Diese Bachelorarbeit befasst sich damit, inwieweit Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung ihre Sexualität frei entwickeln können, welche Hindernisse durch fehlende Angebote entstehen und welche Möglichkeiten nicht nur die Soziale Arbeit hat, um diesen Menschen eine selbstbestimmte Verwirklichung ihrer Sexualität zu ermöglichen.
Die Sexualität gehört unweigerlich zum menschlichen Dasein, da der Mensch aus ihr hervorgeht und sie auch seine weitere Entwicklung prozesshaft begleitet. Darüber hinaus ist unsere Sexualität höchst individuell sowie subjektiv und beschränkt sich nicht nur auf den rein erotischen Akt der Genitalsexualität, sondern steht in enger Verbindung zu unseren Emotionen und Gefühlen, das Erfahren von Liebe, Zärtlichkeiten und verbalem Austausch trägt darüber hinaus zur Persönlichkeitsentwicklung bei und prägt auch unsere Formen des Zusammenlebens.
Sexualität stellt somit einen bedeutenden Teil innerhalb unseres gesamten Lebens dar und gehört auch in unserem gesellschaftlichen Alltag unabdingbar dazu. Ein Leben ohne das freie und selbstbestimmte Ausleben von Sexualität ist für die meisten Menschen kaum vorstellbar. Doch beeinträchtigte Menschen werden in ihrem Alltag noch immer häufig mit Hindernissen und Problemen konfrontiert, die sie an der freien Auslebung ihrer Sexualität hindern.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsdefinitionen
2.1 „Geistige Behinderung“ - „Geistige Beeinträchtigung“
2.2 Sexualität - ein Definitionsversuch
2.2.1 Menschliche Sexualität und ihre Funktionen
3 Sexualität und geistige Beeinträchtigung
3.1 Gesellschaftliche Haltungen, Mythen und Tabus
3.2 Selbstbestimmung und Sexualität
3.3 Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Aspekte
3.3.1 Sterilisation
3.3.2 Verhütung
3.3.3 Schwangerschaftsabbruch
3.3.4 Ethische Aspekte
4 Lebensbedingungen und ihre Auswirkungen auf die Sexualität
4.1 Familiäre Bedingungen
4.1.1 Auswirkungen auf die Sexualität
4.2 Institutionelle Bedingungen und ihre Auswirkungen
5 Das problemzentrierte Interview nach Witzel
5.1 Interview - ein Mitarbeiter berichtet
5.1.1 Auswertung des Interviews
6 Möglichkeiten passiver und aktiver Sexualassistenz
6.1 Sexualerziehung und -beratung als passive Sexualassistenz
6.2 Sexualbegleitung als aktive Sexualassistenz: das Angebot der Sexualbegleiterin Nina de Vries
6.3 Sexualität und Inklusion
7 Mögliche Schwerpunkte für die Soziale Arbeit
7.1 Der Empowerment-Ansatz
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang - Transkribiertes Interview
Redigiertes Interview
1 Einleitung
„Müssten viele Menschen mit Behinderungen nicht mit der Negierung ihrer Sexualität, der Tabuisierung sexueller Themen, mangelnder Sexualerziehung, segregierenden gesellschaftlichen Tendenzen sowie Stigmatisierungen im alltäglichen Lebenskontext und noch vielen weiteren Erschwernissen von Aktivität und Teilhabe leben, so bräuchten wir keine >behinderungsspezifische< Sexualpädagogik“ (Ortland 2020: 9), stellt Barbara Ortland in der 2020 erschienenen Neuauflage ihres Werkes Behinderung und Sexualität eindeutig fest und verweist dennoch darauf, dass Weiterentwicklungen stattgefunden haben - Behinderung und Sexualität schließen sich demnach nicht mehr grundsätzlich aus, sondern sind untrennbar miteinander verbunden.
So gehört die Sexualität unweigerlich zum menschlichen Dasein, da der Mensch aus ihr hervorgeht und sie auch seine weitere Entwicklung prozesshaft begleitet. Darüber hinaus ist unsere Sexualität höchst individuell sowie subjektiv und beschränkt sich nicht nur auf den rein erotischen Akt der Genitalsexualität, sondern steht in enger Verbindung zu unseren Emotionen und Gefühlen - das Erfahren von Liebe, Zärtlichkeiten und verbalem Austausch trägt darüber hinaus zur Persönlichkeitsentwicklung bei und prägt auch unsere Formen des Zusammenlebens.
Sexualität stellt somit einen bedeutenden Teil innerhalb unseres gesamten Lebens dar und gehört auch in unserem gesellschaftlichen Alltag unabdingbar dazu. Ein Leben ohne das freie und selbstbestimmte Ausleben von Sexualität ist für die meisten Menschen kaum vorstellbar. Doch beeinträchtigte Menschen werden in ihrem Alltag noch immer häufig mit Hindernissen und Problemen konfrontiert, die sie an der freien Auslebung ihrer Sexualität hindern.
Während meiner Arbeit in einer Einrichtung für geistig beeinträchtigte Menschen1 habe ich festgestellt, dass Sexualität kaum relevant ist und auch nicht thematisiert wird - weder von den Mitarbeiterinnen noch von den Bewohnerinnen. Oftmals wurden Gespräche rundum das Thema Sexualität tabuisiert, nur selten wurde dieser Komplex von den Bewohneminnen schambesetzt angesprochen. Obwohl Partnerschaften mit Menschen außerhalb der Einrichtung und auch zwischen Bewohnerinnen existieren, wird davon ausgegangen, dass sich diese mit dem Thema Sexualität auskennen und somit keinerlei Nachfragen bestehen. Behinderung und Sexualität gehören in der Praxis anscheinend nicht zusammen.
So stellt auch das Institut für Sexualpädagogik (ISP) fest:
„Theoretisch zwar enttabuisiert, ist in der Begleitungspraxis jedoch immer noch weitgehend unklar, wie die Forderung nach größt möglicher sexueller Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung umgesetzt werden kann: Sexualität wird im institutionellen Alltag noch zu oft nicht sensibel beachtet, nicht selten auch als störend und nicht statthaft empfunden, manchmal sogar unterdrückt“ (ISP).
Das freie und selbstbestimmte Ausleben von Sexualität ist somit keine Selbstverständlichkeit im Leben behinderter Menschen. Obwohl die Gesellschaft, laut Wissenschaft, mittlerweile insgesamt zum Thema Behinderung und Sexualität sensibilisiert ist, stellt die praktische und klientenbezogene Umsetzung vor Ort dennoch oft ein Problem dar (vgl. Specht 2008: 295).
Zugleich löst das Thema Behinderung und Sexualität, auch heute noch, oftmals gesellschaftliches Unwohlsein oder auch Hilflosigkeit aus. Dies kann daran liegen, dass Menschen mit einer Behinderung ihre Sexualität anders ausleben.
