Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob eine vollständige Vermeidung von Plastiktüten die Lösung gegen die globalen Umweltbelastungen darstellt oder ob es geeignete Alternativen gibt, welche eine bessere Ökobilanz als die herkömmliche Plastiktüte aufweisen.
Herkömmliche Plastiktüten weisen aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit eine sehr lange Lebensdauer auf. Gelangen diese in die Umwelt, können sie nur schwer bis gar nicht abgebaut werden. Ebenfalls stellt die Produktion ein Problem für die Umwelt und die Rohstoffe dar. Durch die Herstellung und den Verbrauch von Plastiktüten müssen fossile Rohstoffe, welche nicht erneuerbar sind, abgebaut werden. Bedenkt man, dass allein in Europa jährlich mehrere Millionen Tonnen Plastiktüten produziert und erworben werden, wird klar, dass der Konsum von Plastiktüten enorme Umweltauswirkungen mit sich bringt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Plastiktüte
2.1 Allgemeines
2.2 Historischer Überblick
2.3 Verschiedene Arten der Einwegkunststofftüte
2.4 Synthese und Herstellung
2.5 Anfänge der Polyethylenherstellung
2.6 Entsorgung von Plastikmüll
2.7 Zersetzungsprozess
3. Verschmutzung (Littering)
3.1 Ursachen für die Verschmutzung
3.2 Arten des Littering
4. EU-Richtlinie 94/62/EG
5. Vermeidung
6. Alternativen
6.1 Biologisch abbaubare Taschen (gemäß EN 13432)
6.2 Plastiktüten aus >80% Blauer Engel würdigem Recyclingkunststoff
6.3 Papiertüten
6.4 Tragetaschen aus Baumwolle
6.5 Vergleich der Ökobilanzen
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
„Viele Produkte des täglichen Bedarfs werden nur einmal - in den meisten Fällen auch nur kurz - genutzt und landen anschließend im Müll. Die Eigenschaften des Materials sind dabei Fluch und Segen zugleich. Kunststoffe sind sehr widerstandsfähig“ (Fuhr et al. 2019:14).
Herkömmliche Plastiktüten weisen aufgrund dieser Widerstandsfähigkeit eine sehr lange Lebensdauer auf. Gelangen diese in die Umwelt können sie nur schwer bis gar nicht abgebaut werden. Ebenfalls stellt die Produktion ein Problem für die Umwelt und die Rohstoffe dar. Durch die Herstellung und den Verbrauch von Plastiktüten müssen fossile Rohstoffe, welche nicht erneuerbar sind, abgebaut werden. Bedenkt man, dass allein in Europa jährlich mehrere Millionen Tonnen Plastiktüten produziert und erworben werden, wird klar, dass der Konsum von Plastiktüten enorme Umweltauswirkungen mit sich bringt. Es wird daher von Institutionen, wie der deutschen Umwelthilfe gefordert, dass nachhaltige Alternativen entwickelt und die gegenwärtigen Konsumgewohnheiten verändert werden müssen (vgl. Deutsche Umwelthilfe e.V. 2015:3). Schon allein die Reduktion des Plastiktütenverbrauchs würde „zu einem geringeren Abbau fossiler Energieträger und anderer Rohstoffe, zu geringeren Schadstoffemissionen, zu weniger Abfall und zu geringeren Umweltfolgeschäden [führen]“ (Deutsche Umwelthilfe e.V. 2015:3).
Die aktuelle Problematik, welche global auftritt, gibt zum Anlass der Frage nachzugehen, ob eine vollständige Vermeidung von Plastiktüten die Lösung gegen die Umweltbelastungen darstellt oder ob es geeignete Alternativen gibt, welche eine bessere Ökobilanz als die herkömmliche Plastiktüte aufweisen.
Um sich dieser Frage anzunähern werden zu Beginn in Kapitel 2 allgemeine Fakten zur Plastiktüte aufgezeigt und es wird auf die allgemeine Verwendung und Funktionen der Plastiktüte eingegangen. Darüber hinaus wird die globale Nachfrage an Kunststoffen und die Nachfrage im Verpackungssegment in Europa untersucht. Anschließend erfolgt im Unterkapitel 2.2 ein historischer Überblick. In diesem Kapitel werden die Anfänge der Plastiktüte und die gesellschaftlichen Gegebenheiten betrachtet. Darauf folgt die Vorstellung verschiedener Arten der Einwegkunststofftüte, welche unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Die Herstellung von Plastiktüten, wird im Anschluss betrachtet. Dieser Aspekt leitet zu dem Unterkapitel über, indem im Speziellen der geschichtliche Hintergrund der Polyethylenherstellung betrachtet wird. Am Ende des Lebenszyklus einer Plastiktüte steht die Entsorgung. Nach welchem Prinzip Plastikmüll in Deutschland entsorgt wird und welche EU-weiten Regelungen und Konzepte derzeit gelten, wird im Unterkapitel 2.6 genauer erläutert. Am Ende des zweiten