Die Masterarbeit möchte dazu beitragen, die Sicht der Verantwortlichen und die Standpunkte, die bei der Entscheidungsfindung für ein Großraumbüro eine Rolle spielen, darzustellen. Der theoretische Teil der Arbeit beschäftigt sich zunächst mit dem Großraumbüro im Kontext der verschiedenen Büroformen und deren Differenzierungen. Außerdem beschäftigt sich der theoretische Teil mit den Büroformen aus Sicht der Beschäftigten, der Psychologie des Raumes sowie dem Stand der Forschung, wie und warum Menschen zu Entscheidungen kommen.
Die bereits bestehenden Erkenntnisse sollen um die Sicht der EntscheiderInnen ergänzt werden. Daher werden im empirischen Teil der Masterarbeit qualitative Daten auf Basis von Interviews mit EntscheiderInnen erhoben und ausgewertet.
Als Ergebnis der Arbeit sollen erste Anhaltspunkte für die Praxis generiert werden, deren Evaluation dann Gegenstand weiterer Untersuchungen sein kann.
Im analytischen Teil wird, beginnend mit Kapitel zwei, zunächst ein Überblick über die in der bestehenden Literatur beschriebenen, verschiedenen Büroformen gegeben. Gesondert und vertieft wird dabei auf die Definitionen und Beschreibungen des Großraumbüros eingegangen. Um den Einfluss der verschiedenen Büroformen auf die Beschäftigten zu verdeutlichen, werden die Ergebnisse zweier gegenwartsnaher Studien aus dem Germanic-Cluster, einem Gebiet mit gleichartiger Bürokultur, in Kapitel drei dargestellt. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt bzw. Raum und aktuellen Erkenntnissen in Zusammenhang mit der Büroform des Großraumbüros.
Zum Abschluss des analytischen Teils werden in Kapitel fünf Grundlagen und Theorien der Entscheidungsfindung behandelt und in Kapitel sechs die theoretischen Subforschungsfragen beantwortet. Der empirische Teil der Arbeit beginnt mit Kapitel sieben. Dort wird das Forschungsdesign ausführlich erläutert. Im Anschluss werden in Kapitel acht die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung der Entscheidungskriterien für Großraumbüros aus Sicht der EntscheiderInnen ausgeführt. Darauffolgend werden Theorie und Empirie zusammengefasst und zunächst die empirischen Subforschungsfragen beantwortet, bevor die Hauptforschungsfrage beantwortet wird. Zum Abschluss der Arbeit erfolgen Ausblick, Ableitungen und Diskussion.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung.
1.1 Problemstellung.
1.2 Zielsetzung.
1.3 Forschungsfragen
1.4 Methodische Vorgehensweise
1.5 Aufbau der Arbeit
2. Die verschiedenen Büroformen in der Übersicht
2.1 Typisierung von Büroformen
2.2 Definitionen und Beschreibungen der Büroform des Großraumbüros
2.3 Zusammenfassung der Definitionen und Beschreibungen des Großraumbüros
3. Die psychische Verfassung von Beschäftigten im Kontext der Büroformen.
3.1 Büroformen und Arbeitsbedingungen aus Sicht der Beschäftigten – Kernbefunde der SBiB- Studie - Schweizerische Befragung in Büros.
3.1.1 Anforderungen der Beschäftigten an einen Büroarbeitsplatz
3.1.2 Bewertung der Umgebungsfaktoren
3.1.3 Bewertung von Arbeitsgestaltung, Unterbrechungen und Stressigkeit
3.1.4 Untersuchung von Symptomen und Absenzen
3.1.5 Bewertung der allgemeinen Zufriedenheit mit der Arbeit
3.1.6 Bewertung der Produktivität und Attraktivität des Arbeitsplatzes
3.2 Wohlbefindlichkeit und Arbeitsplatz-Attraktivität in verschiedenen Büroformen – Kernbefunde der empirischen Nutzerstudie Office 21.
3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse
4. Theoretische Aspekte - Architekturpsychologie und Architektursoziologie
4.1 Territorialität, Privatheit und Interaktion
4.1.1 Die Faktoren Territorialität, Privatheit und Interaktion aus architektur-soziologischer Perspektive
4.1.2 Die Faktoren Territorialität, Privatheit und Interaktion aus architektur-psychologischer Perspektive
4.1.3 Die Faktoren Territorialität, Privatheit und Interaktion in Großraumbüros – Erkenntnisse der Forschung
4.2 Zusammenfassung der Ergebnisse
5. Grundlagen der Entscheidungsfindung.
5.1 Theorien der Entscheidungsfindung
5.2 Der Prozess des Entscheidens
5.2.1 Präselektionale Phase
5.2.1.1 Analytische/nichtanalytische Entscheidungsstrategien
5.2.1.2 Kompensatorische/nichtkompensatorische Entscheidungsstrategien
5.2.1.3 Heuristische Entscheidungsstrategien
5.2.2 Selektionale Phase
5.2.3 Postselelektionale Phase
5.3 Entscheidungsfindung im ökonomischen Kontext.
6. Beantwortung der theoretischen Subforschungsfragen
7. Forschungsdesign
7.1 Methodologie, Erhebungs- und Auswertungsmethoden
7.2 Das ExpertInneninterview
7.3 Durchführung
7.4 Sampling, Zielgruppe
7.5 Leitfaden
7.6 Pretest
7.7 Auswertung und Qualitätssicherung
8. Darstellung der empirischen Forschungsergebnisse
8.1 Faktoren des Entscheidungsprozesses
8.2 Erwartungen, die mit dem Großraumbüro verbunden sind
8.3 Typische Merkmale des Großraumbüros
8.4 Auswirkungen für Beschäftigte
9. Beantwortung der empirischen Subforschungsfragen mit Verknüpfungen zu Literatur und Theorie
10. Beantwortung der Hauptforschungsfrage
11. Diskussion der Ergebnisse
12. Ausblick und Limitationen
13. Literaturverzeichnis
Abstract.
Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass sich Unternehmen bei Neu- und Umbauten von Bürogebäuden immer häufiger für Großraumbüros bzw. Open Space Offices entscheiden. Die vorliegende Arbeit untersucht die Entscheidungskriterien für Großraumbüros bzw. Open Space Offices aus Sicht der EntscheiderInnen.
Da bauliche Entscheidungen in Unternehmen in der Regel von der Führungsspitze, der Geschäftsführung oder dem Vorstand getroffen werden, galt es in dieser Zielgruppe herauszufinden, welche Aspekte bei der Entscheidungsfindung für das Konzept Großraumbüro berücksichtigt werden. Um tiefergehende Einsichten zu Motiven der EntscheiderInnen zu erhalten, wurden im Rahmen des qualitativen Forschungsansatzes Interviews mit EntscheiderInnen durchgeführt.
Es hat sich gezeigt, dass für die EntscheiderInnen die Aspekte der Kommunikation der Beschäftigten untereinander, der Interaktion und der Gruppenbildung und -bindung die Schlüsselrolle in der Wirkung nach innen spielen.
In der Außenwirkung, da das Großraumbüro mit Fortschrittlichkeit assoziiert wird, steht die Steigerung der Unternehmensattraktivität im Vordergund. Das bezieht sich besonders, aber nicht nur, auf die Attraktivität als Arbeitgeber.
Damit lautet die eigentliche Frage, welche Faktoren Kommunikation, Interaktion und Gruppenkohäsion positiv beeinflussen und wie Wechselwirkungen zwischen Mensch und Raum Einfluss nehmen, um dann eine geeignete Büroform abzuleiten und zu gestalten. Die vielfältigen, gängigen Definitionen und Beschreibungen der Büroformen treten dabei in den Hintergrund.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verschiebung der Anteile der Erwerbstätigen in Deutschland in Anlehnung an Spath & Kern, 2003, S. 46 (nach Dostal, 2003)
Abbildung 2: Beispiele für Grundrisse verschiedener Büroformen in Anlehnung an Hessisches Immobilienmanagement, 2010, S. 24-25
Abbildung 3: Beispiel Großraumbüro, Gesamtfläche 793 m2; Fläche je Arbeitsplatz 16,18 m2 inklusive Funktionsflächen, 49 Arbeitsplätze. (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2013, S. 21)
Abbildung 4: Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der Anforderung der Beschäftigten, sich am Arbeitsplatz konzentrieren zu können, nach Büroformen. (Amstutz et al., 2010, S. 32)
Abbildung 5: Zufriedenheit mit den Umgebungsbedingungen je Büroform im Allgemeinen. (Amstutz et al., 2010, S. 44)
Abbildung 6: Krankheitsbedingte Absenzen in Abhängigkeit der Bürogröße (Amstutz et al., 2010, S. 62)
Abbildung 7: Allgemeine Arbeitszufriedenheit in Abhängigkeit von der Büroform (Amstutz et al., 2010, S. 53)
Abbildung 8: Zusammenhang zwischen Büroform, Produktivität und Attraktivität des Arbeitsplatzes (Amstutz et al., 2010, S. 36)
Abbildung 9: Büroattraktivität und Wohlbefindlichkeit in unterschiedlichen Büroformen nach Spath et al., 2003, S. 147
Abbildung 10: Rahmenmodell für den Prozess des Entscheidens nach Betsch et al., 2011, S. 75
Abbildung 11: Kategorien und Parameter zur Abgrenzung von Büroformen
Abbildung 12: Kategorien und Parameter zur Abgrenzung von Büroformen aus Sicht der Entscheider
Abbildung 13: Zusammenfassung der Aspekte, die Entscheider bei der Entscheidung für ein Großraumbüro berücksichtigen
Abbildung 14: Anknüpfungspunkte für weitere Forschung im Zusammenspiel
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Überblick über Definitionen und Beschreibungen des Großraumbüros
Tabelle 2: Interpersonelle Distanzen nach Hall (in Anlehnung an Richter & Christel, 2013, S. 244)
Tabelle 3: Wirtschaftszweige der Unternehmen (Statistisches Bundesamt, 2008)
Tabelle 4: Überblick über typische Merkmale des Großraumbüros aus EntscheiderInnensicht
1. Einleitung.
Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Die Gesellschaft wandelt sich und ist auf dem Weg in eine Wissensgesellschaft. Industrielle Produktionsprozesse werden zunehmend automatisiert. Routinetätigkeiten in Fabriken werden von Maschinen übernommen. Die Arbeitsräume für Beschäftigte verändern sich (Kimpeler & Dönitz, 2016). Laut Spath und Kern (2003) nehmen die Informationsberufe zu (siehe Abbildung 1) und das Leisten geistiger Arbeit mit komplexen, intelligenten, kreativen und interaktiven Aufgaben wird zumeist in Büroräumen ausgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Verschiebung der Anteile der Erwerbstätigen in Deutschland in Anlehnung an Spath & Kern, 2003, S. 46 (nach Dostal, 2003).
Digitale Arbeitsformen, Veränderungen in Führungskultur und Organisation, Projekt- und Teamarbeit verlangen gleichzeitig neue Büroformen. Diese variieren kulturell. Nach Spath und Kern (2003, S. 129) lässt sich das Germanic-Cluster (Deutschland, Österreich, Schweiz) als ein Gebiet mit gleichartiger Bürokultur zusammenfassen. Bei der vorliegenden Arbeit ist dabei das Großraumbüro, auch Open-Space-Office oder Multi-Space-Office genannt, im Germanic-Cluster von zentralem Interesse.
