Diese Arbeit beschäftigt sich mit den politischen Systemen Deutschlands und der USA. Sie vergleicht hierbei insbesondere den Wahlkampf in den sozialen Medien anhand konkreter PolitikerInnen. Zudem geht sie auf das Thema ein, ob und wenn ja, wie der Online-Wahlkampf im Politikunterricht thematisiert werden sollte.
Warum konnten deutsche Parteien und Politiker bislang noch nicht in dem Umfang von den Chancen des Wahlkampfs in sozialen Netz-werken profitieren?
Sind Deutschland und die USA vergleichbar, was soziale Medien angeht?
Wie groß ist momentan der Unterschied zwischen den Online-Wahlkämpfen der USA und denen in Deutschland?
Werden sich die politischen Wahlkämpfe in Deutschland in der kommenden Zeit in Bezug auf die Nutzung sozialer Netzwerke verändern?
Diese Arbeit soll hierauf Antworten geben. Dazu werden in den folgenden beiden Kapiteln zunächst die politischen Systeme der USA und von Deutschland im Hinblick auf die Geschichte, den Aufbau der politischen Organe anhand der Gewaltenteilung und das jeweilige Wahlsystem kurz erläutert. In Kapitel vier werden dann die sozialen Medien und der Online-Wahlkampf genauer analysiert, auch im Hinblick auf Vergleiche und Unterschiede zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik.
Kapitel fünf betrachtet dann spezifischer die sozialen Netzwerke und untersucht anhand konkreter Beispiele Profile von aktiven Politikern. Diese werden dann miteinander verglichen. Eine Analyse dieser Vergleiche schließt dieses Kapitel ab.
Da diese Arbeit im Rahmen eines Lehramtsstudiums geschrieben wird, lohnt es sich zu überprüfen ob der Wahlkampf in den USA und in Deutschland am Beispiel sozialer Netzwerke auch ein Thema für den Politikunterricht der Sekundarstufe I ist. Dazu werden die Erkenntnisse dieser Arbeit und der aktuelle Bildungsplan in Baden-Württemberg betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika
2.1 Historie
2.2 Gewaltenteilung in den USA
2.3 Kongresswahlen
2.4 Präsidentschaftswahlen
3. Das politische System der Bundesrepublik Deutschland
3.1 Historie
3.2 Gewaltenteilung in Deutschland
3.3 Die Bundestagswahl
4. Der politische Online-Wahlkampf
4.1 Social Media – Nutzen, Bedeutung und Risiken für die Politik
4.2 Geschichte des Online-Wahlkampfs
4.3 Die Veränderungen des Online-Wahlkampfes seit 2008
4.4 Voraussetzungen des Online-Wahlkampfs im Vergleich
4.5 Einflüsse amerikanischer Wahlkämpfe in Deutschland
5. Politischer Wahlkampf in sozialen Netzwerken an Beispielen
5.1 Definition von Social Media und sozialen Netzwerken
5.2 Nutzung sozialer Netzwerke durch Parteien und Politiker
5.3 Vergleich von aktiven Social-Media-Auftritten
6. Online-Wahlkämpfe – Thema für den Politikunterricht?
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
Es ist Dezember 2007 in den USA. Im November des folgenden Jahres soll ein neuer Präsident für die Vereinigten Staaten von Amerika gewählt werden. Die zweite und damit letzte Amtszeit von George W. Bush Jr. geht auf das Ende zu. Derweil versuchen sich viele Politikerinnen und Politiker in Stellung zu bringen, um sein Nachfolger zu werden. Unter ihnen eine gewisse Frau namens Hillary Clinton, Ehefrau des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und Teil des „politischen Establishments“. Sie gilt unter den Demokraten als große Favoritin im Vorwahlkampf – dem parteiinternen Wahlkampf, bei dem der Sieger für die jeweilige Partei ins finale Rennen um das höchste Amt der USA gehen darf. Clinton liegt in den bundesweiten Umfragen unangefochten vorne. Ihre Konkurrenten? John Edwards, Dennis Kucinic, Bill Richardson, Joe Biden, Chris Dodd, Mike Gravel und Barack Obama. Während die fünf zuerst genannten Kandidaten bereits im Januar aufgrund der aussichtslosen Lage ihre Kandidatur zurückziehen und Chris Dodd im März – wohl auch aufgrund seiner Chancenlosigkeit – zu den Liberalen wechselt, um dort sein Glück zu versuchen, so bleibt der am Anfang der Kampagne noch recht unbekannte Senator aus Illinois, Barack Obama, weiter im Rennen. Mehr noch: er gewinnt zunächst recht überraschend die so wichtige erste Vorwahl der Demokraten in Iowa mit knapp 8 % Vorsprung vor seinen Parteirivalen. In den kommenden Monaten folgt ein spektakulärer Triumphzug des damals 46-Jährigen. Er setzt sich am Ende nicht nur gegen seine parteiinterne Konkurrentin Clinton – die ihre Kandidatur nach der letzten Vorwahl selbst zurückzog – sondern auch gegen den republikanischen Kontrahenten John McCain im Wahlkampf durch und wurde so der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Was man heute weiß: Barack Obama hatte als großen Vorteil gegenüber allen seinen Konkurrenten eine völlig neue Strategie. Er setzte besonders viel auf die Kommunikation durch die Internetmedien, gewann hierdurch an Bekanntheit und Popularität, konnte durch Mails und Aufrufen in sozialen Netzwerken Millionen von Menschen erreichen und sammelte so vor allem eines, was man im Wahlkampf der USA unbedingt braucht: sehr viel Geld. Diese neue Art einer Kampagne, die einen Außenseiter innerhalb eines Jahres zum Sieger gegen eine so große Favoritin machte, veränderte die Politik in den USA spürbar. Heutzutage weiß man, dass man dort ohne eine gute Präsenz im Netz kein Präsident mehr werden kann. Dies resultiert darin, dass mittlerweile jeder Präsidentschaftsanwärter hunderte von Internetexperten in seinem Team hat, die massenweise Informationen in professionell gemachten Videos und Bildern erstellen und über die Internetkanäle publizieren.
Doch während in den USA der Wahlkampf sich so deutlich verändert hat, ist in deutschen Wahlkampagnen nicht viel hiervon zu spüren. Bundeskanzlerin Merkel, seit 2005 und damit länger als die gesamte Entwicklung in den Vereinigten Staaten schon andauert im Amt, hat zwar mittlerweile auch Accounts in den sozialen Netzwerken, erreicht einerseits damit aber nicht ansatzweise so viele Menschen wie ihre Kollegen in den USA. Sie hat in den Wahlkämpfen 2009, 2013 und 2017 auch keine größeren Kampagnen über das Netz gefahren. Eine Chance für ihre Herausforderer für das Kanzleramt? Mitnichten. Auch hier zeigen sich in den Online-Medien nur wenig spürbare Veränderungen.
Dies wirft einige Fragen auf:
- Warum konnten deutsche Parteien und Politiker bislang noch nicht in dem Umfang von den Chancen des Wahlkampfs in sozialen Netz-werken profitieren?
- Sind Deutschland und die USA vergleichbar, was soziale Medien angeht?
- Wie groß ist momentan der Unterschied zwischen den Online-Wahlkämpfen der USA und denen in Deutschland?
- Werden sich die politischen Wahlkämpfe in Deutschland in der kommenden Zeit in Bezug auf die Nutzung sozialer Netzwerke verändern?
Diese Arbeit soll hierauf Antworten geben. Dazu werden in den folgenden beiden Kapiteln zunächst die politischen Systeme der USA und von Deutschland im Hinblick auf die Geschichte, den Aufbau der politischen Organe anhand der Gewaltenteilung und das jeweilige Wahlsystem kurz erläutert. In Kapitel vier werden dann die sozialen Medien und der Online-Wahlkampf genauer analysiert, auch im Hinblick auf Vergleiche und Unterschiede zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik.
Kapitel fünf betrachtet dann spezifischer die sozialen Netzwerke und untersucht anhand konkreter Beispiele Profile von aktiven Politikern. Diese werden dann miteinander verglichen. Eine Analyse dieser Vergleiche schließt dieses Kapitel ab.
