Der Begriff „Digital Divide“ wurde Mitte der 90er Jahre vorwiegend in den USA geprägt und kann heute als globales Synonym, für die soziale Chancenungleichheit und gesellschaftliche Spaltung in Verbindung mit der Verbreitung neuer Informations- und Kommunikationsmedien, verstanden werden.
Da die Entstehung dieser Begrifflichkeit Großteils auf die Erfolgsgeschichte und zunehmende Verbreitung des Internets zurückzuführen ist, umfasste die ursprüngliche Definition und das Verständnis von Digital Divide lediglich die Unterschiedlichkeit im Bezug auf das Vorhandensein eines Zugangs zum Internet. Hier erfolgte dann oftmals die Unterscheidung zwischen „haves“ und „have nots“. Diesbezüglich wurde allerdings oftmals vergessen, dass Zugang zum Internet zu haben und dessen Potenziale auch nutzen zu können, zwei ganz unterschiedliche Fertigkeiten darstellen. Diese Tatsache führte unteranderem zu einer Ausweitung des Begriffs, welcher zu Deutsch übrigens oftmals als „Digitale Kluft“, „Digitaler Graben“ oder auch als „Digitale Spaltung“ bezeichnet wird. Neben der technischen Komponente fließen heutzutage auch eine Reihe anderer Faktoren in die begriffliche Definition von Digital Divide ein, die sozial, kulturell, ökonomisch aber auch politisch bedingt sein können. Somit geht die angesprochene Problematik des Digital Divides heutzutage wesentlich über die alleinige Frage des Zugangs zu Informations- und Kommunikationstechnologie hinaus und befasst sich vorwiegend auch mit den Herausforderungen der sozialen Exklusion bzw. Inklusion durch die I&K-Technologie. Neben dem Zugang ist die Fähigkeit zur effektiven Nutzung, Informationsgewinnung und richtigen Interpretation der Inhalte und Technologien ebenfalls von zentraler Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
1. Begriffliche Definition
2. Die Dimensionen des Digital Divides
2.1 Der globale Digital Divide
2.2 Der Digital Divide auf europäischer Ebene
2.3 Die digitale Kluft in Österreich
3. Ursachen für die digitale Spaltung
4. Auswirkungen des Digital Divides
4.1 Gesellschaftliche Auswirkungen
4.2 Mediale Auswirkungen
4.3 Politische Auswirkungen
5. Projekte und Strategien zur Verringerung des Digital Divides
5.1 Allgemeines und Projektmotivation
5.2 Projektbeispiel 1: Uganda - OLPC-Projekt
5.3 Projektbeispiel 2: DR Kongo - Close the Gap
5.4 Übersicht über weitere Projekte zur Verringerung des Digital Divides
5.4.1 Beispiel Zimbabwe
5.4.2 Beispiel Uganda
5.4.3 Beispiel China
5.4.4 Beispiel Indien
5.5 Digital Divide in Österreich
5.6 „Neue Form des Digital Divide"
I. Abbildungsverzeichnis
II. Quellenverzeichnis
1. Begriffliche Definition
Der Begriff „Digital Divide" wurde Mitte der 90er Jahre vorwiegend in den USA geprägt und kann heute als globales Synonym, für die soziale Chancenungleichheit und gesellschaftliche Spaltung in Verbindung mit der Verbreitung neuer Informations- und Kommunikationsmedien, verstanden werden.1
Da die Entstehung dieser Begrifflichkeit Großteils auf die Erfolgsgeschichte und zunehmende Verbreitung des Internets zurückzuführen ist, umfasste die ursprüngliche Definition und das Verständnis von Digital Divide lediglich die Unterschiedlichkeit im Bezug auf das Vorhandensein eines Zugangs zum Internet. Hier erfolgte dann oftmals die Unterscheidung zwischen „haves" und „have nots". Diesbezüglich wurde allerdings oftmals vergessen, dass Zugang zum Internet zu haben und dessen Potenziale auch nutzen zu können, zwei ganz unterschiedliche Fertigkeiten darstellen. Diese Tatsache führte unteranderem zu einer Ausweitung des Begriffs, welcher zu Deutsch übrigens oftmals als „Digitale Kluft", „Digitaler Graben" oder auch als „Digitale Spaltung" bezeichnet wird. Neben der technischen Komponente fließen heutzutage auch eine Reihe anderer Faktoren in die begriffliche Definition von Digital Divide ein, die sozial, kulturell, ökonomisch aber auch politisch bedingt sein können. Somit geht die angesprochene Problematik des Digital Divides heutzutage wesentlich über die alleinige Frage des Zugangs zu Informations- und Kommunikationstechnologie hinaus und befasst sich vorwiegend auch mit den Herausforderungen der sozialen Exklusion bzw. Inklusion durch die I&K-Technologie.2 Neben dem Zugang ist die Fähigkeit zur effektiven Nutzung, Informationsgewinnung und richtigen Interpretation der Inhalte und Technologien ebenfalls von zentraler Bedeutung.
