Psychologische Richtungen
Es gibt bis heute keine geschlossene Wissenschaft der Psychologie. Seit der Jahrhundertwende entwickelte sich eine Vielfalt verschiedener Schulen mit unterschiedlichen philosophischen Prämissen, Theorien, Forschungsansätzen und Methoden. Keine der Richtungen kann mehr Anspruch auf Wahrheit erheben, vielmehr ergänzen sich die unterschiedlichen Perspektiven zu einem komplexen Bild. So widersprüchlich die Paradigmen auch sein mögen, bewähren sich alle Ansätze in irgendeinem Teilgebiet der Psychologie.
Der Begriff Paradigma bezeichnet Grundannahmen, die das jeweilige Gebiet wissenschaftlicher Forschung eingrenzen. Sie definieren, welche praktischen Methoden legitim sind, um Beobachtungen zu machen, und welcher theoretische Begriffsrahmen angemessen ist, um das Beobachtete zu erklären. Ein Paradigma formt, konzentriert und beschränkt unser Wahrnehmungsfeld, unser Wirklichkeits-verständnis, sowie unseren Umgang mit den Phänomenen. Die verschiedenen Schulen oder Paradigmen der Psychologie bedingen somit unterschiedliche Wert- haltungen und Menschenbilder.
Im folgenden werden die Grundlagen der bedeutendsten Schulen der Psychologie in ihrer historischen Abfolge kurz umrissen:
1. Die Tiefenpsychologie
Die Tiefenpsychologie nimmt ihren Anfang mit dem Wiener Neurologen und Psychiater Sigmund Freud, der 1894 mit der Psychoanalyse als erster eine systematische, umfassende Theorie psychischer Phänomene entwickelte. Seine Theorie war revolutionär: in der prüden Zeit der Jahrhundertwende spricht Freud der Sexualität eine zentrale Rolle bei der psychischen Entwicklung zu; zudem postulierte er, dass die verhaltenssteuernden Motivationen grösstenteils unbewusst sind. Jegliches Verhalten ist seiner Ansicht nach determiniert von seelischen Kräften, Freud nannte sein Theoriegebäude Metapsychologie, womit er die von ihm begründete Psychologie in ihrer ausschliesslich theoretischen Dimension bezeichnet. Die Metapsychologie befasst sich der Funktionsweise des ‘seelischen Apparates‘und lässt sich in folgende Dimensionen gliedern:
1. Dynamischer Aspekt - alles Verhalten ist letzten Endes triebbestimmt: Trieb als Energiequelle aller psychischen Vorgänge. Die Triebquelle ist ein körperlicher Spannungszustand, der den Organismus auf ein bestimmtes Ziel oder Objekt hinstreben lässt; sie gehören zum Unbewussten. Triebe haben psychische Repräsentanten, z.B. Wünsche oder Triebobjekte, die mit bestimmten Energiequantitäten besetzt sind; sie gehören dem Vorbewussten, das heisst sie sind nicht immer, aber grundsätzlich dem Bewusstsein zugänglich. Freud postuliert zwei grundlegende Triebgruppen: die Ichtriebe, deren Ziel die egoistische Selbstbehauptung ist, und die Objekttriebe, die nach aussen streben und Beziehungen zum Inhalt haben. Die Triebe können einander fördern, hemmen, sich miteinander verbinden, zu Kompromissen zusammentreten, usw. Sie sind weiter unterteilt in sogenannte Partialtriebe (z.B. oraler Partialtrieb, Schau-, Bemächtigungstrieb), die zunächst unabhängig voneinander funktionieren und sich im Verlaufe der psychosexuellen Entwicklung zu einer Organisation formen.
- Ökonomischer Aspekt - alles Verhalten führt seelische Energie ab: Nach dem Prinzip der Homöostase wird jede überschwellige Erregung wieder abgeführt, da sie als Unlust empfunden. Die Abfuhr erfolgt durch äusseres Verhalten und führt, falls erfolgreich zu einer Lustempfindung. Die ursprüngliche Arbeitsweise des psychischen Apparates ist also vom Lust-Prinzip (oder dem Primärvorgang) bestimmt und lässt sich dem Unbewussten zuordnen. Diese primäre Funktionsweise erfährt im Laufe der Entwicklung eine Modifikation durch die Rücksicht auf die Aussenwelt: das Realitätsprinzip ermöglicht einen Triebaufschub und das zeitweilige Ertragen von Unlustempfindungen; die Energie bleibt gebunden, bevor sie in kontrollierter Form abgeführt wird. Dieses Prinzip, auch Sekundärvorgang genannt erlaubt psychische Erfahrung, Strukturbildung, etc .
- Topischer Aspekt - der seelische Apparat ist zusammengesetzt: Der psychische Apparat ist in Systeme gegliedert, die verschiedene Funktionen haben. Das Es beinhaltet den psychischen Ausdruck der Triebe, es ist die ursprünglichste Instanz, die anderen gehen aus ihm hervor. Diese Entwicklung geschieht in der Auseinandersetzung mit den Allgemeine Psychologie/SETZ K47/DR/Psychologische Richtungen 2 primären Objekten (meist Mutter, Vater) des Kindes und beruht auf einer Verinnerlichung von erlebten Beziehungsstrukturen (Dyade, Triade). Das Über-Ich bildet sich durch den Ödipuskomplex; elterliche Forderungen und Verbote (Aggressionen) werden verinnerlicht, es äussert sich im Gewissen, in Idealen, in der Selbstbeobachtung und in der Zensur von Trieben.
