Die Arbeit beschäftigt sich mit einer Frage, der im Investmentbereich viel Aufmerksamkeit geschenkt wird: Ist es möglich, den Markt auf längere Sicht zu schlagen?
Mit Markt meint man in diesem Zusammenhang die Entwicklung von Aktienkursen im langjährigen Verlauf. Im Zentrum dieser Arbeit steht der S&P 500 Index. Die Arbeit versucht nachzuweisen, dass es mit dem Einsatz von Algorithmen möglich ist, dass oben formulierte Ziel zu erreichen.
Daher beginnt die Arbeit mit einer Einführung in den algorithmischen Handel, bevor es sich dann mit der Entwicklung der strategischen Vorgehensweise beschäftigt. Wesentlich sind hierbei die Auswahl der passenden Instrumente und der einbezogenen Handelssystemanbieter etc.
Anschließend wird ein Überblick über die grundlegenden Ansätze von Handelsstrategien gegeben. Diese beinhalten neben den theoretischen Ansatzmöglichkeiten für den Einstieg der algorithmischen Handelssysteme auch die Frage theoretischer Ausstiegskriterien. Relativ zu den Einstiegskriterien sind rationale Ausstiegskriterien für jedes System auf langfristige Sicht der wichtigere Aspekt.
Nach dem theoretischen Teil folgt die praktische Anwendung. Es werden zunächst die vier verschiedenen Vorgehensweisen vorgestellt. Voraussetzung für die praktische Umsetzung war die komplette Programmierung für den voll automatisierten Handel inklusive des Backtestings. Die Programmierung der Systeme war der aufwendigste Bereich und hat somit am meisten Zeit in Anspruch genommen. Die Programmiercodes sind der Arbeit beigefügt.
Im Rahmen der praktischen Anwendung werden die vier Strategien angewendet, ausgewertet und abschließend hinsichtlich ihrer Ergebnisse analysiert. Es wird empirisch belegt, welche Strategie am besten abgeschnitten hat. In einer Gesamtsicht wird nachgewiesen, dass es möglich ist, ein System zu entwickeln, das auf längere Sicht eine Überrendite relativ zum Markt erwirtschaften kann.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Einführung
2. Hintergrundinformationen
2.1. Definition diskretionärer algorithmischer Handel (AH)
2.2. Definition Buy und Hold Strategie (Index Investing)
3. Voraussetzungen und Auswahl der passenden Möglichkeiten
3.1. Märkte im Wertpapierhandel
3. 2. Auswahl der Handelssysteme, Broker und der Programmiersprache
4. Theorie
4. 1. Technische Analyse
4. 1. 1. Einfacher gleitender Durchschnitt (Simple Moving Average - SMA)
4. 1. 2. Gleitender Durchschnitt (GD)
4. 1. 3. Relative Stärke Index (RSI)
4. 1. 4. Bollinger Bänder (BB)
4. 1. 5. Trendstrukturen
4. 2. Fundamentalanalyse (FA)
4. 3. Risikomanagement
4. 3. 1. MAE - Maximum Adverse Exercusion
4. 3. 2. ATR - Average True Range
4. 3. 3. Zeitstops
4. 3. 4. Adaptive Exits
5. Die Theorie in der Praxis
5. 1. Programmierung der Strategien
5. 1. 1. Technische Strategie aufgrund des einfachen Moving Averages (MA)
5. 1. 2. Technische Strategie aufgrund des Gleitenden Durchschnitts (GD)
5. 1. 3. Erweiterte technische Strategie aufgrund der Bollinger Bänder (BB) und Trendbruch
5. 1. 4. Buy & Hold
5. 2. Backtesting in der Praxis
6. Empirische Auswertungen
6. 1. Empirische Auswertung der Buy & Hold Strategie
6. 2. Auswertung der einfachen MA Strategie
6. 3. Auswertung der GD Strategie
6. 4. Auswertung der BB & Trendbruch Strategie
6. 4. Gesamtauswertung der Strategien
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beispiel des einfachen SMA
Abbildung 2: Beispiel anhand von 2 SMA
Abbildung 3: Beispiel des GD
Abbildung 4: Beispiel des RSI
Abbildung 5: Beispiel der BB
Abbildung 6: Beispiel Trendstrukturen
Abbildung 7: Beispiel Trendbruch
Abbildung 8: Beispiel Fundamentalanalyse an dem Beispiel vom McDonalds
Abbildung 9: Beispiel Pivotal Point
Abbildung 10: Charakteristischer Verlauf von Gewinnertrades
