In unsere Gesellschaft geht es hauptsächlich um den Geldgewinn. Um diesen zu erzielen, sind jegliche Methoden erwünscht, eine von diesen ist die Massentierhaltung. In dieser werden viele Tiere einer Art, auf engstem Raum unter unnatürlichen Bedingungen gehalten, um dadurch einen möglichst großen Gewinn in wenig Zeit zu erzielen. Dass den Tieren dadurch ein qualvolles Leben ohne Tageslicht und Beschäftigungsmöglichkeiten zugefügt wird und sie dadurch häufig krank werden, tritt in den Hintergrund. Maßgebend sind die geringen Produktionskosten und das billige Endprodukt, wodurch sich die Bevölkerung die ungesunden Mengen an Fleisch leisten kann.
Ausgehend von diesen Bedingungen, die auch in Österreich oder Deutschland vorherrschen, setzt sich diese Arbeit mit der ethischen und rechtlichen Vertretbarkeit dieser Tiernutzung auseinander. Ziel ist aufzuzeigen, dass diese Tierhaltung sowohl für den Menschen, als auch die Umwelt und das Tier schädlich ist und aus Sicht verschiedenster bedeutsamer Philosophen/innen ethisch nicht vertretbar ist und auch vor Recht verboten werden sollte.
2 Moralischer und rechtlicher Status von Tieren
2.1 Haben Tiere einen Rechtsanspruch?
2.1.1 Befürwortung nach TomRegan
2.1.2 Gegenspruchnach Carl Cohan
2.2 Das österreichische Tierschutzrecht
2.2.1 Auswirkungen der Rechtsvorschriften auf die Massentierhaltung
3 Massentierhaltung in Europaund Österreich
3.1.1 Gründe für die Massentierhaltung
3.2 Charakteristika und Probleme der Massentierhaltung in Österreich
3.2.1 Schweine in der Massentierhaltung
3.2.1.1 Probleme bei der Schweinehaltung
3.2.2 Hühner in der Massentierhaltung
3.2.2.1 Probleme bei der Hühnerhaltung
3.2.3 Rinder in der Massentierhaltung
3.2.3.1 Probleme der Rinderhaltung
3.3 Tierschutzforderungen
3.3.1 Tierschutz und Menschenwürde nach Robert Spaemann
4 Die Massentierhaltung aus philosophisch-ethischer Sicht
4.1 Normative Betrachtung: Immanuel Kant
4.1.1 Gegenargumente
4.2 Utilitarismus: Jeremy Bentham und Peter Singer
4.2.1 Gegenargument
4.3 Mitleidsethik: Arthur Schopenhauer und Ursula Wolf
4.3.1 Gegenargumente
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Zucht und Verwendung von Tieren zum menschlichen Nutzen ist eine Jahrtausend alte Tradition, die jedoch im letzten Jahrhundert, mit dem Fortschritt der Technik, erschreckende Veränderungen durchlebte. Im Gegensatz zu früher gelangt ein Großteil der Bevölkerung heute nicht mehr durch eigene Anstrengungen an die gewünschten tierischen Produkten, sondern kauft diese ganz einfach im Supermarkt. Einem Stück Fleisch im Kühlregal sieht man dabei nicht an, wie es aufgewachsen ist und von wem es stammt. Unter welchen Bedingungen ein Schwein, ein Huhn oder eine Kuh gehalten wurden, ob sie ein schmerzbefreites Leben hatten und wie sie getötet wurden: All das verraten eine tiefgekühlte Lende oder ein abgepackter Schenkel nicht. Jedoch lassen die überwiegend preiswerten Produktebereits erahnen, dass es für einige Produzenten/innen sehr billig sein muss, ein Tier von der Geburt bis zur Schlachtreife zu bringen. Bei zahlreichen Discountern kostet zum Beispiel ein halbes Kilo Faschiertes weniger als ein Salatkopf aus der Region. Diese niedrigen Preise erzählen