INHALTSVERZEICHNIS
II.1 Vorwort: Digitale Revolution
II.2 Was ist Napster
II.2.1 Wie Napster funktioniert
II.2 Die Urheberrechtsklage gegen Napster
II.2.1 Das Urhebergesetz
II.2.1.1 Herkunft und Entstehung des Urheberrechts
II.2.1.2 Geistiges Eigentum als wirtschaftliches Gut
II.2.2 Bricht Napster das Urheberrecht oder ist Napster eine neue Chance für ein neues Urheberrecht?
II.2.2.1Alternative Theorie: Aufmerksamkeit als wirtschaftliches Gut in der Informationsökonomie
II.2.2.2 Die Versuche der Plattenfirmen, Napster aufzuhalten
II.3 Zusammenfassung und Beurteilung des Urheberrechtsschutzes im Internet
III.1 Vorteile des digitalen Standarts MP3
III.1.1 Wie Napster diese neue Technologie nutzen kann
III.1.1.1 Kostensenkung
III.1.1.2 Informertial
III.1.1.3 Wiederholte Betrachtung
III.1.1.4 Ähnliche Produkte
III.1.1.5 Komplementäre Produkte
III.1.1.6 Illegale Kopien und illegale Anbieter
III.2 Napster als kostenfreier Service: Ist Situation
III.3 Napster - Soll Situation
III.3.1 Versioning
III.3.1.1 Varianten der Preisdiskriminierung
III.4 "Personalized Pricing" vs. Versioning bei Napster
III.4.2 Abrechnung von Napster per Versioning
III.4.2.1 Mehrwert für den User
III.4.2.2 Dimensionen des Versionings bei Napster
III.4.2.2 Konkretes Beispiel für Versioning bei Napster
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
GLOSSAR
Client Ein Computer, der auf die Daten eines Servers zurückgreift.
Community Eine Internetseite, welche User mit gemeinsamen Interessen zusammenbringt
Content Provider Ein Anbieter neu geschaffener Inhalte. Meist in Form von Schrift, Bild oder Ton.
Data-Mining Das Nutzen von gewonnenen Daten aus vorherigen Aktionen eines Users
Download Das herunterladen und speichern von Dateien User Nutzer eines Angebots im Internet
Server Ein Computer, der die Daten in einem Netzwerk für Zugriffe bereitstellt.
I. Vorwort und Übersicht
In dieser Seminararbeit beschäftige ich mich mit der Frage, welche Implikationen die neue Technologie des Internets auf die Entwicklung der Musikindustrie hat. Die gesamte Seminararbeit wird an dem Beispiel der Internetfirma Napster aufgezogen. Zuerst stellt sich die Frage, warum Napster das bestehende Urheberrecht überhaupt angeblich bricht. Dazu wird zuerst das eigentliche Wesen und die momentane Handhabung des Urheberrechts kritisch betrachtet. Danach wird anhand der Klage der Musikkonzerne gegen Napster die Problematik verdeutlicht. In einem Exkurs werden zwei alternative Theorie über den Wert geistigen Eigentums vorgestellt, welche den Sinn des bestehenden Urheberrechts im digitalen Zeitalter in Frage stellt.
Dieser Abschnitt der Seminararbeit mündet in der Erkenntnis, dass es in Zukunft nicht mehr möglich und sinnvoll sein wird, das momentan bestehende Urhebergesetz durchzusetzen. Es wird aber auch gezeigt werden, dass es maßgeblich die Plattenkonzerne sind, die dadurch finanzielle Verluste einbüssen müssen und nicht die Künstler, die ursprünglichen Halter des Urheberschutzes.
Im zweiten Teil dieser Seminararbeit möchte ich mich Überlegungen widmen, wie es der Firma Napster anhand von Preisdiskriminierung und Versioning es gelingen könnte, ein profitables Unternehmen zu werden, welches ein Informationsprodukt (Musik) verbreitet. Die gesamten hier analysierten Strategien werden jedoch auf der Annahme basieren, dass es Napster gelingt, sich mit den Plattenkonzernen und Künstlern über ein Konzept zu einigen, wie der Besitzer des Urheberrechts eines Stückes angemessen entlohnt wird.
Das Ergebnis des zweiten Abschnittes wird sein, dass Napster durchaus zu einem sehr profitablen Unternehmen werden kann.
II. Napster und das Urheberrecht
In diesem Kapitel soll die Herkunft und Entwicklung des Urheberrechts dargestellt werden. Die Entwicklung mündet in der Frage, ob das Urheberrecht in seiner momentanen Form im digitalen Zeitalter des 21. Jahrhunderts noch seinen Zweck erfüllt. An dem Beispiel von Napster soll gezeigt werden, welche speziellen Schwierigkeiten diese neue Technologie aufwirft.
Viele der hier entwickelten Ideen basieren auf dem Buch ,,Information Rules" von Shapiro und Varian. Diese vertreten die Meinung, dass die ökonomischen Regeln der alten Ökonomie generell auch auf die neue Ökonomie anwendbar sind und dass Firmen sowie der Staat nur lernen müssen, die alten Regeln auf die neue Ökonomie richtig anzuwenden.
Im speziellen Falle der Musikindustrie und des Urheberrechtes möchte ich von dieser Erkenntnis abweichen. Zwar denke ich, dass die neue Technologie sowie Dienste wie Napster zwar das existierende Urheberrecht nicht überflüssig oder undurchsetzbar machen. Jedoch glaube ich, dass die mit diesem Gut handelnden Firmen langfristig ihr momentanes Business Konzept nicht mehr halten können. Die Zwischenhändler, in diesem Falle die Plattenfirmen, werden weitestgehend überflüssig und fallen weg. Künstler sowie Fans werden von der neuen Entwicklung profitieren, da die massiv gesunkenen Reproduktions- sowie Distributionskosten den Künstlern die Möglichkeit gibt, direkt mit den Fans in Kontakt zu treten.
II.1 Vorwort: Digitale Revolution
Jeder spricht von der sog. Digitalen Revolution. Mit dieser nicht genau definierten Bezeichnung wird meist die rapide Entwicklung der Technologie und Datenverarbeitung und deren Implikationen auf den Lebensstandart sowie die moderne Ökonomie gemeint.
Für die Musikindustrie hingegen ist die Implikation sehr klar: Das Internet stellt einen sehr effizienten Distributionskanal für die Musikindustrie dar. Durch den klar definierten und generell akzeptierten Standart zur Übertragung von Musik im Internet per MP3-Files ist es nun möglich, Musik zu Grenzkosten von annähernd Null1 zu reproduzieren und vertreiben. Dies impliziert, dass die Musikindustrie die Musik zu einem sehr geringen Preis anbieten könnte. Auf der anderen Seite ermöglicht es jedoch einer Vielzahl von Internetnutzern, Musik kostenlos, und meist unter Umgehung des Urheberrechtes, zu erhalten. Die Problematik, mit der sich die Musikindustrie konfrontiert sieht ist, wie sie die illegalen2 Downloads weitestgehend unterbindet und wie sie durch geringe Gebühren die sunk cost der Produktion (z.B. Gage an Künstler, Marketingaufwand usw.) kompensieren kann.
Bisher bietet die Musikindustrie selbst sehr wenige Lieder zum legalen Download, daher weichen Internetnutzer auf private bzw. illegale Seiten aus. Die große Nachfrage nach Musik im digitalen Format zeigt sich z.B. darin, dass der Begriff ,,MP3" im letzten Jahr (1999) der zweit meistgesuchten Begriff im Internet war3.
Napster war ein logisches Resultat dieser Vernachlässigung des Internets durch die Musikindustrie. Napster schließt eine ökonomische Lücke zwischen Nachfrage und Angebot: Der enormen Übernachfrage nach digitaler Musik stand kein angemessenes legales Angebot gegenüber.
Da aufgrund der Struktur des Urheberrechtes jedoch nur die Plattenfirmen dieses Angebot hätten bereitstellen können, dies aber nicht realisierten, war die logische Konsequenz ein Angebot, welches sich in der Grauzone der Legalität bewegt: Napster.
II.2 Was ist Napster
Shawn Fanning programmierte mit damals 19 Jahren die ursprüngliche Software, welche es anderen Kommilitonen ermöglichte, MP3-Dateien geordnet nach Autor und Musiktitel zu suchen. Nach einigen Verbesserungen der Software war es jedoch John Fenning, Shawns Onkel, der das immense Potential dieser Software erkannte und im Mai 1999 eine Firma mit seinem Neffen gründete.4
Besonders die Klage der Musikindustrie verschafft dem Unternehmen Napster eine solche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, dass das Unternehmen innerhalb von einem Jahr die Anzahl von 38 Millionen Nutzer melden konnte5. Dies macht Napster zu dem erfolgreichsten Internetprojekt aller Zeiten gemessen neuen Nutzern .
