Bei dem Entwurf von Gebäuden ist der Architekt in großem Maße auf die Rückmeldung der Bauherren angewiesen. Der Architekt ist nicht nur gesetzlich dazu verpflichtet seinen Gebäudeentwurf klar und verständlich zu präsentieren, er kann auch aus einer deutlichen Entwurfspräsentation die Zustimmung und damit die Bestätigung die Bauherren schlussfolgern. Erst so kann ein zielführendes, qualitatives Produkt entstehen, welches zur vollumfänglichen Zufriedenheit des Kunden führt.
Besonders beim Bau von Einfamilienhäusern, welche vorwiegend von Privatpersonen beauftragt werden, ist eine zielgenaue Vermittlung des Gebäudeentwurfes notwendig. Privatpersonen werden meist zum ersten Mal mit den Darstellungsweisen eines Architekten konfrontiert und nehmen gleichzeitig die sensible Position als Entscheidungsträger wahr. Aufgrund der langen Ausbildung und Berufserfahrung des Architekten, hat dieser ein beachtliches Repertoire an Beispielobjekten und kontraproduktiven Gestaltungskombinationen kennengelernt. Gleichzeitig nimmt er, begründet durch seine Ausbildung und Erfahrung, Gebäude aus einem völlig anderen, eventuell pragmatischeren Standpunkt wahr wie der Bauherr. Für diesen steht im Wesentlichen die Ästhetik seines Gebäudes im Vordergrund. Dies führt zu einer unterschiedlichen Ansicht bzw. Interpretation von Raumqualität auf beiden Seiten.
Um hier zu einer Übereinstimmung zu gelangen, sind die gewählten Darstellungsweisen des Architekten das wichtigste Transportmedium. Diese zeigen den geplanten, noch nicht realisierten Gebäudeentwurf, welchen es von den Bauherren zu interpretieren und zu bewerten gilt. Diese werden jedoch von ungeübten Planlesern, aufgrund der eingesetzten Fach- und Objektsprache, oft fehlinterpretiert. Um diesem Problem entgegenzuwirken, orientieren sich Architekten zunehmend an der natürlichen, menschlichen Wahrnehmung und passen ihre Darstellungsweisen weitestgehend an diese an. Dieses Vorhaben weist jedoch weiterhin große Defizite in der Ausführung auf. Die vermittelten Informationen müssen immer noch vom Empfänger aufwendig dekodiert werden, was seine objektive Meinung beeinträchtigt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 These
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau und Methodik
2 Vermittlung von Architekturentwürfen
2.1 Der Bauherr
2.2 Der Architekt
2.3 Der Kommunikationsprozess
2.3.1 Der Einzelbauherr als Architektur-Laie
2.3.2 Wahrnehmungsunterschiede zwischen Experten und Laien
2.3.3 Projektpräsentation als Kommunikationsgrundlage
2.4 Kommunikationsprozess des Architekten
2.4.1 Kodierung
2.4.2 Kanal
2.4.3 Kommunikationsbarrieren
2.4.4 Abstraktionsgrade bei Architekturdarstellungen
2.4.4.1 Skizze
2.4.4.2 Architekturzeichnung
2.4.4.3 Schrägansichten
2.4.4.4 Architekturmodell
2.5 Menschliche Wahrnehmung
2.5.1 Werkzeuge der Wahrnehmung
2.5.2 Kreisprozess der Wahrnehmung
2.5.3 Das Sehen als wichtigste Grundlage der Wahrnehmung
2.6 Räumliche Vorstellungskraft
2.6.1 Theorie der menschlichen Intelligenz
2.6.2 Teilkomponenten des räumlichen Vorstellungsvermögens
2.6.3 Die räumliche Wahrnehmung
2.6.4 Die Entwicklung der Raumvorstellung
2.7 Resümee
3 Raumqualität
3.1 Der Raum
3.2 Die Qualität
3.3 Merkmale von Raumqualität
3.4 Wertung von Raumqualität
3.4.1 Vorstellung von Raumqualität bei Architekten
3.4.2 Vorstellung von Raumqualität bei Einzelbauherren von Einfamilienhäusern
3.5 Vermittlung von Raumqualität
3.6 Resümee
4 Echtzeitvisualisierung
4.1 3D-Spiele-Engine
4.1.1 Grafik-Engine
4.1.2 Physik-Engine
4.1.3 Soundsystem
4.1.4 Steuerungssystem
4.1.5 Netzwerk-Code | Datenmanagement | Scripting
4.1.6 Beschreibung der Spiele-Engine und Potentiale für die Architektur
4.2 Aktueller Entwicklungstand von Grafik-Engines
4.3 Echtzeitvisualisierungsbeispiele
4.4 Resümee
5 Virtual Reality
5.1 Begriffsdefinition Virtual Reality
5.2 Aktueller Entwicklungstand
5.2.1 VR-Smartphone Adapter
5.2.2 Auf das Sitzen ausgerichtete VR-Systeme
5.2.3 Auf das Stehen ausgerichtete VR-Systeme
5.2.4 Für Spielekonsolen konzipierte VR-Brillen
5.2.5 CAVE Systeme
5.3 Marktentwicklung und Akzeptanz
5.4 Virtuelle Realität in der Architektur
5.4.1 360° Panoramen und Videos
5.4.2 Photogrammetrie
5.4.3 Echtzeitvisualisierung
5.5 Resümee
6 Fazit
7 Konzeption
7.1 Relevante Onlineplattformen + VR-Programme
7.1.1 Architizer.com
7.1.2 Sketchfab
7.1.3 Destinations
7.1.4 VIEW
7.2 Zielsetzung
7.3 Nutzen für Architekt und Bauherr
7.4 Bereitstellung von Projekten
7.5 Qualitätsüberwachung
7.6 Finanzierung
7.7 Zielgruppe
7.8 Hilfestellungen
7.9 Weitere Perspektiven
8 Produkt
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 | Verteilung der fertiggestellten Wohngebäude und darin befindliche Wohnungen in Deutschland im Jahr 2014 sortiert nach Art des Bauherren
Abbildung 2| Praxisbeispiel Perspektivische Architekturskizze
Abbildung 3|Praxisbeispiel Entwurfsplanungszeichnung eines Einfamilienwohnhauses
Abbildung 4|Praxisbeispiel Bauantragszeichnung eines Einfamilienwohnhauses62
Abbildung 5|Praxisbeispiel Werkplanungszeichnung eines Einfamilienwohnhauses62
Abbildung 6|Gegenüberstellung Grundriss und Architekturfoto
Abbildung 7|Praxisbeispiel Axonometrie einer Wohnsituation
Abbildung 8|Architektur-Vedeute (Gemäldegalerie Berlin) - Fluchtpunkt und Fluchtlinien
Abbildung 9|Praxisbeispiel Perspektive einer Gartensituation eines Einfamilienwohnhauses
Abbildung 10|Einfamililienwohnhaus in Bochum
Abbildung 11|Praxisbeispiel Präsentationsmodell eines Einfamilienwohnhauses
Abbildung 12|Komponenten des Kreisprozesses menschlichen Erkennens103
Abbildung 13|Ein Würfel aus Kanten welcher objektiv nicht existiert
Abbildung 14|House S von Hiroyuki Shinozaki, Foto und Ästhetische Grundrissdarstellung
Abbildung 15|Dimensionen von Qualität
Abbildung 16|Variantenbildung eine Computeranimierten Ikea-Küche
Abbildung 17|Ikea Küchendesigner (links) | Ikea Küchenplaner (rechts)
Abbildung 18|Ikea VR Experience
Abbildung 19|Audi VR Exoerience173
Abbildung 20|GFLOPS Performance CPU + GPU71
Abbildung 21|Links: Star Wars The Arcade Game208 | Rechts: Wolfenstein 3D214
Abbildung 22|Links: Quake215 | Rechts: Half-Life217
Abbildung 23|Links: Unreal | Rechts: FarCry21976
Abbildung 24|Links: Unreal Tournament 3222 | Rechts: Crysis224
Abbildung 25|Leistungsvergleich GPUs | GTX1080 (2016) zu GTX980 (2014)
Abbildung 26|Impressionen aus dem echtzeitgerenderten Kurzfilm Adam
Abbildung 27|Unreal-Engine 4 Visualisierung eines Berliner Loft von Xoio
Abbildung 28|Unreal-Engine 4 Visualisierung vom Barcelona Pavillon
Abbildung 29|Interaktive Unity-5-Engine Demo von ArchVizPRO_Interior_Vol.2
Abbildung 30|Unreal-Engine 4 Visualisierung eines Chalet in den Bergen von Xoio
Abbildung 31|Sensorama Werbeplakat und Patentzeichnung
Abbildung 32|Links: EyePhone | Rechts: Virtuality Gaming System
Abbildung 33|Links: CyberMaxx | Rechts: VFX-1
Abbildung 34|Links: Google Cardboard | Rechts: Samsung GearVR
Abbildung 35|Links: Oculus Rift mit Kamera und Controller| Rechts: Oculus Touch
Abbildung 36|HTC-Vive mit Controllern und Basisstationen
Abbildung 37|Sony Morpheus mit Move Controllern
Abbildung 38|Visubox Cave Systeme Links: 2 Projektionsflächen | Rechts: 4 Projektionsflächen
Abbildung 39|Umsätze mit Virtual, Augmented und Mixed Reality in Deutschland (Mio. €)
Abbildung 40|Everest-VR - eine virtuelle Bergtour in Echtzeit (Mit der Unreal-Engine 4)
Abbildung 41|360° Panorama eines Hotelzimmers
Abbildung 42|Screenshot aus Realitis: Berlitz-Heilstätten
Abbildung 43|Screenshot aus Architizer-iPad-App
Abbildung 44|Screenshot aus Sketchfab-VR
Abbildung 45|Screenshot aus dem Programm Destinations
Abbildung 46|Screenshot aus der VIEW3 Plattform
1 Einleitung
Derzeit ist die Virtual Reality erneut, wie bereits in den neunziger Jahren, in aller Munde. Diese Technologie ist mit Hilfe von technischen Gerätschaften in der Lage, die menschliche Wahrnehmung derart zu täuschen, dass der Mensch das Gefühl hat er befände sich an einem anderen Ort. Aktuell wird diese Technik gefühlt bis ins unermessliche hochgelobt. Es bleibt jedoch ungewiss, ob das Versprechen von einer neuen, nie da gewesen, perfektionierten virtuellen Realität dieses Mal gehalten werden kann.
