Das Ziel der Arbeit ist es, die unterschiedlichen Funktionsweise von additiven Fertigungsverfahren in der Bauindustrie vorzustellen und ihre möglichen Potenziale zu analysieren. Dazu wird zunächst der aktuelle Forschungsstand von additiven Fertigungsverfahren beschrieben. Hierfür wird auf die geschichtliche Entwicklung des 3D-Druckens im Allgemeinen eingegangen und welche Stellung diese gegenwärtig in der Industrie einnimmt. Es folgt eine anschließende Übersicht der etabliertesten Fertigungsverfahren mit einer kurzen Erläuterung der Funktionsweise.
Der nächste Teil behandelt die im Bauwesen eingesetzten additiven Fertigungsverfahren und klassifiziert diese nach ihrer Verfahrensweise und ihrem Aufbau. Zusätzlich werden in diesem Kapitel namhafte Hersteller von 3D-Druckern, samt ihrer bisherigen Pilotprojekte vorgestellt. Im nächsten Kapitel wird näher auf die Materialien eingegangen, die beim Druckprozess zum Einsatz kommen und welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Auch wird in diesem Kapitel das Schwinden und mögliche Rissbildung von 3D-gedruckten Bauteilen behandelt. Abschließend werden noch Themen wie die Integrierung einer Bewehrung und Forschungsergebnisse zu alternativen Baustoffen aufgeführt.
Zudem wird auf das Thema Software eingegangen. Hier werden die technischen Schritte analysiert, welche notwendig sind, um ein Gebäude drucken zu können. Auch wird auf neue Möglichkeiten eingegangen, welche Bauteile in Hinblick ihrer Eigenschaften optimieren könnten. Im Anschluss wird die Nachhaltigkeit von additiven Fertigungsverfahren analysiert. Dafür wird zunächst der Begriff der Nachhaltigkeit definiert, bevor auf mögliche Auswirkungen dieser Technologie eingegangen wird. Das nächste Kapitel betrachtet die Wirtschaftlichkeit von 3D-gedruckten Gebäuden. Mit Hilfe eines Rechenbeispiels werden Baukosten und Ausführungszeiten der unterschiedlichen 3D-Drucker berechnet und diese im Anschluss dem klassischen Mauerwerksbau gegenübergestellt.
Inhaltsverzeichnis
1 Zusammenfassung
2 Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Relevanz
1.2 Zielsetzung
1.3 Methodik
1.4 Aufbau der Bachelorarbeit
2 Stand der Forschung
2.1 Die geschichtliche Entwicklung des 3D-Druckens
2.2 Anwendung und Potenziale
2.3 Architektur und Bauindustrie
2.4 Klassifizierung additiver Fertigungsverfahren
2.5 Verfahrensübersicht (in Anlehnung an VDI 3405)
2.5.1 3-D-Drucken (3DP)
2.5.2 Digital Light Processing (DLP)
2.5.3 Elektronen-Strahlschmelzen, Electron Beam Melting (EBM)
2.5.4 Film Transfer Imaging (FTI)
2.5.5 Fused Layer Modeling/Fused Deposition Modeling (FDM)
2.5.6 Laminated Object Modeling/Layer Laminated Manufacturing (LLM)
2.5.7 Poly-Jet Modelling (PJM)
2.5.8 Scan-LED-Technologie (SLT)
2.5.9 Selektives Laser Sintern/Selective Laser Sintering (SLS)
2.5.10 Selektives Laserstrahlenschmelzen/Selective Laser Melting (SLM)
2.5.11 Stereolithografie/Stereolithography (SL)
3 Additive Fertigungsverfahren im Bauwesen
3.1 Klassifizierung additiver Fertigungsverfahren im Betonbau nach Verfahren
3.1.1 Selektives Binden
3.1.2 Extrusionsverfahren
3.1.3 Spritzbetonverfahren
3.1.4 Gleitschalungsverfahren
3.2 Aufteilung der 3D-Drucker nach Typen
3.2.1 Portalsystem
3.2.2 Gelenkarmroboter
3.2.3 Delta System
3.2.4 Autobetonpumpen mit Verteilermast
3.3 Klassifizierung additiver Fertigungsverfahren im Bauwesen nach Typen
3.4 Hersteller von 3D Betondruckern + Pilotprojekte
3.4.1 Apis Cor
3.4.2 ICON Vulcan II
3.4.3 BOD 2
3.4.4 Big Delta WASP
3.4.5 CONPrint 3D
3.5 Etablierung von additiven Fertigungsverfahren seit Entdeckung
3.5.1 Projekte die mit 3D-Betondruck umgesetzt wurden
4 Materialauswahl für additive Fertigung in der Bauindustrie
4.1 Zementbasierte Materialien
4.2 Anforderungen an Frischbeton
4.3 Anforderungen an Festbeton
4.4 Machbarkeitsuntersuchung der TU Dresden
4.4.1 Bewertungsparameter
4.4.2 Zement
4.4.3 Zusatzstoffe
4.4.4 Gesteinskörnung
4.4.5 Zusatzmittel
4.4.6 Bewehrung
4.4.7 Ergebnisse der Druck- und Biegezugfestigkeitsversuche
4.4.8 Pumptechnik für 3D druckbaren Beton
4.4.9 Doppelkolbenpumpe
4.4.10 Rotorpumpe
4.5 Schwinden und Rissbildung
4.6 Bewehrung der gedruckten Bauteile
4.7 Alternative Baustoffe
4.7.1 Geopolymere
4.7.2 Holzleichtbeton
5 Software von 3D Betondruckern
5.1 Datenstrukturen und Datenmanagement
5.2 Erzeugung des digitalen 3-D-Modells
5.3 Überführung der CAD-Datei in neutrales Format
5.4 Slicen
5.5 Exportieren in G-Code
5.6 Eine Datei auf Druckbarkeit prüfen
