In Europa sind vorwiegend School nurses für diverse Gesundheitsbelange von Schulkindern zuständig, bereits ab dem Kleinkindalter bis zum Ende der Pflichtschulzeit. In den Jahren 2013 und 2014 wurde in Brandenburg (DE) eine Machbarkeitsstudie zum Thema „Innovationskonzept Schulpflegekräfte an Schulen in Öffentlicher Hand” durchgeführt. Infolgedessen entstand im Jahr 2016 ein Pilotprojekt an Schulen in Brandenburg und Hessen, wo für zwei Jahre jeweils zehn examinierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen zu School nurses weiterqualifiziert und an Modellschulen eingesetzt wurden.
Das Schulgesundheitsprojekt von Brandenburg und Hessen (DE) kann Kärnten als Beispiel dienen. Als Grundlage der Projektarbeit dienten folgende Forschungsfragen: Welche Aspekte sprechen für die Implementierung eines Pilotprojekts Schulgesundheitspflege in Kärnten? Welche Umsetzungsschritte erfordert ein Pilotprojekt Schulgesundheitspflege in Kärnten?
Mit der vorliegenden Projektarbeit wird dargestellt, auf welche Weise die neue Berufsgruppe in Kärnten integriert werden kann. Im Konzept sind die Bedingungen zur Integrierung von School nurses in Bildungseinrichtungen, Qualifizierungsmaßnahmen und empfohlene Umsetzungsschritte abgebildet. Die Forschungsergebnisse, die eine Grundlage der Abschlussarbeit bilden, sind anhand von Literaturrecherchen zum Thema entstanden. Des Weiteren kamen Fokusgruppen- bzw. ExpertInnengespräche zum Einsatz.
Inhaltsverzeichnis
Deutsche Kurzfassung
1 Einleitung
2 Methodik
3 Schulgesundheitspflege in Europa
3.1 Tätigkeitsbereiche von School nurses
3.2 Erfahrungen mit School nurses
3.3 Voraussetzungen für gelingende Schulgesundheitspflege
3.4 Best Practice Beispiel Brandenburg Hessen
4 Begründung einer Integrierung von School nurses in Kärnten
1.1 Zielsetzung des Projekts Schulgesundheitspflege
1.2 Kindergesundheit im Setting Schule in Österreich
1.3 Bedarf Schulgesundheitspflege in Kärnten
1.4 School nurses als Unterstützung
5 Umsetzungsstrategie von Schulgesundheitspflege in Kärnten
5.1 Aufbau und Ablauf der Organisation
5.2 Standorte
5.3 AnbieterInnen
5.4 Lösungsansätze im Bedarfsfall
6 Finanzierung eines Pilotprojekts
6.1 Tätigkeitsbeschreibung School nurses
6.2 Kosten Personal und Schule
6.3 Projektkosten Gesamt
6.4 Drei- Jahresplan Schulgesundheitspflege
7 Projektpartner Fachhochschule Kärnten
8 Curriculum für School nurses in Kärnten
8.1 Qualitätssicherungsmaßnahmen der Weiterbildung
8.1 Inhalte des Curriculums Schulgesundheitspflege Brandenburg
8.1 Leistungsnachweis / Zertifizierung
8.2 Curriculum für School nurses in Kärnten
9 Evaluierung des Projekts
10 Ergebnisdarstellung
11 Diskussion
Ausblick
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
„GESUNDHEIT IST NICHT ALLES, ABER OHNE GESUNDHEIT IST ALLES NICHTS” (Arthur Schopenhauer)
Die grundlegende Idee der Schulgesundheitspflege im europäischen Raum ist es, die Gesundheit von Kindern in Bildungseinrichtungen frühestmöglich und nachhaltig zu bewahren und zu fördern. SchulgesundheitspflegerInnen steigern die Gesundheitskompetenz von Kindern und späteren Erwachsenen. Ihre Aktivitäten unterstützen nicht nur Schulkinder, sondern auch deren soziales Umfeld. Langfristig lassen sich damit Gesundheitsausgaben reduzieren.
Deutsche Kurzfassung
Präventionsmaßnahmen und Gesundheitsförderung sowie -aufklärung, -bildung, -beratung, und -erziehung haben gemeinsam zum Ziel, die Bevölkerung oder Einzelpersonen zu einem höheren Gesundheitsbewusstsein zu bewegen, um Krankheit möglichst nicht entstehen zu lassen. In Europa sind vorwiegend School nurses für Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen für gesunde und kranke Kinder im Bildungssystem da, bereits ab dem Kleinkindalter bis zum Ende der Pflichtschulzeit. In den Jahren 2013 und 2014 wurde in Brandenburg (DE) eine Machbarkeitsstudie zum Thema „Innovationskonzept Schulpflegekräfte an Schulen in Öffentlicher Hand” durchgeführt. Infolgedessen entstand im Jahr 2016 ein Pilotprojekt an Schulen in Brandenburg und Hessen, wo für zwei Jahre jeweils zehn examinierte Gesundheits- und Kinder- bzw. KrankenpflegerInnen zu School nurses weiterqualifiziert und an Modellschulen eingesetzt wurden.
Das Schulgesundheitsprojekt von Brandenburg und Hessen (DE) kann Kärnten als Beispiel dienen und mit einer Integrierung von School nurses würde das Bundesland eine Vorreiterrolle in Österreich einnehmen. Als Grundlage der Projektarbeit dienten folgende Forschungsfragen:
Forschungsfrage 1: Welche Aspekte sprechen für die Implementierung eines Pilotprojekts Schulgesundheitspflege in Kärnten?
Forschungsfrage 2: Welche Umsetzungsschritte erfordert ein Pilotprojekt Schulgesundheitspflege in Kärnten?
Forschungsziel: Konzept zur Implementierung von Schulgesundheitspflege in Kärnten.
Mit der vorliegenden Projektarbeit wird dargestellt, auf welche Weise die neue Berufsgruppe der School nurses in Kärnten integriert werden kann. Im Konzept sind die Bedingungen zur Integrierung von School nurses in Bildungseinrichtungen, Qualifizierungsmaßnahmen und empfohlene Umsetzungsschritte abgebildet. Die Forschungsergebnisse, die eine Grundlage der Abschlussarbeit bilden, sind anhand von Literaturrecherchen zum Thema entstanden. Des Weiteren kamen Fokusgruppen- bzw. ExpertInnengespräche zum Einsatz.