Sollte dies der Fall sein, ist es durchaus vorstellbar, dass die VR-Technologie in vielen Unternehmen, insbesondere in der Design- und Prototypenbranche, ein neues Werkzeug zur Visualisierung und somit zur Kommunikation bereitstellen werden wird. Da herausragende Architektur in erheblichem Maße von der Kommunikation abhängig ist, besonders bei der Vermittlung von Architekturentwürfen zwischen Bauherr und Architekt, wird die virtuelle Realität auch hier die Arbeitsweise verändern können. Bisher wurden dem Bauherrn Architekturentwürfe anhand von Übersetzungen in Plänen, computergenerierten Perspektiven und Modellen präsentiert. Speziell Bauherren von Einfamilienhäusern werden meist zum ersten Mal mit dem Thema des Bauens und den Darstellungsweisen eines Architekten konfrontiert. Diese bekannten Darstellungsweisen bestehen vorwiegend aus einer gelernten Fachsprache, welche dem Bauherrn unbekannt ist. Selbst nach Erlernen dieser Fachsprache, geht dem Architekten ein jahrelanges Training voraus, welches vor allem die Vorstellungskraft fördert um beispielsweise zweidimensionale Entwurfszeichnungen in ein gedanklich räumliches Konstrukt umzuwandeln. Diese Informationsasymmetrie zwischen Bauherr und Architekt, wird bereits versucht mit Hilfe von Architekturmodellen zu beheben. Ohne diese ist ein Architekt, laut Aussage vieler Experten, nur schwer in der Lage einen Entwurf zu erzeugen und gegenüber Fachfremden verständlich zu kommunizieren. Weiterhin wurden bereits perspektivische Skizzen und Plandarstellungen erfolgreich durch CAD- und Zeichenprogramme abgelöst. Es ist zwar eine verbreitete Arbeitsweise, Gebäude als 3D-Modell im Computer zu erstellen, jedoch enden die Ergebnisse aus diesem räumlichen Modell lediglich in zweidimensionale Abbildungen auf dem Papier oder auf Computerbildschirmen. Für den ungeübten Betrachter zeigen sich hier teils schwer verständliche Darstellungen, welche zudem aufgrund von perspektivischen Eigenarten (ähnlich wie bei Fotos) die Gefahr bergen, falsch interpretiert zu werden. Einzig physische Modelle lassen ein plastischeres Erlebnis zu. Hier stellt sich jedoch durch die nötige Abstraktion und die Verzerrung durch den verkleinerten Maßstab, eine andere Perspektive ein, welche nicht gänzlich die letztendliche Qualität von Raum und Gebäude darstellen kann.
An diesem Schnittpunkt kommt die Virtuelle Realität zum Tragen. Diese kann mittels aktueller 3D-Technologien dazu genutzt werden, Architekturentwürfe vor ihrer Errichtung erfahrbar zu machen ähnlich zu einem Architekturmodell, jedoch mit detaillierteren Materialien und im Maßstab 1 zu 1, physisch und räumlich betrachtet zu werden. Es stellt sich hierbei zusätzlich die Frage, wie aufwendig die Umsetzung in die virtuelle Realität ist und ob dadurch frühere Arbeitsweisen ersetzt bzw. sogar verbessert werden können.
Der frühere Versuch die Virtual Reality gesellschaftstauglich zu machen, scheiterte aufgrund von unbefriedigender Technik und Rechenleistung. Sollte die Akzeptanz der seit Anfang 2016 erhältlichen, mit modernster Technik versehenen Virtual Reality Brillen, rapide ansteigen, würde sich dies auch auf den Workflow in der Architektur auswirken und zu einer effizienteren sowie zielführenderen Kommunikation zwischen Bauherren und Architekten beitragen. Insbesondere könnte sich diese Technik zu einem Mehrwehrt bei der Vermittlung von Raumqualität, für Einmalbauherren von Einfamilienhäusern entwickeln.
1.1 These
Der Einsatz von aktueller VR Technologie in der Entwurfspräsentation von Einfamilienhäusern, lässt die Vermittlung von Raumqualitäten zwischen Architekten und Einzelbauherren effizienter und begreifbarer gestalten, als mit bisherigen Visualisierungsmöglichkeiten.
1.2 Zielsetzung
Ziel meiner Arbeit ist es, mit Hilfe von theoretischen Erkenntnissen, Expertenwissen, Beispielen und Analysen zu belegen, dass die technisch aktuellen Möglichkeiten der Virtuellen Realität, vom Architekten als verständliches Vermittlungsmedium benutzt werden kann. Im Fokus steht hier insbesondere die Experten-Laien Kommunikation zwischen Einzelbauherren und Architekten, sowie die Benutzbarkeit und Flexibilität der eingesetzten Software. Im Rahmen dieser Arbeit kann ein Format umgesetzt werden, welches eine Möglichkeit für eine verständlichere, leichter zu nutzende Kommunikationsform aufzeigt.
1.3 Aufbau und Methodik
Im ersten Teil dieser Arbeit wird sich mit dem Wissenstand von Architekt und Bauherr beschäftigt. Der Bauherr wird anschließend kategorisiert und anhand dieser Grundlage wird der Einzelbauherr von Einfamilienhäusern näher betrachtet. Hierbei steht die Experten-Laien Kommunikation sowie die verschiedenen Darstellungsformen des Architekten im Mittelpunkt. Die Kommunikation über diese Darstellungsformen ist im Wesentlichen von der menschlichen Wahrnehmung abhängig, welche anschließend näher untersucht wird. Als wesentlicher Teil der Wahrnehmung wird über das räumliche Vorstellungsvermögen ein Bezug zur Architektur hergestellt, welcher daraufhin analysiert wird.
Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Umsetzung, welche dazu nötig ist um Architektur mittels Virtual Reality effizienter und begreifbarer zu vermitteln. Dazu wird die Raumqualität analysiert und Beispiele aufgezeigt, wie diese bislang vermittelt wird. Die für die Virtuelle Realität nötigen Echtzeit-Spiele-Engines werden im darauffolgenden Abschnitt näher betrachtet. Die hier gezeigten Beispiele, zeigen den gegenwertigen Einsatz und dessen Qualität im Vergleich zu herkömmlichen Visualisierungsmethoden.
Im letzten Abschnitt werden alte und gegenwertige Virtual Realitysysteme näher betrachtet und ein Bezug zur Architektur hergestellt. Beispielhaft werden hier Umsetzungsmöglichkeiten näher beschrieben.
Alle Abschnitte sollen gemeinsam zur Konzeption führen, aus der sich im letzten Schritt das Produkt ergibt.
2 Vermittlung von Architekturentwürfen
Im Fokus des folgenden Abschnittes steht der Kontrast zwischen fachkundigen Bauherren und nicht fachkundigen Bauherren. Als fachkundige Bauherren werden Architekten, Projektentwickler und Investoren, sowie alle in einem Bauberuf ausgebildete Personen verstanden. Dessen fachkundiges Wissen entwickelt sich aus einer mehrjährigen, meist akademischen Bildung sowie professionellen Erfahrungen, mit der sich die komplexen Anforderungen eines Berufes erfolgreich meistern lassen.1
Der nicht fachkundige Bauherr kommt zum ersten Mal mit dem Thema des Bauens in Berührung und zeichnet sich weder mit einem fachkundigen Wissen in der Baubranche, noch mit einer trainierten räumlichen Vorstellungskraft aus.
2.1 Der Bauherr
Ohne Bauherren gäbe es keine Bauaufträge und somit auch keine Architektur. Erst der Entschluss zum Bau lässt Architektur entstehen. Bevor ein Architekt also tätig werden kann, benötigt er einen Bauherren, der einerseits über die nötigen finanziellen Mittel verfügt bzw. diese beschaffen kann und einen Bauwillen besitzt. In den Bauordnungen der Länder heißt es annähernd gleich: „Bauherrin oder Bauherr ist, wer rechtlich oder tatsächlich auf eigene Verantwortung ein Vorhaben nach §1 Abs. 1 (bauliche Anlagen) vorbereitet oder ausführt, oder vorbereiten oder ausführen lässt, oder als verantwortlicher gegenüber der Baubehörde auftritt.“ Im Steuerrecht heißt es: „Bauherr im Sinne des §7 Abs. 5 des Gesetzes ist, wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen lässt.“ Ein Bauherr ist demnach lediglich derjenige, der das vollständige Bauherrenwagnis trägt. Innerhalb dieser Definitionen können drei Arten von Bauherren unterschieden werden:2
- Der private Bauherr, der für den eigenen Bedarf baut.
- Der gewerbliche Bauherr, z.B. Wirtschaftsunternehmen, Projektentwickler, institutionelle Investoren.
- Der öffentliche Bauherr, also Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden sowie gemeinnützige Einrichtungen.3
Detaillierter betrachtet lassen sich diese Bauherren nach Peter Lüttmann in verschiedene Bauherren-Typologien einteilen. Er charakterisierte diese und ordnete sie vier einzelnen Gruppen zu, um diese für eine Werte-Skala zwischen Gemeinnutzen und Eigennutzen einzusetzen.
