt als wichtigstes Merkmal der Diglossie (vgl. Winkelmann 2007: 14). Die Vermittlung der high variety erfolgt institutionell erst in der Schule und sie wird „in formellen Sprechsituationen und als Schriftsprache verwendet“ (ebd.). Während sie aufgrund höherer grammatikalischer Komplexität in institutionellen Bereichen und zwischen Sprechern höherer Bildung verwendet wird, findet die low variety fast ausschließlich in informellen Zusammenhängen Benutzung (vgl.Hidalgo2016: 10).
Eine weitere Bedingung für die Klassifikation einer gesellschaftlichen Sprachkontaktsituation als Diglossie ist eine umfangreiche Literatur in der prestigeträchtigeren high variety, die in der Gemeinschaft verwendet wird (vgl. Adler 1977: 16). Die funktionale Differenzierung der beiden Varietäten vollzieht sich meist kontinuierlich über Jahrhunderte und kann mit einer ungleichen Verteilung der lexikalischen Kenntnisse der Sprecher verbunden sein. Durch das Hierarchieverhältnis zwischen den Sprachen werden sie als Register nur in bestimmten semantischen Bereichen benutzt, wodurch sich auch ein domänenspezifischer, terminologischer Mangel in einer der jeweiligen Sprachen ergeben kann und auch die Schreibfähigkeit in der low variety oft nicht stark ausgeprägt ist (vgl. Edel 2007: 23). Viele Sprecher haben daher einen „komplementär elaborierten Wortschatz“ und „weisen in Gesprächen mit untypischer Sprachwahl große lexikalische Defizite auf“ (ebd.: 22).
2.2. Spanisch-Englischer Sprachkontakt in den USA
Um die Rolle der spanischen Sprache in den Vereinigten Staaten von Amerika zu untersuchen und das Hierarchieverhältnis zum Englischen als internationale Verkehrssprache zu verstehen, soll in den drei folgenden Unterkapiteln der geschichtliche Hintergrund, sowie die aktuelle Situation verschiedener hispanophoner Einwanderergruppen dargestellt werden. Bis heute werden Hispanics in den USA stigmatisiert und diskriminiert, was für die betroffenen Personen häufig in Identitätskonflikten und Scham für die eigene Herkunft resultiert. Unter anderem wegen der im Folgenden beschriebenen Abwertung der hispanischen Kultur polarisieren die Varietät Spanglish und Sprachkontaktphänomene wie Code-Switching zwischen Spanisch und Englisch im öffentlichen Interesse und bieten ein großes Forschungsgebiet in der Linguistik.
2.2.1. Geschichte des Spanischen in Nordamerika
Die spanische Sprache war bereits vor der Gründung der Vereinigten Staaten auf nordamerikanischem Gebiet präsent. Schon während der Kolonialzeit erreichte das Spanische den Kontinent, während die heutige linguafranca Englisch noch nicht einmal im Grenzgebiet zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten gesprochen wurde (vgl. Fairclough 2003: 191). Als erste Europäer erreichten die spanischen Siedler vor den englischen Pilgern Nordamerika im 16. Jahrhundert geführt von Juan Ponce de Leon, der mit der Benennung des Gebietes Florida die Besitzergreifung durch das spanische Königreich verdeutlichte (vgl. Herling/Patzelt 2013: 354). Die Kolonialisierung hatte verschiedene Motive wie die „Festigung des Katholizismus“ in Amerika sowie die Ausbreitung des spanischen Herrschaftsterritoriums und des wirtschaftlichen Handelsgebietes (ebd.: 355). Bereits im 17.Jahrhundert erstreckte sich das Gebiet unter dem Einfluss des spanischen Königreichs über weite Teile der USA (vgl. ebd.: 354).