Doch haben Menschen mit einer Behinderung heutzutage insgesamt immer weniger Probleme ihre Sexualität frei auszuleben. So garantiert das Grundgesetz einerseits: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ (Artikel 3, Absatz 3 GG) und auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung legt fest, dass jeder Mensch das Recht hat, frei über seine Sexualität zu bestimmen - damit einher geht auch das Recht auf Aufklärung und Information. Auch Ansätze der Inklusion sowie des Empowerments tragen heute verstärkt dazu bei, dass immer mehr beeinträchtigte Menschen ihre Sexualität frei und selbstbestimmt verwirklichen können. Gesellschaftlich wurde demnach erkannt, dass auch Menschen mit einer Behinderung das Recht auf eine freie Sexualität haben, da ihre Verwirklichung ein Recht ist und ihre Auslebung zu den Grundbedürfnissen zählt. So stellt in vielen Fällen nicht die Behinderung eines Menschen das Problem dar, sondern seine Lebensumstände und -verhältnisse, welche der freien Entwicklung von Sexualität im Weg stehen (vgl. Specht 2008: 305).
Diese Bachelorarbeit will sich daher damit befassen, inwieweit Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung ihre Sexualität frei entwickeln können, welche Hindernisse durch fehlende Angebote entstehen und welche Möglichkeiten nicht nur die Soziale Arbeit hat, um diesen Menschen eine selbstbestimmte Verwirklichung ihrer Sexualität zu ermöglichen.
In Kapitel 2 möchte ich daher zunächst auf die Ausdrücke der „geistigen Behinderung“ sowie der „geistigen Beeinträchtigung“ eingehen, welche ich mittels der ICF sowie der ICD-10 Klassifikation erkläre und kritisch diskutiere. Des Weiteren wird in diesem Kapitel der Versuch unternommen den Begriff der Sexualität zu definieren und ihre unterschiedlichen Funktionen zu erläutern.
Im dritten Kapitel der Arbeit stehen zunächst Vorstellungen im Fokus der Auseinandersetzung, welche den gesellschaftlichen Diskurs um Behinderung und Sexualität prägen. Dabei spielen Mythen, Vorurteile sowie Tabus eine bedeutende Rolle.
Auch stellt dieses Kapitel dar, welche Auswirkungen es hat, wenn Menschen das Recht auf Sexualität und Selbstbestimmung genommen wird. Zudem wird an dieser Stelle auf Zielstellungen der Selbstbestimmungs-Debatte eingegangen.
Ergänzend zum Recht auf ein selbstbestimmtes Leben erörtert Kapitel 3.3 die gesetzlichen Grundlagen und rechtlichen Aspekte.
Folgend werden die Themen Sterilisation, Verhütung sowie Schwangerschaftsabbruch dargestellt und diskutiert, während die sich ergebenden ethischen Folgefragen im Anschluss analysiert werden.
Im vierten Kapitel werde ich auf die Lebensbedingungen und die folgenden Auswirkungen auf die Sexualität von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung eingehen. Anhand der Darstellung von familiären sowie institutionellen Bedingungen sollen die Lebensverhältnisse nachvollzogen und kritisch beleuchtet werden.
Kapitel 5 stellt zunächst die Methode des problemzentrierten Interviews nach Andreas Witzel vor. Im Anschluss daran wird das Interview, welches ich mit einem Mitarbeiter einer Wohneinrichtung für geistig Beeinträchtigte geführt habe, inhaltlich beschrieben. Die grundlegende Anforderung war dabei, herauszufinden, inwieweit Sexualität und Sexualprävention tatsächlich ein Thema in Einrichtungen für geistig beeinträchtigte Menschen sind. Beantwortet werden derlei Fragen innerhalb der anschließenden Auswertung des Interviews, die theoretische Anforderungen mit den beschriebenen Darstellungen des Experten in Verbindung setzt: Inwieweit werden Möglichkeiten der Sexualprävention angeboten und genutzt? Besteht Handlungsbedarf?
Im sechsten Kapitel möchte ich daher auf die theoretisch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten passiver sowie aktiver Sexualassistenz eingehen. Neben einer Vorstellung der beiden Konzepte werden in diesem Kapitel auch Bedingungen und Voraussetzungen für die Realisierung sexueller Assistenzen erläutert. Schließlich werden praktische Beispiele für die passive sowie aktive Sexualassistenz vorgestellt sowie Fragen und Zusammenhänge von Sexualität und Inklusion diskutiert werden.
Im letzten Kapitel werden mögliche Schwerpunkte für die Soziale Arbeit vorgestellt, welche dem derzeitigen Handlungsbedarf auch zukünftig praktisch begegnen. Stellvertretend für viele Möglichkeiten des professionellen Handelns werden der Empowerment-Ansatz sowie das Konzept der Le- bensweltorientierung nach Hans Thiersch dargestellt. Zuletzt wird ein zusammenfassendes Fazit gezogen, welches bestehende Leerstellen benennt und Zukunftsvorhaben formuliert.
2 Begriffsdefinitionen
Der Titel dieser Arbeit Sexualprävention in der Sozialen Arbeit mit geistig beeinträchtigten Menschen - Auswirkungen auf Lebensqualität und Alltagsgestaltung bedingt zunächst, dass zwei grundlegende Begriffsdefinitionen erfolgen müssen. Was ist unter dem Ausdruck „geistige Beeinträchtigung“ zu verstehen und was unterscheidet ihn von dem vielfach verwendeten Terminus „geistige Behinderung“? Wovon hängt er medizinisch ab?
Und wie kann Sexualität darüber hinaus definiert werden - welche Funktionen besitzt sie?
2.1 „Geistige Behinderung“ - „Geistige Beeinträchtigung“
„Geistige Behinderung ist ein seltsam doppelgesichtiger Begriff. Einerseits bestimmt er die pädagogische Praxis, strukturiert weite Teile der Theoriebildung, verteilt juristisch gesehen Leistungsansprüche und ist auch im normativ-moralischen Sinne immer wieder Grundlage einer Diskussion über Einschluss oder Ausgrenzung bestimmter Personengruppen. Andererseits entzieht er sich bis heute einer eindeutigen Bestimmung“ (Kulig/ Theunissen/Wüllenweber 2006: 116), stellen Kulig, Theunissen und Wüllenweber fest. Ergänzend fügen die Wissenschaftler hinzu, dass in der deutschen Rechtsetzung und Sozialverwaltung dennoch mit einem „finalen Behinderungsbegriff“ gearbeitet werde, dem die pädagogische Theorie jedoch bisher kritisch gegenüber stehe (vgl. Kulig/Theunissen/Wüllenweber 2006: 116).