Die Gruppe der öffentlichen Bauherren ist Teil der staatlichen Verwaltung. Diese sind am "öffentlichen Interesse" orientiert und agieren nicht im Sinne der Gewinnerzielung, sondern der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.4
Zu der zweiten Gruppe, welche einen Gemeinwohl- und Eigennutzen verfolgt, gehören Wohnungsbaugenossenschaften. Eine Gewinn- und Renditeorientierung in genossenschaftlichen Bauten ist nicht zulässig. Alle Einnahmen kommen somit dem Bestand zu Gute.5
Die dritte Gruppe stellt hier den Bauherren mit Eigennutzen- und Gewinnorientierung dar. Diese legen ihre Orientierung auf Gebäude, aus denen ihnen ein finanzieller Gewinn zufließt. Somit ist es verständlich, dass hier Projektentwickler in ihren unterschiedlichsten Erscheinungsformen auftreten. Sie sind "Bauherren auf Zeit", indem Sie für bekannte oder unbekannte Nutzer/ spätere Eigentümer oder Mieter Gebäude planen und errichten. Hierzu zählen Wohnungsgesellschaften, Institutionen (Versicherungen, Banken) und Finanzinvestoren. Sie ziehen primär aus der Vermietung oder Verpachtung der Bauwerke, aus ihrer Weiterentwicklung und Veräußerung, finanziellen Gewinn.6
Die vierte Bauherrengruppe legt ihre Orientierung auf den eigenen Bedarf und stellt übergreifend betrachtet die Urform aller Bauherren dar. Hier sind vorwiegend private Einzelbauherren einzuordnen, die in der Regel einmal für ihren persönlichen Bedarf bauen und dafür auch die Bauherrenfunktion übernehmen. Hier trifft in der Regel der "Laie im Bau" auf differenzierte, komplexe Prozesse und Strukturen des Bauens und muss diese bewältigen. Er nimmt hier die Rolle als Eigentümer, Nutzer, Manager und Entscheider wahr. Insbesondere namenlose Bauherren prägen laut Peter Lüttmann „mit ihren mühsam ersparten Einfamilienhäusern“ das Erscheinungsbild der derzeitigen Baukultur. Ihr Ziel ist vorwiegend die Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung. Im städtischen Umfeld finden sich seit einigen Jahren auch vermehrt Bauherrengemeinschaften bzw. Baugruppen. Sie sind der Zusammenschluss mehrerer Bauherren und Eigentümer für ein gemeinsames Bauprojekt, welche nach der Baufertigstellung als Eigentümergesellschaft auftreten. Ebenso wie bei den privaten Einzelbauherren, besteht auch hier eine große Einflussmöglichkeit auf das architektonische Ergebnis des Projektes, jedoch wird diese in der Gemeinschaft durch den Zwang zum Gruppenkonsens beschränkt.7
Bei der von Peter Lüttmann entwickelten Gruppenzuordnung wird deutlich, dass die ersten drei Gruppen das Bauen orientiert am Allgemeinwohl und der Gewinn- und Renditeorientierung einsetzen. Hier ist anzunehmen, dass auf der Bauherrenseite, alle am Bauprozess beteiligten bereits mit dem Errichten neuer Gebäude, sowie den Ausdrucksweisen eines Architekten, vertraut sind. Der größte Teil der vierten Bauherrengruppe setzt sich jedoch zum ersten Mal mit dem Thema Bauen und den Darstellungsformen des Architekten auseinander. Aufgrund der nicht vorhandenen bauspezifischen Fachkenntnisse, tritt dieser vorwiegend als Laie auf. Die folgende Statistik (Abb. 1) zeigt deutlich, dass im Jahr 2014 ca. 80% aller Wohngebäude von privaten Haushalten, also von der zuletzt genannten Gruppe, errichtet wurden. Lediglich 20% aller fertiggestellten Wohngebäude entfallen auf Auftraggeber mit unternehmerischen Hintergrund. Der Fokus der vorliegenden Arbeit wird deshalb auf die Gruppe der Privathaushalte und somit auf die Einzelbauherren gelegt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung1| Verteilung der fertiggestellten Wohngebäude und darin befindliche Wohnungen in Deutschland im Jahr 2014 sortiert nach Art des Bauherren8
2.2 Der Architekt
Gemäß §2 Abs.1 ABKG darf derjenige die Berufsbezeichnung des Architekten führen, der unter dieser Bezeichnung in die Architektenliste des Landes Berlin oder eines anderen Bundeslandes, kurz der „Architektenkammer“ geführt ist. Gemäß §1 Abs.1 ABKG gehört zu den Berufsaufgaben eines Architekten nicht nur die gestaltende, baukünstlerische, ökologische, technische und wirtschaftliche Planung von u.a. Gebäuden, sondern auch ausdrücklich die Beratung, Betreuung und Vertretung der Auftraggebenden in den mit der Planung und Durchführung eines Vorhabens zusammenhängenden Fragestellungen (Vgl. §1 Abs. 5 ABKG). Somit gehört es zu den berufsrechtlichen Pflichten eines jeden Architekten seine Planung auf verständliche Art und Weise den Auftraggebenden und somit den Bauherren zu vermitteln.
Zwischen Architekten und anderen Berufsgruppen gibt es wesentliche Unterschiede. Architektur ist ein multidisziplinärer Beruf, weder reine Kunst, noch Wissenschaft noch Technologie - sondern etwas aus Allem. Gleichzeitig ist das Wissen von Experten immer hochverdichtet und stark abstrahiert. Dies trifft auch auf das Wissen, das räumliche Vorstellungsvermögen, als auch auf die Fachsprache, mit all ihren Darstellungsvarianten in Form von Plänen, Diagrammen und Visualisierungen, des Architekten zu.9 Jeder Architekt erwirbt über Jahre oder Jahrzehnte hinweg, durch den Besuch von Vorlesungen und Fortbildungen, das Betrachten von Fotos in Büchern, Internet und Zeitschriften, sowie der Teilnahme an Exkursionen, aber auch durch die aufmerksame Betrachtung von Gebäuden in der alltäglichen Umgebung, ein beträchtliches "Repertoire" an visuellen Gedächtnisbildern von Bauten und Entwürfen.10 Durch diese intensive Auseinandersetzung ändert sich die Wahrnehmung des Architekten, gegenüber Architektur und derer Darstellungsweisen.11 Bereits das Architekturstudium setzt neben Kreativität, Logik und Mathematik ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen voraus. Nicht ohne Grund werden hierzu an deutschen Hochschulen Einstellungstests durchgeführt, welche Aufschluss über die visuelle Wahrnehmung, geometrische Grundkenntnisse, das technisch-künstlerische Kombinationsgeschick, der Darstellungsfähigkeit und das räumliche Vorstellungsvermögen der Architekturstudium-Anwärter gibt.12 Während des Studiums werden neben dem notwendigen Grundlagenwissen über Raum, Kontext und Geometrie, auch spezifische architektonische Darstellungstechniken vermittelt. Vor dem Hintergrund des neu erworbenen Wissens wird von den Studierenden ein Umdenken ihrer bisherigen Sehgewohnheiten eingefordert und in diesem Zuge andere Wertigkeiten gebildet.13 Bereits im ersten Fachsemester werden die für einen Entwurf relevanten Aspekte gelehrt und eingeführt. Neben Konstruktion und Materialisation wird intensiv auf das Verständnis von Raumbildung sowie der Wegeführung im Zusammenhang mit Funktion eingegangen. Im Mittelpunkt steht hier die Wahrnehmung und die Ausbildung von Möglichkeiten, architektonischen Raum zu begreifen und zu generieren.14 In den Fächern Entwerfen, Gestaltung und Baukonstruktion werden neben der Förderung eines eigenen Notationsverfahrens auch der Transfer von gebauten Objekten, in eine zweidimensionale Darstellung trainiert. Während der Entwurfsarbeit lernt bereits der Studierende wie er mit der Entstehung von Skizzen, Fotos, Modellen, Collagen, und Diagrammen, eine Idee und ein Konzept visualisiert, welches bis dahin nur in seiner Vorstellung existiert. Diese Werkzeuge dienen dazu Raum und den Raum strukturierende Elemente darzustellen.15 Hierbei wird deutlich, dass neben Analyse- und Syntheseverfahren, besonders die Architektur-Notationen über Skizzen oder Diagramme, als Mittel zur Sensibilisierung der Wahrnehmung sowie zur Schulung des räumlichen Vorstellungsvermögens eingesetzt werden. Ergebnisse werden zeichnerisch oder mittels Modellen umgesetzt und weiter analysiert.16
Der Architekt lernt demnach durch unzählige Übungen im Studium und Herausforderungen im Berufsleben, sowie unterbewusst durch eine geänderte Sichtweise auf bereits gebaute Objekte im Privatleben, wie sich ein raumbildendes Element oder der Raum selbst, auf die Raumqualität auswirkt. Hier lernt er insbesondere die direkte Verknüpfung von Plandarstellung und dessen Auswirkung auf den dreidimensionalen Raum. Für diese Aufgaben wird er gewissermaßen zum Experten ausgebildet.