Schlüsselwörter: Schulgesundheitspflege, School Nurses, Schulkinder, Pilotprojekte, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege;
1 Einleitung
Die Zunahme von chronisch kranken Kindern im Schulsystem, Inklusion, Migration, Ganztagsschule und Zusammenlegung von Schulzentren in Bildungscluster verändern die Schullandschaft in Österreich.
Gesundheit, Bildung und Armut sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Diese Faktoren bestimmen auch die Lernchancen und späteren beruflichen Möglichkeiten.
Hurrelmann meint, dass der Ursprung von chronischen, oft lebenslang beeinträchtigenden Krankheiten im Erwachsenenalter, wie zum Beispiel Herz- Kreislauf- und Krebserkrankungen, jedoch auch von anderen organischen Störungen und psychosozialen Beeinträchtigungen, meist im Kindes- und Jugendalter zu finden ist (Hurrelmann 1994: 1-29).
Akute und chronische Erkrankungen führen zu einer Verschlechterung der Schulleistung, zu späteren kinder- und jugendpsychiatrischen Störungen, einer verringerten bzw. verzögerten Ausbildungsfähigkeit. Folgend kann es zu einem höheren Risiko für Arbeitslosigkeit kommen (Esser, Schlack in: Möller 2015: 20).
Im Setting Schule besteht die Möglichkeit, einen großen Teil der Bevölkerung über Jahre hinweg optimal zu erreichen. Schule wird als Ort der Gesundheitsbildung weiters damit begründet, Wissen und Verhaltensweisen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit, bereits im Kindesalter zu erwerben (Naidoo, Wills, 2003: 279). Gesundheitsförderungsprojekte in Österreichs Schulen gibt es bereits vielfach, diese werden jedoch von ExpertInnen als unzureichend angesehen, da sie häufig am Bedarf vorbeigehen und die Nachhaltigkeit fehlt.
School nurses sind im europäischen Raum wirkungsvoll für Gesundheitsbelange der Schulkinder tätig.
ExpertInnen des Gesundheits- und Bildungssystems erkennen seit einigen Jahren einen Bedarf an SchulgesundheitspflegerInnen in Österreich. Eine Bedarfserhebung zum Thema Schulgesundheitspflege vom Jahr 2016/2017 ergab, dass Expertinnen und Experten den Einsatz von School nurses in Kärntens Primarschulen befürworten (Gundolf 2017: 104ff).
Das Berufsbild „Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege” (GuKP) wurde im Zuge der Gesetzesnovelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) vom Jahr 2016 mit zusätzlichen Kompetenzen und Handlungsfeldern betraut. So ist im novellierten Gesetz auch die Schulgesundheitspflege als neuer Aufgabenbereich der GuKP verankert.
Die vorliegende Projektarbeit liefert eine Implementierungsanleitung für die Umsetzung von Schulgesundheitspflege in Kärnten.
2 Methodik
Die Forschungsergebnisse, die eine Grundlage der Abschlussarbeit bilden, sind anhand von Literaturrecherchen (veröffentlichte Studien, Fachbücher, Fachzeitschriften, Onlinedatenbank Pubmed) unter anderem an der Fachhochschulbibliothek am Standort Feldkirchen entstanden. Internetrecherche wurde ergänzend eingesetzt. Die Literatursuche fand zwischen Juni und Dezember des Jahres 2018 statt. In die Abschlussarbeit wurden relevante Textstellen eingearbeitet.
Des Weiteren kamen Fokusgruppen- bzw. ExpertInnengespräche mit Stakeholder der Bildungs- und Gesundheitsabteilungen der Kärntner Landesregierung, dem jugendfürsorgeärztlichen Dienst, der Leitung des BUILD-Gründungszentrums sowie mit DirektorInnen in zwei Kärntner Bildungszentren zum Einsatz.
Die Kostenplanung und räumliche bzw. materielle Bedarfsplanung um das Projekt Schulgesundheitspflege in Kärnten wurde mithilfe von ExpertInnengesprächen der Gesundheits- und Pflegepädagogik und der Betriebswirtschaft (BUILD Gründungszentrum 2018: o. S.) konzipiert. In den Jahren 2017 und 2018 fanden Fokusgruppendiskussionen mit SchuldirektorInnen und einer Leitung des Pädagogischen Beratungszentrums statt.
Tausch und Menold (2015) führen an, dass die Methode der Fokusgruppendiskussion erstmals in Amerika zum Zwecke der Marktforschung erfolgte. Daraufhin wurde sie im Rahmen sozialwissenschaftlicher als auch gesundheitsbezogener wie medizinischer Forschung immer populärer (Krueger 1988; Morgan 1993; in: Tausch, Menold 2015: 5). Aufgrund der natürlichen Art der Interaktion sind besonders authentische Äußerungen der DiskussionspartnerInnen zu erwarten. Außerdem steigt in Gruppen gleichgesinnter Personen die Bereitschaft, offen über ein Thema zu sprechen, das alle GruppenmitgliederInnen teilen (ebd. 2015: 5).
Ziel der Gespräche war es, Fragen bzgl. Räumlichkeiten bzw. Einrichtungsgegenstände, die für eine Umsetzung von Schulgesundheitspflege erforderlich sind, zu klären. Außerdem wurde vor Ort die Notwendigkeit von SchulgesundheitspflegerInnen im Schulteam von Seiten der Schuldirektion und aus Sicht der Kinder erfragt. Es stellte sich heraus, dass in den beiden zur Auswahl stehenden Bildungszentren, neben der generellen Bereitschaft für eine Integrierung von School nurses, die Bedingungen zur Umsetzung bereits gegeben sind. Beide für ein Pilotprojekt infrage kommende Bildungszentren sind barrierefrei und beinhalten die erforderliche Räumlichkeit.
Die leitenden Personen beider Bildungszentren erkannten einen positiven Effekt für Lehrende, Eltern und Kinder im Bildungszentrum und würden den Einsatz von School nurses begrüßen.
Mit Stakeholdern der Landesregierung und dem Jugendfürsorgeärztlichen Dienst wurde ebenso der Bedarf und Implementierungsmöglichkeiten besprochen. Die EntscheidungsträgerInnen zeigten Interesse am Projekt und gaben Tipps, wo sie aus Ihrer Sicht einen besonderen Bedarf erkannten und welche Schulzentren aus ihrer Sicht gewählt werden sollten. Die Leitung des BUILD-Gründungszentrums wiederum wurde zu Fragen um den Finanzierungsplan einbezogen.