Da diese Arbeit im Rahmen eines Lehramtsstudiums geschrieben wird, lohnt es sich zu überprüfen ob der Wahlkampf in den USA und in Deutschland am Beispiel sozialer Netzwerke auch ein Thema für den Politikunterricht der Sekundarstufe I ist. Dazu werden die Erkenntnisse dieser Arbeit und der aktuelle Bildungsplan in Baden-Württemberg betrachtet.
2. Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika
2.1 Historie
Seit Inkrafttreten der amerikanischen Verfassung im Jahre 1788 hat sich an ihr selbst recht wenig verändert. Bis auf kleinere Änderungen gleicht sie der Ursprungsform auch heute noch. Bereits in der Ursprungsform ist festgelegt, dass das politische System der USA auf der Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative basiert. Allerdings weist die Demokratie in den Vereinigten Staaten einige Unterschiede im Vergleich zu einer parlamentarischen Demokratie (wie beispielsweise in Deutschland) auf und ähnelt eher der Gewaltenteilungslehre von Montesqieu (vgl., auch im Weiteren, Hübner, 2003). So werden der Kongress und der Präsident in getrennten Wahlen ermittelt. Auch wird der Präsident nicht von einem Parlament gewählt. Eine Abberufung durch den Kongress kann durch bloße politische Meinungsverschiedenheiten nicht durchgeführt werden. Es ist lediglich durch ein Impeachment, einem Amtsenthebungsverfahren bei strafrechtlich relevanten Vergehen, möglich, den Präsidenten von seinem Amt zu entbinden. Aber selbst hier ergeben sich hohe Hürden im Kongress, sodass bis heute noch kein Impeachment Erfolg hatte. Umgekehrt kann der Präsident den Kongress aber auch nicht auflösen. Des Weiteren dürfen der Präsident und seine Regierungsmitglieder (mit Ausnahme des Vizepräsidenten, der automatisch Präsident des Senats ist) nicht Mitglieder des Kongresses sein.
2.2 Gewaltenteilung in den USA
2.2.1 Legislative
Die Legislative, also die gesetzgebende Gewalt, wird in den USA durch den Kongress ausgeübt (vgl., auch im Weiteren, Amerika Dienst, 2019; Hübner, 2003). Dieser wiederum teilt sich auf in das Repräsentantenhaus und den Senat (US-Verfassung, Artikel 1, Abschnitt 1). Im Repräsentantenhaus sitzen 435 Abgeordnete, die in 435 mengenmäßig ungefähr gleich großen Einpersonenwahlkreisen alle zwei Jahre vom Volk gewählt werden (vgl. Zittel, 2016). Im Senat sitzen hingegen 100 Senatoren, je zwei pro Bundesstaat. Alle zwei Jahre werden ein Drittel der Senatoren neu gewählt. Die Amtszeit der Senatorinnen und Senatoren beträgt somit sechs Jahre.
Der Kongress in den Vereinigten Staaten lässt sich nach Zittel als Paradebeispiel für „Effektivität in der Gesetzgebung, in der Exekutivkontrolle und in der Repräsentation der Wähler“ (vgl., auch im Weiteren, Zittel, 2016, S. 115) darstellen. Er ist zentraler Gesetzgeber und hat das Initiativrecht als einziger auf seiner Seite. Der Präsident hingegen kann lediglich durch ein Vetorecht Gesetze unterbinden, was aber durch eine Zweidrittel-Mehrheit des Repräsentantenhauses wieder außer Kraft gesetzt werden kann. Dieses und der Senat haben durch die Verfassung in gleicher Weise zentrale Kompetenzen. Dies wird dort als symmetrischen Bikameralismus bezeichnet.
2.2.2 Exekutive
Die ausführende Gewalt (Exekutive) setzt sich aus dem Präsidenten, seinem Vizepräsidenten und den Kabinettsmitgliedern zusammen (vgl., auch im Weiteren, Amerika Dienst, 2019). Die Hauptaufgabe der Exekutive ist es, Gesetze auszuführen und sie durchzusetzen. Der Präsident führt das Land. Er hat hierbei zugleich die Rolle des Staatsoberhaupts, des Regierungschefs und ist Oberbefehlshaber über die Streitkräfte. Letzten Endes beschränkt sich seine Aufgabe darauf, das Land gewissenhaft zu leiten (vgl., auch im Weiteren, Siewert, 2016). Er greift allerdings auch in die Gesetzgebung mit ein, da jeder Gesetzentwurf zur Genehmigung seine Unterschrift bedarf.
