Müssen Kinder mit Down-Syndrom lesen lernen? Sind sie dazu überhaupt in der Lage? Ist es nicht ausreichend, ihnen die sogenannten Dinge des täglichen Lebens beizubringen?
Dies sind Fragen, die heute noch heftig diskutiert werden und bei denen sich die Positionen verhärten. Doch wer kann sich anmaßen, darüber zu urteilen, ob ein Kind des Lesens bedarf, oder nicht. Lesen zählt in unserer multimedialen Gesellschaft immer noch zu den grundlegendsten Kenntnissen, die eine Eingliederung in die Gesellschaft erleichtern. Man sollte also allen Menschen die Möglichkeit eröffnen, diese Technik zu erlernen und somit am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Lesen bedeutet ein Stück Selbständigkeit in der ansonsten vielfach fremdbestimmten Welt eines von Behinderung betroffenen Menschen. Das natürlich nicht alle Kinder mit Down-Syndrom das Lesen erlernen können, sollte man nicht vergessen, dies darf aber keine Entschuldigung dafür sein, dass man ihnen die Möglichkeit von vornherein verwehrt. Wie eine solche Möglichkeit aussehen kann, bzw. welche Methoden des Lesenlernens man in der Arbeit mit Kindern mit Down-Syndrom einsetzen kann, soll im Folgenden erläutert werden.
Ich werde dazu zunächst die Behinderungsart mit Ursachen und Symptomen genauer vorstellen, besonders im Hinblick auf mögliche Auswirkungen für das Lesenlernen. Dann werde ich im dritten Kapitel die Frage klären, welche Bedeutung das Lesen für Kinder mit Down-Syndrom hat, welche Zielsetzungen und Methoden damit verbunden sind. Hier werde ich dann auch einige konkrete Beispiel anführen. Abschließend werde ich versuchen, die eingangs gestellten Fragen anhand der in der Arbeit vorgestellten Ansätze zu beantworten.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Personenkreis
2.1 Das Down-Syndrom
2.1.1 Ursachen
2.1.2 Symptome
2.1.2.1 Körperlich-motorische Symptome
2.1.2.2 Kognitive Auswirkungen
2.2 Besonderheiten der Sprachentwicklung
3 Lesenlernen mit Kindern mit Down-Syndrom
3.1 Lernunterschiede
3.2 Ziele
3.3 Methoden
3.3.1 Synthetisches Verfahren
3.3.2 Ganzheitliches Verfahren
3.3.3 Verfahren nach Logan Oelwein
3.3.3.1 Die Entstehung des Verfahrens
3.3.3.2 Grundlagen und Intentionen des Programms
3.3.3.3 Vorbereitung auf das Lesen
3.3.3.4 Merkmale und Aufbau des Programms
3.3.3.5 Praktische Arbeit mit dem Programm
4 Schlusswort
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Müssen Kinder mit Down-Syndrom lesen lernen? Sind sie dazu überhaupt in der Lage? Ist es nicht ausreichend, ihnen die sogenannten Dinge des täglichen Lebens beizubringen?
Dies sind Fragen, die heute noch heftig diskutiert werden und bei denen sich die Positionen verhärten. Doch wer kann sich anmaßen, darüber zu urteilen, ob ein Kind des Lesens bedarf, oder nicht. Lesen zählt in unserer multimedialen Gesellschaft immer noch zu den grundlegendsten Kenntnissen, die eine Eingliederung in die Gesellschaft erleichtern. Man sollte also allen Menschen die Möglichkeit eröffnen, diese Technik zu erlernen und somit am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Lesenbedeutet ein Stück Selbständigkeit in der ansonsten vielfach fremdbestimmten Welt eines von Behinderung betroffenen Menschen. Das natürlich nicht alle Kinder mit Down-Syndrom das Lesen erlernen können, sollte man nicht vergessen, dies darf aber keine Entschuldigung dafür sein, dass man ihnen die Möglichkeit von vornherein verwehrt. Wie eine solche Möglichkeit aussehen kann, bzw. welche Methoden des Lesenlernens man in der Arbeit mit Kindern mit Down-Syndrom einsetzen kann, soll im Folgenden erläutert werden.
Ich werde dazu zunächst die Behinderungsart mit Ursachen und Symptomen genauer vorstellen, besonders im Hinblick auf mögliche Auswirkungen für das Lesenlernen. Dann werde ich im dritten Kapitel die Frage klären, welche Bedeutung das Lesen für Kinder mit Down-Syndrom hat, welche Zielsetzungen und Methoden damit verbunden sind. Hier werde ich dann auch einige konkrete Beispiel anführen. Abschließend werde ich versuchen, die eingangs gestellten Fragen anhand der in der Arbeit vorgestellten Ansätze zu beantworten.
