Die ertragsteuerliche Organschaft wird am Beispiel von Kapitalgesellschaften dargestellt, Personengesellschaften werden nicht berücksichtigt. Zu Beginn wird die Besteuerung von einem handelsrechtlichen Konzern bestehend aus Kapitalgesellschaften ohne dem Vorliegen eines Organschaftsverhältnisses genauer dargestellt. Im Anschluss wird die ertragsteuerliche Organschaft ausführlich behandelt. Es wird auf die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen eingegangen, die Rechtsfolgen werden im Körperschaftsteuerrecht und im Gewerbesteuerrecht erörtert. Ein Steuerbelastungsvergleich soll zeigen, ob sich die ertragsteuerliche Organschaft im Vergleich zu Kapitalgesellschaften ohne Organschaft als vorteilhaft erweist. Zur Stützung dieser These werden weitere Vorteile und Nachteile der ertragsteuerlichen Organschaft aufgegriffen und abschließend ein Fazit gezogen.
Ziel der Arbeit ist es, die Chancen und Risiken einer ertragsteuerlichen Organschaft darzustellen, sodass die aufgezeigten Problemfelder in der Praxis vermieden werden können und der Steuerpflichtige im besten Fall eine Steuerersparnis erlangen kann.
Im Rahmen der ertragsteuerlichen Organschaft verschmelzen die wirtschaftlichen Interessen der verschiedenen rechtlichen selbstständigen Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit. Innerhalb der Organschaft wird das Mutterunternehmen als Organträger und die Tochtergesellschaft als Organgesellschaft bezeichnet. Der Organträger und und eine oder mehrere Organgesellschaften bilden den Organkreis. Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG darf das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger hinzugerechnet werden. Durch Gründung einer Organschaft können ertragsteuerliche Verluste von Organträger und Organgesellschaft sofort ausgeglichen werden. Im deutschen Steuerrecht existieren eine körperschaftsteuerliche, gewerbesteuerliche umsatzsteuerliche Organschaft sowie eine Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht. Die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft sind identisch, bei Nichterfüllung der komplexen Anforderungen besteht die Gefahr einer verunglückten Organschaft.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Darstellung der Besteuerung von Kapitalgesellschaften im Konzern
2.1 Die Systematik des Konzerns und des Konzernabschlusses
2.2 Anwendung des Trennungsprinzip bei der Körperschaftsteuer
2.3 Besonderheiten im Gewerbesteuerrecht
3 Die ertragsteuerliche Organschaft als Alternative
3.1 Voraussetzungen
3.1.1 Persönliche Voraussetzungen
3.1.2 Sachliche Voraussetzungen
3.2 Rechtsfolgen der körperschaftsteuerlichen Organschaft
3.2.1 Einkommensermittlung bei der Organgesellschaft
3.2.2 Einkommensermittlung und -zurechnung beim Organträger
3.2.3 Mehr- oder Minderabführungen
3.3 Rechtsfolgen der Organschaft im Gewerbesteuerrecht
4 Die Organschaft im Vergleich zu Kapitalgesellschaften ohne Organschaftsverhältnis
4.1 Vorteile der Organschaft
4.1.1 Steuerbelastungsvergleich: Vorteilhaftigkeit der Verlustverrechnung
4.1.2 Vermeidung mehrfacher gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen
4.1.3 Gewerbesteuerentlastung durch Zerlegung des Messbetrags
4.1.4 Umqualifizierung verdeckter Gewinnausschüttungen
4.2 Nachteile der Organschaft
4.2.1 Gefahr einer verunglückten Organschaft
4.2.2 Keine Nutzung vororganschaftlicher Verluste
4.2.3 Erweiterte Haftung der Organgesellschaft
4.2.4 Rechtsunsicherheit verbunden mit hohen Beratungskosten
5 Zusammenfassung
Anhang
I. Steuerbelastungsvergleich
II. Vermeidung von gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen
III. Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags
IV. Umqualifizierung verdeckter Gewinnausschüttungen
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verbilligte Überlassung an Schwesterkapitalgesellschaft
Abbildung 2: Einkommensermittlung bei der Organgesellschaft
Abbildung 3: Hinzurechnung der Ausgleichszahlung nach § 16 KStG
Abbildung 4: Einkommensermittlung bei dem Organträger
Abbildung 5: Hinzurechnung Einkommen Organgesellschaft
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ermittlung Steuerbelastung ohne Organschaft
Tabelle 2: Einkommenszurechnung in der Organschaft
Tabelle 3: Steuerbelastung Nicht-Organschaft im Verlustfall
Tabelle 4: Steuerbelastung Organschaft im Verlustfall
Tabelle 5: Untergang Verlustabzug bei Nicht-Organschaft
Tabelle 6: sofortiger Verlustausgleich bei Organschaft
Tabelle 7: Verlustabzug nach § 10d EStG bei Nicht-Organschaft
Tabelle 8: zeitlicher Vorteil Verlustnutzung Organschaft
Tabelle 9: Steuerbelastung Betriebs-GmbH ohne Organschaft
Tabelle 10: Steuerbelastung Besitz-GmbH ohne Organschaft
Tabelle 11: Steuerbelastung Organschaft ohne Hinzurechnungen
Tabelle 12: Steuerbelastung Gesellschafter ohne Organschaft
Tabelle 13: Steuerbelastung Gesellschafter mit Organschaft
Tabelle 14: Übersicht Steuerbelastung beider Szenarien
Tabelle 15: Zerlegung des Messbetrags bei hohem Hebesatz der M-GmbH
Tabelle 16: Zerlegung des Messbetrags bei niedrigem Hebesatz M-GmbH
Tabelle 17: Aufdeckung vGA ohne Organschaft
Tabelle 18: Aufdeckung vGA in der Organschaft
Tabelle 19: keine Nutzung vororganschaftlicher Verluste
