Diese Arbeit entspricht einem Unterrichtsentwurf im Fach Geschichte zu dem Thema "Friedrich Wilhelm IV – Unterstützer oder Verräter der Revolution." Die Schüler sollen in arbeitsteiliger Partnerarbeit seine Ablehnung gegenüber der Kaiserkrone beurteilen.
Das Kernanliegen dabei liegt, dass die Schülerinnen und Schüler die Ablehnung der Kaiserkrone des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV beurteilen, indem sie arbeitsteilig zueinander kontroverse schriftliche Quellenauszüge zur Haltung des Monarchen miteinander vergleichen und erweitern, so ihre Sach- und Urteilskompetenz.
Die Teilziele beinhalten zum Beispiel das Interpretieren einer Karikatur, das Analysieren unterschiedlicher Quellenauszüge und das Vergleichen dieser Quellenauszüge.
1. Diagnose der Lernausgangslage
Die vorgestellte Lerngruppe setzt sich aus 16 (8 Schülerinnen; 8 Schüler) Schülerinnen und Schülern zusammen. Durch Umbauarbeiten und dem gebotenen Gesundheitsschutz findet der Geschichtsunterricht im Grundkurs der Q1 in Containern statt, die eigens für die Q1 verwendet werden und sich etwas abseits vom Schulgebäude, nahe der Sporthalle finden. Die räumliche Ausstattung lässt dabei als recht komfortabel bezeichnen, da hinsichtlich des Arbeitsklimas und der allgemeinen Lautstärke durch Lüftungen ein geringeres Risiko für externe Unterrichtsstörungen herrscht. Ein OHP-Projektor ist ebenso vorhanden, wie eine klassische Kreidetafel. Die Schülerinnen und Schüler sitzen in Reihenform zum Lehrerpult ausgerichtet. Auch wenn die Schülerinnen und Schüler kontinuierlich das Tragen der Mund-Nasen-Schutzmasken während des Unterrichts pflegen, verzichte ich im Sinne der Schülerinnen und Schüler auf weiträumige kooperative Methoden, wenn ich sie anderweitig durch adäquate methodische Lösungen kompensieren kann. Kurz vor Ausbruch der Pandemie und der Schulschließungen im März unterrichtete ich die Lerngruppe bereits kurzzeitig, als sie noch in der Einführungsphase war. Ein Unterrichtsbesuch war auch geplant, fiel aber wegen der Schließungen weg. Den Ausbildungsunterricht setzte ich in der Lerngruppe auf Distanz fort. Zu Beginn des neuen Schuljahrs hospitierte ich dann zunächst und übernahm die Unterrichtsgestaltung schließlich eigenständig. Ich konnte mir daher ein recht zutreffendes Bild zu Arbeits- und Sozialverhalten sowie die Spezifika der Schülerinnen und Schüler machen: Die Lerngruppe erscheint mir insgesamt als sehr sozial und umgänglich. Unterrichtsstörungen kommen in der Regel nicht vor. Hinsichtlich der Lernbereitschaft und des Lernstandes ließ sich bei einigen Schülerinnen und Schüler eine leistungsbezogene Motivation und das Interesse der am Fach beobachten. Insgesamt erscheint das Niveau als nicht gesamtschuluntypisch in Teilen leistungsheterogen und in einem Fall auch mit sprachlichen Barrieren. Dies berücksichtige ich entsprechend durch verschiedene Maßnahmen der Binnendifferenzierung sowie einer sprachsensiblen Aufberei- tung1 der Unterrichtsgegenstände. Ein besonderes Spezifikum der Lerngruppe ist es, dass insgesamt ein sehr stilles und zurückhaltendes Arbeitsklima herrscht. Den Hemmungen der Schülerinnen und Schüler wirke ich mit kooperativen Arbeitsphasen nach dem Think-Pair-Share-Prinzip2 und weiteren binnendifferenzierenden Maßnahmen entgegen (Siehe methodisch-mediale Entscheidungen). Die zu erarbeitenden Quellenauszüge habe ich an sprachlich schwierigen Stellen im Sinne der Lesbarkeit gekürzt und an anderer Stelle stattdessen bewusst mit Annotationen versehen, sodass genügend Raum für schülerbezogene Alteritätserfahrung3 besteht.