2 Der Personenkreis
Im folgenden Kapitel möchte ich den Personenkreis der vom Down-Syndrom Betroffenen kurz darstellen und in Grundzügen Ursachen und Symptome anführen, die für den Umgang mit diesen Kindern im Unterricht relevant sind und jeder Lehrperson bekannt sein sollten.
2.1 Das Down-Syndrom
Das Down-Syndrom wird der Gruppe der geistigen Behinderungen zugeordnet. Der Name geht zurück auf John Langdon Down, der 1866 in einer Arbeit körperliche Besonderheiten dieser Behinderungsart herausstellte und sie somit in einer abgrenzbaren Einheit zusammenfasste. Das Syndrom war zu dieser Zeit besser bekannt unter der Bezeichnung Mongolismus, die ebenfalls durch Down geprägt wurde und auf das leicht orientalische Aussehen der vom Down-Syndrom betroffenen Kinder zurückzuführen ist. Dieser Begriff wird heute nicht mehr verwendet, da er häufig im Zusammenhang mit Idiotie verwandt wurde. Eine Verbindung, die nach dem heutigen Forschungsstand nicht mehr tragbar ist. Auf Grund der Ursache des Syndroms, die im nun folgenden Kapitel erläutert werden soll, spricht man heute neben dem Begriff ,,Down-Syndrom" vornehmlich von Trisonomie 21. (vgl. Püschel, 1987, S.18 ff)
2.1.1 Ursachen
Bereits seit über hundert Jahren beschäftigen sich verschiedene Wissenschaftler mit dem Phänomen Down-Syndrom. Doch erst Mitte der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts ermöglichten neuentwickelte Labormethoden die Bestätigung früher aufgestellter Hypothesen. So hatte bereits 1932 der Augenarzt Waardenberg den Verdacht, dass die Ursachen des Syndroms in einer „Chromosomenaberration" liegen könnten, was dann auch 1959 durch verschiedene Forschergruppen bestätigt wurde. (vgl. Ohlmeier, 1997, S. 17f)
Diese fanden heraus, das bei Kindern mit Down-Syndrom statt der üblichen 46 Chromosomen 47 vorhanden sind. So weisen diese Kinder drei, anstatt der üblichen zwei, Chromosome 21 auf, es liegt eine Trisonomie vor. Da die Chromosome die individuelle Persönlichkeit eines Menschen bestimmen, führt diese Abweichung in der Anordnung der Chromosomen zu typischen Symptomen, die im folgenden Kapitel erläutert werden sollen. (vgl. Püschel, 1987, S.21ff)
Auf eine detailliertere Erläuterung der Ursachen wird bewusst verzichtet, da diese den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde. Der geneigte Leser wird gebeten, dies eigenständig nachzulesen. Für diese Arbeit ist es ausreichend, zu wissen, dass diese Form der Behinderung auf eine chromosomale Störung zurückgeht, die eine veränderte Entwicklung bei den betroffenen Kindern bewirkt.
2.1.2 Symptome
Im nun folgenden Kapitel werde ich kurz die mit dem Down-Syndrom üblicherweise verbundenen Symptome darstellen. Die Darstellung wird sich dabei hauptsächlich auf die für die Thematik relevanten Symptome beschränken. Es handelt sich hierbei um Verallgemeinerungen, das heißt, diese Merkmale können alle oder teilweise auftreten und sind von Kind zu Kind unterschiedlich in ihrer Ausprägung.
2.1.2.1 Körperlich-motorische Symptome
Wichtige Symptome im Bezug auf das Lesenlernen sind die Abweichungen in der Ausbildung von Augen, Ohren und Mund.
Im Bereich der Augen beschäftigt uns hierbei weniger die ungewöhnliche Stellung derselben, sondern vielmehr die Tatsache, dass bei Kindern mit Down-Syndrom vermehrt Kurz- und Weitsichtigkeit auftreten, „ebenso grauer Star (Katarrakt) und Nystagmus (schnelles Hin- und Herzittern der Augen, auch Keratokonus (abnorme Hornhautverkrümmung)." (Püschel, 1987, S.36)
Dies sind Dinge, die gerade zu Anfang des Leselernprozesses überprüft werde sollten, um weitere Beeinträchtigungen in der Lernfähigkeit durch äußere Einflüsse möglichst gering zu halten.
