Die Kontrollmechanismen zur Überwachung und Kontrolle der Aktiengesellschaften
waren jahrelang Gegenstand der rechtspolitischen Diskussionen in Deutschland.
Erst eine Reihe spektakulärer Unternehmenszusammenbrüche rückte die Thematik in
das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit und führte zu einer vehementen Kritik
insbesondere an der Tätigkeit der deutschen Aufsichtsräte. Beispielhaft ist hier die
Philip Holzmann AG anzuführen, bei der eine fehlende bzw. unvollständige Erfassung,
Dokumentation und Kommunikation konzernrelevanter Daten das Unternehmen in
eine wirtschaftlich schwierige Situation brachte, die unter den Voraussetzungen eines
geltenden KonTraG möglicherweise vermeidbar gewesen wären.
Der Gesetzgeber reagierte auf diese Entwicklung mit dem Gesetz zur Kontrolle und
Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), das am 01.05.1998 in Kraft
getreten ist. Das zentrale Motiv des KonTraG ist in der Korrektur der Schwächen und
Verhaltensfehlsteuerungen im deutschen System der Unternehmenskontrolle zu
sehen. Im Rahmen des KonTraG ist daher unter anderem § 91 Abs. 2 AktG eingeführt
worden, der die Unternehmensleitung zur Einrichtung eines Systems verpflichtet, das
geeignet ist, die genannten Schwächen zu beseitigen. Obwohl offensichtlich eine
Übereinstimmung bezüglich der Notwendigkeit der mit dem KonTraG
einhergehenden Regelung zur Unternehmenskontrolle gem. § 91 Abs.2 AktG besteht,
so zeigt die in der Literatur geführte Diskussion, dass dennoch unterschiedliche
Vorstellungen hinsichtlich des Inhalts bzw. der Auslegung dieser Vorschrift bestehen.
Die Diskussion über die Ausgestaltung des § 91 Abs. 2 AktG betrifft auch den
Abschlussprüfer, da dieser durch das in Kraft getretene KonTraG nun gem.
§ 317 Abs. 4 HGB zur Prüfung der vom Vorstand getroffenen Maßnahmen verpflichtet
ist. Im Folgenden wird dieser Sachverhalt dargestellt und die Besonderheiten bei der
Prüfung nach § 317 Abs. 4 HGB werden erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
2. Gesetzliche Grundlagen
2.1 § 317 Abs. 4 HGB
2.2 § 91 Abs. 2 AktG
2.3 KonTraG
3. Risikofrüherkennungssystem
3.1 Risikobegriff
3.2 Risikofrüherkennungssystem versus Risikomanagement
4. Anforderungen an ein Risikofrüherkennungssystem
5. Besonderheiten bei der Prüfung gem. § 317 Abs. 4 HGB
5.1 Prüfung durch den Aufsichtsrat
5.2 Aufgabe der internen Revision
5.3 Prüfung im Rahmen des Jahresabschlusses
5.3.1 Prüfungsumfang
5.3.2 Prüfungsplanung
5.3.3 Prüfungsdurchführung
5.3.3.1 Bestandsaufnahme
5.3.3.2 Eignung des Risikofrüherkennungssystem
5.3.3.3 Beurteilung der Wirksamkeit des Systems
5.3.4 Berichterstattung
6. Zusammenfassung und Fazit
Literaturund Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
Die Kontrollmechanismen zur Überwachung und Kontrolle der Aktiengesellschaften waren jahrelang Gegenstand der rechtspolitischen Diskussionen in Deutschland. Erst eine Reihe spektakulärer Unternehmenszusammenbrüche rückte die Thematik in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit und führte zu einer vehementen Kritik insbesondere an der Tätigkeit der deutschen Aufsichtsräte.[1] Beispielhaft ist hier die Philip Holzmann AG anzuführen, bei der eine fehlende bzw. unvollständige Erfassung, Dokumentation und Kommunikation konzernrelevanter Daten das Unternehmen in eine wirtschaftlich schwierige Situation brachte, die unter den Voraussetzungen eines geltenden KonTraG möglicherweise vermeidbar gewesen wären.[2]