Abbildung 11: Charakteristischer Verlauf von Verlierertrades
Abbildung 12: Schematische Abbildung der Möglichkeiten des Marktes
Abbildung 13: Beispiel für Benutzung der ATR als Stopp
Abbildung 14: Die Funktion des TSL anhand des Beispiels an dem Trade bei der Aktie NVIDIA
Abbildung 15: Einblick in die Programmierung der Strategie des einfachen MA
Abbildung 16: Einblick in die Programmierung der Strategie des GD
Abbildung 17: Abbildung der Strategie 3 - Bollinger Bänder und Trendbruch
Abbildung 18: Einblick in die Programmierung der Strategie BB & Trendbruch
Abbildung 19: Festlegung der Standard Parameter für das Backtesting
Abbildung 20: Festlegung der Parameter für das Money Management
Abbildung 21: Anlegung eines Portfolios inkl. der Strategie und sämtlichen zusätzlichen individuellen Parametern
Abbildung 22: Performance des S&P 500 Index in dem Zeitraum vom 01.01.2008 - 31.12.2016
Abbildung 23: Performance Report der MA Strategie
Abbildung 24: Performance Report der GD Strategie
Abbildung 25: Performance Report BB & Trendbruch
Abbildung 26: Tabellarischer Performancevergleich von 2008 - 2016
Abbildung 27: Grafischer Performancevergleich von 2008 - 2016
Vorwort
Die Arbeit beschäftigt sich mit einer Frage, der im Investmentbereich viel Aufmerksamkeit geschenkt wird: Ist es möglich den Markt auf längere Sicht zu schlagen?
Mit Markt meint man in diesem Zusammenhang die Entwicklung von Aktienkursen im langjährigen Verlauf. Im Zentrum dieser Arbeit steht der S&P 500 Index1. Die Arbeit versucht nachzuweisen, dass es mit dem Einsatz von Algorithmen möglich ist, dass oben formulierte Ziel zu erreichen.
Daher beginnt die Arbeit mit einer Einführung in den algorithmischen Handel (Kapitel 2), bevor es sich dann mit der Entwicklung der strategischen Vorgehensweise beschäftigt. Wesentlich sind hierbei die Auswahl der passenden Instrumente und der einbezogenen Handelssystemanbieter etc. (Kapitel 3).
Anschließend wird ein Überblick über die grundlegenden Ansätze von Handelsstrategien gegeben (Kapitel 4). Diese beinhalten neben den theoretischen Ansatzmöglichkeiten für den Einstieg der algorithmischen Handelssysteme auch die Frage theoretischer Ausstiegskriterien. Relativ zu den Einstiegskriterien sind rationale Ausstiegskriterien für jedes System auf langfristige Sicht der wichtigere Aspekt.
Nach dem theoretischen Teilfolgt die praktische Anwendung. Es werden zunächst die vier verschiedenen Vorgehensweisen vorgestellt (Kapitel 5). Voraussetzung für die praktische Umsetzung war die komplette Programmierung für den voll automatisierten Handel inklusive des Backtestings2. Die Programmierung der Systeme war der aufwendigste Bereich und hat somit am meisten Zeit in Anspruch genommen. Die Programmiercodes sind der Arbeit beigefügt.
Im Rahmen der praktischen Anwendung werden die vier Strategien angewendet, ausgewertet und abschließend hinsichtlich ihrer Ergebnisse analysiert (Kapitel 6). Es wird empirisch belegt, welche Strategie am besten abgeschnitten hat. In einer Gesamtsicht wird nachgewiesen, dass es möglich ist, ein System zu entwickeln, das auf längere Sicht eine Überrendite relativ zum Markt erwirtschaften kann.
1. Einführung
Der Anlass für diese Masterarbeit ist der in den Medien diskutierte Wettausgang zwischen dem Starinvestor Warren Buffet3 und dem Hedgefondsmanager Ted Seides4
Seides behauptete, dass aktiv gemanagte Hedgefonds über einen Zeitraum von zehn Jahren eine bessere Performance als passiv investierende Indexfonds hinlegen würden. Warren Buffet sagte das Gegenteil voraus. Die Wette belief sich auf 1 Million Dollar. Diese Wette5 wurde Anfang 2008 abgeschlossen und bezog sich auf die Performance von Hedgefonds6 gegenüber ETFs7. Auch wenn die Frist der Wette erst Ende 2018 abläuft, steht der Gewinner schon fest.