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Gem. § 18 Abs. 1 S. 1 AktG handelt es sich zivilrechtlich um einen Konzern, wenn ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst werden können. Die einzelnen Unternehmen stellen Konzernunternehmen dar. Die Konzernunternehmen sind rechtlich selbstständig, aber es besteht eine wirtschaftliche Abhängigkeit.1 Die Aufteilung einzelner Geschäftsbereiche in Tochterunternehmen kann zu betriebswirtschaftlichen Vorteilen führen: Innerhalb der kleinen Einheiten ist eine bessere Steuerung möglich, die Zuteilung von Aufgaben und Verantwortung vereinfacht und ein besserer Überblick gewährleistet.2 Aktuell gibt es in Deutschland keine Konzernbesteuerung, es herrscht das Individual- und Trennungsprinzip.3 Das heißt, dass das deutsche Steuerrecht die individuelle Besteuerung rechtlich selbstständiger Gesellschaften vorsieht. Eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zwischen der Mutter- und Tochtergesellschaft ist nicht möglich. Dieser Nachteil wird als Lock in Effekt bezeichnet.4
Als Alternative kann die ertragsteuerliche Organschaft in Betracht kommen.5 Sie stellt eine Ausnahme im deutschen Steuerrecht dar, da das Individual- und das Trennungsprinzip durchbrochen wird.6 In der Regel ist jede Person und jedes Rechtssubjekt einzeln steuerpflichtig, doch die stellt eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar.7 Im Rahmen der ertragsteuerlichen Organschaft verschmelzen die wirtschaftlichen Interessen der verschiedenen rechtlichen selbstständigen Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit.8
Innerhalb der Organschaft wird das Mutterunternehmen als Organträger und die Tochtergesellschaft als Organgesellschaft bezeichnet.9 Der Organträger und eine oder mehrere Organgesellschaften gründen den Organkreis.10 Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG darf das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger hinzu- gerechnet werden. Durch Gründung einer Organschaft können ertragsteuerliche Verluste von Organträger und Organgesellschaft sofort ausgeglichen werden.11
Im deutschen Steuerrecht existieren eine körperschaftsteuerliche, gewerbesteuerliche umsatzsteuerliche Organschaft sowie eine Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht.12 Die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft sind identisch, bei Nichterfüllung der komplexen Anforderungen besteht die Gefahr einer verunglückten Organschaft.13 Auf die Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht und im Umsatzsteuerrecht wird im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen. Die ertragsteuerliche Organschaft wird am Beispiel von Kapitalgesellschaften dargestellt, Personengesellschaften werden nicht berücksichtigt.
Zu Beginn wird die Besteuerung von einem handelsrechtlichen Konzern bestehend aus Kapitalgesellschaften ohne dem Vorliegen eines Organschaftsverhältnisses genauer dargestellt. Im Anschluss wird die ertragsteuerliche Organschaft ausführlich behandelt. Es wird auf die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen eingegangen, die Rechtsfolgen werden im Körperschaftsteuerrecht und im Gewerbesteuerrecht erörtert. Ein Steuerbelastungsvergleich soll zeigen, ob sich die ertragsteuerliche Organschaft im Vergleich zu Kapitalgesellschaften ohne Organschaft als vorteilhaft erweist. Zur Stützung dieser These werden weitere Vorteile und Nachteile der ertragsteuerlichen Organschaft aufgegriffen und abschließend ein Fazit gezogen.
Ziel der Arbeit ist es, die Chancen und Risiken einer ertragsteuerlichen Organschaft darzustellen, sodass die aufgezeigten Problemfelder in der Praxis vermieden werden können und der Steuerpflichtige im besten Fall eine Steuerersparnis erlangen kann.
2 Darstellung der Besteuerung von Kapitalgesellschaften im Konzern
2.1 Die Systematik des Konzerns und des Konzernabschlusses
Bei einem Zusammenschluss zu einem Beteiligungskonzern bleiben die einzelnen Konzernunternehmen rechtlich selbstständig, der Konzern hat keine eigene Rechtspersönlichkeit.14 Wirtschaftlich sind die Unternehmen voneinander abhängig, in diesem Sinne wird der Konzern als Einheit betrachtet.15 Betriebswirtschaftliche Entscheidungen werden nicht zum Vorteil eines einzigen Konzernunternehmens getroffen, sondern aus Sicht des gesamten Konzerns beurteilt.16 Im weitesten Sinne können die Konzerngesellschaften als Betriebsabteilungen angesehen werden.17 Es wird zwischen einem Unterordnungskonzern gem. § 18 Abs. 1 AktG und einem Gleichordnungskonzern gem. § 18 Abs. 2 AktG differenziert.18 Ein Unterordnungskonzern liegt vor, wenn es sich um herrschende und abhängige Unternehmen nach § 17 AktG handelt.19 Bei einem Unterordnungskonzern wird zwischen einem faktischem Konzern, einem Vertragskonzern gem. § 291 AktG und einem Eingliederungskonzern gem. § 319 AktG unterschieden.20 Von einem faktischen Konzern wird gesprochen, wenn die Beherrschungsmöglichkeit über ein abhängiges Unternehmen tatsächlich ohne Absicherung eines Unternehmensvertrags ausgeübt wird.21 Bei dem Gleichordnungskonzern handelt es sich gem. § 18 Abs. 2 AktG um den Zusammenschluss rechtlich selbstständiger Unternehmen ohne Abhängigkeitsverhältnis.
