Dieses Buch analysiert die Hintergründe rund um die Kursexplosion bei Gamestop. Dabei sollen Strategien aufgezeigt werden, wie man es vermeidet, in solchen Fällen Geld zu verlieren oder sogar hohen Profit daraus schlagen kann. Außerdem wird erläutert, wie sich eine Horde von Kleinanlegern im Forum "r/wallstreetbets" organisiert und gegen eine Gruppe von Hedgefonds auflehnt. Im Zuge dessen wird das Thema Leerverkäufe sehr ausführlich und professionell erklärt und die Rolle der Shortseller bei Gamestop beleuchtet. Weiterhin wird darauf eingegangen, inwiefern starke Anstiege von Aktienkursen zu Blasen, aber auch zu schnellem Reichtum führen können und mit welcher Strategie man hier als Anleger am Besten vorgeht.
Darüber hinaus erfolgt eine kritische Analyse des Verhaltens der Onlinebroker wie "Robinhood" oder "Trade Republic" und deren Möglichkeiten zur Sicherstellung des freien Handels. Zudem werden die wichtigsten Stimmen involvierter Marktteilnehmer sowie externer Experten zusammen getragen und kommentiert. Abschließend werden mögliche Konsequenzen zur Verhinderung ähnlicher Fälle sowie Strategien für die bessere Funktionsweise der Märkte aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Hintergründe der Causa Gamestop
2.1 Entwicklung der Firma Gamestop
2.2 G ründe für den H öhenflug der G amestop Aktie
2.3 Wallstreetbets
2.4 Die Hedgefonds
3 Leerverkäufe an den Finanz markten
3.1 Definition des Leerverkaufs
3.2 Die Funktionsweise von Leerverkäufen an den Finanzmärkten
3.3 Die Anwendung von Leerverkäufen an den Finanzmärkten
3.3.1 Der Einfluss von Leerverkäufen aud die Markteffizienz
3.3.1.1 Short-Sales und deren Wirkung auf die Liquid iät des Marktes
3.3.1.2 Der Effekt von Short-Sales für die bessere Bewertung der Börse
3.4 Kurz- und langfristige Effekte von Short-Sales auf die Börsenmärkte
3.4.1 Vermutete negative Auswirkungen von Short-Sales bei Finanzkrisen
3.4.2 Wirkung von Leerverkäufen auf Aktienkurse
3.4.3 Die Problematik der N utzung von Short-Sales zur Kursmanipul ation
3.4.4 I m Zuge von Leerverkäufen auftretende Verlustris iken
3.5 Gedeckte und ungedeckte Leer verkaufe
4 Aufstieg und Fall der Gamestop Aktie
4.1 Der kometenhafte Aufstieg eines kurzfristigen B ör senstar s
4.1.1 Chronik des Aufstiegs
4.1.2 Die Folgen des Höhenflugs
4 1 2.1 Massive Folgen für das Vermögen einiger Marktteilnehmer
4.1.2.1.1 Fonds und Insider
4 1.2.1.2 Kleinanleger plötzlich reich
4 1.2.2 Folgen für die Shortseller
4 1 2.3 Das Ausmaß des Hypes um Gamestop
4.2 Das Platzen der Blase
4.2.1 Einführung von Handelsbeschränkungen für die Gamestop Aktie
4.2.2 Die Rückkehr der Shortseller
4 2 3 Die Letzten zahlen die Zeche
5 Reaktionen auf die Causa Gamestop
5.1 Die Börsenaufsicht SEC meldet sich zu Wort
5.2 Die US-Notenbank kommentiert die Vorgänge
5 3 Die Politik fordert Untersuchungen
5.4 Kleinanleger sehen sich benachteiligt
5.5 Gamestop hält sich zurück
6 Fazit und Ausblick
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der Aufstieg der Gamestop Aktie
Abbildung 2: Gamestop: A Story in 4 Charts
Abbildung 3: Gamestop Price
Abbildung 4: Trade Republic Entschuldigungsschreiben
Abbildung 5: Short interest development
1 Einleitung
Gamestop ist weder eine futuristische AI-Firma, noch der neuste Greentech-Highflyer, sondern ein eher altmodischer Online-Computerpiele-Händler. Das Unternehmen mit Sitz in Texas, verkauft aller Art von Computerspielen und betreibt dafür vor allem Ladengeschäfte, gut 7500 an der Zahl. Eigentlich ein Kandidat dem Börsenexperten alles, außer wahnsinnigen Sprüngen nach oben zugetraut haben. Doch es kam alles anders: Der Aktienkurs von Gamestop ist explodiert, wie man es nicht mal in der Dotcom-Blase erlebte. So sprang der Kurs im frühen US- Handel an sogar an mehreren Tagen um über 100 Prozent nach oben. Inwiefern hier ein gewisses Forum auf der Internetplattform reddit, sowie eine hohe Zahl an Leerverkäufen, ja sogar sogenannte naked-Shorts eine Rolle gespielt haben, werde ich nachfolgend ausführlich erläutern.
