Philosophie an sich ist eine freie Wissenschaft. Daher ist es schwierig zu bestimmen was ein guter Philosophie- oder Ethikunterricht beinhalten soll und ob die Philosophie überhaupt in den Ethikunterricht mit aufgenommen werden soll. Die Philosophie im Ethikunterricht dürfe nicht mit zu hohen Erwartungen überladen mit gesellschaftlichen Problemen konfrontiert werden. Vielmehr sollen die Schüler*innen lernen selbstständig nachzudenken. Eine Methode dies zu erreichen wäre beispielsweise das Sokratische Gespräch. Wieso genau dies als Methode für den Philosophieunterricht funktionieren könnte, wird im Folgenden versucht zu ermitteln. Dafür ist es wichtig zu analysieren, wie der gute Philosophieunterricht auszusehen hat. Die Thesen des deutschen Philosophen Ekkehard Martens stellen sehr gut dar, wie Philosophie in die Praxis umgesetzt werden könnte. So kann dann ermittelt werden, ob das Sokratische Gespräch die Voraussetzungen dafür erfüllt und als Methode fungieren würde. Um jedoch die Methode des Sokratischen Gesprächs zu verstehen, sollte zuerst ein Blick auf den Anfang dessen, nämlich die Sokratische Methode, geworfen werden und wie es letztendlich zum Sokratischen Gespräch wurde.
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Sokratische Methode
3. Sokratisches Gespräch
3.1 Nelson
3.2 Heckmann
4. Philosophieren in der Schule nach Martens
4.1 Methodik
4.2 Sokratisches Gespräch als Umsetzungsidee
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Philosophie bedeutet übersetzt zwar die Liebe zur Weisheit, jedoch steckt viel mehr dahinter als man zunächst annimmt. Im Grunde befindet sich jemand schon auf dem Weg der Philosophie, wenn er nachdenkt und nach Erklärungen sucht, welches dann philosophieren genannt wird. Genauso wichtig wie das Philosophieren, ist das Lehren der Philosophie, denn das Lehren geht mit der Philosophie einher. Dies gilt nicht nur für heute, sondern wurde schon von den Philosophen der Antike so gelehrt. Das wichtigste Beispiel hierfür wäre Sokrates, der Gründervater abendländischer Philosophie. Wie sonst hätten wir heute Zugang zu seinem Denken, wenn nicht dadurch, dass seine Schüler dies weitergaben, denn Sokrates ist ein Philosoph ohne Werk. Auch andere Philosophen, wie Georg Wilhelm Hegel waren dieser Ansicht
„Es geht in der Philosophie um das Lernen einer bereits vorhandenen, ausgeprägten Wissenschaft. Diese ist ein Schatz von erworbenem, herausbereitetem, gebildeten Inhalt. […] der Lehrer besitzt ihn, denkt ihn vor, die Schüler denken nach“1
Wenn das Lehren der Philosophie also genauso wichtig ist, wie das Philosophieren selbst, sollte dies auch heute so angewandt werden. Die beste Methode dafür wäre der Ethikunterricht in der Schule oder gar der Philosophieunterricht selbst. Doch da die Philosophie an sich eine so freie Wissenschaft ist, ist es schwierig zu bestimmen was ein guter Philosophie- oder Ethikunterricht beinhalten soll und ob die Philosophie überhaupt in den Ethikunterricht mutaufgenommen werden soll. Die Philosophie im Ethikunterricht dürfe nicht mit zu hohen Erwartungen überladen mit gesellschaftlichen Problemen konfrontiert werden2. Vielmehr sollen die Schüler*innen lernen selbstständig nachzudenken. Eine Methode dies zu erreichen wäre beispielsweise das Sokratische Gespräch. Wieso genau dies als Methode für den Philosophieunterricht funktionieren könnte, wird im Folgenden versucht zu ermitteln. Dafür ist es wichtig zu analysieren, wie der gute Philosophieunterricht auszusehen hat. Die Thesen des deutschen Philosophen Ekkehard Martens stellen sehr gut dar, wie Philosophie in die Praxis umgesetzt werden könnte. So kann dann ermittelt werden, ob das Sokratische Gespräch die Voraussetzungen dafür erfüllt und als Methode fungieren würde.