Das Handelsgesetzbuch gilt als grundlegendes Regelungswerk für die Konzernrechnungslegung für Mutterunternehmen in Form von Kapitalgesellschaften oder für nach § 264a HGB vergleichbare Gesellschaften.22 Eine einheitliche Konzerndefinition ist im HGB nicht vorhanden.23 Gem. § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB kann eine Kapitalgesellschaft durch einen möglichen beherrschenden Einfluss auf andere Unternehmen zur Erstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet werden. Ein beherrschender Einfluss lässt sich gem. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB durch die Mehr- heit der Stimmrechte, gem. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB durch Organbestimmungsrechten im Zusammenhang mit einer GeseNschafterstellung, gem. § 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB durch ein vertragliches oder satzungsmäßiges Beherrschungsrecht oder gem. § 230 Abs. 2 Nr. 4 HGB durch das Vorliegen einer Zweckgesellschaft begründen. Kleine Konzerne sind unter Berücksichtigung der Kriterien des § 293 Abs. 1 HGB von der Aufstellungspflicht eines Konzernabschlusses befreit. Generell dient der Konzernabschluss der Informationsfunktion, er hat keine Ausschüt- tungs- und Steuerbemessungsfunktion.24 Gem. § 297 Abs. 2 Satz 2 HGB muss der Konzernabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns darstellen. Der Konzernabschluss soll gem. § 297 Abs. 3 Satz 1 HGB ein Bild einer wirtschaftlichen Einheit darstellen.Es können keine Ansprüche gegen den Konzern geltend gemacht werden, die Gläubiger, Anteilseigner und der Fiskus richten ihre Ansprüche gegen die einzelnen rechtlich selbstständigen Unternehmen.25
2.2 Anwendung des Trennungsprinzip bei der Körperschaftsteuer
Im deutschen Steuerrecht gilt das Individualprinzip, das bedeutet, jedes Steuersubjekt wird einzeln besteuert.26 Die Zugehörigkeit zu einem Konzernverbund wird steuerrechtlich nicht beachtet, jedes selbstständige Rechtsobjekt wird eigen besteuert.27 Die Gewinne einer Tochter-GmbH werden mit Ertragsteuern belastet, unabhängig davon, ob die zum Konzern gehörende zweite Tochter-GmbH oder die Muttergesellschaft einen Verlust erzielt hat. Dieser Grundsatz ergibt sich aus dem Trennungsprinzip.28 Gem. § 1 Abs. 1 KStG wird die einzelne Körperschaft unabhängig von den Anteilseignern besteuert. Das Trennungsprinzip gilt auch zwischen Kapitalgesellschaften untereinander.29 Eine Verlustverrechnung zwischen einer Mutter- und einer Tochtergesellschaft ist nicht möglich.30
Gem. § 8b KStG sind Dividenden inländischer und ausländischer Kapitalgesellschaften, die von einer anderen Kapitalgesellschaft empfangen werden, grundsätzlich steuerfrei. 5 % der Dividende werden gem. § 8b Abs. 5 KStG als nicht ab-24 25 26 27 28 29 30 zugsfähige Betriebsausgabe hinzugerechnet. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung sind gem. § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG vollständig abziehbar. Das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG wird in § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG ausgeschlossen. Es kommt gem. § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG zu keiner Steuerbefreiung, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres weniger als 10 % beträgt. Gem. § 8b Abs. 4 Satz 7 KStG sind die Betriebsausgaben in diesem Fall in voller Höhe abzugsfähig. § 8b Abs. 9 KStG stellt eine Ausnahme von § 8b Abs.7 KStG und § 8b Abs. 8 KStG dar.31 Bezüge gem. § 8b Abs. 1 KStG, sind steuerbefreit, wenn es sich um Bezüge von einer Tochter-Kapitalgesellschaft in der EU handelt. § 8b Abs. 2 KStG beinhaltet die Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns müssen gem. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG die Veräußerungskosten und der Buchwert laut Steuerbilanz von dem Veräußerungspreis abgezogen werden. Gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG werden 5 % des Veräußerungsgewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben hinzugerechnet. Die Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 2 KStG gilt unabhängig von der Beteiligungshöhe.32 In § 8b Abs. 6 KStG ist die Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen durch die Mitunternehmer oder auch die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils geregelt. Veräußerungsverluste können gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht berücksichtigt werden.
Aus der Vorschrift des § 8 Abs. 1 KStG ergibt sich, dass der Verlustabzug nach § 10d EStG bei Ermittlung des Einkommens für Körperschaftsteuer angewendet werden darf. Gem. § 10d Abs.1 EStG kann der Verlust bis zu 1.000.000 € zurückgetragen werden, in § 10d Abs. 2 EStG ist der Verlustvortrag geregelt. Der Verlustvortrag ist gem. § 10d Abs. 1 EStG bis zu 1.000.000 € zuzüglich 60 % des 1.000.000 € übersteigenden Einkommens möglich. Für den Verlustrücktrag besteht gem. § 10d Abs.1 Satz 4 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG ein Wahlrecht auf Verzicht, während der Verlustvortrag verpflichtend ist. Sind innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile auf einen Erwerber oder einen Erwerberkreis gem. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG unmittelbar oder mittelbar übertragen worden, geht der Verlustvortrag gem. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG unter. Ausnahmen stellen die Konzern-Klausel nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG, die stille Reserven-Klausel nach § 8c Abs.1 Satz 5 KStG, Erwerbe zum Zwecke der Sanierung nach § 8c Abs. 131 32 KStG und der Verlustvortrag nach § 8d KStG dar. Die Konzernklausel besagt, dass kein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, wenn der Erwerber 100 % an dem übertragenden Rechtsträger beteiligt ist, wenn der Veräußerer zu 100 % an dem übernehmenden Rechtsträger beteiligt ist oder dieselbe Person an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger jeweils zu 100 % beteiligt ist.