Der Erfahrungshintergrund eines Laien ist ergo bedeutend eingeschränkter und enthält vor allem auch viel weniger "extreme" Beispiele gebauter Gebäude. Es ist anzunehmen, dass ein Laie bislang noch nicht die Möglichkeit hatte, die Auswirkung vieler raumbildender Elemente und dessen Einwirkung auf die Raumqualität, zu erfahren. Weiterhin ist die These aufstellbar, dass ein Laie in seiner Ausbildung des räumlichen Vorstellungsvermögens durchaus eingeschränkter ist, als ein ausgebildeter Architekt. Das hat zur Folge, dass ein Gebäude, welches der Architekt als sensible Variation aktueller oder geschichtlicher Motive schätzt, aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten vom Bauherren schlicht als fremdartig und komisch beurteilt wird.17
2.3 Der Kommunikationsprozess
Die Bau- und Entwurfsplanung ist wie jede andere Planung auch, ein Kommunikationsprozess und damit an Mitteilungen und Handlungen, also an Kommunikation gebunden. Informationen über Planungs- und Entwurfsziele werden dann ausgetauscht, wenn der Planende nicht für sich selbst plant, sondern planen lässt.18 Daher versteht sich die Kommunikation als wesentlicher Teil eines Entwurfsprozesses. Die Wünsche und Erwartungen des Bauherren bilden die Voraussetzung jeder konkreten Architektur. Ohne die Schnittstelle zu den Bauherren bliebe die Architektur auf dem Skizzenblock gefangen. Die Wünsche eines Bauherren sind dabei nicht starr und unveränderlich. Sie entwickeln sich dynamisch über den gesamten Planungs- und Bauprozess. Die Art dieser Entwicklung wird im Wesentlichen durch die Kommunikation des Architekten bestimmt. Daher ist es wichtig, dass diese zielgerichtet, transparent, verlässlich und überzeugend erfolgt.19
"Die Geschichte der Architektur aller Zeiten ist ebenso eine Geschichte der Bauherren wie der Architekten. [...] Kein Künstler kann etwas wirklich Lebensfähiges schaffen, ohne die Resonanz von Seiten des Bauherrn, ja erst durch den gemeinsamen Zusammenklang beider Faktoren kann ein richtiger Bau entstehen." Hans Poelzig 1931
2.3.1 Der Einzelbauherr als Architektur-Laie
Aus psychologischer Betrachtungsweise handelt es sich bei der Schnittstelle der Parteien Bauherr und Architekt in der Regel um einen Fall von "Experten Laien Kommunikation".20 Die Begriffe "Experte" und "Laie" betonen einen grundlegenden Unterschied bezüglich Wissen, Fähigkeiten und Erfahrung hinsichtlich eines umgrenzten Gegenstandsbereiches. Experten für Architektur sind Architekten mit ihrer Ausbildung und ihrer Berufspraxis. Der Laie ist in den meisten Fällen das genaue Gegenteil. Als Laie ist zunächst jeder zu betrachten, der nicht Architektur studiert oder einen äquivalenten Bauberuf erlernt hat. Hierbei gibt es jedoch auch Grenzfälle, wie bspw. Personen, die sich ohne spezielle Architekturausbildung, intensiv bis professionell mit der Thematik „Architektur“ befassen. Hierzu zählen Architekturjournalisten, Kunsthistoriker und Personen in Verwaltungen und Unternehmen, die sich mit Bauaufgaben beschäftigen. Die Architektur-Laien sind demnach eine sehr heterogene Gruppe, welche jedoch trotz ihrer Heterogenität ausreichend Gemeinsamkeiten besitzen, die sie vom Architekten deutlich unterscheiden.21
Eine Bauherren-Architekten Kommunikation findet also dementsprechend asymmetrisch statt. Der Architekt als Architekturexperte weiß mehr über das Thema und nimmt Architektur von einem anderen Standpunkt aus wahr. Sein Denken und seine Ausdrucksweisen sind durch Fachkonzepte geprägt, die er sich über einen langen Zeitraum angeeignet hat. Ein Bauherr aus einer der von Peter Lüttmann genannten vierten Gruppe dagegen, hat diese umfassenden Kenntnisse nicht und tritt hier vorwiegend als Laie auf, der die fachlich geprägte Perspektive des Architekten nicht kennt. In Folge dessen entsteht ein Informationsvorsprung auf der Seite des Architekten. Um einen gleichen Informationsstand zu erreichen, muss sich ein Architekt also gegenüber dem Laien verständlich machen und darf seine fachliche Perspektive nicht als einzige richtige Sichtweise voraussetzen. Er muss sein Wissen so vermitteln, dass sie für die Grundlage des Laien, welche mit Lücken und fehlerhaften Sichtweisen behaftet sein können, verständlich und nachvollziehbar erscheinen. Diese beschriebene Asymmetrie der Experten-Laien-Kommunikation hat zu Folge, dass die Hauptverantwortung für eine erfolgreiche Kommunikation beim Architekten liegt, da dieser über den erwähnten Informationsvorsprung verfügt. Er muss sich auf den Bauherren einstellen um dessen Perspektive zu verstehen und sie im kontinuierlichen Dialog gezielt weiterentwickeln.22
Ein Einzelbauherr beschäftigt sich in der Regel getreu seinem Namen „EINZELBauherr“ einmal und erstmalig, mit dem Thema des Bauens. Die Entscheidung jedoch, ein Haus zu bauen und nicht in eine bspw. Mietwohnung zu ziehen, lässt auf ein gewisses Interesse und Neugier in die Thematik des Bauens schließen. Da ihm in der Regel das gängige Handwerkszeug eines Architekten zur Darstellung seiner Ideen fehlt, betrachtet er bspw. Zeitschriften und gebaute Objekte um seinen Wunsch vom eigenen Haus beschreiben zu können. Zwar finden sich in jeder Architekturzeitschrift zahlreiche Aussagen darüber, welche Wirkungen bestimmte gestalterische Maßnahmen auf die Wahrnehmung oder das Verhalten der Betrachter, Benutzer oder Bewohner haben (oder haben sollten), aber es wird kaum darüber berichtet, inwieweit sich diese Annahmen im Nachhinein bestätigen oder als falsch erwiesen haben. Eine systematische Ansammlung von Erfahrungen über Gebäudewirkungen durch nachträgliche Bewertung einzelner Projekte findet in Deutschland kaum statt.23 Somit bleibt dem Einzelbauherren, der seine Informationen und Ideen eventuell aus diesen Zeitschriften ableitet, nur die Möglichkeit die dort niedergelegten Aussagen, zur Wirkung bestimmter Maßnahmen als wahr anzunehmen. Nun könnte man argumentieren, dass Internetportale wie neutral-bauen.de, Hilfestellungen und Erklärungen zu Bauweisen, Haustypen und technischen Details anbieten. Hierbei ist jedoch auf die individuelle Interessensstruktur eines jeden Bauherren hinzuweisen, welche nicht häufig der technisch-fachlichen Natur entspricht. Denn ca. 70% aller Bauherren sind an technischen Details im Zuge der Entwurfsplanung nicht interessiert.24 Titel von Architekturzeitschriften, die auf die Zielgruppe der Laien ausgerichtet sind, geben bereits Aufschluss darüber, was einen Bauherren in erster Linie interessiert, wenn es sich um seine eigene, zukünftige, meist langfristige, Unterkunft handelt:
- Das Haus - "Bauen, Wohnen, schöner Leben"
- Architektur Wohnen - "Landhäuser mit Geschichte"
- Regional Bauen - "Häuser mit Charakter"
- mein schönes Zuhause - "Planen, Bauen, Wohnen"
Demnach geht es dem Bauherren in erster Linie nicht um ein architektonisches Konzept, sondern um ein Gebäude, welches bestimmte Anforderungen gut erfüllt und seinen Interessen möglichst entspricht. Die Begriffe „schöner Leben“, „Landhäuser mit Geschichte“, „Häuser mit Charakter“ und „schönes Zuhause“ beschreiben allesamt eine Anforderung an ein Gefühl, welches mit Skizzen, Plänen und Diagrammen nur bedingt zu vermitteln ist. Bei dem Bau von Ein- und Mehrfamilienhäusern geht es dem Bauherren also im Wesentlichen um konkrete Handlungs- und Erlebnismöglichkeiten sowie dem alltäglichen Wohnen, ergo der Raumqualität.25
Beim kreativen Prozess des Entwerfens reicht es folglich für den Architekten nicht aus sich nur auf Normen und Kostenkalkulationen zu beschränken. Obgleich technische und ökonomische Anforderungen erheblichen Einfluss auf die Architektur haben, ist die Zielgruppe der Architektur immer noch der Mensch mit seinen Bedürfnissen, Vorstellungen und Interessen. Fühlt sich der Nutzer in einem Gebäude wohl, ist die Verständlichkeit und die Begeisterung für das Gebäude und seine Architektur automatisch größer. Folglich geht es bei der Wahrnehmung von Architektur immer auch um Emotionen.26
Es stellt sich die Frage ob sich diese Anforderungen an Gefühle, welche alle in dem Begriff Raumqualität konzentriert sind, bereits während der Entwurfsphase für Einzelbauherren begreifbar vermitteln lassen. Denn versteht oder interpretiert er die ihm vorgelegten Entwurfsdarstellungen des Architekten falsch, entsteht im schlimmsten Fall ein Gebäude, welches er sich ganz anders vorgestellt hat oder ihm nicht gefällt. Dieses Verständigungsdefizit bildet somit immer ein Risiko für Architekt und Bauherr gleichermaßen. Demnach muss der Architekt seinen Entwurf klar und deutlich vermitteln.
2.3.2 Wahrnehmungsunterschiede zwischen Experten und Laien
Die Wahrnehmung von Gebäuden und Gebäudeentwürfen unterscheidet sich zwischen Laien und Experten maßgeblich. Im Allgemeinen werden Gebäude oder architektonische Situationen als ästhetische Objekte betrachtet. Die Wahrnehmung von Umweltausschnitten z.B. von Gebäuden oder Innenräumen, ist hierbei zunächst mit anderen Objekten wie bspw. von Kunstwerken, gleichzusetzen. Hier interessiert den Betrachter vor allem die Bewertung ihrer äußeren Qualität im Hinblick auf Kriterien wie Schönheit. Erfahrungen im Umgang mit Architektur, die sich beispielsweise in Erwartungen an ihre Nutzbarkeit niederschlagen, werden bei solchen Betrachtungen außer Acht gelassen. Bei Untersuchungen der Bedeutungshaltigkeit von Architektur, liegt das Hauptaugenmerk ebenfalls lediglich auf der visuellen Wahrnehmung.27
Daniel Berlyne untersuchte den Zusammenhang von Reizen und Neugierverhalten bei Bauherren. Hierbei setzt sich die Neugier eines Bauherren aus einer bestimmten Reizkonfiguration zusammen. So erzeugt die Begegnung mit einem äußerst neuartig empfundenen Gebäude einen Konflikt zwischen der eigenen Wahrnehmung und der Erwartung. Dies führt zu Unsicherheit und erhöhter Erregung, welche der Betrachter wieder auf ein angenehm empfundenes mittleres Niveau senken möchte. Hierzu betrachtet die Person das Gebäude intensiv und versucht sich mit den neuartig empfundenen Aspekten vertraut zu machen.