Warren Buffet hatte mit seiner Aussage Recht und die von Seides ausgewählten Hedgefonds brachten es im bisherigen Verlauf lediglich auf eine Performance von 21,87% Prozent. Buffets Indexfond, der Vanguard 500 Index Fund Admiral Shares8, orientierten sich dagegen am S&P 500, welcher bereits um 65,7% Prozent zugelegt hat. Der S&P 500 hat damit die letzten 8 Jahre eine durchschnittliche Performance von 6.5% pro Jahr erreicht. Die Kosten der Hedgefonds belaufen sich typischerweise auf 2% per Jahr plus 20% der erzielten Gewinne. Der Admiral Shares ETF dagegen hat jährliche Kosten von 0.05%. Das bedeutet, dass ein Hedgefondsmanager jährlich eine mindestens 2% bessere Performance erzielen muss, nur um eine gleiche Performance nach Kosten erzielen zu können. Das entspricht einer jährlichen Performance von mindestens8.5%, da man die Kosten von 2% zu der durchschnittlichen Performance von 6,5% addieren muss.
Diese Arbeit befasst sich noch etwas differenzierter mit dieser Thematik und untersucht, ob verschiedene Strategien des algorithmischen Handels noch zusätzliche Performancezuwächse erzielen können. Vergleichsgrundlage bildet der S&P 500 über die letzten 8 Jahre (2008-2016).
Viele Händler treffen bei ihrer Handelsentscheidung nicht, wie in der Spieltheorie9 angenommen, rationale Entscheidungen unter Einbeziehung möglichst vieler Kriterien. Sie entscheiden oft irrational, geleitet von Emotionen und Gefühlen und ihrem wie auch immer gearteten ,Bauchgefühl‘. So werden sowohl bei den Entscheidungen für einen Einstieg, viel stärker aber noch bei den Entscheidungen für einen Ausstieg, oft nicht Kriterien basierte und somit nachvollziehbare Regeln angewandt oder befolgt. Ein solches Verhalten ist nicht nur risikoreicher, es verhindert auch langfristig die Verbesserung der individuellen Anlagestrategien, da ein Lernen am Erfolg, bzw. Misserfolg nicht systematisch ermöglicht wird.
Diese Arbeit vermeidet die oben genannten Sachverhalte und bedient sich daher einer empirischen Prüfung verschiedener Handelsstrategien unter Zuhilfenahme von voll automatisierten Handelsstrategien. Dadurch werden irrationale Entscheidungen vermieden und der Ein- und Ausstieg erfolgt nach klar definierten Regeln.
Es soll mit dieser Arbeit gezeigt werden, dass man mit relativ einfachen Handelsansätzen und einem guten Risiko- und Moneymanagement eine bessere Performance als der Markt erzielen kann. Der hier praktizierte Ansatz geht in der Voraussetzung davon aus, dass die wichtigste Fähigkeit die man an der Börse braucht, die des rechtzeitigen Ausstieges ist. Der Einstieg spielt demgegenüber eine untergeordnete Rolle und ist für den Erfolg eines Handelssystems nur zu 10% verantwortlich (Van Tharp, 2013).
Die Forschungsfrage ist somit folgende:
Ist es möglich eine Strategie zu entwickeln, die im Zeitraum vom 01.01.2008 - 31.12.2016 eine bessere Performance nach Kosten gegenüber dem S&P 500 Index, erzielt?
Die in dieser Arbeit untersuchten Strategien sind folgende:
- Technische Strategie aufgrund des einfachen Moving Averages
- Technische Strategie aufgrund des Gleitenden Durchschnitts
- Erweiterte Strategie aufgrund der Bollinger Bänder und Trendbruch
- Buy and Hold Strategie
Diese Strategie werden unter der Zuhilfenahme von historischen Kursen unter realen Bedingungen getestet, was auch als Backtesting bezeichnet wird. Somit wird ein komplett realistisches Ergebnis erzielt.
2. Hintergrundinformationen
2.1. Definition diskretionärer algorithmischer Handel (AH )
Diskretionär bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das System pro Instrument nur eine Position (Long10 oder Short) eingeht und die Systeme keine nichtdiskretionären Strategien, wie z. B. Spreadtrading11, Arbitragehandel12 oder Market Making13 verfolgen. Nicht-diskretionäre Strategien sind in der Regel markneutrale Strategien und gehen nicht nur eine Position in einer Richtung ein, sondern oft in beide Richtungen. Ich beziehe mich in dieser Arbeit nur auf diskretionäre Strategien, da nur diese mit der Zuhilfenahme von historischen Kursen getestet werden und ein vollkommen realistisches Ergebnis liefern können.
Bei den nicht-diskretionären Strategien ist ein Backtesting nicht möglich.
Algorithmischer Handel (AH) ist eine Konsequenz der laufenden Verbesserungen und Weiterentwicklungen der IT. Durch sie wurde den Marktteilnehmern ermöglicht, immer stärker ihre Handelsabläufe zu automatisieren, so dass es nicht mehr einer physischen Anwesenheit der Marktteilnehmer an den Börsen benötigte. Dies führte zu einer drastischen Erhöhung der Automatisierungsprozesse.