Leistungen zwischen den verbundenen Gesellschaften werden wie entsprechende Vorgänge zwischen unverbundenen Unternehmen behandelt.33 Aufgrund der Verflechtung der Konzernunternehmen können verdeckte Gewinnausschüttungen oder verdeckte Einlagen vorliegen.34 Der Gesetzgeber hat in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG geregelt, dass verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen nicht mindern dürfen, gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG dürfen verdeckte Einlagen das Einkommen nicht erhöhen. Es handelt sich gem. R 8.9 Abs. 1 KStR um eine verdeckte Einlage, wenn die Leistung außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen erfolgt, ein einlagefähiger Vermögensvorteil gem. H 8.9 KStH entsteht, veranlasst durch das Gesellschaftsverhältnis. Bei verdeckten Nutzungsvorteilen kommt es zu keiner Ergebnisauswirkung, da gem. H 8.9 KStH kein einlagefähiger Vermögensvorteil besteht. Wurde das Einkommen des Gesellschafters fälschlicherweise gemindert, muss die verdeckte Einlage gem. § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG zum Einkommen der Kapitalgesellschaft hinzugerechnet werden. Hat die verdeckte Einlage den Bilanzgewinn bereits durch Buchung eines handelsrechtlichen Ertrags erhöht, muss das Einkommen durch eine außerbilanzielle Korrektur gemindert werden.35 Bei der Korrektur ist die Einlage gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG und § 6 Abs. 6 EStG mit dem Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage zu bewerten. Die Anschaffungskosten der Beteiligung müssen beim Gesellschafter um den Teilwert der verdeckten Einlage nach § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG erhöht werden. Auf Ebene der Gesellschaft kommt es zu einer Zurechnung in Höhe des Einlagewertes zum steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG.36 Verdeckte Gewinnausschüttungen sind in R 8.5 Abs. 1 Satz 1 KStR definiert: es erfolgt eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die sich auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs.1 Satz 1 EStG auswirkt, auf keinem ordentlichen Gewinnausschüttungsbeschluss beruht und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Hat die verdeckte Gewinnausschüttung den Gewinn der Gesellschaft gemindert, muss der Wert außerhalb der Bilanz wieder hinzugerechnet werden.37 Auf Ebene der Gesellschaft soll die verdeckte Gewinnausschüttung in eine offene Gewinnausschüttung unqualifiziert werden.38. Gem. R 8.5 Abs. 1 Satz 2 KStR und H 8.5 KStH kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch durch Leistungen an eine nahestehenden Person bestehen. Eine Besonderheit stellt die verbilligte Überlassung zwischen Schwestergesellschaften dar. Verkauft die Tochtergesellschaft T1-GmbH ihrer Schwestergesellschaft T2-GmbH Anlagevermögen unter dem Verkehrswert, so handelt sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung von der T1-GmbH an deren Muttergesellschaft M-GmbH.39 Bei der T1-GmbH muss gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das zu versteuernde Einkommen erhöht werden. Bei der Muttergesellschaft erhöht sich das Einkommen um die verdeckte Gewinnausschüttung, die steuerfreie Dividende nach § 8b Abs. 1 KStG und § 8b Abs. 5 KStG muss abgezogen werden.40 Gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 KStG erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung. Bei der T2-GmbH muss der Buchwert der Wirtschaftsgüter erhöht werden. Es entsteht eine zusätzliche Afa.41 Die verdeckte Einlage von der M-GmbH an die T2-GmbH darf das Einkommen der T2-GmbH gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG nicht erhöhen. Das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG erhöht sich bei der T2-GmbH.42
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Verbilligte Überlassung an Schwesterkapitalgesellschaft
2.3 Besonderheiten im Gewerbesteuerrecht
Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer stellt gem. § 7 Satz 1 GewStG der nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn dar. Dieser Gewinn verändert sich aufgrund der Hinzurechnungen gem. § 8 GewStG und den Kürzungen gem. § 9 GewStG. Die Kürzung gem. § 9 Nr. 2a GewStG betrifft die Gewinnausschüttungen aus inländischen Kapitalgesellschaften. Der Gewinn muss gekürzt werden, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt. Gem. § 9 Nr. 2a Satz 3 GewStG mindern die Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewinnausschüttung stehen, den Kürzungsbetrag. § 9 Nr. 7 GewStG regelt die Kürzung für Gewinnausschüttungen aus ausländischen Kapitalgesellschaften. Eine ausländische Kapitalgesellschaft hat gem. § 2 Nr. 1 KStG ihren Sitz und den Ort der Geschäftsleitung außerhalb von Deutschland. Gem. 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG muss auch in diesem Fall die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % des Nennkapitals betragen und bei der Gewinnermittlung nach § 7 GewStG angesetzt worden sein. Gem. § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG finden die Vorschriften des § 9 Nr. 2a Satz 3 GewStG Anwendung: Die Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewinnausschüttung stehen, dürfen den Kürzungsbetrag mindern. Sind die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG oder des § 9 Nr. 7 GewStG nicht erfüllt, kommt es gem. § 8 Nr. 5 Satz 1 GewStG zu einer Hinzurechnung der Gewinnausschüttung einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft.