II.2.1 Wie Napster funktioniert
Die Übertragung der Musikdateien bei Napster funktioniert auf dem sog. Peer-to-Peer Prinzip. Dies bedeutet, dass ein Internetnutzer eine direkte Verbindung zu einem anderen Internetnutzer aufbaut und so die Daten direkt überträgt. Der Suchprozess einer Musikdatei läuft jedoch über einen zentralen Server bei Napster: Ein User, der sich bei Napster anmeldet, wird sofort von dem Napsterserver erfasst. Sein Musikkatalog6 wird aufgenommen und zur Suche bereitgestellt. Die Suche erfolgt auf dem zentralen Rechner bei Napster. Ist die gewünschte Musikdatei gefunden wird jedoch eine direkte Verbindung zwischen den Computern des Suchenden und des Anbieters hergestellt, ohne das der Napsterserver beteiligt ist. Folgende Darstellung visualisiert den Prozess:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1
In Schritt 1 schickt der User B eine Anfrage nach einem Musikstück an den Server bei Napster. Napster durchsucht in Schritt 2 die Musikkataloge der User A, C und D. Der Napster-Server wird bei User D fündig und übermittelt User B die Antwort, dass User D das gewünschte Musikstück hat. In Schritt 3 lädt sich User B nun direkt die gewünschte Musikdatei von der Festplatte des User D runter.
Das besondere an Napster ist der zentrale Server. Viele andere Tauschbörsen für Musik (z.B. Gnutella, FreeNet usw.) nutzen keinen zentralen Server. Bei diesen Tauschbörsen wird eine Suchanfrage an bekannte Computer geschickt. Können dieser die Anfrage nicht beantworten, schicken sie die Anfrage solange weiter, bis ein Computer gefunden wird, der die gewünschte Datei hat. Danach wird, wie bei Napster, eine direkte Verbindung zwischen den Computern hergestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2
(1) User A schickt seine Anfrage an die ihm bekannten Computer B und C. (2) Diese besitzen die gewünschte Datei jedoch nicht und schicken die Anfrage weiter. Die Anfrage gelangt zu Computer E, der die gewünschte Datei besitzt. (3) Computer E nimmt direkt Kontakt zu Computer A auf und die Datei wird direkt von E nach A übertragen.
Der zentrale Server bei Napster hat den großen Vorteil, dass dadurch Napster die Kontrolle über das Netzwerk behalten kann. Dies ist die Grundlage, um Napster zu einem wirtschaftlich rentablen Unternehmen zu machen. Bei Gnutella etwa ist der Service zwar ähnlich strukturiert, aufgrund des fehlenden zentralen Servers ist jedoch der Ausschluss unmöglich und somit ist es ebenfalls beinahe unmöglich, von dem User ein Entgeld zur Nutzung zu verlangen7.
Der große Nachteil des zentralen Servers bei Napster ist, dass er das System angreifbar macht. Besonders gegenüber dem momentanen Urheberrechtsgesetzen scheint dieser zentrale Server das Hauptargument der anklagenden Musikindustrie zu sein.
Warum Napster nach Meinung der Anklage gegen das Urhebergesetz verstoßen soll wird in den folgenden Abschnitten gemeinsam mit einer Erläuterung des Wesens des Urhebergesetzes gezeigt.
II.2 Die Urheberrechtsklage gegen Napster
Ursprünglich hatte das Unternehmen Napster nicht geplant, gegen die finanzkräftigen Plattenfirmen einen juristischen Streit auszutragen. Im Gegenteil: Es war geplant gewesen, über Werbeeinnahmen und Beiträge der Nutzer sowie Sponsoring Einnahmen zu generieren8. Ein Teil dieser Einnahmen sollte dann den Plattenfirmen zugute kommen.
Die Plattenfirmen hingegen, welche sich schon seit der Erfindung des Kassettenrecorders mit neuen Technologien schwer taten, zeigten sich nicht kooperativ und lehnten Napster ab. Am 9. Dezember 1999 klagte der amerikanische Dachverband der Plattenindustrie RIAA gegen Napster wegen massiver Verletzung des Uhrheberrechts.
Die Rechtslage ist aufgrund der speziellen Natur des Urheberschutzgesetzes jedoch unklar: Die RIAA argumentiert, dass unerlaubtes Kopieren digitaler Musikdateien geschützten Inhalts mit Diebstahl gleichzusetzen sei und klar das Urhebergesetz bricht.
Problematisch ist jedoch die momentane Interpretation des Urhebergesetztes, welche das Kopieren für nicht-kommerzielle Zwecke erlaubt. So ist es ebenfalls erlaubt, eine CD oder Kassette einem Freund zu leihen.
Napster argumentiert nun, dass sie dieses Recht nur geringfügig erweitern indem alle Kopien nicht-kommerziell sind (was sicherlich stimmt) und die anderen Tauschpartner in der Community weitestgehend als Freunde angesehen werden können. Diese gegenteilige Darstellung der Auffassung des Urhebergesetztes zeigt, dass es nötig ist, sich mit dem Gesetz als solches und seinen Eigenheiten ein wenig intensiver zu befassen.
II.2.1 Das Urhebergesetz
Im Kern soll das Urheberrecht das geistige Eigentum einer Person schützen, so dass diese Person den ökonomischen Nutzen aus dem geistigen Eigentum schlagen kann. Dies muss gewährleistet sein, damit angefallene versunkene Kosten (sunk cost) in der Entwicklung durch Einnahmen wieder eingespielt werden.
Der zweite Hintergrund ist ethischer Natur. Er besagt, dass eine Person immer die Kontrolle über ihr eigenes geistiges Eigentum behalten sollte. So soll verhindert werden, dass geistiges Eigentum in einer Weise verändert und weiterentwickelt wird, die der Schöpfer nicht gut heißt. Das Urheberrecht soll dem geistigen Schöpfer die Kontrolle über seine Werke sichern.
II.2.1.1 Herkunft und Entstehung des Urheberrechts
Heutzutage neigen wir dazu, das Urheberrecht als Grundlage eines gerechten Umgangs mit dem geistigen Eigentum von Autoren, Musikern und anderen Künstlern zu sehen: Sie sollen über ihre Schöpfung und deren Verwertung bestimmen können und an dem wirtschaftlichen Erfolg angemessen partizipieren.
Tatsächlich wurde jedoch das Copyright (engl. Urheberrecht) zuallererst im 17.
Jahrhundert von englischen Monarchen eingeführt, kurz nachdem die Buchdruckerei erfunden worden war und begann, sich durchzusetzen9. Damals gehörte das Copyright jedoch keinesfalls dem Autor des Buches, sondern dem Druckermeister oder Buchhändler der das Buch druckte und vertrieb. Das Copyright als solches wurde den Druckermeistern und Buchhändlern direkt vom König gewährt. Dieses Recht ging einher mit einer wichtigen Form der Machtausübung des Königs: Der Zensur. Mit nicht lizenzierten Kopien, sog. ,,Raubkopien", wurden sowohl solche Bücher gemeint, die von der königlichen Zensur verboten worden waren als auch Bücher, welche nicht von einem Druckermeister mit dem Copyright für das betreffende Buch gedruckt und vertrieben wurden.
Einige Überbleibsel dieser Herkunft lassen sich auch in dem heutigen Urheberrecht, sehr zum Unwohl von Apologeten des freien Marktes, erkennen: Nicht nur ist das Urheberrecht einer Zeitbeschränkung unterworfen, sondern es ist auch gegenüber dem normalen Eigentumsrecht stark beschnitten: Kauft man z.B. ein Buch, so darf man darüber nicht frei verfügen in der Form, dass man Seiten des Buches kopiert und mit Ihnen macht, was man möchte.
Auch in der amerikanischen Verfassung zeigen sich noch Spuren des monarchistischen Denkens über das Copyright. So überträgt Artikel 2, Paragraph 8 dem Kongress das Recht ,,den wissenschaftlichen Fortschritt und die nützlichen Künste zu fördern, indem Autoren und Erfindern die ausschließlichen Rechte an ihren jeweiligen Schriften und Entdeckungen gesichert werden"10. Die Formulierung lässt erkenne, dass das Copyright im Sinne des Staates - hier zur Förderung von Fortschritt und Kunst - eingesetzt wird. Nichts weist darauf hin, dass durch dieses Gesetz dem Künstler den ihm zustehenden wirtschaftlichen Erfolg seines Werkes gesichert werden soll.