Das Ich vermittelt zwischen den Forderungen des Es und Über-Ichs einerseits, und zwischen dem Organismus und der Umwelt andererseits (die Wahrnehmung und damit das Bewusstsein sind in diesem Sinne dem Ich zugeordnete Funktionen). Wenn sich im Ich gegensätzliche innere Forderungen gegen-überstehen, treten Konflikte auf. Sie können aus Diskrepanzen zwischen Triebbedürfnissen (Es) und Normen (Ü-I), zwischen Es und Realität oder auch zwischen verschiedenen Es- Antrieben bestehen. Ist das Ich nicht stark genug Kompromisse mit der Realität zu bilden, oder die Bedürfnisbefriedigung zeitlich adäquat abzustimmen greift es zu den Abwehrmechanismen. Diese verun- möglichen eine bewusste Konfliktbearbeitung, die Sypmtombildung setzt ein.
2. Genetischer Aspekt - alles Verhalten ist historisch bedingt: Die Verankerungen des Verhaltens werden in der frühen Kindheit gesehen, insbesondere darin, wie das Kind seine biologischen Spannungen reduzieren lernte (psychosexuelle Entwicklung). Jede spezifische Triebabfuhr bewirkt durch die Überwindung von Widerständen eine entsprechende Bahnung, und erhöht somit die Wahrscheinlichkeit dieses Verhaltens in der Zukunft - hier geschieht der Übergang von Erregungsquantität in Verhaltensqualität. Später wird die Energie mit höherer Wahrscheinlichkeit über einen gebahnten Weg abgeführt, und wird dadurch die Widerstände dieser Bahnung gleich nochmals herabsetzen. Freud sprach in diesem Zusammenhang vom Wiederholungszwang bezüglich eines eingespielten Verhaltens.
Die Psychoanalyse als Behandlungsmethode versucht die Funktionsweise der Instanzen des psychischen Apparates anhand gemachter Äusserungen (Sprache, Träume, Übertragung, etc.) zu erfassen, und ihrer historischen Entwicklung zu verstehen (Kindheit). Als Methoden dazu dienen die freie Assoziation und die Deutung. Die freie Assoziation ist die dem Patienten auferlegte analytische Grundregel, alles zu sagen, was ihm in den Sinn kommt, ohne Zensur sozusagen. Die Deutung des psychischen Ausdrucks soll eine Bewusstwerdung der ablaufenden Mechanismen, unbewussten Motive und Abwehrvorgänge ermöglichen.
Während Freud das individuelle Unbewusste betonte, sprach Carl Gustav Jung vor allem dem kollektiven Ubw grosse Bedeutung zu - er verstand darunter Verhaltens- und Erlebnisstrukturen, die sich in der Evolution ausgebildet habe, und die für alle Menschen dieselben sind: Archetypen. Leopold Szondi wies auf ein familiäres Ubw hin, also auf familienspezifische Verhaltens- und Erlebnismuster. In den 60er Jahren entstand die Ich-Psychologie unter Hartmann, der das Ich autonomer konzipierte und von der Determinierung von Trieben und psychosozialen Einflüssen abgrenzte.
Die Psychoanalyse berücksichtigt in ihrem Modell der menschlichen Psyche sowohl biologische, wie auch soziale Komponenten; die Theorie ist zudem in ihrem Erklärungsanspruch umfassend. Die Kritik beläuft sich vor allem auf die Wissenschaftlichkeit der Psychoanalyse: zentrale Annahmen der Metapsychologie (z.B. über die Struktur oder Topographie des Psychischen) sind einer empirischen Überprüfung nicht zugänglich und bleiben somit hypothetisch. Aber auch die klinische Theorie (der individuellen Krankheitsbilder) mit ihren subjektiven Deutungen von Sinnzusammenhängen kann noch nicht wissenschaftlich erklärt werden. Neuere sprachwissenschaftliche Ansätze versuchen diesen Mangel zu beheben.
Kurzer Abriss Freuds Entwicklungstheorie:
1. Psychosexuelle Entwicklung: Freud konzeptualisiert Sexualität als zentralen Bereich menschlichen Erlebens und menschl. Entwicklung. Er bezeichnet damit sämtliches Streben nach Lust. Das unendlich weite Spektrum libidinöser Empfindungen gruppiert er in die oralen, analen und die genitalen Strebungen. Können die Aufgaben einer Phase nicht gemeistert werden, blockieren sie Energie, die der Meisterung der nächsten Aufgaben abgeht.
3. Orale Phase: Über Mund, Haut und Sinnesorgane stellte der Säugling die ersten Beziehungen zur Umwelt her. Werden die Bedürfnisse nach Nahrung, Ruhe, Wärme, Hautkontakt und Zärtlichkeit konstant erfüllt, gewinnt das Kind Vertrauen zu sich und der Welt. Negative Erfahrungen bewirken eine negative, ängstliche Grundeinstellung.