Der Gesetzgeber reagierte auf diese Entwicklung mit dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), das am 01.05.1998 in Kraft getreten ist. Das zentrale Motiv des KonTraG ist in der Korrektur der Schwächen und Verhaltensfehlsteuerungen im deutschen System der Unternehmenskontrolle zu sehen.[3] Im Rahmen des KonTraG ist daher unter anderem § 91 Abs. 2 AktG eingeführt worden, der die Unternehmensleitung zur Einrichtung eines Systems verpflichtet, das geeignet ist, die genannten Schwächen zu beseitigen. Obwohl offensichtlich eine Übereinstimmung bezüglich der Notwendigkeit der mit dem KonTraG einhergehenden Regelung zur Unternehmenskontrolle gem. § 91 Abs.2 AktG besteht, so zeigt die in der Literatur geführte Diskussion, dass dennoch unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich des Inhalts bzw. der Auslegung dieser Vorschrift bestehen. Die Diskussion über die Ausgestaltung des § 91 Abs. 2 AktG betrifft auch den Abschlussprüfer, da dieser durch das in Kraft getretene KonTraG nun gem. § 317 Abs. 4 HGB zur Prüfung der vom Vorstand getroffenen Maßnahmen verpflichtet ist. Im Folgenden wird dieser Sachverhalt dargestellt und die Besonderheiten bei der Prüfung nach § 317 Abs. 4 HGB werden erläutert.
2. Gesetzliche Grundlagen
2.1 § 317 Abs. 4 HGB
„Bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft ist außerdem im Rahmen der Prüfung zu beurteilen, ob der Vorstand die ihm nach § 91 Abs. 2 des Aktiengesetzes obliegenden Maßnahmen in einer geeigneten Form getroffen hat und ob das danach einzurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann.“ Dieser Paragraph stellt also die Verbindung mit dem Aktiengesetz und letztlich mit dem geforderten Risikofrüherkennungssystem her.
2.2 § 91 Abs. 2 AktG
Neben der Pflicht des Vorstandes, dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden (§ 91 Abs. 1 AktG), hat der § 91 Abs.2 AktG große Aufmerksamkeit gefunden. „Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden.“. Hierbei wird deutlich, dass nur das System relevant ist und deshalb nicht das komplette Risikomanagement von dieser Regelung betroffen ist. In Bezug auf eine GmbH ist anzumerken, dass im KonTraG keine Vorschrift zum Risikomanagement einer GmbH zu finden ist. So ist in der Begründung für den § 91 Abs. 2 AktG angeführt, dass für Gesellschaften mit beschränkter Haftung je nach ihrer Größe, Komplexität, Struktur etc. nichts anderes gelte und die Regelung auch auf den Pflichtrahmen der Geschäftsführer anderer Gesellschaftsformen ausstrahle. Allerdings wird auch der § 43 Abs. 1 GmbHG genannt, in dem es heißt die Sorgfaltspflicht sei vom Geschäftsführer anzuwenden.1
Außerdem ist Risikomanagement auch ein Bestandteil der Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung.2
2.3 KonTraG
Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich ist ein sog. Artikelgesetz. Ein Artikelgesetz ist ein Gesetz, das gleichzeitig mehrere Gesetze oder sehr unterschiedliche Inhalte in sich vereint. Es beinhaltet zahlreiche Änderungen von Bestimmungen insbesondere des AktG und des HGB sowie anderer Gesetze, wie z.B. der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) und des Publizitätsgesetzes (PublG).