Ab Ende der 1990 war es möglich, Orders elektronisch zu übermitteln. Dies geschah infolge der zunehmenden Verfügbarkeit von Computern und vor allem des Internets. Inzwischen findet der größte Teil des Handels an den Finanzmärkten auf elektronischem Wege statt (Chlistalla, 2011).
Diese Tatsache machte es zudem möglich verschiedene Handelsalgorithmen14 15 16 im täglichen Handel zu integrieren
Der algorithmische Handel ist definiert als „die Nutzung von ComputerAlgorithmen, um automatische Trading-Entscheidungen zu treffen, Orders15 zu übermitteln oder die Orders nach Eingabe zu managen“ (Hendershott & Riordan 2011, S. 2). Es ist ein formalisierter Prozess von Handelsgeschäften an den Finanzmärkten basierend auf vorgegeben Algorithmen und mit der Benutzung von spezialisierten Computersystemen (trading robots) (Lati, 2009).
Algorithmischer Handel ist dabei ein sehr breiter Begriff. Er beschreibt eine Vielzahl von Methoden und verschiedene Techniken. Ursprünglicher weise wurde der Algorithmische Handel primär zur Orderausführung benutzt
Im Vordergrund steht dabei die automatisierte, algorithmus gesteuerte Orderausführung um den Markteinfluss durch Optimierung der Orderausführung zu minimieren. In diesem Zusammenhang ist die reine Ordergeschwindigkeit bzw. die Schnelligkeit, mit der Entscheidungen algorithmisch ,errechnet‘ werden zweitrangig. Mit diesen Aspekten beschäftigt sich eine Untergruppe des Algorithmischen Handels, der sog, Hochfrequenzhandel (HFT). Dieser Aspekt wird in der vorliegenden Arbeit nicht verfolgt.
2.2. Definition Buy und Hold Strategie (Index Investing16)
Buy und Hold Strategie bedeutet im klassischen Sinne ein Investment zu tätigen und dieses über einen längeren Zeitraum liegen zu lassen. Die Arbeit bezieht sich aber auf das Investieren in Indizes (Index Investing).
Man kann Investmentstrategien in aktive und passive unterteilen (Ferri, 2002).
Aktives Investieren benötigt eine intensive Beschäftigung mit dem Unternehmen, der Bewertung, sowie die Betrachtung verschiedener Indikatoren und Strukturen.
Passives Investieren benötigt dagegen keine intensive Betrachtung desUnternehmens oder des Marktes, da man hierbei nicht versucht eine Überrendite relativ zum Markt zu erwirtschaften), sondern diesem zu folgen (Russel, 2007).
Then Malkien (1973) legte bereits fest, dass der durchschnittliche Investor bessere Resultate erzielen kann, wenn die Aktien eines Indexfonds gehalten werden, als zu versuchen diesen durch individuelle Investitionen in andere Aktien zu schlagen.
Das Hauptargument für Index Investing ist das Erreichen einer guten Performance kombiniert mit geringen Kosten. Wenn man die Erträge verschiedener Hedgefonds mit der Benchmark17 vergleicht (für amerikanische Aktien nimmt man in der Regel den S&P 500 Index), so wurde festgestellt, dass diese nicht immer ein stabiles Ergebnis liefern und auch oft nicht die gleiche Performance wie die Benchmark erzielen (Gibson, 2006).
Gibson stellte fest, dass Index Funds (ETF's) offensichtlich nicht dieses Problem haben. Gibson vermutet, dass es verschiedene Gründe gibt. Der Prozess des Index Investing ist voll automatisiert. Auch halten diese keine Barreserven zurück, um Trendumkehren oder fallenden Märkte zu überstehen. Durch den Zinseszinseffekt generieren diese durch das Wegfallen zusätzlicher Barbestände einen langfristigen Mehrwert, welcher sich in der positiven Performance niederschlägt.
Aufgrund dieser Beobachtungen werden für diese Arbeit verschiedene recht simple Eintrittsstrategien angewandt und mit einem guten System des Ausstiegs und striktem Risikomanagement kombiniert, um so eine relativ bessere Performance als der Vergleichsindex zu generieren.
3. Voraussetzungen und Auswahl der passenden Vorgehensweisen
3.1. Märkte im Wertpapierhandel
Zunächst soll festgelegt werden, welche Märkte betrachtet werden sollen. Es folgt daher ein kurzer Überblick über die Auswahlmöglichkeiten.