Kapitels wird der Zersetzungsprozess von Kunststoffen untersucht. Hier werden verschiedene Faktoren beschrieben, welche zur Zersetzung von Kunststoffen beitragen. Das dritte Kapitel befasst sich zuerst mit der Verschmutzung der Umwelt durch Kunststoffabfälle und deren Ursachen. Darüber hinaus werden zwei Formen der Verschmutzung, das landschaftliche Littering und das marine Littering, vorgestellt. Um einen Überblick der gegenwärtigen Rechtsgrundlage im Bezug auf die Plastiktüte zu bekommen, geht es im darauffolgenden Kapitel um die EU-Richtli- nie 94/62/EG. Hier werden die Anfänge der von der EU beschlossenen Verpackungsrichtlinie und die aktuelle Ausgabe thematisiert. Im anschließenden Kapitel wird auf die aktuelle Regelung, Plastiktüten künftig zu verbieten, durch das Bundeskabinett eingegangen. Inwiefern auch Alternativen Plastiktüten ersetzen können wird im sechsten Kapitel analysiert. Dazu wird in den darauffolgenden Unterkapiteln auf vier Alternativen, die biologisch abbaubare Tragetasche, die Plastiktragetasche aus mindestens 80% recyceltem Kunststoff des „Blauen Engels", die Papiertüte und die Tragetasche aus Baumwolle eingegangen. Dabei wird der Lebenszyklus vom Anbau der verwendeten Rohstoffe über die Produktion der jeweiligen Alternative bis hin zur Entsorgung der vorgestellten Alternativen im Hinblick auf die Ökobilanz betrachtet. Um die Alternativen miteinander vergleichen und bewerten zu können und um zu beurteilen, welche Alternative sich am besten eignet, wurden die Ergebnisse der Studie der Abteilung Technologie und Gesellschaft (TSL-Technology & Society Lab) des Materialprüfungsinstitutes Empa in St. Gallen herangezogen. In deren Studie analysierten sie die Ökobilanzen verschiedener Typen von Tragetaschen. Kapitel 7 fasst als Fazit die Ergebnisse der Arbeit zusammen.
2. Plastiktüte
2.1 Allgemeines
Plastiktüten, sei es beim Einkaufen, zu Hause oder um den Müll zu entsorgen, sie sind kaum aus unserem Alltag wegzudenken. Meist werden Plastiktüten verwendet um Produkte, wie Kleidung oder Lebensmittel, von einem Ort zum anderen zu transportieren. Dabei werden sie heute in der Regel nur für diesen kurzen Zeitraum genutzt und anschließend entsorgt (vgl. Deutsche Umwelthilfe e.V. 2015). Schon lange ist die Plastiktüte nicht mehr nur ein funktionaler Gegenstand, welcher als praktische Einkaufshilfe dient. Vielmehr kann sie gegenwärtig als „Kulturgegenstand [...] einer kulturellen, globalen Vernetzung, als Umweltproblem, als Statussymbol und als Teil wirtschaftlicher Entwicklungen [betrachtet werden]" (Corell 2011:23). Betrachtet man die Grundfunktionen einer Plastiktüte, so steht die Funktion des Transports klar im Vordergrund. Darüber hinaus dient sie als Schutz des Transportguts vor äußeren Umwelteinflüssen, wie Regen oder Schmutz. Gleichzeitig dienen die meisten Plastiktüten als Informationsträger, indem der Inhalt in Form von Schrift und Bild auf der Plastiktüte gekennzeichnet ist. Diese Funktion kann auch als werbetragende Funktion benannt werden. Plastiktüten als Werbeträger zählen zu einem bedeutsamen Instrument in der Marketingbranche (vgl. Schmidt-Bachem 2001:24f.). Diese Werbemöglichkeit für eine breite Auswahl an Wirtschaftsbranchen eröffnet diesen nicht nur neue Möglichkeiten des Marketings, sondern ermöglicht auch die Selbstdarstellung der Konsumenten, indem dieser seine Wahl eines Geschäfts oder einer Marke nach außen hin kommunizieren kann. Somit ist die Plastiktüte auch ein Gegenstand, welcher die Gesellschaft widerspiegelt, indem er Status-, Kultur- und Gesellschaftsunterschiede aufzeigt (vgl. Corell 2011:69). Auf der anderen Seite steht die Plastiktüte exemplarisch für die Entstehung einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Gerade durch die geringe Nutzungsdauer kommt es, trotz des in Deutschland herrschenden Dualen Abfallsystems, zu Landschafts- als auch zu Meeresverschmutzung (Littering). Zudem steigt die Nachfrage an Kunststoffen immer noch stetig an. So stieg beispielsweise die weltweite Kunststoffproduktion zum Jahre 2018 auf 359 Millionen Tonnen, 11 Millionen Tonnen mehr als im Jahr 2017. Betrachtet man die Verteilung der weltweiten Kunststoffproduktion, so wurden 2018 mit 51% etwa die Hälfte der weltweiten Kunststoffe in Asien produziert und ein Drittel davon in China.
