Die Arbeit beschäftigt sich mit der psychoanalytischen Beobachtung der Tavistock-Methode nach Esther Bick. Ein wichtiges Ziel dieser Methode ist es, Beobachtern die Möglichkeit zur Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeit, einfühlend zu empfinden, zu geben. Die Entfaltung der Fähigkeit, einfühlend die eigenen Gefühle sowie die Gefühle des Gegenübers verstärkt in den Fokus zu nehmen, wird zu einem persönlichkeitsverändernden Erfahrungslernen und schafft die Basis, einander auf unbewusster und bewusster Ebene (besser) verstehen zu können. Das Bemühen um Verstehen verlangt dem Beobachter die Fähigkeit ab, das "Nicht- Verstehen" aushalten zu lernen.
Anhand der Analyse der Beobachtungsprotokolle wird die Bedeutung des spezifischen Settings, der Haltung und der Rollenübernahme in der psychoanalytischen Beobachtung interpretiert, um ihre Relevanz für die Weiterentwicklung beziehungsförderlicher Lernerfahrungen aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Kurzbeschreibung des Themas
1.2 Persönliche Motive, dieses Thema zu bearbeiten
1.3 Fragestellung
1.4 Zur Vorgehensweise
1.4.1 Zum empirischen Teil
2 Theoretischer Teil
2.1 Einführung in die psychoanalytische Beobachtung im Allgemeinen
2.2 Zur Rolle des Beobachters im Allgemeinen
2.3 Zur Annahme des Systems des Unbewussten nach Sigmund Freud
2.4 Zur Entwicklung des Denkens bei Sigmund Freud
2.4.1 Zum Primärprozess
2.4.2 Zum Sekundärprozess
2.4.3 Zum Prozess der Übertragung
2.4.4 Zum Prozess der Gegenübertragung
2.5 Entwicklung des Denkens nach Melanie Klein
2.5.1 Zur paranoid-schizoiden Position
2.5.2 Zur depressive Position
2.6 Theorie des Denkens nach Wilfred R. Bion
2.6.1 Zur Entwicklung der negativen Kapazität
2.7 Zum Setting in der psychoanalytischen Beobachtung
2.7.1 Zur Containerfunktion der Seminargruppe
2.8 Zur Haltung in der psychoanalytischen Beobachtung
2.9 Zur Rolle des Beobachters in der psychoanalytischen Beobachtung
3 Zur Beantwortung der einleitenden Fragen
4 Empirischer Teil
4.1 Vorstellung Familie A und meine individuellen Beobachtungsbedingungen
4.2 Ausschnitte aus den Beobachtungsprotokollen (zu Familie A)
4.2.1 Der Beginn: Familie A
4.2.2 Der Verlauf der Beobachtung
4.2.3 Der Abschied: Letzte Beobachtung der Familie A
4.3 Vorstellung Familie B und meine individuellen Beobachtungsbedingungen
4.4 Ausschnitte aus den Beobachtungsprotokollen (zu Familie B)
4.4.1 Der Beginn: Familie B
4.4.2 Der Verlauf der Beobachtungen
4.4.3 Der Abschied: Letzte Beobachtung der Familie B
5 Resümee
6 Literaturverzeichnis
7 Anhang
7.1 Kurzzusammenfassung
1 Einleitung
1.1 Kurzbeschreibung des Themas
Ausgehend von der Annahme Wilfried Datlers, dass das Bemühen um Verstehen von Beziehungsprozessen im Zentrum pädagogischer (Lern-)Aufgaben steht, erachte ich es als wichtig und notwendig, sich mit den Voraussetzungen solcher Lernerfahrungen auseinanderzusetzen die für ein differenziertes Verstehen von Beziehungsprozessen relevant sind. (vgl. Lehner/Sengschmied 2009, 119).
Dieses Bemühen resultiert aus dem grundlegenden Bedürfnis nicht hilfreiche Verhaltensmuster zu erkennen und einander verstehen zu lernen. Das Bemühen um Verstehen verlangt uns aber eine andere Fähigkeit ab: Die Fähigkeit „NichtVerstehen" bzw. „Nicht-alles-Verstehen" aushalten zu lernen und ein gewisses Maß an Frustration, Enttäuschung und Unsicherheit zu akzeptieren. (vgl. Salzberger- Wittenberg 1997, 77) Durch die Schulung unserer Empathie1, unserer Einfühlung wird eine der Voraussetzungen geschaffen, einander auf der unbewussten und bewussten Ebene verstehen zu können. Die Neugier auf den individuellen Menschen lässt uns immer wieder nach Möglichkeiten suchen, unsere Einfühlung derart zu schulen, dass die Ergebnisse unserer Erforschung des Subjekts mit seiner empfundenen Wirklichkeit übereinstimmen. Das heißt, dass wir unser Erleben eines Menschen möglichst nahe an seine empfundene und erfahrene Wirklichkeit herankommen lassen.
Die Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeit „empathisch zu empfinden" i.e. eine Art „Sensibilisierungstraining“ (Lazar 2000, 410) wird zu einem persönlichkeitsverändernden Erfahrungslernen.
Diese Art des in die Tiefe gehenden Lernens ist sehr häufig mit psychischem Schmerz verbunden, da es von unbewussten Abwehrprozessen begleitet wird.
Psychoanalytische Annahmen machen deutlich, „...dass Gefühle und Gedanken, die in Beziehungsprozessen ausgebildet werden, nicht bloß von angenehmen Aspekten des Erlebens begleitet werden.“ (Lehner/Sengschmied 2009, 119)
Durch das Registrieren und Nachdenken über die in der Beobachtung wach gewordenen Gefühle wird ein Erkennen der eigenen unbewussten und bewussten Anteile bei Konflikten um das persönliche Lernen möglich. (Diem-Wille 2009, 67) Die Frage, was die Entscheidung sich selbst als Lernende zu erleben und weitere Lernschritte zu gehen begünstigt bzw. die Frage, was dies verhindert, wird in weiterer Folge gestellt.
Das Interesse am eigenen Lernen, die Schulung der Wahrnehmung und vor allem die Verarbeitung des Wahrgenommenen stehen im Mittelpunkt der teilnehmenden psychoanalytischen Beobachtung der Tavistock-Methode nach Esther Bick. (Ermann 1996, 279).
Ein wichtiges Ziel dieser Methode ist es auch, dem Auszubildenden ein pädagogisches (nicht wissenschaftliches) Instrument in die Hände zu geben, zur Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten, empathisch zu empfinden, ohne die Bürde klinischer Verantwortung. (vgl. Lazar 2000, 400)
Mit dem dazu nötigen Lern-Setting, der entsprechenden Haltung und den Anforderungen an die Rolle in der Methode der psychoanalytischen Beobachtung werde ich mich in meiner Diplomarbeit differenziert auseinandersetzen, um die Bedeutung für die Weiterentwicklung beziehungsförderlicher Lernerfahrungen zu verstehen.
Auf Grund der leichteren Lesbarkeit habe ich mich entschlossen diese Diplomarbeit nicht zu gendern.
1.2 Persönliche Motive, dieses Thema zu bearbeiten
Im Zuge meiner Arbeit in der Neurophysiologischen Entwicklungsförderung NDT/ INPP2, war meine ursprüngliche Idee, eine Diplomarbeit zu dem Thema „Auswirkungen der Neurophysiologischen Entwicklungsförderung auf die Mutter-KindBeziehung?" zu schreiben. Mein Anliegen war es, mit der Methode der psychoanalytischen Beobachtung einen Versuch der kritischen Interpretation dieser Bewegungstherapie zu starten.