5.7 Topologieoptimierung
6 Nachhaltiges Bauen mit additiver Fertigung
6.1 Begriffsdefinition
6.2 Drei-Säulen-Modell
6.3 Ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit
6.4 Einfluss von additiven Fertigungsverfahren in der Bauindustrie
6.4.1 Ökologische und ökonomische Auswirkungen
6.4.2 Soziale Auswirkungen
6.5 Zwischen Fazit
7 Kostenvergleich 3D Betondruck
7.1 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
7.2 Vorgehensweise
7.3 Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizient beider Bauweisen
7.4 Berechnung Gerätekosten nach BGL für 3D-Drucker
7.5 Berechnung Baukosten und Zeitaufwand additive Fertigung
7.6 Vergleich zwischen den Drucktypen
7.7 Berechnung Baukosten und Zeitaufwand konventionelle Bauweise
7.8 Bewertung traditioneller Massivbau
7.9 Vergleich zwischen 3D-Druckverfahren und traditionellen Massivbau
7.10 Kritische Betrachtung
8 Fazit und Ausblick
9 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Relevanz
Für viele Menschen in Deutschland wird es immer schwieriger bezahlbare Wohnungen zu finden. Während 2006 die Leerstandquote auf dem deutschen Wohnungsmarkt noch bei 4,1 % lag, ist sie bis 2019 auf gerade mal 2,8 % gesunken (empirica, 2020).
Besonders in Großstädten haben Menschen mit diesem Problem zu kämpfen. Das enorme Interesse an Wohnungen sorgte dafür, dass der Mietindex für Neubauwohnungen in Deutschland von 2010 bis 2020 auf 13,2 % anstieg (Statistisches Bundesamt, 2021).
Die Profitierenden dieser enormen Nachfrage waren vor allem Unternehmen des Bauhauptgewerbes. Der Umsatz allein in Deutschland stieg im Zeitraum 2010 bis 2019 von 81,9 auf 138 Milliarden Euro (ZDB, 2020).
Neben den horrenden Mietpreisen hatte dieser Boom zur Folge, dass das Angebot an Fachkräften nicht mehr gedeckt werden konnte. Aus einer Umfrage des Arbeitsmarktreports (2018) ging hervor, dass 61 % der Unternehmen, die in der Baubranche tätig sind, vergeblich nach neuen Mitarbeitern suchten. Hierfür wurden mehr als 23.000 Unternehmen in Deutschland befragt (DIHK, 2019).
Angesichts dieser Umstände könnten wohlmöglich additive Fertigungsverfahren, besser bekannt als „3D-Druck“, die Lösung bieten. Diese Technologie ist bereits ein fester Bestandteil in Branchen wie dem Automobilbau, der Luft- und Raumfahrt sowie der Medizintechnik. In diesen Sektoren konnte der 3D-Druck auf Grund seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten den Herstellungsprozess optimieren.
Inzwischen ist diese vielversprechende Technologie in der Bauindustrie angekommen und bietet Hoffnung, dass das Bauen künftig schneller und günstiger erfolgen könnte.
Die Initiative „Dubai 3D Printing Strategy“ im April 2016 gegründet, zielt darauf ab, Technologie in den Diensten der Menschheit zu fördern. Ihr Hauptziel ist es bis 2030 25 % der neu errichteten Gebäude in Dubai mittels 3D-Drucktechnologie herzustellen (Dubai 3D Printing Strategy, 2021).
1.2 Zielsetzung
Das Ziel der Arbeit ist die unterschiedlichen Funktionsweise von additiven Fertigungsverfahren in der Bauindustrie vorzustellen und ihre möglichen Potenziale zu analysieren.
1.3 Methodik
Im Rahmen der vorliegenden Abschlussarbeit erfolgte eine umfassende Marktanalyse zu 3D-Druckern, die für den Einsatz in der Bauindustrie ausgelegt sind.
Eine ausgiebige Literaturrecherche diente als Forschungsgrundlage der Thesis. Die Literatur entstammt überwiegend aus wissenschaftlichen Artikeln auffindbar in „Google Scholar“ und „Researchgate“.
Auf Grund des spezifischen Anwendungsbereichs wurde ergänzend ein Experteninterview geführt, um erarbeitete Hypothesen aus der Literatur zu überprüfen.
Zur Betrachtung der Wirtschaftlichkeit wurden Berechnungen durchgeführt, die ebenfalls auf der angesprochenen Literatur fußten.
1.4 Aufbau der Bachelorarbeit
Im nachfolgenden Kapitel wird der aktuelle Forschungsstand von additiven Fertigungsverfahren beschrieben. Hierfür wird zunächst auf die geschichtliche Entwicklung des 3D-Druckens im Allgemeinen eingegangen und welche Stellung diese gegenwärtig in der Industrie einnimmt. Es folgt eine anschließende Übersicht der etabliertesten Fertigungsverfahren mit einer kurzen Erläuterung der Funktionsweise.
Das dritte Kapitel behandelt die im Bauwesen eingesetzten additiven Fertigungsverfahren und klassifiziert diese nach ihrer Verfahrensweise und ihrem Aufbau. Zusätzlich werden in diesem Kapitel namhafte Hersteller von 3D-Druckern, samt ihrer bisherigen Pilotprojekte vorgestellt.