In Europa nahm das Verpackungs-Segment 2018 mit 39,9%, wie aus Abbildung 1 klar wird, den größten Endnutzungsmarkt ein. (vgl. PlasticEurope 2019:14ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Kunststoffbedarf nach Segmenten und Polymertypen im Jahr 2018; Quelle: PLASTICEUROPE 2019:23
2.2 Historischer Überblick
Betrachtet man die Geschichte und die Anfänge der Plastiktüte, so ist nicht nur die Industriegeschichte zu beachten, sondern auch deren sozialen und gesellschaftlichen Aspekte. Geht man zurück bis in die Urgesellschaft, zu den Sammlern und Jägern, findet man bereits dort die ersten Anfänge von Verpackungen, die beispielsweise für den Transport von Lebensmitteln genutzt wurden. Schon damals gab es den Urtyp der heutigen Plastiktüte, die Spitztüte, welche zum Teil aus größeren Pflanzenblättern gedreht wurde. Kisten, Fässer, Körbe oder Säcke hingegen „lassen sich „erst" seit den frühen Hochkulturen vor rd. 8000 Jahren nachweisen" (Schmidt-Bachem 2001:27). Zu den Materialien der von Hand gefertigten Verpackungen zählten unter anderem der Vorläufer des Papiers Tapa, Pergament welches aus Tierhäuten hergestellt wurde, Papyrus und Papier. In Deutschland wurde Papier hingegen erst seit 1390 hergestellt. Ende des 14. Jahrhunderts errichtete Ulman Stormer bei Nürnberg die erste Papier-/ Hadermühle Deutschlands (vgl. Sporhan-Krempel & Stormer 1960:84 ff.). Zu dieser Zeit war jedoch der Begriff der Tüte noch nicht gebräuchlich. Erst 1540, zur Zeit der Reformation, wurde erstmals das Wort „Dott" für Tüte von dem evangelischen Theologen Erasmus Alberus, welcher auch Pädagoge und Dichter war, im Wörterbuch aufgenommen. Dennoch etablierte sich dieser Begriff damals noch nicht. Erst 1565 wurde in „Kurtze und gründliche Widerlegung", einer Streitschrift von H. Wittich, erstmals das Wort „Tüte" literarisch erwähnt (vgl. SchmidtBachem 2001:29 ff.). Insgesamt stammt das Wort Tüte aus dem Niederdeutschen und ist im Hochdeutschen seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlich. Ebenfalls gehören die Wörter Beutel, Sack, Tasche, Tragetasche, Sackerl (in Österreich oder Süddeutschland) und Gugg (umgangssprachlich im Schwäbischen) zur Synonymgruppe für die Tüte (vgl. Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache). Erst ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als sich eine bürgerliche Schicht aus der Gesellschaft etablierte, welche in gesicherten Verhältnissen lebte, stieg der Handel durch die immer höheren Bedürfnisse und Ansprüchen an. Diese Zunahme des Handels führte letztendlich auch zu einer Zunahme des Bedarfs an Papiertüten und -beuteln. Jedoch entstanden zu dieser Zeit Tüten in Eigenanfertigung und nicht im industriellen Ausmaß. Ein Grund für den eingeschränkten Aufbau von einer gewerblichen Tüten- und Papierbeutelproduktion war das begrenzte Angebot von Papier. „Bis zum Einsatz der Holzschliff- und Zellstoffverfahren im industriellen Maßstab ab den 1860er Jahren gab es für die Papiererzeugung einen erheblichen Rohstoffmangel" (Schmidt-Bachem 2001:42). Dies ist der Grund weshalb es über das gesamte 19. Jahrhundert üblich war auch Nahrungsmittel in bedrucktes Altpapier zu verpacken. Erst mit der 1881 entstandenen Petition an das Kaiserliche Gesundheitsamt, welche von „Schutzvereinen der Papierindustrie und des Papier- und Schreibwarenhandels [und] zusammen mit dem Verein deutscher Papierfabrikanten" (ebd.:44) gegründet wurde, entstanden Regeln, die vorgaben, Nahrungs- und Genussmittel zukünftig nur noch in „sauberes" Papier zu wickeln. Mit dem Anstieg der Bevölkerung vor dem Beginn des ersten Weltkrieges und mit Eintritt der Hochindustrialisierung stieg der Bedarf an Tüten immer weiter an und mit dem technischen Fortschritt war nun auch die Tüten- und Papierbeutelindustrie möglich (vgl. ebd.:36 ff.). So gründete Buchbindermeister Gumpert Bodenheim in Allendorf 1853 die erste Tütenfabrik der Welt. Die damaligen Tüten wurden in sehr kleinen Größen hergestellt, um in diese Produkte wie Zucker oder Gewürze zum Verkauf zu füllen. „Die fabrikmäßigen ,,ürM-Tüten der frühen 1850er Jahre hatten die durchschnittlichen Maße von 10x12x15 cm" (ebd.: 56). Die verbreitete Spitztütenform war in Deutschland bis zum Ende des 19. Jahrhunderts charakteristisch für die Produktion von Tüten. Mit der Zunahme der Massenproduktion, der wachsenden Bevölkerung und dem Import von Waren nahm auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Angebot