4. Anale Phase: Das Ich des Kindes beginnt sich zu entwickeln, die Kontrolle über die Muskulatur wird erlangt. Das Kind entwickelt ein Streben nach Autonomie. Diese zentralen Themen kommen in der Reinlichkeitserziehung zusammen, wo es um Eigenproduktion, bewusste Kontrolle, Regeln von aussen, usw. geht. Hier wird bestenfalls Selbstvertrauen, Kreativität, Initiative und Autonomie erworben.
5. Genitale Phase: Das Kind erkundet den eigenen Körper, entdeckt den Geschlechtsunterschied und die lustbringenden Genitalien. Mit dem Betrachten und Zeigen der Genitalien geht ein reges Interesse für die ganze Welt einher, das Fragealter stellt sich ein. Hier entwickelt sich Neugier, Entdeckungslust und die Übernahme der Geschlechterrolle.
6. Latenz: Die Triebregungen werden mit dem Ödipuskomplex verdrängt, die Interessen wenden sich dem Funktionieren der Welt zu. Das Kind lernt die Triebbefriedigung aufzuschieben. Schulzeit.
7. Dyade: Erste Beziehungserfahrung des Neugeborenen. Nachdem im Uterus und während der ersten paar Monate ein Einssein mit der warmen, nährenden Welt empfunden wurde, tritt plötzlich ein erstes Objekt auf. Im Idealfall liebevoll, pflegend, usw. legt es eine gute Grundlage zur Ich-Entwicklung. Durch Verinnerlichung werden die lebenswichtigen Funktionen nun langsam übernommen. Mit 18 Monaten bilden sich abstrakte Repräsentationen des Selbst und der Anderen ab.
8. Triangulierung: Die Erweiterung der Welt bringt einerseits Lust im Entdecken, andererseits Frustration in der Erkenntnis, dass die Mutter nicht mehr ausschliesslich für einen da ist (Urszene). Ein eigener Raum beginnt sich zu entwickeln.
9. Ödipuskomplex: Normalerweise kommen der positive (für Jungen:
Liebe und Besitzanspruch gegenüber Mutter, Rivalität zum Vater) und der negative (Liebe und Bewunderung zum Vater, Enttäuschung und Rivalität zur Mutter) Ödipuskomplex zusammen. Die Konfrontation mit der Unmöglichkeit dieser Wünsche gipfelt in der Verinnerlichung der Ver- und Gebote der primären Objekte, das Über-Ich fängt an sich zu bilden. -> Latenz.
Kurzer Abriss Freuds Behandlungsmethode:
- Konflikt: Scheitert die Konfliktverarbeitung zwischen einem Triebwunsch und Auflagen der Bezugspersonen in der äusseren Realität, wird der Konflikt verinnerlicht und verdrängt. Damit ist eine Struktur geschaffen, die in ähnlichen Situationen wieder aktiviert wird.
- Abwehrmechanismen: Das Ich hat nun die Aufgabe, im Falle einer Aktivierung des verdrängten Wunsches Massnahmen zu treffen, welche die eigentlich angestrebte Befriedigung verunmöglicht, die Triebenergien müssen umgeleitet werden, einige Beispiele: Projektion: unerwünschte Eigenschaften werden in der Aussenwelt wahrgenommen. Verdrängung: Unbewusstmachung von Gefühlen, Ereignissen, Strebungen die mit dem Konflikt verbunden sind. Verschiebung: Wünsche werden nicht am Triebobjekt, sondern an einem Ersatzobjekt befriedigt. Sublimierung: Umsetzung der Triebenergie in sozial erwünschte Tätigkeiten, z.B. durch Lernen, Produktivität, etc. Kultur ist ein Ergebnis von Sublimierung. Eine flexible Handhabung der Abwehr ist gesund, tritt jedoch eine Fixierung auf bestimmtes Verhalten und Abwehr ein, entsteht psychisches Leiden und Symptombildung.
- Psychoanalytisches Setting: Die Grundregel besteht in der dem Patienten (P) auferlegten Forderung frei zu assoziieren, alles zu erzählen, was ihm in den Sinn kommt. Für den Analytiker (T) sind jegliche Assoziationen bedeutungsvoll, da sie auf Verdrängtes hinweisen. Das Gegenstück entspricht der gleichschwebenden Ausmerksamkeit des T der, um das Material nicht subjektiv zu verzerren, allen Äusserungen dieselbe Aufmerksamkeit entgegenbringen soll.
- Übertragung: Konflikte äussern sich insbesondere auch in der Beziehung zum T (allgemeiner zur Aussenwelt). Das konflikthafte, verdrängte Beziehungsmuster wird in der Beziehung zum T wiederholt, inszeniert; dies geschieht aufgrund einer Fixierung und anstelle einer Erinnerung. Freud bezeichnet diese Tendenz auch als Wiederholungszwang. Negative Übertragung meint die Inszenierung negativer Gefühle, positive Übertragung ermöglicht durch positive Gefühle das Arbeitsbündnis, d.h. die Bereitschaft des P sich auf die therapeutische Arbeit einzulassen.
Durcharbeiten: Bezeichnet das therapeutische Vorgehen. Zuerst wird der P mit Verdrängtem konfrontiert, er wird aufgefordert eine Unstimmigkeit zur Kenntnis zu nehmen. In einer Klärung wird dann der Konflikt kristallisiert. In der anschliessenden Deutung wird die Genese und Dynamik der Konflikts vom T aufgezeigt, was dem P Einsicht und flexibleres Verhalten ermöglicht.