Kennen und schätzen gelernt hatte ich die Methode der psychoanalytischen Beobachtung 2008 bei einem einsemestrigen Organisationsbeobachtungsseminar3 unter der Leitung von Mag. Barbara Lehner und Prof. Ross Lazar, welches am Institut für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) in Wien im Zuge meines Pädagogikstudiums abgehalten wurde. Vor allem war ich fasziniert von der Methode der Datenerhebung, welche die Bick-Tavistock-Methode ermöglichte. Deshalb nahm ich in Hinblick auf meine Diplomarbeit (ab dem Wintersemester 2008) an einem dreisemestrigen Seminar zur „Beobachtung der Entstehung der Eltern-Kind-Beziehung" teil.
Geleitet wurde dieses Seminar von Frau Mag. Sengschmied, die wissenschaftliche Leitung oblag Frau A.o. Prof. Diem-Wille.
Im Zuge dieses Seminars beobachtete ich zwei Kinder - ein Mädchen und einen Buben - aus zwei verschiedenen Familien. Beide Familien kontaktierten mich als Entwicklungsförderer. Die Kinder befanden sich über den gesamten Zeitraum der Beobachtung in Neurophysiologischer Entwicklungsförderung. Diese Grundkons- tellation wurde mit meiner Diplomarbeitsbetreuerin Frau A.o. Prof. Diem-Wille besprochen, die insbesondere auf die Notwendigkeit einer zweiten Beobachtungsfamilie und auf die Möglichkeit, die Kinder zu Hause und auch während der Bewegungsförderung zu beobachten, hinwies. Dieses Setting wurde in Bezug auf meine erste Forschungsfrage „Auswirkungen der Neurophysiologischen Entwicklungsförderung auf die Mutter-Kind-Beziehung?“ als adäquat angesehen.
Der Grund zur Kontaktaufnahme zu mir war vor allem die Sorge der Eltern über die (erwarteten) schlechten schulischen Leistungen ihrer Kinder.
Die Mütter beider Kinder kontaktierten mich unabhängig voneinander in meiner Funktion als Entwicklungsförderin. Die Kontaktaufnahme meiner ersten Beobachtungsfamilie erfolgte schon zirka drei Monate vor dem Beginn der, zu den Beobachtungen stattfindenden Seminargruppe. Ich sah es damals geradezu als „Glückstreffer“ für den Beginn der Bearbeitung meiner Forschungsfrage an, den Eltern den Vorschlag zu unterbreiten, dass sie für die Bewegungstherapie mit ihren Kindern zu meiner Ausbildnerin wechseln könnten. Gleichzeitig erklärte ich den Eltern ausführlich mein Anliegen, nämlich, für den Zeitraum der Förderung zu ihnen nach Hause beobachten zu kommen. Der „Glückstreffer“ bestand für mich darin, dass ich so von der Rolle des Entwicklungsförderers, in die Rolle des Beobachters wechseln konnte, um derart mein vorgesehenes Diplomarbeitsthema zu bearbeiten. Beide Elternpaare gaben nach kurzer Bedenkzeit zu der Beobachtung und zur Analyse der Beobachtung in meiner Diplomarbeit ihr Einverständnis.
Gestützt durch das „Basiswissen“ aus dem Organisationsseminar ging ich enthusiastisch und selbstbewusst zu dem ersten Beobachtungstermin, froh, ein für mich interessantes Diplomarbeitsthema gefunden zu haben.
Durch die Reflexion in der Seminargruppe kristallisierten sich im Verlauf der Beobachtungen aber immer stärker meine Schwierigkeiten mit dem veränderten Auftrag und damit verbunden mit dem veränderten Anspruch an meine Rolle heraus. Mein Auftrag als „Lernende“ in der teilnehmenden psychoanalytischen Beobachtung in diesen Familien änderte sich vom äußerlichen, auf körperliche Fähigkeiten gerichteten Blick der „Expertin“ in der Neurophysiologischen Förderung, zu einem „Sich-Miteinbeziehen-Lassen“ in die innere Erlebniswelt des Kindes. Dieser Rollenwechsel verlangte mir den schwierigen und schmerzlichen Verlust meines „Ex- pertentums" ab. Groß war die Versuchung, den in mich gesetzten Erwartungen (von den Familien und von mir selbst) auf eine einfache und sichere Lösung ihres „Problems" zu entsprechen.
Wie aber konnte ich diesem veränderten Anspruch an meine Rolle gerecht werden?
Die Adaption des Settings - in Anbetracht meiner ursprünglichen Forschungsfragewar nicht nur für mich, sondern auch für den Seminarleiter und die anderen Seminarteilnehmer, sowie für die beobachtete Familie eine Herausforderung. Sie hat uns gezwungen, 1. die Haltung und die Gestaltung der einzelnen Rollen und 2. die Bedingungen, eigene Lernerfahrungen zu ermöglichen, zu präzisieren und über die Bedingungen die Beobachtung nach dem Tavistock-Konzept als Forschungsmethode einzusetzen, zu reflektieren.
Das Nachdenken über mich und das Reflektieren meiner Gefühle in der Seminargruppe, unterstützt durch den Seminarleiter, aber auch die intensive theoretische Auseinandersetzung ließ in mir die Gewissheit wachsen, dass das Wahrnehmen und Reflektieren der eigenen Gefühle essentiell für ein differenziertes Verstehen von Beziehungsprozessen ist.
Ausgehend von meinem ursprünglichen Interesse - nämlich nach der Methode der psychoanalytischen Beobachtung wissenschaftliche Daten für die Beantwortung meiner Diplomarbeitsfrage zu sammeln - befand ich mich (für mich unerwartet) während der Beobachtung in einem intensiven persönlichen Lernprozess. Wirkliches Lernen kann nur dann stattfinden, „...wenn der Zustand des Nichtwissens so lange ertragen werden kann, daß die von den Sinnen wahrgenommenen Informationen verarbeitet und erforscht werden können, bis sich ein sinnvoller Zusammenhang ergibt.“ (Salzberger-Wittenberg 1997, 82) Dieser Umstand veranlasste mich mein Diplomarbeitsthema zu ändern, und mich stattdessen mit der Bedeutung des Settings, der Haltung und der Rolle in der psychoanalytischen Beobachtungsmethode auseinander zu setzen.
1.3 Fragestellung
Lazar (2000, 401) konstatiert, „...dass psychoanalytische Beobachtung eine Art Schulung und ,Sensibilisierungstraining‘ zur Weiterentwicklung der eigenen empathischen Fähigkeiten ist.“
Die Erweiterung der Selbstreflexionsfähigkeit einerseits durch die Aneignung von psychoanalytischem Wissens, und andererseits durch das Erfahrungslernen mittels der psychoanalytischen Beobachtungsmethode umfasst die gesamte Persönlichkeit. (vgl.Turner/Ingrisch 2009, 162)
Folgende Kompetenzen werden geschult:
- Die eigenen Gefühle sowie die Gefühle des Gegenübers verstärkt in den Fokus zu nehmen.
- Das ernsthafte Interesse, in einen Verstehensprozess mit dem Gegenüber einzutreten.
- Die Fähigkeit keine Verurteilungen und Beurteilungen über die andere Person abzugeben, um dadurch zu
- einem reflektiertem und differenziertem Agieren, zum Beispiel im pädagogischen oder einem psychosozialen Berufsfeld, zu kommen.
Das beinhaltet für den in der Beobachtung Lernenden, sich mit der eigenen Abwehr von bedrohlich erlebten Inhalten auseinander zu setzen und die Fähigkeit Unsicherheit ertragen zu können, zu entwickeln.