3 Schulgesundheitspflege in Europa
In Europa ist für Gesundheitsthemen an Schulen vorwiegend die SchulgesundheitspflegerIn als GesundheitsexpertIn im multiprofessionellen Team zuständig. Oft beginnt ihr bzw. sein nachhaltig wirkendes Betätigungsfeld schon im Kindergartenalter und erfolgt begleitend ins Schulsystem. Die Berufsgruppe ist im deutschen Sprachraum noch wenig bekannt und wird in Europa meist als School nurse bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine weibliche wie auch männliche Begriffsbezeichnung.
3.1 Tätigkeitsbereiche von School nurses
Neben der Versorgung von akut und chronisch erkrankten Kindern und Jugendlichen im Schulbereich wird der Bereich Gesundheitsförderung und Prävention als dominierender Aufgabenbereich von School nurses angesehen. Die Aufgabenfelder der Berufsgruppe sind nach Möller (2016) vielfältig bzw. bedarfsangepasst gestaltet und in der Abbildung 1 ersichtlich.
„1) Gesundheitliche Versorgung im Sinne einer Akutversorgung und der Erbringung ausgewählter Leistungen der medizinischen Behandlungspflege (inkl. Dokumentation und Verwaltung) 30 %
2) Gesundheitsförderung und Prävention im Sinne der Initiierung bewährter und qualitätsgesicherter Projekte 20 %
3) Früherkennung im Sinne individueller Hilfestellungen für SchülerInnen und ihre Eltern bei gesundheitlichen Auffälligkeiten, Problemen 20 %
4) Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen/Behinderungen bzw. nach längerer krankheitsbedingter Abwesenheit von der Schule im Sinne einer Mitarbeit am landesspezifischen Eingliederungsprogramm inklusive einer Beratung des Schulpersonals und der betroffenen Familien 15 %
5) Ansprech- und Vertrauensperson für SchülerInnen mit gesundheitlichen Auffälligkeiten im Sinne eines Zugangs zu besonders gefährdeten und schwer zugänglichen Gruppen mittels kontinuierlicher Präsenz und Vermittlung frühzeitiger Hilfen 15 %
6) Die interdisziplinäre außerschulische Kooperation im Sinne einer Zusammenarbeit mit außerschulischen NetzwerkpartnerInnen im Gesundheits- und Bildungsbereich.”
Abbildung 1: Aufgabenbereiche von School nurses in Prozentanteil, Möller (2016: 14)
Kompetenz- und Tätigkeitsbereiche von SchulgesundheitspflegerInnen in Europa sind nach Möller (2016):
- körperliche, soziale und psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
- Ernährung, Bewegung, Mundgesundheit
- Suchtprävention mit Schwerpunkt auf Alkohol, Tabak und illegalen Drogen
- Sexualaufklärung und sexuelle Gesundheit
- psychische Gesundheit
- Unfall- und Gewaltprävention sowie der Schutz von Kindern (z. B. frühzeitige Erkennung von Missbrauch, Gewalt, Mobbing, etc.)
- die Mitwirkung an der Forcierung einer gesundheitsfördernden Umgebung in der Schule in Bereichen wie z. B. Hygiene, Ernährung, Belichtung, Belüftung und Möblierung
- die Infektionsvorbeugung und Impfungen unter Einbeziehung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, die Erkennung von gesundheitlichen und sozialen Problemen im Frühstadium sowie von Lebens- und Lernbedingungen, die auf Schulleistungen beeinträchtigend wirken
- die Bereitstellung von Angeboten für chronisch kranke bzw. behinderte Kinder und Jugendliche, auch im Rahmen von Beratungsmaßnahmen
- die Früherkennung der Bedürfnisse von gefährdeten (vulnerablen) Kindern und Jugendlichen
- die Erkennung von unzureichender Zahngesundheit und Weiterleitung an entsprechende Zuständigkeiten (Möller 2016: 10).
Kocks (2008) zeigt weitere Aufgabenbereiche der Profession in Schweden auf:
- Gesundheitsversorgung Behandlung von Kindern mit akuten und chronischen Erkrankungen, bei Bedarf Überweisung an externe medizinische Einrichtungen
- Screening-Untersuchungen Jährliche Vorsorgeuntersuchungen der Schulkinder mit dem Ziel der Abklärung etwaiger gesundheitlicher Risikofaktoren
- Gesundheitsförderung und Prävention Umfassende Konzepte, die verschiedene Themenbereiche, Lernende, die Schulklasse oder die gesamte Schule betreffen.
- Integrierung von chronisch erkrankten Lernenden
- Erstellung von Ernährungsplänen (z. B. Kinder mit Diabetes), Veranlassung von baulichen Maßnahmen etc.
- Zugang zu vulnerablen Gruppen Identifikation von misshandelten, missbrauchten und/oder vernachlässigten Kindern. In Schweden besteht für School nurses ein gesetzlicher Auftrag zur Identifizierung von misshandelten Schulkindern (Kocks 2008: 246-258).
Eine an die Bedarfe in Österreich abgestimmte Variante der Schulgesundheitspflege unterstützt dabei, ebenda nicht nur die Effizienz in der Leistungserbringung zu steigern, sondern auch die Betreuungsqualität von Lernenden anzuheben. Vorausgesetzt, dass die Kompetenzen der Berufsgruppe ausbildungsadäquat verteilt sind und diese weitgehend selbstständig innerhalb multidisziplinärer Zusammenarbeit ausgeübt werden dürfen (Damm, Hutter 2012: 83).
Das Rahmenkonzept der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (2014), das in Gemeinschaftsarbeit und konsensorientiert entwickelt wurde, definiert sieben standardisierte, ineinander übergreifende Kompetenzbereiche, über die SchulgesundheitspflegerInnen verfügen sollten. Diese Standards können an Rahmengesundheitsziele der jeweiligen Länder angepasst werden.
Zu den sieben Kompetenzbereichen von School nurses nach dem Rahmenkonzept der WHO (2014) zählen:
1. SchulgesundheitsexpertIn
Neben einem konzeptionellen Wissen über Gesundheitsförderung und Prävention zählen effektives Handeln in gesundheitsrelevanten Bereichen (z. B. Ernährung, Bewegung etc.) zu den Kompetenzen von School nurses. Des Weiteren verfügt die Berufsgruppe über Kenntnisse bzgl. altersspezifischen Entwicklungsprozessen von Kindern und Jugendlichen, die definieren eine Risikoeinschätzung, beurteilen den individuellen Gesundheitsstatus von Lernenden, und verfügen über ein Wissen um die gesundheitlichen Auswirkungen auf Lernerfolge.