einiges über das Leben der Tiere. Hinter ihnen verbirgt sich eine Hightech-Industrie, die darauf ausgelegt ist, möglichst schnell viel Fleisch und andere tierische Erzeugnisse auf wenig Platz zu produzieren, um damit hohe Gewinne und ein billiges Endprodukt zu erzielen. Das Tierwohl rückt dabei immer mehr in den Hintergrund weshalb die Frage nach der ethischen und rechtlichen Vertretbarkeit dieser Praktiken immer relevanter werden. Auf Grundlage der derzeitigen Bedingungen dieser Mensch-Tier-Beziehung werde ich mich in dieser Arbeit mit dem Umgang mit Tieren zum menschlichen Nutzen in diesen Massenbetrieben aus ethischer und rechtlicher Sicht befassen. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob der Mensch das Wohl und das Leben der Tiere seinen Zwecken unterordnen darf, oder ob er diese auf die gleiche Weise berücksichtigen sollte wie denMenschen, wodurch sich ein Verbot der Massentierhaltung ergeben würde. Es wird der Thesenachgegangen, dass die empfindungsfähigen Tiere auf die gleiche Weise moralisch berücksichtigt werden sollten wie die Menschen. Darüber hinaus wird angenommen, dass Massentierhaltung ethisch nicht vertretbar ist, da das Dasein der betroffenen empfindsamen Tiere durch diese Haltungsbedingung nur von Schmerz und Leid geprägt wird.
Um der gestellten Fragen und den Thesen umfassend nachzugehen, wird auf literarische Werke anerkannter Philosophen/innen, die einen wesentlichen Beitrag zur Tierethikdebatte lieferten, und auf Berichte zu den derzeitigen Bedingungen in den Massentierhaltungsbetrieben und deren rechtlichen Bedingungen,zurückgegriffen. Anhand der Methode der philosophischen Ethik wird das Problem der Vernutzung von Tieren, speziell durch dieIntensivhaltung, einer kritischen Prüfung unterzogen. Dabei werden im ersten Schritt der Frage nach dem rechtlichen Status der Tiere,aus Sicht der Philosophen Tom Regan und Carl Cohan, und der rechtlichen Lage in Österreich nachgegangen. Anschließend wird die derzeitige Situation der Massentierhaltung in Österreich anhand der betroffenen Tiere charakterisiert und Tierschutzforderungen auf Grundlage von Robert Spaemanns Theorie der Personenwürde dargestellt, um schließlich zu analysieren, inwieweit diesen Forderungen Folgerung geleistet werden sollte.
Im letzten Teil wird anwendungsbasiert der Frage nach der ethischen Vertretbarkeit von Massentierhaltung aus Sicht von fünf anerkannten Philosophen/innen nachgegangen, die ihrerseits für drei zentrale Richtungen der Philosophie stehen und wichtige Aspekte für die Tierethikdebatte lieferten. Anhand dieser teils verschiedenen Ansichtensoll der Status des Tieres und dessen Bedeutung für die Massentierhaltung aus möglichst umfassender Sicht beleuchtet werden. Abschließend wird ein Fazit gezogen und die zu Beginn aufgestellte Frage beantwortet.
2 Moralischer und rechtlicher Status von Tieren
Das Nachdenken über eine angemessene Behandlung von Tieren, und ob diesen Rechte zukommen sollten, wurde erstmals 1970 thematisiert (vgl. Wolf, 2019, S. 9).Ob Tierender Status als moralisches Subjekt zugeschrieben wird, ist dabei entscheidend für die Frage ob und wenn ja, welches Recht ihnen zugesprochen werden kann(vgl. Brensing, 2011, S. 201).
