Inhalt
Vorwort
1 Die Missstände
2 Die Philosophie des „Scientific Management“
3 Die Umstellung auf das Scientific Management
3.1 Die Vorbereitungen für die Umstellung
3.2 Der praktische Teil der Umstellung
3.2.1 Die Arbeiter auf die neue Arbeitsweise umstellen und Normalisierung aller Werkzeuge und Maschinen
3.2.2 Umstellung der Bezahlung auf das Pensum/Bonus- beziehungsweise Differentiallohnsystem
3.2.3 Die Ausbildung von Funktionsmeistern und die Einrichtung eines Arbeitsverteilungsbüros
4 Kritik
4.1 Ansatzpunkte der Kritik am Taylor-System
4.2 Generelle Probleme von Taylors Arbeit
5 Schlussbemerkungen
Vorwort
Zur Zeit der Industrialisierung veränderten die technischen Neuerungen die innerbetrieblichen Strukturen des produzierenden Gewerbes. Von den Arbeitern wurden wesentlich spezifischere Fähigkeiten verlangt, die nicht mehr zwangsläufig eine Ausbildung im traditionellen Sinne voraussetzten. Es konnten nun auch viele völlig ungelernte Arbeiter eingestellt werden. Außerdem wurde die Zahl der Arbeiter eines Betriebes sehr viel größer. Statt kleiner Werkstätten mit einer überschaubaren Anzahl von Mitarbeitern, entstanden vermehrt große Betriebe mit Tausenden von Arbeitern.
Betriebswirtschaftlich betrachtet brachten diese Neuerungen auf den ersten Blick viele Vorteile mit sich. Auf den zweiten Blick jedoch stellten sie die Betriebsleitungen auch vor völlig neue Aufgaben, mit denen diese natürlich erst wenig Erfahrung hatten. So wurde für die Koordination einer solch immensen Anzahl von Arbeitern auch ein entsprechend großer Aufwand an organisatorischer Arbeit notwendig. Später bildeten sich dann auch noch Gewerkschaften und stellten die Betriebsleiter vor weitere neue Probleme.
Während dieser Zeit begann Frederick Winslow Taylor, sich für eben diese Probleme zu interessieren und nach und nach auch Lösungen anzubieten (da er auch selber davon betroffen war). Daraus entstand Anfang des 20. Jahrhunderts sein bekanntestes Buch „Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung“. Das vor allem in diesem Buch beschriebene Resultat seiner Arbeit soll im Mittelpunkt dieser Hausarbeit stehen. Es wird aufgezeigt, was unter Taylors „Scientific Management“ zu verstehen ist und welche „Philosophie“ (Taylor 1919:138) dahinter steht. Anschließend sollen noch einige Kritiken erwähnt werden, die als Reaktion auf dieses Buch kamen.
1 Die Missstände
Taylor sieht das Problem der zu seiner Zeit bestehenden Betriebe hauptsächlich in der Verschwendung von menschlicher Arbeitskraft. „Die Verschwendung materieller Dinge können wir sehen und fühlen; menschliche Handlungen, die nicht die beabsichtigte Wirkung haben, oder deren Ergebnis nicht im richtigen Verhältnis zu aufgewendeten Arbeit steht, hinterlassen [...] keine sichtbaren oder greifbaren Spuren.“ (Taylor, 1919, S.2).
Ineffiziente Arbeitsweisen, das „Sich-Drücken“ (Taylor 1919:S.12) und die falschen Einstellungen der meisten Betriebsleiter sind seiner Ansicht nach die wesentlichen Ursachen dafür und sollen in diesem Teil der Hausarbeit näher erläutert werden.
Taylor führte im Rahmen seiner Arbeit zur Entwicklung des Scientific Management eine Reihe von Zeit- und Bewegungsstudien in verschiedenen Betrieben durch und stellte dabei fest, dass für das Verrichten eines bestimmten Arbeitsschrittes innerhalb eines einzigen Betriebes eine Unmenge verschiedener Vorgehensweisen existierten. Zum Teil führe fast jeder Arbeiter ein und denselben Arbeitsschritt anders aus. Verständlicherweise handle jeder Arbeiter so, wie er es irgendwann einmal von irgendwem gezeigt bekommen oder es sich selber irgendwo abgeschaut hat. Diese Vorgehensweisen bezeichnet Taylor als Faustregeln (Taylor 1919:14). Dieses Faustregelproblem beinhaltet auch, dass innerhalb eines Betriebes eine ebenso große Menge verschiedener Werkzeuge beziehungsweise verschieden eingestellter Maschinen für ein und den selben Arbeitsschritt zu finden seien. Die Faustregeln sind in Taylors Augen einer der Hauptgründe der Ineffizienz der Arbeitsweisen.