Um jedoch überhaupt die Methode des Sokratischen Gesprächs zu verstehen, sollte zuerst ein Blick auf den Anfang dessen, nämlich die Sokratische Methode, geworfen werden und wie es letztendlich zum Sokratischen Gespräch wurde.
2. Die Sokratische Methode
Die Sokratische Methode wurde von Sokrates verstanden als die Methode zur Gewinnung von Erkenntnis. Es ginge im Grunde darum „[…] die Erkenntnisse in der Seele des Lernenden nach und nach […] entwickeln zu lassen […]. Darum war sein Unterricht […] vielmehr ein Anregen und Beleben der geistigen Tätigkeit“3.
Die Grundidee sei also die, dass ein Problem selbstständig und ohne textliche Hilfsmittel bearbeitet werden solle. Dabei habe der Lehrer eine unterstützende und begleitende Funktion. Es sei hierbei sehr wichtig, dass der Sokratische Lehrer die Schüler von Anfang an auf sich stelle, um sie das „[…] Selbstgehen zu lehren, ohne dass sie darum alleine gehen“4. Die Ursprungsidee Sokrates´ war nämlich, dass Lehrpersonen selbst keine klugen Gedanken hervorbringen, sondern prüfen ob die Überlegungen etwas Falsches oder Wahres hervorgebracht haben. Die Realisierung der Gewinnung der Erkenntnis ist nach Sokrates aber nur im dialogischen Philosophieren möglich. Der Dialog selbst spielte beim besagten Philosophen eine große Rolle und auch andere Philosophen der heutigen Zeit sprechen sich für diese Methode aus. „Dieses Philosophieren ist von Anfang an erzieherisch, therapeutisch, auf Prozesse des Bewusstseinswandels hin angelegt“5. Die Gesprächsführung sei die erfolgreichste Form Menschen zu erziehen, zu bilden und zum Selbstdenken anzuregen. Die einzige Bedingung für Sokrates war die, dass die Gedankenentwicklung aller Teilnehmer und somit der Erkenntnisprozess aller Beteiligter angeregt wird. Er wollte seinen Gegenüber nicht belehren, sondern habe ihn durch geschicktes Fragen und Antworten zu selbstständiger philosophischer Wissensbildung gebracht6. Der Gegenüber verfüge schon über ein Wissen, nur sei ihm dies noch nicht bewusst. Das Ziel der Sokratischen Methode war es also „[…] den nicht- wissenden dadurch zu belehren, dass man ihn zur Einsicht zwingt, das wirklich zu wissen, wovon er nicht wusste, dass er es weiß“7 Das Aufdecken von Nichtwissen sei hierbei das wichtigste.
Lange Zeit war es ein bekanntes Modell für die Gesprächsführung, doch dauerte es trotzdem fast 1000 Jahre, bis Philosophen im Zuge der Aufklärung die Methode wieder aufgriffen und an die Gegenwart anpassten. Dies gab dem deutschen Philosophen Leonard Nelson die Gelegenheit es zum Sokratischen Gespräch weiterzuentwickeln.
3. Sokratisches Gespräch
Die herkömmliche Sokratische Methode orientiert sich am dyadisch- sokratischen Dialog. Dieses Muster wurde übertragen auf das Gespräch zwischen Schüler und Lehrer. Im Gegensatz dazu aber, findet das Sokratische Gespräch nicht in einem Dialog statt, sondern in einem Polylog. Das heißt eine gemeinsame philosophische Erkenntnis muss in einer Gruppe hervorgehen. Dies sei für das Gespräch sehr wichtig, denn in einem Gruppengespräch gehe es nicht um die Erkenntnis eines Einzelnen, sondern um eine von allen Teilnehmern geteilte Erkenntnis8.
Diese Konzeption des Sokratischen Gesprächs9 wurde erst vom besagten Philosophen Leonard Nelson eingeführt, dessen Ziel die Einführung des Sokratischen Gesprächs in Universitäten und im Schulunterricht war. Dies wurde später von Gustav Heckmann weiterentwickelt.