Im vierten Kapitel wird näher auf die Materialien eingegangen, die beim Druckprozess zum Einsatz kommen und welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Auch wird in diesem Kapitel das Schwinden und mögliche Rissbildung von 3D-gedruckten Bauteilen behandelt. Abschließend werden noch Themen wie die Integrierung einer Bewehrung und Forschungsergebnisse zu alternativen Baustoffen aufgeführt.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit dem Thema Software. Hier werden die technischen Schritte analysiert, welche notwendig sind, um ein Gebäude drucken zu können. Auch wird auf neue Möglichkeiten eingegangen, welche Bauteile in Hinblick ihrer Eigenschaften optimieren könnten.
Im sechsten Kapitel wird die Nachhaltigkeit von additiven Fertigungsverfahren analysiert. Dafür wird zunächst der Begriff der Nachhaltigkeit definiert, bevor auf mögliche Auswirkungen dieser Technologie eingegangen wird.
Das siebte Kapitel betrachtet die Wirtschaftlichkeit von 3D-gedruckten Gebäuden. Mit Hilfe eines Rechenbeispiels wurden Baukosten und Ausführungszeiten der unterschiedlichen 3D-Drucker berechnet und diesem im Anschluss dem klassischen Mauerwerksbau gegenübergestellt.
Im achten Kapitel erfolgt das Fazit des Autors.
2 Stand der Forschung
2.1 Die geschichtliche Entwicklung des 3D-Druckens
Bereits 1980 findet die moderne 3D-Druck Technologie ihren Ursprung. Der Japaner Dr. Hideo Kodama vom Nagoya Municipal Industrial Research Institute in Japan stellte dem Patentamt ein Verfahren vor, welches Photopolymere unter der Einwirkung von UV-Licht schichtweise aushärtet, Patentnummer: JPS56144478A (Kodama, 1981). Infolge von Finanzierungsschwierigkeiten gelang es ihm nicht, innerhalb der einjährigen Frist sein Patent vollständig anzumelden.
Vier Jahre später meldete der amerikanische Ingenieur Charles Hull sein erstes Patent für die Stereolithografie an, Patentnummer: US4575330A, die eine identische funktionsweise aufwies wie die des Japaners Dr. Kodama (Hull, 1986). Nachdem Hull das Patent zur Sterolithografie 1986 zugeschrieben wurde, gründete er im gleichen Jahr das Unternehmen „3D Systems“ in Kalifornien.
1993 erfolgte unter der Mitwirkung der MIT-Professoren Emmanuel Sachs und Michael Cima die Patentierung des ersten 3D-Druckers, welcher Bauteile aus Metall, Keramik und Kunststoff herstellen konnte, Patentnummer: US5204055A (Sachs et al., 1993).
Im Jahr 2013 sorgte das Thema 3D-Druck für großen öffentlichen Aufruhr. Grund dafür war ein 25-jähriger Amerikaner, der die allererste CAD-Datei für ein Gewehr online zur Verfügung stellte (Kietzmann, Pitt and Berthon, 2015, S. 209).
Die 3D-Druck Technologie erstreckt sich heutzutage von der industriellen Nutzung bis hin zum Einsatz im privaten Gebrauch.
2.2 Anwendung und Potenziale
Ein digitales 3D-Modell dient bei dem additiven Fertigungsverfahren als Grundlage für den Druck des angestrebten Bauteils. Durch gezieltes Auftragen des Ausgangsmaterials entsteht so sukzessiv eine Schicht nach der anderen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren wie gießen, fräsen, bohren oder anderen, bietet das additive Fertigungsverfahren eine Vielzahl von wirtschaftlichen und technologischen Vorteilen:
- Geometrisch komplexe Bauteile die mit traditionellen Methoden nur sehr aufwendig bzw. gar nicht hätten hergestellt werden können, lassen sich mit diesem Verfahren realisieren.
- Während bei traditionellen Verfahren die Komplexität der Bauteile einen erheblichen Einfluss auf den Zeit- und Kostenaufwand beim Herstellungsprozess nehmen, übt sich dieser nur geringfügig bei der additiven Fertigung aus.
- Einzelfertigungen und Kleinserien lassen sich deutlich kosteneffizienter umsetzen.
- Produkte können ohne großen Aufwand individuell an die Kundenwünsche angepasst werden.
- Durch die werkzeuglose Fertigung und virtuellen Entwicklungsprozesse der Produkte können deutlich kürzere Produkteinführungszeiten realisiert werden
Aufgrund der Tatsache, dass das additive Fertigungsverfahren einen eher neuartigen Ansatz der Güterproduktion verfolgt und somit ein neues Produktionsmuster begründet, wird ihr häufig ein schädliches Potenzial nachgesagt. Das liegt daran, dass das innovative Fertigungsverfahren sich nicht nach gängigen Methoden richtet. Bei einem flächendeckenden Einsatz eines neuen Fertigungsverfahrens ist bei der Serienproduktion mit erheblichen Veränderungen bestehender Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten zu rechnen (Caviezel et al., 2017, S. 10).
Die additive Fertigung lässt sich in drei Einsatzgebiete unterteilen, Rapid Prototyping, Rapid Tooling und Rapid Manufacturing, welche nachfolgend kurz erläutert werden.