Im 19. Jahrhundert erlangten unter anderem Mexiko, Texas und Colorado die Unabhängigkeit von der spanischen Krone (vgl. ebd.: 356). Während des mexikanischamerikanischen Krieges von 1845 bis 1848 konnten die Vereinigten Staaten große Teile des Herrschaftsgebietes zurückerobern (vgl. Winkelmann 2007: 5). Obwohl die Bevölkerung dieser Zeit noch überwiegend spanischsprachig war, wurde Englisch aufgrund der historischen Veränderungen zur Sprache der öffentlichen Kommunikation (vgl. ebd.). Da Englisch auf internationaler Ebene einen höheren sozialen und wirtschaftlichen Status genoss, ordnete sich das Spanische unter und litt über lange Zeiträume unter Diskriminierung und geringem Ansehen (vgl. Silva-Corvalân 1994: 9). Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg kam es zu starken Anfeindungen gegenüber der spanischen Sprache, als „in 34 Staaten der USA alle Sprachen außer Englisch als Unterrichtssprachen in den Schulen verboten“ wurden, um ihre Ausbreitung zu verhindern (vgl. Winkelmann 2007: 31).
Nicht nur die spanische Sprache wurde als defizitär angesehen, da die hispanische Bevölkerung „enorme Bildungsdefizite“ aufwies. Daher wurde 1968 der Bilingual Education Act vom Kongress der Vereinigten Staaten verordnet, um die Englischkenntnisse von Schülern mit Migrationshintergrund zu verbessern (ebd.). Diese politische Maßnahme traf auf hohes Unverständnis und Feindseligkeit, sogar der damalige Präsident Ronald Reagan sprach sich dagegen aus, Bilingualismus in den USA zu fördern:
It is absolutely wrong and against [the] American concept to have a bilingual education program that is now openly, admittedly dedicated to preserving their native language [...] (Feinberg 1981).
Einen der Höhepunkte ihrer Marginalisierung erlebte die spanische Sprache 1980 mit der Etablierung des English-Only-Movement, als in Dade Country eine Verordnung beschlossen wurde, welche zur „Verdrängung der spanischen Sprache in [...] öffentlichen Bereichen“ führen sollte und sprachliche Heterogenität als „Hindernis für eine nationale Einheit“ ansah (Herling/Patzelt 2013: 361). Bis heute gibt es Organisationen wie U.S. English, die sich mit beinahe 1,8 Millionen Mitgliedern dafür aussprechen, dass Englisch als einzige Staats- und Amtssprache gesetzlich verordnet wird (vgl. ebd.: 361). Es formierte sich bereits 1987 eine Gegenbewegung mit dem English-Plus- Konzept, welches sich für den Erhalt der sprachlichen und kulturellen Diversität in den USA einsetzt und bilinguale Erziehung unterstützt (vgl. Winkelmann 2007: 46). Bei „Bürgerrechtsgruppen, Immigrantenvereinigungen, Lehrerverbänden und auch linguistischen Organisationen“ fand das Konzept große Unterstützung und hat bis heute für eine höhere Akzeptanz von Minderheitensprachen in den Vereinigten Staaten gesorgt (Herling/Patzelt 2013: 362).
2.2.2. Einwanderungsgruppen
Die Einwanderer mit hispanophonem Migrationshintergrund in den USA kommen aus allen Teilen Lateinamerikas, bei staatlichen Umfragen gaben ungefähr 75 Prozent der Befragten an, aus Mexiko, Puerto Rico oder Kuba zu stammen (vgl. US Census Bureau 2010: 4). Die größte Gruppe aller Latinos in den Vereinigten Staaten sind mit 63 Prozent Bürger mit mexikanischem Migrationshintergrund (vgl. ebd.: 3).