II.2.1.2 Geistiges Eigentum als wirtschaftliches Gut
Die Praxis der Handhabung auf dem Markt zeigt jedoch, dass das Urheberrecht gehandelt wird als wirtschaftliches Gut und so wenigstens ansatzweise dem Schöpfer zugute kommt. Geistiges Eigentum kann mit sämtlichen Rechten der Reproduzierung, Distribution und in vielen Staaten11 sogar dem Recht zur Veränderung verkauft werden. Der neue Eigentümer hat dann alle Rechte, welche zuvor der Autor hatte. Der originäre Autor jedoch hat kein Recht mehr über das abgetretene geistige Werk und partizipiert auch nicht mehr an einem zukünftigen Erfolg des Werkes. Das Risiko, welches im Verkauf eines geistigen Werkes wie etwa eines Musikstücks liegt, geht von dem Schöpfer auf den Distributor (z.B. ein Plattenkonzern) über. Mit diesem Risiko könnte man die sehr hohe Gewinnspanne der Plattenkonzerne rechtfertigen. Jedoch gibt der Schöpfer, wie erwähnt, auch oft das Recht der Weiterverarbeitung seines Werkes ab. Somit wird der Sinn des Urheberrechts, dass die Weiterverarbeitung im Sinne des Schöpfers geschieht, untergraben.
II.2.2 Bricht Napster das Urheberrecht oder ist Napster eine Chance für ein neues Urheberrecht?
Es gibt Ökonomen, die argumentieren, dass die momentanen Systeme des Urheberrechtschutzes ungenügend sind und dem technologischen Fortschritt nicht standhalten könnten. Es wird behauptet, dass das bestehende System zum Schutze des Urheberrechts nicht so erweitert oder verbessert werden könne, um den modernen Ansprüchen des digitalen Zeitalters gerecht zu werden. Es sei vielmehr notwendig, eine komplett neue Methode zum Schutze des geistigen Eigentums zu erdenken und umzusetzen.12
Jedoch gibt es auch Ökonomen, die argumentieren, es sei möglich, die bestehenden Mechanismen anzupassen, so dass Sie auch in der sog. New Economy ihre Gültigkeit behalten könnten. So argumentieren Shapiro und Varian13, dass genau der technologische Fortschritt, der den Urheberrechtsschutz so erschwert, gleichzeitig eine große Chance für die Besitzer geistigen Eigentums darstellt. Der Fortschritt und die Chance, welche hier gemeint ist, sind die Distributionskosten im Internet, welche beinahe null sind.
Ich möchte an dieser Stelle die Meinung vertreten, dass die neue Technologie dazu führen kann, dass das Urheberrecht in Zukunft tatsächlich Künstlern die Möglichkeit geben wird, angemessen an denen von ihnen geschaffenen Werken zu profitieren. Das Medium Internet könnte dazu führen, dass Künstler nicht ihre kompletten Werke an eine Plattenfirma verkaufen und die Plattenfirmen danach daraus den Profit machen. Die Chance, welche das Medium Internet sowie Dienste wie etwa Napster bieten könnten, ist, dass Künstler tatsächlich danach entlohnt werden, wie hoch die Nachfrage nach den von ihnen geschaffenen Werken ist. Künstler könnten etwa pro Download eines von ihnen geschaffenen Liedes entlohnt werden. Die eingangs erwähnte Risikokomponente bei künstlerischen Werken wie etwa Musik könnte wegfallen, da der Zwischenhändler als solcher, hier die Plattenfirmen, als Distributionskanal überflüssig werden. Es würde eine effiziente und marktgerechte Lösung resultieren. Sowohl die Produzenten der Musik, die Künstler, als auch die Konsumenten, die Fans, würden profitieren.
II.2.2.1Alternative Theorie: Aufmerksamkeit als wirtschaftliches Gut in der Informationsökonomie
14 Ich möchte hier einen kleinen Exkurs zu einer Theorie machen, welche thematisch sehr gut passt. Die folgende Theorie stammt von Michael Goldhaber, ein Autor auf der Internetseite www.telepolis.de. Michael Goldhaber behauptet, dass ein Urheberschutzgesetz als solches eigentlich nicht nötig ist, denn die wichtigste Ressource sei die Aufmerksamkeit, und diese komme auf jeden Fall immer dem Schöpfer zugute.
Die Grundidee dieser Theorie ist, dass die knappste Ressource in den fortschrittlichen Ländern weder Arbeit noch Kapital noch Boden, sondern die Aufmerksamkeit anderer Menschen ist. Der Mensch wird in der heutigen Welt mit einer solch großen Zahl an Informationen konfrontiert, dass er, da er nur ein begrenztes Budget an Aufmerksamkeit vergeben kann, diese nur selektiv aufnimmt. Dabei orientiert man sich an Quellen, die einem bekannt sind oder von Mitmenschen als wertvoll empfohlen wurde. In diesem Kontext versteht man unter Information einen wissenschaftlichen Text genauso wie ein Jazz-Album oder ein Computerspiel. Diese Theorie basiert auf der Tatsache, dass eine Idee oder Musik als solches keinen Wert und sogar keinen Sinn macht. Erst die Umsetzung der Idee oder Musik im Gehirn einer Person ( = Aufmerksamkeit) erzeugt den eigentlichen Wert. Stellen wir uns den Extremfall vor, es würde gelingen, Gedanken mittels eines Gehirnimplantates direkt zu übertragen. Die einzige Möglichkeit der Durchsetzung eines Urheberrechts wäre in diesem Falle die totale Gedankenkontrolle. Dieser Eingriff würde jedoch aus heutiger Sicht einen nicht zu tolerierenden Eingriff in die Privatsphäre darstellen.
Da die rapide technologische Entwicklung genau in diese Richtung steuert, liegt der Gedanke nahe, dass der eigentliche Wert einer Idee oder einer Schöpfung, der durch das Urheberrecht geschützt werden soll, eigentlich nicht in der Kreation der Idee, sondern der Anzahl der Rezeption in fremden Gehirnen liegt. Dies bedeutet, dass eine Schöpfung nur so viel Wert ist, wie Sie Aufmerksamkeit erlangt15.
Eine Person, die mehr Aufmerksamkeit durch ihre Werke erlangt als sie vergibt, nennen wir ,,Star". Eine Person hingegen, die mehr Aufmerksamkeit vergibt, als sie erlangt, nennen wir ,,Fan". Erlangt ein Star die Aufmerksamkeit eines Fans und urteilt dieser, dass das Werk des Stars es wert war, seine Aufmerksamkeit zu erhalten, so steigt das Ansehen dieses Stars in den Augen dieser Fans. So wird dieser Fan in Zukunft dem Star mit größerer Wahrscheinlichkeit seine Aufmerksamkeit schenken. Jeder Fan ein begrenztes Budget an Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsbudget). Die Stars hingegen konkurrieren um diese Aufmerksamkeit und versuchen, die Summe der Aufmerksamkeit zu maximieren. In der Aufmerksamkeitsökonomie entspricht die Summe dieser Aufmerksamkeit dem Reichtum. Dieser Reichtum, der im Grunde erst einmal nicht materiell ist, wird jedoch durch die Hilfe der Fans materiell: Da die Fans den Stars so viel Aufmerksamkeit schenken und auch in Zukunft daran interessiert sind, die Werke ihrer Stars zu erhalten, sorgen sie dafür, dass die Stars für Ihrer Werke entlohnt werden.
Aber auch in anderer Weise helfen die Fans ihren Stars, indem sie ihre Stars an andere Fans weiterempfehlen. So wächst das Aufmerksamkeitspotential dieses Stars, und das bedeutet lt. dieser Theorie, dass sein Reichtum steigt. Ein Urheberschutzgesetz wäre überflüssig und die tatsächlichen Urheber, die Schöpfer der Werke und Ideen, würden direkt von Ihren Werken profitieren (wie wird im nächsten Abschnitt erläutert). Nach dieser Theorie sind es momentan beinahe ausschließlich die Konzerne, die von den Urheberrechten profitieren: Sie erwerben das Urheberrecht an gegenwärtigen und meist auch kommenden Werken eines Künstlers oder Autors (Werkverträge) und vermarkten diese zu Ihrem Gewinn. Sie nutzen dabei den Namen und Ruhm des Künstlers oder Autors und das Instrument des Marketings um so die Aufmerksamkeit der Fans zu gewinnen. Alle Gewinne, abzüglich der ursprünglichen Kaufsumme des Urheberrechts (Werkvertrages), kommt den Konzernen zugute, der Star profitiert bei einer erhöhten Aufmerksamkeit nicht (außer, dass er eine bessere Verhandlungsposition in den nächsten Verhandlungen hat, sollte es welche geben).
II.2.2.1.2 Ökonomische Analyse der Theorie der Aufmerksamkeit
In dem Artikel ,,How will the Music Industry Weather the Globalization Storm"16 analysiert der Autor Wilfried Dolfsma auf ökonomischer Basis mögliche Effekte der Internationalisierung und Digitalisierung auf die Musikindustrie. Dolfsma kommt zu dem Ergebnis, dass der momentane Urheberrechtsschutz einen zeremoniellen Charakter hat und beinahe ausschließlich den Musikkonzernen zugute kommt. Ferner glaubt Dolfsma, dass eine Abschaffung des Urheberrechtsschutzes im Internet den Kreativen und Künstlern sogar zugute kommen würde. Dolfsma zeigt in seiner Analyse, dass nur ein geringer Bruchteil der Einnahmen eines Künstlers in der Musikbranche den tatsächlichen Schöpfern der Musik zukommt. So erhielten die Künstler in England nur 32,5% der von der PRS (das britische Äquivalent der GEMA) eingezogenen Gebühren für Urheberrechtsschutz. Der Rest ging an die Plattenkonzerne.