Der Präsident wird für eine Dauer von vier Jahren gewählt und kann nur zwei Amtszeiten, also maximal acht Jahre, im Amt sein. Der Vizepräsident ist Unterstützer des Präsidenten und übernimmt seine Aufgaben, sobald dieser nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuführen. Er ist zudem automatisch Vorsitzender des Senats und hat ein Stimmrecht, sobald dort bei einer Abstimmung eine Stimmengleichheit vorherrscht. Auch seine Amtszeit beträgt vier Jahre, wobei er beliebig oft (also auch unter anderen Präsidenten) Vizepräsident sein kann. Die Kabinettsmitglieder sind die Berater der Präsidenten. Auch der Vizepräsident ist Mitglied des Kabinetts. Der Präsident nominiert zwar seine Kabinettsmitglieder, der Senat muss sie aber noch mit einer einfachen Mehrheit im Amt bestätigen.
Es gibt noch weitere Akteure der Exekutive, die hauptsächlich Regierungs-arbeit leisten. Hierzu gehören Bundesbehörden, Ministerien, Komitees und weitere Gruppen.
2.2.3 Judikative
In den USA wird die rechtsprechende Gewalt durch Gerichte ausgeübt (vgl., auch im Weiteren, Amerika Dienst, 2019). Besonders hervorzuheben ist hier der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten: der Supreme Court, der wohl das „älteste und zugleich mächtigste Verfassungsgericht der Welt“ ist (Dreyer/Fröhlich, 2016, S. 155). Dessen neun Richterinnen und Richter werden vom Präsidenten auf Lebenszeit ernannt. Allerdings braucht es zur Berufung mindestens 51 Stimmen im Senat. Unter diesen neun Richtern gibt es einen obersten Richter, den Chief Justice. Damit ein Beschluss gültig ist, braucht es eine Zustimmung von mindestens sechs Bundesrichtern.
Unterhalb des Supreme Courts gibt es weitere Bundesgerichte und Justizbehörden, die durch den Kongress auf Grundlage der amerikanischen Verfassung geschaffen werden können. Abbildung 1 verdeutlicht das hier beschriebene politische System noch einmal bildlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Verhältnisse des politischen Systems der USA (eigene Darstellung, inhaltlich angelehnt an Amerika Dienst, 2019)
2.3 Kongresswahlen
Der Kongress unterteilt sich in Repräsentantenhaus und Senat. Um Mitglied der ersten Kammer, dem Repräsentantenhaus, zu werden, muss bei Amtsantritt ein Mindestalter von 25 Jahren erreicht sein (vgl., auch im Weiteren, Hübner, 2003). Zudem muss der Anwärter seit mindestens sieben Jahren Staatsbürger der Vereinigten Staaten sein. Der Wohnsitz des Kandidaten muss sich im gleichen Staat befinden, in dem er auch zur Wahl aufgestellt ist. Gewählt wird der Kongress alle zwei Jahre (US-Verfassung, Art. 1, Abschnitt 2). Dies ist im Vergleich zu anderen westlichen Parlamenten eine äußerst knappe Zeit. Diese kurze Legislaturperiode soll dafür sorgen, näher an den aktuellen Interessen der amerikanischen Bürger zu sein (vgl. Zittel, 2016).
Für Senatoren gelten die Voraussetzungen, dass man bei Amtsantritt mindestens 30 Jahre alt sein muss und seit wenigstens neun Jahren amerikanischer Staatsbürger ist (vgl., auch im Weiteren, Hübner, 2003). Die Amtsdauer eines Senators beträgt zwar sechs Jahre, allerdings finden Senatswahlen alle zwei Jahre statt, bei denen jeweils ein Drittel des Senats neu gewählt wird. Aus jedem Staat der USA werden zwei Senatoren gestellt, sodass der Senat bei voller Besetzung 100 Mitglieder hat. Sollte es bei einer Abstimmung zu einer Pattsituation kommen, hat der Vorsitzende des Senats – dies ist immer der aktuelle Vizepräsident – das entscheidende Stimmrecht auf seiner Seite.