Beim Rapid Prototyping steht die schnelle Herstellung von Funktionsmodellen und Prototypen im Rahmen von Produktentwicklungsprozessen im Vordergrund. Zeit und Kosten können durch das additive Fertigungsverfahren verringert werden, welche sonst für die Erstellung von Werkzeug oder Vorrichtungen aufgebracht werden müssten. Durch die Autonomie der Maschine kann die Fertigung ohne menschlichen Einsatz über Nacht erfolgen. Dies hat den Vorteil, dass das gewünschte Bauteil am nächsten Tag begutachtet und getestet werden kann. Die Bezeichnung wird der Komplexität des Themas nicht mehr gerecht, da heute weitaus mehr als Prototypen hergestellt werden. Daher habe man sich auf den Überbegriff „Additive Fertigung“, aber auch „3D-Druck“ geeinigt (Irsa und Besendorfer, 2019, S. 120).
Unter Rapid Tooling wird die Herstellung von Werkzeugen und Gussformen mittels additiver Fertigung verstanden. Die hergestellten Tools müssen dabei den gleichen Qualitätsanforderungen entsprechen, wie sie bei subtraktiven Verfahren mittels Bohren, Fräsen oder Drehen erreicht werden. Die Besonderheit bei diesem Verfahren ist die Möglichkeit gezielte Kühlkanäle in das Werkzeug zu integrieren. Das bedeutet, dass Leitungen für Kühlflüssigkeit in beliebigen Formen eingearbeitet werden können, was in herkömmlichen Verfahren nur bedingt oder mit großem Aufwand realisiert werden konnte (Guggenberger und Riemann, 2020a).
Die additive Herstellung von einbaufähigen Teilen oder Endprodukten wird als Rapid Manufacturing bezeichnet. Die schnelle Entwicklung und Umsetzung der Bauteile liegen hier im Fokus. Auf Grundlage von CAD-Daten werden 3D-Objekte ohne Werkzeuge oder anderen Hilfsmitteln produziert (Guggenberger and Riemann, 2020b).
Die additive Fertigung zur Herstellung von Endprodukten bietet ein sehr hohes Anwendungspotenzial in verschiedensten Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Automatisierungstechnik, Luft- und Raumfahrt, Automobilbau, Elektronik, Medizin und Dentaltechnik, Architektur und Bauwesen, Kunst, Design, Bekleidung und Sportartikel, Spielwaren, Nahrungsmittel und die Militär- und Rüstungstechnik (Caviezel et al., 2017, S. 10).
2.3 Architektur und Bauindustrie
Die Bauwirtschaft stellt eine der bislang am wenigsten digitalisierten Branchen dar. Die Herstellung von Gebäuden ist durch individualisierte Bauprozesse gekennzeichnet. Digitale Fertigungstechniken anderer Wirtschaftszweige haben sich daher im Bauwesen kaum durchsetzen können. Jedoch stehen Automatisierungen und Individualisierung nicht im Widerspruch zueinander (Kloft et al., 2021, S. 222).
Im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs „TRR 277 – Additive Manufacturing in Construction“ untersuchen die Technischen Universitäten TU München und TU Braunschweig seit dem 01.01.2020 näher die additiven Fertigungsmöglichkeiten in der Bauindustrie (TU Braunschweig, 2020).
Die Schwerpunkte der Forschung liegen hier in der Entwicklung von geeigneten Herstellungsverfahren und Materialien für die Baupraxis, sowie der durchgängigen Digitalisierung im Bauwesen.
Die wesentlichen Vorteile liegen dabei in der höheren Baugeschwindigkeit, einem größeren Gestaltungsfreiraum, Reduzierung von Arbeitsunfällen im Bausektor, der Verringerung der Baukosten durch Automatisierung und der Materialeinsparung durch gezieltes Einsetzen der Ressourcen (Ehrenberg-Silies, Jetzke und Bovenschulte, 2015).
Neben den verfahrenstechnischen Entwicklungsfortschritten müssen additiv gefertigte Gebäude(teile) die bautechnischen Auflagen (Standsicherheit, Langlebigkeit, Brand-, Schall-, Wärme- und Erschütterungsschutz etc.) erfüllen.
2.4 Klassifizierung additiver Fertigungsverfahren
Nach der Veröffentlichung des ersten Patents für ein additives Fertigungsverfahren, sind zahlreiche neue Varianten entwickelt worden, welche sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren lassen (Heil, 2014, S.8):
- Aggregatzustand des Ausgangsmaterials: fest (z.B. Pulver, Draht, Folie), flüssig (z.B. Paste, Flüssigkeit), gasförmig (z.B. Aerosol, Gas/Gasgemisch);
- Verwendeten Ausgangsmaterial z.B. Kunststoff, Metall, Keramik, Beton;
- Funktionsprinzip des Verfahrens.
Nachfolgende Abbildung zeigt eine Klassifizierung der additiven Fertigungsverfahren, die vom Aggregatzustand des Ausgangsmaterials ausgeht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Klassifizierung additiver Fertigungsverfahren (Gebhardt 2007, S.69)
Es lassen sich die verschiedenen Verfahren nach ihren Funktionsprinzipien, Eigenschaften und den Eigenschaften der damit gefertigten Produkte unterscheiden. Zu den Untersuchungsmerkmalen gehören u.a.:
- die Palette der verarbeitbaren Ausgangsmaterialien,
- die mögliche Größe und Geometrie der Werkstücke,
- die Genauigkeit der Fertigung,
- Die mechanischen, optischen oder elektrischen Eigenschaften der Produkte,
- Der Einsatzzweck der Produkte (z.B. für industrielle Anwendungen)
- Und nicht zuletzt die Kosten der Fertigung.
