Die Logistikbranche erweist sich als stetig wachsender Wirtschaftsbereich. Mit diesem Wachstum gehen aber auch verkehrspolitische und ökologische Probleme bei der Zustellung einher. Eine Lösung könnten Crowd-Konzepte bieten, die in anderen Branchen bereits Erfolge erzielt haben.
Was sind die Unterschiede zwischen klassischen Logistikansätzen und der Crowd-Logistik? Welchen Herausforderungen müssen sich Logistikdienstleister stellen, wenn sie Crowd-Logistik implementieren wollen? Welche Vor- und Nachteile bringt dieses Konzept mit sich?
Inwieweit sich Ansätze der Crowd-Logistik in der heutigen Logistik anwenden lassen und welche Chancen sich dadurch ergeben, analysiert Marco Lehnhardt in seiner Publikation. Er geht darauf ein, welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration erfüllt sein müssen und welche Akteure das System nutzen können.
Aus dem Inhalt:
- City-Logistik;
- Crowd-Shipping;
- Crowd Delivery;
- Crowdsourced Delivery;
- grüne Logistik;
- KEP-Dienste;
- letzte Meile
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau und Zielsetzung
2. Theoretische Grundlagen der klassischen Logistik und der Crowd-Logistik
2.1 Klassische Logistik und Transportnetze
2.2 Crowd-Logistik
3. Herausforderungen zur Umsetzung der Crowd-Logistik
3.1 Schaffung der Rahmenbedingungen
3.2 Schaffung einer IT-gestützten Infrastruktur zur Sicherstellung der Geschäftsabwicklung
3.3 Crowd-Logistik als Alternative für die City-Logistik
3.4 Akzeptanz für Crowd-Logistiklösungen
4. Zukunftschancen und Potentiale
4.1 Nachhaltigkeit und Arbeitsbedingungen
4.2 Lieferzeiten & Kosten
4.3 Schaffung von Arbeitsplätzen
5. Diskussion
5.1 Optimierung der Logistikleistung durch Nutzung der Crowd-Logistik
5.2 Ausgangspunkt der Crowd-Logistik
5.3 Bedeutung der Forschung für die Praxis
6. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Impressum:
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Umsatz der Logistikbranche in Deutschland von 1995 bis 2019
Abbildung 2: Produkte, Merkmale und Segmente des KEP-Marktes
Abbildung 3: Die drei logistischen Phasen
Abbildung 4: Direktverkehrsnetz und Single-Hub-and-Spoke-Netz
Abbildung 5: Regionalhubstruktur
Abbildung 6: Kriterien bei der Auswahl eines Online-Shops
Abbildung 7: Lieferkriterien bei der Wahl des Onlineverkäufers
Abbildung 8: Sendungen von Kurier,- Express und Paketlieferungen (KEP) in Deutschland
Abbildung 9: Städtische Logistik
Abbildung 10: Micro-Hub Konzept
Abbildung 11: Von Kunden gewünschte Serviceleistungen von CL-Anbietern
Abbildung 12: Konzeption einer CL-Infrastruktur
Abbildung 13: Bereitschaft der Befragten als Warenkuriere zu fungieren
Abbildung 14: Mitbringbereitschaft und vorherige Kenntnisse des Crowd Delivery-Konzepts
Abbildung 15: Räumliche Ausprägung von Nachbarschaft
Abbildung 16: Möglichkeiten der Incentivierung
Abbildung 17: Geforderte Entlohnung bei drei Szenarien
Abbildung 18: Hemmnis- und Begünstigungsfaktoren für die Teilnahme an der Liefer-Crowd
Abbildung 19: Häufigkeit der Fahrradnutzung
Abkürzungsverzeichnis
B2B Business-to-Business
B2C Business-to-Consumer
BIEK Bundesverband Paket und Expresslogistik
C2C Consumer-to-Consumer
CL Crowd-Logistik
KEP-Dienste Kurier, Express und Paketdienste
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Logistikbranche erweist sich als stetig wachsender Wirtschaftsbereich. Dies zeigt die nachfolgende Statistik der Umsatzentwicklung der Logistikbranche in Deutschland von 1995 bis 2019.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Umsatz der Logistikbranche in Deutschland von 1995 bis 2019
Quelle: Fraunhofer SCS / Bundesvereinigung Logistik in Statista, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/166970/umfrage/umsatz-der-logistikbranche-in-deutschland/
Die Umsätze haben sich seit 1995 von 123 Milliarden Euro auf über 279 Milliarden Euro im Jahr 2019 gesteigert.
