Vergessen Sie alles, was Sie über deutsche Dichtung des 18. Jahrhunderts zu wissen glaubten! Diese tiefgründige Analyse entführt Sie in die Welt der Anakreontik, einer Strömung, die Lebensfreude, sinnliche Genüsse und die unbeschwerte Feier des Augenblicks in den Mittelpunkt stellte. Im Fokus steht der Hallesche Dichterkreis um Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Peter Uz und Johann Nikolaus Götz, deren Werke eine Gegenwelt zur rationalen Strenge der Aufklärung entwarfen. Entdecken Sie, wie diese Dichter, inspiriert vom griechischen Lyriker Anakreon und seinem römischen Echo Horaz, eine neue Form der Poesie schufen, die Liebe, Wein, Freundschaft und die Schönheit der Natur in spielerischer Leichtigkeit zelebrierte. Die „scherzhafte“ Stilistik, geprägt durch Georg Friedrich Meier, manifestierte sich in reimlosen anakreontischen Oden, die durch Anaphern, Allegorien und stilisierte Landschaftsbilder eine heitere Atmosphäre erzeugten. Doch hinter der vordergründigen Idylle verbirgt sich mehr: Die Anakreontik diente auch als Therapie gegen Melancholie und als Ausdruck eines Lebensgefühls, das Geselligkeit und Dienstbereitschaft förderte. Erfahren Sie, wie die medizinischen Theorien von Georg Ernst Stahl das Verständnis von Literatur als Mittel zur Seelenheilung beeinflussten und wie die Anakreontik als diätetische Maßnahme zur Förderung von Heiterkeit und Ausgeglichenheit eingesetzt wurde. Diese umfassende Studie beleuchtet nicht nur die Werke und den Stil des Halleschen Dichterkreises, sondern auch die intellektuellen und kulturellen Hintergründe dieser einzigartigen literarischen Bewegung. Tauchen Sie ein in eine Epoche, in der Dichtung nicht nur Kunst, sondern auch Medizin für die Seele war. Eine fesselnde Reise durch die deutsche Literaturgeschichte, die Ihnen die Augen für die verborgenen Facetten des Rokoko öffnen wird. Lassen Sie sich von der Lebensfreude der Anakreontiker anstecken und entdecken Sie die heilsame Wirkung heiterer Verse. Ein Muss für jeden Liebhaber der deutschen Literatur und Kulturgeschichte, der mehr über die Hintergründe und die Bedeutung dieser oft unterschätzten Epoche erfahren möchte.
Referat: Die deutsche Anakreontik – der Hallesche Dichterkreis
Anakreon:
- griech. Lyriker des 6. Jh. aus Teos
- schrieb Dichtung in lyrischen Maßen, Jambendichtung, Elegien und Epigramme
- von seinen Werken sind nur drei Lieder ganz erhalten
- er besang den Genuß des Augenblicks: Freundschaft, Frauen- wie auch Knabenliebe und den Wein
Anakreontik:
- Gedichte, die Themen und Motive der Anakreonteia aufnahmen, die die Freude an der Welt und am Leben verherrlichen
- Vorbilder sind neben Anakreon: Horaz in seinen heiteren Oden, Catull u. a.
- in der deutschen Literatur versteht man unter der Anakreontik die Lyrik des Rokoko
- eine begrenzte Zahl von Themen wurde immer wieder variiert: Liebe, Wein, Natur, Freundschaft und Geselligkeit, sowie das Dichten
- Schauplatz ist die liebliche Landschaft, in der mythologische Figuren oder auch der Dichter selbst (mit seiner Geliebten) agieren
- in der Gestaltung wurden kleinere Formen (neben der anakreontischen Ode: Eprigramme, Liedchen, Triolett) bevorzugt
- die Anakreontik des deutschen Rokoko ging von Halleschen Dichterkreis aus, neben dem Hamburger Freundeskreis um Friedrich von Hagedorn (1708-1754) als weiterem Zentrum der Anakreontik
- Friedrich von Hagedorn: Fabeln und Erzählungen (1783), Moralische Gedichte (1750), Sammlung neuer Oden und Lieder (1742, 1744, 1752)
Der Hallesche Dichterkreis:
- Johann Wilhelm Ludwig Gleim(1719-1803)
- studierte 1738-1741 in Halle Jura und Philosophie
- widmete sich ab 1747 ganz der Literatur => = Halberstadter Dichterkreis
- anakreontische Werke: Versuch in scherzhaften Liedern (2 Teile, 1744/45 und ein sog. 3. Teil 1749); Lieder nach dem Anakreon (1766)
- JohannPeterUz(1720-1796)
- studierte 1739-1743 Jura und Philosophie in Halle
- schlug Justizlaufbahn ein
- gemeinsam mit Götz: Die Oden Anakreons in reimlosen Versen (1760)
- Johann NikolausGötz(1721-1781)
- studierte Theologie in Halle
- Die Gedichte Anakreons und der Sappho Oden (1746)
- Auseinandersetzung mit Gottsched im Kontext der Diskussion um eine neue deutsche Kunstdichtung, die vor allem in Leipzig und Halle in den 30er/ 40er Jahren ausgetragen wurde
Stil:
- der „scherzhafte“ Stil geprägt durch Georg Friedrich Meier (Hallenser Professor):
„Gedancken von Schertzen“ (1744)
- verbreiteten mit ihren Werken den Typ der reimlosen anakreontischen Ode => übernahmen aus den Anakreonteen die strophenlose Odenkomposition, den reimlosen anakreonitischen Kurzvers und ahmten beliebte Stilmittel nach (Anapher, Anneinanderreihung kleiner, oft allegorischer Bilder u. ä. )
- die Landschaft ist nicht relistisch gezeichnet, sondern besteht aus versetzbaren, typisierten Kulissen (locus amoenus) ohne natürliche Farben (metallische Farben häufig)
- es geht nicht um die Darstellung von Erlebtem, sondern die Möglichkeiten gedachter Zustände und Situationen werden vorgetragen
Wirkungsabsicht:
- medizinischer Diskurs: Theorie von Georg Ernst Stahl
- Literatur wie auch Musik, Geselligkeit, Malerei u. ä. durch die Wirkungen für die Seele auch unter medizinischen Aspekten betracht => führt zur Vorstellung von diätetischen Möglichkeiten von Literatur
- Literatur ruft Einbildungen hervor, erregt Affekte, die die Seele wieder ins Gleichgewicht bringen können
- Im Bereich der Anakreontik damit wesentliches Ziel, durch heitere Literatur eine heitere Stimmung hervorzurufen => Melancholie zu verteiben
- nicht nur zum Vorteil des Einzelnen, zu dessen Gesundheit, sondern man ging auch davon aus, daß der heitere Mensch gesellig und dienstfertig ist
- Liebes- und Glücksgefühl soll vermittelt werden, aber keine überflutenden Affekte beabsichtigt, da jede Übersteigerung – auch von positiven Gefühlen – als gefährliche und schädliche Leidenschaft gesehen wurde (zudem pragmatischer Aspekt der Zensur)
- Anakreon dabei als Leitfigur des heiteren Lebensgefühls
Literatur:
- Der Literatur Brockhaus in 8 Bänden. Hg. von Werner Habicht, Wolf-Dieter Lange und der Brockhaus-Redaktion. Mannheim/ Leipzig/ Wien 1995.