Die klassische Definition von Digital Divide bezeichnet also den Unterschied von Onlinern und Offlinern. Diese erste Form wird auch unter dem Begriff primärer Digital Divide subsumiert. Der so genannte sekundäre Digital Divide-Begriff dehnt sich dann schon auf Internet-User/innen mit langsamen und Internet-User/innen mit schnellem Breitband-Zugang aus. Die dritte Definition, der tertiäre Digital Divide, bezieht sich auf die Frage der persönlichen Kompetenz bzw. das Nutzerverhalten. Wird das Internet mit all seinen Möglichkeiten nur sporadisch, beispielsweise für emails, genutzt oder ist der Nutzer auch imstande selbst zu publizieren?3
2. Die Dimensionen des Digital Divides
Um die Vielschichtigkeit und Komplexität des Phänomens des Digital Divides besser erläutern zu können, hat sich das Modell von Pippa Norris als sehr hilfreich erwiesen. Sie geht von drei zentralen
Ebenen der digitalen Spaltung aus. Der „Global Divide" als erste Dimension beschreibt die internationale digitale Kluft vorwiegend zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern. In diesem Zusammenhang wird oftmals auch von einem Nord/Süd-Gefälle gesprochen. Die zweite Ebene „Social Divide" umfasst die Spaltung einer einzelnen Nation in informationsarme und informationsreiche Bürger. Als dritte und letzte Ausprägungsebene des Digital Divides bezeichnet Norris den „Democratic Divide", welcher innerhalb der Online-Community besteht und zwischen Nutzern, die digitale Ressourcen zur politischen Partizipation verwenden und solchen die dies nicht tun, unterscheidet.4
Neben seinen unterschiedlichen Ausprägungen zeichnet sich das Phänomen Digital Divide auch durch eine doppelte Ursache/Wirkungsverkettung aus. Dabei ist zu beachten, dass sozial ungleich verteilte Chancen auch für eine uneinheitliche Verbreitung und Aneignung neuer Medien (z.B. Internet) sorgen und dass diese sozialen Unterschiede im Zu- und Umgang mit Medien neuerlich soziale Ungleichheiten hervorrufen.5
Im Nachfolgenden werden wir neben der globalen Spaltung, welche international gesehen ein immenses Ausmaß annimmt, die soziale und demokratische Kluft vorwiegend aus österreichischer Sichtweise betrachten.