2. GesprächsführerIn
Die Rolle als GesprächsführerIn umfasst eine respektvolle, nichtwertende Kommunikation mit Kindern bzw. Jugendlichen und deren Eltern sowie Motivation und Empowerment der Schulkinder und Eltern, damit gesunde Entscheidungen im Sinne von Public Health, Kommunikation und Aktion in- und außerhalb des Bildungszentrums stattfinden können.
3. Mitglied eines interprofessionellen Teams
SchulgesundheitsexpertInnen sind Teil des multiprofessionellen Teams und agieren auf lokaler und regionaler Ebene. Sie sind maßgeblich daran beteiligt, Gesundheitsziele von Kindern und Jugendlichen umzusetzen.
4. ManagerIn
SchulgesundheitpflegerInnen verfügen über Systemkenntnisse bzgl. gesundheitsfördernder Strukturen und Organisationen in der Region. Sie sind in der Lage erforderliche Maßnahmen zu koordinieren und umzusetzen.
5. GesundheitsfürsprecherIn
Diese Rolle umfasst die Priorisierung von gesundheitsfördernden Aktivitäten in Bezug auf Individuen sowie Populationen. Gesundheitsrisiken und -auslösende Faktoren werden identifiziert bzw. gemeinsame Lösungsansätze erforscht. Bedürfnisse, Lebensumstände sowie gesundheitliche Determinanten werden erhoben und politische Forderungen daraus abgeleitet.
6. WissenschaftlerIn
Der Funktion der WissenschaftlerIn werden hohe Lernbereitschaft sowie gesundheitswissenschaftliche Kenntnisse und Arbeitstechniken vorausgesetzt. Dazu zählt eine epidemiologisch relevante Datenerfassung, Monitoring und Dateninterpretation. Die Forschungsergebnisse sollen Beiträge für regionale und nationalen Austausch bieten.
7. ExpertIn
Zur Erfüllung der Rollenfunktion wird auf die UN-Kinderrechtskonvention verwiesen, auf medizinisch ethische Prinzipien und rechtliche Normen und Werte. Die professionelle Vorgehensweise soll Diskriminierung vorbeugen und einen einheitlichen Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährleisten (Tannen et al. 2018: 21f)
In der Abbildung 2 sind Aufgaben von School nurses in Anlehnung an die Kompetenzbereiche der WHO (2014) zusammenfassend dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Qualitätsstandards für School nurses bzw. Kompetenzprofil, in Anlehnung an Empfehlungen der WHO (2014); (eigene Darstellung)
3.2 Erfahrungen mit School nurses
In Europa, wie z. B. in Dänemark, Finnland, Irland, Schweden, Polen, Portugal etc. wird Schulgesundheitspflege bereits seit Jahrzehnten erfolgreich umgesetzt.
Die Berufsgruppe der School nurses ist im multiprofessionellen Team für Gesundheitsbelange der Schulkinder, deren Eltern und Lehrende zuständig. Damm (2017) verweist auf das WHO Surveys des Jahres 2010 wenn sie meint, dass die Gesundheitsversorgung für europäische Schulkinder in den meisten Fällen von School nurses (76 Prozent) durchgeführt wird, gefolgt von SchulärztInnen (65 Prozent) sowie PsychologInnen (43 Prozent) (Damm 2017: 16).
Die Effizienz eines Einsatzes von School nurses ist belegbar. Eine Studie von Morton und Schulz (2004) führt an, dass mit der Anwesenheit von School nurses eine beachtliche Reduktion der Krankheitsfälle nachgewiesen werden konnte, die auf Initiativen der Berufsgruppe zurückzuführen war (Morton, Schulz 2004: 16). Borup und Holstein (2008) befragten in einer groß angelegten Studie (n= 5205) Kinder und Jugendliche im Alter zwischen elf und fünfzehn Jahren in Dänemark. In die Untersuchung gelangten Schulkinder, die mehrmals gesundheitliche Beschwerden äußerten. SchülerInnen wurden zu den Auswirkungen der Gesundheitsinitiativen befragt und gaben an, ein erhöhtes Gesundheitsbewusstsein erhalten zu haben. Sie erlebten einen Benefit für sich und fanden die Gesundheitsinitiative nützlich. Es wurde auch eine Diskussion mit Eltern und Freunden angeregt bzgl. Gesundheitsbelange. Vom Angebot der Berufsgruppe profitieren vermehrt Lernende aus niedrigen sozialen Schichten. Diese Personen suchen öfter die School nurse auf, beachten ihren Rat und diskutieren deren Aussagen in der Gruppe häufiger. Der Dialog kann als nachhaltig und gesundheitsfördernd bezeichnet werden, häufig erkrankte Kinder profitieren besonders von der Schulgesundheitspflege (Borup, Holstein 2008: 32-36).
In der Machbarkeitsstudie von Brandenburg zeigt Möller (2015) eine Studie von Pennington und Delaney (2008) auf, die ergibt, dass an Tagen, wo School nurses anwesend waren, nur fünf Prozent der SchülerInnen bzw. LehrerInnen krankheits- oder verletzungsbedingt nach Hause entlassen wurden. Hingegen wurden 18 der Schulkinder nach Hause entlassen, wenn School nurses nicht anwesend waren und medizinisch-pflegerisches ungeschultes Personal darüber Organisatorisch wäre wichtig, dass auch für Vertretungen im Bedarfsfall gesorgt ist und dass ein Tätigkeiten-Katalog für externes Personal vorliegt (Möller 2015a: 56- 61).