Aus diesem Grund stelle ich im Rahmen meiner Diplomarbeit folgende Frage:
„Können wir einander auf der bewussten und unbewussten Ebene verstehen?“
Zur Bedeutung von Setting, Haltung und Rollenübernahme für beziehungsförderliche Lernerfahrungen in der psychoanalytischen Kindbeobachtung?“
Damit verbunden sind folgende Unterfragen:
- Was kann mir dabei helfen infantile Projektionen auszuhalten, intensive Gefühle zuzulassen und trotzdem (beziehungsweise gerade deshalb) genau zu beobachten und zu lernen?
- Welche Aspekte der Haltung ermöglichen mir, zu den Tendenzen des bewussten und unbewussten Erlebens Zugang zu finden?
- Welche Aspekte der Haltung ermöglichen mir, Formen der unbewussten Abwehr aller am Beziehungsprozess Beteiligten zu erkennen und zu verstehen?
- Was kann mithelfen, Offenheit für Neues zu entwickeln und sich der Fehlbar- keit von Pseudowissen bewusst zu werden?
1.4 Zur Vorgehensweise
Zur Beantwortung der von mir gestellten Forschungsfragen werde ich mit Hilfe der Literatur eine Einführung in die Grundkonzeption der psychoanalytischen teilnehmenden Beobachtung nach dem Tavistock-Modell nach Esther Bick geben. Die Themen Setting, Haltung und Rolle des Beobachters werden in dem theoretischen Teil der Diplomarbeit bearbeitet.
Im empirischen Teil kommt es zu einer Darstellung der beobachteten Familien und meiner individuell adaptierten, von der üblichen Vorgehensweise abweichenden, Beobachtungsbedingungen der psychoanalytisch orientierten teilnehmenden Beobachtung analog zu dem Tavistock-Modell nach Esther Bick4 Anschließend werden die Ausschnitte aus dem Beobachtungsmaterial auf die Bedeutung der Auswirkungen des veränderten Settings für das Einnehmen der geforderten Haltung und Rolle interpretiert und diskutiert.
Zu Beginn des theoretischen Teils werde ich auf die psychoanalytische teilnehmende Beobachtung im Allgemeinen eingehen.
Zum besseren Verständnis der Rollenübernahme durch den Beobachter, i.e. der Beobachter als Lernender, werde ich allgemeine Überlegungen zur Rolle des Beobachters anstellen.
Es werden grundlegende theoretische Entwicklungsschritte mit speziellem Fokus auf die Entwicklung des Denkens innerhalb der Psychoanalyse erläutert. Damit wird aufgezeigt, welche Entwicklungsschritte in der Psychoanalyse schon vorhanden waren, damit Esther Bick ihre Methode der psychoanalytischen Beobachtung konzipieren konnte. (Diem-Wille 2009, 68)
Weiters beschäftige ich mich mit
- den von Sigmund Freud erkannten, hinter dem Bewusstsein wirkenden unbewussten Antriebskräfte; und dem dynamischen Unbewussten
- der Entwicklung des Denkens; mit dem Primärprozess und dem Sekundärprozess
- Übertragung - und Gegenübertragung
- Melanie Kleins Theorien zu
- dem Denken in der paranoid-schizoiden Position
- dem Denken in der depressiven Position
- der von Wilfred R. Bions differenzierten „Theorie des Denkens“, sowie
- jener Haltung die Bion als containment beschrieben hat. Für eine weitere Abstraktion des Begriffes containment werde ich die dynamische prozesshafte Beziehung von „Container-Contained“ im Bionschen Sinne und die Entwicklung der Fähigkeit zur negativen Kapazität erläutern.
In den folgenden Kapiteln gehe ich auf Setting, Haltung und Rollenübernahme
durch den Beobachter in der Beobachtung ein.
1.4.1 Zum empirischen Teil
Am Beginn des empirischen Teils erfolgt eine einführende Darstellung der Familien und der individuellen Beobachtungsvoraussetzungen. Die Prozesse der Lernerfahrungen beim Beobachten, beim Protokollieren und beim regelmäßigen Besprechen meiner Beobachtungsprotokolle in der Seminargruppe, gaben mir die Möglichkeit, mich mit meinem veränderten Auftrag und damit verbunden mit meiner veränderten Rolle differenziert auseinanderzusetzen. In den Beobachtungs protokollen fallen einige bedeutende Ausschnitte zu der Thematik der „Rollenkonfusion“ und der Lernschritte im Verlauf der Beobachtung auf, die für eine detaillierte Interpretation im Verlauf des empirischen Teils verwendet werden.
Die Analyse des Beobachteten erfolgt daraufhin mit dem Fokus auf mein eigenes Erleben in der Beobachtung. Die Bedeutung des Settings, der Haltung und der Rolle werden in Bezug zu meinen Lernerfahrungen interpretiert. Die Auswirkungen der Adaption des Settings, bedingt durch meine erste Forschungsfrage, für den Beobachter, die Familie und die Seminargruppe werden angeführt und analysiert. Verdeutlichen werde ich die Folgen meiner Regelbrüche des üblichen Settings durch Ausschnitte der Beobachtungsprotokolle beider Familien (Familie A und Familie B). Die Beobachtung meiner zwei Familien und die damit in Zusammenhang stehenden Lernerfahrungen meinerseits fanden nahezu über den gleichen Zeitraum statt. Die Nacheinanderreihung der Familien dient nur der besseren Lesbarkeit. Interpretationen des Erlebens meines Beobachtungskindes bzw. von anderen Familienmitgliedern werden nur dann angestellt, wenn ich die Wechselseitigkeit des Erlebens von Beobachter und Beobachteten verdeutlichen möchte.
Die Interpretation ist in drei Teile gegliedert:
1. Der Beginn: Die Kontaktaufnahme mit der Familie und die erste Beobachtung
2. Beispiele aus dem Verlauf der Beobachtung
3. Der Abschied
2 Theoretischer Teil
2.1 Einführung in die psychoanalytische Beobachtung im Allgemeinen
Esther Bick5 etabliert in den späten 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf Einladung von John Bowlby in der Tavistock Clinic London einen psychoanalytischen kindertherapeutischen Lehrgang. Vor dem Hintergrund der psychoanalytischen Positionen Melanie Kleins6, deren Überzeugung es war, dass Kinderpsychotherapeuten sich in besonders intensiver Weise mit der Erlebniswelt kleiner Kinder vertraut machen müssen, ist Esther Bick überzeugt davon, dass sich Kinderpsychotherapeuten mit den allerfrühsten Beziehungs-und Entwicklungsprozessen besonders intensiv auseinander setzen müssen. (vgl. Datler 2009, 47) Der Grundgedanke der psychoanalytischen Beobachtung war es, den Ausbildungskandidaten der Kinder- und Erwachsenenpsychotherapie bzw. Psychoanalyse dabei zu helfen, sich vorzustellen, welche Erfahrungen ihre Kinderpatienten als Säuglinge gemacht hatten, um ihnen so Verstehensmöglichkeiten für das nonverbale Verhalten des Kindes zu eröffnen.
Zudem erhielten die Ausbildungskandidaten durch diese Methode die einzigartige Chance, ein Kind in seiner familiären Umgebung zu beobachten und so einen Einblick in die Entstehung von Beziehungen zu gewinnen (vgl. Bick 2009, 19).
Deshalb wurde die Säuglingsbeobachtung von Esther Bick als pädagogische Übung und als Trainingsaufgabe entwickelt, die v.a. der Entwicklung der Beobachtungsfähigkeit des Beobachters dienen sollte.
