Geschichte
Der Begriff Pfalz, abgeleitet aus dem lateinischen palatium (Sitz eines hohen Herrschers), bezeichnet eine Anlage, die statt einer festen Residenz den Königen des Mittelalters als temporäre Hofstätte diente. Da mangels einer ausreichenden Kommunikationsinfrastruktur und einer überwiegend mündlichen Rechtsprechung die Anwesenheit des Königs in den Gebieten seines Reiches von Nöten war, sind die Pfalzen als commoditas itineris et apparatus regiae mansionis, als „Erleichterung der Reise und Zu- rüstung für den Aufenthalt“ schon seit den merowingischen Herrschern fester Bestandteil des mittelalter- lichen Regierungsapparats1. Die Pfalzen in dem vom Seminar betrachteten Gebiet entstammen der Herr- schaft Pippins und Karl des Großen. Im 11. und 12. Jahrhundert entstand das Gastungsrecht, welches der Reichskirche auftrug, den König in der Zeit seiner Anwesenheit zu beherbergen; daraus resultiert eine im Gegensatz zu den vorigen Jahrhunderten geringe Zahl von Pfalzneugründungen. Während der Herrschaftszeit der Staufer gewannen immer mehr Stadtpfalzen an Bedeutung, die in der stärker wer- denden Machtposition der ihnen angeschlossenen Städte begründet lag. Nach dem Interregnum verloren die Pfalzen ihre Aufgabe - die königliche Hausmachtpolitik mit überwiegend festen Regierungssitzen hielt Einzug. Die Blütezeit der Pfalzbauten läßt sich demzufolge auf den Zeitraum von 760/70 (Pippin der Jüngere) bis etwa 1240 (Friedrich II.) festlegen.2
Mit den Schwerpunkten des Machtbereichs des jeweiligen Herrschers verschob sich die Häufigkeit der Pfalzbesuche. Zudem erhielten manche Königsitze als sogenannte Winter- oder Festtagspfalzen besondere Bedeutung gegenüber anderen, weniger häufig besuchten. Einige der Pfalzen wurden in den Rang einer sedes regni erhoben (z.B. Aachen unter Karl dem Großen)3.
Erscheinungsbild
Die am häufigsten vorkommenden Landpfalzen bestanden in der Regel aus einem in Eigenwirtschaft stehenden Hof, der der Versorgung des Königs und seines Gefolges diente, weiterhin aus einer Halle (aula regia) für Versammlungen, die Rechtsprechung und Synoden ermöglichte, sowie einem Wohnge- bäude und der obligatorischen Pfalzkirche. Ab dem 9. Jahrhundert wurden die Gebäude mit einer Wehrmauer umgeben. Den königlichen Gebäuden schlossen sich Bauten von Klöstern, Angehörigen des höheren Adels oder Vertretungen ausländischer Herrscher an. Neben der Eigenproduktion des Wirt- schaftshofes dienten Abgaben der umliegenden Landschaften dem König besonders in den Wintermo- naten als Versorgungsquelle4.
Eine deutliche Unterscheidung muß jedoch zwischen Pfalz und Königshof gemacht werden: Während die Pfalz als repräsentativer Bau den herr- schaftlichen Aufgaben des sie bereisenden König oder Kaisers dient (im Rahmen dieser auch für Reichsversammlungen und Synoden), ist der Königshof lediglich ein Wirtschaftsgut im Besitz des Herrschers; nur gelegentlich dient es diesem als Übernachtungsstätte auf der Durchreise5.