Unter Berücksichtigung dieser Parameter lassen sich mögliche Einsatzbereiche der additiven Fertigungsverfahren bestimmen (Caviezel et al., 2017, S. 67).
2.5 Verfahrensübersicht (in Anlehnung an VDI 3405)
Nachfolgend werden die etabliertesten additiven Fertigungsverfahren nach VDI 3405 (Verein Deutscher Ingenieure) vorgestellt.
2.5.1 3-D-Drucken (3DP)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: 3-D-Drucken (3DP) (Lachmayer et al. 2018, S.335)
Mit Hilfe eines Beschichters wird auf der Bauplattform zunächst eine feine Pulverschicht aufgebracht. Über den Druckkopf wird ein flüssiger Binder an den Stellen freigesetzt, die später zu dem Werkstück gehören. Nachdem eine Schicht erfolgreich aufgetragen wurde, wird die Bauplattform um eine Schichtdicke abgesenkt, sodass eine neue Pulverschicht aufgetragen werden kann. Dieser Vorgang wird so häufig wiederholt, bis das Produkt vollständig hergestellt wurde. Das überschüssige Pulver kann für nachfolgenden Einsatz wiederverwendet werden. Als Pulver eignen sich z.B. Kunststoffe, Gips oder Sand.
2.5.2 Digital Light Processing (DLP)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Digital Light Processing (DLP) (Lachmayer et al. 2018, S.335)
Beim Digital Light Processing (DLP) wird ein Projektor als Lichtquelle verwendet, um flüssige Photopolymer-Harze unter der Einwirkung von UV-Strahlen zum Erhärten zu bringen. Die Harze befinden sich dabei in einer höhenverstellbaren Wanne. Ähnlich wie beim 3-D-Drucken wird die Bauplattform um eine Schichtdicke nach unten hin abgesenkt, bis das Produkt vollständig hergestellt wurde. Bei diesem Verfahren wird eine besonders feine Oberflächenstruktur erreicht. Für Überhänge wird hier jedoch eine Stützkonstruktion benötigt.
2.5.3 Elektronen-Strahlschmelzen, Electron Beam Melting (EBM)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Electron Beam Melting (EBM) (Lachmayer et al. 2018, S.336)
Mit Hilfe eines Beschichters wird auf der Bauplattform zunächst eine feine Pulverschicht aufgebracht. Durch ein Elektronenstrahlerzeuger wird das Bauteil schrittweise in das Pulverbett eingeschmolzen. Die Elektronen müssen dafür erzeugt, beschleunigt und fokussiert werden. Eine Spule dient dabei zur gezielten Lenkung der Elektronenstrahlen. Nachdem eine Schicht hergestellt wurde, wird die Bauplattform um eine Schichtdicke abgesenkt, bis das komplette Bauteil hergestellt wurde. Bei diesem Verfahren ist eine Stützkonstruktion für Überhänge notwendig.
2.5.4 Film Transfer Imaging (FTI)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Film Transfer Imaging (FTI) (Lachmayer et al. 2018, S.336)
Dieses Verfahren ähnelt dem Digital Light Processing, da hier ebenfalls Photopolymere verwendet werden, welche durch eine UV-Lampe zum Erhärten gebracht werden. Die Photopolymere werden hier jedoch nur dünn auf die Transportfolie aufgetragen und schwimmen nicht in einer Wanne. Nachdem eine Schicht ausgehärtet ist, wird die Bauplattform um eine Schichtdicke hochgefahren. Dieser Vorgang wird so häufig wiederholt, bis das Bauteil vollständig gedruckt wurde. Eine Stützkonstruktion für Überhänge ist hier ebenfalls notwendig.
2.5.5 Fused Layer Modeling/Fused Deposition Modeling (FDM)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Fused Deposition Modeling (FDM) (Lachmayer et al. 2018, S.337)
Das Fused Layer Modeling, auch Fused Deposition Modelling genannt, ist eines der am etabliertesten Verfahren in der additiven Fertigung und findet häufig auch im privaten Gebrauch Anwendung. Das Verfahren ähnelt dem Prinzip einer feinen Heißklebepistole. Dabei wird das Material zunächst auf eine Temperatur von knapp über den Verflüssigungspunkt gebracht. Die bewegliche Düse trägt dabei das geschmolzene Material gezielt auf der Bauplattform auf. Durch den rapiden Temperaturabfall beginnt unmittelbar die Erstarrung. Die Bauplattform ist mit einem Hubtisch verbunden. Nach Fertigstellung einer Schicht wird die Bauplattform um eine Schichtdicke nach unten abgesenkt. Für Überhänge wird bei diesem Verfahren eine Stützkonstruktion benötigt. Thermoplastische Kunststoffe wie z.B. Acrylnitril-Styrol-Copolymere (ABS; Produktbeispiele: Motorradhelme, Legosteine), Polyester (Produktbeispiele: PET-Flaschen, Gießharz), Polycarbonate (PC; Produktbeispiele: CDs, Gehäuse von Smartphones) oder Polylactide (PLA; Produktbeispiele: Kugelschreiber, Luftpolsterfolie) eignen sich besonders für dieses Verfahren (Caviezel et al., 2017).