Nach Horacek, Ellsäßer, Langenbruch (2015) lässt eine gelungene Integration von School nurses in das Schulteam positive Effekte für die Gesundheit der Schülerinnen im Setting Schule erwarten. Die Lernenden werden bei professioneller Gesundheitsfürsorge angstfreier, sicherer und lernbereiter. Persönliche Potentiale sind auf diese Weise besser erkennbar und es kann darauf hingearbeitet werden, eine Chancengleichheit in Bezug auf gute Bildung zu erzielen. Inklusionsziele können mithilfe von School nurses leichter verwirklicht werden, da die Einzelbetreuung einer unterstützenden Struktur in der Schule weicht. Für die Eltern der Schulkinder bedeutet die Anwesenheit von SchulgesundheitspflegerInnen eine Entlastung, da sie ihre Kinder sicher in der Schule betreut wissen. Die LehrerInnen können sich, bei Anwesenheit von School nurses, intensiver den pädagogischen Schwerpunkten zuwenden. „Fachfremde” gesundheitsbezogene Tätigkeiten, die derzeit von LehrerInnen erwartet werden, können School nurses übergeben werden. Ebenso können SchulsozialarbeiterInnen, SchulpsychologInnen und IntegrationshelferInnen entlastet werden. Mit einer Genehmigung der Erziehungsberechtigten können die primär zuständigen Kinder- und JugendärztInnen in der Ordination und in Krankenanstalten Beobachtungen und Expertise der Schulgesundheitspflegenden optimal nutzen. Präventionsmaßnahmen können bezogen auf den spezifischen Gesundheitsbedarf der SchülerInnen umgesetzt werden. Die Installierung von Gesundheitsförderung im schulischen Bereich und die Entwicklung einer gesunden Schule wird damit leichter durchführbar. Anhand einer Beratung vor Ort könnten auch Unfallrisiken vermindert werden.
Rehabilitation nach Unfällen und Krankheiten können unter fachlich begleiteten Wiedereingliederungsmanagement besser realisiert werden. Somit könnte eine Verkürzung der Schulfehlzeiten stattfinden. Termine mit SchulärztInnen können von School nurses gesteuert und eingeleitet werden. Bei Infektionskrankheiten kann durch Maßnahmen zur Unterbrechung der Infektionskette mittels Management der Berufsgruppe, eine Weiterverbreitung der Krankheiten verhindert werden. Für KostenträgerInnen wie z. B. Kranken- oder Pflegekassen wäre bzgl. der Integrierung von School nurses eine Win-Win Situation zu erwarten, da z. B. die Transportkosten für viele Individualeinsätze in der Grund- oder Behandlungspflege entfallen (Horacek et al. 2015: 13).
3.3 Voraussetzungen für gelingende Schulgesundheitspflege
In der Machbarkeitsstudie von Brandenburg wird erwähnt, dass bei der Planung der Umsetzung von Schulgesundheitspflege frühzeitig mit der Kooperation von externen Gesundheitsförderungs- und Präventionsprojektbetreibern begonnen werden sollte. Ebenso sollte eine Gesamtkonferenz aller betroffenen Personen erfolgen, wie z. B. Lehrende, Eltern und Schulkinder.
Möller (2015a) führt eine Studie von Lisa M. Barnes et al. (2004) an, die besagt, dass es in Australien trotz schulinterner Öffentlichkeitsarbeit zwei Jahre dauerte, bis sich neu eingeführte School nurses im Schulsystem integrieren konnten und voll akzeptiert wurde. Daher ist eine uneingeschränkte Akzeptanz und Unterstützung der Schuldirektion für das Gelingen von Schulgesundheitspflege von besonderer Bedeutung.
Als Räumlichkeit werden neben einem Behandlungszimmer eine Toilette, eine Wartezone, ein Ruheraum sowie ein kleiner Lagerraum bzw. Archiv als sinnvoll betrachtet. Wobei die gängigen Vorschriften in Bezug auf Hygiene und Infektionsprävention einzuhalten sind (Möller 2015a: 56- 61).
Die Ganztagsschule bietet sich zur Umsetzung von Schulgesundheitspflege besonders an. Damit wäre ein Beschäftigungszeitrahmen gegeben. Der Einsatz von SchulgesundheitspflegerInnen könnte aufgrund der erhöhten Präsenzzeit noch wirkungsvoller stattfinden und das Vertrauensverhältnis zu den Lernenden aufgebaut werden.
Nur zielgerichtet eingesetzte SchulgesundheitspflegerInnen bewirken eine gesundheitliche Verbesserung der Schulkinder. Daher sind Faktoren wie Ausbildung, Einsatzgebiete und die Kooperation im multiprofessionalen Team im Vorfeld zu definieren.
Für eine gelingende Schulgesundheitsflege ist allem Voran ein Kompetenzprofil der Berufsgruppe Voraussetzung, auf die eine zukünftige Weiterbildung zur School nurse aufbaut.
Zu den Kompetenzen von GuKP im Rahmen der Schulgesundheitspflege meint Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) (2017) im Zuge der Gespräche um das neu gestaltete Bildungsreformgesetz des Jahres 2017 in einer Stellungnahme folgendes.
GuKP verfügen über umfangreiche Kompetenzen bei der Pflege, Betreuung und Behandlung von Menschen aller Altersstufen und aller Behandlungs- und Betreuungsnotwendigkeiten.
Die hohe Kompetenz von GuKP wird anhand des neuen Berufsbildes der Berufsgruppe untermauert, welche anhand der GuKG-Novelle 2016 eine auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende präventive, gesundheitsfördernde, kurative, rehabilitative und palliative, auf Pflegekompetenzen beruhende und über eine gesamte Lebensspanne und unterschiedliche Versorgungsformen, Versorgungsstufen, Settings und Zielgruppen abzielt (Frohner 2017: 2ff).
„(1) GuKP tragen die Verantwortung für die unmittelbare und mittelbare Pflege von Menschen in allen Altersstufen, Familien und Bevölkerungsgruppen in mobile, ambulanten, teilstationären und stationären Versorgungsformen sowie allen Versorgungsstufen (Primärversorgung, ambulante spezialisierte Versorgung sowie stationäre Versorgung). Handlungsleitend sind dabei ethische, rechtliche, interkulturelle, psychosoziale und systemische Perspektiven und Grundsätze.
(2) GuKP tragen aufrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen durch gesundheitsfördernde, preventive, curative, rehabilitative sowie palliative Kompetenzen zur Förderung und Aufrechterhaltung der Gesundheit, zur Unterstützung des Heilungsprozesses, zur Linderung und Bewältigung von gesundheitlicher beeinträchtigung sowie zur Aufrechterhaltung der höchstmöglichen Lebensqualität aus pflegerischer Sicht bei.
(3) Im Rahmen der medizinischen Diagnostik und Therapie führen Angehörige der GuKP die ihnen von ÄrztInnen übertragenen Maßnahmen und Tätigkeiten durch.