2.4 Präsidentschaftswahlen
2.4.1 Das Nominierungsverfahren der Präsidentschaftskandidatenbewerber
Um Präsident der USA zu werden, sind einige Grundvoraussetzungen zu erfüllen (vgl., auch im Weiteren, Oldopp, 2013). So kann man nur dann zur Wahl zugelassen werden, wenn man in den Vereinigten Staaten von Amerika geboren ist, mindestens 35 Jahre alt ist und seinen Wohnsitz seit 14 Jahren in den USA hat (vgl., auch im Weiteren, US-Verfassung, Art. 2, Abschnitt 1). Der US-Präsident wird für vier Jahre gewählt. Es sind nicht mehr als zwei Amtszeiten möglich, was einer maximalen Regierungsdauer von acht Jahren entspricht.
Bevor man Präsident der USA werden kann, muss man zunächst einmal Kandidat werden. Dies geschieht in einem innerparteilichem Wahlkampf, bei dem es darum geht, die meisten Delegierten seiner Partei hinter sich zu haben (vgl., auch im Weiteren, Oldopp, 2013). Diese Delegierten wählen dann auf der National Party Convention den Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei. Erst nachdem diese Kür abgeschlossen ist, beginnt für den Sieger der knapp dreimonatige Hauptwahlkampf.
Bei der Ermittlung der Präsidentschaftskandidaten gibt es Unterschiede in den Verfahren, sowohl zwischen den Staaten als auch zwischen den Parteien selbst (vgl., auch im Weiteren, Oldopp, 2013). Tabelle 1 gibt hierüber eine genaue Übersicht.
Tabelle 1: Übersicht der Nominierungsmethoden der Parteien in den Staaten (2008) (angelehnt und modifiziert von Oldopp, 2013 und Berg-Andersson, 2015)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grundsätzlich unterscheiden sich die Verfahren in primaries und caucusses (vgl., auch im Weiteren, Oldopp, 2013). Primaries sind klassische Vorwahlen, bei denen registrierte Wähler in den einzelnen Staaten wählen, welche Person sie gerne als Präsidentschaftskandidaten hätten. Unterschieden wird hier folgendermaßen (vgl. Gellner/Kleiber, 2012; Berg-Andersson, 2015):
› closed primaries: nur registrierte Wähler mit Parteipräferenz (oder Parteimitglieder) sind wahlberechtigt › semi closed primaries: alle registrierten Wähler mit jeweiliger Parteipräferenz (oder Parteimitglieder) sind wahlberechtigt und zur Wahl registrierte Bürger, die in keiner Partei Mitglied sind bzw. keine Parteipräferenz bei der Registrierung angegeben haben › open primaries: alle zur Wahl registrierten Bürger des jeweiligen Staates sind wahlberechtigt (unabhängig von Parteizugehörigkeit)
Schon hierbei fällt auf, dass man für eine Wahl in jedem Fall registriert sein muss. Noch bemerkenswerter ist, dass man schon hier in vielen Fällen angibt, welche Parteipräferenz man hat – ob Demokrat, Republikaner oder unabhängiger Wähler. Das Ergebnis der Vorwahl in ihrem Staat wird hierbei auf dem National Party Convent lediglich in ein Votum umgewandelt. Allerdings ist das Votum in den meisten Fällen nur im ersten Wahlgang bindend. Ein zweiter Durchgang ist hierdurch allerdings quasi nie nötig.
Neben den bereits beschriebenen Vorwahlen (primaries) erhalten in manchen Staaten aber auch die Gremien der Parteien das Recht über den Präsident-schaftskandidaten zu entscheiden. Dies geschieht bei sogenannten „ local caucusses “. Hierbei werden die einzelnen Kandidaten durch Vertreter auf einer lokalen Veranstaltung vorgestellt. Danach wird gemeinsam beschlossen, wer die Unterstützung der Delegierten letztendlich erhalten soll. Diese Form ermöglicht den Parteioberen in den Staaten mehr Kontrolle über die Auswahl des Präsidentschaftskandidaten.