Für einen Großteil ethischer Positionen, die sich mit der Frage nach dem Tierrecht auseinandersetzen, ist die Freiheit des Menschen eine wesentliche Bedingung bei der Beantwortung dieser Fragen. Sobald moralische Forderungen, wie zum Beispiel die der Rücksichtnahme auf Tiere, getroffen werden, wird der Mensch in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt. Indem er jedoch frei ist, kann er sich bewusst für oder gegen bestimmte Handlungsmotive entscheiden. Ohne eine solche Entscheidungsfreiheit könnte man den Menschen nicht für sein Handeln verantwortlich machen. Auf dieser Grundlage stellen sich im Zusammenhang mit dem Tierschutzrecht zwei prinzipielle Fragen:
1. Sind Freiheit und Beschränkung miteinander vereinbar? Kann man also vom Menschen fordern, tierquälerischen Handeln zu unterlassen?
2. Sind Freiheit und Pflicht miteinander vereinbar? Ist demnach Tierschutz eine Forderung, die dem Menschen Vernunft und Freiheit notwendigerweise abverlangen?
Die Antworten auf diese Fragen entscheiden über die Möglichkeit,Schutz und Rechte für Tiere zu begründen und für jede Bürgerin/ jeden Bürgerverbindlich zu machen. Dazu muss jedoch zunächst aus dem Begriff der Freiheit die Pflicht abgeleitet werden. Eine Beschränkung der Willkür bedingt zum Beispiel das juridische Gesetz. Dieses erfolgt aus der Einsicht, dass schrankenlose Willkür zu permanenter Lebensbedrohung führen kann und sich nur die Stärksten durchsetzen würden. Der Begriff der Freiheit involviert aus Vernunftgründen auch den Verzicht auf schrankenlose Willkür, um einen Großteil der Freiheit zu bewahren. Indem sich diese von selbst zügelt, verschwindet der scheinbare Widerspruch zwischen Beschränkung und Freiheit. Demnach würde die Forderung, tierquälerischer Handlung zu unterlassen, den Menschen nicht um seine Freiheit berauben, sie ergäbe sich rein aus der Vernunft. Bezogen auf den Tierschutz würde dies bedeuten, dass es nicht mehr an der reinen Willkür der/s Einzelnen liegt, wie sie/er Tiere behandelt, sondern Tierschutzgesetze würden bestimmen, wie der Mensch mit Tieren umzugehen hat, beziehungsweise mit welchen Sanktionen bei Übertretungen zu rechnen ist (vgl. Riether & Weiss, 2012, S. 61f.). Ob Tieren jedoch Rechte, sowohl aus ethischer Sicht als auch juridisch, zugesprochen werden sollten und wie sich diese auf die derzeitigen Umstände in der österreichischen Massentierhaltung auswirken, wird im Folgenden dargestellt.
2.1 Haben Tiere einen Rechtsanspruch?
Nach Joel Feinberg (1980, S.151) versteht man unter Recht einen anerkannten oder begründeten Anspruch, der dazu bestimmt ist, die Interessen des Rechtsträgers zu schützen und zu befördern.Ein moralisches Recht gründet sich hingegen auf die Prinzipien eines aufgeklärten Gewissens und stellt einen berechtigten Anspruch da, der an Wesen mit moralischer Bedeutung gerichtet werden sollte. „Ein Recht haben bedeutet auf etwas gegenüber irgend jemandem einen Anspruch haben, dessen Anerkennung entweder durch Gesetze oder, wie im Fall moralischer Rechte, durch die Prinzipien eines aufgeklärte Gewissens gefordert wird“ (Feinberg, 1980, S.151). Die Bemühung Rechte für Tiere geltend zu machen zielt darauf ab, Tieren eigene Interessen zuzusprechen und diese zu schützen. Nach Feinberg (1980, S. 141) haben alle Wesen eigene Interessen, denen Wohl und Schmerzen zugefügt werden können. Vereinfacht gesagt haben alleempfindsamen Wesen auch persönliche Interessen und demnach einen Anspruch auf Rechte.