Dass Leerverkäufe kein Neuzeitphänomen sind, verdeutlicht ein Beispiel aus dem frühen 17. Jahrhundert. Der erste dokumentierte Leerverkauf der Geschichte wird auf 1602 datiert, als ein niederländischer Händler namens Issac Le Maire Anteile der holländischen Handelsgesellschaft Dutch East India Company erwarb. Sieben Jahre später konnte die Gesellschaft aufgrund politischer und wirtschaftlicher Zwänge keine Dividende ausbezahlen.
Um den Ausfall der Dividende auszugleichen, beschloss Le Maire, mehr Anteile zu verkaufen, als er tatsächlich besaß. Die potenzielle Gefahr für eine funktionierende Finanzwirtschaft wurde schnell erkannt, woraufhin ein Verbot von Leerverkäufen als erste offizielle Form der Börsenregulierung erlassen wurde. Dieses Verbot wurde jedoch einige Jahre später wieder aufgehoben.1 2 Drei Jahre nach der großen amerikanischen Börsenkrise 1929 wurden Leerverkäufe durch das sogenannte Uptick- Gesetz erneut eingeschränkt. Das Gesetz besagt, dass Leerverkäufe nur für Titel mit steigenden Kursen zulässig sind. Ein Leerverkauf wurde demnach nur erlaubt, wenn die letzte Börsentransaktion über dem vorherigen Kurs lag. Leerverkäufe von Wertpapieren mit fallenden Kursen waren hingegen bis ins Jahr 2007 illegal. Diese Regelung wurde jedoch kurz vor der Banken- und Finanzkrise 2008/09 wieder aufgehoben, was bis heute als sehr umstrittene Entscheidung gilt.
In den letzten Jahren haben Leerverkäufe auf dem internationalen Aktienmarkt stark zugenommen, was neben ausgeweiteten Marktsegmenten vor allem auf das stark gestiegene Handelsvolumen von Wertpapieren und die damit zusammenhängende hohe Verfügbarkeit verleihbarer Aktien zurückgeht. Leerverkäufe werden heutzutage mehr und mehr zur persönlichen Bereicherung und zum Ausgleich von zu hohen Börsenbewertungen genutzt.
Wie und aus welchen Gründen Leerverkäufe beim Anstieg und Fall der Gamestop Aktie eine Rolle gespielt haben, soll nachfolgend erläutert werden. Die Story, die Kleinen besiegen den Großen oder der brave David tötet den bösen Riesen Goliath, soll näher erklärt werden. Auch die Rolle des amerikanischen Brokerapps, allen voran Robinhood soll näher beleuchtet werden, passend zum Namen - nach dem englischen Gesetzlosen, der das Vermögen einer korrupten Oberschicht raubt und es den Armen verteilt. Weiterhin soll den Motiven der verschiedenen Akteure für ihr Handeln beleuchtet werden, sowie die jeweilige Reaktion auf das Handeln anderer Marktteilnehmer. Abschließend sollen mögliche Konsequenzen und nähere Hintergründe zur Causa Gamestop analysiert und anschaulich dargestellt werden.