In einer bekannten Studie von 1969 verglich Hershberger Architekten und Laien. Dabei wurde deutlich, dass Laien Schönheit eher mit Qualität assoziierten und ihre Aufmerksamkeit auf Interpretationen von „offen, komfortabel und einladend“ setzten, wozu es keiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Gebäude bedarf. Die Architekten hingegen orientierten ihre ästhetische Bewertung eher an dem Ausmaß an Interesse, dass ein Gebäude erweckt und fokussierten sich auf intensivere Faktoren wie „stark, einzigartig und aufregend“.28
Anhand der Untersuchungen von Berlyne und Hershberger wird deutlich, dass der Laie schon alleine mit der visuellen Aufnahme, Übersetzung sowie Interpretation der ihm vorgelegten Informationen überfordert ist und diese nur oberflächlich interpretieren kann. Hierbei ist zu beachten, dass selbst bei einem qualitativ hochwertigen Entwurf, ohne die Zustimmung des Bauherren, keine bauliche Umsetzung erfolgt. Daher gilt es den Bauherren wertefrei und vorsichtig zu informieren. Kirchenbaumeister Rudolf Schwarz sagte 1953 "Bilde Künstler, rede nicht." Entgegen dieser Aussage fordert Jürgen Tietz (Architekurkritiker) den Architekten zum Reden auf. Seiner Meinung nach, führt nur eine anschauliche, unterhaltsame und informative Präsentation dazu, dass man den Entwurf auch versteht.29
"Welchem Laien ist es schon gegeben, auf den ersten Blick zu verstehen, wie eine zweidimensionale Zeichnung übertragen als dreidimensionaler Raum ausschaut?" Jürgen Tietz30
Demnach sind Laien und Experten bei der Bewertung von Gebäuden anderen Wahrnehmungsbedingungen unterlegen. Stellt der Architekt seinen Entwurf ineffizient dar, kann der Bauherr kein objektives Urteil über das Gebäude bilden. Er ist viel zu sehr mit der Senkung seines erhöhten Erregungszustandes beschäftigt, als dass er in diesem Moment noch eine neutrale Außenperspektive, die letztendlich zu einem objektiven Urteil führen würde, einnehmen könnte. Viele der genutzten Darstellungsformen stellen für den Einzelbauherren etwas Unbekanntes dar, das er sich zunächst aneignen muss, um es zu verstehen. Dies ist aus der Perspektive des Bauherren mit einem Stresszustand zu vergleichen. Er versucht, diesen „Stress“ zu senken, indem er das Unbekannte versteht und somit in etwas Bekanntes umwandelt. Dies nennt man auch die natürliche Regulation des Erregungszustandes. Sein "mühsam erspartes" Einfamilienhaus soll schließlich den von ihm gesetzten Anforderungen gerecht werden und daher möchte er den Entwurf auch verstehen.
2.3.3 Projektpräsentation als Kommunikationsgrundlage
Jedem Entwurf eines Architekten geht zunächst eine Vision, eine Idee voraus. Unterschiedlichste Parameter wie Kontext, Ästhetik, Materialien, Programmatik sowie viele weitere Punkte gilt es bereits vor dem ersten Strich zu beachten.31 Gleich welche Entwurfsmethode angewendet wird: die letztendliche Projektpräsentation dient als Transportmedium und ist oft von entscheidender Bedeutung. Hierbei geht es im Wesentlichen darum, innerhalb von kurzer Zeit durch einen konzentrierten, medien- und planunterstützen Vortrag, ein architektonisches Konzept so darzustellen ist, dass es von den Zuhörern als überzeugend beurteilt wird. Ziel dieser Präsentation ist also, dass der Bauherr das Bedürfnis verspürt das Projekt zu realisieren.
Um eine solche Wirkung in kurzer Zeit zu erzielen, muss die Präsentation des Gebäudeentwurfes präzise und zielgruppengenau geplant und realisiert werden. Häufig ist die Chance einer solchen Präsentation einmalig und kommt nicht wieder. Daher besteht der Kern einer jeden Präsentation aus einer überzeugenden und logisch aufgebauten Argumentationsstruktur. Worte und Bilder müssen konsequent aufeinander bezogen sein. Hierbei bilden die bisherigen bildlichen Darstellungen wie Plan, Perspektive, Modellfoto oder Simulation, ein visuelles Argument, das für den Bauherrn oft nicht aus sich allein heraus verständlich ist.32 Hierbei gilt es unter anderem über Grundriss, Fassade und Materialien zu sprechen. Entsteht hier keine Kanalisierung der Informationen, ist der Bauherr schnell überfordert.33 Dabei helfen starke Bilder. Gefragt sind anschauliche Visualisierungen - allerdings nur wenige, aber dafür wirklich Gute - denn es wäre fatal jemanden der sich gerade für die Gedanken des Architekten öffnet, mit einer Flut an Materialien zu überfordern.34
2.4 Kommunikationsprozess des Architekten
Das über Jahre angeeignete Wissen des Experten beeinflusst auch dessen Sprache. In der Architektur werden neben Fachwörtern auch Symboliken und Darstellungsweisen benutzt, welche dem Laien möglicherweise unbekannt sind oder denen er eine andere Bedeutung zuweist. Damit dieser die Informationen überhaupt versteht und richtig einordnen kann, ist es also wichtig, dass für ihn die Fachsprache übersetzt wird und zwischen beiden Partien eine gemeinsame geistige Schnittmenge existiert, auf deren Basis die Verständigung ablaufen kann. Ein Laie kann sich demnach bei einer ihm nicht bekannten Ausdrucksweise nicht das vorstellen, was vom Architekten eigentlich gemeint ist.35 „[...] die Architektur entsteht [...] im Kopf. Man denkt über ein Problem nach, stellt sich das Gebäude vor, und dann sieht man die Lösung. [...] normalerweise entwickle ich ein Projekt im Kopf. Der Zeichenstift ist dann später nunmehr das Transportmedium.“ Oscar Niemeyer
2.4.1 Kodierung
Bei der Vermittlung eines Architekturentwurfs entsteht aus der Idee des Architekten immer eine Kodierung, welche vom Empfänger, hier dem Bauherren, dekodiert und verstanden werden muss. Die zur Kommunikation nötigen Elemente bestehen aus Sender, Empfänger, Kanal, Medium und Sprache.36 Hierbei spielen bildliche Darstellungen in der Architekten – Bauherren Kommunikation eine zentrale Rolle. Die verschiedenen Darstellungsarten welche ein Architekt nutzt, sind fast immer komplex und mehrdeutig. Ihre Dekodierung braucht viel Zeit und Unterstützung. Aufgrund der geringen Zeit bei Präsentationen ist es somit effektiver, sich auf eine geringe Anzahl von visuellen Darstellungen zu beschränken. Dabei sollte die Perspektive des Bauherren konsequent berücksichtigt werden.37 Trotz aller Bemühung einer objektiven Darstellung fällt (auch bei Fachläuten) schnell das Urteil, ob Ihnen der Gebäudeentwurf gefällt oder nicht. Es gilt also ein Gefühl des Wohlbefindens und der Sicherheit zu erzeugen, damit der Bauherr Gefallen an dem Entwurf findet und einer Umsetzung positiv entgegen sieht.38
In der Architektur stellen also die bildlichen Darstellungen eine Sprache dar, welche vom Empfänger verstanden werden muss, um einen Gebäudeentwurf zu begreifen. Zu unterscheiden sind hier die natürlichen und die konstruierten Sprachen. Natürliche Sprachen sind als Umgangssprachen zu verstehen. Da konstruierte Sprachen jedoch auch Elemente oder Ausdrücke der Umgangssprache (und andersrum) verwenden, ist ihre Abgrenzung als fließend zu betrachten. Vielfältige Ausdrücke und feinste Differenzierungen sind die Vorteile der Umgangssprache, wechselnde oder begrifflich weite Wort- und Zeichenbedeutungen ihr Nachteil. Um falsche Interpretationen zu eliminieren bedient man sich einer geordneten, definierten Fachsprache mit kurzen und exakten Formulierungen. Die linguistische Unterteilung in Fach- und Umgangssprache trifft auch auf architektonische Mitteilungen zu, ebenso auf die Vielsprachlichkeit graphischer Darstellungen, die sich von der groben Skizze bis zu Diagrammen erstreckt und beim kenntnislosen Gegenüber, Verständigungs-, also Sprachbarrieren aufbaut. Der Vorteil von konstruierten Sprachen besteht darin, dass man, ohne die inhaltliche Bedeutung der Zeichnung zu kennen, allein unter Beachtung der Regeln weitere Deutungen ableiten kann. Zeichnet man nach den Regeln der technischen Zeichnung einen Grundriss oder Ansichten eines Gebäudes, bedient sich diese Darstellung der Objektsprache.39 Diese ist wiederum ein Produkt der Fachsprache und erfordert Vorkenntnisse um die kurzen und exakten Formulierungen zu verstehen.