2.1 Der globale Digital Divide
Zieht man globale Datenbasen heran, so nimmt die digitale Spaltung, wie eben schon erwähnt, beträchtliche Maße an. Wenig verwunderlich ist hierbei, dass die industrialisierte Welt mit Nordamerika und Europa, unterentwickelteren Ländern, wie beispielsweise Afrika und Asien, den Rang abläuft. In diesem Zusammenhang zeigt sich auch die doppelte Ursache/Wirkungsverkettung sehr gut, denn trotz der immensen Chancen für die Entwicklungsländer, wie etwa der Versorgung der Bevölkerung mit Informationen und Dienstleistungsangeboten (Bildung, Gesundheit, etc.) und der besseren Teilhabe an der internationalen Arbeitsteilung um nur Einige zu nennen, ist der Anschluss an das Netz und dessen Nutzung heute in vielen Regionen dieser Erde dennoch außerordentlich gering ausgeprägt.6 Oftmals fehlen auch die rudimentärsten Voraussetzungen dafür. Unteranderem hat nur die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung je ein Telefon benutzt, zudem sind in ganz Afrika weniger Telefonleitungen, als im New Yorker Stadtteil Manhattan oder im Großraum Tokios, vorhanden.7
International gesehen signalisiert die Tatsache, dass sich die Zahl der Internetnutzer zwischen 2005 und 2010 verdoppelt hat, ein Schließen des digitalen Grabens. Die weltweite Benutzerrate liegt derzeit bei um die 2 Billionen Menschen. Als positive Tendenz zur Verringerung der Spaltung kann auch genannt werden, dass viele Staaten, darunter Estland, Finnland aber auch Spanien, den Zugang zum Internet als bürgerliches Recht verankert haben. Als größter Internetmarkt der Welt ist China mit mehr als 420 Millionen Usern zu nennen.8 Der International Telekommunication Union zufolge gehen in den Industriestaaten bereits 71% der Bevölkerung online. Dem gegenüber steht eine durchschnittliche Nutzungszahl von 21% in Entwicklungsländern9 10 11. Noch dramatischer wird der Unterschied, wenn man die Internetnutzer-Zahlen alleine in Afrika betrachtet. Diese liegt bei einem Prozentsatz von 9,6, eine Zahl die weit hinter dem internationalen Durchschnitt von einer 30%-igen Durchdringung angereiht ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine durchschnittliche Anzahl an Internetbenutzern von 21,1% in den Entwicklungsländern Afrikas, Asiens und Südamerikas zeigt, dass diese derzeit nur marginal im Internet vertreten sind und dass sich die internationalen Ungleichheiten auch auf digitaler Basis manifestieren.
2.2 Der Digital Divide auf europäischer Ebene
Neben großräumigen Vergleichen auf internationaler Basis lässt sich eine Ungleichverteilung der Internetnutzerschaft auch auf europäischer Ebene beobachten. Innerhalb der europäischen Union kann eindeutig ein Gefälle vom Norden in den Süden festgestellt werden. Unteranderem nehmen die skandinavischen Länder mit einem Nutzungsgrad von Großteils über 80% eine Führungsposition ein. Deutschland, Großbritannien und auch Österreich liegen im oberen Mittelfeld. Je weiter man in den Süden gelang, umso geringer wird auch der Anteil an Internet-Nutzern. Untere Positionen nehmen beispielsweise Italien und Portugal, sowie die Mehrheit der Balkanländer ein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Die digitale Kluft in Österreich
Auch wenn Österreich im europäischen Vergleich im oberen Spitzenfeld platziert ist, bestehen doch auch einige ausgeprägte Unterschiede, sowohl im Bezug auf die in den Möglichkeiten der Inanspruchnahme, als auch in der Nutzung des Internets selbst. Betrachtet man die nachfolgende Grafik des GfK Online Monitor so lassen sich daraus rasch der enorme Zuwachs an Internetnutzern bis Ende 2000 und der nachfolgend geringere aber kontinuierliche Anstieg an Zugängen und Nutzern ablesen. Heute haben ca. 80% der Österreicher/innen in irgendeiner Form Zugang zum Internet und auch die Zahl der regelmäßigen Internet-Nutzer, welche zumindest mehrmals pro Monat online sind, hat sich stetig von 6 auf 73% gesteigert.12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In den vergangenen Jahren konnte immer wieder eine Milderung der anfangs noch recht ungleichen Zusammensetzung an Internetusern in Österreich festgestellt werden. Vor allem bei der älteren Generation ist beispielsweise ein deutlicher Nutzungszuwachs im Vergleich zum Jahr 200013 14 festzustellen. Es kann aber hier trotzdem noch keinesfalls von einem Angleich gesprochen werden, da bei einem Strukturvergleich, über alle Altersgruppen hinweg, dennoch eine deutliche Kluft zum Vorschein kommt. Unteranderem steht hier einem Nutzungsgrad von 95% bei den 20 bis 29-Jährigen, einem Anteil bei den 60 bis 69-Jährigen von 60% gegenüber.