3.1 Nelson
Nelsons Ziel war es, die Philosophie als Wissenschaft zu begründen. Dies wäre nach der Methode des Sokratischen Gesprächs möglich, welche als Methode des philosophischen Unterrichts fungiert. Sie sei nämlich „[…] nicht die Kunst Philosophie, sondern philosophieren zu lehren, nicht die Kunst über Philosophie zu unterrichten, sondern Schüler zu Philosophen zu machen“10
Demnach diene sie als Lernmethode und unterscheidet sich stark von der Sokratischen Methode. Sokrates selbst wollte das Nicht- Wissen des Gegenübers zum Vorschein bringen, seine Intention sei nicht das Lehren gewesen. Im Gegensatz dazu war Nelson ein auf mehrere Gesprächsteilnehmer gerichtetes Gespräch wichtig. In dem Gruppengespräch würden die Teilnehmer nicht nur die Erkenntnissuchenden 11 sein, sondern auch die Funktion haben andere Teilnehmer in ihrer Gedankenentwicklung zu unterstützen. Dies steht der traditionellen Philosophie entgegen, welche als 12 die denkerische Anstrengung eines Individuums verstanden wurde.
3.2 Heckmann
Gustav Heckmann selbst adaptierte Nelsons Überlegungen in die praktische Methodik und stellte dar, wie das Sokratische Gespräch nach Nelson auszusehen hat. Für Heckmann sei das Sokratische Gespräch die Praxis der Philosophie selbst, nicht einfach eine Form des philosophischen Unterrichts . Zuallererst sei es wichtig, als Leiter in einem solchen Gespräch, gewisse Grundregeln zu beachten. Während der Diskussion der Gruppenteilnehmer müsse der Leiter sich stark zurücknehmen, die Selbsttätigkeit des Einzelnen in der Gruppe fördern und insbesondere keine Fragen stellen, die sein eigenes Urteil ausdrücken . Die Teilnehmer würden fragen innerhalb der Gruppe entwickeln und dann in 13 einer Diskussion bearbeiten. Das Ziel dieser Bearbeitung sei die Suche nach der Wahrheit. Nach Nelson war es sehr wichtig eine gemeinsame Lösung für ein philosophisches Problem zu finden. Zusätzlich dazu führte Heckmann das „Metagespräch“ ein. Hierbei reflektieren die Teilnehmer noch einmal das Gruppengespräch.14
Nach Heckmann gibt es vier Kriterien, damit das Sokratische Gespräch nach Nelson funktionierte. Zum einen die Fähigkeit der Einsicht. Diese sei nur dann möglich, wenn die Verbindung vom Gesagten und der eigenen Erfahrung aufrechterhalten werde , denn Beobachtungen der eigenen Lebenswelt führen zu Urteilen und diese wiederum zu Erkenntnissen. Es sei außerdem wichtig, die Aussagen der anderen Teilnehmer zu verstehen . 15 Im Sokratischen Gespräch ginge es „[…] zentral um das Denken des anderen und um diesen anderen selbst“ . Wichtig ist zusätzlich, dass eine Teilfrage bis zur Findung einer Lösung dessen, beibehalten werden müsse auch wenn es schwierig werde . Sowohl Sokrates als auch Nelson versuchten über Umwege und mit Hilfe stilistischer Hilfsmittel zur Lösung zu kommen. Eine der wichtigsten Kritierien aber war das Übereinkommen eines Konsens in der Gruppe . Hier gibt es wieder eine wesentliche Unterscheidung zur 16 Sokratischen Methode, denn Sokrates gab sich auch damit zufrieden, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen ohne die Findung einer Lösung. Das Sokratische Gespräch jedoch werde dann praktiziert, wo und wann Menschen versuchen der Wahrheit in einer Frage näher zu kommen . Der entscheidende Gedanke sei aber der, dass die Fähigkeit entwickelt werden soll, sich ethnische Einsichten selbst anzueignen, die im eigenen Geist vollzogen werden.17
Durch den Exkurs von der Sokratischen Methode, bis hin zur überarbeiteten Form des Sokratischen Gesprächs durch Nelson und Heckmann konnte herausgearbeitet werden, wie die Methode letztendlich so weit abgeändert wurde, um theoretisch im Unterricht angewendet zu werden. Jedoch stellt sich zusätzlich die Frage, ob es im wirklichen 18 schulischen Philosophieunterricht so angewandt werden kann oder ob davor Schüler*innen nicht noch gewisse Voraussetzungen erfüllen müssen. Ein versuchte Darstellung der Umsetzung des Sokratischen Gesprächs im Philosophieunterrichts wird im Folgenden aufgezeigt. Dabei wird die Idee und Methodik Ekkehard Martens in den Blick genommen, der sich ausgiebig mit der Frage beschäftigt hat, wie ein guter Philosophieunterricht anzusehen hat. Im Anschluss folgt die Umsetzungsidee des Sokratischen Gesprächs nach seiner Forderung.19
[...]