2.5.6 Laminated Object Modeling/Layer Laminated Manufacturing (LLM)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Layer Laminated Manufacturing (LLM) (Lachmayer et al. 2018, S.337)
Bei diesem Verfahren wird eine Folie an beiden Seiten der Bauplattform auf Rollen gewickelt. Die Unterseite der Folie ist mit einem Kleber beschichtet, der mit Hilfe einer beheizten Walze aktiviert wird. Dadurch wird die aktuelle Schicht mit der darunterliegenden Lage verbunden. Ein Laser dient als eine Art Messer und schneidet die Konturen des Bauteils aus. Das überschüssige Material verbleibt auf der Bauplatte und stützt während des Vorgangs das Bauteil, somit ist keine Stützkonstruktion erforderlich. Mit einem weiteren Laserschnitt in Form eines Rahmens wird die Grenze des Bauteils festgelegt. Neben dem Rahmen befindet sich eine klebefreie Schicht, die notwendig ist, um die übriggebliebene Folie auf der Restaufnahmerolle aufzuwickeln. Die Bauplattform wird nach der Herstellung einer Schicht um eine Schichtdicke abgesenkt, sodass sich der Vorgang wiederholen kann. Als Werkstoffe eignen sich unter anderem Kunststoffe, Keramik, Papier oder auch Metalle.
2.5.7 Poly-Jet Modelling (PJM)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Poly-Jet Modelling (PJM) (Lachmayer et al. 2018, S.337)
Das Poly-Jet-Modelling verwendet zwei oder mehrere Druckköpfe, die flüssige Polymere auf der Bauplattform verteilen. Durch eine UV-Lampe wird das Material nach dem Auftragen zum Erhärten gebracht. Dadurch, dass mehr als ein Druckkopf verwendet wird, können Objekte aus unterschiedlichen Materialien hergestellt werden. Dies bietet die Möglichkeit größeren Einfluss auf die Eigenschaften des Endproduktes zu nehmen. So können z.B. Materialien mit unterschiedlichen Härten, Farben oder sonstigen Eigenarten kombiniert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass Stützkonstruktionen parallel zum eigentlichen Druckprozess angefertigt werden können. Ähnlich, wie bei den vorherigen Verfahren, wird hier die Bauplattform nach Herstellung einer Schicht nach unten abgesenkt.
2.5.8 Scan-LED-Technologie (SLT)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Scan-LED-Technologie (SLT) (Lachmayer et al. 2018, S.338)
Bei der Scan-LED-Technologie (SLT) werden flüssige Polymere durch eine UV-Lampe zum Erhärten gebracht. Die UV-Lampe ist über dem Polymerbad montiert und kann sich frei in X-Y-Richtung bewegen. Mit Hilfe eines Beschichters wird das Material gleichmäßig über dem generierten Bauteil verteilt. Nach der Herstellung einer Schicht wird die Bauplattform um eine Schichtdicke abgesenkt.
2.5.9 Selektives Laser Sintern/Selective Laser Sintering (SLS)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Selective Laser Sintering (SLS) (Lachmayer et al. 2018, S.338)
Bei dem Selective Laser Sintering wird zuerst ein pulverartiges Material mit Hilfe eines Beschichters auf der Bauplattform verteilt. Das Pulver wird nicht vollständig aufgeschmolzen, sondern nur so weit erhitzt, dass sich umliegende Partikel zum Teil verbinden. Diesen Vorgang bezeichnet man als Sintern. Durch eine partielle Verbindung kann es unter Umständen dazu kommen, dass das Bauteil zu Porosität neigt. Das SLS gehört zu den etabliertesten Verfahren in der additiven Fertigung. Es können Thermoplaste, Metalle, Keramik oder Sand bei dem Vorgang verwendet werden. Nachdem eine Schicht hergestellt wurde, verteilt der Beschichter eine neue Lage des Pulvers auf der Bauplattform, nachdem diese zuvor um eine Schichtdicke abgesenkt wurde.
2.5.10 Selektives Laserstrahlenschmelzen/Selective Laser Melting (SLM)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: Selective Laser Melting (SLM) (Lachmayer et al. 2018, S.339)
Bei dem Selective Laser Melting wird, ähnlich wie beim SLS, ein pulverartiges Material mit Hilfe eines Beschichters auf der Bauplattform verteilt. Das Pulver wird jedoch vollständig aufgeschmolzen, sodass es sich gänzlich mit dem umliegenden Material verbindet. Dadurch kann ein stoffschlüssiger Zusammenhalt zwischen den einzelnen Schichten erreicht werden. Das SLM gehört zu den etabliertesten Verfahren in der additiven Fertigung. Wie beim Sintern können Thermoplaste, Metalle, Keramik oder Sand bei dem Vorgang verwendet werden. Nachdem eine Schicht hergestellt wurde, verteilt der Beschichter eine neue Lage des Pulvers auf der Bauplattform, nachdem diese zuvor um eine Schichtdicke abgesenkt wurde.
2.5.11 Stereolithografie/Stereolithography (SL)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 12: Stereolithography (SL) (Lachmayer et al. 2018, S.339)
Die Stereolithography gehört zu den ältesten Verfahren der additiven Fertigung. Das flüssige Material befindet sich in einer Wanne, die auf einer höhenverstellbaren Bauplattform liegt. Mit Hilfe eines Lasers wird das Material zum Aushärten gebracht. Nachdem eine Schicht hergestellt wurde, kann die Bauplattform um eine Schichtdicke abgesenkt werden. Der Vorgang wird so lange wiederholt, bis das Bauteil fertiggestellt wurde. Als Werkstoff eignen sich flüssige Fotopolymere wie z.B. Epoxid- oder Acrylharze, die unter Lichteinwirkung aushärten. Schichtdicken von 0,02 mm sind bei diesem Verfahren üblich, wodurch eine gute Präzision erreicht wird.