1) Aktien: Aktien sind Wertpapiere, die von Unternehmen zur Beschaffung von Eigenkapital herausgegeben werden und mit denen das Anteilsrecht des Aktionärs an einer Gesellschaft verbrieft wird. Aktien stellen somit einen Bruchteil des Eigenkapitals des Unternehmens dar. Sie können an der Börse, aber auch außerbörslich gehandelt werden18.
2) Anleihen: Eine Anleihe ist ein zinstragendes Wertpapier. Es handelt sich um ein Wertpapier, das dem Gläubiger das Recht auf Rückzahlung sowie auf Zahlung vereinbarter Zinsen einräumt. Typischerweise dienen Anleihen dem Schuldner zur - meist langfristigen - Fremdfinanzierung und dem Gläubiger zur Kapitalanlage. Zur Wertpapiergattung der Anleihen zählen Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Pfandbriefe; nicht dazu gehören Kredite wie Privatkredite und Schuldscheindarlehen19.
3) Optionen: Eine Option bezeichnet in der Wirtschaft ein Recht, eine bestimmte Sache zu einem späteren Zeitpunkt zu einem vereinbarten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. Optionen werden auch als bedingte Termingeschäfte bezeichnet und gehören damit zur Gruppe der Derivate. Es handelt sich ausdrücklich um ein Recht und nicht um eine Pflicht: Der Optionsinhaber, der die Option zu einem bestimmten Preis (Prämie) vom Stillhalter (Optionsverkäufer) gekauft hat, entscheidet einseitig, ob er die Option gegen den Stillhalter ausübt oder sie verfallen lässt.20
4) Futures: Mit Terminkontrakt oder Future wird die börsengehandelte Form eines unbedingten Termingeschäfts bezeichnet. Die nicht börsengehandelte Form bezeichnet man im Unterschied dazu auch als Forward.
Ein Terminkontrakt ist im Wesentlichen charakterisiert durcheinen genau bestimmten Vertragsgegenstand (Basiswert), sowie die Menge (Kontraktgröße) und Qualität des zugrundeliegenden Vertragsgegenstandes. Sowie einen bei Vertragsabschluss festgelegten Kaufpreis des zugrundeliegenden Vertragsgegenstandes, einen fixen Erfüllungszeitpunkt in der Zukunft (Termin) und die Art der Erfüllung (Lieferung des Vertragsgegenstandes gegen Zahlung des vereinbarten Preises oder Barausgleich).
Die Standardisierung ermöglicht einen transparenten Handel, geringe Handelskosten und einen leichten Marktzugang18. Standardisierung bedeutet bei Terminkontrakten, dass Menge, Qualität, Erfüllungszeitraum sowie ggf. Erfüllungsort im Voraus festgelegt sind.
5) Devisen: Devisenmarkt ist der Markt, an dem Devisenangebot und Devisennachfrage aufeinandertreffen und zum ausgehandelten Devisenkurs getauscht werden. Der Devisenmarkt lässt sich nicht lokalisieren, weil der Devisenhandel ganz überwiegend zwischen den Marktteilnehmern direkt stattfindet und Devisenbörsen weitgehend abgeschafft wurden oder bedeutungslos geworden sind. Der Devisenmarkt ist mit einem weltweiten Tagesumsatz von ca. 5,3 Billionen US-Dollar der größte Finanzmarkt der Welt19.
Da diese Arbeit einen direkten Vergleich mit dem S&P 500 Index anstrebt, fällt die Auswahl somit auf die enthaltenen Aktien im S&P 500 Index. Wichtig bei der Auswahl ist auch, dass die Liquidität hoch genug ist, so dass man jederzeit problemlos ein- und aussteigen kann. Auch das ist bei den Aktien im S&P 500 gegeben.
3.2. Auswahl der Handelssysteme, Broker und der Programmiersprache
Nach der passenden Auswahl der geeigneten Wertpapiere, steht die Auswahl des Anbieters des passenden Handelssystems an. Auch hier gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten. Die Auswahl ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
- Handelbare Märkte
- Möglichkeiten des Backtestings
- Datenanbieter
- Programmiersprache
- Brokerauswahl
Die oben aufgeführten Auswahlfaktoren hängen oft miteinander zusammen und sind somit nicht immer klar voneinander trennbar. Manche Anbieter von Handelssystemen ermöglichen nur bestimmte Märkte, Datenanbieter, Programmiersprache oder Broker an. So muss man sich die Plattform aussuchen, die die für einen die beste Kombination von allen Faktoren anbietet.
Da die in dieser Arbeit getesteten Systeme nur amerikanische Aktien handeln, die im S&P 500 Index gelistet sind, kommen auch nur Handelssysteme in Frage, die einen Handel von solchen Wertpapieren anbieten. Einige gute Systeme bieten z. B. nur den Handel mit Terminkontrakten an und fallen somit weg.