Der defizitorientierte Ausdruck „geistige Behinderung“ wurde in den 1950er-Jahren Bestandteil der fachlichen Diskussionen und sollte, die bis zu diesem Zeitpunkt verwendeten Begriffe „Schwachsinn“, „Blödsinn“ sowie „Idiotie“ ersetzen, die heute in der Medizin und Psychologie als veraltet, abwertend und diskriminierend gelten.
Doch auch dieser sprachliche Wandel wird heutzutage zunehmend kritisch diskutiert. So stellte Feu- ser in seinem Aufsatz Geistigbehinderte gibt es nicht! fest: „Die Attestierung einer geistigen Behinderung verweist auf unseren schäbigen, den anderen ausgrenzenden, isolierenden und ihn dadurch schwerst in der Entwicklung des ihm Möglichen, das im Wirklichen noch nicht sichtbar ist, behindernden Geist zurück“ (Feuser 2013: 5).
Da der absolute Ausdruck „geistig behindert“ stigmatisiert und ebenso die Andersartigkeit sowie Nichtzugehörigkeit zur angenommenen Normgesellschaft betont, finden sich mittlerweile alternative Ausdrucksformen, die andere Perspektiven einnehmen. Insbesondere im schulischen Kontext wird nicht mehr von „Sonderschulen“ gesprochen, sondern zunehmend auch der Ausdruck „Schule zur individuellen Lebensbewältigung“ verwendet. Ebenso spricht man heute allgemein von „Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklungen“2 - dennoch hat sich bislang kein einheitlicher Terminus gefunden, weshalb die gewählten Ausdrücke stetig hinterfragt werden sollten (vgl. Mühl 2006: 128f.).
Auch in medizinisch-therapeutischen Bereichen haben sich Perspektiven verändert, so spricht die 10. Revision der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) nicht von einer geistigen Beeinträchtigung, sondern verwendet statt- dessen den Ausdruck Intelligenzminderung. Diese definiert sich, wie folgt: „Eine sich in der Entwicklung manifestierende, stehen gebliebene oder unvollständige Entwicklung der geistigen Fähigkeiten, mit besonderer Beeinträchtigung von Fertigkeiten, die zum Intelligenzniveau beitragen, wie z.B. Kognition, Sprache, motorische und soziale Fähigkeiten...“ (Dilling et al. 1991: 238). Jedoch muss hinzugefügt werden, dass „[f]ür eine endgültige Diagnose [...] sowohl eine Störung im Intelligenzniveau3 als auch der Anpassung an die Anforderungen des alltäglichen Lebens bestehen“ muss (Dilling et al. 1991: 239).
Seidel gibt dennoch zu bedenken, dass der Begriff „geistige Behinderung“ ein sehr abstrakter Begriff ist, der verschiedene Störungsbilder einschließt und auch von sozialen Faktoren abhängt. Die alleinige Klassifikation nach Schweregraden sei darüber hinaus sehr vage, da Unterschiede „noch viel mehr durch das von Person zu Person sehr unterschiedliche Muster der Stärken und Schwächen in den einzelnen psychischen Funktionen bedingt“ sind (Seidel 2006: 161).
Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) vermeidet hingegen „traditionelle individuumorientierte Defizitzuschreibungen“ (Pixa-Kettner 2007: 1), vielmehr dient sie der Beschreibung des funktionalen Gesundheitszustandes, der Behinderung, der sozialen Beeinträchtigung und relevanter Umgebungsfaktoren - die ICF gilt fach- sowie länder- übergreifend als einheitliches und standardisiertes Werk.
Darüber hinaus repräsentiert die ICF ein „bio-psycho-soziale[s] Grundverständnis[..(Seidel 2006: 168) und entwirft auf dieser Basis ein Modell, welches medizinische sowie soziale Faktoren einschließt. Beeinträchtigungen werden dabei vier verschiedenen Ebenen zugeordnet, die jeweils detaillierte Beurteilungskriterien enthalten:
- Beeinträchtigungen auf Ebene der Körperfunktionen (z.B. mentale Funktionen, Stimm- und Sprechfunktion);
- Beeinträchtigungen der Körperstrukturen (z.B. Strukturen des Nervensystems);
- Beeinträchtigungen von Aktivität und Partizipation (z.B. Lernen und Wissensanwendung, Mobilität, Selbstversorgung);
- Behindernde Umweltfaktoren (z.B. Produkte und Technologien, Unterstützung und Beziehung) (vgl. DIMDI 2005).
Demnach kann die ICF als ein integratives Modell von Behinderung bezeichnet werden, da sie es schafft, medizinische Faktoren mit sozialen in Verbindung zu setzen. Beeinträchtigungen, die Menschen erfahren, sind schließlich nicht monokausal zu beschreiben, weshalb dieses Modell neben Wechselwirkungen auch Kontextfaktoren einbezieht (vgl. Seidel 2013: 14).
Aus diesem Grund raten Expert*innen dazu ICD-10 und ICF parallel zu verwenden, gerade weil sie komplementäre Perspektiven einnehmen (z.B. vgl. Mühl 2006: 135).
2.2 Sexualität - ein Definitionsversuch
„Sexualität bezieht sich auf einen zentralen Aspekt des Menschseins über die gesamte Lebensspanne hinweg, der das biologische Geschlecht, die Geschlechtsidentität, die Geschlechterrolle, sexuelle Orientierung, Lust, Erotik, Intimität und Fortpflanzung einschließt. Sie wird erfahren und drückt sich aus in Gedanken, Fantasien, Wünschen, Überzeugungen, Einstellungen, Werten, Verhaltensmustern, Praktiken, Rollen und Beziehungen. Während Sexualität all diese Aspekte beinhaltet, werden nicht alle ihre Dimensionen jederzeit erfahren und ausgedrückt. Sexualität wird beeinflusst durch das Zusammenwirken biologischer, sozialer, wirtschaftlicher, politischer, ethischer, rechtlicher, religiöser und spiritueller Faktoren“ (BZgA 2011: 18).
So lautet ein möglicher Definitionsversuch von Sexualität, welcher von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entworfen und von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ins Deutsche übersetzt wurde. Auch Barbara Ortland nutzt diese ausführliche und differenzierte Version als Arbeitsdefinition in ihrem Werk Behinderung und Sexualität (2020) und verweist zugleich auf die Komplexität von Sexualität, welche sich in den vielfachen unterschiedlichen Deutungs- und Erklärungsversuchen sexualwissenschaftlicher und -pädagogischer Literatur widerspiegelt. Doch scheint sich die interdisziplinäre Wissenschaft einig darin zu sein, dass „sich die Vielfältigkeit menschlicher Sexualität kaum in einer Definition erfassen lässt“ (Ortland 2020: 34).