Die psychoanalytische Beobachtung unterscheidet sich von positivistischen Be- obachtungsmethoden durch die Anerkennung der Objekt-Subjekt-Beziehung. Ebenso erkennt sie auch, dass viele Erfahrungen des Beobachters stark von dessen eigenen Kindheitserinnerungen beeinflusst sind. (vgl. Hinshelwood/Skostadd 2006, 43f.)
In der psychoanalytischen Beobachtung ist der Beobachter ein wahrnehmendes und auf das Subjekt seiner Beobachtung Einfluss ausübendes Subjekt. Das Nachdenken über das Beobachtete sowie über die Gefühle, die diese in einem selbst auslösen, können bedeutende Einblicke in das eigene innere Erleben geben.
Exkurs
Esther Bick hat erstmals im Jahr 1964 über „Infant Observation" publiziert. Es dauerte bis in die neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bis viele Autoren die „Infant Observation" als lohnendes Feld wissenschaftlichen Arbeitens und Veröf- fentlichens begriffen.
Die Weiterentwicklung der von Bick ursprünglich als pädagogisches Instrument entwickelten Methode hat folgende Varianten psychoanalytischen Beobachtens hervorgebracht:
1. Young Child Oberservation und die Beobachtung von älteren Kindern oder Erwachsenen.
2. Beobachtung von Organisationen.
3. Work Discussion. (vgl. Datler, Tunkenpolz 2009,241ff)
Die Oberservation als Methode der Wahl in Forschungsprojekten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dass man derart gesammelte Daten als wissenschaftlich valide betrachtet, befindet sich noch in den Anfängen. Die Diskussion über Bedeutung und Relevanz dieses Wissenschaftsgebietes wird aber sicherlich zunehmen. (vgl. Lazar 2000, 401)
2.2 Zur Rolle des Beobachters im Allgemeinen
Gertraud Diem-Wille beschreibt den Beobachter - im Gegensatz zur objektiven Linse einer TV-Kamera - als ein „...in der Gesamtperson aufnehmendes Instrument.“ (Diem-Wille 2009, 68) Sie geht davon aus, dass ein solches Selbstverständnis eine beobachtende und verstehende Haltung fördert und genuines Lernen durch Erfahrung ermöglicht, welches in die Persönlichkeit integriert werden kann. (ebd.) Da sich der Beobachter emotional ansprechen lässt und beteiligt ist, befindet er sich immer in einer subjektiven, d.h. teilnehmenden Beobachtung. Trotzdem muss er es schaffen, eine gewisse Distanzierung vom Geschehen zu erlangen, um überhaupt beobachten zu können. Einige Dinge muss er geschehen lassen, anderen Dingen muss er hingegen widerstehen (vgl. Bick 2009, 21).
Agathe Israel beschrieb 2007 die beiden „goldenen Regeln" des Beobachtens von Esther Bick für die Babybeobachtung:
„Das wichtigste Ziel bei der Babybeobachtung ist - nach meinen Erfahrungen - wirklich beobachten zu lernen, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, keine Klischees, keine Theorien oder Denkmodelle zu benutzen, sondern die Dinge immer wieder vollständig neu zu sehen, (...) Deswegen ist es so fundamental zu lernen, was beobachten heißt, nämlich mit einer tabula rasa an die Sache herangehen: Sie wissen nichts! Das ist alles und das ist auch die Regel 1 für den Beobachter. Ohne die Einstellung ich weiß nichts, erst das Hinschauen wird mich lehren, ist die Arbeit von keinem Beobachter, und wenn er auch die hervorragendste Fähigkeit hat, wirklich fruchtbar (...)
Die Regel Nummer 2 für den Beobachter besteht darin, nichts weiter als nur ein Empfänger zu sein, alles passiv in sich aufzunehmen, es in sich ergießen zu lassen, sich füllen zu lassen, niemals jedoch auch nur irgendeine kleine Veränderung zu erbitten, niemals in irgendeiner Weise auch nur einzugreifen, sei es auch nur, um eine Frage zu stellen, denn wenn Sie auf die Situation Einfluss nehmen, beobachten Sie nicht mehr die eigentliche Situation.“ (Diem-Wille, 2009, 71f., Hervorhebungen von mir, M. P.)
Neben dem Wunsch und dem Interesse, mehr über sich und sein Unbewusstes zu erfahren, sowie sich den eigenen und fremden Übertragungen und Gegenübertragungen zu stellen, steht auch in einer Art des Widerspruchs der Schmerz und der Groll über die Tatsache, nicht mehr „Herr im eigenen Haus" zu sein.
„Freud spricht von dem ,Widerstand‘ der sich dem Erkenntnisinteresse entgegenstellt.“ (Diem- Wille 2007, 112)
Gertraud Diem-Wille stellt die These auf, dass das von Esther Bick entwickelte Lernsetting der psychoanalytischen Babybeobachtung „...als Ausdruck eines Wechsels in der psychoanalytischen Sichtweise zu verstehen ist, der durch die revolutionären Konzepte von Melanie Klein und Wilfred Bion herbeigeführt wurde.“ (Diem-Wille 2009,67)
Die Arbeit von Klein und Bion, das Ross Lazar (1999, 220) als das wohl „. potenteste, fruchtbarste und kreativste Paar, das die Psychoanalyse hervorgebracht hat.“ (ebd.), bezeichnet hat, ist ohne die Anerkennung der wichtigsten Grundannahmen Freuds, nämlich „.die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärsystem und die Hypothese, dass die Psyche in ihnen auf verschiedene Weise funktioniere .“ (Di- em-Wille 2007,112) nicht denkbar.
2.3 Zur Annahme des Systems des Unbewussten nach Sigmund Freud
Zur Zeit Freuds war eine Art von Forschung7 über psychische Aktivitäten so gut wie nicht vorhanden. Wirft man einen Blick in den „Abriß der Psychoanalyse" so stellt Freud dar, was unbekannt ist, und was sein Forschungsinteresse geweckt hatte.
„Von dem, was wir unsere Psyche (Seelenleben) nennen, ist uns zweierlei bekannt; erstens das körperliche Organ und Schauplatz desselben, das Gehirn (Nervensystem), andererseits unsere Bewußtseinsakte, die unmittelbar gegeben sind und uns durch keinerlei Beschreibung näher gebracht werden können. Alles dazwischen ist uns unbekannt, eine direkte Beziehung zwischen beiden Endpunkten unseres Wissens ist nicht gegeben“ (Freud 1940a, 67)
Will man Freuds Entdeckung mit einem Wort zusammenfassen, so wäre es das „Unbewusste".
„Das Unbewusste ist bei Freud in erster Linie ein topischer dynamischer Begriff, der sich aus der therapeutischen Erfahrung ergeben hat. Diese hat gezeigt, daß Psychisches nicht auf das Bewusste reduzierbar ist und daß gewisse ,Inhalte‘ erst nach Überwindung von Widerständen dem Bewußtsein zugänglich werden. Sie hat weiter ergeben, daß das psychische Leben erfüllt (ist) mit wirksamen, aber unbewußten Gedanken. Von ihm stammen alle Symptome ab‘ (I), und sie hat zu der Annahme ,separater psychischer Gruppen‘ geführt. Im weitesten Sinne kann man das Unbewußte als einen besonderen ,seelischen Ort‘ annehmen, den man sich nicht wie ein zweites Bewußtsein, sondern als ein System von Inhalten, Mechanismen und vielleicht mit einer spezifischen ,Energie‘ vorstellen muß. (...) Über den topischen Betrachtungen darf der dynamische Wert des Freudschen Unbewussten nicht aus dem Auge verloren werden ..(Laplanche/Pontalis 1973, 563 ff.)