Die fünf interessantesten Handelssysteme sind:
1) TradeStation (TS): Hinter Tradestation steht das US-Unternehmen Tradestation Group Inc, das sich im Besitz der japanischen Monex Group befindet. Es gibt mehrere Tochtergesellschaften: Die Tradestation Technologies Inc ist für die (weitere) Entwicklung der Plattform zuständig, die Tradestation Securities Inc bietet als Mitglied nahezu sämtlicher relevanten US-Börsen den Handel mit Optionen, Futures und Aktien auf dem US-Markt an. Neben privaten zählen insbesondere institutionelle Anleger zur Zielgruppe des Unternehmens (https://www.tradestation.com/).
2) SmartQuant: Gegründet in 2003, entwickelt die Firma algorithmische Handelslösungen für quantitative Hedgefonds und institutionelle Händler (http://www.smartquant.com/).
3) TickerQuant: TickerQuant ist eine Software und Servicesunternehmen und bietet ihre Dienstleistungen und Produkte Hedgefonds und Eigenhandelshäusern an (http://www.tickerquant.com/).
4) MultiCharts: Zählt zu den führenden Anbietern von Handelssystemen für den privaten und institutionellen Händler und bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie z. B. die Programmierung von Strategien und das Backtesten und Optimierung (https://www.multicharts.com/).
5) NinjaTrader: NinjaTrader ist eine bei mehreren großen Brokern eingesetzte Handelssoftware mit zahlreichen Analysemöglichkeiten und Tool zur Entwicklung automatisierter Handelssysteme (http://ninjatrader.com/de/).
Zunächst muss eine endgültige Auswahl des passendenden Anbieters des Handelssystems getroffen worden:
SmartQuant und Tickerquant sind zum einen sehr kostenintensiv und zum anderen unterstützen diese nicht die Programmiersprache EasyLanguage (EL).
Trade Station und MultiCharts arbeiten mit der Programmiersprache EasyLanguage (EL)18. EL ist relativ einfach in der Anwendung und arbeitet trotzdem sehr genau. Easy Language ist eine Programmiersprache, die speziell für den Börsenhandel und die Entwicklung von Handelssystemen entwickelt wurde. Andere Handelssysteme nutzen z. B. C++20 oder Matlab21. Diese Programmiersprachen sind noch einmal deutlich komplexer und somit mit wesentlich höherem Zeitaufwand verbunden. Wegen dem engen, vorgegeben Zeitraum für eine Masterthesis ist die leichte Erlernbarkeit relevant. Als Zeitaufwand innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens kommt noch die Programmierung der eigenen Handelsansätze hinzu.
Bei der Nutzung von NinjaTrader traten öfter Probleme mit dem Speichermanagement auf, so dass die Software regelmäßig neu gestartet werden musste, was sehr unpraktisch ist. Die Datenbankbasis ist anfällig und begrenzt. Auch bei der Auswertung der Trades traten oft Probleme auf. Die Software eignet sich gut, wenn man wenige Trades am Tag absolviert, doch bei einer Vielzahl an Trades und Instrumente, kommt die Software an ihre Grenzen.
MultiCharts und TradeStation sind in der Anwendung sehr ähnlich.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der zeitliche Umfang der zur Verfügung stehenden Daten. Nur wenn man eine lange Historie an zuverlässigen Daten hat, kann man die Handelsansätze auch zuverlässig testen. NinjaTrader und MultiCharts bieten z. B. keine historischen Daten im Tickbereich bis 2008 an. Wichtig ist auch, dass der Datenanbieter die Daten direkt selber von der Börse bekommt und nicht von anderen Datenanbietern. Dies garantiert eine schnelle, fehlerfreie und unmittelbareDatenweitergabe. Auch müssen die Daten ungefiltert sein, so dass man jeden Trade, den die Börse sendet oder gesendet hat, auch empfängt. Dies stellt auch sicher, dass bei der Vielzahl an Datenpunkten keine Ausfälle entstehen. Die Daten sind also lückenlos. Auch sollte dem Datenanbieter sein eigenes Datenzentrum besitzen, um so die Abhängigkeit von anderen Anbietern auszuschließen.
Das letzte Kriterium ist die Brokerauswahl. Nicht jedes Handelssystem ist mit den gleichen Brokern nutzbar. Der Vorteil bei TradeStation ist, dass diese sowohl Anbieter der Handelsplattform, als auch Broker sind. Somit hat man alles aus einer Hand. Dies erleichtert die Implementierung und Anbindung an die Handelssysteme.