Unabhängig von der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin bleibt jedoch unbestritten, dass „der Lebensbereich der Sexualität hochkomplex in unsere gesamte Persönlichkeitsentwicklung eingewoben ist“ (Ortland 2020: 46) und demnach auch zu den Grundbedürfnissen menschlichen Lebens zählt. So dient die Sexualität nicht nur der biologischen Fortpflanzung, sondern kann dem Individuum ebenso die Möglichkeit geben, sich zwischenmenschlich auszudrücken und seine Persönlichkeit frei zu entfalten.
Doch bezieht sich die menschliche Sexualität nicht nur auf das Erleben sexueller Erfahrungen im Erwachsenenalter, vielmehr begleitet sie das Individuum schon im Säuglingsalter und prägt somit grundlegend und unverzichtbar die körperlich-geistige Entwicklung. Von Geburt an gewinnt die menschliche Sexualität an Bedeutung - die Zuwendungen und Zärtlichkeiten, die ein Säugling beim Saugen an der Brust seiner Mutter erfährt, die er beim Füttern, Wickeln und Baden erlebt, haben bereits in diesem Alter Auswirkungen auf das spätere sexuelle Verhalten. Die frühen Bindungserfahrungen prägen schließlich auch die individuelle Sexualität des Erwachsenen-Ichs und drücken sich zudem im Erkennen und (Er)leben eigener Bedürfnisse, Gefühle, Wünsche und Phantasien aus.
Der Theologe und Medizinethiker Paul Sporken beschreibt die menschliche Sexualität beispielsweise mithilfe eines 3-Kreise-Modells, um aufzuzeigen, wie breitfächrig und individuell sich Sexualität ausdrücken kann. Jeder der drei Kreise umfasst einen anderen Bereich der Sexualität, wobei die verschiedenen Ebenen des Modells laut Sporken keine hierarchische oder wertende Abstufung darstellen. Vielmehr gelten alle Bereiche als gleichwertig, weshalb bei einer Nicht-Auslebung einer bestimmten Ebene, nicht auf die anderen Bereiche verzichtet werden muss, da Sexualität maßgeblich vom Individuum und seinen Bedürfnissen abhängt.
Der „äußere“ und größte Kreis bezieht sich auf allgemeine Verhaltensweisen in menschlichen Beziehungen und verkörpert den äußeren Bereich der Sexualität. Neben der Kommunikation in Gesprächen, dem Anteilnehmen und Zuhören repräsentiert diese Ebene auch Blicke, Gesten der Zuneigung sowie menschliche Anteilnahme.
Weiter steht der „mittlere“ Kreis für die verschiedenen Gefühle, Zärtlichkeiten, Sinnlichkeiten sowie auch für die Erotik. Der „innere“ und kleinste Kreis spiegelt wiederum den Genitalsex sowie die körperliche Lust wider und bezieht sich somit auf den physischen Akt der Sexualität. Doch geht die Sexualität immer einher mit Bildern und normativen Vorstellungen, die eine Gesellschaft von ihr hat. Somit werden Normen und Erfahrungen von Gesellschaftsbildern vorgegeben (vgl. Ehlers 2009: 25).
2.2.1 Menschliche Sexualität und ihre Funktionen
Die menschliche Sexualität ist an verschiedenste Funktionen geknüpft, sie sind Teil der Selbstfindung sowie der Lust, stärken das Sozialempfinden und dienen natürlich auch dazu, dass ein jeder Mensch sich fortpflanzen kann, sofern dies gewollt und biologisch möglich ist. Die unterschiedlichen Funktionen verleihen den verschiedenen Sinnkomponenten von Sexualität ihren Ausdruck und sind als gleichwertig zu betrachten. Dennoch bleibt zu erwähnen, dass nicht alle Funktionen im Sinne einer „vollwertigen“ Sexualität erfüllt und verwirklicht werden müssen, sondern ebenso von den individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Möglichkeiten eines Menschen abhängen.
Die Integrations- und Selbstfindungsfunktion
Die Sexualität hat die Funktion, dass sie „Gefahren, Konflikte, Störungen, die eine Persönlichkeit zu spalten, zu zerstören drohen, auffangen, umgestalten und schließlich so in das Personengefüge einbauen (kann), dass ein Zusammenhalt gesichert wird“ (Kentler in Walter/Hoyler-Herrmann 1987: 107), erklärt Helmut Kentler und verweist somit auf die sogenannte Integrations- und Selbstfindungsfunktion von Sexualität. Diese Funktion der Sexualität dient der Suche sowie dem Erwerb einer eigenen (Geschlechts)identität und ermöglicht zugleich den Aufbau eines Körper-Ichs, welches den inneren Kern der Identität bildet.
Auch die Möglichkeit ganzheitlicher Körpererfahrungen prägt die Identität eines Menschen wesentlich und nimmt ebenso Einfluss auf die Ausbildung seines Körperbewusstseins. Dies entsteht durch Zuwendungen und Zärtlichkeiten innerhalb der Sexualität, die dem Menschen die Möglichkeit gibt, eine Bestätigung seines Selbst zu erfahren und somit sein Selbstwertgefühl zu festigen und zu steigern. Die eigene Sexualität zu erfahren und sich selbst als sexuelles Wesen wahrzunehmen, gibt dem Individuum auch die Möglichkeit sich selbst anders wahrzunehmen. Dieser Prozess ist gerade für beeinträchtigte Menschen wichtig, da sie oftmals ein mangelndes Körperbewusstsein haben.
Schließlich umfasst der Selbstfindungs- und Identitätsaspekt der sexuellen Entwicklung „das Geben und Nehmen von Selbstbestätigung“ (Ortland 2020: 52).
Die Sozialfunktion
Die Sozial- und Beziehungsfunktion der Sexualität prägt insbesondere zwischenmenschliche, kommunikative sowie kooperative Ebenen des menschlichen Seins. So treten Menschen auf verschiedenste Arten in kommunikativen Kontakt und können sich dabei verbal sowie nonverbal ausdrücken. Sexualität erschafft so neue Kontakte, die zwischenmenschliche Beziehungen und Liebe zum Ausdruck bringen können. Die Körpersprache ist daher gerade für Menschen mit einer Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit ein bedeutsamer und wichtiger Aspekt. Sie gibt diesen Menschen die Möglichkeit, sich auszudrücken und soziale Kontakte aufzubauen, auch können so Gefühle anhand von Zärtlichkeiten wiedergegeben und empfangen werden (vgl. Charlier 2007: 145).