- Herbert Zeman: Friedrich von Hagedorn, Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Peter Uz, Johann Nikolaus Götz. In: Benno von Wiese (Hg.): Deutsche Dichter des 18. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk. Berlin: Erich Schmidt Verlag 1977. S. 135-161.
- Wolfram Mauser: Anakreon als Therapie? Zur medizinisch-diätetischen Begründung der Rokokodichtung. In: Lessing-Yearbook XX, 1988, S. 87-120.
- Theodor Verweyen: „Halle, die Hochburg des Pietismus, die Wiege der Anakreontik“. Über das Konfliktpotential der anakreontischen Poesie als Kunst der „sinnlichen Erkenntnis“. In: Norbert Hinske (Hg.): Zentren der Aufklärung 1. Halle – Aufklärung und Pietismus. Heidelberg: Verlag Lambert Schneider 1989. (= Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung Band 15). S. 209-238.
JOHANN WILHELM LUDWIG GLEIM:
Anakreon
Anakreon, mein Lehrer,
Häufig gestellte Fragen zu "Die deutsche Anakreontik – der Hallesche Dichterkreis"
Was ist Anakreontik?
Anakreontik sind Gedichte, die Themen und Motive der Anakreonteia aufnehmen und die Freude an der Welt und am Leben verherrlichen. Vorbilder sind neben Anakreon Horaz, Catull u. a. In der deutschen Literatur versteht man unter der Anakreontik die Lyrik des Rokoko. Typische Themen sind Liebe, Wein, Natur, Freundschaft und Geselligkeit.
Wer war Anakreon?
Anakreon war ein griechischer Lyriker des 6. Jh. v. Chr. aus Teos. Er schrieb in lyrischen Maßen, Jambendichtung, Elegien und Epigramme und besang den Genuß des Augenblicks: Freundschaft, Frauen- wie auch Knabenliebe und den Wein.
Was ist der Hallesche Dichterkreis?
Der Hallesche Dichterkreis war ein Zentrum der deutschen Anakreontik. Neben ihm gab es den Hamburger Freundeskreis um Friedrich von Hagedorn.
Wer waren wichtige Mitglieder des Halleschen Dichterkreises?
Wichtige Mitglieder waren Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Peter Uz und Johann Nikolaus Götz.
Was zeichnete den Stil der Anakreontik des Halleschen Dichterkreises aus?
Der Stil war geprägt durch Georg Friedrich Meier und war "scherzhaft". Die Landschaftsdarstellung war nicht realistisch, sondern bestand aus typisierten Kulissen (locus amoenus). Es ging nicht um die Darstellung von Erlebtem, sondern um die Möglichkeiten gedachter Zustände und Situationen.
Welche Wirkungsabsicht hatte die Anakreontik?
Die Anakreontik hatte die Absicht, durch heitere Literatur eine heitere Stimmung hervorzurufen und Melancholie zu vertreiben. Dies sollte nicht nur dem Einzelnen zugute kommen, sondern auch die Geselligkeit fördern.
Was ist das Gedicht "Anakreon" von Johann Wilhelm Ludwig Gleim?
Das Gedicht "Anakreon" von Johann Wilhelm Ludwig Gleim ist eine Hommage an Anakreon und seine Themen Wein und Liebe. Es beschreibt Anakreons Lebensstil und betont die Freude am Leben.
Welche Literatur wird im Referat zur deutschen Anakreontik und dem Halleschen Dichterkreis empfohlen?
Es werden verschiedene Werke empfohlen, darunter:
- Der Literatur Brockhaus in 8 Bänden
- Werke von Herbert Zeman über Friedrich von Hagedorn, Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Peter Uz, Johann Nikolaus Götz in "Deutsche Dichter des 18. Jahrhunderts"
- "Anakreon als Therapie? Zur medizinisch-diätetischen Begründung der Rokokodichtung" von Wolfram Mauser
- "Halle, die Hochburg des Pietismus, die Wiege der Anakreontik" von Theodor Verweyen
- Quote paper
- Claudia Neumann (Author), 2000, Die deutsche Anakreontik - der Hallesche Dichterkreis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99736