Nach Wolf (2019, S. 76f.) gibt es jedoch viele verschiedene moralische Rechte die nicht jedem zugesprochen werden können. Daraus ergibt sich die erste zentrale Frage in der Tierrechtsdebatte ob und wenn ja, welche Rechte Tieren sinnvollerweise zugesprochen werden sollten (vgl. Wolf, 2019, S. 73f.). Gegenstimmen weisen darauf hin, dass Menschen die einzigen Wesen auf der Erde mit der Fähigkeit sind, moralische Grundsätze zu verstehen und nach diesen zu handeln. Daher könnensich rechtliche Forderungen auch nur an den Menschen richten. Diese Annahme schließt jedoch nicht aus, dass der Mensch moralisch dazu verpflichtet ist, Tiere artgerecht zu behandeln.Darüber hinaus ist auch die Frage zentral, was es den Menschen kosten würde,seine Nutzung von Tieren zu reduzieren und daran zu arbeiten, die Welt für alle empfindungsfähigen Wesen zu einem besseren Ort zu machen und ob dieser nicht in irgendeiner Weise moralisch dazu verpflichtet ist diese Kosten auf sich zu nehmen? Mit diesen Fragen haben sich vor allem Tom Regan und Carl Cohan intensiv auseinandergesetzt und sind dabei zu zwei unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, welche im Folgenden kurz erläutert werden(vgl. Wolf, 2019, S. 9). Ausgehend von deren Ansichten soll der Frage nachgegangen werden, ob Tiere einen Rechtsanspruch haben.
2.1.1 Befürwortung nach TomRegan
Tom Regan hat sich umfassend für die Befürwortung vonTierrechten eingesetzt und gilt darüber hinaus als Begründer der zeitgenössischen philosophischen Tierrechtsbewegung
(vgl. Wolf, 2019, S. 9). Regan knüpft in manchen Werken direkt an Kant an, er vertritt jedoch die Auffassung, dass auch Tieren Moral entgegengebrachtund Rechte zugesprochen werden müssen. Diese Annahmen begründet er damit, dass alle bewusstseinsfähigen und leidfähigen Wesen einen inhärenten Wert haben. Dies bedeutet für Regan, dass sowohl Tiere als auch Menschen mehr als bloße Behälter sind. Weiters nimmt er an, dass alle empfindungsfähigenWesen gleich viel davon besitzen, ungeachtet ihrer Rasse, ihrer Intelligenz oder ihrer Kommunikationsfähigkeit. Nun ließe sich jedoch argumentieren, dass es Tieren an vielen menschlichen Fähigkeiten fehlt und ihnen das geforderte Recht nicht zugesprochen werden kann. Regan beruft sich zur Beantwortung dieses Gegenspruchs auf das Argument der Grenzfälle. Zweifelsohne besitzen auch nicht alle Menschen dieselben Fähigkeiten und werden dennoch als gleich wertvoll gesehen. Seiner Ansicht nach ist es nicht möglich, dass Menschen mit geringeren Fähigkeiten als manche Tiere, Würde und Lebensrecht zukommen, Tieren diese jedoch vorenthalten werden. Ausschlaggebend sollte das Faktum sein, dass jede/r daran interessiert ist,was mit ihr/ihm geschieht. Sowohl kleine Kinder, als auch beeinträchtigte Menschen und Tiere haben Interesse an ihrem eigenen Wohlergehen und wollen Leiden und Schmerz vermeiden. Die grundlegende Gemeinsamkeit von Mensch und Tier besteht demnach in der Empfindsamkeit(vgl. Wolf, 2019, S. 220ff.).Dies bedeutetfür Regan, dass alle Wesen die in diese Kategorie fallen, das Recht auf Rücksicht haben und in gleichem Maß wertvoll sind. Demnach haben sowohl alle Menschen als auch alle Tiere das gleiche Recht, mit Respekt behandelt zu werden und nicht bloß als Ressource für andere gesehen zu werden (vgl. Wolf, 2019, S. 16). „Wenn wir den anderen auf eine Art behandeln, die keinen Respekt für den unabhängigen Wert des anderen zeigt, handeln