Die Lustfunktion
„Die Lustdimension gibt der Sexualität durch das einzigartige und sinnliche Erleben von sexueller Erregung und Orgasmus eine Qualität, die sie von anderen menschlichen Erfahrungsmöglichkeiten abhebt. Die sexuelle Lust begründet die motivationale Eigenschaft der Sexualität und stellt gleichsam den Antrieb und die Belohnung sexuellen Verhaltens dar. Die Lustdimension kann im subjektiven Erleben, in der Autoerotik und in der Erfahrung von erotischer Anziehung, Leidenschaft und Ekstase ganz im Vordergrund stehen. Sie lässt sich dennoch schwer isoliert betrachten, weil sie mit den anderen Funktionen eng verbunden ist“ (Beier 2010: 25), konstatiert Beier und verweist mit dieser Definition auf die enge Verschränkung biologischer, psychologischer sowie sozialer Einflüsse auf die Entwicklung sexuellen Begehrens. Das Ausleben von Sexualität beruht dabei auf einer grundsätzlichen Akzeptanz des eigenen Körpers und seiner (Lust)gefühle sowie der individuellen Geschlechtlichkeit, welche mit Gefühlen und Empfindungen einhergehen, die es zu verstehen und zwischenmenschlich sowie allein auszuleben gilt.
Des Weiteren sind unter der Lustfunktion nicht nur die bloßen biologisch-körperlichen Vorgänge zu verstehen, vielmehr umfasst diese Ebene der Sexualität ebenso psychosoziale Faktoren, wie das Geliebt- und Angenommensein sowie die Akzeptanz des eigenen Ichs. Auch beeinträchtigte Menschen verspüren diese Lust, wobei ihnen dieses Empfinden gesellschaftlich häufig abgesprochen wird, die Auslebung verweigert oder sogar sanktioniert wird (vgl. Charlier 2007: 145).
Diese Funktion umfasst zunächst die Genitalsexualität zum Erhalt der eigenen Art durch sexuelle Fortpflanzung. Doch betrachtet Barbara Ortland die Fortpflanzungsfunktion auch unter einem „Fruchtbarkeitsaspekt“ (Ortland 2020: 60), der sich nicht nur auf das Hervorkommen von „neu entstehende^] Leben“ (Ebd.) bezieht, sondern ein breiteres Verständnis der sexuellen Entwicklung unter dem Fruchtbarkeitsaspekt einnimmt. Sexualität kann aus dieser Perspektive in mehreren Hinsichten „fruchtbar“ sein, da sie sich ebenso positiv auf die eigene sexuelle Gesundheit sowie auf (Liebes)beziehungen auswirkt. Doch wird „[f]ür Menschen mit Behinderungen [...] der fruchtbare Aspekt der Sexualität (in den verschiedenen Facetten) selten dezidiert als positive Entwicklungsressource in den Blick genommen“ (Ortland 2020: 61). Auch wird beeinträchtigten Menschen häufig der Wunsch nach Elternschaft abgesprochen, da befürchtet wird, dass Nachkommen ebenso beeinträchtigt auf die Welt kommen oder den Eltern nur eine eingeschränkte Erziehungskompetenz eingeräumt wird.
3 Sexualität und geistige Beeinträchtigung
Doch wie geht unsere Gesellschaft heutzutage mit dem Thema Sexualität und Behinderung um? Welche Haltungen, Mythen und Tabus sind Teil unserer gesellschaftlichen Diskussionen? Diese Fragen sollen folgend beantwortet werden sowie dargestellt wird, was unter dem Begriff Selbstbestimmung zu verstehen ist.
Auf dieser Grundlage werden schließlich rechtliche Aspekte eingeführt, die sich auf die Themen Sterilisation, Verhütung und Schwangerschaftsabbruch beziehen. Abschließend soll unter ethischen Gesichtspunkten erörtert werden, inwieweit die Rechte beeinträchtigter Menschen geachtet und gewahrt werden (v. a. beim Thema Sterilisation).
3.1 Gesellschaftliche Haltungen, Mythen und Tabus
Trotz vielfacher theoretischer Weiterentwicklung und Forschung zum Thema Sexualität und Behinderung scheint das gesellschaftliche Bild von beeinträchtigten Menschen und ihrer Sexualität häufig noch immer mit einer Reihe von stereotypen Vorurteilen und Diskriminierungen behaftet zu sein.
So wird ihre Sexualität negiert und es entstehen Mythen und unbelegte Meinungen um die sexuellen Verhaltensweisen dieser Menschen, welche gesellschaftlich häufig etabliert sind und auch weiterhin reproduziert werden: „Sie haben gar keine Sexualität. Sie werden nie eine/n Partner/in bekommen. Es ist besser für sie, keine Sexualität zu entwickeln oder zu leben, da sie sowieso nur enttäuscht werden können. Auch ohne Beziehung und Sexualität kann man glücklich werden. Behinderte können Sexualität nicht beherrschen und können gefährlich werden“ (Schönwiese/Sailer-Lauschmann 2000).
Die Vielfalt der Vorurteile und Diskriminierungen ist immens und reicht sogar bis hin zu eugeni- schen Haltungen. Doch sind „[d]iese Haltungen [...] sicher nicht nur als Vorurteile und Haltungen entsprechend dem gesellschaftlichen Alltag unserer westlichen Welt zu sehen, sondern haben ihren historisch fachlichen Hintergrund, der sich epochal in der Praxis der Institutionen der Behindertenhilfe niedergeschlagen hat“ (Schönwiese/Sailer-Lauschmann 2000). So können auch die ausgebildeten Mitarbeitenden von Wohneinrichtungen sowie die Institution an sich zur Aufrechterhaltung und Beeinflussung dieser Mythen beitragen. Durch Tabuisierung, Verdrängung, Dramatisierung sowie aufgrund von Fehleinschätzungen werden diese Entwicklungen verstärkt und bewahrt.
Weitere fremdbezeichnete Kennzeichen können nach Ulrike Mattke sein:
- „Onanieren in allen möglichen und unmöglichen Situationen
- Sexualität oft reduziert auf eigene Triebbefriedigung
- Distanzlosigkeit
- Homosexualität aufgrund der Gruppensituation
- Sehr ,grobe’ Bewertung von Gefühlen
- Häufiger Partnerwechsel
- Orientierungslosigkeit und Unsicherheit bei Partnerschaften
- Extreme Schamhaftigkeit sowie
- Extreme Schamlosigkeit
- Ersatzreize
- Nacktheit zeigen und Nacktheit verstecken“ (Mattke 2004: 47).
Einige der genannten Punkte treffen sicherlich auch auf Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung zu, doch sollte man diese Annahmen nicht verallgemeinern, sondern immer die individuellen Hintergründe betrachten. Die für Menschen der angenommenen „Normgesellschaft“ häufig be- fremdlich wirkenden Verhaltensweisen, können somit nicht generalisiert werden, stattdessen müssen die spezifischen Entstehungsbedingungen betrachtet werden, welche aus der Wohnsituation resultieren können oder aber auch familiär-biographische Züge haben, die zunächst betrachtet werden sollten.