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Die Pfalz in Ingelheim am Rhein
Geschichte
Das Gebiet der Ingelheimer Pfalz ist bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt worden, es exis- tieren Spuren einer römische Bebauung des Ge- ländes, hierbei dürfte es sich jedoch höchstens um unbedeutende Siedlungen gehandelt haben6. Diese Meinung wurde in Frage gestellt, da ältere Veröf- fentlichungen die bei Grabungen gefundenen Ka- näle als römisch identifizieren7 und neuere zumin- dest die Herkunft als ungewiß beschreiben8, nach den neuesten Erkenntnissen des Landesamtes für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz kann allerdings tendenziell davon ausgegangen werden, daß sie tatsächlich aus der Zeit Karls des Großen (768 - 814) stammen9. Ansicht der Kaiserpfalz nach Sebastian Münster Diesem Herrscher ist auch die Gründung der Königspfalz zu verdanken. Die Anwesenheit Karls wird für das Osterfest 774 das erste Mal erwähnt. Dies war nicht sein einziger Aufenthalt, weitere sind in den Jahren 787 und 788 zu großen Reichsversammlungen verzeichnet. Die günstige Lage am Rhein, der ´Hauptverkehrsstraße´ des Herrschers, machte Ingelheim zu einer beliebten Zwischenstation10. Unter seinem Sohn Ludwig dem Frommen (814 - 840) blühte die Pfalz auf und war Schauplatz weltpolitischer Ereignisse. Seit dem Jahre 868 wird die Ingelheimer Pfalz als curtis regia bezeichnet. Auch zur Zeit der ottonischen Regentschaft war der Ort ein beliebtes Reiseziel, während es unter den Saliern an Bedeutung verlor. Hier spielt bestimmt auch die Tatsache, daß es zwar an der Straße, jedoch nicht an einer Rheinfurt, wie z.B. Bingen, Mainz oder Worms lag, eine nicht zu unterschätzende Rolle11. Erst mit der Erneuerung durch Friedrich Barbarossa (1152 - 1190) erhielt Ingelheim 1160 den fernen Abglanz seiner früheren Bedeutung zurück. (Die Pfalz spielte zuvor jedoch bei dem Aufstand Heinrichs V. (1106 - 1125) gegen seinen Vater Heinrich IV. (1056 - 1106) eine nicht unwichtige Rolle; sie wird 1106 das Gefängnis des Letzteren.) Im Jahre 1249 wurde die Feste von Wilhelm von Holland erobert. Zwar trachtete Karl IV. (1347 - 1378) danach, die Regierungsstätte des von ihm so verehrten Karl des Großen zu erhalten (er gründete 1354 dort ein Augustinerkloster), jedoch konnten lediglich Reste der Wehranlage sowie die Pfalzkapelle ihre ursprüngliche Funktion erhalten; ihr endgültiges Aus spiegelt sich in der Freigabe der Besiedlung des Pfalzgrundes um das Jahr 1400 wider12. Während des dreißigjährigen Krieges diente der Pfalzgrund in diesem strategisch wichtigen Landstrich als Lager unter wechselnder Besatzung. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bietet sich dem Betrachter das heutige Erscheinungsbild13.
Baubeschreibung:
Die Pfalz stellt sich als geschlos- sener, axial angelegter Bau- komplex dar, dessen Länge ca. 142,50 Meter und Breite ca. 114,50 Meter (mit Anbauten) beträgt. Im wesentlichen läßt sie sich in zwei Teile untergliedern: Ein Rechteck mit den Maßen 91,50 x 99,50 Meter sowie eine halbkreisförmige Exedra mit einem Durchmesser von 87 Metern. In der Südwestecke liegt in Nord-Süd-Ausrich-tung die Königshalle (aula regia).
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Noch vorhandene Reste der Bebauung (Grabung von C. Rauch)
Dieser Saal mit einer Länge von 33 Metern und einer Breite von 14,50 Metern besitzt in der Südwand eine Konche mit einem Durchmesser von 9,80 Metern. Der Höhenunterschied zwischen beiden Gebäu- deteilen wird durch vier Stufen überbrückt14. Die Expertenmeinungen gehen hier auseinander; während die ältere Literatur diesen Bau für eine Basilika mit einem den Mittelraum beleuchtenden Obergaden halten (Rauch, Saalwächter), lehnen jüngere Autoren aufgrund der sehr dürftigen statischen Vorausset- zungen diese These ab - es handelt sich wohl eher um einen Hallenbau mit Galerie (Zeller, Sage). Erst vor wenigen Tagen wurden jedoch Pfostenlöcher in der Mitte der aula regia entdeckt; daraus ableitend könnte es sich auch um ein zweigeschossiges Gebäude gehandelt haben15. Sowohl die Ostmauer als auch Teile der Süderweiterung sind bis in die Höhe von 8 Metern erhalten - eine Raumhöhe zwischen 11,40 und 13,40 Metern darf angenommen werden16.