wir unmoralisch, verletzen wir die Rechte eines Individuums“ (vgl. Wolf, 2019, S. 35). Dieser rechtliche Ansatz verwirft jegliche denkbare Form ethischer, geschlechtlicher oder sozialer Diskriminierung. Das Töten von Tieren zu menschlichen Zwecken wird von ihm als Form der Instrumentalisierung gesehen und ist demnach für Regan unzulässig. Er spricht Tieren nicht nur das Lebensrecht,sondern auch das Recht auf Achtung und nach respektvoller Behandlung zu (vgl. Flury, 1983, 218, S. 327). Gegen all diese Rechte verstößt die Massentierhaltung in jeglicher Hinsicht. Ein wichtiger erster Schritt wäre es seiner Ansicht nach, ein Interesse an den Tieren zu zeigen, weil sie selbst ein Interesse an sich haben. Für sie hängt ihr Leben von den menschlichen Entscheidungen ab. Nach Regan sind alle menschliche Handlungen welche Schaden und Schmerzen der Tiere verursachen nicht zu rechtfertigen und sollten unterlassen werden. Regan plädiert aus den genannten Gründen vehement für die Erstellung und Berücksichtigung von Tierrechten im täglichen Leben. Dies ist zum derzeitigen Standpunkt jedoch eine rein utopische Vorstellung (Militzer, Riether & Weiss (Hrsg.), 2012, S. 40f.). Zudem gibt es nach wie vor Kritik an Regans Annahmen und Gegner, die der Auffassung sind, dass Tieren kein inhärenter Wert zugesprochen werden kann, einer von diesen ist Carl Cohan(vgl. Wolf, 2019, S. 307).
2.1.2 Gegenspruchnach Carl Cohan
Laut dem Tierrechtsgegner Cohan ist es nicht möglich, den Rechtsbegriff, egal wie man diesen herleitet, auf Tiere anzuwenden, da er in der moralischen Welt des Menschen wurzelt und folglich auch nur in dieser anwendbar ist(vgl. Wolf, 2019, S.51). Tierrechte können seiner Ansicht nach vertragstheoretisch nicht als begründete Rechte verstanden werden, da sie nur mit besonderen Prämissen auskommen. Daraus ergibt sich für ihn, dass die Konzeption moralischer Tierrechte unhaltbarist. Dennoch ist auch Cohan der Auffassung, dass es Handlungen gegenüber Tieren geben kann, die moralisch unangemessen sind. Eine Rücksicht auf Tiere ist nach ihm jedoch nur durch indirekte tugendethische Argumente begründbar. Wie diese jedoch zu definieren und einzugrenzen sind, geht aus seinen Ausführungen nicht hervor (vgl. Wolf, 2019, S. 16).
Nun stellt sich die Frage, wo der entscheidende Unterschied zwischen Tieren und Menschen liegt. Worauf gründet sich das Fundament der menschlichen Rechte? Viele große Denker vertraten unweigerlich die Auffassung, dass es einen tiefgreifenden Unterschied zwischen dem moralischen Status des Menschen und dem der Tiere gibt unddas Rechte nurErsterem zugesprochen werden können.Nach Cohan gibt es einen rationalen Grund für dieseUnterscheidung. Menschen können sich ihre Gesetze selbst vorgeben und sind damit moralisch autonom. Dies bedeutet weiters, dass Menschen dazu in der Lage sind, die allgemeine Geltung moralischer Einschränkungen ihres Willens zu begreifen. Sie können verstehen, dass manche Handlungen, die zwar in ihrem Interesse wären, moralisch falsch sind und deswegen unterlassen werden sollten. Diese Fähigkeit, moralisch zu urteilen, kann Tieren nicht zugesprochen werden. Kühesind zum Beispiel nicht dazu in der Lage moralische Forderungen zu stellen noch diese zu erfüllen. Tiere können laut Cohan nicht wissen, dass ein bestimmtes Verhalten falsch ist, moralische Richtigkeit kommt demnach in ihrer Welt nicht vor. Moralisch richtig und moralisch falsch sind