2. Der Behaviorismus
Der Behaviorismus, die ‘Lehre vom Verhalten‘ wurde 1913 von dem amerikanischen Psychologen John Watson entwickelt. Er entstand als Reaktion auf die Tiefenpsychologie, die sich mit ihren nicht verifizierbaren Annahmen auf spekulativem Boden bewegte. Im Behaviorismus sollte allein das beobachtbare Verhalten Gegenstand der Forschung sein. Aussagen über innere Zustände sind nicht unmittelbar und objektiv beobachtbar und wurden dadurch als unwissenschaftlich erachtet. Dadurch versteht der Behaviorismus den Menschen als ein Wesen, das ausschliesslich durch Umweltreizen
Der Behaviorismus geht davon aus, dass alles Verhalten erlernt, d.h. durch Erfahrung entstanden ist. Die wichtigste Methode des Behaviorismus ist das Tierexperiment. Die daraus gewonnnenen Erkenntnisse stellen die grundlegenden Gesetze des Verhaltens dar, die auch für den Menschen gelten sollen. Die Anschauung, dass jegliches Verhalten durch Umwelteinflüsse bedingt ist, kommt auch in der Terminologie zum Ausdruck, man spricht anstatt von Lernen von Konditionierung (engl. ‘condition‘=Bedingung).
2. Klassische Konditionierung: Das Prinzip der klassischen Konditionierung wurde vom russischen Physiologen Pawlow in einem Tierexperiment entdeckt. Sobald ein Hund Futter riecht, fängt er an Speichel abzusondern, ein angeborener Reflex, der die Nahrungsaufnahme vorbereitet. Wenn nun jedesmal kurz vor der Fütterung eine Glocke erklingt, beginnt der Hund mit der Zeit bereits schon beim Klang der Glocke Speichel abzusondern, auch wenn darauf gar keine Fütterung folgt. Dieses Phänomen wird als klassische Konditionierung bezeichnet: durch Assoziation, d.h. durch eine raum-zeitliche Koppelung (Kontiguität) wird ein zuvor neutraler
Reiz (Glockenton) zum Stimulus Verhalten (Speichelfluss).
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Watson formulierte das law of frequency (die Reiz-Reaktions- Verbindung ist umso stärker, je häufiger sie dargeboten wird: Übung).
10. Operante Konditionierung: Die operante Konditionierung wird auf spontan geäussertes Verhalten angewandt (im Gegensatz zu den Reflexen beim kl. Kond.), und bedeutet soviel, wie Lernen am Erfolg/Misserfolg. Das Hauptaugenmerk liegt also auf den Folgen eines Verhaltens. Die Grundannahme geht davon aus, dass Verhalten (R) durch gewisse Konsequenzen (C) verstärkt, bzw. gelöscht wird. Schlägt ein Neugeborenes z.B. zufällig ein Glöckchen an, so entdeckt es allmählich den Zusammenhang zwischen seinem Tun und dem Gebimmel des Glöckchens. Sofern es die erzielte Wirkung als angenehm empfindet (C+), wird es angespornt sein, das Verhalten zu wiederholen (R+), eine Verstärkung des Verhaltens findet statt.
Es werden folgende Verknüpfungen zwischen Reaktionen und den darauffolgenden Konsequenzen unterschieden:
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Unter allen Verstärkungsmöglichkeiten kommt den sozialen Verstärkern wahrscheinlich die grösste Bedeutung zu. Sie können in vielfältiger Form auftreten, z.B. verbal durch Lob, oder visuell durch Lächeln. Wird Lob als Verstärker eingesetzt, soll dies verhaltensbezogen (‘das hast du gut gemacht‘) und nicht personenbezogen ( du bist gut‘) ausgesprochen werden. Ausbleibendes verhaltensbezogenes Lob wirkt sich nämlich im Gegensatz zu ausbleibendem personenbezogenen Lob nicht selbstwertmindernd aus.
Diese Theorien lösten bald eine heftige Kritik aus, da sie das Verhalten mechanisch - kausal erklären und sämtliche Erlebnisphänomene (Denken, Urteilen, Begreifen, Fühlen) ignorieren. Sie werden deswegen als black-box Theorien bezeichnet:
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Zudem können diese Theorien keine komplexen Verhaltensmuster erklären. Das führte einerseits zu ergänzenden, weiterführenden Konzepten, andererseits zum Einbezug von kognitiven Konstrukten, wie Erwartungen, Absichten etc.
3. Ergänzende, weiterführende Konzepte: Unter Reizgeneralisation versteht man die Tatsache, dass bedingte Reaktionen nicht nur durch den während der Erwerbsphase verwendeten Stimulus ausgelöst werden, sondern auch durch Stimuli, die diesem ähnlich sind. Je ähnlicher ein Stimulus dem ursprünglich gelernten Auslöser ist, desto stärker fällt die konditionierte Reaktion aus. Ist der Originalglockenton z.B. 1800 Hz, kann in einem Frequenzspektrum von 1600 - 2000 Hz ein Speichelfluss ausgelöst werden.