Kurz angemerkt sei hierbei, dass es in wenigen Staaten auch nicht bindende primaries und caucusses gibt (in Tabelle 1 angemerkt durch „ nonbinding “). Hierbei wird die Entscheidung der Verteilung erst durch sogenannte state party committees getroffen. In einigen Staaten gilt das „the-winner-takes-it-all“-Prinzip, bei dem der Kandidat mit der relativen Stimmenmehrheit alle Delegierte auf sich vereinigt (vgl., auch im Weiteren, Oldopp, 2013). Dem gegenüber stehen meistens verhältnismäßige Verteilungen der Delegierten.
Wie viele Delegierte einer Partei aus welchen Staaten kommen dürfen, wird auf unterschiedliche Weise regelmäßig neu festgelegt. Mögliche Kriterien sind hierbei das Abschneiden der Partei bei einer bundesweiten Wahl oder die Anzahl der parteieigenen Kongressmitglieder aus dem jeweiligen Staat. Die Demokraten haben i. d. R. eine deutlich höhere Zahl an Delegierten als die Republikaner.
2.4.2 National conventions
Wenige Wochen nach den Vorwahlen finden dann die national party conventions statt (vgl., auch im Weiteren, Gellner/Kleiber, 2012). Sie sind aber nicht nur als offizielle Wahl für den Präsidentschaftskandidaten gedacht, sondern sollen ebenfalls eine mediale Strahlkraft nach außen erzielen. Des Weiteren wird hier das Parteiprogramm festgelegt und der mögliche Vizepräsident ernannt (vgl. Oldopp, 2013). Dies entscheidet wiederum der erfolgreiche Präsidentschaftskandidat selbst. Wichtig hierbei ist bloß, dass beide nicht aus demselben Bundesstaat sind (US-Verfassung, Zusatzartikel 12, Abschnitt 1).
Wichtig zu erwähnen ist, dass es sich sowohl beim Vorwahlkampf als auch beim Hauptwahlkampf um zwei vollwertige Kampagnen handelt, wobei ersterer viel länger dauert und etwa zwei Jahre vor der eigentlichen Präsidentschaftswahl beginnt (vgl., auch im Weiteren, Oldopp, 2013; Gellner/Kleiber, 2012). Im Prozess zur Wahl des Präsidentschaftskandidaten muss sich der Kandidat gegen innerparteiliche Kontrahenten durchsetzen. Aber natürlich wirkt sich dies bereits auf den Hauptwahlkampf aus und sorgt im Optimalfall bereits für einen guten Eindruck insbesondere bei Wählern und Medien. Deswegen sind vor allem die ersten Vorwahlen von extrem hoher Bedeutung und gelten als eine Filterfunktion für mögliche Präsidentschaftskandidaten (vgl. Gellner/Kleiber, 2012). Hier zeigt sich, welche Kandidaten überhaupt Chancen haben um sich im Rennen zu halten. Bei schlechten Ergebnissen erfolgt oftmals bereits recht früh die Aufgabe mancher Kandidaten. Diese hingegen geben dabei oft eine Präferenz für einen der verbliebenen Kandidaten an oder unterstützen diese gar im weiteren Wahlkampf.
2.4.3 Bundesweite Wahl des US-Präsidenten
Der Tag der US-Präsidentschaftswahl ist genau festgelegt. Es ist der auf den ersten Montag im November eines Schaltjahres folgende Dienstag (vgl., auch im Weiteren, Gellner/Kleiber, 2012). Dass dieser Tag ein Dienstag ist, liegt an den Reisewegen zum Wahllokal, die im 19. Jahrhundert einerseits sehr weit waren und andererseits heutige Transportmittel noch nicht zur Verfügung standen. Man wollte der arbeitenden Bevölkerung ermöglichen, den Sonntag als Ruhetag zu nutzen und erst montags zum Wahllokal zu reisen um dann am Dienstag seine Stimme abgeben zu können.