und Nachfrage von Waren stetig zu. „Ab 1850/60 verdreifachte sich die Zahl der Geschäfte pro Einwohner. Allein zwischen 1875 und 1907 nahm sie um 80 % zu" (ebd.:40). Mit der Ausweitung und Spezialisierung der Geschäfte, um den stark individualisierten Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht zu werden, nahm auch der Bedarf an Tüten und Papierbeutel weiter zu. Die am Ende des 19. Jahrhunderts in den Verkehr gebrachten Tüten und Papierbeutel waren damals noch sehr schlicht und einfach gehalten. Bodenheim & Co. entwickelte sich bis zum Anfang des Ersten Weltkriegs zu einem der führenden Unternehmen in dieser Branche. Grund für den Erfolg war unter anderem der günstige Standort in Allendorf. Bodenheim & Co. befand sich inmitten wichtiger Handelswege für den Transport von Papierwaren. Nach und nach nahmen immer mehr Unternehmen die Dienste von Bodenheim & Co. in Anspruch. Bereits in den ersten zwanzig Jahren nach der Firmengründung stellte Bodenheim & Co. 300 Personen einen Arbeitsplatz zur Verfügung. So begann man auch die Tüten mit den jeweiligen Firmennamen zu bedrucken. Durch die 1871 in Betrieb genommene ZweifarbenPresse ließen vermehrt Firmen ihren Namen auf die Tüten drucken. Zu Beginn war das Bedrucken von Tüten rein zweckmäßig und erst später begann man, die Tüten zu Werbezwecken bedrucken zu lassen. „Über die Rolle des Gründungsunternehmens der Papierwarenindustrie hinaus wurde Bodenheim eine der Gründerfirmen der Verpackungsindustrie für Markenartikel" (Schmidt-Bachem 2001: 60). Bodenheim & Co. begründete somit über die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen kompletten Industriezweig. Dabei waren die Hauptexportländer Österreich, Russland und die Schweiz. Um die Jahrhundertwende zählte die Papiertüte schon lange zu den Massenprodukten. Dies spiegelte sich auch im Umgang mit ihr in der Gesellschaft wider und so gehörte sie „zu den frühen Verbrauchsartikeln des Industriezeitalters, durch die der bis dahin allgemein bedachte und sparsame Umgang mit Dingen und der Respekt vor ihnen allmählich verloren [ging]" (ebd.:65). Vor allem in den Großstädten entstanden Massen-Käuferschichten, welche schon lange nicht mehr nur einkauften, um sich mit Lebensmitteln zu versorgen, sondern auch darüber hinaus die Nachfrage nach Textilien entstand. Die erste einfache Tragetasche aus Papier wurde von Max Schuschny entwickelt, welcher 1902 in Wien erstmals an Papiertüten eine Trageschnur anbrachte. Diese hatten zu Beginn jedoch nur eine kurze Trageschnur. Dadurch konnte man sie nur in der Hand tragen und nicht umhängen. Mit der Zeit optimierte man die Tragetasche und brachte ein längeres Band an ihr an, um einen noch besseren Komfort beim Einkaufen zu erzielen. „Zu den Herstellern von Tragetaschen gehörten im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts u.a. auch das Papierverarbeitungswerk Gustav Zipf, Bruchsal, mit der Marke „Perfekt" und die Deutsche Maschinen- und Industrie-Werke GmbH (Leipzig-Lindenau)" (ebd.:193). Nach dem Zweiten Weltkrieg, in den Jahren des Wiederaufbaus, wurde der Einzelhandel zunehmend durch das Nacheifern amerikanischer Zivilisationsmuster beeinflusst. So wurde im Einzelhandel zunehmend von Bedienung auf Selbstbedienung umgestellt. Mit dieser Umstellung wurde die Tragetasche immer bedeutsamer. Vor allem in der Lebensmittelbranche wurde die Tragetasche vermehrt als Werbeträger genutzt. 1964 etablierten sich vier verschiedene Arten von Tragetaschen aus Papier. Die Tragetasche mit einer Tragkordel, einem Papierhenkel, einem Griffloch und mit einem Kunststoffgriff (vgl. Schmidt-Bachem 2001:196ff.). Zu den ersten Werkstoffen, welche verwendet wurden, um eine Kombination mit Papier zu schaffen, zählte unter anderem auch Zellglas, der Vorläufer des Polyethylens. Die ersten kunststoffbeschichteten Papiere wurden in Deutschland ab 1952 von der Firma Feldmühle hergestellt. Erst drei Jahre später war es in Deutschland möglich kunststoffbeschichtete Papiere in einfachen Prozessen auf Beutelmaschinen zu bearbeiten. Dabei waren die ursprünglichen Papierverarbeiter Seckelmann aus Gelsenkirchen und Linneborn aus Essen zu dieser Zeit einer der ersten Hersteller von Polyethylen-Beuteln. Der Erfolg der Kunststoff-Folie aus Polyethylen ist gleichermaßen der schnellen Entwicklung der Bereiche der Kunststoffverarbeitung und des Maschinenbaus zu verdanken (vgl. ScHMiDT-BACHEM:224ff.).
