Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Vorurteilen gegenüber und Hürden von weiblichen Führungskräften. Noch immer gibt es eine Lücke zwischen den Geschlechtern in Bezug auf die berufliche Laufbahn, Karriereabsichten und Einkommen. Die Gleichberechtigung, von der hier gesprochen wird, wird in den meisten Fällen nicht eingehalten. Auch wenn es in Deutschland eine eindeutige Rechtsprechung gibt, lassen sich immer noch gravierende Unterschiede feststellen.
Durch Vorurteile, mit denen weibliche Führungskräfte zu kämpfen haben, entsteht ein Ungleichgewicht, welches oft zu Lasten des Privatlebens geht. Dies betrifft unter anderem die Familienplanung, die einen Einbruch der Karrierelaufbahn nach sich ziehen kann. Klischees und veraltete Normen erschweren Frauen immer noch den beruflichen Aufstieg und ein faires Einkommen gegenüber Männern. Seit 1995 hat sich die Gender Pay Gab (Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen) lediglich um 1% verändert - von 21% auf 20%. Auch die Anzahl von Frauen in Führungsebenen zeigt, dass es noch einen hohen Bedarf an Veränderungen gibt.
Geschlechtsstereotype Rollen veränderten sich innerhalb der letzten Jahre immer mehr und das betrifft nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer. Trotzdem ist das traditionelle Rollenbild weiterhin Bestandteil der heutigen Gesellschaft und lässt sich vor allem in der freien Wirtschaft nachweisen. Mit traditionellem Rollenbild ist vor allem gemeint, dass Männer die Ernährer sind und sich die Frauen um den Haushalt und die Kinder kümmern. Nur Männer verfolgen nach diesem Bild die Karriere im beruflichen Bereich, während Frauen ihnen den Rücken im privaten Leben frei halten. Die Genrationen, die aktuell in der Wirtschaft dominieren, unterscheiden sich in der Wahrnehmung der Differenzen der Geschlechter. Junge Generationen, wie die Genrationen Y und Z, leben andere Werte als die Genration der Baby-Boomer. Die Welten des traditionellen Rollenbildes und der modernen Gleichberechtigung scheinen aufeinander zu prallen.
Im wirtschaftlichen Kontext ist New Work oder die Arbeitswelt 4.0 gekennzeichnet durch persönliche Weiterentwicklung und gleichgestellte Bedingungen. Die Erkenntnis, dass die Flexibilität und das eigene Interesse an der aufzuführenden Arbeit eine wichtige Rolle spielen ist nicht neu. Schon in den 70er Jahren wurde bekannt, dass dies eine höhere Effizienz und Erfolgsquote verspricht.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Zusammenfassung
Abstract
1 Einleitung
2 Theorie und Forschungsstand
2.1 Was ist Führung?
2.2 Verschiedene Führungsstile
2.2.1 Intrinsische und extrinsische Motivation
2.2.2 Sinnstiftendes Management
2.3 Arbeitswelt 4.0
2.4 Diversität, Charta der Vielfalt
2.5 Gleichberechtigung und Politik
2.6 Geschlechterstereotype
2.7 Aktuelle Rollenbilder
2.8 Vorurteile
2.8.1 Think Manager - Think Male
2.8.2 Role Incongruity
2.8.3 Think Crisis - Think Female
2.8.4 Weitere Vorurteile
2.9 Frauenquote
2.10 Fragestellung und Hypothesen
2.10.1 Fragestellung
2.10.2 Hypothesen
3 Methodisches Vorgehen
3.1 Stichprobengewinnung- und beschreibung
3.2 Untersuchungsdesign
3.3 Onlineumfrage Social Media und Berufsnetzwerke
3.4 Statistische Datenanalyse
4 Erstellung und Überprüfung Fragebogen
4.1 Interview
4.2 Zusammenfassung Interviews
4.3 Inhaltsanalyse nach Mayring
4.4 Erstellung Fragebogen
4.4.1 Erstellung des ersten Testentwurfs und Überprüfung
4.5 Itemanalyse und Pretest
4.5.1 Stichprobe Pretest
4.5.2 Itemanalyse
4.5.3 Reliabilitätanalyse
5 Ergebnisse
5.1 Reliabilitätsanalyse Hauptuntersuchung
5.2 Deskriptive Statistik
5.3 Testung der Hypothesen
6 Diskussion
6.1 Deskriptive Daten
6.2 Diskussion der Hypothesen
6.3 Limitationen
7 Praktische Relevanz und Handlungsempfehlung
7.1 Praktische Relevanz
7.2 Handlungsempfehlungen
7.3 Weiterführende Forschung
8 Fazit
Literatur
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Modell der Führung nach Nerdinger (2012)
Abbildung 3: Inhalte und Konsequenzen transaktionaler und transformationaler Führung nach Nerdinger (2014)
Abbildung 2: Gehaltsvergleich zwischen den Geschlechtern in Führungspositionen (Hans-Böckler-Stiftung, 2011)
Abbildung 4: Grafische Darstellung der Auswertung von Hypothese 1
Abbildung 5: Grafische Darstellung der Auswertung von Hypothese 2
Abbildung 6: Grafische Darstellung der Auswertung von Hypothese 3
Abbildung 7: Grafische Darstellung der Auswertung von Hypothese 4
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anteil Frauen im Top-Management nach Einführung der Frauenquote (Franken, Rohde, & Tanzer, 2016)
Tabelle 2: Kreuztabelle Inhaltsanalyse
Tabelle 3: Deskriptive Statistik: Empfundene Ungleichberechtigung
Tabelle 4: Item-rest correlation: Empfundene Ungleichberechtigung
Tabelle 5: Deskriptive Statistik: Empfundene Benachteiligung
Tabelle 6: Item-rest corrlation: Empfundene Benachteiligung
Tabelle 7: Deskriptive Statistik: Empfundene Veränderung
Tabelle 8: Item-rest correlation: Empfundene Veränderung
Tabelle 9: Konventionen Cronbachs Alpha
Tabelle 10: Pretest Cronbachs Alpha: Empfundene Ungleichberechtigung
Tabelle 11: Pretest Cronbachs Alpha: Empfundene Benachteiligung
Tabelle 12: Pretest Cronbachs Alpha „Empfundene Veränderung“
Tabelle 13: Haupterhebung Cronbachs Alpha: empfundene Ungleichberechtigung
Tabelle 14: Hauptuntersuchung Cronbachs Alpha: Empfundene Benachteiligung
Tabelle 15: Hauptuntersuchung Cronbachs Alpha: Empfundene Veränderung
Tabelle 16: Varianzanalyse Hypothese 1
Tabelle 17: Deskriptive Gruppenbeschreibung Hypothese 1
Tabelle 18: Varianzanalyse Hypothese 2
Tabelle 19: Deskriptive Gruppenbeschreibung Hypothese 2
Tabelle 20: Varianzanalyse Hypothese 3
Tabelle 21: Deskriptive Gruppenbeschreibung Hypothese 3
Tabelle 22: Varianzanalyse Hypothese 4
Tabelle 23: Kruskal-Wallis-Test Hypothese 4
Tabelle 24: Deskriptive Gruppenbeschreibung Hypothese 4
Zusammenfassung
Die politische Debatte um Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen ist aktueller denn je. Die Frauenquote und verschiedene Gesetzesentwürfe zeigen erste Erfolge. In dieser Arbeit wird untersucht wie sich die Situation für weibliche Führungskräfte in dem letzten 10 Jahren verändert hat und wie diese Veränderung empfunden wird. Um die Gefühlslage zu beschreiben wurden vier weibliche Führungskräfte mittels Interview befragt. Auf Grundlage dieser Befragung wurde ein Fragebogen erstellt und durch die klassischer Testtheorie überprüft. Zur Hauptuntersuchung konnte der erstellte Fragenbogen verwendet werden, bei der auch männliche Führungskräfte befragt wurden. Via Onlineumfrage konnten insgesamt 110 Probanden generiert werden, die sich in 41 männliche und 69 weibliche Führungskräfte unterteilen ließen. Es wurde festgestellt, dass Frauen in Führungspositionen mehr Ungleichberechtigung empfanden als Männer. Die männlichen Führungskräfte hingegen empfanden die schon durchgeführten Veränderungen in den letzten 10 Jahren stärker als es die weiblichen tun. Keine Unterschiede wurden in Hinblick auf die Zufriedenheit in verschiedenen Branchen unter den weiblichen Führungskräften gefunden. Weiterhin konnte kein Unterschied in Bezug auf die höchsten Bildungsabschlüsse zwischen den Geschlechtern gefunden werden. Die aktuelle Forschung zeigt, dass es mittlerweile nicht mehr nur um Gleichberechtigung bezüglich Frauen geht, sondern auch, dass Männer in diese Debatte einbezogen werden sollten. Für die zukünftige Forschung kann die nähere Betrachtung der Generationen in Unternehmen von Bedeutung sein. Die Forschung sollte dabei sowohl in einzelnen Branchen als auch auf metaanalytischer Ebene stattfinden.