Das Prinzip der Reizdiskrimination beschreibt den gegenteiligen Effekt, nämlich die Einengung der bedingten Reaktionen auf einen eng begrenzten Stimulusbereich. Bietet man z.B. Glockentöne von 1600, 1800, 2000, ... Hz an, lässt den unkonditionierten Stimulus aber nur auf den ton von 1800 Hz folgen, so reagiert das Tier bald nur noch auf den ton von 1800 Hz mit Speichelfluss. Eine Differenzierung gelingt umso leichter, je unterschiedlicher die verwendeten Reize sind. Ist das Versuchstier jedoch nicht mehr in der Lage die Stimuli auseinanderzuhalten, ist es also durch die Diskriminationsaufgabe überfordert, kann es zur sogenannten erlernten Hilflosigkeit kommen. Wurde eine bedingte Reaktion ausgebildet, bedarf es zu ihrer Beibehaltung gelegentlicher weiterer Koppelungen. Bleiben diese aus, kommt es zu einer sukzessiven Rückbildung der bedingten Reaktion, eine Löschung findet statt. Auch bei der Löschung gelten die Prinzipien der Diskrimination und Generalisierung.
- Lernen als kognitiver Prozess: Nachahmung (Walters): Wir lernen vieles dadurch, dass wir andere bei komplexen Tätigkeiten beobachten, oder uns etwas vorgezeigt wird, das wir dann nachzuahmen versuchen. Lernen am Modell (Bandura): Was bei der Nachahmung bewusst eingesetzt wird, vollzieht sich beim Modelllernen unbemerkt (latent), wir übernehmen gewisse Verhaltensaspekte einer Person, die wir als wichtig bewerten. Diese Art des Lernens spielt in der Persönlichkeitsentwicklung, sowie in der sozialen Entwicklung eine grosse Rolle.
Lernen durch Einsicht (Köhler): Je komplexer das zu lernende Verhalten ist, desto weniger kann das Verhalten in einzelne Bestandteile gegliedert werden, desto weiter entfernt sich der Lernprozess von der linearen Reiz-Reaktions Verknüpfung. Lernen durch Einsicht beruht auf gedanklicher Abstraktion, Vorstellung und Antizipation.
Die aus der Lerntheorie hervorgegangene Behandlungsmethode wird Verhaltenstherapie genannt. In einer Verhaltenssanalyse werden die Variablen eruiert, die zum Problemverhalten führen. Durch verschiedene Techniken (Aversionstherapie, systematische Desensibilisierung, Shaping, usw.) kann das problematische Verhalten verändert werden.
Verhaltenstherapeutische Techniken und weiterführende Konzepte:
4. Modelllernen: Nach Bandura liegt Modelllernen dann vor, wenn ein Individuum sich aufgrund der Beobachtung des Verhaltens anderer und der darauffolgenden Konsequenzen neue Verhaltensweisen aneignet, oder wenn schon bestehende Verhaltensweisen in Richtung des Modells verändert werden. Diese Art des Lernens durch stellvertretende Erfahrung ist für die menschliche Entwicklung von zentraler Bedeutung.
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Modelllernen kann als eine Art Schnittstelle von sog. traditionellen Ansätzen zu rein kognitiven Theorien betrachtet werden. Bandura unterscheidet zwischen der Aneignung und der Ausführung neuen Verhaltens, wobei bloss letzteres auf Verstärkung angewiesen ist. Aufmerksamkeitsprozesse: Prozesse der Selektion: motivationale Faktoren, Merkmale des Modells und des Beobachters, usw. Behaltensprozesse: Vorgang der kognitiven Repräsentation von Verhalten. Reproduktionsprozesse: Fähigkeit zur motorischen Reproduktion. Motivationsprozesse: z.B. erwartete Verstärkungen.
11. Erlernte Hilflosigkeit: Ausgehend von Tierexperimenten beschrieb Seligman 3 Phasen des Erwerbs der erlernten Hilflosigkeit:
1. Ein Organismus erhält die Information, dass die Wahrscheinlichkeit einem aversiven Reiz zu entkommen, bzw. positive Verstärkung zu erhalten unabhängig von seinen Reaktionen ist. Dies wird in Situationen, in denen keine Kontrolle ausgeübt werden kann gelernt.
2. Der Organismus bildet kognitive Schemen, in denen Reaktion und Ergebnis als unabhängig voneinander gespeichert sind.
3. Der Organismus überträgt diese Erfahrungen auf neue Situationen (Generalisierung).
Die Effekte sind motivationaler (Apathie, Antriebslosigkeit), kognitiver (die Annahme der Unabhängigkeit von Reaktion und Verstärkung erschwert Lernfortschritte) und emotionaler (Angst, Depression, psychosomatische Störungen) Natur. “In dem Masse, in dem kontrollierbare Konsequenzen erfahren werden, wird das Individuum ein Gefühl von Bewältigung entwickeln und Widerständ gegen Depression aufbauen” (Seligman, 1979, S.95). In der Folge wurde die Theorie mit einer attributionstheoretischen, kognitiven Komponente ergänzt. Depressiv veranlagte Personen attribuieren Misserfolge intern, global und stabil, während Erfolge aus externe, spezifische und instabile Ursachen zurückgeführt werden.