2 Die Hintergründe zur Causa Gamestop
2.1 Entwicklung der Firma Gamestop
Gamestop, der weltweit größte Fachhändler für Videospiele und Konsolen, früher in fast jedem großen Einkaufszentrum vertreten, beklagt seit Jahren größer werdende geschäftliche Probleme. Dass es operativ nicht so gut läuft, ist schon seit Längerem bekannt. Sinkende Verkaufszahlen, etliche Ladenschließungen und deutliche Verluste in dreistelliger Millionenhöhe setzten das Unternehmen stark unter Druck. Alleine im Jahr 2020 wurden fast 390 Filialen geschlossen. 450 weitere Läden sollen bis Ende des Geschäftsjahres 2020 folgen. In der ersten Hälfte des Jahres 2020 hat die Einzelhandelskette ganze 277 Mio. Dollar Verlust gemacht. Gamestop hat zudem bekanntgegeben, knapp 200 Filialen schließen zu wollen, welche unterdurchschnittlich performen. Die Maßnahme erfolge am Ende des Quartals. Im Finanzbericht des zweiten Quartals 2019 verzeichnet Gamestop deutliche Verluste. Verglichen mit dem Vorjahr sind die Verkäufe weltweit um rund 14,3 Prozent gesunken und liegen nun bei 1,3 Mrd. Dollar. Weiterhin nahmen SoftwareVerkäufe um 5,3 Prozent ab und die Umsätze für Hardware gaben sogar um 41,1 Prozent nach. Die negativen Nachrichten um Gamestop haben sich bereits in den vergangenen Monaten und Jahren gemehrt. 2017 kam es zu einem kleinen Skandal als anonyme GamestopMitarbeiter erklärten, dass sie ihre Kunden anlügen müssten. Im selben Jahr wurden Schließungen von bis zu 225 Filialen angekündigt. Anfang 2019 wäre der Gamestop beinahe aufgekauft worden. Letztlich kam jedoch kein Deal zustande und Gamestop blieb weiterhin unabhängig. Im April 2020 verzeichnete Gamestop den größten Nettoverlust der langen Firmengeschichte: Ganze 673 Millionen Dollar gingen im Jahr 2018 verloren. Im August 2019 entließ Gamestop dann 120 Angestellte, dabei auch viele Mitarbeiter der Schwesterseite Game Informer. Zusammengefasst: Man steckt seit Jahren tief in der Krise.4
2.2 Gründe für den Höhenflug der Gamestop Aktie
Die Luftsprünge der Gamestop Aktie resultieren letztendlich aus einem Machtkampf zwischen zwei Parteien, deren Interessen nicht gegensätzlicher sein könnten: Auf der einen Seite steht der berüchtigte aktivistische Leerverkäufer Andrew Left mit seinem Shortseller Unternehmen Cit- ron Research - mit Fokus auf chinesische börsennotierte Firmen.
Auf der anderen Seite steht eine ganze Armee von Hobby-Tradern. Dabei handelt es sich um eine neue Generation von Tradern, die dank der App des US-Brokers Ro- binhood mit Wertpapieren handeln. Mittlerweile machen diese Art von Tradern nach Angaben von Bloomberg mittlerweile um die 20 Prozent des gesamten amerikanischen Börsenhandels aus. Über Online-Foren wie reddit verabreden sich die Robinhood-Trader, welche Aktie als nächstes gekauft werden soll und treiben deren Kurs so aktiv nach oben. Zum Ziel gesetzt hatten sich die reddit- Trader, die Gamestop Aktie weiter in den Himmel zu kaufen und den oben beschriebenen Berichten von Citron Research zu trotzen Was war also passiert? Vor zwei Wochen legte Gamestop überraschend starke Zahlen vor: Die am 11. Januar publizierten Zahlen zum Weihnachtsgeschäft fielen überraschend gut aus und regten die Phantasie vieler Kleinanleger an, so leidet der Videospiele-Händler seit Jahren eigentlich unter dem Branchenwandel weg vom stationären Handel hin zu Online-Shops. Ein weiterer Grund, der dafür sorgt, dass Gamestop an der Börse wieder an Wert gewinnen konnte, ist der Einstieg von Ryan Cohen im September 2020. Cohen ist Mitgründer von Chewy, einem Online-Händler für Tiernahrung, der mittlerweile für über drei Milliarden Dollar an Petsmart verkauft wurde. Er hält knapp 13 Prozent an Gamestop und sitzt im Aufsichtsrat des Computerspielhändlers.