Abstract
The political debate on equal rights and gender equality is more topical than ever. The women's quota and various draft laws are showing the first signs of success. This paper examines how the situation for female managers has changed over the last 10 years and how this change is perceived. In order to describe their feelings, four female managers were interviewed. On the basis of this interview a questionnaire was drawn up and tested using classical test theory. The questionnaire could be used for the main examination, in which male managers were also interviewed. Via online survey a total of 110 test persons could be generated, which could be divided into 41 male and 69 female executives. It was found that women in management positions felt more unequal rights than men. The male managers, on the other hand, felt the changes already implemented in the last 10 years more strongly than the female managers do. No differences were found in terms of satisfaction in different sectors among female managers. Furthermore, no difference could be found between the sexes in terms of the highest educational attainment levels. The current research shows that it is no longer only about equal rights for women, but also that men should be included in this debate. For future research, a closer look at the generations in companies can be important. Research should be conducted in individual sectors as well as on a meta-analytical level.
1 Einleitung
Die Forschung beschäftigt sich schon länger mit der Frage der Gleichberechtigung innerhalb der Wirtschaft. Das dies einen wichtigen Punkt in der heutigen Gesellschaft darstellt, steht außer Frage. Durch die Führung in Unternehmen ist nicht nur das Betriebsklima, der Erfolg bei der Arbeit und die Harmonie im Privatleben begünstigt, sondern auch, und das ist ein sehr wichtiger Punkt, die Gesundheit.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Vorurteilen gegenüber und Hürden von weiblichen Führungskräften. Noch immer gibt es eine Lücke zwischen den Geschlechtern in Bezug auf die berufliche Laufbahn, Karriereabsichten und Einkommen. Die Gleichberechtigung, von der hier gesprochen wird, wird in den meisten Fällen nicht eingehalten. Auch wenn es in Deutschland eine eindeutige Rechtsprechung gibt, lassen sich immer noch gravierende Unterschiede feststellen. Durch Vorurteile, mit denen weibliche Führungskräfte zu kämpfen haben, entsteht ein Ungleichgewicht, welches oft zu Lasten des Privatlebens geht. Dies betrifft unter anderem die Familienplanung, die einen Einbruch der Karrierelaufbahn nach sich ziehen kann. Klischees und veraltete Normen erschweren Frauen immer noch den beruflichen Aufstieg und ein faires Einkommen gegenüber Männern. Seit 1995 hat sich die Gender Pay Gab (Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen) lediglich um 1% verändert - von 21% auf 20% (Bundesamt, 2020). Auch die Anzahl von Frauen in Führungsebenen zeigt, dass es noch einen hohen Bedarf an Veränderungen gibt (Franken, Rohde, & Tanzer, 2016). Geschlechtsstereotype Rollen veränderten sich innerhalb der letzten Jahre immer mehr und das betrifft nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer. Trotzdem ist das traditionelle Rollenbild weiterhin Bestandteil der heutigen Gesellschaft und lässt sich vor allem in der freien Wirtschaft nachweisen. Mit traditionellem Rollenbild ist vor allem gemeint, dass Männer die Ernährer sind und sich die Frauen um den Haushalt und die Kinder kümmern. Nur Männer verfolgen nach diesem Bild die Karriere im beruflichen Bereich, während Frauen ihnen den Rücken im privaten Leben frei halten. Die Genrationen, die aktuell in der Wirtschaft dominieren, unterscheiden sich in der Wahrnehmung der Differenzen der Geschlechter. Junge Generationen, wie die Genrationen Y und Z, leben andere Werte als die Genration der Baby-Boomer. Die Welten des traditionellen Rollenbildes und der modernen Gleichberechtigung scheinen aufeinander zu prallen. Im wirtschaftlichen Kontext ist New Work oder die Arbeitswelt 4.0 gekennzeichnet durch persönliche Weiterentwicklung und gleichgestellte Bedingungen. Die Erkenntnis, dass die Flexibilität und das eigene Interesse an der aufzuführenden Arbeit eine wichtige Rolle spielen ist nicht neu. Schon in den 70er Jahren wurde bekannt, dass dies eine höhere Effizienz und Erfolgsquote verspricht (Bergmann, 1977). Doch jetzt erst wird der Punkt erreicht, an dem sich eine neue Art des Arbeitens und der Führung durchsetzen kann. Durch die Forderungen der jüngeren Generationen ist nicht mehr der Status als höchsten Gut angesehen, sondern die persönlichen Interessen und der Sinn, der sich mit der eigenen beruflichen Arbeit umsetzen lässt. Das betrifft nicht nur die weiblichen Arbeitnehmer, sondern ebenfalls die männlichen. Die Differenzen zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern beziehen sich hauptsächlich auf den Gehaltsstatus und den Zugang zu Führungspositionen. Die Diskussionen und Forschung um Diversität und den Wertewandel sollen dazu beitragen, diese Lücken zu verringern und bestenfalls zu schließen. Seit 25 Jahren passiert in diese Richtung allerdings recht wenig (Bundesanstalt für Familien, 2016). Verschiedene Gründe, wie die differente Wahl des Berufes beziehungsweise der Branche und die ungleich verteilten Arbeitsplatzanforderungen hinsichtlich Führung und Qualifikation, spielen immer noch eine grundlegende Rolle, auch wenn die Handhabung verschiedener Führungsstile mehr in Richtung New Work geht.
Die Stereotypen bilden einen wichtigen Punkt, um die Ungleichheit besser eingrenzen und verstehen zu können. Die mittlerweile neu entwickelten Rollenbilder scheinen noch keinen vollständigen Durchbruch erreicht zu haben. Auch wenn Väter heute ebenfalls in Elternzeit gehen, um sich um den jungen Nachwuchs zu kümmern, wird dies nicht als normal, sondern eher als Ausnahme angesehen. Die neuen Rollenbilder etablieren sich zwar immer mehr, aber leider trifft das nur wenig auf die Wirtschaft, genauer auf das Berufsleben von Frauen, zu. Gerade im Bereich der Führung kommt es immer wieder zu Problemen, die qualifizierte und kompetente Frauen am Aufstieg hindern. Auch wenn Frauen bessere oder höhere Bildungsabschlüsse haben (Burel, 2020, S. 4). Hoffmann und Musch (2018) stellen in ihrer Studie fest, dass viele der befragten Studenten Vorurteile gegenüber weiblichen Führungskräften haben. Sie führten die Befragung mithilfe einer Crosswise-Befragungstechnik durch, wodurch die Antworttendenz zur sozialen Erwünschtheit und die Solidarisierung mit dem eigenen Geschlecht, aufgehoben wurde. Insgesamt hatten 37 Prozent der Teilnehmer Vorurteile. In dieser Arbeit werden die Vorurteile, denen weibliche Führungskräfte ausgesetzt sind, näher betrachtet.