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Traditionelle Verhaltenstherapeutische Techniken: die systematische Desensibilisierung ist ein klassisches Verfähren zur Behandlung von Angststörungen. Die angstauslösenden Stimuli werden hierarchisch geordnet. Beginnend mit der am wenigsten angstauslösenden Situation werden diese sukzessiv präsentiert, nachdem beim Patienten durch vorhergehende Übungen Entspannung induziert wurde. Dadurch sollen alte Assoziationen überlagert und schliesslich gelöscht werden.
Bei Überflutungsverfahren werden die angstauslösenden Stimuli in voller Intensität solange präsentiert, bis die Angstreaktion von selbst abnimmt. Diese durch theoretisch-technnische Überlegungen entstandene Verfahren ist sehr umstritten und gefährlich.
Das Münzsystem arbeitet mit gezielter positiver Verstärkung von erwünschtem Verhalten durch ‘Münzen‘, die bei einer gewissen Anzahl gegen eine materielle Belohnung eingetauscht werden können (funktioniert auch bei sozialen Verstärkern, z.B. Lächeln, Nicken, etc. ). Diese Methode wird heute vor allem zum Aufbau neuen Verhaltens (shaping) bei geistig Behinderten eingesetzt.
Kognitive Umstrukturierung: Die kognitiven Verfahren setzen bei unangemessenen Überzeugungen an. Hier wird durch rationale Betrachtungen und durch Objektivierung des Alltages (z.B. Tagebuch) versucht, behindernde Denkmuster durch funktionale zu ersetzen. Nicht der Zustand wird geändert, sondern die Einstellung, Interpretation und Wahrnehmung der Umwelt. Das Ziel ist eine funktionale Wirklichkeitsanpassung.
3. Die Gestaltpsychologie
Die Gestaltpsychologie ist eine psychologische Richtung, die auf Max Wertheimer (1880-1943) zurückgeht. Sie entwickelte sich 1912 aus der ursprünglichen, von Wundt 1879 ins Leben gerufenen psychologischen Wahrnehmungs- und Intelligenz-forschung. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden später auf weite Gebiete der Psychologie (Denken, Lernen, Entwicklung) übertragen. Als wichtigste Vertreter dieser Richtung gelten Wolfgang Köhler(1887-1967), Kurt Lewin (1890-1947) und Kurt Koffka (1886-1941).
Gestalt bezeichnet die Tendenz, Objekte als geordnete und sinnvolle Ganzheiten zu erfassen - das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Die Qualität der Ganzheit bleibt auch dann erhalten, wenn die Einzelteile ausgetauscht weden, solange die Struktur, die Beziehung zwischen den Teilen erhalten bleibt. Ist das Wahrnehumgsfeld geordnet und überschaubar, spricht man von einer guten Gestalt. Eine schlechte Gestalt liegt dann vor, wenn die Wahrnehmungen derart komplex strukturiert sind, dass sie für uns nicht mehr erfassbar sind und damit sinnlos erscheinen.
Der Mensch neigt nun dazu, die Elemente der Wahrnehmung so zu verändern und zu vereinfachen, dass eine gute Gestalt daraus resultiert. Derart strukturierte Reizkonfigurationen werden dann als sinnvoll erlebt und sind stabil. Die Gesetze nach denen diese Strukturierung geschieht sind sogenannten Gestaltgesetze (siehe Skript Wahrnehmen & Beobachten). Aus der Gestaltpsychologie entwickelte sich die kognitivie Psychologie.
Die Feldtheorie (K. Lewin). geht von der Annahme aus, daß das Verhalten eines Menschens durch die Bedingung des Lebensraums (Feld), in dem das Verhalten erfolgt, bestimmt wird. Umwelt und Individuum sind interdependent, eine Idee die von der Systemtheorie später weiter ausgearbeitet wurde.
4. Die kognitive Psychologie
Diese Richtung der Psychologie entstand in den 60er Jahren aus der Kritik des Behaviorismus, dem Wissen der Gestaltpsychologie und aus den Fortschritten der neurophysiologischen Forschung. Kognition umfasst alle psychischen Funktionen, die der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen dienen.
Die grundlegende Annahme der kognitiven Psychologie ist, dass Menschen nicht auf eine objektive Realität reagieren, wie dies im Behaviorismus postuliert wird. Vielmehr entwickelt das Individuum eine eigene Interpretation der Welt, die nicht mit einer objektiven Realität übereinstimmen muss, und aufgrund derer es wahrnimmt, fühlt, denkt und handelt.
Wichtige Konstrukte aus diesem Forschungszweig sind Einstellungen (verhaltenssteuernde Bewertung eines Objektes) und Schematas (organisiertes Wissen, das aktiv auf kognitive Prozesse einwirkt). Heute erhält die kognitive Psychologie vor allem Impulse aus der Erforschung der künstlichen Intelligenz und durchdringt alle Gebiete der Psychologie. Die kognitive Psychologie erfasst den Menschen als informationsverarbeitendes Wesen.
5. Die humanistische Psychologie
In den 60er Jahren wandte sich die neu entstandene humanistische Psychologie gegen den Determinismus der Triebe und Geschichte in der Psychoanalyse, bzw. der Umwelteinflüsse des Behaviorismus. Der Mensch ist nach humanistischer Ansicht bestrebt, sein eigenes Potential zu entfalten: er selbst gestaltet seine Umwelt und Lebensbedingungen aktiv und entscheidet bewusst über die Möglichkeiten seines Handelns.