jedoch die wesentlichen Elemente des moralischen Lebens der Menschen. Sie nehmen Rechte wahr und beachten diese tagtäglich in ihrem Leben und stellen wenn nötig ihre eigenen Interessen hinter diese allgemeinen Regelungen. In einer solchen Gemeinschaft ist der Begriff eines Rechts demnach äußerst sinnvoll. Darüber hinaus hält sich auch ein Großteil der Menschen an vorgegebene moralische Regeln, indem sie zum Beispiel verlorene Gegenstände zurückgeben. Nach Cohan ist es nur in einer Gemeinschaft, die sich aus Wesen zusammensetzt, welche dazu in der Lage sind, moralisch zu urteilen und sich in ihrer Freiheit einschränken, plausibel, den Begriff des Rechts geltend zu machen. Tiere haben diese Fähigkeiten nicht. Sie können keine moralische Autonomie in diesem Sinn zeigen und zählen dadurch auch nicht zu den Mitgliedern einer wahrhaft moralischen Gemeinschaft. Sie können jedoch Objekte menschlicher moralischer Sorge werden, auch wenn sie nach Cohans Definition kein Recht besitzen. Dieser Ansicht nach, wären Tierversuche oder die Massentierhaltung erlaubt, da sie keine bestehenden Rechte verletzen. Aus der Tatsache, dass Tiere keine Rechte haben,die solch einen Umgang mit ihnen verbieten, darf aber nicht gefolgert werden, dass Menschen mit diesen umgehen dürfen wie sie wollen. Jede/r Einzelne hat auch nach Cohan Pflichten gegenüber Tieren, welche jedoch nicht den Tierrechten entstammen, da es diese nicht gibt (vgl. Wolf, 2019, S. 53ff.).
2.2 Das österreichische Tierschutzrecht
Unter das Tierrecht fallen alle Normen des objektiven Rechts, welche die Mensch-Tier-Beziehung betreffen. Dazu zählen einige über die gesamte Rechtsordnung verstreute Rechtsnormen, die neben dem allgemeinen Tierschutzgesetz für die Haltung und den Umgang mit Tieren von Bedeutung sind (vgl. Binder, 2019, S. 8).
Zunächst muss festgehalten werden, dass das Tierschutzgesetz keinesfalls eine abschließende Kodifizierung der Materie Tierschutz enthält und sehr vage formuliert ist. Wichtige tierschutzrelevante Bereiche, wie zum Beispiel der Tiertransport oder das gerichtlich strafbare Verbot der Tierquälerei werden durch andere Bundesgesetze geregelt. Ein zentrales Anliegen des Tierschutzrechts besteht darin, den Tierschutz auf eine wissenschaftliche und verbindliche Basis zu heben. Bei der Festlegung von Mindestanforderungen der Tierhaltung wurden Erkenntnisse aus anderen Fachbereichen wie zum Beispiel der Biologie oder der Veterinärmedizin berücksichtigt. Wesentlich hierbei ist, dass das Tierschutzrecht, in Übereinstimmung mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben, lediglich Minimalstandards festlegt. Aus diesem Grund wird das Tierschutzgesetz den Anliegen des Tierschutzes in vielerlei Hinsicht nicht gerecht, worauf in einem späteren Teil der Arbeit noch genauer eingegangen wird. Festzuhalten gilt, dass es eine gesellschaftliche Aufgabe ist, durch Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung des Menschen, vor allem in seiner Rolle als Konsument, einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren und deren Erzeugnissen zu fördern, da die bestehenden Gesetze zurzeit noch viel im Umgang mit Tieren erlauben.
Das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz (TSchG) trat in Österreich zu Beginn des Jahres 2005 in Kraft und wurde seither mehrfach novelliert und in einigen wesentlichen Bereichen zum Nachteil des Tierschutzes geändert (vgl. Binder, 2019, S. III).
„Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf“ (Binder, 2019, S. 13). Das TSchG schützt das Tier als Individuum, dessen Wohlbefinden und Leben unter dem Schutz der Rechtsordnung gestellt werden muss. Es stehen somit nicht gesellschaftliche oder sittliche Interessen im Vordergrund, sondern die angemessene Berücksichtigung der tierischen Interessen. Dieses Gesetz ruht einerseits auf Verbotsnormen andererseits auf Gebotsnormen. Erstere sind insbesondere jene Bestimmungen, die das Verbot von Tierquälerei und Tötungen ohne vernünftige Gründe und das Verbot von Eingriffen an Tieren normieren. Zweitere sollen das Wohlbefinden der Tiere sicherstellen und beziehen sich deshalb meist auf die Tierhaltung. Festgehalten werden muss hierbei, dass Verstöße gegen die Verbotsnormen mit höheren Strafen geahndet werden. Grundsätzlich versucht das Tierschutzrecht den Tierschutz auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen, indem der Verordnungsgeber dazu verpflichtet wird, den anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, insbesondere die der Veterinärmedizin, zu berücksichtigen. Die allgemeinen Zielbestimmungen dieses Bundesgesetzes definieren den Stellenwert des Tieres im Gefüge der Rechtsordnung. Dadurch wird es als fühlendes Mitgeschöpf gesehen, welches um seiner selbst willen und nicht aus bloß anthropozentrischen Motiven den Schutz der Rechtsordnung genießt. Die Zielbestimmungen dieser Gesetzgebung entsprechen damit der Ethik der Mitgeschöpflichkeit, die dem Tier einen Eigenwert zuerkennt. Die Sonderstellung des Tieres wird in §285a AGB begründet, darin kommt vor allem eine veränderte Werthaltung der Gesellschaft gegenüber Tieren zum Ausdruck. Tierschutzrechtlich ist grundlegend ein Verbot der ungerechtfertigten Zufügung von Schmerzen, Schäden, Leiden oder schwerer Angst (§ 5 Abs 1). Um Tieren jedoch gerechtfertigt Schmerz zuzufügen, wurden zahlreiche Ermächtigungsnormenformuliert. Zudem wurden die Gesetze sehr vage formuliert, was durch die Kursivstellung jener Begriffe hervorgehoben werden sollte. Dadurch werden sowohl bestimmte Tierversuche als auch die Massentierhaltung gesetzlich erlaubt, welche eindeutig den Interessen der Tiere widersprechen (vgl. Binder, 2019, S.8 – 14).
2.2.1 Auswirkungen der Rechtsvorschriften auf die Massentierhaltung
Einige politische Maßnahmen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass eine vermehrte Bemühung stattfand, Rechtsvorschriften konsequenter umzusetzen und relevante Forschungsarbeiten über das Wohlergehen von Tieren durchzuführen. Das Befinden der Tiere wird dabei durch sämtliche Maßnahmen verbessert, die eine Abnahme von Krankheiten bewirken und zu artgerechteren Haltungsmaßnahmen führen. Bezogen auf die Massentierhaltung ist gesetzlich jedoch ein großer Spielraum gegeben. Folgende Gesetze sind die Einzigen, die in diese Richtung formuliert wurden, weshalb nach wie vor große Missstände in der Intensivhaltung vorherrschen.Die erste EU-Rechtsvorschrift, die das Wohl der Tiere positiv beeinflusste, war diejenige, dass ein Tier vor dem Schlachten betäubt werden muss (Richtlinie 74/577/EWG). Auch Drittländer müssen sich an diese Vorschrift halten, wenn sie Erzeugnisse von geschlachteten Tieren in die EU verkaufen wollen (vgl. Broom, 2017, S. 26, 37). „Das hat zur Folge, dass Schlachthöfe in Brasilien, Thailand, Namibia und vielen anderen Ländern Informationen aus EFSA-Berichten sowie Betäubungsverfahren nutzen, die wirksam und von den EU-Rechtsvorschriften zugelassen sind“ (Broom, 2017, S. 37). Auch die fundierte Ausbildung von Tierärzten und deren Sachkenntnis über das Tierwohl sind nützliche Vorschriften. In den 1980er - Jahren wurden durch Forschungsarbeiten die gravierenden Missstände in der Kalbhaltung aufgedeckt. Acht Jahre später wurde schließlich ein Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen, bezüglich des Wohlergehens von Rindern festgelegt. Dieses besagt, dass Rinder in der Lage dazu sein sollten, alle normalen Bewegungen ausführen zu können. 1991 wurden dann die Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern gesetzlich verankert. Problematisch ist hierbei, dass dieses Gesetz erst 2033 in Kraft tritt und sich die Betriebe bis dahin umstrukturieren können. Diese Missstände sind demnach nach wie vor üblich. Zudem ist auffällig, dass in der gesetzlichen Formulierung nur das Kalb, nicht aber das ausgewachsene Rind, Erwähnung findet. 2007 wurden Mindestanforderungen zum Schutz von Nutztieren schriftlich fixiert. Hierbei muss jedoch gesagt werden, dass es den betroffenen Tieren in solch einer unnatürlichen Haltung noch immer sehr schlecht geht, was sich an deren Verhaltensstörungen, Krankheiten und kurzer Lebenszeitspanne zeigt.