Durch die stetige Entwicklung der Maschinenindustrie war es nun möglich verschiedene Arten von Beuteln herzustellen (vgl. ebd.:212ff.). Dabei spielten die Erfahrungen, welche durch das Herstellen der Zellglas-Folie gewonnen wurden, eine wichtige Rolle. Sie beschleunigten die darauffolgende Produktion von Polyethylen (vgl. ebd.:225). 1957 kam vermehrt Kunststoff, vor allem Polyethylen auf den Markt. Zu dieser Zeit wurde der Kunststoff oftmals als Ergänzung zum Papier verwendet. Durch diesen Fortschritt der Kombination von Papier und Polyethylen konnte eine Verbesserung der Haltbarkeit gewährleistet werden. Die in den 50er-Jahren produzierten Tüten aus Polyethylen wurden damals meist als Polyethylen-Beutel oder Tragetaschen bezeichnet. Doch für die breite Masse waren die Tragetaschen aus Polyethylen anfangs nur wenig lukrativ, da sie nicht kostenlos an die Kunden abgegeben werden konnten. Grund war der rund 350% höhere Preis im Vergleich zur herkömmlichen Tasche aus Papier. Zunehmend begann man jedoch die Vorteile des konkurrierenden Werkstoffes Polyethylen zu schätzen (vgl. ebd.:207ff.). Die Plastiktragetaschen, welche um 1964 am meisten in den Umlauf gebracht wurden, waren „Hemdchen-Tragetaschen [,] Tragetaschen mit Griffloch [und] Tragetaschen mit angeschweißtem Kunststoffgriff (ebd.:233). Nun entschieden sich Kaufhäuser häufiger Tragetaschen aus Polyethylen anzubieten. Einer der Gründe, dass es zu einer Massenproduktion von Plastiktragetaschen im Jahr 1965 kam, war der zunehmende Stellenwert von Erdöl (vgl. ebd.:234). „Im Laufe der 60er Jahre stieg die Bundesrepublik zum drittgrößten Kunststoff-Erzeuger der Welt auf" (ebd.:234). Ein weiterer Grund für das Aufkommen der Massenproduktion war die Expansion der Selbstbedienung in den Supermärkten (vgl. Schmidt-Bachem 2001:235). Im gleichen Zeitraum wurde die erste „richtige" Plastiktragetasche, die Reiterbandausführung, zum Verkauf angeboten. „Das für diese Tasche typische Herstellungsverfahren lag in einer Vorrichtung zur Herstellung eines Streifens (Bandes), der die oberen Taschenränder mit insgesamt 6-facher Folienlage (2 x 3) U-förmig sattelartig umgriff („Reiterband")" (Schmidt-Bachem 2001:236). Durch die neue Entwicklung wurde die Tragetasche stabiler als der Hemdchen-Beutel-Vorgänger (vgl. ebd.:136). In den 70er-Jahren sank der Pro-Kopf-Verbrauch an Papiertüten von zehn auf sieben Tragetaschen im Jahr, wohingegen der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Tragetaschen aus Polyethylen stetig zunahm. Vermehrt wechselten Firmen von einer papierverarbeitenden Produktion auf die Kunststoffverarbeitung. Dabei produzierten die meisten Firmen sowohl Tragetaschen aus Polyethylen als auch Papiertüten (vgl. ebd.:207ff.). Ein Grund für den hohen Verbrauch der PolyethylenTragetaschen war das kostenlose und großzügige Ausgeben der Taschen Ende der 60er-Jahre. Aufgrund der unbedachten Art und Weise des Entsorgens der Tragetasche aus Kunststoff kamen schließlich erste kritische Stimmen auf. In Bezug auf die Umweltverschmutzung und die Müllproblematik, welche durch die Kunststoff- und Plastikbelastung geschaffen wurde, entwickelte sich zunehmend eine kritische Haltung der Bevölkerung gegenüber Plastiktüten. Im Widerspruch dazu stand jedoch der stetig zunehmende Verbrauch der Polyethylen-Tragetasche (vgl. Schmidt-Bachem, S. 236ff.). In den 70er-Jahren stieg „[d]er [jährliche] Pro-Kopf-Verbrauch an Plastiktragetaschen [...] von 20 Stück (1971) auf 32 Stück (1975)" (ebd.:241). Ebenfalls wurde in den 70er-Jahren die ReiterbandTragetasche zur DKT-Tasche (Doppelkraft-Tragetasche) weiterentwickelt. Diese Errungenschaft entstand durch die Koproduktion von „Udo Rieker, Hans Lehma- cher (LEMO, Mondorf) und Arno Repp (Karstadt, Essen)" (ebd.:242). Die DKT- Tragetasche erwies mit 42 x 42 x 16 cm ein größeres Füllvolumen als die Reiterband-Tragetasche. Somit wurde mit ihr auch vergleichsmäßig mehr eingekauft (vgl. ebd.:244). Die DKT-Tragetasche wurde somit zum Symbolträger der Überfluss-, Massenkonsum- und Wegwerfgesellschaft (vgl. ebd.:145). Durch die Ölkrise im Jahr 1973 sank der Plastiktragetaschengebrauch zum ersten Mal. Durch diesen Einbruch wurde zunehmend an einer umweltfreundlichen Alternative geforscht. Es wurde vermehrt für einen Gebrauch von Papiertragetaschen und Jutebeuteln geworben und die Bewegung „Jute statt Plastik" kam erstmals auf. Zur selben Zeit stieg jedoch auch der Papierpreis stetig an, wodurch sich die Papiertragetasche nicht erneut durchsetzen konnte. Allerdings hielt die Plastiktüte der Ölkrise weiterhin stand. Möglicherweise sind die bequeme und einfache Nutzung und die kostenlose Ausgabe der Plastiktüte Gründe für den anhaltenden Erfolg. Ein signifikanter Rückgang der Verwendung von Plastiktüten konnte erst 1991 mit dem Beschluss der Verpackungsverordnung als Resonanz auf die ansteigende Müllproblematik wahrgenommen werden (vgl. Bode 2017:36f.).
2.3 Verschiedene Arten der Einwegkunststofftüte
Gegenwärtig wird eine Vielzahl verschiedener Arten von Plastiktüten verwendet. Ihnen allen ist die Grundfunktion des Transportierens gemeinsam. Dabei ist es gleichgültig, wie groß oder klein, wie dick oder dünn, wie leicht oder schwer, wie teuer oder günstig sie sind. Einerseits gibt es äußere Unterschiede, welche sich je nach Marke oder Geschäft, indem die Plastiktüte zu erwerben ist, unterscheiden. Andererseits unterscheiden sie sich je nach Einsatzgebiet (vgl. Corell 2011: 177).