(4) Im Rahmen der interprofessionellen Zusammenarbeit tragen GuKP zur Aufrechterhaltung der Behandlungskontinuität bei.
(5) GuKP entwickeln, organisieren und implementieren pflegerische Strategien, Konzepte und Programme zur Stärkung der Gesundheitskompetenz, insbesondere bei chronischen Erkrankungen, im Rahmen der Familiengesundheitspflege, der Schulgesundheitspflege, der gemeinde- und bevölkerungsorientierten Pflege.” (Frohner: 2ff)
Frohner (2017) führt weiters die Kompetenzbereiche von GuKP an:
Gemäß der Gesetzesnovelle des GuKG umfasst der Kompetenzbereich des gehobenen Dienstes für GuKP die pflegerischen Kernkompetenzen, Kompetenz bei Notfällen, Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie, Weiterverordnung von Medizinprodukten, Kompetenzen im multiprofessionellen Versorgungsteam sowie Spezialisierungen.
Die Maßnahmen „Förderung der Gesundheitskompetenz, Gesundheitsförderung und Prävention” zählen zur pflegerischen Kernkompetenz (d. h. dem fachlich autonom wahrzunehmenden Vorbehaltsbereich von Angehörigen des gehobenen Dienstes der GuKP). Die „Maßnahmen zur Verhütung von Krankheiten und Unfällen sowie zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit”, aber auch „Förderung der Gesundheitskompetenz” wurden bei den Kompetenzen im multiprofessionellen Versorgungsteam ausdrücklich vermerkt.
Daraus ist abzuleiten, dass auch der Bereich der „Schulgesundheitspflege” samt der damit verbundenen Maßnahmen vom gesetzlich definierten Berufsbild GuKP umfasst ist. Die Berufsgruppe sind somit berechtigt und qualifiziert legitimiert, sämtliche im GuKG definierten Kompetenzen auch im Setting der Schulgesundheitspflege durchzuführen, einschließlich z. B. der Durchführung von Impfungen laut Impfplan nach ärztlicher Anordnung. Auch der Bereich der niedrigschwellig angebotenen, zielgruppenspezifischen Gesundheitserziehung sind von den Kompetenzen von der GuKP erfasst;
GuKP weisen des Weiteren Kompetenzen in transkultureller Pflege auf, sodass damit etwa ein individuelles Eingehen auf MigrantInnen möglich wird.
Angehörige der GuKP sind daher durchaus in der Lage, bei der Erhöhung der Gesundheitskompetenz von SchülerInnen (Gesundheitsziele Österreich) mitzuwirken, weiters ebenso das Lehrpersonal z. B. bei Lernenden in Integrationsklassen, welche gesundheitsbedingte Einschränkungen haben oder chronisch krank sind (z. B. bei Diabetes mellitus oder anderen Stoffwechselerkrankungen sowie körperlichen und/oder intellektuellen Beeinträchtigungen etc.) qualifiziert zu unterstützen.
Letztendlich ist zu vermerken, dass GuKP gemäß § 15 Abs. 7 GuKG kompetent sind, an Personen gemäß § 50a Ärztegesetzes 1998 einzelne ärztliche Tätigkeiten weiter zu übertragen und die erforderliche Anleitung und Unterweisung zu erteilen (Frohner 2017: 2ff).
Das Kompetenzprofil von GuKP stellt die Bedingungen für eine gelingende Schulgesundheitspflege her. Weitere Voraussetzungen wären mit der akademischen Weiterbildung zu/r/m SchulgesundheitspflegerIn gegeben. Eine gezielte Tätigkeitsbeschreibung soll ein bedarfsangepasstes Einsatzgebiet in Bildungszentren gewährleisten.
3.4 Best Practice Beispiel Brandenburg Hessen
Im Rahmen des Plenums des Bündnisses „Gesund Aufwachsen in Brandenburg” entstand die Idee für Schulgesundheitspflege im Norddeutschen Raum. Nach der Zusage der Brandenburger Landesregierung entschloss sich der Projektträger „Arbeiterwohlfahrt Organisation (AWO) Bezirksverband Potsdam ein Verein” eine Machbarkeitsstudie zu verfassen, um die Sinnhaftigkeit und Möglichkeit eines Einsatzes von School nurses im dortigen Schulsystem prüfen zu lassen.
Ergebnis der Studie war, dass der Einsatz von SchulgesundheitspflegerInnen im Land Brandenburg grundsätzlich möglich ist.
Das Projekt Schulgesundheitspflege in Brandenburg und Hessen fand in folgenden drei Phasen statt:
Projektphase I: Machbarkeitsstudie
ProjektphaseII: Erarbeitung eines Curriculum zur Qualifizierungsmaßnahme für examinierte Gesundheits- und Kinder- Gesundheits- und Krankenpflegekräfte zu Schulgesundheitsfachkräften Projektphase
Projektphase III: Einführung von Schulgesundheitsfachkräften
Projektphase I:
Die Projektphase I fand im Zeitraum von September der Jahre 2013 bis April 2015 statt. In dieser Phase wurde die Machbarkeitsstudie durchgeführt. Die Machbarkeitsstudie Schulgesundheitspflege in Brandenburg und Hessen umfasst nach Möller (2016) drei zentrale Ergebnisse:
(1) Es wurden Aufgabenbereiche für SchulgesundheitspflegerInnen erarbeitet. Ergebnisse anderer Staaten wurden in das Konzept von Brandenburg implementiert. Die Bedarfsfeststellung erfolgte anhand von Daten der Gesundheitsberichterstattung des Landes Brandenburg.
(2) Es erfolgte eine Machbarkeitsprüfung über den Einsatz von spezialisierten GuKP an öffentlichen Schulen. Zum einen wurden die arbeitsmarktbezogenen, juristischen, strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Einführung von Schulgesundheitsfachkräften in Brandenburg erhoben. Zum anderen wurden Erfahrungswerte aus den Projektpartnerländern Finnland und Polen sowie Evaluationsergebnisse aus weiteren Staaten auf die Situation in Brandenburg angepasst.
(3) Die Ergebnisse der Machbarkeitsprüfung führten zu Empfehlungen für die Konzeption und Durchführung eines Pilotprojektes an Modellschulen. Für das Pilotprojekt ausgewählt wurden strukturschwache und von Kinderarmut besonders belastete Regionen (Möller 2016: 8).