In der Ostmauer und auch in der Westmauer sind Tore mit einer Breite von 2,10 Metern und einer Hö- he von etwa 4 Metern vorhanden, in der Konche vier 1,40 Meter breite und 2,90 Meter hohe Rundbogen- fenster. Die Errichtung des Saales läßt sich in etwa auf die Zeit zwischen 785 und 800 festlegen, da in von Ermoldus Nigellus beschriebenen Wandmalereien zwar der Sieg Karls des Großen über die Sachsen 785, aber nicht die wesentlich wichtigere Kaiserkrö- nung 800 dargestellt war17. In den Wänden sind etwa 20 x 20 Zentimeter große Gerüstlöcher vorhanden, die darin gefundenen Holzreste sowie die zwischen dem ursprünglichen Estrich und einer Neuaufbringung entdeckten Putzreste deuten auf einen Umbau Ende
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Grundriß der Ingelheimer Pfalz, Befundplan des 10. Jahrhunderts hin18. Das nach Westen führende Tor in der Wand der aula regia läßt auf eine nicht nachgewiesene Vorhalle schließen. Bezüglich dieser sind jedoch weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten, da die Stratographie des Geländes durch einen Wehrgraben aus der Stauferzeit stark verändert wurde und die Nutzung als Friedhof im 18. - 20. Jahrhundert weitere Grabungen verbietet19. Östlich der aula regia befindet sich ein Säulenumgang, ebenfalls aus karolingischer Zeit, der aufgrund seiner axialen Ausrichtung auf den Versammlungssaal als Atrium desselben gedeutet wird. Im Anschluß daran liegt ein kleiner Raum, der ebenfalls eine Konche in der Südwand besitzt (Rauch vermutet eine Taufkapelle); hieran grenzt nun die erst im ottonischen Zeitalter errichtete Saalkirche, die fürderhin die Funktion der Pfalzkapelle übernahm.
Nördlich der aula regia befindet sich ein durch die Achse der Anlage zweigeteilter Raum, an dessen oberem Ende sich nach Rekonstruktionsvorschlägen von Rauch eine Torhalle ähnlich der aus Lorsch bekannten befunden haben könnte - Fundamente, in den Abmessungen denen der aula regia ähnelnd, unterstützen diese These20. Mit weiteren Nebenräumen (vermutlich als Gästezimmer dienend21 ) im Nor- den wird der Abschluß des rechteckigen Hofes gebildet; unter Ludwig dem Frommen 820-830 errichtete Räume mit Wasseranschluß nördlich der Saalkirche deuten auf diese Funktion hin. Auch um dieses „Karlsbad“ ranken sich einige durchaus erwähnenswerte Vermutungen. So sind Zeller und auch Saalwächter der Idee zugeneigt, es könnte sich bei den Räumlichkeiten bereits um ein römisches Mithräum gehandelt haben22 - eine interessante, jedoch vielfach widerlegte These. Die Möglichkeit, daß es sich tatsächlich um einen Baderaum gehandelt hat, ist nicht von der Hand zu weisen23. Nach Osten wird der Hof durch eine Säulenhalle von der Exedra getrennt, die wiederum von einem 5 Meter breiten Säulengang sowie von Räumen mit einer Tiefe von etwa 10 Metern umgeben ist. Für diese läßt sich aufgrund fehlender Grabungsergebnisse keine Funktion bestimmen. Im Scheitelpunkt liegt eine reprä- sentative, ca. 10 Meter breite Halle (Heidesheimer Tor ge- nannt; ob es tatsächlich ein Durchgang war, ist nicht gesi- chert). Dem Halbrund 2 Meter Rekonstruktion der karolingischen Pfalz nach H.J. Jacobi vorgelagert sind 7 Türme mit einem lichten Innendurchmesser von 4 Metern; sie sind durch nachträglich eingefügte Mauern mit der Exedrawand verbunden. Das Mauerwerk dieser Bauten ist gleich - dies deutet auf eine einheitliche Bau- zeit hin24. Unter den südlichen Türmen verläuft ein Kanal, der nach Walter Sage dazu diente, das reich- lich vorhandene Hangwasser von den Gebäuden fernzuhalten, eine recht wahrscheinliche These; da er jedoch womöglich von der bereits erwähnten Wasserleitung versorgt wurde und außerdem unter den Türmen offen ausgeführt ist, während er ansonsten überwölbt ist, könnte auch zumindest für einen der Türme auf eine sanitäre Nutzung geschlossen werden; die Funktion der übrigen ist ungeklärt25.