Exkurs
Zentrale psychoanalytische Aspekte der modernen Tiefenpsychologie zum dynamischen Unbewussten
Im Anschluss an Freud sowie in Anknüpfung an Sandler und Joffe können die Annahmen der zentralen Aspekte der modernen Tiefenpsychologie folgendermaßen zusammengefasst werden:
1. Menschen sehen sich beständig konfrontiert mit Erlebnisinhalten von bedrohlicher erlebter Qualität. Menschen versuchen sich in unbewusster Weise durch den Einsatz von Abwehraktivitäten vor unangenehmen und als bedrohlich erlebten Erlebnisinhalten zu schützen.
2. Diese Abwehraktivitäten haben auch Folgen für das manifeste (bewusst wahrnehmbare) Erleben und Verhalten von Menschen, da diese bedrohlich erlebten Inhalte meist von so intensiver Natur sind, dass sie nicht zur Gänze unbewusst gehalten werden können. Sie werden derart von Individuum bearbeitet, dass sie weniger bedrohlich erscheinen und Eingang in das bewusst wahrnehmbare Verhalten finden können.
3. Besonders bedrohliche Erlebnisinhalte - also Impulse, Gefühle, Phantasien und Gedanken- erscheinen demnach beständig in verkleideter, zensierter, verschobener oder symbolisierter Form im Bereich des manifesten Erlebens und Verhaltens eines Menschen. In diesem Sinn stellt das manifeste Verhalten von Menschen den Ausdruck und die Folge von unbewusster Abwehr dar. (vgl. Datler 2005, 15)
2.4 Zur Entwicklung des Denkens bei Sigmund Freud „Nach Freud (1895, 1911) beginnt das Denken mit einem Erlebnis des Mangels, einem nicht befriedigten Wunsch. Das hungrige Kind, das gefüttert werden will, empfindet Unlust und sucht diese zu bewältigen, indem es sich an die früher erfahrene Befriedigung durch das Gestilltwerden erinnert und gleichsam eine ,halluzinatorische Wunscherfüllung‘ produziert. Der erste Gedanke ist die phantasierte Befriedigung durch die Mutter. Das Denken wird der Psyche gleichsam durch körperliche Unlustgefühle aufgedrängt.“ (Diem- Wille 2007, 113)
Wenn wir alltagssprachlich von Denken sprechen meinen wir jene mentalen Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedanken im Wachzustand, Wahrnehmung, Urteile, Nachdenken und Handlungen. Dieser Prozess wird in der Psychoanalyse nach Sigmund Freud als „Sekundärprozess“ bezeichnet. Die Hypothese, dass die Psyche im Primär- und Sekundärsystem in unterschiedlicher Weise funktioniere, gehört sicher zu den wichtigsten Grundannahmen Freuds.
„Der Begriff ,Sekundärprozess‘ verweist auf etwas, worauf dieser psychische Mechanismus aufbaut, etwas, das Freud ,Primärprozess‘ nennt, da er sich auf die primitiven Funktionsweisen des ,Systems Unbewusstes‘ bezieht.“ (ebd.)
Das Unbewusste ist kein rudimentärer Teil des menschlichen Verstandes, sondern ein aktives System, in dem mentale Prozesse stattfinden. Höhere Bereiche des mentalen Lebens funktionieren nicht ohne die archaischen.
Der Primärprozess und der Sekundärprozess stellen verschiedene, nach unterschiedlichen Regeln funktionierende Formen des geistigen Lebens dar.
„Wenn ich den einen psychischen Vorgang im Seelenapparat den primären genannt habe, so tat ich dies nicht allein mit Rücksicht auf die Rangordnung und Leistungsfähigkeit, sondern durfte auch die zeitlichen Verhältnisse bei der Namensgebung mitsprechen lassen. Ein psychischer Apparat der nur den Primärvorgang besäße, existiert zwar unseres Wissens nicht und ist insoferne eine theoretische Fiktion; aber so viel ist tatsächlich, daß die Primärvorgänge in ihm von Anfang an gegeben sind, während die sekundären erst allmählich im Laufe des Lebens sich ausbilden, die primären hemmen und überlagern und ihre volle Herrschaft über sie vielleicht erst in der Lebenshöhe erreichen.“ (Freud 1942, 608f.)
2.4.1 Zum Primärprozess
Die Bezeichnung „primär“ bezieht sich neben der Rangordnung und der Leistungsfähigkeit auch auf zeitliche Verhältnisse. Primäre Vorgänge müssen von sekundären Vorgängen gehemmt und überlagert werden.
„Der im Unbewußten herrschende Primärvorgang repräsentiert nach Auffassung Freuds eine primitive psychische Entwicklungsstufe. Dagegen ist der Sekundärvorgang an die Organisation des Ichs gebunden und ermöglicht erst den normal genannten Realitäts- und Denkzusammenhang.“ (Nitschke 1978,57)
Der Primärprozess ist an der Erfüllung von Wünschen und an Lustgewinn orientiert. Er folgt dem Lust-Unlust-Prinzip welches besagt, dass die Gesamtheit der psychischen Aktivität auf das Vermeiden von Unlust und dem Erreichen von Lust gerichtet ist. Zwettler-Otte (2006) vergleicht das Lustprinzip mit einem Zoom, welches Objekte heranholt, die der Befriedigung dienen.
Im Primärprozess gibt es keine Negation, keinen Zweifel, keinen Bezug zu der Zeit und keine Unsicherheit. Dieser Prozess, der sich auf die primitive Funktionsweise des „Systems Unbewusstes" bezieht drückt sich in Bildern aus. Es existieren in ihm nur Inhalte. Der Primärprozess ist beherrscht von Gleichgültigkeit der Realität gegenüber und reguliert sich einzig durch das Lust-Unlust-Prinzip. Dieses trachtet danach auf dem kürzesten Weg die Wahrnehmungsidentität wieder herzustellen. (Laplanche/Pontalis 1973, 564)
„Diese erste psychische Tätigkeit zielt also auf eine Wahrnehmungsidentität, nämlich auf die Wiederholung jener Wahrnehmung, welche mit der Befriedigung der Bedürfnisse verknüpft ist. (Freud 1942, 571)
2.4.2 Zum Sekundärprozess
Da der Sekundärprozess den Primärprozess überlagert, entwickelt sich das sekundärprozesshafte Denken langsam und entfaltet seine volle Wirksamkeit vielleicht erst im Laufe des Lebens.
Der Sekundärprozess folgt dem Realitätsprinzip. Dieses Prinzip modifiziert lediglich das Lustprinzip und nimmt auf der Suche nach Befriedigung auch Umwege in Kauf „...um nicht an den Forderungen der Realität zu scheitern und um Enttäuschungen und andere negative Folgen zu vermeiden. (,..)Das Realitätsprinzip ist primär auf die Außenwelt bezogen und dient der Sicherung des Objekts.“ ( Zwettler-Otte 2006, 36)
Das Realitätsprinzip kann im Gegensatz zum Zoom des Lustprinzips mit einem Scanner verglichen werden. Dieser Scanner versucht beständig innen und außen alles zu erfassen, was bedroht oder Sicherheit gibt.
Der Sekundärprozess weiß um die externe Realität, um die Kausalität und orientiert sich am logischen Denken. Er ist sich der Zeit bewusst, kennt die Verneinung und kann Verbindung mit anderen Ideen herstellen.
Der Primär- und der Sekundärprozess dürfen nicht als zwei voneinander getrennte Systeme verstanden werden. Diese sogenannten „zwei Schichten" des Denkens treten in besonderen Mischungen auf.