Zu einer der klassischen Einwegkunststofftüten zählen die sogenannten „Hemd- chen-Beutel". Sie zeichnen sich vor allem durch ihre besonders dünne Wandstärke aus und sind meist leicht durchsichtig. Mit einer Materialstärke von 10-20 Mikrometern (gm) besitzt sie eine sehr geringe Reißfestigkeit und sind deshalb meist nur für einen kurzen Zeitraum im Einsatz (vgl. Schmidt-Bachem 2001:216). Diese Art der Plastiktüte findet man meist in der Obst- und Gemüseabteilung von Supermärkten vor. Hemdchen-Beutel werden vorwiegend aus „Polyethylen [mit einer] hohe[n] Dichte (high density), PE-HD oder HDPE" (Abts 2014:103) hergestellt. Laut der Richtlinie 94/62/EG, welche vom Europäischen Parlament und Europäischen Rat beschlossen wurde, sind diese leichten Kunststofftragetaschen für lose Lebensmittel aus Hygienegründen erforderlich, da sie der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken sollen (vgl. Europäisches Parlament und der Rat der europäischen Union 2015:3). Es wird zwar weniger Material für die dünnen Hemdchen-Beutel verwendet, dennoch handelt es sich bei dieser Art von Plastiktüte nicht um eine umweltfreundlichere Art als die herkömmlichen Plastiktüten. Im Gegenteil, durch die geringe Wandstärke reißen diese schneller als die herkömmlichen Plastiktüten und lassen sich somit nur bedingt wiederverwenden. Auch im Hinblick auf den direkten Eintritt in die Umwelt können die Hemdchen- Beutel mit ihrem leichten Gewicht schnell durch den Wind in die Landschaft und in Gewässer, wie Flüsse und Meere transportiert werden. Während in den vergangenen Jahren der Verbrauch an handelsüblichen Plastiktüten pro Kopf sank ist beim Verbrauch von Hemdchen-Beuteln ein gleichbleibendes Niveau von 37 Tüten pro Kopf im Jahr 2019 zu erkennen (vgl. Bundesumweltministerium 2019a:2).
Ein weiteres klassisches Einweg-Modell der Plastiktüte besteht ebenfalls aus Polyethylen und wird meist an den Kassen von Supermärkten und anderen Geschäften ausgegeben. Diese üblichen Modelle der Plastiktüte sind, mit einer Materialstärke von 30-50 Mikrometern (gm), etwas dicker als die Hemdchen- Beutel und somit auch reißfester (vgl. Schmidt-Bachem 2001:216). Zu den klassischen Einweg-Modellen zählen sowohl Plastiktüten mit einer hohen Dichte (high density polyethylen = HDPE) als auch Plastiktüten mit einer niedrigen Dichte (low density polyethylen = LDPE). Zwar unterscheiden sich diese in ihrer Stärke und Reißfestigkeit, jedoch weisen beide eine eingeschränkte Wiederverwendbarkeit auf. Mehrwegtüten hingegen, besitzen eine höhere Stärke und Reißfestigkeit und können aufgrund der Stabilität, welche durch die besondere Verarbeitung gewonnen wird, mehrmals verwendet werden (vgl. Deutsche Umwelthilfe e.V. 2020).
2.4 Synthese und Herstellung
Aufgrund der Materialeigenschaften wird ein Großteil der gegenwärtigen Plastiktüten aus Polyethylen hergestellt. Polyethylen hat den Vorteil einer hohen Bruchdehnung und Zähigkeit. Bereits seit dem Beginn der Herstellung von Plastiktragetaschen um 1950 wurde hauptsächlich Polyethylen (PE) als Hauptwerkstoff verwendet (vgl. Schmidt-Bachem 2001, S. 213). „Polyethylen ist ein teilkristalliner und unpolarer Thermoplast" (Abts 2014:104). Dabei bezeichnen Thermoplaste Polymere, welche bei ihrer Gebrauchstemperatur einen weichen oder harten Zustand aufweisen und über ihrer Gebrauchstemperatur flüssig werden (vgl. Caseri 2016a). Somit lassen sie sich umso besser anpassen, je mehr man sie erwärmt. Nachteil hierbei ist, dass sie bei einer zu hohen Temperatur schmelzen und somit nicht für jeden Einsatzbereich geeignet sind. Hier besteht der größte Unterschied zu den Duroplasten, welche bei zunehmender Temperatur nicht schmelzen. Neben Thermoplasten und Duroplasten gehören auch Elastomere zu den drei großen Werkstoffgruppen der Kunststoffe. Im Vergleich zu Thermoplaste sind Elastomere, wie der Name sagt, elastisch. Sie dehnen sich schon bei einem geringen Widerstand aus und kehren anschließend wieder in ihren Ausgangszustand zurück. Thermoplaste sind die Kunststoffe, welche wir am häufigsten im Alltag verwenden (vgl. Corell 2011:46). Der Thermoplast „Polyethylen ist eine chemische Verbindung, die aus vielen einzelnen Ethylenbausteinen aufgebaut ist [und aus] einer Vielzahl von [verknüpften] Ethylenmolekülen [besteht]" (ebd.:47).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entstehung von Polyethylen durch Polymerisation von Ethen vereinfacht dargestellt; Quelle: Corell 2011:47 zitiert nach der Kunststofftabelle der Chemie FU Berlin
Zu den generellen Eigenschaften von Polyethylen zählt unter anderem die niedrige Dichte von 0,915-0,965 g/cm3. Diese ist geringer als 1 g/cm3, daher schwimmen Produkte aus Polyethylen im Wasser (vgl. ebd.:47).