3 Additive Fertigungsverfahren im Bauwesen
3.1 Klassifizierung additiver Fertigungsverfahren im Betonbau nach Verfahren
In der nachfolgenden Abbildung wird näher auf die Klassifizierung von additiven Fertigungsverfahren im Betonbau eingegangen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 13: Additive Fertigung im Betonbau (https://www.bft-international.com/imgs/1/5/4/1/0/7/5/HA_1040_Fig.1_Bild_1-5d7cc28eef3e2eb3.jpeg letzter Zugriff am 29.06.2021)
3.1.1 Selektives Binden
Das „selektives Binden“ beschreibt einen 3D-Druckprozess, bei dem ein Bindemittel oder Aktivator gezielt in ein Partikelbett auftragen wird. Das Verfahren lässt sich wiederum in zwei Unterarten aufteilen, dem sogenannten „Nassdrucken“ und der „Selektiven Aktivierung“. Beim Nassdruckverfahren besteht das Partikelbett aus einem Gemisch von Gesteinskörnungen. Das Fluid, welches aus der Düse ausgetragen wird, ist ein Zementleim, welcher beim Kontakt mit der Gesteinskörnung als Bindemittel dient und sich verfestigt. Bei der selektiven Aktivierung ist der Zement bereits mit der Körnung vermischt. Durch das Aufsprühen von Wasser als Aktivator verfestigt sich das Partikelbett. Nachdem eine Schicht hergestellt wurde, wird bei beiden Varianten eine neue Lage des Partikelbetts aufgetragen und der Vorgang wiederholt, bis das Bauteil fertiggestellt wurde. Das überschüssige Trockenmaterial dient während dem Herstellungsprozesses als Stützkonstruktion und kann nach Fertigstellung entfernt und wiederverwendet werden. In Abbildung 14 sind beide Unterarten zu erkennen, während in Abbildung 15 das Funktionsprinzip des selektiven Bindens dargestellt ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 14: a) Nassdruck b) Selektive Aktivierung (Z) Zement, (W) Wasser, (G) Gesteinskörnung (https://www.bft-international.com/imgs/1/5/4/1/0/7/5/HA_1040_Fig.2_Bild_2-4465ec94ba3144f2.jpeg letzter Zugriff am 29.06.2021)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 15: Selektives Binden Funktionsprinzip: (1) Aufbringen der ersten Partikelschicht, (2) lokales Einbringen des Binders, (3) – (5) wiederholden der beiden Vorgänge, (6) Bauteil nach Entfernung der ungebundenen Partikel (Weger et al., 2018, S.27)
D-Shape stellt das bekannteste Verfahren der selektiven Bindung dar. Enrico Dini, der seinen Abschluss im Ingenieurwesen an der Pisa Universität in Italien machte, ist Erfinder dieses Verfahrens und meldete sein Patent (CA2602071A1) 2006 an (Dini, Nannini and Chiarugi, 2006). Bei diesem Verfahren wird Sand in einer Schichtstärke von 5 bis 10 mm mit einem magnesiumbasierten Binder selektiv zu einem sandsteinartigen Erzeugnis (Sorelzement) verklebt (siehe Abbildung 16) (Cesaretti et al., 2014, S. 444).
Abbildung 16: Sandsteinskulptur Rariolaria hergestellt mit D-Shape 1,60m Höhe (https://www.3dprintingmedia.network/wp-content/uploads/2019/06/radiolaria-3d.jpg letzter Zugriff am 24.06.2021)
Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.
3.1.2 Extrusionsverfahren
Über die Hälfte aller 3D-Betondruckverfahren basieren auf dem Prinzip der Extrusion, Stand 2018 (Buswell et al., 2018, S. 2). Bei diesem Verfahren wird ein vorgemischtes Material durch eine steuerbare Düse extrudiert (siehe Abbildung 17). Unter Extrusion wird das Herauspressen von plastischen Materialien aus einer formgebenden Öffnung verstanden. Das herausgedrückte Material, welches auch als Filament bezeichnet wird, behält nach der Ablage seine Form, welche maßgebend von der Düsenöffnung geprägt ist.
Bei der Verwendung von Frischbeton werden Filamente von überliegenden Schichten zum Teil in ihrer Form verändert. Je nach Konsistenz zerfließen diese bereits unter der Last des Eigengewichts. Der Begriff Extrusion ist bei dem Einsatz von Frischbeton daher nur bedingt zutreffend.
Die realisierbaren Schichtstärken variieren stark je nach Hersteller. Im Schnitt lassen sich Schichtdicke zwischen 1 bis 3 cm und Schichtbreiten zwischen 3-10 cm erreichen. Auch die Druckgeschwindigkeit, in der das Material aufgetragen wird, kann variieren. So ist eine breite Spanne zwischen 2 bis 100 cm pro Sekunde möglich. Es ist anzumerken, dass es sich hierbei um die theoretische Maximalgeschwindigkeiten der 3D-Drucker handelt. Aus Sicherheitsgründen wird im Schnitt mit Geschwindigkeiten zwischen 15 bis 25 cm/s gedruckt.