„Freud will den Geltungsbereich der Vernunft erweitern, nicht der Zufall treibt sein Spiel im Traum, bei Fehlleistungen oder Versprechern, sondern die ,tiefere‘ unbewusste Vernunft, die ,Logik der Gefühle‘ setzt sich gegenüber dem rationalen Denken durch. (...) Es gibt ,tiefere Schichten, die dem archaischen Denken und den primitiven Ängsten näher liegen, und ,reifere Formen des Denkens‘, aber in der Regel kommen beide Ebenen vermischt vor.“ (Diem-Wille 2007, 112)
Das Denken entwickelt sich nach Freud durch die stärkere Berücksichtigung der Realität und bleibt auf die Vorgänge im Individuum beschränkt.
„Der Primärvorgang strebt nach Abfuhr der Erregung, um mit der so gesammelten Erregungsgröße eine Wahrnehmungsidentität herzustellen; der Sekundärvorgang hat diese Absicht verlassen und an ihrer Statt die andere aufgenommene, eine Denkidentität zu erzielen.“ (Freud 1942, 607)
2.4.3 Zum Prozess der Übertragung
In dem Prozess der Übertragung werden Erfahrungen und Gefühle der Vergangenheit in die Gegenwart der Übertragungssituation geholt. Die Erfahrung und die Reflexion der Übertragung beziehungsweise die neuen Erfahrungen die in der Zeit der Übertragung gemacht werden, bieten die Chance Vergangenheit vergangen werden zu lassen. In mancherlei Umformung und in Form der Übertragung wird das vergangene Unbewusste über das gegenwärtige Unbewusste zugänglich gemacht. (vgl. Zwettler-Otte 2011, 84f.)
Der (oft unbewusste und subtile) Versuch einer Person Situationen welche die verhüllte Wiederholung früherer Erlebnisse und Beziehungen sind, herzustellen, gehört ebenfalls zu den Übertragungsphänomenen. In unterschiedlichem Ausmaß gehen Übertragungselemente in fast allen Beziehungen unseres Alltagslebens ein und werden durch den Charakter einer anderen Person determiniert. Dies stellt (unbewusst oder bewusst) ein Merkmal einer für uns emotional wichtigen Figur aus der Vergangenheit dar. (vgl. Sandler et al.,zit. nach Sandler 1976, 289)
„Die Übertragung bezeichnet in der Psychoanalyse den Vorgang, wodurch die unbewussten Wünsche an bestimmte Objekte8 im Rahmen eines bestimmten Beziehungstypus, der sich mit diesen Objekten ergeben hat, aktualisiert werden.(...) Es handelt sich dabei um die Wiederholung infantiler Vorbilder, die in einem besonderen Gefühl von Aktualität erlebt werden. (...) Die Übertragung wird klassisch als das Feld angesehen, auf dem sich die Problematik einer psychoanalytischen Behandlung abspielt, deren Beginn, deren Modalitäten, die gegebenen Deutungen und die sich daraus ableitenden Folgerungen.“ (La- planche/Pontalis 1973, 550)
Vom Begriff der Übertragung spricht man, wenn im Hier und Jetzt jemand so erlebt wird, wie in früheren Zeiten enge Bezugspersonen erlebt wurden. Das heißt: Wünsche, Einstellungen, Gefühle und Impulse, die sich gegenüber den Bezugspersonen gebildet haben, werden einer anderen Person entgegengebracht.
In der Übertragung sah Freud zunächst ein Hindernis und Störung, später aber ein unentbehrliches Mittel seiner analytischen Arbeit. Das bedeutet, Übertragungsphänomene als nützliche Hinweise im Prozess des Verstehens, was im Patienten abläuft, zu betrachten und die Vergangenheit des Patienten weitgehend zu rekonstruieren. Diesen Schritt hat Freud in Hinblick auf die Gegenübertragung übrigens nicht gemacht. (vgl. Sandler 1976, 297)
Die in der früheren Zeit entstandenen Wünsche, Gefühle, Einstellungen und Impulse, welche einer wichtigen Person in der Vergangenheit gegolten haben und nun auf eine Person der Gegenwart verschoben werden, können immer und überall zum Tragen kommen. Sie sind nicht auf eine therapeutische bzw. analytische Situation beschränkt. Wir können zum Beispiel eine uns fremde Person ohne jeden Grund als sympathisch oder als unsympathisch empfinden. Unbewusste Vorgänge laufen in jedem von uns beständig ab. Ihre Vorgänge aber auch ihre Inhalte entziehen sich zumeist unserem Bewusstsein. (vgl. Zwettler-Otte 2011,80)
Die Psychoanalyse unterscheidet bei jenem unbewussten Prozess, welcher als Übertragung bezeichnet wird, die negative Übertragung von der positiven Übertragung.
Unter dem Begriff negativer Übertragung werden all jene infantilen Beziehungsmuster zusammengefasst, in welchen das Objekt dem Subjekt als einschränkend, bevormundend und kontrollierend erscheint. Durch diese Form der Übertragung werden Reaktionen von Unterwerfung über Trotz bis zum Aufbegehren ausgelöst.
Unter dem Begriff der positiven Übertragung bezeichnet man in der Psychoanalyse jene Beziehungsmodi, in welchen das Objekt als nährend, wunscherfüllend, hilfreich und akzeptierend erlebt wird. Dazu gehören Reaktionen wie Vertrauen, Lernbereitschaft; Anlehnung und Kooperation. (vgl. Figdor, H. 2009, 66 Fußnote 3)
2.4.4 Zum Prozess der Gegenübertragung
Mit Gegenübertragung meint man die „...Gesamtheit der unbewussten Reaktionen des Analytikers auf die Person des Analysanden und ganz besonders auf dessen Übertragung.“ (Laplache/Pontalis 1973,164)
Freud postuliert, dass „. jeder Mensch in seinem eigenen Unbewussten ein Instrument besitzt, mit dem er die Äußerungen des Unbewussten beim anderen zu deuten vermag (.) ... sich bei der Deutung nach seinen eigenen Gegenübertragungsreaktionen zu richten, die oft in Emotionen enthalten sind, welche der Analytiker spürt. Eine solche Haltung postuliert als einzige authentische psychoanalytische Kommunikation die Resonanz von‘ Unbewußt zu Unbewußt‘.“ (Freud 1913, 445)
Sigmund Freud erwähnte die Gegenübertragung nur an wenigen Stellen seiner Schriften und im Zusammenhang mit den „blinden Flecken“ des Analytikers, die ein Hindernis in der Analyse darstellten. Freud stellt die Gegenübertragung des Analytikers auf die gleiche Stufe mit dem Widerstand des Analysanden. Auch Melanie Klein sah in der Gegenübertragung ein Hindernis für die analytische Arbeit.
Paula Heimann, eine deutsche Psychiaterin und Analytikerin, stellte 1950 erstmals eine von Melanie Kleins Sichtweise abweichende Bedeutung der Gegenübertragung dar. Sie wies in dieser Darstellung ausdrücklich auf die positive Bedeutung der Gegenübertragung hin. Paula Heimann betrachtet diese Prozesse zunächst im Zusammenhang mit allen Gefühlen, die ein Analytiker in Bezug auf seine Patienten erlebt. Weiter stellt sie fest, dass der Analytiker in der Lage sein muss „... die in ihm erweckten Gefühle festzuhalten, statt sie (wie der Patient) abzuführen, und sie der analytischen Aufgabe unterzuordnen, in der er als des Spiegelbild des Patienten funktioniert.“ (Sandler 1976,208)
Da Paula Heimann annimmt, dass das Unbewusste des Analytikers das Unbewusste des Patienten versteht, geht sie davon aus, dass das Wahrnehmen und das Verstehen der Gegenübertragungsreaktionen des Analytikers erste wichtige Hinweise auf das geben, was im Patienten abläuft. Die Reaktionen des Analytikers auf den Patienten können als Basis genutzt werden, das Material des Patienten zu verstehen. Mit dem Begriff der Gegenübertragung soll erstens das Phänomen beschrieben werden, das unbewusste Gefühle aus der eigenen Vergangenheit in Beziehungen (auch des Alltagsleben) überträgt, als auch das Phänomen, wie eine Person auf die auf sie übertragenen Gefühle reagiert.