Darüber hinaus evozieren diese aufrechterhaltenen Mythen vor allem „eine selektive Wahrnehmung der sozialen Umwelt geistig behinderter Menschen und wirken als Erwartungshaltung auf die Verhaltensweisen der Betroffenen [zurück]“ (Mattke 2004: 47), sodass eine freie und autonome Entfaltung der eigenen Sexualität in der Folge letztlich erschwert oder sogar verhindert wird. Obwohl Sexualität, als auch Behinderung in den meisten westlichen Gesellschaften mittlerweile offen thematisiert werden, führt eine Verschränkung von Sexualität und Behinderung häufig noch immer zu Abwehrhaltungen und man trifft „auf viele innere und äußere Schranken. Die Sexualität behinderter Menschen weckt bei vielen Menschen - mit Behinderung sowie ohne Behinderung - Gefühle der Scheu, Unsicherheit und Angst“ (Hahn 2002).
3.2 Selbstbestimmung und Sexualität
„Bis in die 1970er hinein, also bis vor nunmehr rund 40 Jahren, waren Menschen mit Behinderung im gesellschaftlichen Leben nicht präsent. Das lag daran, dass sie häufig ihr Leben lang fremdversorgt wurden, nicht selten in großen Einrichtungen oder Anstalten. Menschen mit Behinderung waren in diesen Großeinrichtungen Patienten. Zuständig waren für sie vorrangig Mediziner und Pflegepersonal, die die Grundversorgung gewährleisteten. Von Förderung, geschweige denn Selbstbestimmung, konnte keine Rede sein. Sie lebten ausgegrenzt vom Rest der Gesellschaft unter oft inhumanen Lebensbedingungen“ (Specht 2010: 3), so Ralf Specht. Ähnlich inhuman wurde laut Specht auch dem Thema Sexualität zu dieser Zeit begegnet: So wurden beeinträchtigte Menschen aufgrund ihrer von der Norm abweichenden Bedürfnisse hinsichtlich Sexualität und Partnerschaft als nicht-sexuelle Wesen angesehen, da man davon ausging, dass „für sie Genitalsexualität und die Aufnahme von Beziehungen aufgrund ihrer körperlichen, psychischen oder auch intellektuellen Beeinträchtigung kein wirkliches Anliegen sei“ (Ebd.). Sexualität wurde gesamtgesellschaftlich tabuisiert, weshalb auch in stationären Einrichtungen das freie Ausleben von Sexualität meist unterbunden wurde, wobei die Umweltbedingungen diese restriktiven Strukturen stützten (z.B. Mehrbettzimmer, strikte Geschlechtertrennung, Medikamenteneinnahme).
Durch eine zunehmende öffentliche Aufmerksamkeit sowie das Engagement von Wissenschaft und Interessengruppen wandelten sich diese einschränkenden Bedingungen in der Folgezeit. Auch trugen gesetzliche Veränderungen, wie das Betreuungsgesetz von 1992 oder die 1994 verabschiedete Ergänzung des Grundgesetzes, zu einer allmählichen Perspektivenverschiebung bei. So fand der Grundsatz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ zwar erst 1994 Einzug in deutsche Verfassung, jedoch trägt er seitdem wesentlich dazu bei, das sogenannte „Normalisierungsprinzip“ (Thimm 2008) auch juristisch durchsetzen zu können. Grundlegend für dieses Prinzip ist die Erkenntnis, dass sich beeinträchtigte Menschen in ihren Bedürfnissen nicht von anderen Menschen unterscheiden, „wohl aber in ihren Möglichkeiten, ihre Bedürfnisse umzusetzen“ (Specht 2010: 3). Sexualität wird innerhalb dieses Paradigmas nicht mehr als zu unterbindendes Problem angesehen, welches tabuisiert und verleugnet werden muss, sondern als Recht und Aufgabe, welche im Sinne von Selbstbestimmung, Individualität und Unterstützung verwirklicht werden sollen.
Doch was bedeutet der Begriff Selbstbestimmung und wie kann er praktisch umgesetzt werden?
Die Selbstbestimmung wird nach Helmut Walther in die drei Bereiche Selbstverantwortung, Selbstleitung sowie Selbstständigkeit unterteilt und bezieht sich auch auf die Rolle sowie den Aufgabenbereich professioneller Helfer*innen (z.B. Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, Heilerziehungs- pfleger*innen und andere Pädagog*innen).
Grundlegende Voraussetzung für die Übernahme von Selbstverantwortung ist der Wille der beeinträchtigten Person, welcher in eigener Verantwortung selbst getragen werden muss. Pädagog*innen können das tatsächliche Umsetzen dieses Willens unterstützen und den Menschen ebenso helfend, ermutigend oder beratend zur Seite stehen. Für die ausgebildeten Helfer*innen ist es dabei sehr wichtig, sich zurückzuhalten und nicht ungefragt einzumischen.
Im Fokus der Selbstleitung steht schließlich ein Prozess des Entscheidens, welcher durch äußere Hilfen unterstützt werden kann. Pädagog*innen können beim Lernen helfen oder Informationen bereitstellen, sodass Entscheidungen selbstgeleitet getroffen werden können.
Schließlich bezeichnet Selbstständigkeit das Tun, Handeln und Umsetzen von selbstgeleiteten Entscheidungen, welches im Rahmen der Selbstbestimmung verwirklicht werden kann.
Handlungen können aber auch durch Mitarbeitende oder Bezugspersonen stellvertretend ausgeführt oder gemeinsam eingeübt werden. So bezeichnet Walther „[d]as 'Wissen' und das 'Können' [...] als die eigentlichen Instrumente zur Realisierung des Willens. Sofern eine Person allerdings über diese Mittel nicht selbst in ausreichendem Maße verfügt, stellt Walther sie dennoch als selbstbestimmt dar, sobald sie in der Lage ist, dieses Defizit dadurch auszugleichen, dass sie sich hierfür entsprechende Hilfeleistung von außen besorgt“ (Scharmacher 2004: 15).
Dennoch stößt die konkrete Umsetzung von Selbstbestimmungsvorhaben nicht nur in betreuten Wohneinrichtungen auf Hindernisse, da nicht nur das Recht auf Selbstbestimmung geachtet werden muss, sondern auch zeitliche, organisatorische sowie persönliche Faktoren der Institution Einfluss nehmen. Aufgrund dieser Hemmnisse werden auch im Bereich der Sexualität Partizipationsmöglichkeiten der Klient*innen umgangen, da diese zeitaufwändiger sind und auch vom Betrugsschlüssel der Einrichtung abhängen. So können Bewohner*innen häufig nicht darüber entscheiden, wer sie bei der täglichen Körperpflege unterstützen soll und auch die Auswahl von Verhütungsmitteln wird vermehrt unter praktischen Gesichtspunkten gefällt.