In karolingischer Zeit ist die Pfalz vermutlich nicht oder nur durch Erd- oder Holzwälle geschützt gewesen. Erst später bekommt der Bau seinen wehrhaften Charakter. Die Tatsache, daß die Außenwände eine Dicke von z. T. über einem Meter aufweisen sowie bis zu 2,50 Metern tief gegründet sind, und die Vorbauten in der Nord- und Südwand sprechen eine deutliche Sprache. Massive Umbauten (z.B. das Hinzufügen von Zinnen) erfolgten jedoch erst im 14. oder 15. Jahrhundert.
Die Deutung der etwa 450 Meter westlich gelegenen Remigiuskirche als Pfalzkapelle, die erst unter einem ottonischen Herrscher durch die Saalkirche ersetzt wurde, ist nach wie vor strittig. Für diese These spricht, daß der Bau exakt auf der Ost-West-Achse der Pfalzanlage liegt26. Die Saalkirche wird erst 997 erstmalig erwähnt, 1160 von Friedrich Barbarossa erneuert und wird heute als evangelische Kirche genutzt. Die Länge des Langhauses mit Chorapsis beträgt nach der Erneuerung etwa 37 Meter, die Breite ca. 11 Meter. Während Rauch und Zeller den dreischiffig ergrabenen Bau als ursprünglich ansehen, ist es für Sage, den ´jüngsten´ Autor, klar, daß es lediglich ein einschiffiger Baukörper von 11 Metern Breite und 20 Metern Länge ist - Seitenschiffe haben zu der Zeit, als die Pfalz ihre namensgebende Funktion erfüllte, nicht existiert27. Querhaus und nördliche Langhausmauer stammen noch aus ottonischer Zeit, Vierung und Apsis wurden bereits vor 1160 neu er- richtet; im Zuge dieser Erneuerung wurde auch das Querhaus mit einer ausgeschiedenen Vierung versehen, der auch die dargestell- ten Kapitelle entstammen. Während der romanischen Epoche fand nochmals ein Umbau statt, dem wir vermutlich die Seiten- schiffe zu verdanken haben. Der Glockenturm wurde jedoch erst 1861 erbaut, das heute zu sehende Langhaus im Zuge der Sanie- rung 1964 fast in seinen ursprünglichen Zustand versetzt28. Die von Christian Rauch im Gegensatz zu Sage29 geäußerte Vermu- tung, es könnte ein Vorgängerbau existiert haben, läßt sich auf- grund neuerer Ausgrabungen nicht ganz von der Hand zu wei- Kapitelle in der Kaiserpfalz (C. Rauch) sen30.