Hat ein Gewerbetreibender einen Verlust erwirtschaftet, ist gem. § 10a Satz 1 GewStG nur ein Verlustvortrag möglich. Gem. § 10a Satz 1-2 GewStG ist der Verlustvortrag auf 1.000.000 € zuzüglich 60 % des 1.000.000 € übersteigenden Betrags begrenzt. Der vortragsfähige Gewerbeverlust muss gem. § 10a Satz 6 GewStG gesondert festgestellt werden. Gewerbeverlust ist gem. R 10a. 1 Abs. 3 Satz 2 GewStR der negative Gewerbeertrag nach Vornahme der Hinzurechnungen und der Kürzungen nach §§ 8 und 9 GewStG. Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG erhöht gem. R 10a.1 Abs. 3 Satz 2 GewStR den Gewerbeverlust nicht. In § 10a Satz 10 GewStG ist die entsprechende Anwendung von § 8c KStG geregelt.
3 Die ertragsteuerliche Organschaft als Alternative
3.1 Voraussetzungen
3.1.1 Persönliche Voraussetzungen
Allgemein besteht die ertragsteuerliche Organschaft aus einem Unterordnungsverhältnis, das heißt, eine Kapitalgesellschaft muss in ein rechtlich selbstständiges Unternehmen finanziell eingegliedert sein.43 Das übergeordnete Unternehmen ist der Organträger, die Kapitalgesellschaft wird als Organgesellschaft bezeichnet.44 Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG muss es sich bei der Organgesellschaft um eine Europäische Gesellschaft, einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien handeln. Weitere Kapitalgesellschaften im Rahmen des KStG können gem. § 17 Satz 1 KStG in Betracht kommen. Folglich kann unter Beachtung des Klammerzusatzes in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG eine Organschaft auch mit einer GmbH als Organgesellschaft gegründet werden.45 Voraussetzung ist gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG ein wirksamer Gewinnabführungsvertrag. Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG muss die Organgesellschaft ihre Geschäftsleitung im Inland und ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens haben. Diese Regelung ist jedoch für Kapitalgesellschaften mit Sitz im EU/EWR nahezu nutzlos, da sie keinen Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG abschließen können.46 Eine gewerbliche Tätigkeit ist nicht zwingend notwendig, auch eine vermögensverwaltende Gesellschaft kann eine Organgesellschaft sein.47
Organträger können gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG auch natürliche Personen, Personengesellschaften nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, Kapitalgesellschaften und andere rechtsfähige oder nicht rechtsfähige Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen im Sinne des § 1 KStG sein. In § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG ist der notwendige Inlandsbezug geregelt. Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG muss die Beteiligung an der Organgesellschaft ununterbrochen während der gesamten Dauer der Organschaft einer inländischen Betriebsstätte nach § 12 AO des Organträgers zuzurechnen sein. Ziel dieser Regelung ist die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zur inländischen Betriebsstätte und die damit verbundene Sicherung des deutschen Besteuerungsrechts.48 In § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG ist geregelt, dass es sich nur dann um eine inländische Betriebsstätte handelt, wenn die der Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte nach nationalen und auch nach Berücksichtigung von Doppelbesteuerungsabkommen im Inland der Besteuerung unterliegen. Das alleinige Halten von Beteiligungen an inländischen Gesellschaften kann keine Betriebsstätte begründen.49 Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG muss das Einkommen der Organgesellschaft der inländischen Betriebsstätte des Organträgers zugerechnet werden. Es handelt sich gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG um die inländische Betriebsstätte, der die Beteiligung an der Organgesellschaft oder, bei mittelbarer Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist. Der Organträger muss gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ein gewerbliches Unternehmen führen. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass ein gewerbliches Unternehmen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG vorliegt, wenn § 2 GewStG greift.50 Die Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG sind nach dieser Auffassung nicht relevant, auch eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der AG könnte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform betreiben und damit Träger eines gewerblichen Unternehmens nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG sein.51 Die Rechtsprechung war der Meinung, dass nur ein Unternehmen, das eine eigengewerbliche Tätigkeit ausübt, Organträger sein kann.52 Ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform sah der BFH als nicht ausreichend.53 Nach heutiger Meinung des BFH wird ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform anerkannt.54
Die Tatbestandsmerkmale der Voraussetzungen einer Organschaft im Körperschaftsteuerrecht stimmen gem. R 2.3 Abs. 1 Satz 1 GewStR mit den Voraussetzungen im Gewerbesteuerrecht überein. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG verweist auf die entsprechenden Paragraphen im Körperschaftsteuergesetz. Es ist vom BFH noch nicht abschließend geklärt, ob eine Kapitalgesellschaft, die von der Gewerbesteuer befreit ist, eine Organgesellschaft sein kann.55 Auch im Gewerbesteuerrecht muss der Organträger ein gewerbliches Unternehmen betreiben, die Auffassung eines gewerblichen Unternehmens im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG stimmt mit dem Begriff des gewerblichen Unternehmens gem. § 14 KStG überein.56 Eine gewerbesteuerbefreite Kapitalgesellschaft kann Organträgerin sein, wenn es sich um eine beschränkte persönliche oder sachliche Steuerbefreiung wie zum Beispiel nach § 3 Nr. 20 GewStG handelt.57
3.1.2 Sachliche Voraussetzungen
Neben den persönlichen Voraussetzungen müssen für die Gründung einer Organschaft auch sachliche Voraussetzungen beachtet werden. Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG ist eine finanzielle Eingliederung und ein Gewinnabführungsvertrag notwendig. Unter finanzieller Eingliederung wird gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG verstanden, dass der Organträger an der Organgesellschaft unmittelbar in dem Umfang beteiligt ist, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen der Organgesellschaft zustehen. Es muss beachtet werden, dass die Mehrheit der Stimmrechte nicht immer der Anteilsmehrheit entspricht.58 Sind in dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung keine speziellen Regelungen vereinbart worden, hat der Organträger die Mehrheit der Stimmrechte, wenn ihm mehr als die Hälfte aller Stimmrechte zustehen.59 Wurde in dem Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung eine Vereinbarung getroffen, dass für Beschlüsse der Hauptversammlung oder der Gesellschafter mehr als die einfache Mehrheit notwendig ist, so wird für die finanzielle Eingliederung die vereinbarte erforderliche Mehrheit betrachtet.60 Gem. R 14.2 Satz 1 KStR ist der Organträger an der Organgesellschaft beteiligt, wenn ihm die Anteile einschließlich der Stimmrechte zuzurechnen sind.
Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG sind mittelbare Beteiligungen zu berücksichtigen, „wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt." Ist die Muttergesellschaft an ihrer Tochtergesellschaft in angemessenen Umfang beteiligt und hat die Tochtergesellschaft eine eigene Tochtergesellschaft, an der sie angemessen beteiligt ist, ist die Enkelgesellschaft unmittelbar in die Tochtergesellschaft und mittelbar in die Muttergesellschaft finanziell eingegliedert. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, können sich die Beteiligten zwischen einer Organschaftskette oder einem direkten Organschaftsverhältnis zwischen der Enkelgesellschaft als Organgesellschaft und der Muttergesellschaft als Organträger entscheiden.61 Die Organschaftskette besteht aus einem Organschaftsverhältnis zwischen der Enkelgesellschaft als Organgesellschaft und der Tochtergesellschaft als Organträger und einem zweiten Organschaftsverhältnis zwischen der Tochtergesellschaft als Organgesellschaft und der Muttergesellschaft als Organträger.62 Bei dem direkten Organschaftsverhältnis zwischen der Enkelgesellschaft und der Muttergesellschaft ist das gleichzeitige Organschaftsverhältnis zwischen der Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft keine zwingende Voraussetzung.63 Zwischen Schwestergesellschaften kann kein Organschaftsverhältnis bestehen, da gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG der Organträger selbst die Beteiligung, die die finanzielle Eingliederung vermittelt, halten muss.64 Mit Inkrafttreten des StSenkG können auch mittelbare und unmittelbare Beteiligungen oder mehrere mittelbare Beteiligungen zusammengerechnet werden, vorausgesetzt, jede vermittelnde Gesellschaft gewährt die Mehrheit der Stimmrechte und ist finanziell in den Organträger eingegliedert.65
Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ist der Abschluss und die Durchführung eines Gewinnabführungsvertrag für das Bestehen der Organschaft notwendig. Die Organgesellschaft muss sich verpflichten, den gesamten Gewinn an den Organträger abzuführen. Der Organträger verpflichtet sich, sofern § 302 AktG anwendbar ist, Verluste der Organgesellschaft zu übernehmen.66 Der Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG stellt keinen schuldrechtlichen Vertrag, sondern einen gesellschaftsrechtlichen Vertrag dar.67 Der Vertrag wird nur steuerlich anerkannt, wenn er zivilrechtlich wirksam ist.68 Eine bloße Durchführung reicht nicht aus.69
Es wird gem. § 14 KStG und § 17 KStG der Gewinnabführungsvertrag einer SE, AG oder KGaA als Organgesellschaft im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG und der Gewinnabführungsvertrag einer Organgesellschaft mit anderer Rechtsform nach § 17 KStG unterschieden.70 Für die Europäische Gesellschaft, AG oder KGaA gelten die besonderen Vorschriften des Aktienrechts, für Kapitalgesellschaften nach § 17 KStG muss der Vertrag den Regelungen der §§ 291 ff. AktG entsprechen.71
Der aktienrechtliche Gewinnabführungsvertrag muss die Regelung des § 291 Abs. 1 AktG beinhalten.72 Die Organgesellschaft verpflichtet sich gem. § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG ihren gesamten handelsrechtlichen Gewinn abzuführen. Gem. § 291 Abs. 1 Satz 2 AktG gilt auch ein Vertrag, in dem die AG oder KGaA es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmen zu führen, als Gewinnabführungsvertrag. Der gesamte Gewinn muss abgeführt werden, ein Teilgewinnabführungsvertrag nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG reicht nicht aus.73 Erhält die Organgesellschaft nach Abführung des Gewinns einen bestimmten Teil wieder zurück, so liegt eine Gewinngemeinschaft nach § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG vor. Der Vertrag dieser Gewinngemeinschaft ist nicht für eine Organschaft nach § 14 KStG geeignet.74 Gem. § 304 Abs. 1 AktG muss der Vertrag regelmäßig wiederkehrende Ausgleichzahlungen an außenstehende Gesellschafter vorsehen. Der Vertrag muss gem. § 293 Abs. 3 AktG schriftlich erfolgen und notariell beurkundet werden.75 Der Gewinnabführungsvertrag wird gem. § 293 AktG nur mit Zustimmung der Hauptversammlung der zukünftigen Organgesellschaft wirksam. Handelt es sich bei dem zukünftigen Organträger ebenfalls um eine AG oder KGaA, muss auch dessen Gesellschafterversammlung gem. § 293 Abs. 2 AktG mit qualifizierter Mehrheit zustimmen. Wird das beherrschende Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH geführt, gilt die qualifizierte Mehrheit analog.76 Der Gewinnabführungsvertrag muss gem. § 294 Abs. 2 AktG im Handelsregister der Organgesellschaft angemeldet werden, erst mit der Eintragung in das Handelsregister wird er wirksam. Gem. § 301 AktG darf das Unternehmen „höchstens den ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr, um den Betrag, der nach § 300 AktG in die gesetzlichen Rücklagen einzustellen ist, und den nach § 268 Abs. 8 des Handelsgesetzbuchs ausschüttungsgesperrten Betrag, abführen." Gem. § 302 Abs. 1 AktG muss der Organträger während der gesamten Vertragsdauer entstehenden Verluste ausgleichen, soweit sie nicht schon durch die Auflösung von Rücklagen ausgeglichen wurden. Sind AGs nach §§ 319 ff. AktG eingegliedert, finden die §§ 293-296, 298303 AktG keine Anwendung.77
Bei einer GmbH fehlt es an handelsrechtlichen Regelungen für den Gewinnabführungsvertrag.78 § 17 Abs. 1 Satz. 2 Nr. 1 KStG bezieht sich auf die entsprechende Anwendung von § 301 AktG, § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG verweist auf die Vorschrift des § 302 AktG im Rahmen der Verlustübernahme. Bei der GmbH ist der Vertrag auch ohne Vereinbarung von Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter wirksam.79 Der Gewinnabführungsvertrag zwischen zwei GmbH wird wirksam, wenn die Gesellschafterversammlungen beider Gesellschaften dem Vertrag zustimmen und in das Handelsregister der beherrschten Gesellschaft eingetragen wird.80 Generell ist keine notarielle Beurkundung des Gewinnabführungsvertrags notwendig, nur der Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der beherrschten Gesellschaft muss gem. R 17 Abs.1 KStR notariell beurkundet werden.
In § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG ist geregelt, dass das Einkommen der Organgesellschaft erstmal für das Kalenderjahr zuzurechnen ist, in dem das Wirtschaftsjahr endet und der Gewinnabführungsvertrag wirksam wird. Gem. R 14.5 Abs. 1 KStR wird in der Regel der Gewinnabführungsvertrag wirksam, wenn sein Bestehen in das Handelsregister der Organgesellschaft eingetragen wurde. Handelt es sich um eine nach §§ 319 bis 327 AktG eingegliederten AG oder KGaA, wird der Gewinnabführungsvertrag gem. R 14.5 Abs. 1 Satz 3 KStR zivilrechtlich wirksam, sobald er in Schriftform nach § 324 Abs. 2 AktG abgeschlossen ist. Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG muss der Gewinnabführungsvertrag für mindestens fünf Jahre abgeschlossen und in dieser Zeit auch durchgeführt werden. Gem. R 14.5 Abs. 2 Satz 2 KStR beginnt dieser Zeitraum mit dem Anfang des Wirtschaftsjahres, in dem der Gewinnabführungsvertrag wirksam wird.77 78 79 80
Generell ist die vorzeitige Beendigung des Gewinnabführungsvertrags gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStR steuerschädlich, eine Ausnahme ist in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG geregelt: die vorzeitige Beendigung des Gewinnabführungsvertrags ist unschädlich, wenn ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt. Es handelt sich gem. R 14.5 Abs. 6 Satz 2 KStR um einen wichtigen Grund, wenn eine „Veräußerung oder Einbringung der Organbeteiligung durch den Organträger, eine Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation des Organträgers oder der Organgesellschaft vorliegt.“ Ist bereits beim Vertragsabschluss die Beendigung des Gewinnabführungsvertrags innerhalb der fünf Jahren geplant, so darf gem. R 14.5 Abs. 6 Satz 3 KStR kein wichtiger Grund angenommen werden, der Gewinnabführungsvertrag ist gem. R 14.5 Abs. 6 Satz 4 KStR von Anfang an als steuerrechtlich unwirksam anzusehen.
3.2 Rechtsfolgen der körperschaftsteuerlichen Organschaft
3.2.1 Einkommensermittlung bei der Organgesellschaft
Damit das Einkommen der Organgesellschaft gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG der Organgesellschaft zugerechnet werden kann, muss zuerst das zuzurechnende Einkommen ermittelt werden.81 Generell ist das Einkommen gem. § 15 Satz 1 KStG unter Berücksichtigung der Ausnahmen in § 15 KStG nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln.82 Wichtig ist, dass das Einkommen der Organgesellschaft getrennt vom Einkommen des Organträgers zu ermitteln ist.83 Gem. § R 14.6 Abs. 1 Satz 6 KStR wird unter dem zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft im Sinne der §§ 14-19 KStG der Betrag vor Gewinnabführung oder Verlustübernahme verstanden. Der abgeführte Gewinn der Organgesellschaft, der handelsrechtlich als Aufwand verbucht wird und die erfolgserhöhende Verlustübernahme durch den Organträger dürfen nicht angesetzt werden und müssen außerbilanziell korrigiert werden.84 Das Einkommen der Organgesellschaft wir gem. § 8 Abs. 1 und 2 KStG i.V.m. §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG wie folgt ermittelt:85
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Einkommensermittlung bei der Organgesellschaft
[...]
1 Vgl. Emmerich/Habersack (2019), § 18 AktG, Rn. 5.
2 Vgl. Dinkelbach (2019), S. 467.
3 Vgl. Krumm (2019), § 14 KStG, Rz 1.
4 Vgl. Dinkelbach (2019), S. 467.
5 Vgl. Dinkelbach (2019), S. 468.
6 Vgl. BFH-Urteil vom 03.03.2010, I R 68/09, DStR 2010, S. 7; Prinz (2015), S. 23-24.
7 Vgl. Kröner (2018), § 3 Rn. 123.
8 Vgl. Güroff (2017), § 2 Rn 485.
9 Vgl. Herzig (2003), S. 8.
10 Vgl. Herzig (2003), S. 8.
11 Vgl. Prinz (2019), S. 41.
12 Vgl. Dinkelbach (2019), S. 468.
13 3 Vgl. Schumacher (2016), S.23; Tappen, Falko/Riegel, Martin (2010), S. 309.