Motiviert von der labilen wirtschaftlichen Lage ihres Heimatlandes und dem steigenden Bedarf an Arbeitskräften in den USA immigrierten viele Mexikaner (vgl. ebd.). Nach der mexikanischen Revolution im Jahr 1910 verschlechterten sich die Lebensbedingungen erheblich, sodass es zur Massenemmigration kam (vgl. Pelzer 2006: 29). Durch die räumliche Nähe zu ihrer Heimat unterscheiden sich die mexikanischstämmigen Menschen von anderen Latinos. Ihnen ist es relativ oft möglich, Verwandte zu besuchen und so ihre Kultur zu pflegen, jedoch ist der Assimilierungsprozess in den USA dadurch wahrscheinlich schwieriger für sie (vgl. Winkelmann 2007: 6). Wie viele andere Hispanics werden Personen mit mexikanischem Migrationshintergrund bis heute oft diskriminiert (ebd.). Die Schriftstellerin Gloria Anzaldüa verdeutlichte in ihrem Werk „Borderlands/La Frontera: The New Mestiza“ die Grenzkultur und Marginalisierung, unter der mexikanisch-stämmige Amerikaner fortwährend leiden:
The U.S.-Mexican border es una herida abierta where the Third World grates against the first and bleeds. And before a scab forms it hemorrhages again, the lifeblood of two worlds merging to form a third country - a border culture. Borders are set up to define the places that are safe and unsafe, to distinguish us from them. (Anzaldüa 1987: 25; Hervorhebung im Orig.)
Mit 9,2 Prozent sind Puertoricaner die zweitgrößte Gruppe von Hispanics in den USA (vgl. US Census Bureau 2010: 3). Sie haben unter den Einwanderungsgruppen eine besondere Rolle, da es aus Puerto Rico als Außengebiet der Vereinigten Staaten keine illegale Einwanderung geben kann. Zwar wurde die Insel von Spanien kolonialisiert, aber nach dem Spanisch-amerikanischen Krieg 1898 ging Puerto Rico in den Besitz der USA über und alle Bürger erhielten die US-amerikanische Staatsbürgerschaft (vgl. Pelzer 2006: 31). Ähnlich wie die der mexikanischen Einwanderer war die Immigration von Puertoricanern meist wirtschaftlich motiviert. Am Anfang des 20. Jahrhunderts verursachte die Vorstellung lukrativer Arbeitsplätze eine größere Einwanderungswelle aus Puerto Rico (vgl. Herling/Patzelt 2013: 357). Aufgrund von Überbevölkerung wanderten viele nach dem Zweiten Weltkrieg aus und heute lebt beinahe „die Hälfte aller Puertoricaner auf dem Festland der USA“ (Winkelmann 2007: 7).
Die drittgrößte Gruppe der US-amerikanischen Latinos stammt mit 3,5 Prozent aus Kuba (vgl. US Census Bureau 2010: 3). Motiviert von der Nähe zu ihrem Heimatland und dem ähnlichen Klima, hat sich die Mehrheit der kubanischen Einwanderer in Florida angesiedelt (vgl. Winkelmann 2007: 8). Die meisten Kubaner in den USA verließen ihre Heimat aus politischen Gründen, denn die größte Immigrationswelle trat 1959 nach dem Machtantritt von Fidel Castro auf (vgl. Herling/Patzelt 2013: 357). Vor diesem Hintergrund sehen viele kubanische Einwanderer ihren Aufenthalt in den Vereinigten Staaten als zeitlich begrenzt an und haben vor nach Kuba zurückzukehren, sobald es zu einer nicht-sozialistischen Regierung kommt (vgl. Winkelmann 2007: 8).
2.2.3. Aktuelle Hispanische Bevölkerung
In den Vereinigten Staaten ist eine besondere Art der Diglossie zu beobachten, die durch Englisch als dominante Sprache mit der Sprachvielfalt durch umfangreiche Einwanderung gekennzeichnet ist (vgl. Williamson/Van Eerde 1980: 5). Durch die hohe Sprecherzahl und der weiten Verbreitung der spanischen Sprache steht sie im intensiven Kontakt mit Englisch und durch die verschiedenen Ethnien der Einwanderergruppen ergibt sich eine komplexe Varietätenkonstellation in den USA.
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- Hannah Bauer (Author), Code-Switching und Sprachwechsel. Der wechselnde Gebrauch von Englisch und Spanisch, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1288063
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