Durch die Veränderung der Anforderungen an die Führung in Unternehmen hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten viel getan. Diese Veränderungen beziehen sich nicht nur auf das Erscheinungsbild einer Frau als Führungskraft, sondern auch auf die Führung selbst. Der Führungsstil der transformationalen Führung ist erwiesenermaßen erfolgreicher als der transaktionale. Das liegt vorallem am Ansatz der intrinischen Motivation, die bei den Mitarbeitern gefördert wird und zu besseren Ergebnissen führt. Als Stichworte sind hier vor allem Selbstbestimmung, Entscheidungsfreiheit und persönliche Entfaltung zu nennen (Haverbier & Weßels, 2017). Dies fordert nicht nur ein Umdenken, sondern auch eine andere, neue Art der Führung, die die aktuellen Werte der Arbeitnehmer wiederspiegelt. So ist das sinnstiftende Management ein wesentlicher Erfolgsfaktor, der im Rahmen der transaktionalen Führung optimal anwendbar ist. Da es in Bezug auf die Führung Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt, sind auch die Persönlichkeitseigenschaften weiblicher und männlicher Führungskräfte von Bedeutung. Die Facetten Verträglichkeit und Extraversion der Big Five spielen dabei eine maßgebliche Rolle. Denn sie lassen sich nicht nur dem jeweiligen Geschlecht zuordnen, sondern auch verschiedenen Führungsstilen.
Um einen Überblick über die aktuelle Situation zu erhalten, kommen in dieser Arbeit weibliche Führungskräfte aus verschiedenen Branchen, Altersklassen und mit unterschiedlichen Führungsebenen zu Wort. Anhand der Erfahrungen, die sie in den letzten 10 Jahren gesammelt konnten, soll ein aktuelles Bild der derzeitigen Situation in der Wirtschaft aufgezeigt werden. Um die Differenzen klar zu beschreiben, sind in der Hauptuntersuchung auch männliche Führungskräfte gefragt. Die verschiedenen Wahrnehmungen in Bezug auf empfundene Ungleichberechtigung, empfundene Benachteiligung und die Veränderung in den letzten 10 Jahren sollen dadurch ganzheitlich betrachtet werden. Mithilfe eines neu konzipierten Fragebogens, auf Grundlage von Interviews mit weiblichen Führungskräften, kann das Empfinden deutlicher dargestellt werden, als dies Statistiken tun. Wichtig ist hierbei, dass nicht nur die weibliche Seite zu Wort kommt, sondern auch die männliche. Die Wahrnehmung und Empfindungen unterscheiden sich, je nachdem ob die eigene Gruppe oder die fremde Gruppe betroffen ist.
Diese Arbeit soll als Inspiration dienen, um das aktuelle Empfinden von Vorurteilen und Ungleichberechtigung in der Arbeitswelt zu verstehen und entsprechend neue Maßnahmen und Interventionen zu generieren. Die Autorin betont, dass es sich hierbei nicht um eine Diskussion um den richtigen Lebensstil handelt, sondern darum die Gleichberechtigung und Gleichstellung im Beruf zu fördern. Ob Mann oder Frau mit oder ohne Kinder, ob berufstätig oder Hausfrau oder Hausmann; jeder hat das Recht auf eine gleiche und faire Behandlung.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.
2 Theorie und Forschungsstand
2.1 Was ist Führung?
„Führung ist die bewusste und zielbezogene Einflussnahme auf Menschen." (von Rosenstiel L. , 2009)
Die Führung von Mitarbeitern ist einer der wichtigsten Aufgaben in einem Unternehmen. Die Mitarbeiter halten das Unternehmen am Laufen. Denn ohne ihre Arbeit kann es keinen Erfolg geben. Sie stellen mit eine der wichtigsten Ressourcen dar, die optimal gefordert und gefördert werden muss. Die Forschung beschäftigt sich schon seit vielen Jahrzehnten mit diesem Thema. Heute arbeitet man an der Arbeitswelt 4.0, dem digitalen Workspace mit großem Handlungsspielraum und viel Entscheidungsfreiheit. Verschiedene Arten von Führungsstilen sind bis heute untersucht worden. Dem zugrundelegend kann man das Rahmenmodell der Führung nach Nerdinger (2012) nennen.
Abbildung 1: Modell der Führung nach Nerdinger (2012)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Modell sieht als Ausgangspunkt ein bestimmtes Verhalten einer Führungsperson. Dieses wirkt sich auf den Mitarbeiter aus. Das Verhalten kann sich positiv auf den Mitarbeiter auswirken und motivierend sein oder auch in die andere Richtung gehen, sich negativ auswirken und Angst, Aggression oder Hemmung hervorrufen. Je nachdem welches Verhalten durch die Führungsperson ausgelöst wird, trägt das Verhalten des Mitarbeiters zum Erfolg des Unternehmens bei oder auch nicht. Die Motivation, die durch die Führungskraft in so einer Situation ausgelöst wird, spielt eine zentrale Rolle. Ein Vorgesetzter kann nicht nur motivieren, sondern auch demotivieren. Verschiedene Modelle und Theorien zeigen, dass es unterschiedliche Ansätze gibt Mitarbeiter zu motivieren. Zwei der wichtigsten Motivationen sind die intrinsische und extrinsische Motivation, welche förderlich sind, um ein erfolgreiches und effizientes Ergebnis zu erzielen. Der Führungskraft sollte bewusst sein, wie sie welches Verhalten auslösen oder verhindern kann.
Dies alles spielt sich im Rahmen einer Führungssituation ab und beeinflusst maßgeblich das Arbeitsverhalten, das Commitment des Mitarbeiters und den Erfolg des Unternehmens oder Projekts. Mit Commitment ist die Identifikation eines Mitarbeiters mit dem Unternehmen gemeint, welches sich in einem positiven Zusammenhang mit Leistung, Motivation und Anwesenheit am Arbeitsplatz bringen lässt (Cooper-Hakim & Viswesvaran, 2005). Im Rahmen verschiedener Führungsstile haben sich vor allem der transaktionale und transformationale Führungsstil durchgesetzt. Diese beiden Stile lassen sich nicht nur anhand der Inhalte und Ausführung unterscheiden, sondern können auch männlichen oder weiblichen Führungskräften zugeordnet werden. Im Folgenden soll erst auf die verschiedenen Stile der transaktionalen und transformationalen Führung eingegangen werden und dann auf die verschiedenen Arten der Motivation.
2.2 Verschiedene Führungsstile
Dierke und Houben (2013) sprechen sich für einen höheren Anteil an emotionaler Intelligenz in der Managementebene aus. Im letzten Jahrhundert und bis heute gab es viele verschiedene Führungsstile und Paradigmen, die nach und nach neuen Ansätzen weichen musste. In der Arbeitswelt 4.0 sind es andere Gründe, die Mitarbeiter in einem Unternehmen halten oder auf die größerer Wert gelegt wird. Aufgrund des demografischen Wandels sind die Unternehmen angehalten mehr für ihre Mitarbeiter zu tun. Der Grund hierfür sind die wenigen nachkommenden Führungskräfte und Mitarbeiter (Jochmann, Böckenholt, & Diestel, 2017). Die Generation der Babyboomer erreicht nach und nach das Rentenalter, so dass es an Nachwuchs fehlt, um das Ausscheiden zu kompensieren. Dies bedeutet, dass sich ein Arbeitnehmermarkt entwickelt und Arbeitnehmer sich das Unternehmen aussuchen können, in dem sie arbeiten möchten. Bisher war dies immer andersherum. Das heißt wiederum, dass Unternehmen Mitarbeitern etwas bieten müssen, um sie bei der Stange zu halten oder so interessant zu sein, dass sich Arbeitnehmer bei ihnen bewerben. Die entsprechenden Visionen und Werte eines Unternehmens spielen dabei eine wesentliche Rolle. So kann ein Unternehmen, dass sich heute für faire Produktion von Gütern einsetzt, eher den Zuspruch von potenziellen Arbeitnehmern sichern, als ein Unternehmen, dass in den Kohleabbau oder in Kernkraftenergie investiert. Unternehmen, die sich für eine gesunde Umwelt und gesunde Mitarbeiter einsetzen, sind in Zeiten des Klimawandels am längeren Hebel. Der Gedanke, der dahinter steckt, zeigt einen offenen Umgang mit Problemen und die Bereitschaft etwas für das Gemeinwohl zu tun. Im Zusammenhang mit den Werten kann auch die Führung genannt werden.