2.4.2 Kanal
In der Architektur stellen Pläne, Visualisierungen, Diagramme und Grafiken den Kanal dar, welcher die Nachricht vom Sender zum Empfänger befördert. Hierbei übermittelt bisher ein zweidimensionales Medium, wie Papier und Monitor, die Dreidimensionalität des geplanten Gebäudes. Diese Informationen nutzen somit nur einen Teil des natürlichen Sehens. Die Elemente der Zeichnung werden durch das Medium für die visuelle Kommunikation verfügbar gemacht und zur Übermittelung von Informationen eingesetzt. Den so entstehenden graphischen Gebilden werden Bedeutungen zugeordnet, die beim Empfänger die beabsichtigten Reaktionen hervorrufen sollen. Um nun kommunizieren und verstehen zu können, ist eine Übereinkunft von der Bedeutung der Zeichen zwischen den Kommunizierenden Voraussetzung.40 Nicht nur die Zeichen, sondern auch ihre Verknüpfungsregeln für bestimmte Sachverhalte und Problemdarstellungen müssen bekannt sein. Die Zeichnung als Medium versucht die Informationen über den Kommunikationskanal so auszugleichen, dass sie mit geeigneten graphischen Zeichen codiert ist, welche vom Empfänger begrifflich rückversetzt werden kann. Im Idealfall entsprechen sie ohne Verzerrung oder Substanzverlust der Informationen, die ausgesendet wurden. Um die übermittelte Nachricht nicht nur der Interpretation, dem zufälligen Wissen oder Wohlwollen des Empfängers zu überlassen, werden vor allem bei unkonventionellen, neuartigen Zeichnungen, Zuordnungsvorschriften und Zeichenschlüssel beigefügt. Bei einer Bauzeichnung sind es Elemente wie Symbole, Schraffuren, Linientypen, Farben usw. die oft erst von der beigefügten Legende erläutert werden, soweit ihre Verwendung durch Normung nicht bereits geklärt ist. Hierbei wird deutlich, dass der Sender die Codierung so günstig zu erstellen hat, das sie den Fähigkeiten des Empfängers entspricht, um die ihm zugestellte Zeichnung zu decodieren und damit richtig zu lesen.41
2.4.3 Kommunikationsbarrieren
Bereits bei der ersten Begegnung ist der Architekt auf die direkte Rückmeldung des Bauherren angewiesen. Im Verlauf der Arbeitsbeziehung gewinnt er ein immer genaueres Bild von den Wünschen und Gewohnheiten, den Vorstellungen von Leben und Wohnen, den ästhetischen Ideen und wichtigen Bezugsobjekten des Bauherren. Daraus entwickelt er ein konkretes "Partnermodell" welches aus dem anonymen Bauherren eine konkrete Person mit einem bestimmten Profil macht. Auf dieser Grundlage entwickelt er, ohne darüber bewusst nachdenken zu müssen, im Gespräch spontan Vermutungen darüber, was der Bauherr erwarten könnte. Dieser Aspekt der Kommunikation bringt dem Architekten aber auch Gefahren. Ein solches "Partnermodell" kann grob und fehlerhaft sein.42
Demnach muss sich ein Architekt in erster Linie ein Bild davon machen was sich der Bauherr vorstellt, wie er sich wohlfühlt und welches Lebensgefühl er erwartet. Diese Wünsche müssen folgend kanalisiert und in eine angemessene Architektur übersetzt werden. Der vom Architekten wiederum in Plänen übersetzte Gebäudeentwurf, muss letztendlich vom Bauherren dekodiert und interpretiert werden, um die Entwurfsidee mit seinen Vorstellungen abzugleichen. Hierbei ist der Architekt gleichermaßen auf eine Überprüfung des Architekturentwurfes angewiesen, wie der Bauherr auf die Interpretationsfähigkeit des Architekten, wenn es um seine Vorstellungen des neuen Gebäudes geht.
Die Vorstellung die ein Architekt gegenüber dem Wohnen besitzt, ist aufgrund seiner langen Beschäftigung mit dem Thema Architektur, anders ausgebildet als die eines Laien. Im Wohnungsbau ist dem Architekt beispielsweise der Blick ungemein wichtig und beschreibt ein Gebäude gerne anhand von Blickachsen und Blickbeziehung. Dazu werden Räume mit möglichst wenigen Unterteilungen und höchstmöglicher Transparenz konzipiert. Für den Laien dagegen müssen sich im Innenbereich als erste die Grundbedürfnisse des Wohnens erfüllen.43
„Kein Bewohner wird sich an dem raffinierten Konzept von Transparenz und Öffnungen erfreuen, wenn die flexible Raumaufteilung mit Schiebewänden dazu führt, dass Stellplätze für die Möbel fehlen, die Akustik als unangenehm empfunden wird oder keine Privatsphäre mehr möglich ist.“ Riklef Rambow
Das englische Sprichwort „a house is not a home“ drückt explizit aus, dass ein Haus nicht automatisch ein Zuhause bietet. Der Architekt hat sich jedoch schon immer bis zu einem gewissen Grad als „Lebensreformer“ verstanden. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts ist das Nachdenken über Wohnen damit verbunden, Wohnen zu verändern. Le Corbusiers Wohnmaschinen „Unité d’Habitation“ dienen beispielsweise nicht nur als Behausungen, sondern als materialistische Konzepte eines sehr strengen modernen Lebensstils.44 Hierbei scheinen die bis zu 130 Meter langen, fensterlosen, muffigen und einem Gefängnis gleichenden Flure,45 dem Traum von Le Corbusiers standardisierter wirtschaftlicher Serienproduktion entgegen zu kommen, anstelle diese mit mehr Raumqualität zu entwerfen.
Die Tatsache, dass ihre Interessen denen der Laien objektiv wiedersprechen, könnte ein Grund dafür sein, dass Architekten zeitweise wenig Bereitschaft zeigen ihre Arbeit verständlich darzustellen. Hierbei geht es weniger darum, die Diskrepanzen zwischen Experten- und Laienperspektiven zu überbrücken, als vielmehr darum, dass bestimmte persönliche Vorlieben gefährdet sind. Die Bereitschaft die eigenen Entwürfe und Konzepte Laiengerecht zu präsentieren, stellt nicht nur einen zusätzlichen Aufwand dar, sondern birgt demnach auch das Risiko, dass bestimmte kritische Punkte offenkundig werden und auffallen.46 Genau dieser fehlende Kontakt zwischen Bauherr und Architekten führt zu einem steigenden Risiko von Fehlplanungen. In der Architekturausbildung wird dieser Punkt der zielgerichteten Kommunikation jedoch stark vernachlässigt.47
„ Der Kontakt im Studium zum Bauherr rückt gänzlich in den Hintergrund. Die Diskrepanz zwischen dem Experten und dem Laien wird immer wieder betont und verstärkt. Bei Entwurfsaufgaben gibt es lediglich imaginäre Bauherren und Nutzer, deren Anforderungen es zu lösen gilt “48
Auch wenn der Laie sich nicht mit jedem Aspekt eines Architekturentwurfes einverstanden erklärt so wird er zumindest den Eindruck gewinnen, dass das Konzept als solches gut durchdacht ist. Eine Laiengerechte Darstellung ist nicht zu unterschätzen und gibt dem Architekten die Möglichkeit etwas vor dem Bau davon zu erfahren, wie seine Arbeit angenommen wird und ob sich der zukünftige Bewohner das Haus so vorgestellt hat.49
2.4.4 Abstraktionsgrade bei Architekturdarstellungen
Die Möglichkeiten einen Architekturentwurf so zu kodieren, dass dieser dem Bauherren verständlich wird ist vielfältig, stützt sich jedoch seit Jahren auf dieselben Grundpfeiler. Hierbei spielen die zur Verfügung stehenden Darstellungswerkzeuge in der Arbeit von Architekten eine bedeutende Rolle. Die Funktion dieser Werkzeuge und ihre Benutzung, ist wie auch in anderen Bereichen menschlicher Arbeit, einer stetigen Entwicklung unterworfen. Archaische Darstellungsmethoden auf Steinplatten und Felswänden wurden im Lauf der Geschichte durch Papier, Pinsel und Stifte abgelöst. Im vorletzten Jahrhundert hat die Erfindung von Maschinen in vielen Bereichen zu großen Umbrüchen geführt. Zeichen- und Schreibmaschinen wurden zum selbstverständlichen Inventar in jedem Büro. Aus Rechenmaschinen entwickelten sich bezahlbare Computer, die schnell auch die Aufgaben von Schreib- und Zeichenmaschinen übernehmen konnten und diese schließlich aus den Büros verdrängten. Die Aufgaben die ein Computer erledigt, sind aufgrund der steigenden Rechenkraft, des Preisfalls und der steigenden Akzeptanz immer vielfältiger geworden. Daher wird sich auch die Architektur, wie bereits in der Vergangenheit, an technischen Neuerungen anpassen oder anpassen müssen. Neben den klassischen Darstellungstechniken mit Tusche-, Blei-, Buntstift und Marker wurden verschiedene Darstellungsmethoden am Computer entwickelt. Eine besondere Rolle kommt der Arbeitsweise mit dreidimensionalen Computermodellen und mit den auf Basis dieser entwickelten Computerrenderings zu. Darstellungen dieser Art zählen derzeit zum Pflichtprogramm eines jeden Architekturentwurfes und lassen sich mittlerweile mit einem hohen Perfektionsgrad darstellen. Jedoch kann diese Perfektion auch hinderlich sein – die Renderings wirken auf viele Betrachter als „zu perfekt“. Hiermit lassen sich bereits halb durchdachte Gebäude als gerenderte Computerdarstellungen in Perfektion darstellen.50
Die Kommunikationselemente des Architekten können verschiedene Abstraktionsgrade aufweisen, die das spätere Gebäude für die jeweiligen Zielgruppen verständlich darstellen sollen. Nachfolgend werden die wichtigsten Darstellungsmethoden erläutert und analysiert.
2.4.4.1 Skizze
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2| Praxisbeispiel Perspektivische Architekturskizze51
Skizzen werden meist schnell und flüchtig ausgeführt. Die mit sparsamen Mitteln erzielte Ausdruckskraft zeigt die persönliche Charakteristik des Entwerfers, mit seinen individuellen Strichen. Dabei liegt der wesentliche Effekt beim Zeichnen einer Skizze im Weglassen. Der Betrachter fühlt sich so aufgefordert, das Unvollständige zu ergänzen und ein eigenes Seherlebnis zu leisten. Dadurch wirkt die Skizze lebendig und unterstreicht das Wesentliche der eigentlichen Aussage. Die Skizzen ungeübter Zeichner werden jedoch häufig als unreif und unbeholfen angesehen. Sie sind meist wenig repräsentativ und sind in der Regel lediglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Skizzenbüchern festgehalten.52 So vielfältig Menschen sind, so vielfältig ist auch die Charakteristik der Architekturskizze. Sie ist das einfachste Mittel einer Architekturdarstellung und wird meist perspektivisch erstellt. Erste Entwurfsideen von Räumen und Gebäuden lassen sich mit ihrer Hilfe schnell auf einem zweidimensionalen Medium zu Papier bringen, wobei konstruktive Details nicht im Vordergrund liegen.53 Die Erfindung der perspektivischen Darstellung geht bis ins 15. Jahrhundert zurück wo Leon Batista Alberti diese in seiner Schrift „de Pictura“ erwähnte. Albrecht Dürer fertigte Anfang des 16. Jahrhundert Abbildungen von Zeichnern an, die Forschung am System ihrer räumlichen Wahrnehmung durchführten. Hier werden die Grundparameter des räumlichen Sehens klar: Sehstrahl, Standpunkt und Bildebene sind deutlich visualisiert. Die Klarheit der Perspektive und die Wahrnehmung einer konstruierbaren Welt, in der jeder Winkel auf Gesetzen der Natur und ihrer Wissenschaft basiert, haben dem Entstehen des Architekturberufes wesentlichen Auftrieb gegeben. Das Berufsbild des Architekten wie wir es heute kennen, ist im Wesentlichen durch diese Herkunft geprägt.54 Die allgemeine Ungenauigkeit der Skizze ist dabei hilfreich das Essentielle des Entwurfes herauszufiltern.55 Zwar werden auch Grundrisse und Ansichten als schnelle Skizzen erstellt, jedoch abstrahieren diese wiederum den Abstraktionsgrad normgerechter Grundrisse und Ansichtszeichnungen.