Viele der wallstreetbets-Trader hoffen nun, dass Cohen mit Gamestop einen ähnlichen Weg einschlagen und sich hauptsächlich auf das E-Commerce-Geschäft fokussieren wird. Aufgrund der Coronakrise boomt die Gaming- Branche derzeit und Gamestop könnte die Möglichkeit bekommen, im Onlinehandel einen Neustart zu wagen. Auch mit der Unterstützung der auf reddit so aktiven Ro- binhood-Trader als Sprachrohr und potenziellen Käufern. Daraufhin schoss Aktie innerhalb zweier Tage um rund 100 Prozent in die Höhe - von knapp 20 auf 40 Dollar. Folglich wiederum wurde es dem Leerverkäufer-Haus Citron Research angesichts der Kursrally der GamestopAktie zu bunt. Also setzten die Shortseller wenige Tage später zum Großangriff auf Gamestop an. Also veröffentlichte Citron Research ein Video und wies darin auf eine ganze Reihe potenzieller Schwachstellen bei Gamestop hin.
Den Inhalt kurz zusammengefasst: Die Aktie sei hoffnungslos überbewertet und der Kurs würde die schlechte Marktstellung des Unternehmens gegenüber Konkurren- ten wie Amazon und Walmart nicht mal ansatzweise berücksichtigen.5
2.3 Wallstreetbets
Das Forum wallstreestbets deren Nutzer nennen sich teilweise selbst Retards (Vollidioten) bezeichnen, ist der Ursprung der Kursexplosion. Ihr erklärtes Ziel ist es, den Finanzmarkt mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen und dabei Hedgefonds in die Pleite zu treiben, die auf fallende Kurse der Gamestop Aktie gewettet haben.
Doch was treibt die Menschen an, wenn eine große Gruppe von Kleinanlegern über Onlinebroker-Apps wie Ro- binhood große Hedgefonds ins Straucheln bringen? Viele der Mitglieder haben ihre Ersparnisse - eigentlich für die Monatsmiete und das weitere Leben bereitgelegtes Geld - ausgerechnet in den Kauf von Gamestop Aktien gesteckt. Zudem würde sie es meist nicht stören wenn dieses Geld möglicherweise bald futsch sein könnte - etwa, wenn der Gamestop-Kurs, wie von den Leerverkäufern erhofft, bald ins Bodenlose fallen würde. Einer der wichtigsten Sätze, zitiert aus eine Brief eines Users ist wohl jener: „Das ist eine persönliche Angelegenheit für mich und Millionen andere“. Und man wolle es „so schmerzhaft wie möglich“ für die Shortseller machen.
Der Brief richtet sich zum einen an die Shortseller Melvin Capital und Citron Research, die offenbar exemplarisch für das etablierte Finanzsystem stehen. Angesprochen werden explizit aber auch der amerikanische Finanzsender CNBC und die Babyboomer. Diese sollten ihren Kindern und Enkelkindern allerdings die Daumen drücken und die Hedgefonds nicht unterstützen. Man habe nun die Möglichkeit, diejenigen zu bestrafen, die ihnen bei der Finanzkrise 2008 so viel Unheil verbreitet hätten. Weiterhin spielt die Finanzkrise 2008 die zentrale Rolle in der Argumentation der reddit-Nutzer. So hätte sich manche Familie ein Jahr vorrangig von Pfannkuchen Mischungen, Milchpulver, Reis und Bohnen ernähren müssen. Dem Hedgefonds Melvin Capital, wird vorgeworfen, er habe aus der Krise nicht gelernt. Während die als Verursacher gesehenen Hedgefonds gerettet worden wären, hätten sie hingegen das Leben von Millionen Menschen negativ verändert. Zusammengefasst, sucht man sich nun einen Hedgefonds aus, der als stellvertretendes Exempel nun dafür bluten sollte.