Wie bereits erwähnt soll das KonTraG Unternehmenszusammenbrüche vermeiden und Risiken minimieren. Ein derartiger Schutz ist dementsprechend wichtig für die Anleger, die als Investoren eines Unternehmens auftreten, z.B. die Aktionäre bei Aktiengesellschaften. Eine Folge des KonTraG ist die positive Wirkung auf den inländischen Finanzmarkt für Unternehmen, da mehr Transparenz gewährleistet wird.1
3. Risikofrüherkennungssystem
Gemäß der Vorschrift des § 91 Abs. 2 AktG, hat der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Die in der einschlägigen Literatur diskutierten Maßnahmen sehen zu diesem Zweck die Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems bzw. eines Risikomanagementsystems vor, um solche Risiken, die den Fortbestand der Gesellschaft bedrohen, rechtzeitig zu erkennen. Bevor auf die Risikofrüherkennung bzw. das Risikomanagement im Einzelnen eingegangen wird, ist zunächst die Bedeutung des vielschichtigen Risikobegriffs vor dem Hintergrund des KonTraG festzustellen.
3.1 Risikobegriff
„Unter dem Begriff Risiko versteht man in der ökonomischen Theorie die Abweichung des tatsächlichen vom prognostizierten Ergebnis einer wirtschaftlichen Aktivität.“2 Das so definierte Risiko wird als „Risiko im weiteren Sinne“ bezeichnet. Darunter ist die Möglichkeit des Eintritts eines Umstandes zu verstehen, der sowohl schlechter als auch besser sein kann, als die erwartete Entwicklung. Mithin lässt dieses Risikoverständnis eine Betrachtung zu, die neben der Möglichkeit einer negativen
Entwicklung (Risiko) auch eine positive Entwicklung (Chance) erlaubt. Der Risikobegriff im engeren Sinne bezieht sich dagegen nur auf ungünstigere als die geplanten bzw. erwarteten Entwicklungen. Das Risikoverständnis im Sinne des KonTraG zielt eindeutig auf Risiken im engeren Sinne ab. Dies wird insbesondere durch die beispielhafte Aufzählung in der Regierungsbegründung zu § 91 Abs. 2 AktG verdeutlicht.1 Demnach gehören zu den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Entwicklungen insbesondere risikobehaftete Geschäfte, Unrichtigkeiten der
Rechnungslegung und Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften, die sich wesentlich auf die Vermögens,- Finanz,- und Ertragslage der Gesellschaft oder des Konzerns auswirken können.2 Risiko bedeutet hier also, dass eine Bestandsgefährdung vorliegt. Diese ist beispielsweise bei einer dauerhaften Gefährdung der Rentabilität oder bei Überschuldung anzunehmen.3 Außerdem ist nach IDW auch über sonstige Risiken zu berichten, also solche die „sich nachteilig auf den Geschäftsverlauf und … zukünftige Entwicklungen auswirken“.4 Die Unterscheidung von bestandsgefährdenden Risiken und sonstigen Risiken ist notwendig, da das Risiko erst erkannt und klassifiziert werden muss um eingestuft werden zu können.5 Eine mögliche Systematisierung ist die Aufteilung in Branchenrisiken, externe Risiken, Finanzrisiken, Haftungsrisiken, leistungswirtschaftliche Risiken und andere.6
3.2 Risikofrüherkennungssystem versus Risikomanagement
Wie bereits angedeutet, ist durch den Vorstand sicherzustellen, dass bestandsgefährdende Risiken frühzeitig erkannt werden. Früherkennungssysteme sind Systeme, die Änderungen im Umfeld eines Unternehmens und im Unternehmen selbst frühzeitig
