Diese Seminararbeit soll zeigen, dass das Problem des Nominalismus auch in der Philosophie des 20. Jahrhunderts eine Rolle spielte.
Im Mittelpunkt steht der polnische Logiker Lesniewski. Die Idee zur Thematisierung dieses Aspekts der Philosophiegeschichte stammt von Henning Hintze. Seine Sprache zu vereinfachen und den geistesgeschichtlichen Zusammenhang zu betonen, erleichtert aber die Lektüre und bietet einen Überblick über philosophische Probleme. Aristoteles betonte schon die Bedeutung von Allgemeinbegriffen. Bertrand Russell behandelte ähnliche Probleme wie Lesniewski. Autoren wie Goodman und Quine sind bekannter als Lesniewski. Lesniewski hielt die Ontologie für sehr wichtig, da sich mit der Philosophie der Mathematik beschäftigte und ein nominalistisches System entwickelte. Ihm ging es um Fragen wie die, was eine mathematische Klasse ist. Außerdem werden Autoren kurz besprochen, die wohl von Lesniewski angeregt waren. Quine, welcher Lesniewski kannte, wird vorgestellt. Probleme der Semantik und Bezeichnungstheorie werden aufgezeigt.
Lesniewski als Logiker und Ontologe- Ein Beitrag zur Geschichte der Gegenwartsphilosophie: Lesniewskis nominalistische Systeme
Einleitung: Mir ging es um eine sprachlich einfache Darstellung des von Hintze in seiner ganzen Wichtigkeit erkannten Systems des polnischen Logikers Lesniewski. Ein wichtiger Aspekt dieser Arbeit war die historische Entwicklung eines Problems, das bis auf Aristoteles zuruckgeht. Es wiirde den Rahmen eines wissenschaftlichen Papers sprengen, alle Probleme zu erdrtern, die mit dem Nominalismus verkniipft werden konnen. Wichtig waren mir die Probleme, die Hintze fur die Hauptprobleme Lesniewskis hielt.
Zitat: " Die aristotelische Tradition fiihrt uber mittelalterliche Nominalisten wie Ockham zur polnischen Logikschule um Lesniewski. Hintze zeigt, dak Lesniewskis Logik die bestmogliche Formalsprache fur die Problemstellung bietet. Die phanomenalistische Tradition fiihrt dagegen von Hume und Berkeley zu Quine und Goodman. " (1) Schon der Klappentext, der den Inhalt des Buches des deutschen Mathematikers Henning Hintze vorstellt, gibt uns einen Eindruck von der philosophiegeschichtlichen Bedeutung des vergessenen polnischen Logikers. Die Literatur uber den Universalienstreit ist zwar ziemlich umfangreich, doch iibersieht man meistens, dass auch in unserem Jahrhundert ahnliche Probleme erortert wurden, da sich die Gestalt der Auseinandersetzung durch die methodische Revolution, die die formale Logik mit sich brachte, verandert hat. Das Thema Ontologie schreckt auch erfahrene Biertischpnilosophen manchmal ab. Es ist aber nicht komplizierter als andere Fragen der theoretischen Philosophic, so dass es eigentlich eben so alt ist wie die Philosophic selbst. Ohne Aristoteles und Platon waren auch die allermodernsten Theorien nicht das, was sie sind. Die aristotelische Kritik an den ewigen Ideen Platos fuhrte zu einer sorgfaltigen Analyse der alltagssprachlicher Begriffe. Es sollte sich zu Beginn unseres Jahrhunderts herausstellen, dass auch die Begriffe, welche die Mathematiker verwenden, nicht immer unseren Anspruchen gewachsen sind. Aristoteles hat in einem seiner Hauptwerke, der Metaphysik, die ontologischen Fragen wie auch die Philosophie der Mathematik behandelt. Er entwickelte das Programm des Nominalismus, indem er Platos Sprachgebrauch als dichterisches Geschwatz zuruckwies. An einer bekannten Stelle schrieb er Folgendes: " Auch die Behauptung. es handle sich bei ihnen um Urbilder und die anderen Dinge hatten an ihnen Anteil, bedeutet nichts weiter als leeres Gerede und heiSt nur dichterische Vergleiche vorbringen. (..) Es ist doch moglich, daft etwas ahnlich ist Oder wird, ohne diesem nachgebildet zu sein, so daft es nun einen Sokrates tatsachlich gibt Oder nicht, doch einen Mann geben konnte wie Sokrates; " (Metaphysik, Buch A, Kapitel 9, (20)) Aristoteles wollte und konnte in seinem System jedoch nicht auf Allgemeinbegriffe verzichten. Aus diesem Grund entwickelte er seine Theorie des Zusammenspiels von Stoff und Form bei der Entstehung eines Dings der verganglichen Welt. Ahnlichkeit ist sicherlich ein Begriff, der so allgemein ist, dass er schwer auf einen noch elementareren reduziert werden kann. Wie man die empirisch feststellbaren Ahnlichkeiten