Um ebendiese zu begünstigen, setze ich in meiner Unterrichtsreihe einen deutlichen Schwerpunkt auf die Arbeit mit Quellen. Da etwa die Hälfte der Schülerinnen und Schüler Klausuren im Fach Geschichte schreiben und die nächste Leistungskontrolle eine Quelleninterpretation beinhaltet, werden sie im methodischen Umgang mit ebendiesen zusätzlich habitualisiert. Insgesamt achte ich auf eine angemessene Abdeckung der wichtigsten zeitlichen Entwicklungsebenen. Das Einüben methodischer Kompetenzen, wie der Umgang mit politischen Karikaturen um die Zeit steht ebenso im Fokus, wie die Förderung von Sach- und Urteilskompetenzen. Zur Unterstützung des heuristischen Prozesses arbeite ich mit einem Reihenübergreifendem Tafel- bzw. Folienbild (M1). Zu Friedrich Wilhelm IV. kennen die Schülerinnen und Schüler bisher nur seine (den Revolutionären aufgeschlossene) Reaktion auf die Barrikadenkämpfe in Berlin. Aus der letzten Stunde kennen sie die Probleme und wichtigsten Beschlüsse der Paulskirchenversammlung. An ebenjenes Vorwissen wird in der Stunde insbesondere angeknüpft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Ziele und Kompetenzzuwachs
2.1. Kernanliegen
Die Schülerinnen und Schüler beurteilen die Ablehnung der Kaiserkrone des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., indem sie arbeitsteilig zueinander kontroverse schriftliche Quellenauszüge zur Haltung des Monarchen miteinander vergleichen und erweitern so ihre Sach- und Urteilskompetenz .4
2.2. Teilziele
- Die Schülerinnen und Schüler interpretieren die Karikatur „Es ginge wohl aber es geht nicht“ vor dem Hintergrund ihrer Vorkenntnisse. Sie zeigen dies durch mündliche Beiträge.
- Die Schülerinnen und Schüler analysieren arbeitsteilig unterschiedliche Quellenauszüge zu Friedrich Wilhelm IV. nach vorgegebenen Kriterien. Sie zeigen dies, indem Sie das Arbeitsblatt beschriften.
- Die Schülerinnen und Schüler vergleichen die Quellenauszüge aspektgeleitet. Sie zeigen dies, indem Sie sin Partnerarbeit diskutieren.
- Die Schülerinnen und Schüler erkennen die Gesamtkorrelation des Handels Friedrich Wilhelms IV., indem sie die Ergebnisse der Quellenanalyse und des Austauschs präsentieren.
- Die Schülerinnen und Schüler beurteilen die Ablehnung der Kaiserkrone vor dem Hintergrund der Gesamtkorrelation der Quellenauszüge. Sie zeigen dies, indem Sie im Ple- numein Fazit formulieren.
3. Didaktische Analyse
Sowohl der Kernlehrplan für das Fach Geschichte für die gymnasiale Oberstufe in NRW5 als auch der schulinterne Lehrplan der Gesamtschule6 schreiben die
Thematisierung von Nationalismus, Nationalstaat und deutsche Identität im 19. und 20. Jahrhundert (Inhaltsfeld 1 des Kernlehrplans) vor. In dieser Unterrichtssequenz wird dieser Gegenstand aufgegriffen: In Folge der deutschen Märzrevolution kam es in Berlin zu Barrikadenkämpfen, worauf der preußische Herrscher Friedrich Wilhelm IV. zunächst Widerstand leistet, dann aber seine Truppen aus der heutigen Hauptstadt abziehen ließ.7 Bevor zunächst die ersten Schritte zur Herstellung der deutschen Einheit unternommen werden konnten, traten 574 Männer in Frankfurt zum Nationalversammlung zusammen, welche sich erstmals am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche zusammenfand.8 Das sogenannte „Professorenparlament“ sorgte für einen Konsens zwischen Demokraten, Liberalen und Konservativen bei der Entscheidungsfindung diverser Streitpunkte. Über mehrere Monate diskutierte man beispielsweise über die Grundrechte, die Staatsform, das Wahlrecht und auch die Verfassung.9 Neben diesen Aspekten beschäftigte man sich mit der Grenzziehung des deutschen Gebietes. Hierzu unterschied man zwischen der großdeutschen Lösung, welche für eine Aufnahme des gesamten österreichischen Reiches bedeuten sollte und der kleindeutschen Lösung, bei der man sich unter die Regentschaft der Preußen stellte. Diese Entscheidung wurde durch die Mehrheit der Nationalversammlung mit der Reichsverfassung vom 28. März 1849 beschlossen.10 Des Weiteren forderte man ein Staatsoberhaupt, welches sich „Kaiser der Deutschen“ nennen durfte.11 Dieses Staatsoberhaupt sollte Friedrich Wilhelm IV. werden, indem man ihm die Kaiserkrone anbot. Der König lehnte dies 3. April 1849 ab, da er diese seinem Selbstverständnis nach als unwürdig erachtete.12 Die Kaiserkrone hätte er möglicherweise aus den Händen der Fürsten angenommen, die Krone des Volkes lehnte er unter diesen Umständen jedoch entschieden ab, da diese aus „Dreck und Letten gebacken“ sei.13