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Material
aula regia: Ein Meter dicke Bruchsteinmauern mit Eckquaderung, die Tore in West- und Ostwand sind von Sandsteinspolien flankiert, die z.T. Spuren einer ursprünglich anderen Nutzung tragen31, die Gerüstlöcher wurden mit losen Steinen verschlossen, bei den darin gefundenen Holzresten handelt es sich durchweg um Nadelhölzer. Der vermutlich ebenfalls aus Sandstein bestehende Konchenbogen liegt auf zwei 28,5 cm hohen Kämpfern aus weißem Kalkstein auf. Es gibt zwei Estriche; während der ältere aus karolingischer Zeit stammt und aus etwa 25 cm hohen Kalk besteht, handelt es sich bei dem jünge- ren um dasselbe Material wie in der unter den Ottonen errichteten Saalkirche. In der südwestlichen E- cke ist als Eckquader das Bruchstück eines römischen Altares aus dem 1. Jahrh. n. Chr. verwendet worden. Von den laut Ermoldus Nigellus vorhandenen Wandgemälden läßt sich leider nur wenig nach- weisen; die gefundenen Bruchstücke sind zu klein32. In den jüngsten Grabungen lassen sich immer wie- der Teile von Marmorplatten im Bereich der aula regia finden, so daß vermutet wird, daß diese der Innenausstattung des Saales dienten33. Damit läßt sich das verwendete Material in vier Gruppen unter- teilen:
- Muschelkalk für die Wände,
- roter und gelber Sandstein für die Eckquader (Spolien),
- feiner Kalkstein (erinnert an Speckstein) für plastische Arbeiten,
- andere Materialien: Marmor, Schiefer, Tuff34.
Saalkirche: Das Mauerwerk besteht aus Kalkbruchsteinen, dem an den Ecken Sandsteinquader hinzu- gefügt wurden, die später eingefügten Vierungsbögen besitzen eigene Fundamente, welche wiederum auf 85 cm breiten Spannmauern ruhen. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Kirchenräume mit einer eingezogenen flachen Holzdecke versehen waren, die Wände waren verputzt. Einige der Bauteile wurden als Spolien in anderen Bauten wiederverwendet, so z.B. im Grauen Haus in Winkel am Rhein. Hierbei handelt es sich um Kapitelle, Türstürze, Säulen sowie Balken aus einer frühsalischen Bauphase. Vermutlich ist das Material während der Umbauarbeiten 1160 von seinem angestammten Platz entfernt worden. Im ganzen überbauten Pfalzbezirk sind Schieferreste gefunden worden, so daß auf eine Eindeckung mit diesem Material geschlossen wird35. Die künstlerische Ausstattung der Saalkirche hat aus bunten Glasfenstern bestanden, von denen zwei in einem der Berliner Museen während des zweiten Weltkrieges zerstört wurden, zwei weitere befinden sich im Magazin des Landesmuseums Wiesbaden - letztere sind leider zur Zeit nicht zu besichtigen36. Von weiteren Wandmalereien kann jedoch auch hier ausgegangen werden.
Die Gemäuer der übrigen Gebäude bestehen ebenfalls aus Kalkbruchsteinen. Das „Karlsbad“ besitzt zudem einen Boden aus roten und weißen Sandsteinplatten, der Überlaufstein entstammt römischer Zeit; den oberen Abschluß bildet ein Tuffsteingewölbe. Die Zu- und Ableitung des Wassers erfolgte über Tonrohre und zeigt die außerordentlich gut organisierte Wasserwirtschaft der Karolinger37. Die Fußböden der übrigen Räumlichkeiten bestanden höchstwahrscheinlich aus Mosaiken, ähnlich denen in Aachen vorgefundenen, also aus Ornamenten ohne figürliche Darstellungen.
Abschließendes
Die Anlage von Ingelheim mit seinem kompakten Bau- körper ist als Besonderheit unter dem Bautyp der Pfalz einzuordnen. Ihre Ausstattung mit einem großen, reprä- sentativen Innenhof sowie der säulen-umstandenen Exedra entspricht nicht der bekannten Typologie der mit ihr verwandten Bauten, z.B. in Aachen, Gelnhausen oder Paderborn, eher scheint ein Rückgriff auf die Bauweise hellenistischer oder römischer Herrscherpa- läste hier die Grundlage der Architektur zu bilden38. Dieses ist annähernd einzigartig, Vergleichbares ist nur noch in der unbedeutenderen Pfalz Samoussy zu fin- den39. Das Material ist ortspezifisch zu betrachten:
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Zum Vergleich: Kaiserpfalz Aachen
Während in Ingelheim die bereits beschriebenen Materialien Anwendung fanden, wurden im Gegensatz dazu in Frankfurt Basalthausteine mit Eckquadern aus römischen Sandsteinspolien, verbunden durch weißen Kalkmörtel als Baustoff eingesetzt; in Aachen bestehen die Bauten aus Grauwackesteinen, Bindemittel Ziegelmehlmörtel - die Eckquader sind jedoch auch hier Spolien40.