TradeStation ist somit die einzige Plattform die allen Anforderungen gerecht wird und daher fällt die Auswahl auf TradeStation.
4. Theorie
Das Ziel dieses Kapitels ist es, einen Überblick über die möglichen Ansätze für die Entwicklung von Handelsstrategien zu geben. Es ist in drei Teile gegliedert: Technische Analyse, Fundamentale Analyse und Risikomanagement. Die ersten beiden Teile beziehen sich auf das Festlegen des Einstieges, der letzte auf das Festlegen des Ausstieges. Die Festlegung des Ausstieges ist der wesentliche Teil bei der Systementwicklung.
4. 1. Technische Analyse
Der Begriff „Technische Analyse“ umfasst ein breites Spektrum an Indikatoren und beinhaltet Durchschnitte, Chartmustererkennung, Trendlinien, Volumenbasierte oder Stimmungsindikatoren.
In diesem Teil werden die Indikatoren und Ansätze behandelt, auf denen auch die verschiedenen Handelsalgorithmen beruhen.
4. 1. 1. Einfacher gleitender Durchschnitt (Simple Moving Average - SMA)
Der einfache gleitende Durchschnitt bereinigt sozusagen das unklare Bild, das die oft hohe Volatilität22 in Aktien verursachen kann, so können Trends und Momentum mit einer höheren Leichtigkeit identifiziert werden (Pring 2002).
Der Durchschnitt kann für jede vorgegebene Periode berechnet und in jedem Chart angezeigt werden. Die Berechnung ist ein einfacher rollender Durchschnitt der letzten N Tage23.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der einfache gleitende Durchschnitt wird benutzt um das Momentum in Aktien zu identifizieren. Die Idee dahinter ist, dass Investoren eine Long Position aufbauen sollen, wenn das Momentum nach oben zunimmt und eine Short Position einnehmen bzw. die Position schließen, wenn das Momentum die Richtung ändert und nach unten verläuft.
Momentum kann auf zwei Wegen unter Zuhilfenahme des SMA identifiziert werden. Der einfache Weg ist die Benutzung eines SMA und der Vergleich dessen mit der Reaktion der Aktie selbst. Wenn der Aktienpreis oberhalb des SMA notiert, ist das ein Bullisches24 Signal und wenn es den SMA von unten nach oben durchschreitet ist es ein Kaufsignal. Genau das Gegenteil ist dann ein bärisches Signal bzw. ein Verkaufssignal. Notiert die Aktie also unterhalb des SMA ist dies ein bärisches Signal und wenn diese den SMA von oben nach unten durchkreuzt, ist dies ein Verkaufssignal.20 (Pring 2002)
Abbildung 1: Beispiel des einfachen SMA
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung: Beispiel eines Kaufsignals bei 150$ in der Aktie IBM im Juli 2016. Der Ausstieg wäre im August 2016 zu 160$ erfolgt. Bei dem SMA waren die Einstellung 9 Tage.
Die Technische Analyse mit Hilfe des SMA kann weiter entwickelt werden, in dem man anstatt den SMA mit dem Aktienkurs zu vergleichen, den SMA um einen weiteren SMA erweitertund diesen in Realtion mit den SMA setzt, um so ein Signal zu generieren. So kann man das Momentum noch klarer erkennen. Wenn der kürzere (schneller bewegende) SMA durch den längeren (langsamer bewegenden) SMA bricht, zeigt dies einen Wechsel in einen bullischen Trend und somit ein Kaufsignal. Wenn hingegen der kurze SMA den langen SMA nach unten durchbricht, ist dies der Beginn eines bärischen Trends bzw. ein Verkaufssignal (Pring 2002).
Abbildung 2: Beispiel anhand von 2 SMA
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung: Wieder ein Kaufsignal (ohne historischen Algorithmus) in der Aktie IMB bei ca. 151$. Doch diesmal wäre der Ausstieg noch etwas später, bei ca. 163$ gewesen. Die Einstellung ist 9 und 18 Tage.
[...]
1 Der S&P 500 (Standard & Poor’s 500) ist ein Aktienindex, der die Aktien von 500 der größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen umfasst (https://de.wikipedia.org/wiki/S%26P_500).
2 Backtesting bzw. Rückvergleich bezeichnet den Prozess, eine Strategie, Theorie oder ein Modell zu evaluieren, indem die Strategie bzw. die Theorie bzw. das Modell auf historische Daten angewendet wird (https://de.wikipedia.org/wiki/Backtesting).
3 Warren Buffett ist ein US-amerikanischer Großinvestor und Unternehmer. Er ist der zweitreichste Mensch der Welt (https://de.wikipedia.org/wiki/Warren_Buffett).
