Affen- Anpassung an die Umweltbedingungen
Im Erbgut des Menschen sind Überlebensinformationen gespeichert. Sie sind das Resultat der Anpassung an bestimmte Umweltbedingungen. Änderungen kommen durch zufällige Mutationen und anschließende Neukombination der Erbanlage bei der Fortpflanzung zustande. Positive Änderungen, die den Vorgang der natürlichen Auslese ,,überleben", können sich deshalb nur sehr langsam ausbreiten, nicht schneller, als das Lebewesen sich fortpflanzt. Bei höher entwickelten Tieren, so auch dem Affen, kann Information jedoch von diesem schwerfälligen Mechanismus abgekoppelt werden. Sie wird dann über Schaltungen des Zentralnervensystems, speziell des Gehirns, weitergegeben: durch soziales Lernen. Erfahrungen und erlernte Fähigkeiten werden auf diese Weise von Artgenossen einfach übernommen und dann über Generationen weitergegeben. Spezielles Wissen über die Umweltbedingungen kann so in relativ kurzen historischen Zeiträumen angehäuft und für die Zukunft nutzbar gemacht werden. Diese Art der Anpassung macht den jeweilige Träger in der Anpassung an die Umwelt und der Besiedlung neuer Lebensräume viel flexibler. Ein schon selbstverständliches Beispiel der Anpassung von Affen an bestimmte Umweltbedingung ist die Anpassung an Bäume. Das Leben in den Bäumen bietet ein breites Nahrungsangebot- Früchte, Blätter, Insekten, Säfte- und gleichzeitig Schutz vor bodenbewohneneden Raubtieren. Das Leben in den Bäumen ist die einzige grundlegende Gemeinsamkeit aller nicht- menschlichen Primaten.
1. Beispiel: Rotgesichtsmakaken
Forscher streuten im Jahre 1952 am Strand der südjapanischen Insel Koshima Bataten- Süßkartoffeln- aus, um die Affen anzulocken. Sie Waren lediglich zu faul, ihnen im Wald nachzuspüren. Im Herbst 1953 machten die Forscher dann eine ganz besondere Entdeckung: Imo, ein eineinhalbjähriges Weibchen, hatte offensichtlich den Sand satt, der beim Verzehr der Bataten zwischen den Zähnen knirschte. So trug sie die Kartoffel zum Wasser, um sie dann mit Hilfe beider Hände zu waschen. Neugierig ahmten andere Affen dieses Verhalten nach. Die Technik breitete sich während der folgenden Jahre in der ganzen Gruppe aus.
Gleichzeitig war ein weiteres Phänomen zu beobachten: Die Affen suchten zum säubern nicht mehr den nahen Bach auf, sondern wuschen ihre Nahrung im salzigen Meerwasser; sie hatten offenbar das Würzen erfunden. Die Tradition breitete sich ebenso aus. Es dauerte einen Monat, bis ein Spielgefährte von Imo die Technik übernahm und vier Monate, bis die Mutter von Imo auf diese Art die Kartoffeln wusch. Fünf Jahre später wuschen vier Fünftel der männlichen und weiblichen Jungtiere zwischen 2 und 7 Jahren ihre Kartoffeln. Von den Erwachsenen hatte lediglich ein Fünftel die Technik übernommen und zwar ausschließlich Weibchen. Auf diese Phase der ,,individuellen Verbreitung", nämlich der Weitergabe der Erfindung an die Lebende Generation, folgte die Phase der ,,präkulturellen Verbreitung", als immer mehr Neugeborene die Technik- meist über ihre Mütter- übernahmen. 1962 wuschen letztendlich von 59 Makaken 42 ihre Bataten. Zu denen, die sich nicht anschlossen, gehörten Kleinkinder und alte, ranghohe Männchen. Diese Haltung der Männchen hängt damit zusammen, daß sie als Heranwachsende überwiegend am Rand der Gruppe leben und wenig Kontakt zu Gruppenmitgliedern haben. Ihnen fehlen progressive Vorbilder. Wenn sie dann als ranghohe Tiere in den Mittelpunkt der Gruppe zurückkehren, sind sie schon wieder zu alt, um dazuzulernen. Männliche Tkasakiyama- Makaken haben die Eigenschaft, daß sie einzelne Jungtiere ,,adoptieren". Diese Ziehväter nahmen die Tradition ebenfalls an. Die japanischen Primatologen konnten eine ähnliche Entwicklung verfolgen, als sie Weizen ausstreuten.