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Abbildung 3: Verbrauch und Produktion von Polyethylenen in den Jahren 1970-2003 (1 PE-LLD, 2 PE-LD, 3 PE-HD, 4 PE gesamt); Quelle: KEIM 2006:55
In Abbildung 3 ist ebenfalls gut zu erkennen, dass die Nachfrage, der Verbrauch und die Produktion von Polyethylen seit 1970 stetig ansteigen. So machten der Verbrauch und die Produktion von Polyethylen 2003 mit rund 60 Millionen Tonnen pro Jahr 25 % der weltweiten Produktion an Polymeren aus (vgl. Keim 2006:54). „Zur Synthese dieser Polyethylene stehen verschiedene technische Verfahren in unterschiedlichen Varianten zur Verfügung" (Keim 2006:55).
Am Anfang der Wertschöpfungsketten, aus denen Polyethylen gewonnen wird, steht das Erdöl. Erdöl ist derzeit nicht nur Ausgangsstoff vieler Gebrauchsgegenstände, sondern auch einer der bedeutsamsten Energiequellen. Zu dessen Bestandteilen gehört ein Gemisch von Kohlenwasserstoffen. Dieses ungereinigte Erdöl wird als Rohöl bezeichnet (vgl. Corell 2011:39). Durch das Destillieren von Erdöl in Erdölraffinerien entsteht Naphtha, welches auch Rohbenzin genannt wird. Durch das Aufspalten (cracken) entstehen im weiteren Verlauf „Kohlenwasserstoffe verschiedener Kohlenstoff (C-)Kettenlängen: Ethylen (C2), Propylen (C3), Butadien (C4), Benzol (C6) usw." (Verband der chemischen Industrie e.V. 2016:4). Diese entstandenen Grundstoffe bilden nun als Crackerprodukte wichtige Grundelemente der Chemieproduktion. Jedoch ist dies nicht der einzige Weg durch den die Grundstoffe erzeugt werden können. Beispielsweise kann Ethylen auch aus Ethanol gewonnen werden, welcher aus Zucker hergestellt wird.
Welcher Weg zur Herstellung der Grundstoffe gewählt wird, hängt unter anderem davon ab, wie viel Geld in die Produktion investiert wird (vgl. Baur et al. 2013:433f.). Insgesamt entstehen, durch das immer günstiger werdende Öl und Gas in den Rohstoffländern, in denen das Ethylen hergestellt wird, Kostenvorteile, welche zur Verdrängung anderer Produkte führen. Zum Beispiel verdrängt Polyethylen, als Ethylen-Folgeprodukt, Polypropylen oder die aus Polyethylen- terephthalat bestehenden PET-Flaschen Glasflaschen (Verband der chemischen Industrie e.V. 2016, S. 9). Nach dem Aufspalten (cracken) wird das Gas Ethylen, auch Ethen genannt, polymerisiert. In dieser chemischen Reaktion reagieren Monomere, welche in der Regel aus ungesättigten organischen Verbindungen, das heißt aus Kohlenstoffdoppel- oder -dreifachbindungen bestehen, durch die Einwirkung von Katalysatoren zu unverzweigten oder verzweigten Polymeren (vgl. Baur et al. 2013:433f.). Hierbei wird „in großen Reaktorkesseln (Steakcrackern) bei hohen Temperaturen [durchsichtiges] [...] (reiskornähnliches) Granulat gewonnen" (Schmidt-Bachem 2001:215). Über den Trichter (siehe Abbildung 4) wird das Granulat in den Extruder gefüllt. Dort wird es bei ca. 280°C geschmolzen. Das geschmolzene Granulat wird im weiteren Schritt zwischen einer ringförmigen Düse und einem Dorn extrudiert. Bei dieser Art der Extrusion wird ein Kunststoffrohr geformt. Damit das Rohr auf die gewünschte Dicke und Größe gestreckt werden kann wird in das Innere des Kunststoffrohrs durch den Dorn Stützluft geblasen. Die Materialstärke, welche bei der Extrusion erzeugt wird, ist vom Verwendungszweck der zukünftigen Plastiktasche abhängig. Sollen am Ende die sogenannten Hemdchen-Beutel produziert werden beträgt die Materialstärke durchschnittlich 10-20 Mikrometern (gm). Die üblichen Plastiktaschen, welche derzeit an den Kassen der Supermärkte erworben werden können, haben hingegen eine durchschnittliche Materialstärke von 30-60 Mikrometern (gm). Um den Umfang der gewünschten Größe zu begrenzen ist ein Kalibratorring angebracht. Der entstandene Kunststoffschlauch wird im anschließenden Prozess nach oben gezogen und flacht und kühlt ab. Dieser Prozess der Blasextrusion ist die gängigste Methode zur Plastiktütenherstellung. Im darauffolgenden Schritt wird die Kunststofffolie auf eine Rolle gewickelt. Entweder wird sie nun zur weiteren Bearbeitung weitertransportiert oder die weitere Bearbeitung der entstandenen Kunststofffolie geschieht vor Ort. Je nach gewünschtem Typ der Plastiktasche kann die weitere Bearbeitung unterschiedlich ausfallen. In den weiteren Schritten kann sie gefaltet, bedruckt, mit Henkeln versehen, mit Falten versehen, geschnitten oder heißversiegelt werden (vgl. Schmidt-Bachem 2001:214ff., vgl. Abts 2014:164f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Prinzip einer Blasfolienanlage (1 Extruder, 2 Blaskopf, 3 Kalibrierung, 4 Dickenmessung, 5 Flachlegung, 6 Abzugseinheit, 7 Bahnkantensteuerung, 8 Wickler; Quelle: Abts 2014:165