Verschiedene neue Führungsstile haben sich mittlerweile durchgesetzt und ersetzen die alten Ansätze, wie zum Beispiel die autoritäre Führung, welche von der alleinigen Entscheidungsgewalt des Vorgesetzten geprägt ist. Vor allem der transformationale Führungsstil zeichnet sich durch die Mitarbeiterorientierung aus. Das bezieht sich nicht nur auf das Leistungsverhalten von Geführten, sondern auch auf die Salutogenese. Unter Salutogenese versteht man die Förderung, Entstehung und Aufrechterhaltung der Gesundheit (Bengel, 2019) im beruflichen Kontext. Gesundheitsförderliche Verhaltensweisen sind nach Gregersen, Zimber, Kuhnert und Nienhaus (2011):
- Soziale Unterstützung
- Einräumen von Mitbestimmungs- und Beteiligungsmöglichkeiten
- Anerkennung und Wertschätzung
- Kommunikation
- Gerechtigkeit
Die transformationale Führung ist durch diese Punkte gekennzeichnet. Es handelt sich um einen Führungsstil, der die Werte und Motive der Mitarbeiter anspricht, Sinn und Visionen vermittelt, die Führungsperson als Vorbild ansieht und das unabhängige Denken und die Entwicklung der Mitarbeiter fördert und unterstützt (Felfe, 2015). Nach Felfe (2015) zielt genau diese Form des Führungsverhaltens darauf ab, Mitarbeitern den Sinn in der Arbeit zu vermitteln. Eben dieses Führungsverhalten lässt sich bei weiblichen Führungskräften feststellen.
Männlichen Führungspersonen wird eher ein aufgabenorientierter Führungsstil und weiblichen Führungspersonen eher ein personen- bzw. mitarbeiterorientierter Führungsstil zugesprochen. Das hat Sczesny (2016) in ihrer Studie herausgefunden, ebenso wie die Betonung der Personenorientierung der weiblichen Führungskräfte. Zu ähnlichen Erkenntnissen kommen auch Lang & Rybnikova (2014). Sie beschreiben, dass Frauen zum transformationalen Führungsstil neigen und Männer eher den transaktionalen Ansatz verfolgen. Zur Verdeutlichung werden die Unterschiede der beiden Führungsstile genauer dargestellt:
Abbildung 2: Inhalte und Konsequenzen transaktionaler und transformationaler Führung nach Nerdinger (2014)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beim transaktionalen Führungsstil führt der Vorgesetzte den Mitarbeiter mit dem lerntheoretischen Prinzip der Verstärkung. Der Weg und die Zielerreichung werden von der Führungskraft kontrolliert und hängen oft mit einer extrinsischen Belohnung zusammen. Die transformationale Führung setzt erst nach der erwarteten Anstrengung an. Sie wird erhöht durch den idealisierten Einfluss, inspirierende Motivation, intellektuelle Stimulierung und individuelle Behandlung durch die Führungsperson. Das beinhaltet auch eine Vorbildfunktion der Führungskraft. Die reine Delegation von Aufgaben reicht hier nicht aus. Der oder die Vorgesetzte sind dazu angehalten das gewünschte Verhalten vorzuleben und sprichwörtlich mit anzupacken. So können Ziele erreicht werden, die über die Erwartungen hinaus gehen. Die Motivation der Geführten ist höher, da hier an der Sinn- haftigkeit angesetzt wird, welche die intrinsische Motivation fördert (Busse, 2019). Der Erfolg ist dementsprechend höher.
2.2.1 Intrinsische und extrinsische Motivation
Bei der Motivation lassen sich verschiedene Arten unterscheiden. Die Motivation im Allgemeinen dient dazu Ziele zu setzen und zu bewerten und steuert die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit den gesetzten Ziel (Wirtz, 2017, S. 1125). Im Arbeitskontext sind es vor allem die extrinsische und die intrinsische Motivation.
Die extrinsische Motivation wird von äußeren Reizen gelenkt. Barbuto und Scholl (1998) gliedern die extrinsische Motivation in drei Punkte. Die instrumentelle Motivation (instrumental motivation) beschreibt sie als Motivation von außen. Das kann ein attraktives Einkommen sein, bestimmte Benefits wie ein Firmenwagen oder auch die gewünschte Beförderung. Das externe Selbstverständnis (external self concept) entsteht durch die Erwartungen aus der Umwelt. Unter diesen Punkt fallen zum Beispiel die Erwartungen der Eltern an die eigenen Kinder oder der erfolgreiche Abschluss eines Geschäfts für das Unternehmen. Als dritten Punkt führen Barbuto und Scholl die Internalisierung von Zielen (goal internalization) auf. Hierbei werden die Ziele anderer, mit denen jemand verbunden ist, zu eigenen Zielen. Als Beispiel lässt sich der Arbeitnehmer nennen, der sich für das Unternehmen einsetzt, für das er arbeitet. Er gibt sein Bestes, um das Unternehmen zu unterstützen und beispielsweise das Jahresziel zu erreichen.
Die intrinsische Motivation stellt sich dagegen etwas komplexer dar. Die Definition von intrinsischer Motivation nach Brandstätter (2013, S. 91) beschreibt diese Art der Motivation:
„Intrinsische Motivation bedeutet ein in der Person liegendes Interesse, Neugier oder Werte, die diese dazu bewegt, etwas zu tun (z. B. konzentriert lernen, selbstvergessen spielen, tiefes Involviertsein in der Arbeitstätigkeit, das Aufgehen im Sporttreiben). Es ist kein Steuerungsinstrument von außen nötig, um eine Tätigkeit freudvoll und aus-dauernd auszuüben. Die Tätigkeit wird um ihrer selbst willen ausgeführt.“ (S. 91)
Nach Barbuto und Scholl (1998) zeigt sich diese Form der Motivation an der intrinsischen Prozessmotivation (intrinsic process) und am internen Selbstkonzept (internal self concept). Bei der intrinsischen Prozessmotivation geht es darum, die Arbeit oder Aufgabe aufzuführen, weil man sie ausführen möchte. Ein Reiz von außen ist hier nicht nötig, da die Motivation von innen heraus kommt. Beim internen Selbstkonzept ist es ebenfalls wieder die Motivation, die von innen heraus kommt. Diese Personen haben bestimmte Vorstellungen von Aufgaben, Werten oder Zielen, die sich durch eigene innere Überzeugungen als Idealvorstellung herausgebildet haben. Die Ausführung bedarf keinen äußerlichen Einflüssen in Form von Umwelteinflüssen oder instrumenteller Motivation. Ein Phänomen, dass sich auch durch diese Form der intrinsischen Motivation hervorrufen lässt, ist das Konzept von Flow. Damit wird ein Bewusstseinszustand beschrieben, der durch die optimale Beanspruchung der eigenen Fähigkeiten hervorgerufen wird (Myers, 2014). Csikszentmihalyi (2006) beschreibt es als einen Zustand des Glücksgefühls, in den Menschen geraten, wenn sie gänzlich in einer Beschäftigung aufgehen. Als Charakteristika werden ein klares Ziel vor Augen zu haben, ein unverzügliches Feedback zu erhalten, komplett in die Beschäftigung vertieft zu sein, ein Gefühl der persönlichen Kontrolle zu haben und ein verändertes Zeitgefühl beschrieben (Csikszentmihalyi, 1997).
Heckhausen und Heckhausen (2010) postulieren vier Gründe, die der intrinsischen Motivation zugrunde liegen:
Tätigkeit: Eine Tätigkeit, die ungezwungen ausgeführt wird, kann effektiv sein. Mit Druck werde die Motivation gesenkt und die Arbeit kann und wird nicht effektiv ausgeführt.
Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Kompetenz: Wird eine Aufgabe selbstbestimmt, also ohne Druck von außen und mit ausreichend Handlungsspielraum, ausgeführt, entsteht intrinsische Motivation. Die Kompetenz spielt dabei eine wichtige Rolle. Wie weiter oben beschrieben, kann ein Flow entstehen, wenn die eigenen Kompetenzen optimal in der Aufgabe gefordert werden. Das heißt eine Aufgabe sollte nicht über- oder unterfordern, damit intrinsische Motivation entsteht. Die Annahmen lassen sich auch in der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1995) wiederfinden. Genauer sagt sie, dass drei psychologische Bedürfnisse ausschlaggebend für intrinsische Motivation sind: Autonomie (Kontrollgefühl im Leben), soziale Eingebundenheit (Verbindung zu anderen, Zugehörigkeitsgefühl) und die Kompetenz (sich fähig fühlen), die an dieser Stelle angesprochen wird.
Interesse und Involviertheit: Heckhausen und Heckhausen unterteilen die intrinsische Motivation in individuelles und aktuelles Interesse. Das individuelle Interesse besteht, wenn die Aufgabe selbstbestimmt ausgeübt wird und sich eine Person mit der Aufgabe identifizieren kann. Das aktuelle Interesse ist gegeben, wenn das Interesse die Aufmerksamkeit der Person auf die Aufgabe oder Tätigkeit lenkt und fokussiert. Dabei geht es primär nicht um die Aufgabe, sondern um das positive Gefühl was bei deren Bearbeitung entsteht.
Übereinstimmung von Mittel und Zweck: Beschrieben wird hier die stimmige Beziehung zwischen der Tätigkeit und dem Ziel. Die Tätigkeit muss dem Ziel dienlich sein und mit den eigenen Werten übereinstimmen. Wird eine Tätigkeit ausgeführt, die dem Ziel nicht dienlich ist, verliert die Aufgaben ihren Sinn. Als Grundlage ist das Übereinstimmungskonzept von Shah und Kruglanski (2000) zu nennen. Nach diesem Konzept gibt es nur eine bestimmte Tätigkeit mit dem ein bestimmtes Ziel erreicht werden kann. Shah und Kruglansky postulieren, dass die Äquifinalität (man kann mit verschiedenen Tätigkeiten das Zeil erreichen) und die Multifinalität (mit einer Tätigkeit können mehrerer Ziele erreicht werden) bei der Bewältigung einer Aufgabe die intrinsische Motivation schwächen kann.
2.2.2 Sinnstiftendes Management
Das sinnstiftende Management baut auf den Grundlagen der intrinsischen Motivation auf. Die Unterscheidung von extrinsischer und intrinsischer Motivation im Arbeitskontext spielt, wie weiter oben beschrieben, eine wichtige Rolle. Die extrinsische Motivation ist ein Reiz von außen. Die intrinsische Motivation beschreibt mehr einen Zustand als einen Reiz oder eine Belohnung (Firmenwagen, Beförderung), wie es bei der extrinsischen Motivation der Fall ist. Der Zustand der intrinsischen Motivation erreicht eine Person aus sich selbst. Verschiedene Theorien, wie die Zwei-Faktortheorie (Herzberg, Mausner, & Snyderman, 1959), Modelle, wie das Job Characteristics Modell nach Hackman und Oldham (1980) zeigen, dass die intrinsische Motivation mehr Erfolg im beruflichen Rahmen erwirken kann. Da die extrinsische Motivation irgendwann ein Ende hat, weil die Sättigungsgrenze erreicht wird, ist die intrinsische Motivation zu fördern. Busse (Busse, 2018) postuliert dies in seiner Studie und bringt damit die Sinnhaftigkeit in den Kontext der Führung in Unternehmen. Die wichtigsten Treiber sind hiernach „die Rolle der Führungskraft, die Kongruenz zwischen eigenen und den Werten der Organisation sowie die Möglichkeit, anderen zu helfen" (Busse, 2018, S. 13). Weiter beschreibt er die Faktoren, die notwendig sind, um die intrinsische Motivation innerhalb des Arbeitskontextes bestmöglich zu fördert:
- Stimmigkeit der Führung
- Wertschätzung der Führungskraft
- Vertrauen zwischen Führungskraft und Untergebenen
- Möglichkeit, diejenigen Werte zu realisieren, die einem selbst wichtig sind
- Übereinstimmung der eigenen Werte und der Werte der Organisation
- Möglichkeit, anderen zu helfen
Diese Faktoren passen hervorragend zur New Work-Mentalität, die aktuell durch die jüngeren Generationen gelebt und gefordert werden. Sinnstiftendes Management ist aus den modernen Führungsetagen nicht mehr weg zu denken. Hier lassen sich auch Parallelen zum weiter oben beschrieben transformationalen Führungsstil finden, der die Werte und Motive der Mitarbeiter anspricht, Sinn und Visionen vermittelt, die Führungsperson als Vorbild ansieht und das unabhängige Denken und die Entwicklung der Mitarbeiter fördert und unterstützt (Felfe, 2015).
Die identifizierten Faktoren lassen sich ebenfalls mit der Wertschätzung, dem Vertrauen und der Möglichkeit anderen zu helfen in Einklang bringen. Diese Eigenschaften spiegeln die weiblichen Persönlichkeitsausprägungen der Facette Verträglichkeit wider.
2.3 Arbeitswelt 4.0
Die Arbeitswelt untersteht einem ständigen Wandel. Allein im letzten Jahrhundert konnte die Veränderung von der Industrialisierung bis zur Digitalisierung beobachtet werden. Die Arbeitswelt 1.0 begann mit der Erfindung der Dampfmaschine, was zu einem Anstieg an Arbeitsplätzen und noch nie dagewesenen Berufen geführt hat. Ende des 19. Jahrhunderts kam die Massenproduktion hinzu und die Arbeitsbedingungen verschlechterten sich massiv. In dieser Arbeitswelt 2.0 rückte der Arbeiter in den Vordergrund. Die Arbeiter litten unter sozialen Problemen wie Hungerlöhnen, lange Schichten und Existenzängste (n.d., 2019). Die Politik reagierte mit der Entwicklung der Sozialpolitik und Einführung der Sozialversicherung. Ein wichtiger Schritt in dieser Epoche war der Taylorismus. Benannt nach Frederik Winslow Taylor, der die Wissenschaft in die industrielle Welt brachte. Die Arbeit an der Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen beinhaltete vier Prinzipien (Nerdinger, 2014, S. 19), die unter dem Namen Scientific Management geprägt wurden:
- „Zergliederung der Arbeitsaufgaben in einzelne Arbeitselemente, die anschließend analysiert und mithilfe von Zeit- und Bewegungsstudien rationalisiert werden;
- Auswahl und Schulung von Arbeitskräften, die am besten für eine Tätigkeit geeignet sind;
- Trennung von Kopf- und Handarbeit: Das Management übernimmt die Planung und Überwachung der Aufgaben, die Arbeiter die praktische Ausführung;
- Einvernehmen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.“ (S. 19)
Diese Art von Management bildete vor allem den Grundstein zur Weiterentwicklung, da die Aufgaben präzise zugeordnet und abzuarbeiten waren, aber keine Flexibilität erlaubten. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts folgte die Professionalisierung der Dienstleistung. Die ersten Schritte der Digitalisierung erfolgten durch elektronisch gestützte Technologien und das Arbeitsfeld Dienstleistung gewann zunehmend an Bedeutung. In den 70er Jahren wurde auch das erste Mal der Begriff „New Work“ durch Frithjof Bergmann verwendet. Er postulierte, dass nicht die Entscheidungsfreiheit als berufliche Freiheit zu verstehen war, sondern auch die Handlungsfreiheit (Bergmann, 1977). Dies beinhaltete die zentralen Werte Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an Gemeinschaft, welche zu gleichen Teilen durchgesetzt werden müssen. Zusammengefasst formulierte Bergman (1977): „Arbeit, die man wirklich, wirklich will“.