Aus heutiger psychoanalytischer Sicht wird die Gegenübertragung als ein genuin psychoanalytisches Konzept verstanden und als bedeutende Variable von Wahrnehmung und Erleben gesehen. (vgl. Figdor 2009,79) Im Verständnis dessen ist es wichtig sich zu fragen, ob wir in Beziehung zu anderen Menschen auf etwas reagieren, das vom Anderen ausgeht oder auf etwas, das in uns ist. Diese Fragestellung kann hilfreich sein, sich selbst und den Anderen im Hier und Jetzt der Beziehungen besser verstehen zu können. (vgl. Salzberger-Wittenberg 1970, 26)
2.5 Entwicklung des Denkens nach Melanie Klein
Indem Melanie Klein die Beziehung zur Mutter miteinbezog, entwickelte sie Freuds Konzept des Denkens auf eigenständige Weise weiter. Klein bleib mit ihren Theorien „...in den Fußstapfen Freuds...“ (Diem- Wille 2009,139), aber es gelang ihr wesentliche Konzepte weiterzuentwickeln. In dem Melanie Klein die Mutter miteinbezog, ging sie von der Annahme aus, dass sich Denken nur durch die Vermittlung eines anderen Subjekts, - eines Du, einer Mutter9 - entstehen kann. Diem-Wille formulierte dies in ihrem Buch „Das Kleinkind und seine Eltern" (2009) folgendermaßen:
„So wie Freud das Unbewusste und das Kind im Erwachsenen, so hat Melanie Klein das Baby im Kleinkind und im Erwachsenen entdeckt.“ (ebd.)
Klein geht von der Annahme aus, dass das Baby von Geburt an über einen „rudimentären Ich-Kern“ verfügt. Dieser rudimentäre Ich-Kern bildet ein primitives Ich, welches in primitiver Weise zwischen Ich und Nicht-Ich unterscheidet. Das Baby wird nach dem vertrauten Leben in der Gebärmutter in eine unbekannte Welt hineingeboren. Das Neugeborene schwankt zwischen einem Zustand der Desintegration und einem Zustand des relativen Zusammengehaltenwerdens. Der Zustand des Säuglings ist bestimmt durch den Wunsch gehalten zu werden und in Kontakt mit der Brustwarze, mit den Augen und mit der Haut der Mutter zu sein, sowie der Angst auseinanderzufallen. (vgl. Diem-Wille 2009,140)
„Das Baby ist nicht nur von seinen Bedürfnissen des Hungers und der Schutzsuche getrieben, sondern ebenso davon abhängig, Liebe, Geborgenheit und Zuwendung zu bekommen, was sich körperlich in feinen Nuancen ausdrückt. (...) das Baby schwankt zwischen unterschiedlichen Stimmungen des Geborgenseins und Sattseins einerseits und der Angst, auseinanderzufallen und im Raum verloren zu sein. Ist es unter Stress und voller Angst, bedarf es einer erwachsenen Person, die ihm hilft, sich zu beruhigen.“ (Diem- Wille 2007, 50f.)
Melanie Kleins Annahme ist, dass die Mutterbrust den Prototyp für die guten Objekte, wenn das Kind befriedigt ist, als auch für die bösen Objekte, wenn die kindlichen Bedürfnisse nicht befriedigt werden, darstellt. Insofern introjiziert das Ich von Anfang an sowohl gute als auch böse Objekte in die Mutterbrust. Das Kind stattet die Brust der Mutter, die Leben spendet oder verweigert, in seiner Vorstellung mit den Eigenschaften des Guten und Bösen aus. Die „guten“ Brüste werden sozusagen zum Prototyp all dessen, was ein Mensch sein Leben lang mit gut und wohlwollend meint. Die „bösen“ Brüste werden hingegen zu all dem, was für einen Menschen für alles Schlechte und Verfolgende steht. (vgl. Klein 1996, 32ff.)
Melanie Klein spricht nicht wie Sigmund Freud von Entwicklungsphasen, sondern von zwei grundlegenden Positionen, die ein Leben lang aktiv bleiben. Unter Positionen versteht Klein verschiedene Erlebniswelten, die die Art und Weise, wie wir Impulse, Phantasie und Ängste sowie die Abwehr dieser erleben und wie wir uns darin zu uns selbst zu der Welt und zu anderen Personen verhalten. Dieses neue Konzept der Position als Entwicklungseinheit anstelle von Phase oder Stufe ist von zentraler Bedeutung.
Melanie Klein bezeichnet die frühere, archaische Erlebniswelt als „paranoid- schizoide Position“ und die reifere und spätere Erlebniswelt als „depressive Position“. Beide Positionen beziehen sich auf unterschiedliche Qualitäten der Objektbeziehungen, Ängste und Abwehrformen.
Die Beschreibung der archaischen und der reifen Position verwendet man auch zur Beschreibung der unterschiedlichen Qualitäten des primitiven und des reifen Denkens, welche ein Leben lang aktiv sind.
2.5.1 Zur paranoid-schizoiden Position
Dieser aus der Pathologie entnommene Begriff, wird oft missverständlich aufgefasst. Die von ihr beobachtete, in jedem Menschen wirksame Angst auseinanderzufallen und von feindlichen Teilobjekten verfolgt zu werden, hat Melanie Klein veranlasst, diese psychische Erlebniswelt paranoid-schizoide Position zu nennen. Dieser Begriff beschreibt aber eine normale Entwicklung, nämlich die Position, welche die früheste Lebensphase, die ersten drei Monate dominiert, und sich dann zu einer reiferen Form („depressive Position“) weiterentwickelt. (vgl. Diem-Wille 2009,140f.)
„Die Stimmungen schwanken zwischen Liebe und Geborgenheit bei Anwesenheit des Objekts (Mutter oder Pflegeperson) und Angst, Hass und Wut bei Abwesenheit- unterbrochen von Phasen des Schlafes und der Phase der Aktivität.“ (ebd.)
Kleins Annahme ist, dass für den Säugling sein „Es-ist-keine-Nahrung-hier-Gefühl“ zu einem, von der verfolgenden Angst der Vernichtung gekennzeichneten „Das- Objekt-lässt-mich-verhungern-Eindruck“ wird. Melanie Klein nimmt weiter an, dass das Baby sein Hungergefühl nicht als ein Teil seines Körpers wahrnimmt, sondern als einen von außen eindringenden Schmerz. Diese so bedrohlich empfundenen Gefühle werden auch im konkretischen Denken mit Aspekten der Mutter (oder des Vaters bzw. der Pflegeperson) in Verbindung gebracht. Sie wird als böse erlebt.