1.1 Problemstellung.
44,8 Mio. Erwerbstätige gab es im August 2018 in Deutschland (Statistisches Bundesamt, o. J.). Davon arbeitet inzwischen fast die Hälfte in Büros (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, 2018). Im Jahr 2017 wurden für den Bau genehmigter Büro- und Verwaltungsgebäude Kosten in Höhe von rund 6,1 Milliarden Euro veranschlagt (Statista, o. J.). Laut Industrieverband Büro und Arbeitswelt e.V. (IBA) (2015), zeigt sich bei den Raumformen die geringste Veränderungsdynamik. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass bauliche Entscheidungen langfristige Konsequenzen haben und nachträglich nur schwer und mit hohem Aufwand korrigierbar sind (Diehl et al., 2016). Zufolge Brandt (2017) arbeiten ca. 15% der Deutschen in einem Großraumbüro. Andere Quellen beziffern die Beschäftigten im Großraumbüro auf bis zu 25% (Steelcase, 2017). Nach Stadler (2007) liegt „eindeutig eine Tendenz zum Großraumbüro vor“ (S. 1).
Eine klare Definition des Großraumbüros bzw. Multi- oder Open Space Offices gibt es nicht. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2013) definiert Großraumbüros als Zusammenfassungen von Arbeitsplätzen über die Grundfläche: mehr als 400 m2. Gruppen- und Zellenbüros hingegen über die Beschäftigtenanzahl: bei Gruppenbüros bis zu 25 Beschäftigte, bei Zellenbüros bis zu sechs Beschäftigte. Brandt (2017) spricht bereits bei mehr als fünf Beschäftigten von einem Großraumbüro. Andere Quellen gehen von zehn Beschäftigten aus.
Mit steigender Anzahl der im Büro Beschäftigten, gewinnt das Thema Büroform an Bedeutung. Eine Anzahl Studien widmet sich diesem Themenkomplex. Laut Stadler (2007) genießt das Zellenbüro aus Nutzersicht höchste Präferenz, wohingegen das Großraumbüro an letzter Stelle rangiert. Eine Schweizer Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Nach Amstutz, Kündig und Monn (2010) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Produktivität in kleineren Zellenbüros im Vergleich zu Großraumbüros deutlich besser ausfällt. Dabei spielt das Alter der Beschäftigten keine Rolle. In einer vergleichenden Studie (Diehl et al., 2016) stellte sich heraus, dass mehr als 75% der Befragten mit max. zwei weiteren Personen in einem Raum arbeiten möchten; 33% würden ein Einzelbüro bevorzugen. Das Großraumbüro findet aus Nutzersicht wenig Zuspruch.
Bisher haben sich Arbeits- und Organisationspsychologie, Ingenieurpsychologie sowie das betriebliche Gesundheitsmanagement mit dem Arbeitsplatz unter ergonomischen Gesichtspunkten und mit der Büroumgebung, Licht, Lärm, Raumklima im Vordergrund beschäftigt. Bei Uhle und Treier (2015) findet sich die Büroform bei der Betrachtung psychischer Risikofaktoren im betrieblichen Alltag nicht.
Büroformen haben aber entscheidenden Einfluss auf das Erleben und Verhalten von Beschäftigten. Unternehmen möchten mit geeigneten Büroformen mehr Effizienz und eine Steigerung der Arbeitsleistung erreichen. Die Entscheidung für eine Büroform hat somit ökonomische Relevanz (Stadler, 2007).
Laut Kratzer (2017) gibt es mehr graue Literatur (z.B. von Beratungsfirmen)“ (S. 32) als wissenschaftliche Publikationen zum Thema Großraumbüros. Es gibt sehr wenige Studien aus dem deutschsprachigen Bereich. (Kratzer, 2017). Der Überblick über die Quellenlage liefert keine Anhaltspunkte dafür, dass dabei die Aspekte auf deren Basis die verantwortlichen EntscheiderInnen, ihre langfristigen Entscheidungen für Großraumbüros treffen, erforscht wurden. Aus diesem Grund untersucht die Masterarbeit die Blickwinkel der EntscheiderInnen.
1.2 Zielsetzung.
Die Masterarbeit möchte dazu beitragen, die Sicht der Verantwortlichen und die Standpunkte, die bei der Entscheidungsfindung für ein Großraumbüro eine Rolle spielen, darzustellen.
Der theoretische Teil der Arbeit beschäftigt sich zunächst mit dem Großraumbüro im Kontext der verschiedenen Büroformen und deren Differenzierungen. Außerdem beschäftigt sich der theoretische Teil mit den Büroformen aus Sicht der Beschäftigten, der Psychologie des Raumes sowie dem Stand der Forschung, wie und warum Menschen zu Entscheidungen kommen (Pfister, Jungermann & Fisher, 2017).
Die bereits bestehenden Erkenntnisse sollen um die Sicht der EntscheiderInnen ergänzt werden. Daher werden im empirischen Teil der Masterarbeit qualitative Daten auf Basis von Interviews mit EntscheiderInnen erhoben und ausgewertet.
Als Ergebnis der Arbeit sollen erste Anhaltspunkte für die Praxis generiert werden, deren Evaluation dann Gegenstand weiterer Untersuchungen sein kann.
1.3 Forschungsfragen
Die Fragen die mit der vorliegenden Arbeit beantwortet werden sollen gliedern sich in eine zentrale Hauptforschungsfrage sowie vier theoretische und drei empirische Subforschungsfragen.
Die Hauptforschungsfrage lautet dabei:
Welche Aspekte werden bei der Entscheidungsfindung für das Konzept des Großraumbüros berücksichtigt?
Mithilfe einer Sichtung und Analyse von Quellen und Literatur beschäftigt sich der analytische Teil mit folgenden Subforschungsfragen:
- Welche Abgrenzungskriterien für Großraumbüros gibt es im Rahmen der Definitionen der Büroformen?
- Welche Vor- und Nachteile nehmen Beschäftigte im Zusammenhang mit Großraumbüros und ihren Aufgaben wahr?
- Welche grundsätzlichen Kriterien und Wechselwirkungen zwischen Menschen und Räumlichkeiten spielen für das Großraumbüro eine Rolle?
- Welche Entscheidungssysteme werden bei Managemententscheidungen überwiegend herangezogen?