2.5 Anfänge der Polyethylenherstellung
Die erste Art von Kunststoff, das Viskosefreie Zellglas, wurde um 1910 vom Schweizer Jaques Edwin Brandenberger (1872-1954) erfunden. Die durchsichtige und „auf Cellulose-Basis erzeugte (halbsynthetische) Folie" (Schmidt Bachem 2001:214) wurde chemisch hergestellt und anfangs unter Verwendung von Harz und Wachs wasserundurchlässig gemacht. In Deutschland hingegen wurde Zellglas erstmals 1923 hergestellt, welches Transparit genannt wurde. Erst 1933 wurde Polyethylen zufällig in England bei Imperial Chemical-Industries (ICI) durch die Chemiker Reginald Oswald Gibson und Eric William Fawcett entdeckt. Nach der Anmeldung des Patents auf ihre Erfindung eröffnete Imperial Chemical- Industries (ICI) 1939 die weltweit erste Polyethylen-Fabrik. Zu Beginn produzierte Imperial Chemical-Industries (ICI) Polyethylen nach dem Hochdruckverfahren. Dieses Verfahren zählt zu den radikalischen Polymerisationsverfahren und hat Sauerstoff als Initiator (vgl. ebd.:216ff; vgl. Luft 2000:192). Spricht man von einer Polymerisation meint man den Aufbau hochmolekularer Verbindungen. Bei diesem Aufbau werden niedermolekulare Verbindungen wie Monomere oder Oligomere zu hochmolekularen Verbindungen wie Polymeren verknüpft (vgl. Caseri 2010). Speziell bei der radikalen Polymerisation werden zusätzlich Radikale gebildet, an denen sich die zu polymerisierenden Monomere anlagern bis es zu einem Abbruch kommt (vgl. Caseri 2016b). Dabei versteht man unter Radikale Ionen, Moleküle oder Atome mit ungepaarten Elektronen, welche in Ein- oder Mehrzahl vorhanden sind (vgl. KUBIK 2006). Zu einem Abbruch der Polymerisation kann es unter anderem dann kommen, wenn es zu einer Verunreinigung, wie beispielsweise durch Sauerstoff kommt (vgl. Caseri 2016b). Dabei wird unter einem Hochdruck von über 100 Megapascal (MPa) Polyethylen hergestellt, welches eine starke Verzweigung der Polymerketten aufweist. Diese Polyethylene zählen zu den low density polyethylene, den LDPE-Typen mit einer niedrigen Dichte. Vor allem während des Zweiten Weltkrieges forschte Imperial Chemical- Industries (ICI), inwiefern Polyethylen für eine Verwendung im Rüstungsbereich geeignet ist. Fünf Jahre nach der Entdeckung der beiden Chemiker begann die I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft (BASF AG) in Ludwigshafen in einem Hochdruck-Rohrreaktor zu experimentieren und startete 1942 mit der Produktion von Polyethylen, jedoch vorerst im Rahmen einer Pilotanlage. Rund 4 Jahre später kam es zur Beschlagnahmung und Demontierung der Anlage durch die Besatzungsmächte. Kurz darauf um 1947 begann man in Ludwigshafen bereits mit der Neu-Montage. In der Nachkriegszeit lag der Fokus der Produktion von Polyethylen vor allem auf dem Verpackungszweck und so wurde die Produktion in großem Maße erweitert. Das Verfahren der Polyethylen-Herstellung wurde stetig weiterentwickelt. Bereits 1955 wurde von Carl W. Ziegler aus Deutschland und Philips Petroleum Comp. aus den Vereinigten Staaten ein neues KatalysatorVerfahren zur Produktion von Polyethylen entwickelt. Damit war es erstmals möglich hochdichtes Polyethylen zu produzieren. Jedoch wurde Anfang der 50er- Jahre Polyethylen zum Großteil importiert. Zu dieser Zeit wurde in Deutschland noch relativ wenig Polyethylen-Folie produziert (vgl. Schmidt-Bachem 2001:216ff.). Der entscheidende Punkt für den Beginn der Großproduktion von Polyethylen in Deutschland war die Entwicklung des Niederdruck-Verfahrens zur Herstellung von Polyethylen von „Carl Waldemar Ziegler (1889-1973) 1953/54 am Max-Plank-Institut in Mühlheim/Ruhr“ (ebd.:220). Auf diese Art wurden 1955/56 in Deutschland rund 25000t Polyethylen produziert. Ende 1956 entwickelte Kalle in Wiesbaden, einer der beginnenden Hersteller, die Versuchsfolie 65 (vgl. ebd.). Diese Folie wurde nach „dem Niederdruck-Erzeugnis Hostalen der Hoechst AG (in der Hauptsache für Rohre verwendet) [hergestellt]“ (ebd.:220). Die derzeit hergestellten Folien wurden meist für den Gemüse- und Obstbereich hergestellt. Von den gesamten Kunststoff-Folien galten die Polyethylen-Folien als die preiswertesten.
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- Arbeit zitieren
- Helena Knoblauch (Autor:in), 2020, Plastiktüten im Alltag. Entwicklung, Umweltverschmutzung und umweltfreundliche Alternativen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/991575
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