2.4.4.2 Architekturzeichnung
Unter dem Begriff „Zeichnungen“, versteht der Architekt Grundrisse, Ansichten, Schnitte sowie Lagepläne, welche zum Darstellen eines Gebäudes nötig sind. Diese sind mehr als die unmittelbaren Aufzeichnungen einer Idee. Sie dienen der Proportionierung, der Organisation der Formen und Räume. Die Arbeit am Grundriss ist keine Sache des Darstellens, weil es um das Objektive und nicht um dessen Wirkung geht. Von allen Zeichnungstypen ist der Grundriss am allerwenigstens bildnerisch. Er versteht sich als Raumorganisation, Ordnung und Proportion von Architekturformen. Er ist eine flächige Komposition dessen, was sich einmal räumlich erstrecken soll. Axonometrische und perspektivische Ergänzung der Grundrisse werden des Öfteren hinzugefügt, um den angestrebtem Raumcharakter zu verdeutlichen.56 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Grundriss allein nur schwer den Raumcharakter verdeutlichen kann. Zusammen mit Schnitten und Ansichten stellen diese die drei Dimensionen des Gebäudes dar und sollen so eine räumliche Vorstellung vermitteln. Es bleiben jedoch weiterhin schematische Zeichnungen, die von zeichnerischen Regeln eingegrenzt sind. Diese Regeln sind zwar positiv und nützlich, haben aber aufgrund ihrer Spezifikationen zur Folge, dass Betrachter, die mit diesen Regeln nicht vertraut sind, diese Zeichnungen nicht lesen können.57 Deshalb ist es nicht selten, dass der Laie weitere, gänzlich andere Zeichnungen benötigt, um einen Gebäudeentwurf zu verstehen. Aus diesem Grund gibt es bei der Entwurfspräsentation meist mehr als nur diese drei Darstellungsarten. Denn um Grundriss, Schnitt und Ansicht zu verstehen ist ein Wissen über die im Abschnitt 2.4.1 erwähnte, eingesetzte Objekt- und Fachsprache von Nöten.58 Gleichzeitig stellen Ansichten, Schnitte und Grundrisse aufgrund ihrer Zweidimensionalität, immer eine Abstraktion der Wirklichkeit dar.
In der Renaissance wurde das Zeichnen erstmals wissenschaftlich betrieben. Hier ging man davon aus, dass die Bilder auf der Netzhaut unseres Auges durch Strahlen erzeugt werden, die von dem betrachteten Gegenstand aus ausgehen. Dies entspricht zwar nicht dem richtigen Sachverhalt, ist aber nicht weit von heutigen Erkenntnissen entfernt. Denn die Bilder in unserem Auge entstehen durch Lichtstrahlen, welche von den betrachteten Gegenständen reflektiert werden. Orthogonale Darstellungen wie Grundriss, Schnitt und Ansicht, werden mit Strahlen konstruiert, die im rechten Winkel zur Zeichenebene verlaufen. Die so entstehende Darstellungsform befindet sich somit im Widerspruch zur natürlichen Sehweise der menschlichen Augen.59
Ein sinnvoll eingesetzter Grad dieser Abstraktion ist vor allem von der Zielgruppe abhängig.60 Dieser orientiert sich demnach immer an dem Empfänger. Entwurfs-, Bauantrags-, und Werkplanungszeichnungen stellen jeweils eigene Anforderungen an den Planleser. Im Gegensatz zum Entwurf, welcher im Wesentlichen dazu bestimmt ist den Bauherren das geplante Gebäude zu erläutern, dient die Bauantragsplanung dazu, Fachleuten bspw. dem Bauordnungsamt, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verplausibiliseren. Dies reicht bis zur Werk- und Detailplanung, welche dazu bestimmt ist, die Bauausführenden vor Ort mit möglichst vielen Informationen zu versorgen.
Auf diesem Weg verliert die Architekturzeichnung immer mehr an Verständlichkeit für Laien. Denn wo selbst ein geübter Planleser länger dekodieren muss, ist es vorstellbar, dass die Gefahr für einen Laien umso größer wird, falsche Annahmen über das dargestellte Objekt zu treffen.61 Grundrisse müssen schon aufgrund der notwendigen Bauantragsplanung erstellt werden. Diese bauen meist auf vorhergehenden Entwurfszeichnungen auf, welche unter Anderem dazu beitragen, rechtliche Rahmenbedingungen, wie Gebäudegrößen, zu überprüfen. Diese dienen dem Laien jedoch nicht als effiziente und begreifbare Darstellungsform, besonders nicht, wenn es um die Vermittlung von Raumqualität geht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung3|Praxisbeispiel Entwurfsplanungszeichnung eines Einfamilienwohnhauses62
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung4|Praxisbeispiel Bauantragszeichnung eines Einfamilienwohnhauses62
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung5|Praxisbeispiel Werkplanungszeichnung eines Einfamilienwohnhauses62
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung6|Gegenüberstellung Grundriss63 und Architekturfoto64
Die oben stehenden Darstellungsweisen zeigen exemplarisch die grundlegendsten Formen von Architekturplänen auf. Bei diesen Zeichnungen wird deutlich, dass sich die Raumqualität für „nicht Architekturexperten“ anhand dessen, nur schwer vermitteln lässt.
In Abbildung 6 wird diese Diskrepanz besonders deutlich. Diese zeigt eine Gegenüberstellung einer extrem vereinfachten Grundrissdarstellung, die in einer Architekturzeitschrift (für Laien) abgebildet und einem, vom selbigen Gebäude angefertigten Foto, gegenübergestellt wurde. Hier zeigt sich deutlich, dass anhand eines Grundrisses, die tatsächliche Raumqualität nur schwer vermittelbar ist. Wesentliche Details wie Balken, Querverstrebungen etc., die einen großen Teil zur Raumqualität beitragen, werden aus diesem nicht ersichtlich.
Selbst bei einer starken Vereinfachung von Grundrissen zum ausschließlichen Präsentationszweck, d.h. ohne nähere Informationen wie bspw. Einzelmaße etc., wirken sie dennoch so präzise, dass sie das Dargestellte vollkommen glaubwürdig machen. Trotz fehlender Informationen über die im Beispiel genannten Balken, vermitteln sie selbst einem Architekten, eine verdrehte Vorstellung des Entwurfes. Für den größeren Teil der Betrachter sind diese Zeichnungen nur schwer in die "Realität" zu dekodieren. Zur Kommunikation benötigen Architekten deshalb noch weitere Darstellungsformen, die mehr der natürlichen Wahrnehmung des Menschen entsprechen.65
2.4.4.3 Schrägansichten
Bei allem was wir sehen, empfangen wir Eindrücke aus mehreren Blickrichtungen. Dies erfolgt zumeist in Schrägansichten. Wir betrachten selten Dinge exakt und ausschließlich von vorn, so dass wir immer gleichzeitig zwei oder mehr Seiten wahrnehmen. Man spricht hierbei von der sog. Mehrdimensionalität. Grundrisse, Schnitte und Ansichten zeigen jedoch jeweils nur eine Seite des Gegenstandes, in einer dem Menschen ungewohnten Darstellungsweise. Schrägbilder haben den Vorteil, dass der Betrachter Tiefe und Distanz besser erfassen kann. Dies führt dazu, dass mehr Aufschluss über die tatsächliche Größe eines Gegenstandes gegeben werden kann. Gleichzeitig geben sie eine Relation, wo sich der Gegenstand zur Position des Betrachters befindet. Umgekehrt erfährt der Betrachter wo er selbst steht und findet sich anhand des Standpunktes, im aufgezeigten Raum wieder. Mit Hilfe einer Schrägansicht wird jeder beliebige, dreidimensionale Gegenstand deutlich vorstellbarer. Durch sie bekommt der Betrachter mehr Informationen, die sein Denksystem benötigt, um Raum und Lage des Gegenstandes richtig einordnen zu können. Diese leichte Vorstellbarkeit ist für alle, die ein neues räumliches Gebilde verstehen wollen, von unschätzbarem Wert. Der Architekt ist auf diese Erkenntnis angewiesen, da sie letztendlich die Grundlage für das Verständnis all seiner Entwürfe ist.66 In der Architektur gibt es zwei Arten von Schrägansichten. Die Parallelprojektion (Axonometrie) und die Zentralprojektion (Perspektive). Die Axonometrie, wie sie in der folgenden Abbildung 7 zu sehen ist, versteht sich als "Scheinperspektive", denn sie vermittelt lediglich eine Illusion einer räumlichen Abbildung, ohne dabei den Gesetzen der Optik exakt zu folgen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung7|Praxisbeispiel Axonometrie einer Wohnsituation67
Die axonometrische Darstellung lässt sich wiederum in zwei Gruppen unterteilen. Die isometrische und die dimetrische Abbildung. Die dimetrische Darstellung wird aufgrund der Verkürzung von einer der drei Achsen, als realistischer empfunden, da diese "perspektivischer" wirkt.68 Trotz ihrer verschiedenen Konstruktionsmethoden richtet sich die Axonometrie nicht nach unseren natürlichen Sehgewohnheiten. Hieraus resultiert, dass die übermittelte Nachricht, in diesem Fall die Form und Lage eines Gegenstandes, vom Empfänger wieder entschlüsselt werden muss um vollständig verstanden zu werden.