Des weiteren stellte er bei seinen Beobachtungen fest, dass die meisten Arbeiter bei Betreten des Betriebes zum Beispiel ihr Gehtempo gravierend verringerten und auch sonst jede Gelegenheit nutzten, nicht zu arbeiten. Dieses Phänomen bezeichnet Taylor als das „Sich-Drücken“ vor der Arbeit. Den Grund dafür sieht er zum einen in der Natur des Menschen und zum anderen in einer Reihe von Trugschlüssen, die es den Arbeitern schier unmöglich mache, bei der Arbeit ihr Bestes zu geben.
Zu diesem ersten Punkt ist zu bemerken, dass Taylor sehr klare Vorstellungen über die Natur des Menschen hat. Diese werden vordergründig von “...dem angeborenen Instinkt und Neigung der Menschen, nicht mehr zu arbeiten, als unumgänglich nötig ist...“ (Taylor,1919,S.18) geprägt. Der durchschnittliche Mensch neige bei jeder Beschäftigung zur einem gemütlichen Arbeitstempo und beschleunige dieses „...nur nach Aufwendung einer beträchtlichen Menge von Gedankenarbeit“ (ebd.) oder unter großem Druck. Weiterhin neige der Mensch dazu, sich „..durch den Einfluss und das Beispiel anderer und eigenes Nachdenken...“ (ebd.) ein Bild darüber zu machen, inwiefern es für seine eigenen Interessen zweckmäßig ist, ein bestimmtes Arbeitstempo vorzulegen - das „systematische Sich-Drücken“ (ebd.).1
Die zweite Ursache dieses Phänomens sieht Taylor in einer Reihe von Trugschlüssen, die unter den Arbeitern seit Urzeiten sehr verbreitet seien. Der wohl am weitesten verbreitete ist laut Taylor der, dass die Erhöhung der Produktivität seitens der Arbeiter zwangsläufig die Entlassung einiger Kollegen bzw. das Herabsetzen des Stücklohns zur Folge habe. Dem ist seiner Meinung nach natürlich nicht so, worauf ich im Verlauf dieser Hausarbeit noch einmal genauer eingehen werde. In diesem „Sich-Drücken“ und dem systematischen „Sich-Drücken“ sieht Taylor jedenfalls die meiste Arbeitskraft ungenutzt verschwinden.
Die dritte Hauptursache für die Verschwendung menschlicher Arbeitskraft ist nach Taylors Auffassung die Mangelhaftigkeit der geläufigen Betriebs- und Verwaltungssysteme, die die Arbeiter nahezu dazu zwinge, so unproduktiv wie irgend möglich zu sein.
Wenn z.B. Arbeiter nach Stunden bezahlt werden, richteten sie sich in ihrem Arbeitstempo nach dem langsamsten in der Gruppe, um nicht übervorteilt zu werden. Selbst wenn irgendwann ein Mitarbeiter beschließt sein Bestes zu geben, würde er es schwer haben, da sich seine Kollegen hintergangen fühlten und ihn so lange bearbeiteten, bis er wieder zu seinem alten Arbeitstempo zurückkehrt. Bemerkt die Betriebsleitung nämlich, wie schnell eine bestimmte Arbeit erledigt werden kann, würde sie die Erwartungen an die gesamte Arbeiterschaft erhöhen. Dieses Problem liege aber nicht allein an diesem System der Bezahlung. So sei auch bei der Arbeit nach Stücklohn ähnliches Drückebergerverhalten zu beobachten. In einer Gruppe von Arbeitern herrsche auch hier eine stillschweigende Übereinkunft, nicht schneller zu arbeiten als nötig, da befürchtet werde, dass bei einem höheren Arbeitstempo der Stücklohn herabgesetzt werden könnte.
Vielmehr sei ein gemeinsames Problem der seinerzeit gängigen Betriebsführungssysteme, dass die Betriebsleitung meist keinerlei Kenntnis darüber habe, nach welchen Methoden ihre Angestellten arbeiten.