Der Gegenstand der Revolution 1848/49 gilt im Allgemeinen als nicht besonders gegenwartsrelevant für jugendliche Lerner. Der historische Kontext mit seinen vielschichtigen und komplexen Entwicklungssträngen ist oftmals zu abstrakt und weit von der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler weg, als dass er aufrichtiges Interesse von Jugendlichen wecken vermag. Aus diesem Grund habe ich versucht, das Partizipationsbestreben der bürgerlich-liberalen Gesellschaft in dieser Stunde mit der Person Friedrich Wilhelms IV. zu verknüpfen. Das Potenzial des Gegenstands liegt in der Widersprüchlichkeit der Herrscherpersönlichkeit Friedrich Wilhelms IV. und der damit verbundenen Motivationskraft: Der König zeigt sich auf der einen Seite volksnah und kompromissbereit und verzichtet auf der anderen Seite jedoch auf die Kaiserkrone und die damit verbundene Autorität, anstatt sich an eine Verfassung zu binden, die ihn als Reichsoberhaupt und Träger der Regierungsgewalt in allen Reichsangelegenheiten akzeptiert. Eine solche Tatsache macht zunächst stutzig und dann neugierig. Sie weckt das Interesse, mehr über die Persönlichkeit des Königs und über die Hintergründe zu erfahren. Zudem liegen – im Sinne Klafkis – im Handeln der Person Friedrich Wilhelms IV.
[...]
1 Bernhardt, Markus; Conrad, Franziska: Sprachsensibler Geschichtsunterricht. Sprachliche Bildung als Aufgabe des Fachs Geschichte, in: Geschichte Lernen; 182 (2018), S. 2.
2 Adamski, Peter: Gruppen- und Partnerarbeit im Geschichtsunterricht, historisches Lernen kooperativ (Methoden historischen Lernens), Schwalbach/Ts.2 2013, S. 7ff.
3 Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.): Kernlehrplan für die Sek. II Gymnasium / Gesamtschule in NRW. Geschichte, 2013, S. 27. (Konkretisierte Sachkompetenz: [Sie] erläutern Zusammenhänge von Ereignissen, Entwicklungen, Strukturen sowie dem Denken und Handeln von Personen vor dem Hintergrund der jeweiligen historischen Rahmenbedingungen und Handlungsspielräume (SK4))
4 Ebd., S. 27. (Konkretisierte Urteilskompetenz: [Sie] beurteilen in Grundzügen das Handeln historischer Akteurinnen und Akteure und deren Motive bzw. Interessen im Kontext der jeweiligen Wertvorstellungen und im Spannungsfeld von Offenheit und Bedingtheit (UK1),
5 Ebd., S. 40.
6 Schulinternes Curriculum der Gesamtschule: Geschichte Sek II, S. 10.
7 Johannsen, Rolf H: Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Sanssouci und die Residenzprojekte 1814 bis 1848, Kiel 2007, S. 112
8 Ebd., S. 114f.
9 Wollstein, Günter: Vorparlament und Paulskirche, In: Informationen zur politischen Bildung 265 (2006), S. 27f.
10 Gruner, Wolf: Die deutsche Frage. Ein Problem der europäischen Geschichte seit 1800, München 1985, S. 87.
11 Buchners Kolleg Geschichte: Von der Französischen Revolution bis zum Nationalsozialismus, Bamberg 2015, S. 126.
12 Wollstein, Günter: Scheitern eines Traumes, in: Informationen zur politischen Bildung 265 (2006), S. 57.
13 Buchner, Rudolf: Deutsche Geschichte im Europäischen Rahmen, Darmstadt 1975, S. 333.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2021, Die deutsche Revolution 1848/49 und Friedrich Wilhelm IV. Beurteilung seiner Ablehnung der Kaiserkrone (Unterricht im Fach Geschichte, gymnasiale Oberstufe), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/997591
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