Die Ergebnisse des qualitativen Forschungsansatzes sollen Antworten auf die folgenden Subforschungsfragen geben:
- Was sind die Kriterien bzw. Spezifikationen nach denen die EntscheiderInnen ein Großraumbüro charakterisieren?
- Welche Vor- und Nachteile für Beschäftigte und deren Aufgaben berücksichtigen EntscheiderInnen im Zusammenhang mit Großraumbüros?
- Welche Entscheidungsstrategien/-modelle sind für EntscheiderInnen erfolgreich?
In der Literatur finden sich keine einheitlichen Merkmale, die Großraumbüros, Open-Space-Offices oder Multi-Space-Offices charakterisieren. Anerkannte Definitionen gibt es nicht. In der Masterarbeit werden die unterschiedlichen Eingrenzungen von Büroformen erläutert.
Als EntscheiderInnen sind die Mitglieder der Führungsebene von Organisationseinheiten, die beurteilen, bewerten, wählen und zukünftige Realisierungen beschließen, definiert (Pfister et al., 2017).
1.4 Methodische Vorgehensweise
Laut Bortz und Döring (1995) eignen sich die Methoden der qualitativen Forschung um differenzierte Einsichten in die subjektiven Betrachtungsweisen von Menschen zu erhalten. Die Methode ist daher geeignet, die noch weitgehend unbekannten Motive und Aspekte, die EntscheiderInnen für ein Großraumbüro votieren lassen, zu ergrün-den.
Die Interviewform ist das mündliche, leitfadengestützte ExpertInneninterview nach Helfferich (2011). Diese Interviewform eignet sich besonders, die Sichtweisen und Orientierungen der Befragten miteinander vergleichbar zu machen (Bortz & Döring, 1995). Die Durchführung der jeweils einstündigen Einzelgespräche erfolgt Face-to-Face. Während der Interviews findet eine Tonaufzeichnung statt. Eine Transkription erfolgt nicht; die Interviews werden aufgezeichnet, anonymisiert und archiviert.
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) eignet sich mit ihrem systemati-schen, regelgeleiteten Vorgehen gut zur Strukturierung des zu erwartenden Materials. Die seitens Mayring (2015) als „sehr fruchtbar“ (S. 85) hervorgehobene, zusammenfassende, induktive Kategoriendefinition und Form der Inhaltsanalyse wird zur Untersuchung und Auswertung der Texte angewandt.
Zielgruppe der Befragung sind EntscheiderInnen in Unternehmen mit mindestens zehn Jahren Führungserfahrung. Sie sind in diesem Zeitraum an baulichen Entscheidungen mit Auswirkungen auf Bürokonzepte und einer positiven Entscheidung für ein Großraumbüro beteiligt gewesen oder aktuell beteiligt. Die Stichprobe umfasst zehn Expertinnen und Experten, EntscheiderInnen aus Führungspositionen, Vorstand oder Geschäftsführung bzw. -leitung, die unterschiedlichen Wirtschaftszweigen angehören können.
Die Qualitätssicherung erfolgt nach Mayring (2015) über Kriterien wie „z.B. Verfahrensdokumentation, argumentative Interpretationsabsicherung, Nähe zum Gegenstand, Regelgeleitetheit, kommunikative Validierung und Triangulation“ (S. 125). In der vorliegenden Masterarbeit wird das Verfahren des qualitativen Forschungsteiles nachvollziehbar aufgezeigt, dokumentiert und erläutert.
1.5 Aufbau der Arbeit
Im analytischen Teil wird, beginnend mit Kapitel zwei, zunächst ein Überblick über die in der bestehenden Literatur beschriebenen, verschiedenen Büroformen gegeben. Gesondert und vertieft wird dabei auf die Definitionen und Beschreibungen des Großraumbüros eingegangen.
Um den Einfluss der verschiedenen Büroformen auf die Beschäftigten zu verdeutlichen, werden die Ergebnisse zweier gegenwartsnaher Studien aus dem Germanic-Cluster, einem Gebiet mit gleichartiger Bürokultur, in Kapitel drei dargestellt.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt bzw. Raum und aktuellen Erkenntnissen in Zusammenhang mit der Büroform des Großraumbüros.
Zum Abschluss des analytischen Teils werden in Kapitel fünf Grundlagen und Theorien der Entscheidungsfindung behandelt und in Kapitel sechs die theoretischen Subforschungsfragen beantwortet.
Der empirische Teil der Arbeit beginnt mit Kapitel sieben. Dort wird das Forschungsdesign ausführlich erläutert. Im Anschluss werden in Kapitel acht die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung der Entscheidungskriterien für Großraumbüros aus Sicht der EntscheiderInnen ausgeführt. Darauffolgend werden Theorie und Empirie zusammengefasst und zunächst die empirischen Subforschungsfragen beantwortet, bevor die Hauptforschungsfrage beantwortet wird. Zum Abschluss der Arbeit erfolgen Ausblick, Ableitungen und Diskussion.
2. Die verschiedenen Büroformen in der Übersicht
Klaffke (2016) stellt fest, dass die Bauwerke der Uffizien in Florenz ab 1560 für rund 20 Jahre die öffentliche Verwaltung beherbergten und damit als erster, offizieller Bürogebäudekomplex der Welt gelten können. Die historische Entwicklung von Büros und Bürokultur war immer geprägt durch Veränderungen und einer immer spezielleren Ausdifferenzierung von Aufgaben und Arbeitsinhalten. Daraus entwickelten sich unterschiedliche Anforderungen der Nutzer und Nutzerinnen sowie angepasste Nutzungskonzepte (Kern, Bauer & Kelter, 2006).