So werde praktisch von Seiten der Arbeiter gegen die eigene Betriebsleitung vorgegangen und umgekehrt. Die Ziele von Arbeitgebern und Arbeitnehmern würden so fälschlicherweise als zwei grundverschiedene Dinge betrachtet und machten einen innerbetrieblichen Dialog (nicht über die Gewerkschaften) zwischen Arbeiterschaft und Betriebsleitung unmöglich, von einer fruchtbaren Zusammenarbeit ganz zu schweigen. Demnach war die Betriebsleitung seinerzeit unzufrieden mit dem Maß der Produktivität ihres Betriebes und es blieb ihr nichts anderes, als die Arbeiter immer wieder anzutreiben. Die Arbeiter waren wiederum unzufrieden damit, dass von ihnen bei äußerst selten steigendem Lohn immer mehr erwartet wurde und reagierten mit Drückebergerei um dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben.
Diese drei Faktoren sind natürlich nicht allein getrennt voneinander als Ursachen für die Verschwendung menschlicher Arbeitskraft zu betrachten. Vielmehr hat deren Wechselwirkung weitere effizienzhemmende Folgen.
Als Beispiel dafür sei hier noch kurz das Locksystem angeführt. Man bietet einem Arbeiter eine bestimmte Bezahlung dafür an, dass er innerhalb eines Zeitraums eine bestimmte Menge von Arbeit verrichtet. Der Arbeiter wird laut Taylor willens2 sein den Lohn zu erhalten und sich Mühe geben, die Arbeit zu schaffen, doch wird er es nicht schaffen oder sich dabei völlig überarbeiten. Die Gründe dafür ergeben sich aus allen drei oben genannten Faktoren zusammen. Das ineffiziente Faustregel -Vorgehen werde ihm unglaubliche Anstrengung abverlangen, um die Arbeit zu schaffen. Die anderen Arbeiter würden versuchen, ihn daran zuhindern, da sie sich von ihm hintergangen fühlen und im Endeffekt habe der Arbeiter seinen Lohn nicht erreicht, die anderen Arbeiter sind über ihn und die Betriebsleitung verärgert, und somit sei das ganze Betriebsklima verschlechtert. Gesetzt den Fall, der Arbeiter schafft sein Pensum doch, werde es auf längere Sicht Probleme geben: die Ineffizienz der Faustregelmethoden würden es ihm unmöglich machen, dieses Arbeitspensum lange durchzuhalten. Dazu kämen die verärgerten Kollegen und letztendlich auch die unzufriedene Betriebsleitung. Diese Ursachen für die Verschwendung der Arbeitskraft und ihre Wechselwirkungen, ließen sich nahezu beliebig lang weiter ausführen, aber zum Grundverständnis halte ich das genannte für ausreichend.
2 Die Philosophie des „Scientific Management“
Der Grundgedanke des Taylorschen Systems sind zuerst einmal, die Ursachen für die Verschwendung von Arbeitskraft zu eliminieren. Dabei ist es ihm wichtig, den Betroffenen klarzumachen, dass das der Grund all ihrer Ineffizienzprobleme sei. Mit menschlicher Arbeitskraft müsse so sparsam umgegangen werden wie mit den materiellen Rohstoffen auch. Die Betroffenen müssten von diesen Tatsachen überzeugt sein, damit dass das neue Systems tatsächlich die gewünschte Wirkung zeigt.
Überhaupt ist Aufklärungsarbeit bei der Einführung des neuen Systems eine wesentliche Bedingung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten verstehen, dass ihre Ziele die gleichen sind und zwar die größtmögliche Prosperität.
Des weiteren müsse sich die Betriebsleitung mit dem Gedanken anfreunden, wesentlich mehr Verantwortung für die Tätigkeit ihrer Mitarbeiter zu übernehmen. Es solle ihre Aufgabe sein, den Mitarbeitern effiziente Arbeitsmethoden und -geräte zur Verfügung zu stellen und dabei auch darauf zu achten, dass sich keiner überanstrengt. Vor allem aber müssten sie einsehen, dass eine Lohnerhöhung unumgänglich ist.
Ziel des neuen Systems sei es, ein Betriebsklima zu schaffen, in dem die Arbeiter von sich aus ihr Bestes geben und die Betriebsleitung nicht die Rolle des Feindes hat, sondern die einer lehrenden und behütenden Instanz. Misstrauen solle am besten gar nicht existieren.