Die Psyche des Babys reagiert auf die Vernichtungsangst mit Spaltung10 und projektiver Identifikation11. Es spaltet seine guten von seinen bösen Gefühlen ab und projiziert sie in seiner Phantasie in ein Objekt. Die Spaltung, i.e. das Trennen in gute und böse Aspekte, ist eine der frühen Abwehrformen, die uns durch das ganze Leben begleitet. Das Kind lebt in einer Welt der Extreme. Es existieren nur extrem gute, idealisierte und extrem böse Aspekte vom Objekt und von sich selbst. Das Getrenntsein von der abwesenden Mutter wird als böse und verfolgend erlebt. Der primitive emotionale Zustand und die extremen Gefühle machen es dem Baby unmöglich zu der ganzen Person - Mutter oder Vater - einen Bezug herzustellen. Klein nimmt an, dass das Baby lediglich zu „Teilobjekten“ wie Brust, Haut, Stimme oder Geruch der Bezugsperson Kontakt aufnimmt. Selbst wenn die Mutter sich dann wieder dem Kind liebevoll zuwendet, wird der Ärger des Babys in die Flasche oder in die Brust „projiziert“. Und es wird sich von den als bedrohlich empfundenen Objekten abwenden.
Auch das Gegenteil ist beim Baby zu beobachten; Es erlebt durch die Erfahrung des In-sich-Hineinnehmens der Milch, also durch das reale Erleben des Genährtwerdens die Liebe, den Schutz und die Wärme der Mutter. Es kann diese guten idealisierten Erfahrungen in sich aufnehmen und dadurch in seiner inneren Welt das „Imago“, i.e. das Bild, eines guten Objekts bilden, welches zum Aufbau eines selbstsicheren und warmherzigen Ichs führt. Es introjiziert auch die Fähigkeit der Mutter seine projektive Identifizierung als Kommunikation zu begreifen.
Das Baby erlebt sich in dieser frühen Phase als Mittelpunkt der Welt. Mit aller Macht möchte es, dass seine Wünsche und Gedanken sofort erfüllt werden. Die paranoid-schizoide Position ist charakterisiert durch archaische Formen des Denkens und Fühlens in Form von Allmachtsgefühlen und Ohnmachtsphantasien und egozentrischer Weltsicht. (vgl. Diem-Wille 2009, 81ff.)
Diem-Wille beschreibt in ihrem Buch „Die frühen Lebensjahre" (2007) zum besseren Verständnis Charakterzüge einer fiktiven Person, welche sich in ihrem Erleben auf sich, auf die Welt und auf andere Menschen eher in der paranoid- schizoiden Position befindet, folgendermaßen:
Diese Person schwankt zwischen dem Gefühl großartig zu sein (in Analogie zu den frühkindlichen Allmachtsphantasien) und dem Gefühl des Selbstzweifels und Minderwertigkeit (in Analogie der Angst Auseinanderzufallen und Gefühlen der Ohnmacht) Es erlebt seine Umwelt als bedrohlich, ist misstrauisch und ständig auf der Hut vor Ungerechtigkeiten. Dadurch, dass beständig Negatives erwartet wird, versucht sie mit unterschiedlichen Mitteln ihre Umwelt zu kontrollieren. Diese fiktive Person kann schwer Kritik aushalten oder Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen. Sie neigt dazu, alles auf sich zu beziehen und einen Schuldigen für misslungen Handlungen zu suchen. Befriedigende Beziehungen sind selten, da negativen Befürchtungen meist eintreffen.
Wird die Meinung eines anderen Menschen nicht ertragen, beziehungsweise wird diese sogar als Angriff auf die eigene Person erfahren, ist reifes Denken nicht möglich. (vgl. Diem-Wille 2007, 202)
[...]
1 Das Konzept der Empathie verweist nach Stern auf die Bedeutung von mindestens vier verschiedene Prozessen: „ ,(1) Resonanz des Gefühlszustandes; (2) Abstrahieren des empathischen Wissens aus dem Erleben der emotionalen Resonanz; (3) Integration des abstrahierenden empathischen Wissens in eine empathische Reaktion; und (4) vorübergehende Rollenidentifizierung‘ " (Stern 2000, zitiert nach Bernd Traxl 2009, 90f.)
2 Neurophysiologische Entwicklungsförderung ist ein pädagogisches und therapeutisches Diagnostik- und Förderprogramm für Kinder und Jugendliche mit Lern- und Verhaltensstörungen. Diese Förderung wurde in den 1970er Jahren in Chester (England) als NeuroDevelopmental Therapy NDT von Dr. Peter Blythe und Kollegen in der Arbeit mit legasthenischen und MCD- (Minimale Cerebrale Dysfunktion - Vorläufer von ADHS) Kindern im Vorschul- und Schulalter begründet und bis heute im Institute for Neurophysiological Psychology INPP unter der Leitung von Sally Goddard weiterentwickelt. Neurophysiologische Entwicklungsförderung geht davon aus, dass über den zwölften Lebensmonat hinaus persistierende i.e. nicht integrierte frühkindliche Bewegungsmuster/Reflexe Auswirkungen auf Bewegung, Wahrnehmung und Verhalten haben. Durch das von INPP entwickelte Bewegungsprogramm, welches tägliche Übungen mit dem Kind zu Hause beinhaltet, soll es zur nachträglichen Ausreifung und Hemmung frühkindlicher Bewegungsmuster kommen. Dieses spezifische häusliche Übungsprogramm gibt dem kindlichen Gehirn die Chance zur Nachreifung um derart Entwicklungsstörungen zu überwinden^ Infobroschüre zur Weiterbildung in Neurophysiologischer Entwicklungsförderung Arbeitsgemeinschaft Bindungstherapie ABT e.V. Tannheim/ Allgäu (Deutschland))
3 Die Organisationsbeobachtung entwickelte sich aus der Methode der teilnehmenden psychoanalytischen Beobachtung in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts.
4 Zur theoriebezogenen Fundierung und Verbreitung von Esther Bicks Methode zur Beobachtung von Kindern die älter als zwei Jahre sind kam es erst in späteren Jahren, als die Kindertherapieausbildung an der Tavistock Clinic zweigeteilt wurde. In der psychoanalytischen Weiterbildung erfolgt im zweiten Jahr ein Seminar über „Young Child Observation". Dieses Seminar konnte von Angehörigen verschiedener psychosozialer Berufe besucht werden. (Datler, Trunkenpolz 2009, 242)
5 Esther Bick (als Esther Wander 1902 in Galizien geboren und 1983 in England gestorben) studierte zur Zeit Sigmund Freuds in Wien an der Universität Wien und dissertierte bei Charlotte Bühler am „Wiener Psychologischen Institut“. Als Jüdin sah sich Esther Bick 1938 gezwungen Wien zu verlassen. Gemeinsam mit ihrem Mann ging sie nach England, wo sie nach mehreren Zwischenstationen 1948 in London ihre psychoanalytische Ausbildung abschloss. Noch im selben Jahr wurde sie von John Bolby beauftragt an der Tavistock Clinic einen psychoanalytischen kinder-therapeutischen Ausbildungslehrgang zu entwickeln. (Datler 2000, 41f.)
6 Die Psychoanalytikerin Melanie Klein wurde 1882 in Wien geboren und starb 1960 in London.
7 Das Wort „Forschung" kommt in Freuds Werken nicht vor. Andrè Green stellt dazu folgende Vermutung an: Freud war sich ziemlich sicher, dass alle seine Arbeiten Forschung waren und dass deshalb jeder noch so kleine Teil davon diese Überschrift verdiente. (Green 2004, 33)
8 Objekt: Psychoanalytischer Terminus für Person (Anm. M.P.)
9 Menschliche Babys suchen als einzige Lebewesen gleich nach der Geburt den Blickkontakt zur Mutter und stellen so bereits aktiv Beziehung zu der Bezugsperson her. (Diem-Wille 2007, 50)
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