So sieht Klaffke (2016) den Begründer des Taylorismus, Frederick Winslow Taylor, als Wegbereiter der Großraumbüros. Um den gestiegenen Verwaltungsaufwand zu bewältigen, saßen Schreibkräfte mit Schreibmaschinen in großen Hallen auf rollbaren Stühlen. „Der Mensch soll demnach wie eine Maschine funktionieren und ohne Aufstehen alle Arbeiten in seinem Greifraum erledigen können“ (S. 123). Das Großraumbüro erfuhr in den USA seine Weiterentwicklung. In den 60er Jahren entstand der so bezeichnete Cubicle und sorgte durch Trennwände für eine Abschirmung von den benachbarten Arbeitsplätzen (Klaffke, 2016).
In jüngerer Zeit hat sich die Ausdifferenzierung der Büroformen aufgrund weiterer Spezialisierung und Differenzierung von Arbeitsinhalten beschleunigt.
2.1 Typisierung von Büroformen
Kern et al. (2006) ziehen als wesentliches Kriterium zur Unterscheidung und Typisierung einer Büroform die Raumgröße und die Raumnutzung heran. Als Synonyme zum Terminus Büroform, der in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, finden sich auch Bürokonzept, Büroraumart, Bürotyp und Raumkonzept (Kern et al., 2006). Im Folgenden werden vier gängige definitorische Ansätze, zur Einordnung von Büroformen mit den jeweiligen Abgrenzungskriterien, dargestellt.
Kern et al. (2006) und Spath und Kern (2003) unterscheiden sechs Typen räumlich-organisatorischer Büroformen: Ein-Personen-Zellenbüro, Mehr-Personen-Zellenbüro, Kombi-Büro, Gruppenbüro und Großraumbüro, die primär über die Raumgröße bestimmt werden, sowie das non-territoriale Büro, das sich über das Nutzungskonzept definiert.
Hessisches Immobilienmanagement (2010) unterscheidet ebenso sechs Büroformen: Das Zellenbüro, das Großraumbüro, auch als Open Space oder Open Plan Office bezeichnet, mit zwischen 30 und 100 Arbeitsplätzen und das Gruppenbüro, das als Weiterentwicklung des Großraumbüros eingeordnet wird. Hinzu kommen das Kombibüro als Mischform zwischen Zellen- und Großraumbüro sowie der Bürotypenmix, der auch als reversible Büroform bezeichnet wird. Eine Büroform wird als reversibel charakterisiert, wenn eine flexible Anpassung der Bürokonzeption innerhalb eines Gebäudes möglich ist. Hessisches Immobilienmanagement (2010) zählt das non territoriale Büro als sechste Büroform auf, die sich jedoch auf die Nutzungsart bezieht und nicht über die Raumform oder den Grundriss definiert wird (siehe Abbildung 2).
Kratzer (2017) unterscheidet vier Büroformen: Kleinere, geschlossene Büroeinheiten ohne wesentliche Kommunikationsflächen sind als Zellenbüro klassifiziert. Beinhalten solche Büroeinheiten Kommunikationsflächen, werden diese als Kombibüro eingeordnet. Als Open Space sind größere, offene Büroraumarten mit Einzelarbeitsplätzen, Kommunikationsflächen, Besprechungs- und Rückzugsräumen definiert. In der vierten Kategorie finden sich andere Büroformen, wie z.B. das Home Office.
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2013) unterscheidet ebenso in vier Büroformen: Zellenbüros als Einzel- oder Mehrpersonenbüros mit bis zu sechs Arbeitsplätzen, Gruppenbüros mit bis zu 25 Arbeitsplätzen, Großraumbüros definiert über eine Grundfläche von mehr als 400 m2 und Kombibüros als Kombination aus Zellenbüro und Großraumbüro.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2. Beispiele für Grundrisse verschiedener Büroformen in Anlehnung an Hessisches Immobilienmanagement, 2010, S. 24-25.
Nido, Medici und Boch (2016) stellen fest, dass sich Büroformen sowohl aus funktions- bzw. statusbezogener Sicht, als auch über die Anzahl der dort Beschäftigten und die Art der Nutzung unterscheiden lassen. Sie unterscheiden dabei nach Bodin Danielsson und Bodin (2008) sieben Büroformen: Das Ein-Personen-Zellenbüro, das Gruppenbüro mit 2–3 Personen, das kleine Großraumbüro mit 4-9 Personen, das mittlere Großraumbüro mit 10-24 Personen und das große Großraumbüro, beginnend ab 25 Personen. Hinzu kommen das Kombibüro, charakterisiert über Teamarbeit und den Aspekt, dass der individuelle Arbeitsplatz nur zu 80% oder weniger genutzt wird, sowie das Flexbüro ohne individuell zugewiesene Arbeitsplätze (S. 380).
2.2 Definitionen und Beschreibungen der Büroform des Großraumbüros
Im Wesentlichen gleichbedeutend zum Terminus Großraumbüro, der in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, werden häufig auch das Open Space-, Open Plan- und Multi Space-Office genannt. Seltener wird stellvertretend der Begriff Flex-Office verwendet. Auf Basis des Großraumbüros fußend, finden sich ebenso die Termini Non-territoriales Büro sowie Kombibüro. Für die verwendeten Termini existiert keine einheitliche Nomenklatur.
So wird die Büroform Kombibüro bei Kern et al. (2006), Spath und Kern (2003), Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2013) und Hessisches Immobilienmanagement (2010) als Mischform zwischen Zellen- und Großraumbüro beschrieben.
Kratzer (2017) beschreibt das Kombibüro hingegen als Büroform, bestehend aus Zellenbüros mit Kommunikationsflächen. Bodin Danielsson und Bodin (2008) charakterisieren das Kombibüro über den Aspekt der Teamarbeit und der individuellen Arbeitsplatznutzung.
Nach Kern et al. (2006) sind Großraumbüros über eine Raumtiefe von wenigstens 20 – 30 m und somit 600 m2 – 1.000 m2 und größer, gekennzeichnet. Je Geschossebene bietet diese Büroform Platz für mehrere hundert Beschäftigte. In der Gegenwart werden in Europa jedoch meist kleinere Einheiten geplant, sodass die Grenze zum Gruppenbüro laut Kern et al. fließend ist. Charakterisiert wird ein Großraumbüro des Weiteren mittels einer technisch anspruchsvollen Klimatisierung und „einem geringen Fassadenanteil pro Arbeitsplatz“ (S. 11). Fallabhängig kommen Raumgliederungssysteme, z.B. Stellwände, Schränke oder auch Pflanzen zum Einsatz.