Dolfsma argumentiert weiter, dass diesen geringen Einnahmen aus Copyright- Gebühren ein großes Potential an neuen Einkommensformen gegenüber stünde. So argumentiert er, dass durch wegfallen der Selektion an Künstlern durch die Plattenkonzerne mehr Künstler die Möglichkeit hätten, bekannt zu werden. Durch den jedem zugänglichen Distributionskanal Internet könnten Künstler direkt mit den Fans kommunizieren, ohne dass Sie zuerst durch einen Musikkonzern produziert werden müssten. Diese neue Möglichkeit der Bekanntheit eröffne den Künstler viele neue Quellen der Einnahme und verbessere existierende wie etwa Liveauftritte oder Einnahmen durch Interviews. Neue potentielle Einnahmequellen stellen etwa eine eigene Internetseite oder die Erstellung von Inhalten von Communities dar. Vor allem würde auch die Macht der Plattenkonzerne in den Verhandlungen sinken, denn die Künstler wären nicht mehr ausschließlich auf diesen Distributionskanal angewiesen. Die momentane Musikindustrie wird laut Dolfsmas Auffassung weiterhin existieren, die Margen werden jedoch stark schrumpfen, ebenfalls ihr Marktanteil. So ist Dolfsma überzeugt, dass die klassische Distribution nicht komplett durch die digitale Internetdistribution verdrängt werden wird und so weiterhin eine, wenn auch verminderte, Einnahmequelle darstellen wird. Diese Einnahmequelle wird für zukünftige Einnahmen aus CDs und weiteren klassischen Medien jedoch ebenfalls sinken, da die Künstler dank des Vertriebskanals Internet nicht mehr so stark auf die Produzenten angewiesen sind und so bei Verhandlungen eine bessere Position haben. Eine Chance für die Musikindustrie sieht Dolfsma jedoch in der Information über Musik, etwa in Form von Communities und Zeitschriften. Durch die einfache Distribution im Internet für nahezu jeden Künstler wird natürlich auch kein Selektionsprozess stattfinden. Diesen übernahmen bisher die Plattenkonzerne, die nur Künstler produzierten, von denen sie sich eine große Zukunft erhofften. Daher wird es in Zukunft von Konsumentenseite eine erhöhte Nachfrage nach Information über und Selektion von Musik geben. Da die Plattenfirmen über ein ausgeprägtes Wissen über die Musikbranche verfügen, könnte dies eine neue Einnahmequelle für die Musikindustrie werden.
Dolfsma unterstützt die Theorie der Aufmerksamkeit aus ökonomischer Sicht in soweit, dass er sagt, dass es für Künstler in Zukunft einfacher sein wird, berühmt zu werden. Mit dieser Berühmtheit eröffnen sich jedoch viele neue Einnahmequellen für Künstler, welche die Einnahmen aus dem Urheberrechtsschutz überkompensieren könnte (dass der negative Einkommenseffekt durch wegfallende Einnahmen aus Urhebergebühren durch den positiven Substitutionseffekt aufgehoben und überkompensiert wird). Die hier genannte Berühmtheit ist nichts anderes als die Summe der Aufmerksamkeit bei Goldhaber.
II.2.2.2 Denkbare Konsequenzen bei Liberalisierung des Urheberrechtschutzes
Glaubt man den oben aufgeführten Theorien, so käme man zu dem Schluss, dass das Urheberschutzgesetz reformiert werden sollte. Eine Überlegung wäre, dass der wirtschaftliche Teil, also die Veräußerung des Urheberrechtes nicht mehr möglich sei und jeder das Recht hätte, Kopien eines Musikstückes nach seinem belieben zu verbreiten. Das Urhebergesetz würde nur noch die Komponente enthalten, dass der Künstler über die Weiterverarbeitung seines Stückes die Rechte behält (ansonsten droht die Gefahr, dass kein Künstler mehr Lieder komponiert, da diese, wenn sie gut sind, sofort nachgemacht werden würden).
Dies würde offensichtlich dazu führen, dass die Musik in jeglicher Form billiger wird, im Extremfall Internet sogar umsonst. Es würde sowohl ein Substitutionseffekt als auch ein Einkommenseffekt nach sich ziehen, der Konsum von Musik würde steigen. Ob dadurch mehr und verschiedene Musik produziert werden würde, ist aufgrund der günstigen Reproduktionskosten schwer zu sagen. Da aber die der Musik geschenkte Aufmerksamkeit seitens der Konsumenten in jedem Falle steigen würde (durch den Mehrkonsum, der Aufmerksamkeit darstellt) und es, wie bereits erwähnt, diverse Möglichkeiten gibt, diese Aufmerksamkeit in wirtschaftlichen Erfolg umzumünzen, halte ich es für wahrscheinlich, dass die Produktion von Musik zunehmen wird.
Unter meinen Annahmen wird der (erweiterte) Musikmarkt also monetär als auch in seiner Diversifikation wachsen. Nur die Verteilung als solche wird sich ändern: Der große Verlierer werden die Musikkonzerne sein, aber auch durch sie produzierte Superstars könnten langfristig durch sinkende Erlöse aus dem Verkauf ihrer Lieder einbüssen. Die Gewinner dieses neuen Urhebergesetztes wären die kommenden Stars, von denen es sicherlich mehr geben würde, als heute. Ihnen wird nicht mehr durch einen Plattenvertrag ein Großteil ihrer Gewinne abgenommen.
Wie man sieht, könnte diese Änderung für die Musikindustrie als ganzes positiv sein. Allerdings ist es sicherlich keine pareto-effiziente Änderung, da es einen klaren Verlierer gibt: Die Plattenkonzerne.
II.2.2.3 Die Versuche der Plattenfirmen, Napster aufzuhalten
Wie im vorherigen Abschnitt erläutert, sind die Verlierer die Plattenkonzerne. Daher ist diese Industrie momentan so bemüht, Dienste wie Napster und Gnutella im Keim zu ersticken, denn diese lassen momentan eine wie in II.2.2.2 beschriebene Situation entstehen.
Die Plattenindustrie zögerte nicht lange: Wie am Anfang dieses Kapitels erwähnt verklagte die RIAA Napster kaum vier Monate nach Gründung der Firma wegen angeblichen Verstoßes gegen das Urhebergesetzt. Der Ausgang dieser Klage ist nach wie vor unklar, jedoch zog sie einige von den Plattenfirmen ungewollte Nebeneffekte nach sich: Nachdem die Klage eine weltweite Diskussion über die Zeitmäßigkeit des Urheberrechtsschutzes sowie die Handhabung sog. ,,Digital Rights" auslöste, kam Napster zu unerwarteten Ruhm als Verfechter einer freiheitlichen und anarchistischen Bewegung im Internet. In Zahlen ausgedrückt sprang die Nutzerzahl seit der Klage bis heute auf 38 Millionen Nutzer.
Erst kürzlich, nachdem es sich abzeichnete, dass die Klage negativ für Napster ausgehen könnte, gelang Napster ein neuer Coup: Bertelsmann, ursprünglich mitklagende Plattenfirma gegen Napster, zog seine Klage zurück. Aber Bertelsmann ging noch weiter: Man kaufte sich in das Unternehmen ein. Gemeinsam mit Napster möchte Bertelsmann die Musiktauschbörse reorganisieren und auf rechtlich gesicherte Beine stellen. Wie, ließ das Unternehmen noch nicht verlauten. So möchte ich im zweiten Abschnitt dieser Seminararbeit mich dieser Frage theoretisch zuwenden. Jedoch griff die Musikindustrie bereits zu weitaus verzweifelteren Maßnahmen, Napster und ähnliche Dienste zu sabotieren. So versuchen Mitarbeiter der Plattenfirmen korrumpierte Musikdateien bei Napster und anderen Diensten einzuschleusen um so das Angebot weniger attraktiv zu machen.
Auch gewannen die Plattenfirmen einige prominente Musikgruppen, wie etwa Metallica, dafür, sich öffentlich gegen Napster auszusprechen. Allerdings reagierten hierauf wiederum freiheitlicher denkende Gruppe wie die Green Day, die ihr neustes Album zum Schrecken der Plattenfirmen komplett kostenfrei zum download auf ihrer Homepage anbieten.
II.3 Zusammenfassung und Beurteilung des Urheberrechtsschutzes im Internet
Wie in den oberen Abschnitten gezeigt existieren im digitalen Zeitalter eine große Zahl an Methoden, das Urhebergesetz zu umgehen. Besonders bei dezentral organisierten Netzen, wie etwa dem von Gnutella und FreeNet ist es beinahe unmöglich für die Exekutive, die bestehenden Gesetze durchzusetzen, selbst wenn diese Netze das Urhebergesetz brechen. Dies spiegelt sich auch in der Tatsache wieder, dass die Plattenkonzerne sich nicht auf die Jurisprudenz verlassen, sondern aktiv versuchen, die Netzwerke zu sabotieren oder über prominente Vertreter zum Boykott aufzurufen. Ich zweifle jedoch daran, ob sie diese Lawine werden aufhalten können.