Als die eigentliche „Philosophie“ bezeichnet Taylor jedoch etwas anderes:
Sein System der wissenschaftlichen Betriebsführung ist keine Universallösung aller Probleme in jeder Art von Betrieben. In jedem Betrieb werden schließlich andere Arbeiten verrichtet, und jede Arbeit weist ihre spezifischen Gesetzmäßigkeiten auf und ist, salopp ausgedrückt, eine Wissenschaft für sich.
Jedoch bleiben „...die vier großen Verwaltungsprinzipien...“ (Taylor:1919,S.140) immer dieselben:
1. Die Ableitung und Aufstellung einer wirklichen Wissenschaft.
2. Die systematische Auslese der Arbeiter.
3. Ihre wissenschaftliche Erziehung und Weiterbildung.
4. Inniges Zusammenarbeiten zwischen Leitung und Arbeitern.“(ebd.)
Diese Punkte sehen auf den ersten Blick aus wie eine Vorgehensweise. Das dies aber nicht der Fall ist, betont Taylor ausdrücklich. Die Vorgehensweise bzw. der „Mechanismus“ (Taylor,1919,S.138), wie es Taylor nennt, seien zwei verschiedene Dinge, die für eine erfolgreiche Umstellung auf das Taylorsche System der wissenschaftlichen Betriebsführung aber auf das Engste miteinander verbunden werden müssen.
3 Die Umstellung auf das Scientific Management
3.1 Die Vorbereitungen für die Umstellung
In diesem Teil der Hausarbeit soll nun erklärt werden, wie genau man bei der Einführung des Scientific Management vorgehen sollte. Natürlich ist es im Rahmen einer Hausarbeit nicht möglich, alle Teilschritte zu berücksichtigen, deshalb werde ich mich auf diejenigen konzentrieren, die das System der wissenschaftlichen Betriebsführung (in meinen Augen) am wesentlichsten prägen. Trotzdem wird in diesem Teil klarer, was die „Philosophie“ und der „Mechanismus“ (s.o.) sind.
Der erste Schritt in Richtung des neuen Systems ist in jedem Fall die Durchführung von Beobachtungen und Zeitstudien. Jede Art der im Betrieb zu verrichtenden Arbeiten wird ganz genau beobachtet. Es wird erfasst, wie und mit welchen Werkzeugen die Arbeiter die Arbeiten verrichten und gemessen, wie lange die sie im Durchschnitt für eine bestimmte Aktion brauchen. Dann werden die verschiedenen Tätigkeiten bis in ihre kleinsten Bestandteile zerlegt und es wird wieder gemessen, wie viel Zeit diese im einzelnen benötigen.
Danach beginnt die Auswertung der gewonnen Daten. Ziel ist es dabei, die effizientesten Methoden für das Verrichten eines bestimmten Arbeitsganges herauszufinden. Dazu werden noch zusätzliche Experimente durchgeführt, wenn zu bestimmten Fragen noch keine Erkenntnisse bestehen.3
Wenn für eine Arbeit Werkzeuge oder Maschinen benötigt werden, so werden auch diese untersucht und optimiert.4
Aus dem so gewonnenen Wissen sollen nun Gesetzmäßigkeiten abgeleitet werden und dann auf den betreffenden Betrieb übertragen werden.5 So wird beispielweise ermittelt, welche Arbeitsschritte bei einer bestimmten Tätigkeit durch effizientere ersetzt, einem weniger qualifizierten Arbeiter überlassen oder ganz weggelassen werden können, wie das dazu benötigte Werkzeug auszusehen hat, in welchen Abständen sich der Arbeiter erholen muss, so dass sich der Arbeiter am Ende des Tages weder über- noch unterfordert fühlt.
Wenn dies mit allen Arten von Arbeit, die innerhalb des Betriebes vorkommen, geschehen ist, wird in dem Betrieb nach besonders geeigneten Arbeitern Ausschau gehalten um sie als erste in die neue Art ihrer Tätigkeit einzuführen. Ob ein Mann sich dafür eignet, hänge nicht allein von seinen physischen Vorraussetzungen oder von besonderen Fähigkeiten ab, sondern auch wesentlich von seinem Charakter, seinen Gewohnheiten und seinem Ehrgeiz.6
3.2 Der praktische Teil der Umstellung
Beim praktischen Teil laufen die einzelnen Arbeitsschritte nicht mehr so chronologisch ab, so dass ich sie im folgenden jeweils einzeln vorstellen und erläutern werde.