zwischen den Einzelidingen ontologisch interpretieren kann war eine Frage, die bei Aristoteles nur ansatzweise geldst wird. Das Universalienproblem scheint ja auf den ersten Blick eine sophistische Spitzfindigkeit zu sein. Darum ist es interessant, class er in der Antike und im friihen Mittelalter aus den Schwierigkeiten der Aristotelesexegese entstand (Man denke an die Kommentare des Porphyrius). Aristoteles hatte sich uber die Oberzeugung der radikalsten Nominalisten, dass nur die Einzeldinge wirklich existieren gewundert, aber sein kiihler, sachlicher Realismus und sein Sinn fur Logik waren der geistige Ziehvater der Geisteshaltung des Nominalismus. In der Metaphysik hatte er schlieBlich dezidiert ausgeschlossen, dass es getrennt von den Einzeldingen ein Allgemeines gebe. ( Metaphysik, Buch Z, Kapitel 16. (25)) Henning Hintze schildert im vierten Kapitel seines Buches am Beispiel des Wilhelm von Ockham, wie hoch das Argumentationsniveau der mittelalterlichen Scholastiker entwickelt war. Er konnte zeigen, dass die formale Logik auf die mittelalterlichen Texte mit Erfolg angewendet werden kann. Lesniewski beschSftigte sich mit eben diesen Problemen, wobei er sich fur Aristoteles und seinen Begriffsapparat entschied. Da Hintzes Buch trotz aller Beschaftigung mit den formalen Sprachen auch eine geistesgeschichtliche Abhandlung ist, darf ein Vergleich zwischen Ockham und Lesniewski nicht fehlen: Das imposante System des Aristoteles bildet die gemeinsame Inspiration dieser beider Gelehrten, die durch Jahrhunderte voneinander getrennt sind. Deshalb erkennt der Interpret leicht strukturelle Clbereinstimmungen, obwohl die Logik des Mittelalters bei Lesniewski nicht zu finden ist. Drei Unterschiede mussen aber betont werden, damit man Lesniewski versteht. Die Scholastik presste den Aristotelismus in ein christliches Gewand, was in der Neuzeit im Rahmen der akademischen Philosophie nicht gesellschaftsfahig ist. Weiters ist Ockhams moderater Nominalismus das Ergebnis eines sehr weiten philosophischen Interesses, das mit den Spezialuntersuchungen Lesniewskis nicht verglichen werden kann. Der Scholastiker hatte radikaler sein konnen, denn er hielt nicht alle Klassen von Dingen fur gleichermaBen willkurlich.
Dieser Unterschied zum radikalen Nominalismus kbnnte auch auf theologische Einfliisse zuriickzufuhren sein, da die Welt der Scholastiker offenbar der geordnete Kosmos der Schopfung ist. Was ware dies fur eine Schopfung, wenn sie nicht unsere Erkenntnis bestimmte? So vermischen sich kurioserweise Erkenntnistheorie und Ontologie. (2) Nun muss noch untersucht werden, warum ein derart metaphysisches Problem zu Beginn des eben erst zu Ende gegangenen Jahrhunderts einen erstklassigen Logiker derart interessierte. Der Fortschritt innerhalb der Fachwissenschaft der Logik war offenkund, doch lieB er sich nicht ohne weiteres in philosophische Ergebnisse umsetzen. Eine enge Verknupfung der logischen Methoden mit der Problemstellung schien sich als Ausweg anzubieten. Bertrand Russell zahlt zu den bekanntesten, aber nicht oft gelesenen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Im folgenden werde ich zeigen, wie der Englander die Problemstellungen Lesniewskis vorwegnahm. Im Jahre 1903 erschien "Principles of Mathematics", eines der Hauptwerke Russells. Wer dieses Buch liest, wird mit provozierenden Fragen konfrontiert. Die Beziehung zwischen Logik und Mathematik konnte vielleicht ganz einfach in der Identitat beider Disziplinen bestehen. Allgemeiner lasst sich Russells Programm folgendermaBen formulieren: Die philosophische Tradition enthalt, wie die heftigen Dispute zeigen, moglicherweise viele Pseudoentitaten, deren Bedeutung durch eine linguistische Analyse geklart werden muss. Russell versucht, die reine Mathematik zu definieren. Dabei machte er seine Zeitgenossen auf ein Grundsatzproblem aufmerksam. Zitat: " It seemed plain that mathematics consists of deductions, and yet the orthodox accounts of deduction were largely or wholly inapplicable to existing mathematics. "
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- Magister (Mag. phil.) Ivo Marinsek (Author), 2002, Lesniewski als Logiker und Ontologe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1244677
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