Einfluß auf die zeitgenössische Literatur fand die Pfalz in Ingelheim auf vielerlei Art. Besonders zu erwähnen ist hierbei Angilbert (vermutet wird hinter diesem Pseudonym niemand anders als Einhard), der um 800 ein Werk mit dem Namen „ karolus magnus et leo papa “ verfaßte, aber auch Ermoldus Nigellus, der in sehr blumiger Ausdrucksweise 826 den Königssitz beschreibt - eine oft zitierte Quelle der Archäologen, wenn auch mit Vorsicht zu betrachten41. Unter seinem eigenen Namen erwähnt Einhard in der „ vita caroli magni “ Ingelheim jedoch auch.
Insgesamt stellt sich die Ingelheimer Pfalz als imposanter Baukörper dar, der eindrucksvoll die Machtfülle der sie in Anspruch nehmenden Herrscher widerspiegelt. Zur Zeit Karls des Großen konnten nur wenige Bauten für sich in Anspruch nehmen, den Untertanen, Kirchenherren und Repräsentanten anderer Völker den Machtanspruch des Kaisers derart deutlich vor Augen zu führen. Die Ähnlichkeit der aula regia mit der Trierer Palastaula, die sichtbar wird in der ungewöhnlichen Anzahl der Konchenfenster, deren gerade Zahl das sonst übliche Mittelfenster nicht zuläßt, legt noch eine andere Deutung nahe: Der Trierer Bau geht auf Konstantin den Großen zurück, als dessen Nachfolger sich Karl ansah, was in seiner Kaiser- krönung und der damit erfolgten translatio imperii, der Übertragung des römischen Reiches auf den Frankenkö- nig und die ihm nachfolgenden Herrscher ihren Ausdruck fand und dem abendländischen Kaisertum durch Jahrhun- derte ihren Stempel aufgedrückt hat. Diese und andere elen sind noch häufiger in der karolingischen Architektur zu finden.
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Grundriß der Pfalz Samoussy
Literaturverzeichnis:
· Ausstellungskatalog Karl der Große, Aachen 1965
· Ausstellungskatalog Das Reich der Salier 1024 - 1125, Sigmaringen 1992
· J. Autenrieth (Hrsg.): Ingelheim am Rhein, Ingelheim 1964
· G. Bernhard, G. Behrens, A. Burger, E. Emmerling, Ingelheim, Ingelheim 1964
· G. Binding, Deutsche Königspfalzen, Darmstadt 1996 (Bildquelle)
· E. Emmerling, Aufsätze über Ingelheim und den Ingelheimer Grund, Ingelheim 1967
· A. Erler, E. Kaufmann (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG) Band II, Berlin 1978
· R. W. Gassen, Romanik in der Pfalz, Landau 1991
· M. Gockel, Karolinigische Königshöfe am Mittelrhein, Göttingen 1970
· W. Hotz: Pfalzen und Burgen der Stauferzeit, Darmstadt 1981
· G. Jaeckel, Die Deutschen Kaiser, München o.J.
· W. Koch: Baustilkunde, München 1994 (Bildquelle)
· W. Metz: Zur Erforschung des karolinigischen Reichsgutes, Darmstadt 1971 · O. Piper: Burgenkunde, München 1912
· C. Rauch, H.J. Jacobi, Die Ausgrabungen in der Königspfalz Ingelheim 1909 -1914, Mainz 1976 (Bildquelle)
· A. Saalwächter, F. Weyell, Die Königspfalz zu Ingelheim am Rhein und ihre Mühlen, Ingelheim 1963
· L. E. Saurma-Jeltsch, Karl der Große als vielberufener Vorfahr, Sigmaringen
· I. Schweitzer, Vom Glanz der Ingelheimer Königspfalz, Ingelheim 1969
· W. Wattenbach, E. Dümmler, F. Huf: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, Kettwig 1991
· G. Weise, Zwei fränkische Königspfalzen, Tübingen 1923 (Bildquelle) · S. Zoske: Wasser für die Königspfalz, FAZ 4. Mai 97
· Die Grafiken des vorliegenden Referates entstammen den mit Bildquelle gekenn- zeichneten Werken.