Schließlich kann die (sexuelle) Selbstbestimmung seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskon- vention (BRK) 2009 immer besser realisiert werden und wird daher zu Recht als „Meilenstein“ gefeiert (Arnade 2010: 9). Die Konvention ist ein Übereinkommen der Vereinten Nationen, welches die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigung festschreibt und auf dieser Basis verwirklichen soll. Welche Rechte und Pflichten mit diesen Festlegungen verbunden sind, macht vor allem Artikel 23 - Achtung der Wohnung und der Familie der UN-Behindertenrechtskonvention in den ersten zwei Absätzen deutlich:
„(1) Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen in allen Fragen, die Ehe, Familie, Elternschaft und Partnerschaft betreffen, um zu gewährleisten, dass
1. das Recht aller Menschen mit Behinderung im heiratsfähigen Alter, auf der Grundlage des freien und vollen Einverständnisses der künftigen Ehegatten eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen, anerkannt wird;
2. das Recht von Menschen mit Behinderungen auf freie und verantwortungsbewusste Entscheidung über die Anzahl ihrer Kinder und die Geburtenabstände sowie auf Zugang zu altersgemäßer Information sowie Aufklärung über Fortpflanzung und Familienplanung anerkannt wird und ihnen die notwendigen Mittel zur Ausübung dieser Rechte zur Verfügung gestellt werden;
3. Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern, gleichberechtigt mit anderen ihre Fruchtbarkeit behalten.
(2) Die Vertragsstaaten gewährleisten die Rechte und Pflichten von Menschen mit Behinderungen in Fragen der Vormundschaft, Pflegschaft, Personen- und Vermögenssorge, Adoption von Kindern oder ähnlichen Rechtsinstituten, soweit das innerstaatliche Recht solche kennt; in allen Fällen ist das Wohl des Kindes ausschlaggebend. Die Vertragsstaaten unterstützen Menschen mit Behinderungen in angemessener Weise bei der Wahrnehmung ihrer elterlichen Verantwortung“ (BRK o.J.).
Zwar setzte sich die Europäische Union dafür ein, dass auch das Merkmal der sexuellen Orientierung im Konventionstext vermerkt wird, wobei diese Bestrebungen jedoch aufgrund der Intervention einiger asiatischer sowie islamischer Länder nicht umgesetzt wurden (vgl. Arnade 2010: 11). Dennoch gilt auch die individuelle Realisierung sexueller Orientierungen als gewährt, da aus der BRK bestimmte Kriterien zur Umsetzung sexueller Selbstbestimmung abgeleitet werden können, die als unbedingte Rechte gelten. Diese sind nach Hinz und Walter:
- Das Recht auf eigene Privat- und Intimsphäre;
- Das Recht auf ein individuelles Sexualleben und eigene sexuelle Identität;
- Das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit;
- Das Recht auf Sexualpädagogik und Sexualberatung;
- Das Recht auf Sexualassistenz4;
- Das Recht auf Familie und eigene Kinder sowie
- Das Recht auf sexualfreundliche institutionelle Rahmenbedingungen (vgl. Hinz/Walter 2014: 285).
Um diese Rechte praktisch umzusetzen und die Förderung von sexueller Selbstbestimmung weiter anzustreben, bedarf es zunächst einer zunehmenden sexualpädagogischen Professionalisierung, welche das gesamte Unterstützungssystem betrifft. Die begonnenen Veränderungen sind daher noch lange nicht abgeschlossen, vielmehr müssen auch heute noch geeignete Ansätze für unterschiedliche Zielgruppen sowie Lebensphasen geschaffen und (weiter)entwickelt werden. Auch sind noch immer Leerstellen zu finden, welche einen dringenden Handlungsbedarf offenbaren. Laut Specht zählen die folgenden Aspekte zu den „vernachlässigten“ Themen, welche auch im Hinblick auf die (sexuelle) Selbstbestimmung weiter zu erforschen und umzusetzen sind:
- Gleichwertigkeit sexueller Orientierungen;
- Reflexion von Geschlechterrollen und -identitäten;
- Möglichkeiten der Empfängnisverhütung5;
- Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten;
- Umgang mit Tätern und Opfern sexualisierter Gewalt;
- Einsatz von Sexualbegleitung und aktiver Sexualassistenz;
- Auseinandersetzung mit Kinderwunsch und Elternschaft (vgl. Specht 2010: 6).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass seit den 1970er Jahren vielfältige progressive Entwicklungen in Gang gesetzt und wesentliche Beiträge von der Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung geleistet wurden. Dennoch bedarf es weiterer Konzeptionen, Reflexionen und wechselseitiger Verständigung, sodass die gesetzlich festgehaltenen Positionen auch in Institutionen und Familien praktisch wirksam werden und somit das Ausleben einer selbstbestimmten Sexualität für alle Menschen möglich wird:
„Selbstbestimmung kann nur gelingen, wenn die Menschen lernen, mitzubestimmen. Gerade bei dem Thema Sexualität, das eine höchstpersönliche Angelegenheit ist, ist es schwer nachvollziehbar, wenn Menschen mit Behinderung von Entscheidungs- und Planungsprozessen ausgeschlossen werden und andere für sie bestimmen“ (Specht 2010: 7).
3.3 Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Aspekte
Folgt man dem Selbstverständnis des Menschenrechtsgedanken, so sind nicht nur die allgemeinen Menschenrechte, sondern auch das deutsche Grundgesetz universell. Die darin formulierten Rechte gelten somit gleichermaßen für alle Menschen. Jedoch hat auch die historische Erfahrung gezeigt, dass insbesondere Menschen mit Beeinträchtigungen, diese anerkannten Rechte oftmals verwehrt wurden.
Die faktische Anerkennung und praktische Umsetzung dieser unveräußerlichen Rechte stößt auch heute immer noch auf Barrieren, weshalb die bestehenden Rechte durch die UN-Behindertenrechts- konvention konkretisiert wurden. Da die Menschen- und Grundrechte insbesondere für beeinträchtigte Menschen noch immer nicht überall auf der Welt garantiert werden können, strebt die Konvention an, „den gleichberechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten [von] Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten“ (BRK o.J.).
Doch welche gesetzlichen Vorschriften gelten darüber hinaus? Und welche rechtlichen Aspekte müssen insbesondere Mitarbeiter*innen von Wohneinrichtungen beachten?
Grundlegend kann auf Artikel 2 des Grundgesetzes verwiesen werden:
„(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden“ (GG).
Somit gilt für das Zusammenleben in Wohneinrichtungen grundsätzlich, dass die Bewohner*innen in ihrer gesamten Persönlichkeit anerkannt und gefördert werden müssen - auch in sexueller Hinsicht. Zudem bezieht sich die Förderung auf das Entwickeln eigener (Geschlechts)-Identitäten, Be- Ziehungen und Interessen. Darüber hinaus darf Sexualität nicht durch die Mitarbeiterinnen oder Einrichtungen beschränkt werden - ebenso dürfen Selbstbefriedigung und gleichgeschlechtliche Formen der Sexualität und Partnerschaft nicht untersagt werden.