14 Vgl. Emmerich/Habersack (2019), § 18 AktG, Rn. 5.
15 Vgl. Oesterwinter (2019), S. 432.
16 Vgl. Oesterwinter (2019), S. 432.
17 Vgl. Oesterwinter (2019), S. 432.
18 Vgl. Hüffer/Koch (2020), Rn 2.
19 Vgl. Hüffer/Koch (2020), Rn 2.
20 Vgl. Hüffer/Koch (2020), Rn 3.
21 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2019), S. 4.
22 Vgl. Brösel (2019), S. 5.
23 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2019), S. 41.
24 Vgl. Brösel (2019), S. 8.
25 Vgl. Brösel (2019), S. 8.
26 Vgl. Prinz (2019), S. 2.
27 Vgl. Prinz (2019), S. 23.
28 Vgl. Prinz (2019), S. 2.
29 Vgl. Dinkelbach (2019), S. 467.
30 Vgl. Dinkelbach (2019), S. 467.
31 Vgl. Sell (2017), S. 294.
32 Vgl. Sell (2017), S. 252.
33 Vgl. Schirmer (2016), S. 2.
34 Vgl. Schirmer (2016), S. 2.
35 Vgl. Zenthöfer (2019), S. 62.
36 Vgl. BMF-Schreiben vom 04.06.2003, IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, S. 366.
37 Vgl. BFH-Urteil vom 29.06.1994, I R 137/93, BStBl. II 2002, S. 366; BMF-Schreiben vom 28.05.2002, IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, S. 603.
38 Vgl. Grashoff (2018), Rn 251.
39 Vgl. BFH-Beschluss vom 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl. II 1988, S. 348.
40 Vgl. Zenthöfer (2017), S. 126.
41 Vgl. Zenthöfer (2017), S. 126.
42 Vgl. BMF-Schreiben vom 04.06.2003, IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, S. 366.
43 Vgl. Dinkelbach (2017), S. 469.
44 Vgl. Dinkelbach (2017), S. 469.
45 Vgl. Neumann (2015), § 17 KStG, Rn.3.
46 Vgl. Dötsch/Pung/Möhlenbrock (2019), § 14 KStG Tz. 59a.
47 Vgl. BFH-Urteil vom 21.01.1970, I R 90/67, BStBl. II 1970, S. 348.
48 Vgl. Krumm (2020), § 14 KStG Rn. 204.206a.
49 Vgl. FG Köln, 27.09.2012, 10 K 2898/10, EFG 2013, S. 231.
50 Vgl. BMF-Schreiben vom 26.08.2003, IV A 2 S 2770 18/03, BStBl. I 2003, S. 437.
51 Müller (2020), S. 27.
52 Vgl. BFH-Urteil vom 18.04.1973, I R 120/70, BStBl. II 1973, S. 740.
53 Vgl. BFH-Urteil vom 17.12.1969, I 252/64, BStBl. II 1970, S. 257; BFH-Urteil vom 15.04.1970, I R 122/66, BStBl. II 1970, S. 554.
54 Vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24.07.2013, I R 40/12, BStBl. II 2014, S. 272.
55 Vgl. BFH-Urteil vom 04.06.2003, I R 100/01, BStBl. II 2004, S. 244.
56 Vgl. Müller (2020), S. 234.
57 Vgl. BFH-Urteil vom 10.03.2010, I R 41/09, BStBl. II 2011, S. 181.
58 Vgl. Müller (2020), S. 32.
59 Vgl. Müller (2020), S. 32.
60 Vgl. Kolbe (2020), § 14 KStG Anm. 111.
61 Vgl. Müller (2020), S. 34.
62 Vgl. Müller (2020), S. 34.
63 Vgl. Müller (2020), S. 34.
64 Vgl. Niedersächsisches FG-Urteil vom 04.09.2007, 6 K 194/07, EFG 2008, S. 323.
65 Vgl. Dinkelbach (2017), S. 472.
66 Vgl. Alber (2017), S. 312
67 Vgl. BFH-Urteil vom 28.11.2007,I R 94/06, BFHE 220, S. 51; BFH-Urteil vom 03.09.2009, IV R 38/07, BStBl. II 2010, S. 60.
68 Vgl. BFH-Urteil vom 03.09.2009, IV R 38/07, BStBl. II 2010, S. 60.
69 Vgl. BFH-Urteil vom 08.08.2001, I R 25/00, BStBl. II 2003, S. 923-924.
70 Vgl. Dinkelbach (2017), S. 473.
71 Vgl. Alber (2017), S. 314.
72 Vgl. Alber (2017), S. 314.
73 Vgl. Müller (2020), S. 52.
74 Vgl. Hüffer/Koch (2020), § 292 AktG, Rz. 4.
75 Vgl. Alber (2017), S. 314.
76 Vgl. BGH-Beschluss vom 24.10.1988, II ZB 7/88, BGHZ 105, S. 324, 336.
77 Vgl. Alber (2017), S. 315.
78 Vgl. Müller (2020), S. 61.
79 Vgl. Alber (2017), S. 316.
80 Vgl. BGH-Beschluss vom 24.10.1988, II ZB 7/88, BGHZ 105, S. 324, 336.
81 Vgl. Kolbe (2015), S. 563.
82 Vgl. BFH-Urteil vom 26.01.1977, I R 101/75, BStBl. II 1977, S. 441.
83 Vgl. BFH-Urteil vom 26.01.1977, I R 101/75, BStBl. II 1977, S. 441.
84 Vgl. Müller (2020), S. 118.
85 Vgl. Kolbe (2019), S. 551 f.; Müller (2020), S. 119.
- Quote paper
- Anonymous,, 2020, Chancen und Risiken der ertragsteuerlichen Organschaft. Möglichkeiten der Steuerersparnis für Steuerpflichtige, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/990070
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