Zunächst klaubten die Makaken Korn für Korn aus dem Sand. Wieder war es Imo, die eine geniale Methode erfand: Sie warf händevoll Sand mit Körnern ins Meer. Der Sand versank im Meer, während die Körner an der Wasseroberfläche schwammen. Das Getreide konnte Imo mit der Hand abschöpfen. Weitere Traditionen wurden eröffnet. Da die Makaken die Hände voll Getreide hatten, liefen sie immer häufiger aufrecht zum Wasser. Seit 1957 konnten die Wissenschaftler beobachten, daß die Makaken auch Muscheln knackten- eine neue Methode der Nahrungsbeschaffung. Die Forscher konnten des weiteren ein paar Jungtiere ausmachen, die Schwimmen und Tauchen lernten. Eines der Jungtiere schwamm bis zur Nachbarinsel.
Dies sind jedoch nur Beispiele. Forscher konnten Beobachtungen machen, daß die Erschließung neuer Nahrungsquellen einer Gruppe versetzt erfo lgt. So hatte eine beobachtete Affengruppe schon immer eine Vorliebe für Vogeleier, eine andere entdeckte sie erst im Jahre 1960.
Weitere Beispiele:
- Arm als Angel im Wasser; Krabben setzen sich daran fest; dann Verzehr
- Forscher entfachten Feuer; Affen setzten sich im Winter darum, um sich ihre Hände daran zu wärmen
- In Jigokudani: Japanmakaken baden in vulkanischen Quellen => Art, die sich dank ihrer Anpassungsfähigkeit am weitesten im Norden ausgebreitet hat
- Wichtigstes Sinnesorgan für das Leben auf Bäumen sind die Augen. Im Laufe der Evolution hat sich unter anderem die Stellung der Augen verändert, so daß Affen besonders gut Entfernung (z.B. von einzelnen Ästen) abschätzen können. Die Anpassung der Sinnesorgane ging mit entsprechenden Veränd erungen des Gehirns einher
- Saisonale Fortpflanzung der Berberaffen des Salemer Affenberges (Bodenseegebiet); 80% aller Neugeborenen kommen im April und Mai zur Welt => Anpassung an die jahreszeitlichen Schwankungen im Nahrungsangebot ihrer ursprüngliche n Heimat (Eichenund Zedernwälder Marokkos und Algeriens); Neugeborene hätten im strengen Winter der nordafrikanischen Gebirge kaum Überlebenschancen Bei all diesen Beispielen muß immer ein mutiges Tier ,,vorangegangen" sein.
2) Schimpansen; Werkzeuggebrauch zum Nahrungserwerb, Körperpflege, Konfliktbewältigung
Die Werkzeugbenutzung eröffnet allgemein neue Möglichkeiten zur Lebenssicherung und zur Auseinandersetzung mit der Umwelt. Bekannt sind Affen, die mittels entblätterter Stöckchen Termiten aus Baumlöchern oder Termitenhügeln angeln. Hier ist die Betrachtung der jeweiligen Umweltbedingung wichtig. In niederschlagsreichen Gebieten (Regenwald von Äquatorial- Guinea) sind die Wände der Termitenhügel porös und durch den Regen feucht. Die Affen können so mit Grabstöcken die Termitenhügel aufbrechen. In Savannen (z.B. Senegal) trocknen die Hügel während der Trockenzeiten stark aus, so dass die Affen auf besondere Techniken angewiesen sind. Die Voraussetzungen für Anpassungsverhalten beruhen also auch auf der unterschiedlichen Ökologie der Lebensräume. Im südwestlichen Kamerun wurde die Auffächerung von Stöckchen zur Tradition. Die Freß-, Werkzeug- und Sozialtraditionen bei nicht- menschlichen Primaten werden zu den präkulturellen Traditionen gezählt. Ein amerikanischer Zoologe (John Bonner) bezeichnete diese Tradition als die ,,Weitergabe von Information durch Verhalten, insbesondere durch den Vorgang von Lehren und Lernen".
Verhalten, das auf Anpassung beruht, zum Beispiel das Kartoffelwaschen der Japanmakaken kann in Vergessenheit geraten. Zur kulturellen Weitergabe über Traditionen ist die Sprache ein wichtiges Hilfsmittel, das die Affen jedoch nicht besitzen. Würden einer Makakengeneration eines Tages keine Bataten mehr zur Verfügung stehen, würde die Präkultur des Kartoffelwaschens in Vergessenheit geraten. Menschen hingegen können mittels ihrer Lautsprache und der Aufzeichnung erworbene Information unabhängig von Objekten und damit unabhängig von Ort und Zeit weitergeben.
Quellen:
- Volker Sommer; Die Affen (Unsere wilde Verwandschaft); Hamburg (1989)
- Volker Sommer & Karl Ammann (Fotograf); Die großen Menschenaffen (Die neue Sicht der Verhaltensforschung);
- www.hausarbeiten.de , www.schularbeiten.de , www.grin.de
- Microsoft; Computerlexikon Encarta; 1997