Die Richtlinie 98/58/EG dient zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen und könnte zu einem durchaus großen Nutzen für die betroffenenLebewesen führen, da sie Praktiken verhindert, die ein sehr schlechtes Wohlergehen dieser verursachen. Problematisch ist jedoch, dass diese Vorschriften individuell ausgelegt und interpretiert werden können und sich explizit auf die landwirtschaftliche Haltung und nicht auf die Massentierhaltung beziehen. Nur einige Mitgliedstaaten legen den Wortlaut so aus, dass restriktive Stallungen, Zwangsfütterungen und Selektionsverfahren fragwürdig sind und vermeiden diese. Andere Mitgliedsstaaten sehen diese Rechtsvorschrift jedoch nicht als Einschränkung von Tierhaltungspraktiken und können die Intensivhaltungen problemlos weiterführen.
Vor allem beim Transport von Tieren tauchen immer wieder große Missstände auf, weshalb von der EU große Anstrengungen unternommen wurden, das Wohlergehen der Tiere während diesem weitgehend zusichern und zu standardisieren. 2015 wurde schließlich vom Europäischen Gerichtshof veranlasst, dass die EU-Vorschriften über den Transport von Tieren auch außerhalb der EU geltend gemacht werden. Als Grundlage dafür soll das Fahrtenbuch dienen, in welchem wirklichkeitsnahe Aufzeichnungen festgehalten werden, die darauf schließen lassen, dass die Beförderung den Vorschriften und der Verordnung entspricht. Aus den Angaben müssen einerseits die Fütterungs- und Trinkintervalle, aber auch die Fahrt- und Ruhezeiten hervorgehen. Wird diesen Vorschriften nicht Folge geleistet, müssen sich die betroffenen Personen vor Gericht verantworten. Weiters wurde 2008 verordnet, dass Tiere gekennzeichnet werden müssen, um deren Werdegang rückverfolgen zu können. Dadurch können Krankheiten reduziert und andere Komplikationen,
die im Zusammenhang mit dem tierischen Wohlergehen stehen, können kontrolliert werden.Bei den genannten Gesetzen handelt es sich um weitestgehend alle, die einen Einfluss auf die Massentierhaltung haben. Hier fällt bereits auf, wie Wenige diese sind und wie klein deren Umfang ist. Es steht fest, dass diese Richtlinien, deren Wortlaut überwiegend sehr vage ist, Tiere weder (nicht) in der ganzen EU schützt und - wenn überhaupt- noch zu wenigen Strafverfolgungen geführt haben (vgl. Broom, 2017, S. 27ff.).
- Citation du texte
- BEd Hannah Keher (Auteur), 2020, Das Recht von Tieren. Ein philosophischer Bericht über den Umgang mit Tieren zum menschlichen Nutzen in Massentierhaltungsbetrieben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1247325
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