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auch macht eine Gegenüberstellung zwischen Männern und Frauen deutlich, dass das Internet eher eine Männerdomäne ist. Aktuell nutzen um 10% weniger Frauen das Internet als Männer.15 16 Insgesamt betrachtet kann davon ausgegangen werden, dass die Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten des Internets wesentlich von Faktoren, wie dem Bildungsstand, dem Beruf bzw. dem Einkommen, der Region, der Haushaltsausstattung und den Medienkenntnissen, abhängen.17 Bezüglich der PC-Ausstattung kann vom einem Trend zu mobilen Endgeräten ausgegangen werden. Einem Anteil von 67% der Nutzer, welche einen tragbaren Computer als Internetzugangsgerät verwenden, steht heute ein Prozentanteil von 61 bei jenen die einen Standrechner zum Surfen nutzen gegenüber. 2005 lang das Verhältnis noch bei 27% zu 85%. Als weitere Internetnutzungsmöglichkeit kann zudem die Verwendung von internetfähigen Mobiltelefonen genannt werden. Aktuell liegt hier der Anteil bei ca. 21%.18 Bereits zwei Drittel der österreichischen Haushalte verfügte Mitte 2010 übereinen breitbandigen Internetanschluss. Wobei das Vorhandensein dieses Ausstattungsmerkmal in den einzelnen Bundesländern oftmals differiert. Der größte Anteil an Breitbandverbindungen findet sich in Wien, im Gegensatz dazu bildet Kärnten hier das Schlusslicht. Dies lässt unteranderem daraufhin deuten, dass der Anteil an Internetzugängen in urbanen Regionen ausgeprägter ist als in Ländlichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die digitale Ungleichheit im Unternehmensbereich zeigt sich vor allem bei der Leistungskapazität der Internetverbindung, beim Einsatz des Internets für den Wareneinkauf, sowie auch zum vereinfachten Zugang zu Produktkatalogen und Preislisten. Bei weitem weniger ausgeprägt zeigen sich die Unterschiede bei der Grundausstattung. So verfügen nur ca. 8% der Unternehmen über keinen eigenen Computer und nur ca. 20% haben bislang noch keinen Internetzugang.19 20
3. Ursachen für die digitale Spaltung
Auch wenn die Nutzerzahlen des Internets, sowohl global als auch national gesehen, stätig steigen bzw. gestiegen sind, ist die Gefahr des Digital Divide keinesfalls gebannt und es kann auch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sich dieser über den Zeitverlauf hinweg ganz von alleine auflöst.
Die Möglichkeiten, welche das Internet eröffnen, werden noch nicht von allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen genutzt. Die Ursachen hierfür sind so vielfältig wie das Problem selbst und reichen von der fehlenden Infrastruktur, über die hohen Nutzungskosten, bis hin zur mangelnden Medienkompetenz.21
[...]
1 Aichholzer(2003), S. 181
2 Aichholzer(2003), S. 184
3 Loub (2006), S. 5
4 Norris (2001), S. 4
5 Aichholzer(2003), S. 183
6 Welsch (2002), S. 199
7 Welsch (2002), S. 199
8 ITU (2010), S. 4
9 Die Unterscheidung zwischen den Industriestaaten und Entwicklungsländer erfolgt hier auf Basis des UN M49.
10 ITU (2010)
11 ITU (2010), S. 5
12 GfK Online Monitor (2011)
13 GfK Online Monitor (2011)
14 GfK Online Monitor (2011)
15 GfK Online Monitor (2011)
16 GfK Online Monitor (2011)
17 Aichholzer (2003) 187
18 Statistik Austria
19 Statistik Austria
20 Aichholzer (2003), S. 190f
21 Holznagel (2002), S. 7f
- Citar trabajo
- Magister Gerald Oswald (Autor), 2011, Digital Divide. Ursachen und Auswirkungen der digitalen Spaltung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/993566
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