In der Machbarkeitsstudie von Brandenburg Hessen meint Möller (2015b), dass begleitend zu den vorgenannten Phasen des Modellprojekts entscheidend ist, folgende Aspekte zu berücksichtigen:
„ (1) Verhandlungen mit KostenträgerInnen
Von Beginn an sollte projektbegleitend der Finanzbedarf konkretisiert und durch Verhandlungen mit allen beteiligten KostenträgerInnen ein Mischfinanzierungskonzept erarbeitet werden, das möglichst schon während der Pilotphase auf seine Praxistauglichkeit getestet werden kann.
(2) Klärung offener Fragen
Ebenfalls projektbegleitend sollte an der Klärung der aktuell noch offenen Fragen zu folgenden Themen gearbeitet werden:
- fachliche Anbindung der SchulgesundheitspflegerInnen, die von den Schulen nicht geleistet werden kann - Erarbeitung von konkreten Formulierungen zum Datenschutz für unterschiedliche Aufgabenbereiche
- Erarbeitung einer Vereinbarung über die Aufgaben von School nurses auf Landesebene
- Erweiterung des Brandenburgischen Schulgesetzes um einen Versorgungsauftrag der SchulträgerInnen (als Beitrag zur Bekämpfung bildungsrelevanter Folgen der Kinderarmut im Land und somit zur Erhöhung der gesundheitlichen Chancengleichheit) Bedarf an SchulgesundheitspflegerInnen im Land Brandenburg nach Abschluss des Modellprojekts.” (Möller 2015b:15)
Die Projektphasen II und III werden von Gudrun Braksch, Projektleiterin und Korrespondentin des Modell-Projekts in Brandenburg und Isabell Traeger am Kongress für Armut und Gesundheit (2017) zusammenfassend folgend präsentiert:
Projektphase II:
In der Projektphase II erfolgte die Erarbeitung eines Curriculums, welches im Kapitel „Curriculum für School nurses in Kärnten” näher beschrieben wird.
Projektphase III:
Die Projektphase III des Modellprojekts war gekennzeichnet durch die Einführung von SchulgesundheitspflegerInnen und verlief von 01. August 2016 bis 31. Oktober 2018. Für das Projekt zur Auswahl kamen 20 Modellschulen im Land Brandenburg, wobei eine Einstellung von zehn Schulgesundheitsfachkräften eingeplant war. Bis zum zum 01. November 2017 erhielten die am Projekt beteiligten GuKP eine dreimonatige Vollzeitausbildung, anschließend daran wurde die Weiterbildung tätigkeitsbegleitend bis 31. Oktober 2017 fortgesetzt. Die Finanzierung des Projektes wird von folgenden ProjektpartnerInnen getragen:
- Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (MASGF), Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS),
- Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Nordost und
- Unfallkasse Brandenburg und AWO Bezirksverband Potsdam e. V. Es erfolgte
- die Bildung eines Steuerungskreises
- der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen den ProjektpartnerInnen mit einer Konzeption sowie ein Tätigkeits- bzw. Kompetenzprofil und
- die Erstellung eines Datenschutzkonzept mit Einverständniserklärung der Eltern und Dokumentationsvorlage
Im Rahmen der III. Projektphase kam es zum Abschluss einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen Schule, Gesundheitsamt und ProjektträgerInnen. Ins Konzept aufgenommen wurde die gemeinsame Kooperation und Aufgabenteilung sowie die Bildung eines regionalen Arbeitskreises zur fachlichen Begleitung. ProjektträgerInnen erklärten sich zuständig, Modellschulen in ihrem Schulentwicklungsprozess weiterhin zu begleiten. Jede Schule benennt einen/eine MentorIn aus dem Kreis der Lehrkräfte, die der/dem SchulgesundheitspflegerIn zur Seite steht.
Es besteht ein Kontakt zwischen dem Projektteam sowie eine Ausbildungsbegleitung der MentorInnen über Projektlaufzeit (Braksch, Traeger 2017: 5-11). Das Projekt Schulgesundheitspflege von Brandenburg und Hessen wurde von oben genannten KooperationspartnerInnen finanziert. Es entstanden Projektkosten in der Höhe von 1,1 Millionen Euro. In Hessen betragen die Kosten 1,4 Millionen Euro.
Mit den in Brandenburg und Hessen erfolgreich umgesetzten Modellprojekt ist eine Leitlinie vorgegeben, die an Bedingungen in Kärntens Schulwesen angepasst werden kann. Im deutschsprachigem Raum, wo bis vor Kurzem SchulgesundheitspflegerInnen eher unbekannt und selten anzufinden waren, entwickeln sich derzeit Schulgesundheitspflegekonzepte zur Integrierung von School nurses nach europäischem Vorbild.
4 Begründung einer Integrierung von School nurses in Kärnten
Die Zunahme chronisch kranker Kinder im Schulsystem, Inklusion, Migration und Vulnerabilität, lassen besonders im Hinblick auf das Ganztagsschulsystem bzw. der Zusammenlegung von Schulstandorten einen Bedarf an GesundheitsexpertInnen in Österreich bzw. Kärnten aufkommen. Im österreichischen Schulsystem finden bereits flächendeckende Angebote an Gesundheitsförderung und Prävention statt. Diese Maßnahmen sind jedoch unzureichend, da sie erforderliche Bedarfe übersehen bzw. zu wenig zielgerichtet stattfinden (Altgeld 2011: 56-59).
Im Setting Schule wird ein Großteil der Bevölkerung über viele Jahre hinweg gut erreicht. Die Bedeutung der Schule besteht außerdem, da in diesem Bereich Gesundheitsbildung umgesetzt werden kann und Wissen und Verhaltensweisen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit bereits im Kindesalter gelernt werden können (Naidoo, Wills, 2003: 279).
Im Rahmen einer Masterarbeit vom Jahr 2017 erfolgte eine Bedarfserhebung in Form einer qualitativen Befragung von vier Lehrenden und DirektorInnen Volksschulen in Mittel- und Unterkärnten. Weiters wurden vier Stakeholder der Bildungs- und Gesundheitsabteilungen der Kärntner Landesregierung befragt, inwieweit ein Bedarf an Schulgesundheitspflege in Kärnten gegeben ist. Die Befragung erfolgte anhand eines problemzentrierten Interviewleitfadens. Die InterviewpartnerInnen kamen einheitlich zum Schluss, dass School nurses, die in gesundheitlichen Belangen Schulkindern, Eltern und Lehrenden zur Seite stehen und diese entlasten sollten. In Kärnten sei nach Meinung der ExpertInnen ein Bedarf an School nurses gegeben.