Die Gamestop-Aktie hatte sich das Forum unter anderem deshalb nun ausgesucht, weil so viele Großinvestoren die Aktie leerverkauft. Im Falle von Gamestop lag die Zahl der leerverkauften Aktien zeitweise bei mehr als 130 Prozent der insgesamt verfügbaren Aktien.3 4
2.4 Die Hedgefonds
Die vermeintlich Bösen sind im Fall Gamestop die institutionellen Anleger, auch Hedgefonds genannt. Hedgefonds stehen oft für ungebremste Gier und als Treiber der Finanzbranche am Pranger. Dies ist die weitverbreitete Meinung. Die Realität sieht jedoch anders aus. So fällt den Hedgefonds an Märkten eine wichtige Rolle zu. Denn sie verhindern durch ihre Wetten auf vermeintlich überbewertete Unternehmen oftmals Blasenbildungen und sind somit ein wichtiges Regulativ für die reibungslose Funktionsweise der Kapitalmärkte. Im Fall von Gamestop hat ihre Spekulation auf fallende Kurse durch Shortselling von Aktien einen realen Grund: Sie verkaufen die Aktien von Gamestop, aufgrund der hohen Verluste und des wenig zukunftsträchtigen Geschäftsmodells, mit Läden in Innenstädten. Die Geschäfte liefen im Covid- Lockdown nochmals schlechter. Das Unternehmen verliert seit objektiv an Wert.
3 Leerverkäufe an den Finanzmärkten
3.1 Definition des Leerverkaufs
Unter dem Begriff Leerverkauf ist der Verkauf einer Ware zu verstehen, die sich nicht im Eigentum des Verkäufers befindet. Mithilfe eines Leerverkaufes spekuliert man darauf, dass der Preis der verkauften Ware in der Zeit nach dem Verkauf sinkt. Das Ziel des Leerverkäufers ist, das Gut zu einem späteren Zeitpunkt günstiger zurückkaufen zu können, um die dadurch entstehende Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis als Gewinn zu realisieren. Der Eigentümer erhält die gleiche, jedoch nun im Wert gesunkene Warenmenge zurück.
Ein Leerverkauf ist grundsätzlich mit allen Waren, also allen fungiblen Wirtschaftsgütern, bei denen die Möglichkeit der Lieferung gegeben ist, durchführbar und rechtlich zulässig. Für den Leerverkauf gibt es kein eigenes Gesetz, stattdessen kommt hier das übliche Kaufvertragsrecht nach §433 Abs. 2 BGB zur Anwendung. Ein abgeschlossener Kaufvertrag beinhaltet seitens des Verkäufers nur die Verpflichtung, den Verkaufsgegenstand zu einem vereinbarten Zeitpunkt in der vereinbarten Menge zu liefern. Demnach muss der Verkäufer bei Vertragsschluss nicht bereits Eigentümer des Vertragsgegenstandes sein. Aus Käufersicht unterscheidet sich der Leerverkauf keineswegs von einem gewöhnlichen Kauf und ist somit rechtlich unbedenklich.5
3.2 Die Funktionsweise von Leerverkäufen an den Finanzmärkten
Leerverkäufe sind heutzutage hauptsächlich Gegenstand des Handels an den internationalen Finanzmärkten. Dort finden Short-Sales in der Regel mit den zur Verfügung stehenden Finanzinstrumenten statt, wobei sich der Handel vor allem auf Aktien, Anleihen, Devisen, Derivate, Futures und öffentliche Schuldtitel konzentriert.6 Zunächst wird ein Aktienpaket seitens des Leerverkäufers veräußert, welches sich zum Zeitpunkt der Vertragsvereinbarung nicht im Eigentum des Leerverkäufers befindet. Damit er die Werte verkaufen kann, leiht sich der Leerverkäufer diese in der Regel zuvor über eine Bank von dem jeweiligen Eigentümer. Um der sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Lieferverpflichtung nachzukommen, muss der Leerverkäufer das dem Vertrag zu- grundeliegende Finanzinstrument vor dem Liefertermin beschaffen. Der zur Erfüllung der Lieferverpflichtung notwendige Beschaffungsvorgang wird als Deckungsgeschäft bezeichnet, welches erst nach dem Verkauf stattfindet. Für die Marktteilnehmer ist dabei jedoch nicht ersichtlich, wann der tatsächliche Kauf des Wertpapieres erfolgt und ob der Käufer auch Eigentümer der Ware ist.11
3.3 Die Anwendung von Leerverkäufen an den Finanzmärkten
Leerverkäufe sind an den Finanzmärkten sowohl als Kassageschäft, wie auch als Termingeschäft möglich. Handelt es sich um ein Kassageschäft, unterscheidet sich der Leerverkauf bei Kaufabschluss und Abwicklung nicht von einem gewöhnlichen Kauf. So muss der Verkäufer das verkaufte Papier je nach Handelsplatz innerhalb einer kurzen Frist von zwei bis drei Börsentagen liefern. Bei einem Termingeschäft hingegen hat der Short-Seller einen deutlich weiter in der Zukunft liegenden Lieferzeitpunkt einzuhalten, wodurch dieser mehr Zeit bekommt, um sich mit dem notwendigen Kapital für den Basiswer- tekauf einzudecken.