Die zweite Erkenntnis ist jedoch die, dass die existierenden Urhebergesetzte scheinbar nicht den Urheber, sondern die Macht und das Einkommen der Plattenkonzerne schützt. Es wurde gezeigt, dass es durchaus möglich sei, dass es gerade die Mehrzahl der Kreativen und der Künstler selbst sind, die von der Abschaffung des Urheberrechtsschutzes im Internet profitieren würden. Mit dieser Erkenntnis weiche ich im Falle des Urheberschutzes von der These der Autoren Varian und Shapiro ab, denn ich glaube es wird in der Neuen Ökonomie des Internets nicht gelingen, das Urhebergesetz in seiner jetzigen Form weiterhin durchzusetzen.
Eins ist jedoch gewiss: Auf jeden Fall werden die Konsumenten der Musik profitieren. Nicht nur wird über den direkten Vertriebskanal Internet das Angebot an Musik steigen, es ist auch zu erwarten, dass Musik in Zukunft günstiger wird.
III Napsters Chance, ein profitables Unternehmen zu werden - Versioning
In diesem Kapitel werde ich verschiedene Möglichkeiten aufzeigen, wie Napster von einem bisher kostenlosen Service zu einem profitablen Unternehmen werden könnte. In dieser gesamten Überlegung gehe ich davon aus, dass es Napster gelingt, das Unternehmen auf juristisch gesicherten Boden zu stellen. Dies kann geschehen, wenn Napster die gegen das Unternehmen laufenden Urheberrechtschutzklagen gewinnt, oder wenn es über Bertelsmann hinaus mit den weiteren vier großen Plattenkonzernen (EMI, Time Warner, Polygram, Sony) sich wird einigen können. In anbetracht des neusten Richterspruchs gegen MP3.com17 scheint die Möglichkeit der Einigung wahrscheinlicher zu machen: MP3.com muss USD 250 Millionen wegen Urheberrechtsverletzung an die Universial Music Group zahlen18, darf danach jedoch deren Musikdateien auf ihren Laufwerken behalten.
Um die Möglichkeit einer Profitabilität überhaupt zu erörtern werde ich zuerst darauf eingehen, warum Musik im MP3-Format überhaupt einen Mehrwert für den Kunden schaffen.
III.1 Vorteile des digitalen Standards MP3
Klassifiziert man den MP3 Standart nach den Kriterien ,,Compatibility" und ,,Performance", wie es Varian und Shapiro19 zeigen, so ist MP3 sicherlich eine klare Evolution: MP3 ermöglicht es theoretisch Nutzern jeglicher Form von Musik, diese mittels eines Adapters in das MP3 Format umzuwandeln. Dies mindert die sog. ,,switching cost"20 der User. Der Standart wurde akzeptiert und dank positivem Feedback nun weitestgehend etabliert. Dies spiegelt sich in den bereits über 38 Millionen Napster Usern wieder.
Jedoch besonders in der Reproduktion und Distribution bringt das digitale Format revolutionäre Vorteile. Es mindert Reproduktions- und Distributionskosten auf beinahe Null. Diesem Umstand hat es Napster zu verdanken, dass es ihm gelingen könnte, als Start-Up Unternehmen den schwerfälligen, aber mächtigen Musikkonzernen zu trotzen.
III.1.1 Wie Napster diese neue Technologie nutzen kann
Beinahe jede technologische Neuerung in Reproduktionstechnologie, vom Buchdruck über Kasetten bis zum Videorecorder, ging einher mit der Vorhersage, dass es eine gesamte Industrie vernichten würde. Dies ist jedoch nie eingetreten.21 Shapiro und Varian gelangen zu dem Ergebnis, dass zwar einige wenige Industriezweige unter der technologischen Revolution des Internet leiden werden, dass für die gesamte Industrie jedoch die Chancen, welche die neuen Technologien mit sich bringen, die Risiken überkompensieren.
Bisher haben nur Start-Up Firmen wie Napster und MP3.com begonnen, die immensen Vorteile dieser Technologie zu nutzen. Sofort reagierten die Musikkonzerne alarmiert und klagten. Jedoch haben natürlich auch die Plattenkonzerne die Möglichkeit der Nutzung der MP3 Technologie. Die Vorteile werden im Folgendem exemplarisch für Napster vorgestellt.
III.1.1.1 Kostensenkung
Die offensichtlichste Möglichkeit, von dem technologischen Fortschritt zu profitieren, liegt in der Kostensenkung.
Reproduktionskosten: Dank der digitalen Technologie ist es mittlerweile Möglich, beinahe unendlich viele Kopien einer Information zu machen, ohne dass diese an Qualität verliert. Ferner ist das kopieren annähernd kostenlos. So lassen sich Reproduktionen eines geistigen Gutes, insbesondere von Musik, zu Grenzkosten von beinahe Null erstellen.
Distributionskosten: Das Internet erlaubt es, geistiges Eigentum in digitalem Format beinahe kostenfrei in die ganze Welt zu liefern.
Im Gegensatz zu früheren Fortschritten ist der Schritt zur digitalen Technologie so bedeutend, da er sowohl die Reproduktionskosten als auch die Distributionskosten dramatisch senkt (beinahe gegen Null). Da sich weder im Reproduktions- noch im Distributionsprozess die Qualität des digitalen Gutes verringert, wir dieser Effekt noch durch seine Skalierbarkeit potenziert. Für Napster, das (bisher) selbst keine Kopien erstellt, sind vor allem die gegen Null strebenden Distributionskosten relevant. Diese sehr geringen Kosten ermöglichen Unternehmen, die mit Informationen handeln, neue Dimensionen im Verkauf und in der Vermarktung ihres Dienstes. Einige der wichtigsten neuen Formen werden im folgenden vorgestellt.
III.1.1.2 Informertials
Die im vorangegangenen Abschnitt beschriebene Senkung der Kosten gibt Verkäufern von Informationsgütern die Möglichkeit, Teile Ihres Angebots kostenlos zu vertreiben ohne so ein finanzielles Risiko einzugehen. Dies wiederum gibt dem Konsumenten die Möglichkeit, den Wert des Informationsgutes zu bestimmen. Es handelt sich dann um ein sog. ,,experienced good"22. Der Konsument handelt nun unter keiner oder geringerer Unsicherheit über die Eigenschaften und Qualität des digitalen Gutes und wird es kaufen, wenn seine Zahlungsbereitschaft über dem Preis liegt (ist er risikoavers, so hätte er es vorher nicht gekauft, obwohl seine tatsächliche Zahlungsbereitschaft unter vollständiger Information über dem Marktpreis des Gutes liegen würde).
Shapiro und Varian nennen diese Kostproben digitaler Güter ,,Infomercials" (eine Zusammensetzung der Wörter Information und Commercials (=Werbung)). Jedoch gibt es auch eine Gefahr: Wie viel eines digitalen Gutes sollte man als Infomercial verteilen, damit ein potentieller Käufer dieses Produkt für gut genug erachtet, dafür zu bezahlen, jedoch noch nicht genug bekommt, so dass er es nicht mehr kaufen muss? Die Antwort ist, nur einen aussagekräftigen Teil des Gutes frei zu verteilen, zu wenig jedoch, um es produktiv einzusetzen oder in befriedigender Art zu konsumieren. Als Beispiel könnte Napster kostenlos Lieder im MP3 Format auf seiner Homepage anbieten, um so die Vorteile des Dienstes zu demonstrieren. Indem sie nur einige Lieder aus einzelnen Alben kostenfrei zur Verfügung stellen, besteht kaum Gefahr, dass sich ein musikbegeisterter User (= Zielgruppe von Napster) damit zufrieden geben und aufgrund dieser kostenfreien Lieder den Service nicht nutzen wird.
III.1.1.3 Wiederholte Betrachtung
Eine weitere Methode, die Nachfrage zu stimulieren, sind Güter mit hohem Potential zur wiederholten Betrachtung23. Diese sind meist Konsumgüter wie Videos und Musik. Solche Konsumgüter werden oft kostenlos zur Verfügung gestellt, unterliegen meist aber dann einer Restriktion. Ein Beispiel ist Musik im Radio: Der Konsument hört die Musik komplett, er genießt also das komplette Konsumgut ,,Song". Jedoch kann er dieses Gut nur konsumieren, wenn ein Dritter (hier der DJ) es ihm zur Verfügung stellt. Wünscht er die Freiheit, den Song zu hören, wann er möchte, so muss er ihn kaufen. Ökonomen nennen dies ,,option value"24.