Durch die stetige Entwicklung der Arbeitswelt und der verschiedenen Fokusse der jeweiligen Epochen, ist New Work in der heutigen Arbeitswelt 4.0 angekommen. Die Globalisierung, die Digitalisierung und der demografische Wandel sind mit verantwortlich für den schnellen Fortschritt der Veränderungen. Die zentralen Werte nach Bergmann (1977) sind mehr denn je zuvor gefordert. Im Vordergrund steht die Genration Y, welche durch die Forderung nach Freiheit, Selbststimmung und eine erfüllende Tätigkeit im Berufsleben immer lauter geworden ist. Wichtig sind nicht mehr der Status oder das Gehalt. Im Vordergrund steht, wie schon von Bergmann (1977) beschrieben, dass Arbeitnehmer einer Arbeit nachgehen möchten, die sie auch wirklich, wirklich wollen. Diese neue Art der Ansprüche an den Arbeitsplatz, bedingt auch ein Umdenken der Unternehmen in Bezug auf das Management. Flache Hierarchien und eine selbstbestimmte Tätigkeit erfordern eine andere Führung. Der Mensch rückt immer mehr in den Vordergrund, vor allem in Bezug auf den demografischen Wandel. Die Wirtschaft verzeichnet weniger Nachwuchs. Das heißt, dass die, beispielweise durch Rente, ausscheidenden Mitarbeiter nicht ersetzt werden können und dadurch ein Mangel an Arbeitskräften entsteht. Unternehmen müssen sich dem bewusst sein und Umdenken, wenn sie es bis jetzt noch nicht getan haben. Unternehmen, die nicht „mit dem Wandel" gehen, werden Probleme haben Mitarbeiter zu finden. Wenn weniger Mitarbeiter im Arbeitsmarkt zu Verfügung stehen, entsteht ein Arbeitnehmermarkt. Bis jetzt haben die Unternehmen die Möglichkeit zur Auswahl, da sich genug qualifizierte Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt befinden. Ein sogenannter Arbeitgebermarkt. Dies ändert sich sobald nicht mehr genug Arbeitssuchende am Markt sind. Das heißt, die verbleibenden potenziellen Arbeitnehmer bewerben sich bei den Unternehmen, die ihrer Meinung nach am besten zu ihnen passen. Die Gravitation spielt hier eine wichtige Rolle. Sie beschreibt, dass Menschen sich zu Organisationen oder Unternehmen hingezogen fühlen, die ihre eigenen Werte und Visionen wiederspiegeln (Nerdinger, 2014, S. 72). Anders gesagt heißt das, dass Unternehmen, die potenziellen Mitarbeitern nicht die gewünschte Wertorientierung bieten können, wenig bis keine Mitarbeiter mehr werben können. Da sich dies vornehmlich auf die Generationen Y und Z in den nächsten Jahren beziehen wird, werden Unternehmen, die eine veraltete Kultur und Führung leben, ein Problem haben neue Mitarbeiter zu finden.
2.4 Diversität, Charta der Vielfalt
Nicht nur die Ansprüche in Bezug auf den Arbeitsplatz und die Arbeit an sich sind vielfältig geworden. Durch die Globalisierungen haben wir mittlerweile eine Vielfältigkeit an Menschen in der Gesellschaft. Verschiedene Faktoren führen zu Missverständnissen, was nicht nur an den unterschiedlichen Sprachen auszumachen ist, sondern auch an den Unterschieden der Kulturen und Handhabungen im Umgang miteinander. Um den
Umgang und das Verständnis zu erleichtern und verstehbar zu machen, haben sich Vereine gebildet, die über Diversität aufklären und Lösungsvorschläge bieten. In diesem Zusammenhang ist die Charta der Vielfalt zu nennen (https://www.charta-der-vielfalt.de). Dieser gemeinnützige Verein hat als Ziel die Vielfalt der Diversity in Unternehmen zu bringen und damit Wertschätzung, Anerkennung und die Einbeziehung von Diversity zu stützen. Unternehmen können sich zu der Charta bekennen und zeigen damit, dass sie die Vielfaltigkeit anerkennen, fördern und ein Klima der Akzeptanz schaffen. Als Hauptkomponente sind die folgenden Punkte zu verstehen:
„Im Rahmen dieser Charta werden wir
- eine Organisationskultur pflegen, die von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung jeder einzelnen Person geprägt ist. Wir schaffen die Voraussetzungen dafür, dass Vorgesetzte wie Mitarbeitende diese Werte erkennen, teilen und leben. Dabei kommt den Führungskräften bzw. Vorgesetzten eine besondere Verpflichtung zu.
- unsere Personalprozesse überprüfen und sicherstellen, dass diese den vielfältigen Fähigkeiten und Talenten aller Mitarbeitenden sowie unserem Leistungsanspruch gerecht werden.
- die Vielfalt der Gesellschaft innerhalb und außerhalb der Organisation anerkennen, die darin liegenden Potenziale wertschätzen und für das Unternehmen oder die Institution gewinnbringend einsetzen.
- die Umsetzung der Charta zum Thema des internen und externen Dialogs machen.
- über unsere Aktivitäten und den Fortschritt bei der Förderung der Vielfalt und Wertschätzung jährlich öffentlich Auskunft geben.
- unsere Belegschaft über Diversity informieren und sie bei der Umsetzung der Charta einbeziehen.“ (Charta der Vielfalt e.V., 2020)
Im Zusammenhang mit der Arbeitswelt 4.0 ist dies ein wichtiger Schritt. Denn die weiter oben beschriebene Problematik in Bezug auf den demografischen Wandel und das Generieren neuer Mitarbeiter kann mit dem Anerkennen der Vielfalt eingedämmt werden. Öffnen sich Unternehmen bezüglich Globalisierung und New Work, können auch Mitarbeiter aus anderen Ländern oder Gesellschaftskreisen rekrutiert werden. Unternehmen, die weiterhin nach der „Pale-Male-Yale“-Strategie Führungspositionen besetzen, werden wahrscheinlich Probleme haben, die für sie richtigen Mitarbeiter zu finden, was zur Folge hat, dass das Unternehmen aufgegeben werden muss, wenn die anfallende Arbeit nicht geleistet werden kann. Die „Pale-Male-Yale“-Strategie, auch bekannt als „old white men", symbolisiert das veraltete männliche Top-Management mit Statussymbolen wie Uhren, Manschettenknöpfen und großen Autos (Burel, 2020). Als passendes Beispiel kann an dieser Stelle der scheidende US-Präsident Donald Trump genannt werden.
Als Vielfaltsdimensionen werden sechs Diversity-Dimensionen benannt (Charta der Vielfalt e.V., 2020):
- Alter
- Behinderung
- Ethnische Herkunft und Nationalität
- Geschlecht und geschlechtliche Identität
- Sexuelle Orientierung und Identität
- Religion und Weltanschauung
Der ganzheitliche Ansatz, der verfolgt wird, schließt alle Dimensionen gleichermaßen ein. Im Mittelpunkt steht die Persönlichkeit, die nicht an einer der Dimensionen gemessen werden darf. Da sich diese Arbeit hauptsächlichen mit den Vorurteilen gegenüber weiblichen Führungskräften beschäftigt, steht im Weiteren die Dimension Geschlecht im Vordergrund.
2.5 Gleichberechtigung und Politik
In der Arbeitswelt 4.0 und im aktuellen Wertewandel ist es vorgesehen, dass Gleichberechtigung herrscht. Im Artikel 3 des Grundgesetzes steht geschrieben, dass (1) Alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und dass (2) Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin
Also auch mit dem Zweitsatz, dass der Staat die Durchsetzung fördert, hat sich bisher dahingehend tatsächlich wenig getan. Dies bezieht sich auf sehr viele verschiedene Bereiche, wie zum Beispiel die Globalisierung und die dadurch entstehende Interkulturalität, welche ein Höchstmaß an Sensibilität für gleiche Behandlung fordert. In einer Zeit des Wandels kann man nicht erwarten, dass alles direkt funktioniert, vor allem wenn etwas neu ist. Nicht neu ist allerdings die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Laut Grundgesetz Art. 3 Absatz 2 in der aktuellen Fassung von 1994, aber auch in der ursprünglichen Fassung von 1949, heißt es: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Bis heute hat sich viel verändert und langsam kommt man dem Gesetz nah, wenn bedacht wird, dass Frauen erst seit 1977 allein entscheiden dürfen überhaupt arbeiten zu gehen (Gekeler, 2019). So ist es auch gesetzlich festgehalten, dass Frauen das gleiche Gehalt bekommen müssen wie Männer. In der Praxis ist das in vielen Unternehmen und Branchen immer noch nicht der Fall. Gekeler (2019) beschreibt, dass dies mit der Art der Gehaltsverhandlung von Frauen zu tun hat. Sie würden sich nicht so viel trauen und kämen deswegen nicht so gut bei den Verhandlungen weg. Die Politik hat im letzten Jahrhundert viel für die Gleichberechtigung getan, nur an der Umsetzung hapert es noch.