Leerverkäufe an der Börse werden meist aus drei Motiven durchgeführt. Zum Einen, um durch Wetten auf Kursrückgänge eine mögliche überproportionale Rendite zu erzielen, zum anderen als Absicherung vor möglichen fallenden Kursen, während die Position jedoch insgesamt Long ist und lediglich aus dem Gesichtspunkt der Risikominimierung leerverkauft wird. Ein weiterer Grund ist die Erwirtschaftung von Gewinnen durch das Ausnutzen von Arbitragemöglichkeiten zwischen Kassa- und Terminmärkten. Aufgebaut werden die Positionen hauptsächlich von Hedgefonds und Investmentfonds, seitens Privatanleger aber auch bei der Nutzung bestimmter Plattformen. In der Regel kommen Short-Sales bei Aktien von Firmen, die Anzeichen von Problemen zeigen, zur Anwendung. Vor allem bei rechtlichen Unsicherheiten, drohenden Klagen oder schwebenden Verfahren, aber auch bei operativen Schwierigkeiten, dubiosen Managementaktivitäten oder Branchenschwächen, sind Short- Sales gefragt. Hauptsächlich werden Leerverkäufe jedoch bei fundamentalen Überbewertungen eingesetzt. Dies zeigt, dass Short-Selling bei solide finanzierten, in stabilen Wirtschafts- und Währungsräumen agierenden Unter- nehmen mangels Erfolgsaussichten eher seltener zum Einsatz kommt. Leerverkäufe ermöglichen die Nutzung verschiedener Absicherungs- und Managementstrategien und können auch als Gegenstück zum Value Investing gesehen werden.13
3.3.1 Der Einfluss von Leerverkäufen auf die Markteffizienz
3.3.1.1 Short-Sales und deren Wirkung auf die Liquidität des Marktes
Leerverkäufe können auch einen Mehrwert für die angemessene Bewertung von Finanztiteln liefern und damit die Effizienz der Märkte steigern. So verdreieinhalbfach- ten sich die Bid-Ask-Spreads bei Finanztiteln während des Verbotes von Leerverkäufen im Jahre 2008 fast und stiegen im Durchschnitt von 0,42 % auf 1,45 %. Im Vergleich dazu wuchs der Spread bei einer Kontrollgruppe sehr ähnlicher Titel von 0,35 % auf 0,58 %, also nur um etwa zwei Drittel an. Das durch Leerverkäufe erhöhte Handelsvolumen reduziert wiederrum die Transaktionskosten, wodurch die Markteffizienz ebenfalls steigt.
[...]
1 Vgl. Gregoriou 2014, S. 51 ff.
2 Vgl. Petram 2011, S. 440 ff.
3 Vgl heise (Hrsg.), abgerufen am 11.02.2021, online
4 Vgl manager-magazin (Hrsg.), abgerufen am 12.02.2021, online
5 Vgl. Kempf; Lüderssen; Volk 2010, S. 307
6 Vgl. ntv.de (Hrsg.), abgerufen am 10.02.2021, online
- Arbeit zitieren
- Dennis Pillat (Autor:in), 2021, Kleinanleger gegen Hedgefonds am Beispiel Gamestop. Eine Analyse der größten Börsenstory des jungen Jahrzehnts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/999178
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