3.2.1 Die Arbeiter auf die neue Arbeitsweise umstellen und Normalisierung aller Werkzeuge und Maschinen
Nachdem man nun die geeignetsten Arbeiter ausgewählt hat, sind denen nun die neuen normalisierten Arbeitsschritte beizubringen und die neuen Werkzeuge und veränderten Maschinen nahe zu bringen. Dafür arbeiten sie für die nächste Zeit unter strenger Aufsicht eines „Lehrers“, der sie nach Möglichkeit so lange beaufsichtigt, bis sie diese Arbeitsweise verinnerlicht haben.
Wichtigste Vorraussetzung dabei ist natürlich, das diese Arbeiter den Anweisungen aus freien Stücken folgen wollen und diese Neuerungen gern akzeptieren. Dazu bedarf es eines möglichst großen Anreizes, den Taylor im Pensum/Bonus- bzw. Differenziallohnsystem gefunden zu haben glaubt.
3.2.2 Umstellung der Bezahlung auf das Pensum/Bonus- beziehungsweise Differentiallohnsystem
Das Pensum/Bonuslohnsystem beinhaltet folgende Überlegungen:
Der Arbeiter muss innerhalb eines Arbeitstages ein bestimmtes Pensum an Arbeit verrichten (natürlich nach der wissenschaftlich ausgearbeiteten Methode) und wenn ihm das gelingt, bekommt er zusätzlich zu seinem normalen Gehalt einen Bonus7. Das Pensum seiner Arbeit wird ihm am Morgen des Arbeitstages oder am vorherigen Abend auf einem Zettel mitgeteilt. So soll er auch täglich über die Erfüllung oder Nichterfüllung seines Pensums informiert werden.
Damit der Bonus eine ausreichend starke Motivation für den Arbeiter darstellt, muss er sicher sein, dass der Mehrlohn dauerhaft bestehen bleibt. Selbstverständlich muss bei Nichterreichung des Pensums lediglich der normale Lohn gezahlt werden.
3.2.3 Die Ausbildung von Funktionsmeistern und die Einrichtung eines Arbeitsverteilungsbüros
Damit das neue System auch nach dem Umstellungszeitraum problemlos funktioniert, ist natürlich ein wesentlich größerer Aufwand für organisatorische Dinge notwendig. Dafür soll nach Möglichkeit ein „Arbeitsverteilungsbüro“ (Taylor 1919:40) eingerichtet werden. Die dort beschäftigten Mitarbeiter haben dann die Aufgabe, das Pensum des nächsten Arbeitstages für jeden einzelnen Arbeiter festzulegen und dafür zu sorgen, dass sie es erfahren (zum Beispiel über Zettel im Spinnt).
Außerdem sollen die Posten der „Spezial-(Funktions-)meister“ (Taylor 1919:131) geschaffen werden.
Diese Funktionsmeister fungieren als Lehrer und Betreuer der Arbeiter. Sie sind für die Aus- und Weiterbildung der Arbeiter zuständig, sowie für die Betreuung derer, die Probleme haben, ihr Pensum zu erfüllen oder irgendetwas nicht verstehen. Für die Stellungen soll man am besten Arbeiter, die die neuen wissenschaftlichen Arbeitsweisen besonders gut verinnerlicht haben, noch während der Umstellung ausbilden.
4 Kritik
Seit Taylor begonnen hatte, seine Arbeit Publik zu machen, kamen auch kritische Äußerungen dazu. Die wohl heftigste Kritikwelle löste jedoch sein Buch über „Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung“ aus. Die Kritik wurde nicht nur von diversen Wissenschaftlern angetrieben, sondern auch von Persönlichkeiten aus der Politik und der Wirtschaft.
4.1 Ansatzpunkte der Kritik am Taylor-System
Taylors Arbeitsteilung besteht unter anderem darin, geistige von körperlicher Arbeit zu trennen (Einrichtung von Arbeitsvereilungsbüros; Unterstützung der Facharbeiter durch Ungelernte). Die Kritik daran ging vorwiegend von Gewerkschaften aus und beinhaltete u.a. folgende Punkte:
- die Arbeiter müssten nach Taylors Vorstellungen immer die gleichen Arbeitsschritte ausführen, was dazu führt, dass die Kreativität und Individualität der Arbeiter beschränkt wird
- das Ausführen der gleichen Handgriffe auf Dauer erhöhe die Gefahr von Arbeitsunfällen, schädige die Gesundheit der Arbeiter und führe dadurch auch zu vorzeitigem Altern
- der Arbeiter würde praktisch zum Automaten abgewertet, die Kreativität des Arbeiters stelle eher einen Störfaktor dar (vgl. Kohlhammer 1977:30f.)