Die Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Bezug auf Familie und Berufstätigkeit wird auch von der Europäischen Gemeinschaft rechtsverbindlich erklärt. Bierschock und Rost (2015) postulieren, dass sich die Einstellung zur Erwerbstätigkeit von Müttern seit 1988 bis 2012 deutlich verändert hat. Insgesamt ist die Akzeptanz für die Erwerbstätigkeit von Müttern bei Frauen und Männern gestiegen. Das neue Modell der Rollenverteilung geht hin zu einem gleichberechtigten Austausch zwischen den Partnern, welcher ein Verhandeln der jeweiligen Aufgaben innerhalb der Familie beinhaltet (Bierschock & Rost, 2015). So kann auch der Partner Elternzeit nehmen und die Partnerin weiterhin berufstätig sein. Dadurch muss keine Unterbrechung der Berufstätigkeit folgen und die Karriere kann weiter voranschreiten, wenn dies gewünscht ist. Gerade als Führung eines Teams ist es nicht unrelevant, wenn die Führungsperson länger fehlt.
2.6 Geschlechterstereotype
Die wohl bekanntesten Stereotypen sind die zwischen den Geschlechtern Mann und Frau. Es handelt sich dabei, um die dem jeweiligen Geschlecht zugewiesenen Verhaltensweisen. Diese sind durch die eigene Kultur geprägt und gilt für das Geschlecht als typische Eigenschaften. Allgemein kann man Stereotype als kognitive Strukturen bezeichnen, die sich durch das soziale Wissen einer Kultur als typisch charakteristisch darstellen (Eckes, 2010). Hierbei lassen sich zwei verschiedene Anteile unterscheiden (Athenstaedt & Alfermann, 2011):
Deskriptiver Anteil: Dieser Anteil bezieht sich auf die tatsächlich gezeigten Eigenschaften von Männern und Frauen und beschreibt das Verhalten. Die Eigenschaften werden vom jeweiligen Geschlecht oftmals gezeigt, wodurch die Zuschreibungen entstanden sind. Dies ist ein natürlicher Prozess, der die Interaktion mit anderen Menschen vereinfacht und bestimmte Erwartung für zukünftiges Handeln hervorruft.
Präskriptiver Anteil: Der präskriptive Anteil beschreibt im Gegensatz zu dem deskriptiven Anteil die Verhaltensweisen, die von Männern oder Frauen erwartet werden. Diese Erwartungen beruhen auf den Zuschreibungen, welche durch vorhandene Geschlechterrollen transportiert werden. Verhält sich die Person nicht der entsprechenden Rolle, kann dies durch die Gesellschaft sanktioniert werden.
Die Entwicklung der Geschlechterstereotype beruht auf dem Zusammenwirken von verschiedenen Einflussfaktoren. Diese Faktoren haben biologischen, sozialen und psychischen Ursprung. Die Typisierung erfolgt über Entwicklungsprozesse des Individuums und der sozialen Umwelt. Die soziale Umwelt fungiert dabei als Leitbild. Eltern, Geschwister und das weitere soziale Umfeld bestimmen mit was und wie man sich als Mädchen oder Junge, Frau oder Mann zu verhalten hat (Eckes, 2010). Traditionell war der Mann der Versorger und die Frau kümmerte sich zu Hause um die Kinder.
Nicht nur in Bezug auf die Rolle unterscheiden sich Männer und Frauen. Auch die Persönlichkeit zeigt Unterschiede auf. Eine der bedeutsamsten Studien zum Thema Geschlecht und Persönlichkeit ist die von Feingold (1994). Die Studie untersuchte die Stabilität der Persönlichkeitseigenschaft über 40 Jahre hinweg, unabhängig vom Bildungsniveau und Kulturkreis. Feingold postuliert, dass bei Männern das Durchsetzungsvermögen und das Selbstbewusstsein deutlich stärker ausgeprägt waren als bei Frauen. Diese zeigten wiederum die höchsten Werte in den Bereichen Ängstlichkeit und Fürsorglichkeit. Männer zeigten zudem noch, dass sie sich individuell durchsetzen und die Karriereleiter aufsteigen möchten. Frauen haben im Gegensatz dazu eher das Gemeinwohl im Sinn und das auf allen Ebenen - privat wie beruflich. Interessanterweise gab es keine Unterschiede in Bezug auf den Locus of Control (Rotter, 1966), welcher beschreibt wie stark Menschen davon überzeugt sind, dass sie für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Zusammenfassend schreibt Feingold, dass sich diese Befunde in die Theorie von Bakan (1976) einordnen lassen. Bakans Theorie befasst sich ebenfalls mit verschiedenen Persönlichkeitsausprägungen in Bezug auf das Geschlecht. Er postuliert durch seine Arbeit zwei Dimensionen zur Unterscheidung von Persönlichkeitsausprägungen. Zum einen ist das die Dimension Agentic, welche beschreibt, dass eine starke Fokussierung auf sich selbst vorliegt. Agentic ist den männlichen Persönlichkeitszügen zuzuordnen. Zum anderen gibt es die Dimension Communal, die eher auf positive Beziehungen abzielt und dem Gemeinwohl entgegen kommt und welche dem weiblichen Persönlichkeitszügen zugeordnet werden kann. Wie auch Feingold fand Bakan in seiner Studie ähnliche Ergebnisse. Frauen leben eher Tendenzen der Facette Verträglichkeit, was vor allem Fürsorge mit einschließt.
Männer tendieren im Gegensatz dazu mehr zur Facette der Extraversion, die mit Durchsetzungsfähigkeit, auch das Ergebnis von Feingold wieder spiegelt. Dass Frauen und Männer sich in ihrer Verhaltensweise und der Persönlichkeit unterscheiden, ist kein Geheimnis. Allerdings gibt es einen Widerspruch, wenn die Differenz der Unterschiede zwischen verschiedenen Kulturen verglichen wird. Es wurde festgestellt, dass die geschlechtlichen Unterschiede in schlecht entwickelten Ländern geringer sind, als die in entwickelten Länder, wie beispielsweise in Deutschland (Schmitt, Realo, Voracek, & Allik, 2008, S. 168-182). Die Autoren beschreiben als Grund für die Unterschiede den materiellen Überfluss in entwickelten Ländern. Hierdurch kommt die männliche Persönlichkeit mehr zur Geltung. Die vorhandenen Ressourcen ermöglichen es, durch gesunde Ernährung ein größeres Körperwachstum und mehr Kraft aufzubauen als in Ländern, die schlecht entwickelt sind. Das heißt, dass es in Deutschland eine ausgeprägtere Differenz zwischen den Geschlechtern geben muss. Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt und somit können sich die geschlechtlichen Rollen mehr ausprägen. Der Ruf nach Gleichberechtigung ist laut und es gibt viel Unverständnis in Bezug auf die immer noch vorherrschenden Unterschiede. Dass sich die Gleichberechtigung in einem entwickelten Land wie Deutschland so schwer umsetzen lässt, könnte damit erklärt werden.