4.1 Zielsetzung des Projekts Schulgesundheitspflege
Die Zielsetzung des Projekts Schulgesundheitspflege beruht auf den Handlungsempfehlungen der Rahmengesundheitsziele von Kärnten, die sich aus den Gesundheitszielen von Österreich ableiten lassen. WHO-Empfehlungen zur Struktur des Schulgesundheitsdienstes sollten bei der Umsetzung von Schulgesundheitspflege in Kärnten bzw. Österreich ebenso mitberücksichtigt werden. Es werden die Zielformulierungen des Modellprojekts in Brandenburg aufgezeigt, die auch für Kärnten bzw. Österreich anwendbar sind.
Das regionale WHO-Büro Europa hat im Jahr 2014 in Zusammenarbeit mit einem multinationalen ExpertInnennetzwerk der School Health Services (SHS) Standards für die praktische Umsetzung von Schulgesundheitspflege veröffentlicht. Dabei wurde das Ziel formuliert, die 53 Mitgliedsstaaten der WHO-Region Europa bei der Qualitätssicherung ihrer SHS zu unterstützen. Das Rahmenkonzept beachtet dabei die unterschiedlichen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten. Es dient als Vorlage, um jedem Land Europas für den gezielten Ausbau bzw. der Qualitätsverbesserung des School Health Service hilfreich zu sein und um den Bedarf der Schulkinder und Jugendlichen an gesundheitlicher Versorgung bzw. Betreuung in Schulen gerecht zu werden (WHO 2014: 1). Bevölkerungsgesundheit, Prävention und die Zusammenarbeit mit Fachkräften im Gesundheitsbereich und Nichtgesundheitsbereich sind nach Flemming und Willgerodt (2017) jede drei Elemente bzw. Ziele, die in der Schulgesundheitspraxis Anwendung finden und in der National Association of School Nurses Framework for 21st Century School Nursing Practice (2016) verankert sind.
Die Gesellschaft der School nurses führt unter Einbeziehung der Forschungsergebnisse von Berwick, Norlan und Whittington fünf Prinzipien an, die Schulgesundheitspflege umfassen: Pflegekoordination, Führung, Qualitätsverbesserung, Gemeinwesen, öffentliche Gesundheit sowie Standards der Praxis. Ein Hauptziel dabei ist, die oben angeführten Dreifachziele leichter zu erreichen. Aus diesem Grund entscheiden sich zunehmend mehr Institutionen für eine Umsetzung von Schulgesundheitspflege (Berwick,Nolan,Whittington 2008; in Flemming, Willgerodt 2017: o. S.).
Flemming und Willgerodt (2017) fassen zusammen, dass School nurses diese Ziele unterstützen und anhand der personalisierten Betreuung vor Ort eine Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung ermöglichen, indem sie gezielte Maßnahmen setzen (z. B. Impfungen, chronisches Krankheitsmanagement, Primärprävention, …). School nurses senken dadurch Gesundheits- und Gesellschaftskosten (Baisch, Lundeen, Murphy 2011; Lineberry, Ickes 2015, McClanahan, Weismuller 2015; Swallow, Roberts 2016; Wang et al 2014; in ebd. 2017: o. S.).
Flemming und Willgerodt (2017) führen an, dass das breite Aufgabenspektrum von School nurses in der Praxis ein vielfältiges Mass an Zusammenarbeit und Kommunikation erfordert. Es bedarf eines nahtlosen Netzwerkes mit Gesundheitsberufen und Nichtgesundheitsberufen in Schulen und außerhalb von Schulen bzw. Bildungseinrichtungen (z. B. Gemeindeebene). School nurses müssen in der Lage sein, komplexe Sachverhalte im Gesundheitswesen, z. B. die Vernetzung mit Krankenhäuser und Krankenkassen, herzustellen und zu bewältigen. Erfolgreiche Ergebnisse der Kindergesundheit beruhen auf einer effektiven Ausrichtung auf die oben genannten Prinzipien und sind abhängig von einem funktionierenden Kommunikationsnetzwerk (Foley et al. 2014; in: ebd. 2017: o. S.)
Das Modellprojekt in Brandenburg und Hessen wurde gegründet, um die Gesundheit der SchülerInnen zu stärken und die gesundheitliche Chancenungleichheit zu reduzieren.
Mit der Umsetzung von Schulgesundheitspflege in den Ländern Brandenburg und Hessen erwarten sich die verantwortlichen Personen ein
- „verbessertes Gesundheitsverhalten bei SchülerInnen und des Schulpersonals
- die Etablierung eines gesundheitsbewussten Schulklimas
- eine Verbesserung der Lernvoraussetzungen für gesundheitlich und/oder sozial belastete SchülerInnen
- eine bessere Integration chronisch kranker SchülerInnen
- eine Reduktion von Fehlzeiten von Lernenden und Schulpersonal
- eine Entlastung des Schulpersonals.” (Hessisches Ministerium für Soziales und Integration o. J: o. S).
Die Zielsetzung eines „Projekts Schulgesundheitspflege” für Kärnten ist eine bestmögliche Versorgung von akut und chronisch erkrankten Kindern sowie eine Steigerung ihrer Gesundheitskompetenz. Ebenso kann damit die Klärung gesetzlicher Graubereiche bzgl. berufsfremder Tätigkeiten von LehrerInnen erfolgen und Eltern wissen ihr Kind in der Schule bzgl. Ihrer gesundheitlichen Bedürfnisse gut betreut.
Das „Projekt Schulgesundheitspflege” in Kärnten nimmt Einfluss auf neun von zehn Rahmengesundheitszielen. Kompetenzbereiche von School nurses umfassen in Europa alle Bereiche, die der Kindergesundheit dienen bzw. diese fördern und das Wirken der Berufsgruppe ist als nachhaltig beschrieben.
So könnten School nurses in Kärnten z. B. gesundheitsbezogene Lebens- und Arbeitsbedingungen im Setting Schule verbessern, indem sie auf Kindergesundheitsgerechtes Mobiliar bzw. Umfeld hinweisen (Rahmengesundheitsziel 1).
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- Citation du texte
- Andrea Gundolf (Auteur), 2019, Die School nurse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/997109
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