1 vgl. Draken, Klaus: Eignet sich das Sokratische Gespräch für die Schule? Überlegungen aus der Sicht des Philosophieunterrichts an der gymnasialen Oberstufe. In: Krohn, Dieter/ Heißer, Barbara/ Walter, Nora (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch im Unterricht, Frankfurt am Main 2000, S. 69
2 vgl. Raupach- Strey, Gisela: Die Bedeutung der Sokratischen Methode für den Ethik- Unterricht. In: Das Sokratische Gespräch im Unterricht. Bd. VII der Schriftenreihe „Sokratisches Philosophieren“ der philosophisch- politischen Akademie, Frankfurt am Main 2000, S. 90
3 Weierstrass, Karl: Über die Sokratische Lehrmethode und deren Anwendbarkeit beim Schulunterricht. In: K.W.: Mathematische Werke, Bd. 3, Berlin 1903, S. 321
4 Nelson, Leonard: Die Sokratische Methode. In: Birnbacher, Dieter/ Krohn, Dieter (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch, Stuttgart 2002, S. 46
5 Krohn, Dieter/ Neißer, Barbara/ Walter, Nora (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch- Möglichkeiten in philosophischer und pädagogischer Praxis. Frankfurt am Main 2000, S. 69
6 vgl. Horst, Detlef: Das Sokratische Gespräch in Theorie und Praxis. Opladen 1994, S. 11
7 Raupach, Strey Gisela: Sokratische Didaktik. Die didaktische Bedeutung der Sokratischen Methode in der Tradition von Nelson und Heckmann, 2013, S. 53
8 vgl. Birnbacher, Dieter/ Krohn, Dieter (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch, Stuttgart 2016, S. 8
9 Nelson nannte es noch die Sokratische Methodik, später bekam es den Namen des Sokratischen Gesprächs durch Gustav Heckmann
10 Nelson, Leonard: Die Sokratische Methode. In: Birnbacher, Dieter/ Krohn, Dieter (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch, Stuttgart 2002, S. 3
11 vgl. Birnbacher, Dieter: Das Sokratische Gespräch. In: Meyer, Kristen (Hrsg.): Texte zur Didaktik der Philosophie, Stuttgart 2010, S. 221
12 vgl. Pfister, Jonas: Fachdidaktik Philosophie, Bern 2014, S. 48
13 Heckmann, Gustav: Das Sokratische Gespräch. Erfahrungen in philosophischen Hochschulseminaren. Frankfurt am Main 1993, S. 13
14 vgl. Heckmann, Gustav: Das Sokratische Gespräch. Erfahrungen in philosophischen Hochschulseminaren. Frankfurt am Main 1993, S. 9
15 ebd.
16 Krohn, Dieter/ Neißer, Barbara/ Walter, Nora (Hrsg.): Das Sokratische Gespräch- Möglichkeiten in philosophischer und pädagogischer Praxis. Frankfurt am Main 2000, S. 19
17 vgl. Heckmann, Gustav: Das Sokratische Gespräch. Erfahrungen in philosophischen Hochschulseminaren. Frankfurt am Main 1993, S. 9
18 ebd.
19 ebd.
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