Gelänge es also der Musikindustrie, Musik über das Internet für ein User einmal (oder eine begrenzte Zahl oft) zu hören, danach diese dem gleichen User nur noch gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen, so würde dies eine lukrative Einnahmequelle darstellen.
Napster könnte etwa auf seiner Homepage die Funktionalität des sog. Streaming Audio25 nutzen. Diese Technologie erlaubt, dass der User eine Musikdatei im Internet komplett hören kann, jedoch nicht abspeichern. Die Restriktion ist, dass der User die Lieder nur hören kann, wenn er im Internet auf die Seite von Napster geht. Möchte er ein Lied ebenfalls hören können, wenn er nicht im Internet ist (z.B. um ihn auf einen portablen MP3-Player zu überspielen), so müsste er den kostenpflichtigen Dienst von Napster in Anspruch nehmen.
III.1.1.4 Ähnliche Produkte
Ein weiterer Vorteil sind ähnliche Produkte: Ein Content-Provider verteilt ein digitales Produkt und verspricht, ähnliche aber nicht identische weitere Produkte auf seiner Webseite anzubieten. Napster könnte diese Methode nutzen, indem sie einige Lieder von Alben kostenlos im gesamten Internet verteilen, mit Hinweis, dass die restlichen jedoch nur gegen Entgelt auf der Internetseite zu erhalten ist.
III.1.1.5 Komplementäre Produkte
Produkte sind komplementär, wenn sie eine negative Kreuzpreiselastizität aufweisen. Dies bedeutet, wenn die Produkte A und B komplementär sind, steigt ebenfalls die Nachfrage für Gut B, wenn der Preis für Gut A gesenkt wird.26
Für Napster bedeutet dies etwa, dass sie den Verkauf von MP3-Playern unterstützen sollten und an einer Preissenkung dieser Produkte interessiert sein sollten. Gibt es mehr Besitzer von MP3-Playern, so wird ebenfalls die Nachfrage für MP3 Lieder steigen.
Im Internet wird Napster jedoch noch eine weitere Möglichkeit geboten, die Nachfrage nach MP3-Files zu erhöhen: Napster selbst könnte MP3-Player für PCs anbieten, welche es dem User ermöglichen, MP3-Files komfortabel auf seinem Computer abzuspielen.
III.1.1.6 Illegale Kopien und illegale Anbieter
Illegale Kopien sind für die Musikindustrie schon seit langem ein Dorn im Auge. Napster hingegen wird nicht viel von illegalen Kopien zu fürchten haben. Illegale Kopien als solche existieren nur, da die Kosten der momentanen Musikträger so hoch waren, dass sich illegale Kopien lohnten. Napster hingegen kann seinen Service zu einem sehr geringen Preis anbieten, wie in späteren Kapiteln gezeigt werden wird. Es wird sich nicht lohnen, illegale Kopien anzufertigen, da die Grenzkosten der Produktion und Distribution immer höher oder gleich derer von Napster sind (nämlich beinahe Null).
Die illegale Verbreitung von Musik des 21. Jahrhunderts sind eigentlich keine physische, illegale Kopien, sondern illegale Distributoren. Sie bieten, ähnlich wie Napster, eine Suchmaschine oder Tauschbörse für Musikdateien, ohne dass die Halter des Urheberrechts daran verdienen. Daher stellen Dienste wie etwa das beschriebene Gnutella oder FreeNet die größte Gefahr für Napster dar, da diese kostenfrei sind und ähnlich Leistungen bringen.
Napster hat jedoch einen großen Vorteil gegenüber diesen illegalen Internetseiten:
Napster hat durch seine große Userzahl einen wesentlich kompletteres Angebot. Neue Alben sind wesentlich schneller zu bekommen, sehr ausgefallene Musikstücke meist zu finden. Ein neuer illegaler Anbieter könnte ohne Marketing diesen Bekanntheitsgrad nicht erreichen. Da es aber ein illegaler Anbieter ist, wird er aber aus zwei Gründen kein Marketing betreiben: Erstens, da er ohne finanzielles Ziel operiert und so kein Geld für Marketing ausgeben kann. Zweitens aber, da er wegen seiner illegalen Operation natürlich nicht möchte, dass Behörden und Plattenkonzerne von dem Service erfahren.27
Napster sollte jedoch darum bemüht sein, seine Vorteile auszubauen. Sie müssen dem User einen klaren Vorteil bieten, wenn sie nicht wollen, dass ein signifikanter Teil zu den illegalen aber kostenfreien Anbieter wechselt.
III.2 Napster als kostenfreier Service: Ist Situation
Momentan hat Napster eine Userzahl von über 38 Millionen Nutzern. Diese hohe Nutzerzahl verdankt Napster einerseits sicherlich dem kostenfreien Angebot.
Andererseits hat Napster eine sehr hohe öffentliche Aufmerksamkeit sowie ein Image als Freiheitsverfechter im Kampf gegen die mächtigen Plattenkonzerne durch die Klage bekommen.
Die große Userzahl führt dazu, dass das Angebot sehr breit ist. Aktuell sind ca. 1,5 Millionen mp3-dateien28 über den Dienst kostenfrei abrufbar.
Trotz dieser großen Anzahl der Dateien ist es immer noch schwierig, etwas exotischer Alben zu finden. Ferner sind Lieder oft nicht in der gewünschten Bitkompression29 vorhanden.
Dies sind nur zwei Beispiele, welche Verbesserungsmöglichkeiten Napster in Zukunft noch hat. Die Grundlegende Frage des restlichen Kapitels wird sein: Wie kann Napster dem Kunden einen solchen Mehrwert schaffen, dass die User bereit sind, für den Dienst zu zahlen und nicht auf alternative kostenfreie Anbieter im Netz umsteigen. Die Lösung könnte das sog. Versioning sein.
III.3 Napster - Soll Situation
Napsters Soll-Situation ist leicht zu definieren: Napster bietet dem Kunden ein derartigen Mehrwert, dass dieser bereit ist, für den Service zu zahlen. Wie diese Soll-Situation zu erreichen sein könnte, erörtere ich im Folgenden.
III.3.1 Versioning
30 Das Versioning als solches ist eine Art der Preisdiskriminierung. Erinnern wir uns kurz an die Grundlagen der VWL31: In einem vollkommenen Markt mit vielen Firmen und identischen Produkten gibt es nur einen Preis: Den Gleichgewichtspreis. Versucht eine Firma das Produkt zu einem höheren Preis als dem Gleichgewichtspreis zu verkaufen, wechseln alle Konsumenten zu den anderen Firmen.
Anders jedoch im Monopol. Erhöht der Monopolist seinen Preis, so verliert er einige der Konsumenten, aber nicht alle. Daher bietet der Monopolist bei Gewinnmaximierung immer eine geringere Menge zu einem höheren Preis an, als er es im Falle der vollständigen Konkurrenz machen würde (mit Ausnahme des theoretischen Falls der völligen Preisinelastizität der Konsumenten). In einigen Märkten hat der Monopolist die Möglichkeit, verschiedenen Kunden das gleiche Gut zu verschiedenen Preisen zu verkaufen. Dies nennt man Preisdiskriminierung.
III.3.1.1 Varianten der Preisdiskriminierung
In der Volkswirtschaft wird prinzipiell zwischen drei Arten der Preisdifferenzierung unterschieden:
1.) ,,First-degree price discrimination" (auch genannt ,,perfect price discimination") bedeutet, dass der Monopolist verschiedene Einheiten zu verschiedenen Preisen verkauft und, dass diese Preise von Person zu Person variieren können.
2.) ,,Second-degree price discrimination" bedeutet, dass der Monopolist verschiedene Mengen des Produktes zu verschiedenen Preisen verkauft, jedoch erhält jeder Konsument, der die gleiche Menge kauft, den gleichen Preis. Typischer Weise kennt man diese Variante als Mengenrabatt.
3.) ,,Third-degree price discrimination" liegt vor, wenn der Monopolist das Gut an verschiedene Leute zu verschiedenen Preisen verkauft, aber jede Einheit eines Gutes an eine bestimmte Person wird immer zu dem gleichen Preis verkauft. Ein typisches Beispiel hierfür sind Studentennachlässe. Allen Varianten ist eigenen, dass der Monopolist über seinen gewöhnlichen Monopolgewinn dem Konsumenten einen Teil, im Fall 1 sogar die gesamte Konsumentenrente abnehmen kann.
In ihrem Buch ,,Information Rules" argumentieren die Autoren Shapiro und Varian, dass besonders in der Informationsökonomie Preisdiskriminierung bis zu einem gewissen Grade möglich sei. Diese Art der Preisdiskriminierung nennen sie ,,Versioning", da Informationsangebote sowie Software oft sehr leicht in verschiedenen Versionen verkaufbar ist. Sie unterscheiden hierbei zwischen Versionen des ,,Personalized Pricing", welches annähernd der ,,First- degree price discrimination" entspricht und dem ,,Group Pricing", welches der ,,Third-degree price discrimination" gleicht.