[...]
1 HRG Band II, S. 1044 f
2 G. Binding: Deutsche Kaiserpfalzen, S. 7
3 HRG Band II, S. 1045
4 ebenda sowie O. Piper: Burgenkunde, S. 123 ff
5 vgl. allg. M. Gockel, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein
6 G. Behrens, Ingelheims Vor- und Frühgeschichte, S. 45
7 ebenda, S. 46
8 G. Binding, Deutsche Königspfalzen, S. 111
9 S. Zoske, FAZ vom 4. Mai 1997, S. 10
10 Im Rahmen des sich bald herausbildenden Karlskultes galt sie sogar als seine Geburtsstätte.
11 P. Classen in: Ingelheim am Rhein (hrsg. von J. Autenrieth), S. 94
12 Die historischen Ereignisse lassen sich in einer Vielzahl von Büchern nachlesen, vgl. Literatur- verzeichnis
13 E. Emmerling, Aufsätze über Ingelheim und den Ingelheimer Grund, S. 23
14 C. Rauch, H.J. Jacobi, Ausgrabungen in der Königspfalz, S. 5
15 Dieser und weitere Hinweise entstammen einem Gespräch mit dem Ausgrabungsleiter der Pfalz Ingelheim, Dr. Grewe, vom 25. Juni 1997.
16 G. Binding, Deutsche Königspfalzen, S. 106
17 ebenda, S. 102 f
18 ebenda, S. 107 ff
19 laut Dr. Grewe a.a.O.
20 W. Sage in: Ingelheim am Rhein (hrsg. von J. Autenrieth), S. 83
21 Der Verfasser äußert diese Vermutung, da die Unterbringung des Herrschers bis dato nicht geklärt ist.
22 A. Saalwächter, F. Weyell, Die Königspfalz zu Ingelheim am Rhein und ihre Mühlen, S. 25
23 Dr. Grewe ist jedoch der Überzeugung, daß es sich lediglich um eine Brunnenstube handelte.
24 G. Binding, Deutsche Königspfalzen, S. 109
25 W. Sage in: Francia 4 (hier zitiert nach G. Binding), S. 156
26 Dies ließe nach Meinung des Verfassers nach groß angelegte Prozessionen zu.
27 W. Sage in: Ingelheim am Rhein (a.a.O.), S .77
28 Jedoch fehlt zur ursprünglichen Länge etwa ein Meter, auf den aufgrund der geänderten Grundstücksgrenzen verzichtet werden mußte.
29 W. Sage in: Ingelheim am Rhein (a.a.O.), S. 74
30 laut Dr. Grewe a.a.O.
31 C. Rauch, H.J. Jacobi, Ausgrabungen in der Königspfalz, S. 4
32 ebenda, S. 4 f
33 Hierbei handelt es sich um noch nicht publizierte Ergebnisse der jüngsten, noch andauernden Grabungen.
34 Diese Unterteilung wurde von Dr. Grewe im Gespräch vorgenommen.
35 Auch diese Grabungsergebnisse sind noch nicht veröffentlicht.
36 Aus einem Gespräch mit Dr. Kleineberg vom Hessischen Landesmuseum Wiesbaden erfuhr der Verfasser, daß die Zuordnung der Fenster nach Ingelheim wieder umstritten ist; der Freiburger Professor Becksmann hält als Herkunftsort Maria Laach für wahrscheinlicher.
37 C. Rauch, H.J. Jacobi, Ausgrabungen in der Königspfalz, S. 9
38 W. Sage in: Francia 4 (zitiert nach G. Binding), S. 155
39 G. Weise, Zwei fränkische Königspfalzen, S. 72
40 W. Sage in: Ingelheim am Rhein (a.a.O.), S. 66 ff
41 I. Schweitzer, Vom Glanz der Ingelheimer Kaiserpfalz, S.7
- Citar trabajo
- Reinhard Munzel (Autor), 1996, Die Kaiserpfalz Ingelheim, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99661
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