Des Weiteren wurde kritisiert, was eigentlich Taylors Wissenschaft der verschiedenen Arbeiten ausmacht - die Zerlegung der Arbeitsvorgänge in möglichst kleine Bestandteile. Es hieß, diese Zerlegung würde zu immer kleineren Teilarbeitsschritten führen und somit die Aufgabe des einzelnen Arbeiters eines jeglichen Sinnes berauben. Von den Arbeitern würden immer weniger Qualifikationen verlangt und somit ausgebildete Facharbeiter unnötig werden. Das gesamte Wissen eines Facharbeiters würde sich bei der Betriebsleitung und den bei den für die geistige Arbeit Angestellten konzentrieren, was diesen Menschen eine enorme Macht und Kontrolle über die Arbeiter gäbe (Vgl. Hebeisen 1999:135f). Der einfache Arbeiter hingegen würde beliebig austauschbar, da es kaum noch Zeit kosten würde, einen neuen anzulernen (vgl. Hebeisen 1999:121).
Das Taylorsche Lohnsystem 8 fördere ausschließlich die körperlichen Fähigkeiten der Arbeiter, da sie sich beim Verrichten ihrer Tätigkeit strikt an die vorgegebene Weise der Ausführung halten müssen. Die intellektuelle Entfaltung des Arbeiters würde dadurch nahezu ausgeschlossen ( Vgl. Hebeisen 1999:135).
Viele der kritischen Äußerungen betrafen auch den Mangel an Wissenschaftlichkeit in Taylors Arbeit. Hierbei werden die Genauigkeit seiner Meßmethoden bei den Zeitstudien, sowie die Richtigkeit der danach angestellten Berechnungen angezweifelt (Hebeisen 1999:142-149).
Die Ende der 20er Jahren unter der Leitung von Elton Mayo angestellten Hawthorne - Experimente bildeten den Anfang einer Gegenbewegung (Human-Relations- Bewegung) zum Taylorismus. Bei diesen Experimenten entdeckte man „...den Menschen als soziales Wesen...“ (Dichtl 1993:930) und insbesondere, dass er „auf finanzielle Anreize nicht als [wie Taylor annahm, Ziegelmann] isoliertes Individuum, sondern als Gruppenmitglied reagiert.“ (ebd.). Die Human-Relations-Bewegung schlussfolgerte daraus, dass den zwischenmenschlichen Beziehungen beim Aufbau eines Systems zur Betriebsführung wesentlich mehr Bedeutung beigemessen werden sollte (ebd.).
4.2 Generelle Probleme von Taylors Arbeit
Für die vollständige Umstellung eines Betriebes auf sein neues System beraumt Taylor ca. 3 Jahre an. Jedoch benötigen Unternehmen die Hilfe von Unternehmensberatern vornehmlich dann, wenn ihr Betrieb in einer Krise steckt. Daher wird dann meist eine schnelle Verbesserung der Lage erwartet und deshalb die Einführung der wissenschaftlichen Betriebsführung verworfen oder nur in Ansätzen ausgeführt. Dementsprechend ist die wissenschaftliche Betriebsführung nur in sehr wenigen Betrieben oder sogar niemals vollständig und in Taylors Sinne eingeführt worden (Nolan 1994:43), was man auch als Beweis dafür auslegen könnte, dass das System in der Realität einfach nicht zu funktionieren scheint.
Des Weiteren hat Taylor zum Teil eine etwas mehrdeutige Ausdrucksweise. Beliebte Beispiele dafür sind Aussagen wie: „Bisher stand die Persönlichkeit an erster Stelle, in Zukunft wird die Organisation und das System an erste Stelle treten.“ (Taylor 1919:18) oder „...die angeborene Bequemlichkeit der Menschen...“(Taylor 1919:20). Mit solchen Aussagen, noch dazu teils ohne Verweis auf einen Beleg der angeblich wahren Tatsachen, bietet Taylor konsequenten Kritikern natürlich eine breite Angriffsfläche, was dazu führt, dass die Arbeit immer mehr an Glaubwürdigkeit verliert (Hebeisen 1999:149f.).