Um sich den natürlichen Sehgewohnheiten weiter anzunähern, geht die Schrägdarstellung mit der perspektivischen Darstellungsmethode einen Schritt weiter. Sie wird je nach Zahl der verwendeten Fluchtpunkte in verschiedene Grundtypen unterteilt. Diese werden zwischen Einpunkt- (Zentral-), Zweipunkt- (Übereck-) und Drei- oder Mehrpunktperspektive unterschieden. In Abbildung 8 findet sich ein typisches Beispiel einer Zentral- oder auch Einpunktperspektive.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung8|Architektur-Vedeute (Gemäldegalerie Berlin) - Fluchtpunkt und Fluchtlinien69
Der Architekt wählt für seine Entwurfsdarstellung in 95% aller Fälle eine Zentral- oder eine Übereckperspektive, um seinen Entwurf darzustellen. Die Dreipunktperspektive eignet sich lediglich für Extremfälle in der Architekturdarstellung, wie z.B. für Luftbilder von hohen Gebäuden. Die Aufgabe dieser Perspektiven besteht darin, dem Betrachter eine anschauliche Vorstellung von einem Entwurf zu vermitteln. Instinktiv stellt sie somit eine "Werbezeichnung" dar. Aufgrund dessen ist ihre Ausgestaltung, wie bspw. das Einzeichnen von Strukturen, Licht und Schatten, von wesentlicher Bedeutung. Ihre Kategorisierung als "Werbezeichnung" fundiert aus der Tatsache, dass ihre perspektivische Darstellung unserer Wahrnehmung in vielerlei Hinsicht sehr nahe kommt und deshalb für den Betrachter leicht verständlich ist. Denn bei dieser Darstellungsweise laufen die Sehstrahlen nicht parallel, wie in der Axonometrie, sondern treffen in einem festen Punkt, dem sogenannten Augpunkt, zusammen. Somit entspricht diese am ehesten der wahrgenommenen Umwelt durch das menschliche Auge und bildet hierdurch einen natürlichen Bildeindruck.
Die Perspektive ist nicht nur ein wertvolles Mittel zur Verständigung mit Anderen, sondern auch sehr nützlich für den Entwurfsvorgang, also für den Entwerfer selbst. Sie gibt durch ihre räumliche Wirkung anschauliche Erkenntnisse über den Entwurf, wie es bspw. mit orthogonalen Zeichnungen allein, nicht möglich ist.70
Diese Art der perspektivischen Darstellung wurde bereits mit Hilfe moderner Computertechnik annähernd perfektioniert. Aufwendige Visualisierungsprogramme erlauben nahezu fotorealistische Computersimulationen, welche von der Realität kaum zu unterscheiden sind. Jedoch sind auch abstrakte Darstellungen abseits der Realität sehr gefragt. Dieses Verfahren unterscheidet sich grundlegend von dem des analogen Erstellens einer Zeichnung, da hierbei nicht das Ergebnis direkt, sondern ein virtuelles dreidimensionales Objekt erzeugt und anschließend im Prozess des Renderns berechnet wird. Die Berechnung eines solchen dreidimensionalen Modells ist vergleichbar mit einer realen Fotografie. Die dazu nötige Software ahmt im Simulationsprozess die Umwelt und alle Funktionen einer realen Kamera nach.71 Abbildung 9 zeigt beispielsweise eine nach dieser Art erzeugte Darstellung eines Gebäudes.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung9|Praxisbeispiel Perspektive einer Gartensituation eines Einfamilienwohnhauses72
Die bei solchen Darstellungen entstehende Verbindung zwischen visionärer Gestalt der Zeichnung und der Ästhetik der Fotografie73, sowie der Perfektion eines Computers, erzeugt ein weiteres Annähern an die menschlichen Sehgewohnheiten. Nicht umsonst wird für die Berechnung einer Perspektive eine reale Fotokamera als Referenz für die Darstellung benutzt. Denn kein anderes Medium kann das Aussehen und die Wirkung eines Gebäudes besser transportieren, als eine gelungene Architekturfotografie.74 Das Wort "Fotografie" bzw. "Photographie" setzt sich aus den altgriechischen Wörtern "phos" und "graphein" zusammen, was so viel bedeutet wie "[mit]Helligkeit/Licht malen/zeichnen". Es beschreibt also das technische Verfahren, Gegenstände optisch festzuhalten und an anderen Orten erlebbar zu machen.75 Die "Camera obscura", ein Gerät welches ein optisches System beinhaltet, wurde bereits im 18. Jahrhundert erfunden und ermöglichte die korrekte Nachzeichnung der perspektivischen Linien auf einer Mattscheibe76, durch Lichtstrahlen, die von dem betrachteten Gegenständen reflektiert werden.77 Die Architekturfotografie (was jegliche Simulation mit einschließt die herkömmliche Fotokameras nachahmen) muss die allgemeingültige Seherfahrung vor Ort auf ein zweidimensionales Foto transportieren und gleichzeitig die Qualität des architektonischen Entwurfs wiedergeben. Beschränkt sich die Inszenierung nicht rein auf den Informationstransport, verliert das Gebäude seine zentrale Wichtigkeit und das Foto selbst rückt ungewollt in den Vordergrund. Damit stellt sich die Frage, ob ein hundertprozentig authentisches Architekturfoto theoretisch möglich wäre. Jedes noch so realitätsnah ausgerichtete Architekturfoto besitzt einen gewissen Grad an Abstraktion, welcher allein schon durch Faktoren wie die unmaßstäbliche Größe der Darstellung und fehlende Dreidimensionalität hervorgerufen wird.78 Daher ist es gar nicht möglich ein Gebäude absolut authentisch auf einem Bildträger wiederzugeben. Wie ein Gebäude vor Ort wahrgenommen wird und wie es später auf dem Bild aussieht, ist meist ein großer Unterschied.79
[...]
1 vgl.Köhler, 2009 S. 9
2 vgl.Schulz-Eickhorst, 2002 S. 33
3 vgl.Schulz-Eickhorst, 2002 S. 33
4 vgl.Lüttmann, 2015 S. 50
5 vgl.Lüttmann, 2015 S. 55
6 vgl.Lüttmann, 2015 S. 56
7 vgl.Lüttmann, 2015 S. 58
8 Statistisches Bundesamt, 2014
9 vgl.Rambow, 2010
10 vgl.Rambow, 1998 S. 419
11 vgl.Rambow, 2010
12 vgl.Hochschule Bochum, 2016
13 vgl.Sabine Ammon, 2013 S. 458
14 vgl.Sabine Ammon, 2013 S. 465
15 vgl.Hochschule Bochum, 2012
16 vgl.Sabine Ammon, 2013 S. 274
17 vgl.Rambow, 1998
18 vgl.Knauer, 1991
19 vgl.Rambow S. 110
20 vgl.Jäger, 2008 S. 110
21 vgl.Rambow, 1998 S. 418
22 vgl.Jäger, 2008 S. 110
23 vgl.Rambow, 1998 S. 418
24 vgl.Schmiel, 2016
25 vgl.Rambow S. 110
26 vgl.Zarges, 2008 S. 9
27 vgl.Rambow, 2000 S. 48
28 vgl.Rambow, 2000 S. 51-52
29 vgl.Krause, 2009 S. 21
30 vgl.Krause, 2009 S. 21
31 vgl.DBZ, 2013 S. 3
32 vgl.Rambow S. 115
33 vgl.Krause, 2009 S. 20
34 vgl.Rambow S. 114
35 vgl.Köhler, 2009 S. 11
36 vgl.Knauer, 1991 S. 9
37 vgl.Rambow
38 vgl.Krause, 2009 S. 20
39 vgl.Knauer, 1991 S. 8
40 vgl.Knauer, 1991 S. 10
41 vgl.Knauer, 1991 S. 9
42 vgl.Rambow S. 110
43 vgl.Rambow, 2010 S. 14-15
44 vgl.Rambow, 2010 S. 15
45 vgl.Richter, 2012
46 vgl.Rambow, 2000 S. 56-59
47 vgl.Schuster, 2006
48 vgl. Onken, 2004, S. 75
49 vgl.Rambow, 2000 S. 56-59
50 vgl.Eberhard Holder, 2004
51 Eberhard Holder, 2004 S. 59
52 vgl.Eberhard Holder, 2004 S. 7
53 vgl.Werheim, 2015 S. 11
54 vgl.Thiele, 2004
55 vgl.DBZ, 2013 S. 15
56 vgl.Knauer, 1991 S. 211
57 vgl.Ratensky, 1983 S. 32
58 vgl.Ratensky, 1983 S. 34
59 vgl.Ratensky, 1983 S. 35
60 vgl.Neufert, 2009 S. 22
61 vgl.Grütter S. 153
62 Kautz - Architektur + Architekturfotografie, 2015
63 Das Haus, 2016 S. 66
64 Kautz - Architektur + Architekturfotografie, 2015
65 vgl.Ratensky, 1983 S. 66
66 vgl.Ratensky, 1983 S. 66
67 DeviantArt, AzFaka, 2012
68 vgl.Ratensky, 1983 S. 80
69 Missfeldt
70 vgl.Ratensky, 1983 S. 81
71 vgl.Decker, 2011 S. 14
72 Kautz - Architektur + Architekturfotografie, 2015
73 vgl.Werheim, 2015 S. 16
74 vgl.Schulz, 2014 S. 1
75 vgl.Schulz, 2014 S. 2
76 vgl.Schulz, 2014 S. 4
77 vgl.Ratensky, 1983 S. 35
78 vgl.Schulz, 2014 S. 7
79 vgl.Schulz, 2014 S. 8
- Arbeit zitieren
- Sebastian Kautz (Autor:in), 2016, Virtual-Reality-Technologie in der Vermittlung von Raumqualitäten. Visualisierung bei Entwurfspräsentationen von Einfamilienhäusern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/997455
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