Die humanistische Psychologie ist gleichfalls keine einheitliche Richtung. Carl Rogers entwickelte mit
Der Humanismus geht von folgenden Prämissen (Grundannahmen) aus:
Streben nach Autonomie und Selbstverwirklichung - Selbstaktualisierung: jeder Mensch strebt nach Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit. Zudem hat der Mensch das Bedürfnis seine eigenes Potential auszuschöpfen und zu verwirklichen. Menschliches Erleben und Verhalten sind ziel- und sinnorientiert: alles Erlebens und Verhalten ist auf das Ziel der Selbstaktualisierung ausgerichtet.
Der Einfluss der Umwelt auf das menschliche Verhalten wird in der humanistischen Tradition nicht geleugnet. Es sind jedoch nicht die ‘objektiven‘ Gegebenheiten der Umwelt, die für das menschliche Erleben und Verhalten massgebend sind. Die Grundannahme der humanistischen Psychologie ist, dass die subjektive Wahrnehmung und die subjektive Interpretation der gemachten Erfahrungen das Erleben und Verhalten des Einzelnen bestimmen. Jegliche Form von Wahrnehmung, Erleben und Verhalten erhebt Anspruch auf Wahrheit (Authentizität), es gibt keine objektive Realität, sie muss in ihrer subjektiven Logik erfasst werden.
Diese individuellen Wahrnehmungs- und Deutungsmuster sind im Selbstkonzept geordnet und zusammengefasst; es kann nochmals in ein Real-Selbst und ein Ideal-Selbst (übernommene, nicht authentische Werte) unterteilt werden. Spannungen zwischen diesen beiden Instanzen lösen psychische Probleme aus. Das Selbstkonzept ist durch neue Erfahrungen in ständigem Wandel begriffen. Gleichzeitig lässt es aber nur Erfahrungen zu, die weitgehend mit dem Selbstkonzept kongruent sind (mit ihm übereinstimmen)! Dadurch bestätigen und verstärken sich grundlegende Muster fortwährend selbst.
Die vielfältigen Methoden der Gesprächspsychotherapie (auch der Gestalttherapie und der Transaktionsanalyse) sollen die Selbstexploration des Klienten fördern und so auf die Übereinstimmung von Ideal- und Selbstbild, bzw. auf ein authentisches Idealbild hinarbeiten. Dies geschieht vor allem durch ein warmes, empathisches Klima bedingungsloser Wertschätzung.
6. Der systemtheoretische Ansatz
In den 70er Jahren gelang Gregory Bateson die Transformation der allgemeinen Systemtheorie in den psychologischen und sozialen Kontext:. In der systemischen Sichtweise steht nicht das isolierte Erleben und Verhalten eines Menschen im Vordergrund, sondern die wechselseitigen Beziehungen einer Person mit ihrer gesamten Umwelt sind entscheidend. Der Mensch lebt in einem bestimmten Lebensbereich, der ihn beeinflusst und auf den er einwirkt.
Ein System wird definiert als ein organisiertes Ganzes, das aus interagierenden Teilprozessen besteht.
Die Systemtheorie entstand aus dem Wunsch die zahlreichen einzelnen Teiltheorien zu einer Systemisches Denken meint also eine Betrachtungsweise, die den Fokus auf Muster, Zusammenhänge und Dynamiken legt. Anstelle punktueller Phänomene und Eigenschaften werden strukturelle Geflechte in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. Systemische Modelle eignen sich deshalb zur Beschreibung komplexer und prozesshafter Situationen und Interaktionsfelder.
Ein System (z.B. der menschliche Organismus) besitzt eine gewisse Struktur, das heisst es besteht aus interagierenden Komponenten / Subsystemen(Organe, Nerven, etc.). Zudem ist ein System in eine Hierarchie eingebettet. Es wird von grösseren Supersystemen umfasst (Familie, Gemeinde) und beinhaltet gleichzeitig kleinere Subsysteme. (soziale, psychische, biologische, chemische).
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Eine systemtheoretische Konzeption bringt folgende Implikationen mit sich:
1. Ein System ist immer mehr, als die Summe seiner Teile. Wenn zwei zuvor ‘unabhängig‘ funktionierende Systeme zusammengeschlossen werden, entstehen qualitativ neue Eigenschaften (Emergenzen). Die Beurteilung eines einzelnen Teiles durch das Ganze führt deshalb zu anderen Erklärungen als die isolierte Betrachtung eines Einzelphänomens.
2. Jede Aktion eines Systemelementes hat nicht nur Auswirkungen auf die anderen Komponenten, sondern auch Rückwirkungen auf sich selber!
3. Systeme haben einen gewissen Grad von Autonomie bezüglich ihrer Struktur, Organisation und Funktion (Prinzip der Selbstorganisation). Es besitzt zudem die Fähigkeit der Selberneuerung, sowie der Selbsttranszendenz.
4. Ein System hat einen Gleichgewichtszustand (Homöostase), der dank Rückkoppelungsschleifen beibehalten werden kann.
5. In komplexen Systemprozessen können unterschiedliche Anfangszustände zum gleichen Endzustand führen (Äquifinalität); ebenso können gleiche Anfangs-zustände zu unterschiedlichen Endzuständen führen (Äquipotentialität).