Das Hauptproblem des ,,Personalized Pricing" ist es natürlich, dass der Verkäufer die Zahlungsbereitschaft eines Kunden genau kennen muss, oder jeden einzelnen Kunden dazu inzentivieren muss, seine individuelle Zahlungsbereitschaft offen zu legen.
Bei der Variante des ,,Group Pricing" geschieht dies von selbst, da der Kunde eine Version wählt und so eine Selbstselektion stattfindet. Das Hauptproblem des ,,Group Pricing" besteht darin, die richtigen Pakete (Versionen) zu erstellen und diesen Paketen einen angemessenen Preis zu geben.
III.4 "Personalized Pricing" vs. Versioning bei Napster
Prinzipiell werde ich zwischen einem ,,Personalized Pricing" und einem ,,Group Pricing" bei Napster unterscheiden. Ich werde jedoch nur auf das ,,Group Pricing" intensiver eingehen, da dies aus meinem Standpunkt die sinnvollere Alternative für Napster darstellt.
III.4.1 Abrechnung von Napster per ,,Personalized Pricing"
Um Napster per ,,Personalized Pricing" abzurechnen müssten die Betreiber des Dienstes die individuelle Zahlungsbereitschaft eines Kunden für den Dienst errechnen. Bei dem reinen Angebot der Musiktauschbörse ließe sich dies eventuell realisieren, indem man anhand der Menge der heruntergeladenen Musikstücke die Begeisterung für die Musik des Kunden ableiten könnte und so einen höheren Preis verlangen könnte.
Für alle weiteren Dienste, wie etwa eine Community oder andere Funktionalitäten, welche im nächsten Abschnitt im Rahmen des Versionings vorgestellt werden, ist es beinahe unmöglich, die individuelle Zahlungsbereitschaft zu ermitteln. Obwohl das ,,Personalized Pricing" den Gewinn für Napster theoretisch maximieren würde, ist es praktisch nicht umsetzbar, da die individuellen Zahlungsbereitschaften der Kunden nicht ermittelt werden können.
III.4.2 Abrechnung von Napster per Versioning
Das Versioning hat den großen Vorteil, dass die Kunden durch wählen eines Pakets ihre Zahlungsbereitschaft offenbaren. Dies wird Selbstselektion genannt. Die zentrale Aufgabe bei Versioning ist es, die optimale (=gewinnmaximierende) Produktpalette zu erstellen.
Wie hoch der Profit aus der gewählten Produktpalette sein wird, hängt sowohl davon ab, wie hoch der gesamte Mehrwert für den Kunden ist sowie welchen Anteil der Anbieter durch Gebühren in Umsatz umwandeln kann. Dies führt zu zwei Erkenntnissen32:
- Die gesamte Produktpalette des Informationsprodukts sollte alle Anforderungen der verschiedenen Kunden befriedigen können.
- Die einzelnen Versionen sollten gewisse Merkmale, die für einzelne Nutzergruppen relevant sind, hervorheben.
Für Napster bedeutet dies, dass zuerst überlegt werden sollte, wie dem Kunden Mehrwert geschaffen werden kann. Danach folgt die Überlegung, welche Dimensionen das Produkt Musik hat. Anhand dieser Dimensionen kann man mehrere Versionen des Napster-Services überlegen, welche den verschiedenen Usergruppen entsprechen.
III.4.2.1 Mehrwert für den User
Es wird für Napster ein essentieller Punkt, Mehrwert über den momentanen Tausch- Service hinaus anzubieten. Nur so kann Napster sich von anderen, weiterhin kostenfreien Anbietern differenzieren und ein Entgeld für den Dienst verlangen. Ferner gibt es ein psychologisches Argument, da die meisten User nicht bereit sind, für einen Service zu zahlen, der bisher bei identischer Leistung kostenfrei war. So möchte ich sogar argumentieren, dass eine Basisversion kostenfrei bleiben sollte. Diese Basisversion sollte ca. dem momentanen Service entsprechen. So arbeitet z.B. Yahoo! Mit seinem email-Service: Der Grundservice war und ist kostenfrei. Möchte man jedoch zusätzliche Features nutzen, wie eine von 6 Megabyte auf 20 Megabyte vergrößerte Speicherkapazität oder die Möglichkeit zum Faxempfang, so muss man eine jährliche Gebühr zahlen.
Welchen Mehrwert kann Napster seinen Nutzern jedoch anbieten? Zuerst sollten sicherlich die offensichtlichen Schwachstellen angegangen werden. So sollten etwa oft nachgefragte und besonders sehr neue Lieder auf einem eigenen Server abgelegt werden, um einen schnellen download zu garantieren. Ferner sollte die Verfügbarkeit von Liedern erhöht werden. Es wäre für Napster nicht schwierig, eine große, zentrale Liederbibliothek anzulegen, von der der User einen Großteil der von ihm gesuchten Lieder schnell und in der selbst gewünschten Bitrate downloaden könnte. Aber auch neue Funktionen und Features würden den Service sehr verbessern. Auf diese gehen wir nun bei der Überlegung der Dimensionen ein.
III.4.2.2 Dimensionen des Versionings bei Napster
Die folgenden Dimensionen orientieren sich an denen von Shapiro und Varian in Kapitel 3 von ,,Information Rules" (1999). Es wurden die anwendbaren genutzt sowie eigene hinzugenommen.
III.4.2.2.1 Verzögerung
Wie bei den meisten Informationsprodukten ist die Nachfrage bei Unterhaltungsprodukten kurz nach erscheinen meist am höchsten. Fans einzelner Gruppen können das Erscheinen eines neuen Albums kaum erwarten und möchten es oft kurz später besitzen.
Bei Napster ist dies nicht anders. Neue Alben kann man bei Napster die ersten Wochen nach erscheinen kaum erhalten33. Die Nachfrage ist zu groß, ein Download eines Liedes kommt kaum zustande, das Erlangen des gesamten Albums ist fast nicht möglich34.
Napster könnte dieses Problem sehr elegant lösen, indem Sie einen leistungsfähigen Server nur dieser Aufgabe widmen: User können von einem Napster-Server die Neuerscheinungen downloaden. Es müsste nur ausreichend Bandbreite zur Verfügung gestellt werden.
Man könnte sogar noch darüber hinaus gehen: Per Verhandlungen mit einzelnen Künstlern könnte man exklusive Pre-Releases von Liedern oder Alben anbieten. So könnten Fans einzelner Gruppen über in den Genuss eines Albums kommen, welches alle anderen Nutzer erst später erhalten können. Für richtige Fans wäre dies ein deutlicher Mehrwert.
III.4.2.2.2 Benutzeroberfläche
Die momentane Benutzeroberfläche ist sicherlich sehr gut gemacht, da sie einfach und intuitiv ist. Jedoch gibt es einige Funktionen, welche ,,Poweruser" sich wünschen würden.
So könnte man etwa eine Suche nach Genres einrichten oder einen Service, der dem von Amazon ähnelt: User, die diesen Song downgeloaded haben, suchten auch oft jenen Song.
Ferner könnte man dem User auch per Data-Mining weiterhelfen. Durch die Vergangenheit der von einem User downgeloadeten Liedern könnte ein Profil erstellt werden, welches dem User Lieder vorschlägt, welche ihm wahrscheinlich gefallen werden.
Das Hauptproblem ist meist, die richtigen Lieder zu finden oder neue Lieder zu identifizieren, welche dem User gefallen könnten. Um die oben genannten Verbesserungen der Benutzeroberfläche besonders im Bereich der Bequemlichkeit und Funktionalität des Suchens zu verbessern wäre es jedoch für Napster notwendig, eine gewisse Nomenklatur bei der Benennung der Files zu erreichen. So sollte man z.B. am Anfang des Filenamens den Künstler, dann das Album und letztendlich den Liednamen schreiben. Dies sollte sich jedoch durchsetzten können, wenn Napster selbst seine eigenen Lieder in einem solchen Format abspeichern würde und die Power-Suchfunktion darauf abstimmen würde. Suchende würden jetzt vermehrt diese Dateien finden und sie würden sich schneller verbreiten und langfristig sogar alle anderen Dateien verdrängen.
III.4.2.2.3 Qualität der Musikstücke
Bei von Napster downgeloadeten Musikstücken gibt es zwei qualitative Risiken:
- Files sind nicht in der gewünschten Qualität (z.B. bei nicht gekennzeichneten Live-Aufnahmen)
- Files sind korrumpiert (z.B. nur bis zur Hälfte aufgenommen)
Diese beiden Risiken sind besonders für User unangenehm, die hohe Kosten für die Internetverbindung als solches bezahlen. Sie laden die Datei aus Napster und müssen sie später noch einmal suchen, da sie nicht der gewünschten Qualität entspricht. Dieses Problem könnte durch geprüfte Files eliminiert werden. Napster könnte geprüfte Files in das Netz einspielen, welche ein Wasserzeichen von Napster tragen und so die Qualität garantieren.