erkennen lassen sollen, sodass eine dementsprechende Reaktion auf eventuelle negative Änderungen ausreichend früh erfolgen kann.7 Wie die amtliche Regierungsbegründung zu dieser Vorschrift näher ausführt, ist unter „frühzeitig“ der Zeitpunkt zu verstehen, der die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Sicherung des Unternehmens-
fortbestandes noch erlaubt. Diesen Vorgaben entsprechend ist ein Systems zur Risikofrüherkennung durch den Vorstand zu implementieren, wobei der Gesetzgeber zu der Art und Weise der Ausgestaltung eines solchen Systems keine Vorgaben macht. Obwohl der Begriff des „Risikofrüherkennungssystems“ als solcher weder im Gesetzestext noch im KonTraG explizit eine Erwähnung findet, wird die Summe der
in § 91 Abs. 2 AktG geforderten Maßnahmen zur rechtzeitigen Erkennung bestandsgefährdender Risiken in der Literatur als „Risikofrüherkennungssystem“ bezeichnet.1 Dieses Risikofrüherkennungssystem kann wiederum in Frühwarnsysteme, Frühindikatorensysteme und Frühaufklärungssysteme kategorisiert werden.2 Im Unternehmen muss ein Risikofrüherkennungssystem in das Risikomanagement eingearbeitet werden, sodass es neben dem Risikoüberwachungssystem die Basis für die Reaktionen auf Risiken durch die Geschäftsleitung bilden kann. Anzumerken ist, dass das komplette Unternehmen, also alle Bereiche abgedeckt sein müssen3. Das Risikofrühwarnsystem soll dagegen die bestandsgefährdenden bzw. wesentlichen Risiken für das Unternehmen rechtzeitig erkennbar machen, so dass Reaktionen des Unternehmens zur Abwehr der Risiken noch möglich sind. Das Risikofrühwarnsystem schließt sowohl sämtliche Maßnahmen zur Erkennung von bestandsgefährdenden Risiken als auch sämtliche Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und Verlagerung von Risiken ein und wird auch als Risikomanagement im engeren Sinne bezeichnet.4 Unter dem Begriff des Risikofrüherkennungssystems hingegen werden nur solche Maßnahmen subsumiert, die zur frühzeitigen Erkennung von unternehmerischen Risiken geeignet sind. Die Maßnahmen zur Risikobewältigung gehören jedoch nicht dazu. Insofern ist das Risikofrüherkennungssystem als ein Teilbereich des Risikomanagements im engeren Sinne zu sehen.5
[...]
1 Vgl. Picot, G., Überblick, 2001, S. 5, Tz 4.
2 S. Wolz, M., Stand, 2001, S. 789.
3 Vgl. Pollanz, M., Überlegung, 1999, S. 393.
1 Vgl. Picot, G., Überblick, 2001, S.14, Tz. 45-46.
2 Vgl. Eggemann, G./ Konradt, T., Risikomanagement, 2000, S.504.
1 Vgl. v. Campenhausen, C., Manager, 2006, S.62.
2 Hahn, K./Weber, S./Friedrich, J., Risikomanagementsystem, 2000, S. 2621.
1 Vgl. Bolsenkötter, H., Risikofrüherkennung, 2001, S. 14.
2 S. Lange, K., Anforderungen, 2001, S. 138, Tz. 24.
3 Vgl. Zimmer, D./ Sonneborn, A., Absichten, 2001, S.56, Tz. 189.
4 Von Wysocki, K., Prüfungswesen, 2005, S. 317-318.
5 Vgl. Wall, F., KonTraG, 2001, S. 218, Tz. 141.
6 Vgl. Lange, K., Anforderungen, 2001, S. 137, Tz. 22.
7 Vgl. Wall, F., KonTraG, 2001, S.220, Tz. 150.
1 Vgl. IDW PS 340, 2004, S. 1.
2 S. Wall, F., KonTraG, 2001, S. 220-222, Tz. 151-155.
3 Vgl. Eggemann, G./ Konradt, T., Risikomanagement, 2000, S. 504.
4 S. Bitz, H., Abgrenzung, 2000, S. 237.
5 Vgl. IDW PS 340, 2004, S. 2.
- Citation du texte
- Diplom-Betriebswirt (FH) Franz Wieser (Auteur), 2007, Besonderheiten bei der Prüfung des Risikofrüherkennungssystems nach § 317 Absatz 4 HGB, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116387
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