Laut Hessisches Immobilienmanagement (2010) zeichnen sich Großraumbüros dadurch aus, dass je Geschossebene zwischen 30 und 100 Beschäftige untergebracht sind. Darüber hinaus entfallen feste Wände. Dafür kommen akustisch wirksame Stellwände und Schranksysteme zum Einsatz. Die große Raumtiefe stellt hohe Anforderungen an Beleuchtung und Belüftung.
Für Kratzer (2017) ist ein Büro die Organisation eines Raumes, die im besten Falle mit der Organisation der Tätigkeiten übereinstimmt. Daher sieht Kratzer (2017) eine Bestimmung über Raummerkmale als oberflächlich an. Kratzer definiert ein Großraumbüro als „eine durchgehende Arbeitslandschaft mit einer Mischung aus offenen Arbeitsbereichen und geschlossenen Räumen, die je nach Unternehmen bzw. Tätigkeitsprofil unterschiedliche Anforderungen erfüllen: Routinearbeit, konzentriertes Arbeiten, Kommunikation, Entspannung, Rückzug etc.“ (S. 7).
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2013) definiert Großraumbüros als Zusammenfassungen von Arbeitsplätzen über die Grundfläche: mehr als 400 m2 (siehe Abbildung 3). Die Fläche kann mit Stellwänden strukturiert werden. Für einen Arbeitsplatz wird dabei eine Mindestgrundfläche von 8 m2 vorgeschrieben; für jeden weiteren Arbeitsplatz mindestens 6 m2. Bei Großraumbüros werden wegen möglicher, größerer Störeinflüsse und der benötigten Verkehrswege 12 m2 bis 15 m2 je Arbeitsplatz empfohlen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3. Beispiel Großraumbüro, Gesamtfläche 793 m2; Fläche je Arbeitsplatz 16,18 m2 inklusive Funktionsflächen, 49 Arbeitsplätze. (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2013, S. 21)
Nido et al. (2016) unterscheiden das Großraumbüro nach Bodin Danielsson und Bodin (2008) anhand der Anzahl der Beschäftigten in drei Unterformen: das kleine Großraumbüro mit 4-9 Personen, das mittlere Großraumbüro mit 10-24 Personen und das große Großraumbüro, beginnend ab 25 Personen. Hinzu kommen das in der Regel als Großraumbüro angelegte Kombibüro, charakterisiert über Teamarbeit und den Aspekt, dass der individuelle Arbeitsplatz nur zu 80% oder weniger genutzt wird, sowie das ebenso in dieser Büroform gestaltete Flexbüro ohne individuell zugewiesene Arbeitsplätze (S. 380).
2.3 Zusammenfassung der Definitionen und Beschreibungen des Großraumbüros
Laut Nido et al. finden sich in der einschlägigen Literatur diverse Definitionen und Beschreibungen von Büroformen, so auch innerhalb der Büroform Großraumbüro. (siehe Tabelle 1). Zudem existiert für die verwendeten Termini keine einheitliche Nomenklatur. Beispiele dafür - Kombibüro, Flexbüro, Multi-Space-Büro - finden sich bei Spath und Kern (2003).Spath und Kern (2003) thematisieren zudem die unscharfen Grenzen zwischen den Büroformen.
Bodin et al. sprechen bei den von ihnen verwendeten Definitionen von „The office definitions used here are unique combinations of architectural features and functional features that define each of the seven office types“ (S. 641).
Tabelle 1. Überblick über Definitionen und Beschreibungen des Großraumbüros
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkungen. A: Kern, Bauer und Kelter (2006); B: Hessisches Immobilienmanagement (2010); C: Kratzer (2017); D: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2013); E: Nido, Medici und Boch (2016); vorh. = Merkmal beschrieben; - = Merkmal nicht beschrieben
3. Die psychische Verfassung von Beschäftigten im Kontext der Büroformen.
Lütke Lanfer und Pauls (2017) stellen fest, dass die Untersuchungsergebnisse der Studien, die die Zusammenhänge zwischen Büroform und psychischer Verfassung der Beschäftigten betrachten, sehr uneinheitlich ausfallen. Besonders in Bezug auf Großraumbüros stellen Sie ein Forschungsdefizit fest. „Diese Forschungslücke ist umso erstaunlicher, da diese Büroform auch im europäischen und deutschsprachigen Raum immer häufiger Anwendung findet“ (S. 5). Lütke Lanfer et al. (2017) kommen in ihrer Recherche zu dem Ergebnis, dass bis ins Jahr 2004 kaum evidenzbasiertes Material zur Verfügung stand.
De Croon, Sluiter, Kuijer, und Frings-Dresen (2005) fassten erstmalig den Stand der Literatur, die sich mit den Zusammenhängen zwischen Büroform und psychischer Verfassung der Beschäftigten auseinandersetzte, zusammen. De Croon et al. (2005) identifizierten 49 aus 1091 Studien, die sich im Zeitraum ab 1972 mit mindestens einer der drei Dimensionen Bürostandort (z. B. Telework versus konventionelles Büro), Büroform (z. B. Großraumbüro versus Zellenbüro) oder Nutzungsart (z. B. fest zugewiesene versus wechselnde, non-territoriale Arbeitsplatzkonzepte), beschäftigten. Laut De Croon et al. (2005) zeigte sich dabei ein ausgeprägter Zusammenhang: „Results provide strong evidence that working in open workplaces reduces privacy and job satisfaction“ (Absatz 1). Einschränkend bemerkten De Croon et al. (2005) dabei „Due to a lack of studies no evidence was obtained for an effect of the three office dimensions on long-term reactions” (Absatz 1).