2.7 Aktuelle Rollenbilder
Es gibt viele verschiedene Einflüsse, die zur Stereotypisierung beitragen und damit bestimmte Vorurteile stützen und auch stärken. Aktuell gleichen sich die Rollenbilder immer mehr an und das aktuelle Rollenbild von Männern und Frauen verschwimmt in ihren Grenzen. Wippermann, Calmbach und Wippermann (2009) untersuchten das Rollenbild des Mannes und bestimmen vier verschiedenen Haupttypen: der postmoderne Mann, starker Haupternährer der Familie, der moderne neue Mann und moderner Lifestyle- Macho. Diese dominanten Geschlechtsidentitäten sind aktuell in der Gesellschaft vertreten. Mit 32% ist der moderne neue Mann am häufigsten vertreten. Ihn kennzeichnet der Wunsch zur Veränderung und eine höhere Einbindung in den Haushalt und in die Kindererziehung. Allerdings wird die Gleichberechtigung nicht vollständig gelebt, da er sein Rollenbild erst noch finden muss oder es nicht ausleben kann, wie er es gern möchte. Wippermann et.al (2009) beschreiben die soziale Lage und die berufliche Position als Ursache für das durchwachsenes Bild. Sie schreiben, dass je höher die soziale Lage und die berufliche Position ist, desto eher entfernt sich die Gleichberechtigung in der Partnerschaft. Dem modernen neuen Mann könnte man den postmodernen Mann gegenüberstellen. Mit 31% ist er am zweithäufigsten in der Gesellschaft vertreten. Für ihn gibt es keine Grenzen zwischen den Geschlechtern und das eigene Rollenbild wird eher als flexibel und veränderbar angesehen. 23% der Männer sehen sich als starken Haupternährer der Familie und bewegen sich im klassisch traditionellen Feld der Geschlechtsstereotypen. An dieser Stelle muss differenziert werden, da die jüngere Generation unter 65 Jahren der prototypischen Aufgabenstellung nicht mehr gerecht werden kann. Männer unter 65 Jahren können in den meisten Fällen nicht die Hausarbeit vollständig an die Frau abgeben. Viele Frauen gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach, um das Haushaltsgeld aufzubessern. So ist es für viele Männer, auch als starke Ernährer der Familie, normal im Haushalt zu helfen. An vierter Stelle mit 14% kann der Lifestyle Macho genannt werden. Er vertritt die Meinung, dass das weibliche Geschlecht sich unterzuordnen hat und besitzt ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Auch das Thema Gleichberechtigung lehnt er ab. Die typische Frau zeigt wie weiter oben beschrieben besondere Ausprägungen im Bereich Ängstlichkeit und Verträglichkeit. Was bei den Frauen zu beobachten ist, ist dass die Veränderung keine wirkliche Veränderung ist. Frauen haben sich in den letzten Jahren emanzipiert, dadurch dass sie mehr Selbstbewusstsein entwickelt haben und für ihre Rechte eintreten. Die grundlegenden Züge wie das Gemeinwohl im Sinn zu haben, haben sich nicht verändert. Zum aktuellen Rollenbild der Frau sind neue Eigenschaften hinzu gekommen. Nicht nur das Selbstbewusstsein kann an dieser Stelle genannt werden, sondern auch die Berufstätigkeit, wenn das letzte Jahrhundert mit betrachtet wird. Frauen kümmern sich nach wie vor um den Haushalt und die Kinder bzw. Familie. Hinzukommen die Berufstätigkeit und das Selbstbewusstsein für die eigenen Rechte einzustehen und für Gleichberechtigung zu kämpfen. Wie man sehen kann befinden sich die Rollenstereotype im Wandel. Bei Männern wandelt es sich, bei den Frauen kommen neue Eigenschaften hinzu. Trotzdem gibt es viele Vorurteile, die sich auf das weibliche Geschlecht beziehen, wie im nächsten Punkt erläutert wird.
2.8 Vorurteile
Die erläuterte Rollenzuschreibung bezieht sich eher auf das Allgemeine. Unterschiede sind vor allem in Punkto Berufstätigkeit zu vermerken. Nicht nur, dass es immer mehr weibliche Arbeitnehmer gibt, auch in Führungspositionen sind sie vertreten.
Frauen haben sich in den letzten Jahrzehnten mehr als qualifiziert, wenn es um Führungspositionen geht. In Deutschland sind aktuell 51,2% der männlichen und 42,1% der weiblichen Bevölkerung berufstätig (Statistisches Bundesamt, 2020), was der Verteilung der Gesamtbevölkerung nach Geschlecht in Deutschland nah kommt. Werden dabei nur die Führungskräfte betrachtet zeigt sich ein anderes Bild. Im Jahr 2009 lag der Anteil der weiblichen Führungskräfte bei 4% (Hofmeister & Hünefeld, 2010). 9 Jahre später ist der Anteil deutlich gestiegen und verzeichnet einen prozentualen Anteil von 22,6% (CRIF Bürgel GmbH, 2018). An dieser Stelle muss beachtet werden, dass zwischenzeitlich die Frauenquote eingeführt wurde und diese einen Einfluss auf den Anstieg der Zahlen hat. Zu bemerken ist zudem auch, dass die meisten weiblichen Führungskräfte aus dem Gesundheitswesen (38%) stammen und in dieser Branche der Frauenanteil generell höher ist als in anderen Branchen. Der geringste Anteil an weiblichen Führungskräften lässt sich in der Sektion Maschinenbau finden (ebd., 2018). Auch wenn der Anteil in der Führungsebene angestiegen ist, gibt es immer noch Ungleichheiten in Bezug auf das Einkommen. Im Durchschnitt verdienen Frauen in Führungspositionen knapp 1000 Euro pro Monat weniger als Männer in der gleichen Position (Hans-Böckler-Stiftung, 2011).
Abbildung 3: Gehaltsvergleich zwischen den Geschlechtern in Führungspositionen (Hans-Böckler-Stiftung, 2011)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der wachsende Anteil der weiblichen Führungskräfte ist positiv zu sehen, aber die existierende Lohnlücke und schlechte Aussichten auf eine Beförderung in nicht weiblichen Branchen, wie in der Maschinenbauindustrie, sind nicht einfach weg zu denken. Das Thema Ungleichberechtigung muss immer noch groß geschrieben werden.
Frauen haben mit Vorurteilen zu kämpfen, welche mit ein Grund für die Differenzen zwischen den Geschlechtern sind. Geschlechtsspezifische Vorurteile prägen die Arbeit in der Wirtschaft und halten sich hartnäckig. Die aktuelle Forschung zeigt, dass es hier auch detaillierter, in Bezug auf die Arbeit beziehungsweise auf die Führung, angewendet werden kann. Dass Frauen und Männer sich in ihren Verhaltensweisen unterscheiden, wurde weiter oben deutlich gemacht. Busse (2019) beschreibt in seiner Publikation drei Phänomene, die sich mit der Wahrnehmung von Frauen in Führungspositionen befassen: Think Manager, Role Incongruity und Think Crises.
2.8.1 Think Manager - Think Male
Dieses Phänomen beschreibt die typischen Zuschreibungen, wie sich eine Führungskraft vorgestellt wird. Führungskräfte haben demnach männliche Attribute wie beispielsweise dominant, aktiv und rational (von Rosenstiel L. , 1996). Das heißt Merkmale wie Frisur, Make-up oder Kleidung tragen maßgeblich dazu bei, einer Person, ob männlich oder weiblich, Führungskompetenz zu zuschreiben (von Rennenkampff, 2004). Nicht nur in Deutschland gibt es dieses Phänomen. Schein, Mueller, Lituchy und Liu (1996) fanden heraus, dass es sich hierbei um ein globales Phänomen handelt. Sie untersuchten männliche und weibliche Management-Studenten in Japan und China. Die Ergebnisse konnten auch in den USA, Großbritannien und Deutschland aufgezeigt werden. Laut Haverbier und Weßels (2017) spielen die Rollenerwartung und die Stereotype eine zentrale Rolle, wenn es um die Besetzung einer Führungsposition geht.
2.8.2 Role Incongruity
Damit ist die Inkongruenz zwischen den weiblichen Stereotypen und einer Führungsposition gemeint. Büttgen und Mai (2020) beschreiben diese Rolleninkongruenz mit dem Backlash-Effekt: Entweder wirken Frauen typisch weiblich und passen wegen den Stereotypen nicht in die Führungsrolle oder sie wirken und verhalten sich zu männlich, was ihren Auftritt unauthentisch und unsympathisch macht.
[...]
- Citation du texte
- Maren Walter (Auteur), 2020, Vorurteile gegenüber weiblichen Führungskräften. Geschlechterstereotype und empfundene Ungleichberechtigung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/988280
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