Nach dem Recht auf körperliche Unversehrtheit sind auch AssistenZmaßnahmen bei der Intimhygiene soweit möglich nur begleitend ausZuführen. Zugleich dürfen Verhütungsmittel nicht ohne vorherige Absprache und Aufklärung angewendet werden sowie eine Sterilisation niemals ohne ausdrückliche Zustimmung der Klientinnen erfolgen darf.
Im Sinne der allgemeinen Sexualprävention sollten Mitarbeiterinnen auch darüber informiert sein, welche gesetzlichen Bestimmungen im Fall von Vergewaltigung, sexuellen Übergriffen und sexua- lisierter Gewalt greifen. Reagieren Mitarbeiterinnen bei einem sexuellen Übergriff nämlich nicht, so machen sie sich strafbar, weshalb sie sich mit den gesetzlichen Vorschriften zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung vertraut machen sollten (13. Abschnitt StGB) - dadurch können Betroffene sowie Mitarbeitende geschützt werden.
So schützt beispielsweise § 177 (Absatz 2 Nr. 1) des Strafgesetzbuches Opfer von sexuellen Übergriffen sowie Vergewaltigungen, die aufgrund einer Beeinträchtigung unfähig zur Bildung oder Äußerung eines entgegenstehenden Willens sind und auch diejenigen, die aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung und Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt sind (Absatz 2 Nr. 2) (vgl. StGB § 177).
Mitarbeiterinnen müssen daher sexualpräventiv ausgebildet und geschult werden, um sexuelle Übergriffe einordnen und ahnden zu können. Andererseits müssen auch den Bewohnerinnen Strategien der Sexualprävention vermittelt werden, sodass diese proaktiv daran Mitwirken können sich selbst zu schützen und sexuellem Missbrauch vorzubeugen. Sexualprävention als Handlungsaufgabe beugt jedoch nicht nur vor, sondern setzt sich aktiv mit den Opfern auseinander und leistet auch Täterarbeit.
Letztlich bleibt jedoch unbestritten, dass die konsequente Umsetzung dieser rechtlichen Vorgaben noch immer ständig auf dem Prüfstand steht und der Handlungsbedarf nach wie vor groß ist, da vielfache Rechte bedacht und auch miteinander abgewägt werden müssen. Auch fällt diese Aufgabe nicht immer leicht: So befinden sich die Mitarbeiterinnen fortlaufend „auf einer Gratwanderung zwischen Gesetz, eigenen Wertvorstellungen und Leitbildern der Einrichtung, sowie der möglichst individuellen Gestaltung des Freiraums für Menschen mit geistiger Behinderung“ (Moll 2010: 75).
„Das Thema der ,Zwangssterilisation’ hat viele Facetten: Allein an dem Begriff entzünden und scheiden sich die Geister. Der Begriff ist geprägt von der Zeit des Nationalsozialismus, wo mehrere Hunderttausend Menschen zwangssterilisiert worden sind. Das ihnen zugefügte Leid hat die Bundesrepublik erst sehr spät als Unrecht anerkannt“ (Staatliche Koordinierungsstelle nach Art. 33 UN-BRK 2017: 2), erklärte die Bundesregierung. Insbesondere vor diesem Hintergrund kann eine Thematisierung der komplexen Thematik Sterilisation auch heute nur schwerlich neutral erfolgen, da ein Rückblick in vergangene Zeiten nur schwer zu ertragen ist. So gilt es daher eine Vielzahl von Dimensionen zu beachten, welche heute ihren Ausgangspunkt in juristischen Bestimmungen finden. Doch welche gesetzlichen Vorgaben gelten, wenn über das Thema Sterilisation diskutiert wird?
Die gemeinsame Konferenz der Fachvertreter-Psychiatrie sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie an den Hochschulen stellte noch im Jahr 1985 im Rahmen einer Erörterung von Sterilisation geistig beeinträchtigter Kinder und Jugendlicher fest:
„Die Rechtslage zu dieser Problematik ist ungeklärt. Im Interesse der Betroffenen muß darauf hingewirkt werden, daß eine Sterilisation nur erwogen werden sollte,
- wenn die rechtsrelevante Einwilligung des Betroffenen und die Zustimmung des/der Sorgeberechtigten vorliegt,
- wenn durch ein (kinder- und jugend-) psychiatrisches Gutachten die Indikation zur Sterilisation begründet wird“ (Lempp 1988: 28).
Die unklare Rechtslage wurde schließlich erst im Jahr 1992, durch die Veränderung des Betreuungsgesetzes aufgehoben, weshalb laut Bundesjustizministerium bis dahin etwa 1000 geistig beeinträchtigte Mädchen und Frauen im Jahr zwangssterilisiert wurden. Teilweise wurden die Sterilisationen bis dahin ohne das Wissen der Betroffenen durchgeführt. Nach Anpassung der Rechtslage wurde ab diesem Zeitpunkt die Sterilisation Minderjähriger uneingeschränkt verboten: „Die Eltern können nicht in eine Sterilisation des Kindes einwilligen. Auch das Kind selbst kann nicht in die Sterilisation einwilligen“ (§ 1631c BGB).
Lebt ein volljähriger Mensch nicht bei seinen Eltern, sondern in einer betreuten Wohneinrichtung, so kann ein operativer Eingriff mit dem Zweck der Sterilisation nur unter bestimmten juristischen Bedingungen erfolgen, welche das BGB ebenso festschreibt. Der gesetzliche Vormund oder eine Betreuungsperson müssen dabei folgende Vorgaben des BGB achten:
[...]
1 Aufgrund meiner eigenen beruflichen Erfahrungen bezieht sich diese Arbeit überwiegend auf die Lebensverhältnisse geistig beeinträchtigter Menschen, obwohl es sicherlich Überschneidungen zu den Lebenswirklichkeiten von körperlich beeinträchtigten Personen gibt.
2 Dieser Wortwahl werde ich mich, soweit möglich, in dieser Arbeit anschließen und daher von „geistiger Beeinträchtigung“ etc. sprechen.
3 Klassifikation der Schweregrade der Intelligenzminderung nach ICD-10: Leichte Intelligenzminderung IQ-Bereich 5070; mittelgradige Intelligenzminderung IQ-Bereich 35-50; schwere Intelligenzminderung IQ-Bereich 20-35; schwerste Intelligenzminderung IQ-Bereich IQ-Bereich <20; Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung (vgl. Dilling et al. 2005).
- Arbeit zitieren
- Maria Schmitz (Autor:in), 2020, Sexualität und Selbstbestimmung in der Sozialen Arbeit mit geistig beeinträchtigten Menschen. Auswirkungen auf Lebensqualität und Alltagsgestaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/991076
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