Lütke Lanfer et al. (2017) empfehlen nach ihrer im Jahr 2017 abgeschlossenen, systematischen Recherche, die die Erkenntnisse von De Croon et al. (2005) einschließt, die Forschungslücke zu schließen um zu gesicherten Erkenntnissen der Wechselwirkungen zwischen Büroformen und psychischer Verfassung der Beschäftigten, zu gelangen.
Nach Kratzer und Lütke Lanfer (2017) soll ein Großraumbüro helfen, Kommunikationsprozesse zu optimieren. Es zielt dabei nicht auf die Optimierung von Informationsflüssen ab, sondern legt den Schwerpunkt auf informelle Kommunikation: „Das Open-Space-Büro ist eine Form der „Organisation des Informellen“ (Bolte und Porschen 2006), soll (auch) dazu dienen, in neuer Weise die Vorteile formalisierter Arbeitsprozesse (Effizienz durch Standardisierung) mit den Vorzügen informeller Interaktionsbeziehungen (Flexibilität und Kreativität) zu mischen“ (S. 285).
Ellwart und Schulze (2009) stellen fest, dass in Großraumbüros zwar rund dreimal mehr kommuniziert wird, die Kommunikationsdauer gleichzeitig jedoch auf 1/3 sinkt.
3.1 Büroformen und Arbeitsbedingungen aus Sicht der Beschäftigten – Kernbefunde der SBiB-Studie - Schweizerische Befragung in Büros.
Eine im Auftrag des schweizerischen Staatssekretariats für Wirtschaft mit der Hochschule Luzern durchgeführte Studie, an der 1230 Bürobeschäftigte teilnahmen, untersuchte die Arbeitsbedingungen in unterschiedlichen Büroformen aus Sicht der Beschäftigten (Amstutz et al.,2010).
Die Studie erfasst die Anforderungen der Beschäftigten an einen Büroarbeitsplatz. Die Bewertung der Beschäftigten gliedert sich in die Komplexe: Umgebungsfaktoren, Arbeitsgestaltung, Unterbrechungen und Stressigkeit, Zufriedenheit mit der Arbeit im Allgemeinen, Symptome und Absenzen. Zudem bewerteten die Beschäftigten Produktivität und Attraktivität des Arbeitsplatzes.
Die Büroform wurde über die Anzahl der Beschäftigten je Raum definiert und in sechs Kategorien unterschieden: Einzelbüro, Zweierbüro, Büro mit 3 – 6, Büro mit 7 – 15, Büro mit 16 – 50 und Büro mit mehr als 50 Beschäftigten.
3.1.1 Anforderungen der Beschäftigten an einen Büroarbeitsplatz
Die Studie erfasste die grundsätzlichen Anforderungen der Beschäftigten an den Arbeitsplatz. Die Möglichkeit sich zu konzentrieren wird laut Amstutz et al. (2010) bei den Beschäftigten am höchsten priorisiert. Des Weiteren sind die Möglichkeiten zu telefonieren und zwei bis drei Stunden am Stück arbeiten zu können als wichtig eingeordnet. Erst danach folgen in der Priorisierung, Aspekte des Mobiliars, wie Komfort und ausreichend große Schreibtischflächen, sowie die Möglichkeit in persönlichem Kontakt miteinander zu arbeiten.
Bei der Auswertung nach Erfüllungsgrad zeigte sich, dass die, unabhängig von der Bürogröße, am höchsten priorisierte Anforderung, sich konzentrieren zu können, bei den Beschäftigten in Einzelbüros am besten erfüllt wird (siehe Abbildung 4). Der Erfüllungsgrad nimmt mit steigender Anzahl der Beschäftigten je Büro deutlich ab.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4. Wichtigkeit und Erfüllungsgrad der Anforderung der Beschäftigten, sich am Arbeitsplatz konzentrieren zu können, nach Büroformen. (Amstutz et al., 2010, S. 32).
Große Differenzen zeigen sich laut Amstutz et al. (2010) auch, wenn es darum geht, ungestört zu telefonieren. Der Erfüllungsgrad nimmt ebenso mit steigender Anzahl der Beschäftigten je Büro deutlich ab.
Signifikante Unterschiede zwischen den Büroformen sind nach Amstutz et al. (2010) weder bei der Einordnung der Wichtigkeit des Komforts des Mobiliars, noch bezogen auf die Möglichkeit in persönlichem Kontakt untereinander zu arbeiten, festzustellen.
3.1.2 Bewertung der Umgebungsfaktoren
Die Untersuchung der Umgebungsfaktoren: Platzverhältnisse, Licht, Beleuchtung, Lüftung, Luftqualität, Temperatur, Akustik und deren Bewertung nach den Büroformen zeichnet das Bild, dass mit steigender Anzahl der Beschäftigten je Büro, die Zufriedenheit abnimmt (Abbildung 5).
Nach Amstutz et al. (2010) traten statistisch signifikante Unterschiede zutage. Am deutlichsten wurde dies bei akustischen Störungen durch Gespräche im Raum. „Bereits ab 2 Personen im Büroraum fühlen sich mehr als doppelt so viele (29.7 %) eher oft bis sehr oft/ständig gestört. In Büros mit mehr als 50 Personen sind es 79.8 %“ (S. 41). Die Luftqualität wird in Einzelbüros am besten bewertet. Sie wird mit zunehmender Bürogröße als belastend beurteilt; die gleiche Tendenz weist der Aspekt der Raumlüftung bzw. Beeinträchtigung durch Zugluft auf.
Die Lichtverhältnisse in Einzelbüros werden in 6 % der Fälle als Beeinträchtigung empfunden. „Die Beeinträchtigung nimmt mit der Bürogröße zu und liegt bei den Büros mit mehr als 50 Personen mehr als doppelt so hoch (14.8 %). Die Beurteilung ist in Büros mit 3–6 Personen am besten (4.2 %)“ (Amstutz et al., S. 41) .