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Abbildung 17: Extrusionsverfahren Funktionsprinzip (Wenger et al., 2018, S.26)
Das Contour Crafting Verfahren wurde 2005 von Behrokh Khoshnevis beim amerikanischen Patentamt angemeldet, Patentnummer: US7814937B2, (Khoshnevis, 2010). Für das Wandelement werden zunächst die äußeren Konturen mittels einer steuerbaren Düse hergestellt, die äußere Schicht dient beim späteren Ausfüllen der Hohlwand als verlorene Schalung (siehe Abbildung 18). Dieses Verfahren ist vor allem für die schnelle, automatisierte Errichtung von Wänden entwickelt worden (Winter, Henke und Talke, 2016a, S. 10).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18: (links) frühes Vorführmodell einer im Contour Crafting gedruckten Wand, (rechts) gekrümmtes Wandelement im Contour Crafting hergestellt mit Zickzack Aussteifungen (Jaugstetter, 2020, S.8)
Das Concrete Printing wurde 2009 an der Loughborough University in England entwickelt (Lim et al., 2009). Im Gegensatz zum Contour Crafting wird dieses Verfahren eher für kleinere Bauteile verwendet, bei denen eine hohe Oberflächengüte erzielt werden soll (Winter, Henke und Talke, 2016, S. 10) (siehe Abbildung 19).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 19: (links) „Wonderbench“ hergestellt an der Loughborough University, (rechts) Druckpfad vor und nach Optimierung (Jaugstetter, 2020, S.9)
3.1.3 Spritzbetonverfahren
Beim Spritzbetonverfahren wird das Material über ein Schneckenpumpsystem zunächst an die Spritzbetondüse befördert, welche an einem steuerbaren Roboterarm befestigt ist. Im Gegensatz zum Extrusionsverfahren wird hier der Beton durch den Einsatz von Druckluft aufgetragen. Der Vorteil dieser Technologie liegt darin, dass die Düse auf Grund des Roboterarms erweiterte Freiheitsgrade aufweist und somit das Material auch in anderen Winkeln auftragen kann (siehe Abbildung 20) (Kloft, Hack und Lindemann, 2019).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 20: Spritzbetonverfahren Funktionsprinzip (1) horizontales Auftragen, (2) geneigtes Auftragen (Wenger et al., 2018, S.27)
Shortcrete 3D Printing (SC3CP) ist ein Verfahren, welches von der TU Braunschweig 2016 entwickelt wurde. Mit diesem Verfahren ist der Einbau einer vertikalen Bewehrung und eine Nachbearbeitung der Oberfläche möglich. Durch das sogenannte „Second Layer Printing“ wird auf die Oberfläche des gedruckten Bauteils im zweiten Schritt eine weitere Materialschicht aufgetragen (siehe Abbildung 22 (a)). Um einen monolithischen Verbund gewährleisten zu können erfolgt das Auftragen zwischen der ersten und zweiten Schicht frisch in frisch. Zwischen der ersten und zweiten Schicht kann problemlos eine vertikale Bewehrung integriert werden (siehe Abbildung 21 (b)). Die zweite Schicht kann anschließen durch einen speziellen Aufsatz, der am Roboterarm befestigt ist, nachträglich geglättet werden (siehe Abbildung 22 (b)) (Kloft, Hack und Lindemann, 2019, S. 57).
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Abbildung 21: Herstellungsprozess SC3CP: (a) Drucken der Kernstruktur, (b) Einbringen der vertikalen Bewehrung (Hack und Kloft, 2020, S.1132)
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Abbildung 22: Herstellungsprozess SC3CP: (a) Auftragen der zweiten Schicht, (b) Glätten der Oberfläche (Hack und Kloft, 2020, S.1133)
3.1.4 Gleitschalungsverfahren
Das Prinzip von beweglichen Schalungselementen ist im Ingenieurbau bereits seit Jahren etabliert und findet beispielsweise Verwendung bei der Herstellung von Brückenpfeilern. Die Schalhaut besteht aus einem dünnen Metall, welches unter hydraulischer Einwirkung in seinem Querschnitt verändert werden kann. Der Beton wird seitlich, oberhalb der Gleitschalung eingeführt. Das Tempo der Gleitschalung ist dabei auf den Erhärtungsprozess des Betons angepasst. Sobald der Beton eine ausreichende Grünstandfestigkeit aufweist, kann dieser ausgeschalt werden.
Das Smart Dynamic Casting (SDC) wurde 2016 an der ETH Zürich entwickelt, welches den Gedanken einer Gleitschalung weiterentwickelte. Unter Verwendung eines 6-Achs-Roboters (siehe Abbildung 23) können dreidimensionale Objekte mit sich verändernden Querschnitten hergestellt werden (siehe Abbildung 24). Mit dem SDC-Verfahren wurden bis jetzt hauptsächlich armierte Fassadenelemente wie Säulen und Pfosten hergestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 23: SDC: a. Behälter mit Beton, b. Beschleuniger, c. Mischkammer, d. Remote Feedback System, e. Schalung mit Inline Feedback System, f. Kontrollsystem, g. 6-Achs-Roboterarm (Ena Lloret et al., 2017, S.4)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 24: 2,00m hohes Bauteil verstärkt mit Kohlestofffasern hergestellt mit Smart Dynamic Casting (Ena Lloret et al., 2017, S.4)
3.2 Aufteilung der 3D-Drucker nach Typen
Da 3D-Betondrucker in der Praxis große Fertigteile oder sogar ganze Gebäude drucken sollen war es nötig, geeignete Lösungen zu finden, um 3D.Druck auch in größeren Dimensionen umsetzen zu können. Im Laufe der Zeit konnten sich vier Typen für diese besonderen Anforderungen bewähren.
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- Daniel Romero Leitao (Author), 2021, Nachhaltigkeit von Wohnhäusern aus 3D-Druckern. Tauglichkeitsuntersuchung additiver Fertigungsverfahren in der Bauindustrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1163496
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