4 Ted Seides war Gründer von Protégé Partners LLC, einer Investmentfirma, die sich auf das Investieren in Hedgefonds spezialisiert hat und dort Co-CIO bis 2015. Aktuell ist er CEO von Hidden Brook Investments LLC (http://capitalallocatorspodcast.com/about/).
5 http://capitalallocatorspodcast.com/bet/
6 Der Begriff Hedgefonds fasst eine Gruppe von Investmentfonds zusammen, die aktiv verwaltet werden. Einzige Gemeinsamkeit aller Hedgefonds ist in der Regel die Absicht, überdurchschnittliche Renditen im Vergleich zu ihrem Referenzmarkt zu erzielen, wofür höhere Risiken in Kauf genommen werden. Sie unterliegen dabei keinen Anlagerichtlinien.
7 Ein Exchange-traded fund (ETF) ist ein Investmentfonds, der an einer Börse gehandelt wird. Die meisten ETFs sind passiv verwaltete Indexfonds (https://de.wikipedia.org/wiki/Exchange- traded_fund).
8 Der erste Index Fund für private Investoren. Dieser ermöglicht mit geringen Kosten in den breit diversifizierten Aktienmarkt zu investieren. Dieser Index Fund bildet den S&P 500 ab.(https://personal.vanguard.com/us/FundsSnapshot?FundId=0540&FundIntExt=INT)
9 https://de.wikipedia.org/wiki/Spieltheorie
10 Mit Long und Short werden in der Finanzwelt Käufer- bzw. Verkäuferpositionen bezeichnet (https://de.wikipedia.org/wiki/Long_und_Short).
11 “Hierbei werden Wertpapiere gleichzeitig ge- und verkauft. Damit sollen Preisdifferenzen zwischen identischen oder ähnlichen Wertpapieren ausgeglichen werden (http://boerse.ard. de/boersenwissen/boersenlexikon/spread-trading-100.html).
12 Arbitrage ist in der Wirtschaft die ohne Risiko vorgenommene Ausnutzung von Kurs-,Zins- oder Preisunterschieden zum selben Zeitpunkt an verschiedenen Orten zum Zwecke der Gewinnmitnahme (https://de.wikipedia.org/wiki/Arbitrage).
13 Der Market-Maker ist ein Marktteilnehmer auf dem Kapitalmarkt, der sich verpflichtet, für Finanzinstrumente verbindliche An- und Verkaufskurse zu stellen, zu denen er zum Handel bereit ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Market-Maker).
14 Ein Algorithmus ist eine eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems oder einer Klasse von Problemen (https://de.wikipedia.org/wiki/Algorithmus).
15 Eine Order, auch Wertpapierorder, ist der Auftrag zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Menge von Wertpapieren (http://www.boersennews.de/lexikon/begriff/order/1908).
16 Eine Form des passiven Investierens, wobei durch die Abbildung des zugrundeliegenden Marktes, dieser 1:1 nachgebildet wird (http://www.investopedia.com/terms/i/index-investing.asp).
17 Benchmarking bezeichnet die vergleichende Analyse von Ergebnissen oder Prozessen mit einem festgelegten Bezugswert oder Vergleichsprozess (von engl. Benchmark) (https://de.wikipedia.org/wiki/Benchmark).
18 https://de.wikipedia.org/wiki/Terminkontrakt
19 https://de.wikipedia.org/wiki/Devisenmarkt
20 C++ ist eine von der ISO genormte Programmiersprache. Sie wurde ab 1979 von Bjarne Stroustrup bei AT&T als Erweiterung der Programmiersprache C entwickelt. (https://de.wikipedia.org/wiki/C%2B%2B).
21 Matlab ist eine kommerzielle Software des US-amerikanischenUnternehmens MathWorks zur Lösung mathematischer Probleme und zur grafischen Darstellung der Ergebnisse (https://de.wikipedia.org/wiki/Matlab).
22 In der Finanzmathematik ist sie Maß für die Schwankung von Finanzmarktparametern wie Aktienkursen und Zinsen (https://de.wikipedia.org/wiki/Volatilit%C3%A4t).
23 Die Formel wurde anhand des Kapitels 9 von Pring 2002 „Moving Averages“ abgebildet.
24 Der Begriff Bullenmarkt (bullisch) steht an der Börse für anhaltend steigende Kurse, Bärenmarkt (bärisch) hingegen für anhaltend sinkende Kurse (https://de.wikipedia.org/wiki/Bullen-_und_B%C3%A4renmarkt).
- Citation du texte
- Rico Mußgay (Auteur), 2017, Algorithmische Handelsstrategien für den diskretionären Wertpapierhandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/992717
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