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5. Zufriedenheit mit den Umgebungsbedingungen je Büroform im Allgemeinen. (Amstutz et al., 2010, S. 44).
3.1.3 Bewertung von Arbeitsgestaltung, Unterbrechungen und Stressigkeit
Zwei Punkte der Arbeitsgestaltung ergaben nach Amstutz et al. (2010) je nach Büroform unterschiedliche Bewertungen. Sowohl die Entscheidungsfreiheit, als auch der Einfluss auf die Planung und Gestaltung der Arbeit, werden in Einzelbüros am besten beurteilt. „Auffallend ist, dass in Büros mit 16–50 Personen die Befragten ihre Entscheidungsfreiheit (über 40 %) und Einfluss auf Gestaltung der Arbeit (rund 30 %) am geringsten einstufen“ (Amstutz et al, 2010, S. 51). In Büros mit mehr als 50 Beschäftigten, werden beide Aspekte etwas besser bewertet.
Als Ursachen für Unterbrechungen und Zeitverluste hatten Hardware- und Softwareprobleme die größte Gewichtung. An zweiter Stelle folgten laut Amstutz et al. (2010) Störungen durch Personen und drittens Suche nach Dokumenten. Weitere Ursachen für Zeitverluste waren z. B. Gespräche und Telefonate anderer im Raum. Bei Unterbrechungen durch Gespräche und Telefonate anderer im Raum oder durch vorbeilaufende Personen stellte sich der Zusammenhang heraus, dass mit steigender Anzahl der Beschäftigten je Büro, die Störungen zunehmen.
Zwischen Büroform und der Beurteilung der Beschäftigten, ob sie ihre Arbeit grundsätzlich als stressig empfinden, ergab sich laut Amstutz et al. (2010) kein Zusammenhang.
3.1.4 Untersuchung von Symptomen und Absenzen
Allgemein ist das gehäufte Vorkommen von Symptomen in Büros mit weniger Beschäftigten geringer als in größeren Büroformen. Untersucht wurden folgende Symptome: Müdigkeit, Schweregefühl im Kopf, Ein- und Durchschlafstörungen, Kopfschmerzen, verschiedene Formen der Augen- und Hals-Nasenreizungen, Husten und Übelkeit. Bei den resultierenden Krankheitsabwesenheiten (ohne Unfall) ergaben sich zwischen den Büroformen statistisch signifikante Unterschiede. In Einzelbüros kamen krankheitsbedingte Abwesenheiten deutlich weniger häufig vor als in den Büroformen mit mehr Beschäftigten je Büro (siehe Abbildung 6) . Die größten krankheitsbedingten Fehlzeiten weisen Büroformen mit mehr als 16 Beschäftigten auf (Amstutz et al. 2010).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6. Krankheitsbedingte Absenzen in Abhängigkeit der Bürogröße (Amstutz et al., 2010, S. 62).
3.1.5 Bewertung der allgemeinen Zufriedenheit mit der Arbeit
Die Befragung ergab, dass der große Teil der Beschäftigten mit der Arbeit grundsätzlich ziemlich bis außerordentlich zufrieden ist (siehe Abbildung 7). Bei den Büroformen zeigen sich jedoch erhebliche Unterschiede. „Außerordentlich unzufrieden bzw. sehr unzufrieden sind 2,3 % aller Befragten. 50 % der Personen in Einzelbüros sind sehr zufrieden mit der Arbeit im Allgemeinen. Demgegenüber sind in Büros mit 16–50 Personen nur knapp ein Drittel der Befragten (30.7 %) sehr zufrieden“ (Amstutz et al., 2010, S. 52). Der größte Anteil sehr Unzufriedener findet sich in der Büroform mit mehr als 50 Beschäftigten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7. Allgemeine Arbeitszufriedenheit in Abhängigkeit von der Büroform (Amstutz et al., 2010, S. 53).
3.1.6 Bewertung der Produktivität und Attraktivität des Arbeitsplatzes
Die Bewertung von Produktivität und Attraktivität des Arbeitsplatzes beruht auf multifaktoriellen Zusammenhängen am Arbeitsplatz. Die Studie von Amstutz et al. (2010) zeigt zum einen eine enge Verbindung (siehe Abbildung 8) zwischen Produktivität und Attraktivität des Arbeitsplatzes und Büroform, zum anderen eine mit steigender Anzahl der Beschäftigten je Büro, abnehmende Produktivität.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8. Zusammenhang zwischen Büroform, Produktivität und Attraktivität des Arbeitsplatzes (Amstutz et al., 2010, S. 36).
3.2 Wohlbefindlichkeit und Arbeitsplatz-Attraktivität in verschiedenen Büroformen – Kernbefunde der empirischen Nutzerstudie Office 21.
Im Zusammenhang mit einem Verbund-Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart, Office 21, das sich mit der Zukunft der Arbeit beschäftigt, wurden etwa 900 Bürobeschäftigte im deutschsprachigen In- und Ausland zu unterschiedlichen Büroformen und Arbeitsplatzmodellen befragt.
Spath et al. (2003) sprechen dabei von der Notwendigkeit eines mehrdimensionalen Ansatzes um Produktivität und Leistung im Büro steuern zu können. Neben Effektivität, Effizienz und Qualität sind die Faktoren Aufbau- und Prozessorganisation, Informations- und Kommunikationstechnologie, Change Management und Gebäude, Raum und Arbeitsplatz von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen einer empirischen Studie wurde untersucht „inwieweit aus Sicht von BüronutzerInnenª einzelne Wahrnehmungen und Konstellationen aus einem komplexen Katalog unterschiedlicher Raum- und Arbeitsumgebungsfaktoren im Büro das Wohlbefinden beeinflussen“ (Spath et al, 2003, S. 138).
[...]
- Citation du texte
- Michael Thurn (Auteur), 2019, Großraumbüros aus Sicht der EntscheiderInnen. Eine qualitative Untersuchung der Entscheidungskriterien für Großraumbüros, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/996720
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.