Die Zeit, in der das Taylorsche System bekannt wurde, stellt ebenfalls ein Problem dar. So traten beispielsweise in Deutschland Überlegungen zu Taylors System mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges erst einmal weit in den Hintergrund. Nach Beendigung des Krieges kamen die Debatten um Taylors System zwar langsam wieder in Gang, wurden aber erst Mitte der 20er Jahre, bedingt durch die Wirtschaftskrise wieder richtig aktuell (Nolan 1994:45) Das Taylorsche System hatte so gesehen schon rein historisch bedingt9 in Deutschland wenig Chancen auf Anerkennung zu stoßen.
Zum Schluss dieses Teils der Hausarbeit möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Begriffe Taylorismus und wissenschaftliche Betriebsführung in der Literatur oftmals nicht im selben Zusammenhang verwendet werden. Der Taylorismusbegriff ist, so wie er heute benutzt wird, mit der Anwendung der wissenschaftlichen Betriebsführung nicht so eng verbunden. Taylorismus bezeichnet heute oftmals nur einzelne Elemente des Systems der wissenschaftlichen Betriebsführung. Taylor selbst bezeichnete sein System als Scientific Management.(Hebeisen 1999:13f.)
5 Schlussbemerkungen
Trotz der vielen Kritik halte ich Taylors Ansätze größtenteils für vernünftig. im Speziellen meine ich damit die Beschreibung der Missstände und dabei besonders die Aussagen über das „Sich-Drücken“. Ich würde sogar soweit gehen, aufgrund meiner eigenen Arbeitserfahrungen in diversen kleineren und größeren Unternehmen, zu behaupten, dass dieses Problem auch heute noch in vielen Unternehmen zu spürbaren Produktivitätsverlusten führt.
Wovon ich überhaupt nicht überzeugt bin, sind Taylors Ansichten über die einfachen Arbeiter und sein meiner Meinung nach viel zu sehr vereinfachtes Menschenbild. Ich bezweifle noch nicht einmal, dass der Mensch einen angeborenen Hang zur Faulheit hat, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass die Aussicht auf mehr Geld im allgemeinen eine so große Wirkung hat, wie Taylor es annimmt.
So glaubt er, dass es genügt, dem Arbeiter eine Lohnsteigerung von 40% anzubieten (Hebeisen 1999:30f.), damit er:
- mehr als doppelt so viel Arbeit verrichtet und
- die Gefahr in Kauf nimmt, sich mit seinen Kollegen zu zerstreiten ohne ihm näher zu erklären, was ihm dafür an Vorteilen entsteht (Taylor 1919:47ff.10 ). Im zweiten Kapitel beschreibt er an einem Beispiel (ebd.), wie man einen Arbeiter davon überzeugen könne. Im Einzelfall ist so etwas vielleicht möglich, aber ein solches oder ähnliches Vorgehen für allgemein praktikabel zu befinden, halte ich selbst für die damaligen Umstände für sehr abwegig. Auf die heutige Zeit lässt sich diese Methode schon gar nicht übertragen, da das Bildungsniveau der Menschen im Vergleich zu dem zu Taylors Zeiten wesentlich angestiegen ist und die Beziehung zwischen Betriebsleitung und Angestellten sich ebenfalls verändert hat. Das Lohnsystem selbst möchte ich damit nicht in Frage stellen, ich bezweifle lediglich, dass es die von Taylor gewünschte Wirkung tatsächlich erzielt.
In Abschnitt 1.1. habe ich beschrieben, das Taylor eine Art Gruppenzwang für eine der Ursachen für das „Sich Drücken“ vor der Arbeit hält. Beim praktischen Teil der Umstellung auf sein System betont er jedoch, dass man gerade zu Beginn der Umstellung jeden Arbeiter einzeln von den Neuerungen überzeugen sollte und lässt den Gruppenzwang fast unerwähnt. Das Gegenteil sei nun der Fall, das Konkurrenzdenken des Arbeiters soll ihn nun gerade zur Mehrarbeit motivieren. Für meine Begriffe ist dies ein Widerspruch, vor allem da der Anreiz für den Arbeiter fast ausschließlich in einer Lohnerhöhung bestehen soll.
Ein weiterer (für mich zumindest) klarer Wiederspruch ist, dass Taylor zu Beginn seiner Ausführungen die Angst der Arbeiter vor der Herabsetzung des Stücklohns als Trugschluss bezeichnet. Genau das ist aber dann in der Praxis der Fall (Hebeisen 1999:30f.).
Gesetzt den Fall, diese Bedenken sind richtig, wären einige wesentliche Änderungen notwendig, um Taylors theoretische Konstruktion aufrecht zu erhalten.