6. Eine Trennung zwischen System und Umwelt ist letztlich willkürlich, der Beobachter ist immer auch ein Teil des Systems. Künstlich geschaffene Trennungen werden Sinngrenzen genannt.
Die Systemtheorie ist insofern hermeneutisch (deutend), als dass er Zusammenhänge auf einem hohen Abstraktionsniveau erfassen und so einen enormen Überblick gewähren kann. Die Interaktionen der verschiedenen Systemebenen lassen sich jedoch nur sehr ungenau erfassen. In der Psychotherapie wird der systemische Ansatz deshalb vor allem zu diagnostischen Zwecken angewandt. Auf einer pragmatischen Ebene kommen dann jeweils wieder die einzelnen Teilperspektiven der spezialisierten Theorien zum Einsatz.
Durch das Prinzip der Selbstorganisation lässt sich im Bezug auf den therapeutischen Prozess jedoch ableiten, dass Änderungen immer aus dem inneren eines Systems erwachsen, und niemals vom Therapeuten ‘bewirkt‘ werden. Therapeutische Einflüsse wirken dann derart, dass sie das Systemgleichgewicht beträchtlich stören und damit zu einer Neuorganisation herausfordern.
In der systemischen Psychologie geht man von der Annahme aus, dass Änderungen des Bezugssystems (z.B. Familie, oder Eltern - Lehrer - Schüler) zu Veränderungen im Verhalten und Erleben der einzelnen Systemmitglieder führen. Die systemische Therapie versucht durch das Training von Kommunikations-fertigkeiten (zuhören und verstehen, Gefühlsausdruck, Metakommunikation, nonverbale Kommunikation) die gegenseitieg Problemdarstellung zu erleichtern und Eskalationen zu verhindern. Zudem werden die gegenseitig attraktiven Seiten und Verhaltensweisen wieder herausgearbeitet.
So werden eingeschliffene Systemregeln, die im Sinn der Homöostase funktional sind, bewusst gemacht und abgelöst. Solche Regeln werden von den Betroffenen häufig nicht verstanden, können aber vom Therapeuten erkannt und durch geeignete Gegenmassnahmen zum Zusammenbrechen gebracht werden.
7. Zusammenfassung
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8. Metatheoretische Betrachtungen nach Käser 1993
Die modernen Sozialwissenschaften distanzieren sich von der Auffassung des Positivismus, wonach ein Forscher gleichsam als neutraler Beobachter Gesetzmässigkeiten in der physikalischen oder sozialen Umwelt entdecken und diese Einzelaussagen mittels logischer Folgerungen zu Theorien zusammenfügen kann. Nach dem heutigen Verständnis ist es nicht möglich, dass ein Beobachter unvoreingenommen Naturvorgägnge ‘an sich‘ beobachtet, da er nie alle potentiellen Beobachtungen registrieren oder eine soziale Realität in ihrer Komplexität gleichsam fotografisch abbilden kann. Er muss zwangsläufig aus einer Vielzahl möglicher Beobachtungen selektionieren. Dieser Auswahlprozess ergibt sich nicht aus der Realität selbst, sonder ist eine subjektive Entscheidung, die vor allem durch folgende Faktoren beeinflusst wird:
1.Sprache: Wir selektionieren und klassifizieren unsere Wahrnehmungsinhalte entsprechend der Struktur unserer Muttersprache.
2.Theorien: Unsere Grundannahmen steuern die Wahrnehmung und Ideenproduktion.
3.persönliche und gesellschaftliche Interessen und Zielsetzungen: Wirken als bewusste oder unbewusste Selektionsprinzipien. Es ist eine Illusion zu glauben, dass Forscher unbeeinflusst von persönlichen Interessen oder von herrschenden Verhältnissen gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Art handeln können.
Theoretische Konstruktionen ergeben sich demanch nicht zwangsläufig aus den Beobachtungen selbst, sondern sind das Ergebnis subjektiv geprägter kreativer Prozesse eines Forschers. Theorien sind Gedankengebilde, welche Wissenschaftler an die beobachtbare Wirklichkeit herantragen, um diese zu erklären. Der Gegenstand der Forschung ist nicht mehr die Natur an sich, sondern die der menschlichen Fragestellung ausgesetzte Natur. Der Mensch ist daher in ein Netz von erkenntnistheoretischen und ontologischen Prämissen eingebunden, die - egal ob sie letzten Endes wahr oder falsch sind - sich für ihn teilweise selbst bestätigen. Es gibt daher nicht a priori gute / wahre oder schlechte / falsche Theorien. Ausschlaggebend ist die Funktion und der Zweck einer Theorie - in dem modernen Wissenschaftsverständnis steht bei der Bewertung von Theorien die Beurteilung der Nützlichkeit (Interpretation, Prognosen, etc.) und Brauchbarkeit (ableitbare Massnahmen, etc.) für eine bestimmte Problemstellung im Zentrum.
Die Grösse des psychologischen Feldes und die Unterschiedlichkeit ihrer Phänomene legen die Notwendigkeit einer Vielzahl sich ergänzender Landkarten nahe. Nur eine Sammlung unterschiedlicher Standpunkte und unterschiedlicher Perspektiven auf denselben Gegenstand erlauben eine der komplexen Realität angemessene Rekonstruktion.
- Citation du texte
- David Rudolf (Auteur), 1998, Psychologische Richtungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99347
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