Ein weiterer Aspekt wäre es, wenn es Napster gelingen würde, die Qualität der Musikstücke zu erhöhen (z.B. für Dolby-Surround). Die Funktionalität des Downloads dieser Dateien könnte den Powerusern exklusiv vorbehalten werden.
III.4.2.2.4 Weitere Funktionalitäten
Napster kann sich eine Reihe weiterer Funktionalitäten rund um Musik überlegen. So könnte Napster z.B. ein Internetradio anbieten, in dem der User eine Selektion seiner eigenen Musikstücke hört, zwischendurch jedoch aktuelle Meldungen und Berichte (welche auch personalisiert werden könnten) eingespielt bekommt.
III.4.2.2.5 Hilfe
Hat ein User momentan ein Problem mit Napster, so dauert es recht lange, bis eine Antwort auf eine geschriebene Frage kommt. Eine Online-Hilfe ist nicht verfügbar. Solch eine direkte Hilfe ist jedoch essentiell, wenn der User einen Beitrag zahlen muss.
III.4.2.2.6 Community
Durch die bereits in Kapitel II angesprochene wegfallende Funktion der Plattenkonzerne als Selektierende der Musik wird die Nachfrage nach Information über Musik und Musikrichtungen enorm steigen. Die Nutzer von Napster werden mit einem beinahe unüberschaubaren Angebot konfrontiert.
Da wirkliche Musikfans jedoch großes Interesse gerade an Neuheiten aus der Musikszene sowie an neuen Bands interessiert sind, sollte Napster diese Informationsdimension einer redaktionell unterstützen Community nicht unterschätzen.
III.4.2.2 Konkretes Beispiel für Versioning bei Napster
Kurz fasse ich noch einmal die Dimensionen, welche meiner Meinung nach Napster zur Erstellung der Versionen hat, zusammen:
- Verzögerung
- Benutzeroberfläche
- Qualität der Musikstücke
- Weitere Funktionalitäten
- Hilfe
- Community
Ich möchte vier Typen von Usergruppen definieren. Diese stellen gleichzeitig die einzelnen Versionen dar. Die Preise sind rein fiktiv und müssten intensiven Markstudien unterliegen, wenn man die Versionen tatsächlich in einer solchen Form an den Markt bringen würde.
Usertyp 1: Tester / seltener Hörer: Dieser User möchte Napster nur testen oder nutzt es nur sehr selten
Usertyp 2: Gelegentlicher Hörer: Dieser User nutzt Musik im MP3-Format, jedoch nicht sehr intensiv. Er ist an Informationen und hoher Qualität nur bedingt interessiert. Er benötigt nicht die neusten aller Songs.
Usertyp 3: Intensiver Hörer: Dieser Hörer nutzt Musik im MP3-Format intensiv. Er ist sehr an Informationen und an Qualität interessiert. Dieser User ist interessiert an den neusten Songs.
Usertyp 4: Musikfreak: Dieser Hörer nutzt Musik im MP3-Format sehr intensiv, ist sehr stark an Informationen und an einer hohen Qualität interessiert. Ferner möchte er immer das neuste der Musikszene.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Folgende Überlegungen stehen hinter dieser Einteilung:
Um bei der Umstellung keine Kunden zu verlieren, sollte das Basisangebot prinzipiell kostenfrei bleiben. So sichert Napster, dass die Nutzer nicht zur Konkurrenz abwandern. Ferner fungiert diese kostenfreie Basisversion so wie die in III.1.1.2 beschriebenen Infomercials. User können sich an Napster gewöhnen, die Vorteile der kostenpflichtigen Versionen werden ihnen mit größerer Wahrscheinlichkeit klar. Der Schritt zur Version von Usertyp 2 sollte durch zwei Eigenschaften geprägt sein:
- der Unterschied zur kostenfreien Version sollte deutlich merkbar sein
- Der Preis für diese Version noch recht niedrig
So bekommt Usertyp 2 für einen geringen Beitrag bereits einen recht hohen Mehrwert. Usertyp 3 stellt so etwas wie ein Mittelding für zahlungsbereite User dar. Dieser User nutzt nicht nur gelegentlich das System von Napster, sondern setzt es aktiv ein (z.B. per download auf einen externen tragbaren MP3-Player). Er ist daher an hoher Qualität der MP3-Files interessiert.
Usertyp 4 bekommt nun alle Funktionalitäten. Es ist besonders wichtig für ,,Musikfreaks", dass sie schnellstmöglich an neue Lieder kommen. Daher sollte dieser Punkt nur in der höchsten Version zur Verfügung stehen
III.5 Zusammenfassung
LITERATURVERZEICHNIS
INDEX
A
[...]
1 Bei der Übertragung (im engeren Sinne) fallen für den Verteilenden nur die Kosten der Bereitstellung ausreichender Bandbreite für den Download an. Im weiteren Sinne könnte man die Wartung einer Internetseite und Suchmaschine für MP3-Files hinzuzählen (Die Erstellung der Seiten sind sog. Sunk Cost und werden bei den Grenzkosten der Distribution nicht hinzugezählt).
2 Hier wird das Wort illegal für Downloads von nicht offiziellen Seiten genutzt. Noch ist unklar, ob ein Internetnutzer ein MP3 aus dem Internet herunterladen und diesen auf seiner Festplatte speichern darf.
3 Oberländer (1999), p. 69
4 Tomorrow, 4/2000
5 Focus, 45/2000
6 Der Musikkatalog sind alle auf seiner Festplatte befindliche MP3-Dateien
7 Ein Entgeld könnte für die Gnutelle-Software als solche verlangt werden, nicht jedoch später für den Service, da dieser dezentral organisiert ist.
8 Tomorrow, 23/2000
9 Adrian Johns, ,,The Nature of the Book"
10 Michael Goldhaber, c´t, Heft 23/2000
11 einige europäische Staaten binden die Weiterverarbeitung eines Werkes unverkäuflich an den Schöpfer
12 Barlow, ,,The Economy of Ideas", 1985
13 Shapiro / Varian, ,,Information Rules", Chapter 4, 1999
14 Michael Goldhaber, www.telepolis.de
15 eigene Anmerkung: Bei technologischen Patenten müsste man die Erweiterung des Begriffes Aufmerksamkeit so ausweiten, dass ein Nutzer der neuen Technologie indirekt dem Patent Aufmerksamkeit schenkt.
16,,Will the Musik Industry Weather the Globalization Storm?", Wilfried Dolfsma, 1999. (http://www.fristmonday.dk/issues/issue5_5/dolfsma/index.html)
17 Eine Internetfirma, deren Angebot es Usern ermöglicht, ihre Lieder im MP3 Format im Internet abzulegen und dort Freunden zugänglich zu machen.
18 Jeremy Kahn (2000), Fortune Ausgabe Oktober
19 Shapiro und Varian (1999), ,,Information Rules", Kapitel 7
20 Kosten, die einem Nutzer eines Systems entstehen, wenn er auf ein neues System wechselt
21 Shapiro / Varian, ,,Information Rules", S. 84, 1999
22 Shapiro / Varian, ,,Information Rules", Chapter 1, 1999
23 Shapiro / Varian, ,,Information Rules", Chapter 4, 1999
24 Shapiro / Varian, ,,Information Rules", S. 91, 1999
25 Technologie, die es Internetnutzern erlaubt, Musik oder Filme direkt aus dem Internet zu betrachten, ohne sie auf der Festplatte speichern zu müssen.
26 Frank, "Macroeconomics and Behaviour" 3rd edition, S. 132, 1997
27 Shapiro / Varian (1999), ,,Information Rules", Chapter 4
28 Napster, Stand 06.01.2001
29 Es gibt die Kompressionen 86 Bit, ...
30 Shapiro / Varian (1999), ,,Information Rules", Chapter 3
31 Varian, "Intermediate Microeconomics", Fourth Edition, Chapter 24
32 Shapiro / Varian (1999), ,,Information Rules", S. 54
33 aus eigenen Erfahrungen
34 Dies erscheint etwas paradox, da man der Meinung sein könnte, dass die vielen Downloads auch zu einer enormen Erhöhung des Angebots führen sollten. Dem ist aber nicht so. Dies zeigte eine Studie von Adar und Huberman (1999), welche den Dienst Gnutella untersuchten. Sie stellten fest, dass über 70% der User keine Files zur Verfügung stellen, also nur downloaden. Darüber hinaus ermittelten sie, dass ca. 50% der Downloads von dem Top 1% der anbietenden Teilnehmer kamen. So kommt es dazu, dass bei hoher Nachfrage nach einem Lied oder Album die Nachfrage stark steigt, dass Angebot jedoch nur langsam.
- Arbeit zitieren
- Jan Dzulko (Autor:in), 2001, Eine Volkswirtschaftliche Analyse von Napster basierend auf Shapiro und Varian - Inforamtion Rules (1999), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99483
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