Wählen dürfen an diesem Tag alle US-Bürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Allerdings wählt man nicht den Präsidenten bzw. seinen Vize direkt, sondern in jedem Staat die dazugehörigen Wahlmänner, welche dann wiederum die offizielle Wahl durchführen. An sich sind die Wahlmänner frei in der Entscheidung für wen sie ihre Stimme abgeben. In den allermeisten Fällen gibt es hier aber keine Abweichungen. Einige Staaten beugen dem ganzen mittlerweile dennoch vor und untersagen eine freie Wahl per Gesetz. Die Versammlung der Wahlmänner (in den USA Electoral College genannt) trifft sich dann Mitte Dezember, etwa einen Monat nach der bundesweiten Wahl. Zahlenmäßig setzen sich nach der US-Verfassung die insgesamt 538 Wahlmänner aus der Anzahl der Mitglieder des Repräsentantenhauses (435), aller Senatoren (100) und drei Vertretern des Regierungssitzes District of Columbia zusammen. Je nach Bundesstaat gibt es eine unterschiedliche Anzahl an Wahlmännern, mindestens jedoch drei pro Staat. (vgl. Hübner, 2003).
Die Verteilung der Wahlmänner auf die 50 Staaten und den District of Columbia bezieht sich auf die Bevölkerungsverteilung, welche alle zehn Jahre in einem Zensus ermittelt wird (vgl., Office of the Federal Register, 2010). Tabelle 2 zeigt die Verteilung für die Wahlen 2012, 2016 und 2020.
Tabelle 2: Verteilung der Wahlmänner bei den Präsidentschaftswahlen 2012, 2016 und 2020 (Quelle: eigene Darstellung nach Office of the Federal Register, 2010)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Das politische System der Bundesrepublik Deutschland
3.1 Historie
Deutschland erlebte während seiner langen Geschichte einige Wandel in der politischen Landschaft (vgl., auch im Weiteren, Schmidt, 2011; Rudzio, 2015). Die politischen Systeme in Deutschland im 20. Jahrhundert veränderten sich von der konstitutionellen Monarchie über die Weimarer Republik hin zu einer ersten Demokratie, welche im NS-Regime von Hitler endete. Aber auch diese Diktatur fand ein Ende und zog Mitte des Jahrhunderts einige Jahre der Besatzung durch die vier Siegermächte des zweiten Weltkriegs nach sich. Während die sowjetische Besatzungszone einen gut vier Jahrzehnte lang währenden diktatorischen Sozialismus unter der SED erlebte, begann im Westen von Deutschland der Weg in eine stabile Demokratie. Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 und der deutschen Wiedervereinigung ein Jahr später kam dann auch der östliche Teil des Landes hinzu.
Die rechtliche Basis, auf der die Bundesrepublik Deutschland heute steht, ist das Grundgesetz, welches 1949 verabschiedet wurde (vgl., auch im Weiteren, Hesse/Ellwein, 2012). Kurz darauf übernahmen die wichtigsten Organe der neugegründeten Republik ihre Aufgaben. Zu Ihnen zählen der Bundestag, die Bundesregierung, der Bundespräsident, das Verfassungsgericht und der Bundesrat (vgl., auch im Weiteren, Korte/Fröhlich, 2009). Einer unmittelbaren Legitimation durch die Bürger ist hierbei allerdings nur der Bundestag unterlegen. Er ist das einzige Bundesorgan, welches direkt von den Bürgern gewählt wird.
3.2 Gewaltenteilung in Deutschland
3.2.1 Übersicht über die Gewaltenteilung
Im Grundgesetz (Artikel 20) ist die Gewaltenteilung festgelegt:
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
Das Organ der Gesetzgebung (Legislative) ist in Deutschland der Bundestag und der Bundesrat. Die vollziehende Gewalt (Exekutive) nimmt die Bundesregierung ein, die Recht sprechende (Judikative) wiederum die Bundes- und Landgerichte (zu sehen in Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Gewaltenteilung BRD (eigene Darstellung nach von Breyme, 2017)
3.2.1 Legislative
In Artikel 38 bis 40 des Grundgesetztes ist festgelegt, wie und in welcher Regelmäßigkeit der Deutsche Bundestag als zentrales Organ der Legislative zu wählen ist. Er hat laut Wahlgesetz 598 Mitglieder, was sich aus den Direktkandidaten in den 299 Wahlkreisen und einer genauso hohen Anzahl an Listenplätzen der Parteien ergibt (vgl., auch im Weiteren, von Breyme, 2017). Durch Überhang- und Ausgleichsmandate ist die Anzahl der Abgeordneten aber meistens deutlich höher.
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- Citation du texte
- Michael Neumann (Auteur), 2019, Wahlkampf in den USA und in Deutschland am Beispiel sozialer Netzwerke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/993699
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