Literatur:
1. Taylor, Frederick W.: Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung.The Principles of Scientific Management.R.Oldenburg, München Berlin 1919
2. Nolan, Mary: Visions of Modernity.American Business and the Modernization of Germany.Oxford University Press, New York 1994
3. Kirsch, Werner; Heinz Klein: Management-Informationssysteme II.Auf dem Weg zu einem neuen Taylorismus?.Sozioökonomie Bd.516. Verlag W.Kohlhammer,Stuttgart Berlin Köln Mainz 1977
4. Dichtl, Erwin; Ottmar Issing: Vahlens großes Wirtschaftslexikon.2., überarbeitete und erweiterte Auflage.Bd.1, Franz Vahlen, München 1993
5. Hebeisen, Walter: F. W. Taylor und der Taylorismus. Über das Wirken und die Lehre Taylors und die Kritik am Taylorismus. VDF Hochschulverlag AG, Zürich 1999
[...]
1 Auf Taylors Bild des Durchschnittsmenschen, sowie des gemeinen Arbeiters und seine diesbezüglich (gelinde ausgedrückt) etwas grobe Ausdrucksweise wird in Teil 2 noch etwas näher eingegangen.
2 Aus Taylors Umschreibungen des durchschnittlichen Arbeiters geht unter anderem hervor, dass Lohnerhöhungen für ihn ein sehr wirksamer Anreiz sind (vgl. Hebeisen 1999:30ff. oder Taylor 1919:47-50). Dieser Umstand steht für Taylor derartig fest, dass er eine wesentliche Bedingung für das Funktionieren des „Scientific Management“ bildet.
3 In Taylors Fall waren das z.B. fehlende Erkenntnisse darüber, wie viel einer bestimmten Arbeit (z.B. das Heben und Tragen von Roheisen) einem Arbeiter zuzumuten sei, bevor er ermüdet.
4 Gegebenenfalls soll auch mit den Werkzeugen experimentiert werden, um sie dann dem Arbeitsvorgang anzupassen.
5 Zum Beispiel wird ermittelt, wie und wo der Arbeiter speziell Roheisen festhält, wie er am besten damit geht etc.5 Als praktischen Teil der Umstellung habe ich diesen Abschnitt deshalb bezeichnet, weil erst bei diesen Arbeitsschritten die ersten tatsächlichen Veränderungen im Betrieb vorgenommen werden.
6 Als praktischen Teil der Umstellung habe ich diesen Abschnitt deshalb bezeichnet, weil erst bei diesen Arbeitsschritten die ersten tatsächlichen Veränderungen im Betrieb vorgenommen werden.
7 Wie hoch der Lohn und der Bonus sein müssen, um den Arbeiter ausreichend zu motivieren, will Taylor ebenfalls untersucht haben. Vgl. Taylor:1919, S.130
8 Dazu muss bemerkt werden, dass dieses System in der Praxis etwas anders aussah, als es aus „Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung“ hervorgeht. Siehe dazu Hebeisen 1999:30f
9 Natürlich trugen dazu noch eine Reihe weiterer Faktoren bei, wie z.B. das Aufkommen des Fordismus oder die damals sehr unterschiedlichen wissenschaftlichen Herangehensweisen amerikanischer und deutscher Wissenschaftler. Vgl. Nolan, S.43ff.
10 An dieser Stelle ist beispielhaft ein Gespräch mit einem Arbeiter aufgezeichnet. In dem Gespräch soll er überzeugt werde, sich auf das neue System umzustellen. Zunächst wird er gefragt, ob er eine erste Kraft sei. Er versteht nicht was, damit gemeint ist und fragt nach. Daraufhin wird ihm unterstellt, er würde sehr gut verstehen und weiter gefragt, ob er genauso billig wie die anderen Arbeiter sei oder ob er in Zukunft mehr Geld verdienen wolle. Nun wird ihm wieder Unverständnis unterstellt und erst mal erklärt, was er als erste Kraft zu tun habe. Kurzum dem Arbeiter werden verwirrende Fragen gestellt um ihn von den Tatsachen abzulenken. Das gesamte Gespräch ist von Äußerungen wie „Stehlen Sie mir nicht meine Zeit“ oder „Heraus mit der Sprache“ geprägt. Am Ende willigt der Arbeiter jedoch ein, das zu tun was eine Erste Kraft tun muß.
- Citation du texte
- Julia Ziegelmann (Auteur), 2000, Was ist das "Scientific Management"?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99029
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