Gleiches gilt für die Ohren. Diese sind häufig „auffallend klein" (Püschel, 1987, S.36), die Form kann verändert sein und der Ansatz tiefer als gewöhnlich. Durch einen schmalen Gehörgang kann es oftmals zu Flüssigkeitsansammlungen kommen, die dann zu Mittelohrentzündungen führen können, was letztlich zu einer Beeinträchtigung des Hörvermögens führen kann. (vgl.Püschel, 1987, S.36) So berichtet Logan Oelwein von einem vierjährigen Jungen, der so viel Ohrenschmalz in seinem Gehörgang hatte, dass er furchtbare Schmerzen litt, was letztlich zu vermehrtem aggressivem Verhalten führte, welches niemand erklären konnte. Erst als ein Arzt den Gehörgang säuberte, ließ seine Aggression nach. (vgl. Logan Oelwein, 2000, S.21f) Lern- und Verhaltensstörungen können also durchaus durch körperliches Unbehagen ausgelöst werden, welches es zu vermeiden gilt. Dies gelingt jedoch nur, wenn man sich diesen Zusammenhängen bewusst ist.
Auch im Bereich des Mundes können motorische Beeinträchtigungen auftreten, die das Lernverhalten negativ beeinflussen können. So führt die Hypotonie der Muskulatur dazu, dass der Unterkiefer schlaff herunterhängt und die Zunge auf der Unterlippe ruht, das Sprechen wird hierdurch erschwert, die Sprachentwicklung verzögert. (vgl. Ohlmeier, 1997, S. 26) Dies werde ich jedoch in Kapitel 2.2 genauer erläutern.
2.1.2.2 Kognitive Auswirkungen
Die Auswirkungen des Down-Syndroms auf die kognitive Entwicklung der betroffenen Kinder sind als sekundäre Behinderung anzusehen. Diese Bezeichnung enthält keinerlei Bewertung des Schweregrades der Behinderung, sondern trifft eine Aussage darüber, ob die
Beeinträchtigung von der Behinderung selbst, oder von mit ihr verbundenen Folgen ausgeht. So ist zum Beispiel ein primäre Behinderung der vom Down-Syndrom Betroffenen der verengte Hörgang, eine sekundäre Behinderung wäre die erhöhte Neigung zu Mittelohrentzündungen, bedingt durch diese Verengung. Eine sekundäre Behinderung geht also immer auf eine primäre zurück.
Im Bereich der kognitiven Entwicklung nimmt man vorwiegend sekundäre Behinderungen an. (vgl. Ohlmeier, 1997, S.16f./S.51ff.) So kommt es zu Entwicklungsverzögerungen, die je nach Kind an der unteren Grenze der als Norm angenommen Werte liegen können, oder aber dem Bereich der schweren Behinderungen zugeordnet werden (vgl. Püschel, 1987, S.43 ff.). Die zeitliche Verschiebung kann hierbei bis zu drei Jahren betragen.
Ein Kind mit Down-Syndrom erwirbt Fähigkeiten wie das Sitzen, Krabbeln, Gehen, Stehen und auch das Sprechen verzögert, bedingt durch eine bestehende Bindegewebsschwäche mit Überstreckbarkeit der Gelenke und einer Hypotonie der Muskulatur (vgl. Ohlmeier, 1997, S. 51). Es fehlen ihm hierdurch wichtige Entwicklungsreize, die für die Ausbildung der kognitiven Fähigkeiten unabdingbar sind. Das Kind ist nicht in der Lage, sich ein eigenständiges ,,'Bild' von seiner näheren Umgebung [zu] machen [...]" (Ohlmeier, 1997, S.51). Es kann sich nicht handelnd mit ihr auseinandersetzen, eine Fähigkeit, die gerade in der sensomotorischen Phase der Entwicklung grundlegend ist, da das Kind die Welt in dieser Zeit dadurch erlebt, dass es sie „begreift". (vgl. Lefrancois, 1994, S.130 ff.)
Das Kind mit Down-Syndrom ist hierzu in unterschiedlich starker Ausprägung nicht in der Lage und seine kognitive Entwicklung ist dementsprechend verzögert. Die Abstraktionsfähigkeit ist meist eingeschränkt. Die Sprach- bzw. Sprechfähigkeit entwickelt sich bei einem Teil der Kinder erst mit etwa 6-8 Jahren. Gründe und Auswirkungen möchte ich im folgenden Kapitel erläutern.
2.2 Besonderheiten der Sprachentwicklung
Die Entwicklung der Sprache kann bei Kindern mit Down-Syndrom teilweise stark verlangsamt sein. Dies fällt meist erst nach „Vollendung des ersten Lebensjahres auf, bahnt sich aber vorher an." (Ohlmeier, 1997, S.52)
Man nimmt zwei Gründe für die Verzögerung an. Zunächst setzt die handelnde Auseinandersetzung mit der Umwelt später ein, was die Begriffsbildung erschwert. Des weitern ist die Sprachmotorik der Kinder stark eingeschränkt.
[...]
- Citation du texte
- Catrin Schmitz (Auteur), 2000, Lesenlernen mit Kindern mit Down-Syndrom, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99879
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