Mit diesem Wachstum gehen auch verkehrspolitische sowie ökologische Probleme bei der heutigen Zustellung einher, welche die Akteure zum Umdenken und Handeln auffordern sollen.1 Bei diesem Problem ist es außerdem nötig auf die letzte Meile einzugehen, da diese mehr als 50 % der gesamten Kosten für den Transport betragen und somit den größten Kostenfaktor bildet.2
Zudem bieten auch immer mehr Händler eigene Lieferservices an und deshalb haben immer mehr Akteure mit dem Problem der letzten Meile zu kämpfen. Hier lässt sich Amazon mit Amazon-Flex als Paradebeispiel anführen. Es kommen kollaborative Systeme ins Spiel. Es bilden sich lokale Marktplätze, welche durch spezielle IT-Lösungen unterstützt werden können. Dadurch könnten einfache Privatleute mit in den Zustellprozess integriert werden. So könnten ökologische Probleme wie auch das Problem der erschwerten Personalbeschaffung begrenzt werden.
Bereits im Personenverkehr hat sich der Anbieter Uber das Konzept der Crowd zunutze gemacht und stellt eine Vermittlungsplattform für Fahrgäste und Fahrer bereit. Auch das Unternehmen Airbnb nutzt dieses Konzept für die Vermittlung von Unterkünften.
Selbst wenn die Crowd Konzepte branchenübergreifend bereits Erfolge erleben, kann das nicht für die Logistik pauschalisiert werden. Die Akzeptanz der Kunden und das Vertrauen in das System müssen vorhanden sein, um eine erfolgreiche Integration der Crowd-Logistik (CL) anstreben zu können. Zudem müssen Anreize vorhanden sein bzw. geboten werden, um Teilnahmen im System zu verzeichnen.
1.2 Aufbau und Zielsetzung
Untersucht werden die Unterschiede zwischen klassischen Logistikansätzen und der CL. Dabei werden die Beweggründe des Megatrends untersucht, welche Einflüsse auf die Entwicklung haben könnten. Da sich die CL von den klassischen Ansätzen unterscheidet, gilt es zudem Herausforderungen zur Implementierung zu bewältigen. Auch Unterschiede innerhalb des Leistungsangebots von klassischen Logistikdienstleistern und der CL müssen analysiert werden. Durch die erfolgreiche Integration könnten sich Chancen für die Zukunft ergeben, welche die Problempunkte, die durch die klassische Logistik teilweise verursacht wurden, positiv beeinflussen könnten. Hierzu zählt auch die Erreichung von Klimazielen, da die Logistikbranche stetig wächst und hierdurch auch erhöhtes Verkehrsaufkommen produziert wird. Neben den Vorteilen gilt es auch Kritikpunkte der CL aufzuzeigen und mögliche Konsequenzen hieraus abzuleiten. Im 5. Abschnitt der Arbeit werden herausgearbeitete Erkenntnisse vom Autor kritisch diskutiert, was einem wichtigen Teil dieser Arbeit entspricht. Dabei werden auch Literaturverweise miteinander verglichen, um Widersprüche innerhalb dieser zu analysieren.
Ziel der Arbeit ist es, zu beantworten, inwieweit CL Ansätze in der heutigen Logistik angewendet werden können und welche Chancen sich dadurch ergeben könnten. Dabei ist auch zu differenzieren, welche Akteure dieses System einbinden und nutzen können. Akteure hierfür können Kurier, Express und Paketdienste (KEP-Dienste), neue Start-ups oder auch Unternehmer sein. Um diese Frage zu beantworten, muss zudem festgehalten werden, auf welchem Stand die CL heute ist, um weitere Rückschlüsse treffen zu können.
Die Methodik zur Beantwortung der Forschungsfrage beruht auf Literaturrecherche. Dabei verwendet der Autor in dieser Forschungsarbeit unter anderem folgende Schlagwörter: City-Logistik, Crowd-Logistik, Crowd-Shipping, Crowd Delivery, Crowdsourced Delivery, grüne Logistik, KEP-Dienste, klassische Logistik, letzte Meile.
Diese Forschungsarbeit bezieht sich für die Bearbeitung des Themas und der Beantwortung der Forschungsfrage auf 41 Literaturen. Bei der Wahl der Literatur wurde im Rahmen der Forschungsarbeit neben der einschlägigen Fachliteratur und Sammelbänden auf Fachzeitenschriften, relevante Internetartikel und aktuelle Studien gesetzt. Die Aktualität der Studien ist für die Relevanz der Forschung essenziell, da dieses Gedankengut für die Beantwortung der Forschungsfragen wichtig ist.
2. Theoretische Grundlagen der klassischen Logistik und der Crowd-Logistik
Im 2. Abschnitt dieser Arbeit werden die Grundlagen für das Thema der klassischen und der Crowd-Logistik aufgezeigt. Dabei soll das allgemeine Verständnis dieser zwei Themen gegeben werden, welche für die Heranführung des 3. Abschnitts notwendig sind. Dabei spielt die Bewältigung der letzten Meile eine signifikante Rolle, da diese immer den letzten Prozess der Sendungszustellungen ausmacht. Die CL ist zudem noch ein junges Themengebiet, weshalb die Darlegung des aktuellen Standes von Nöten ist.
2.1 Klassische Logistik und Transportnetze
Der Begriff der Logistik wurde ursprünglich im Militärwesen geprägt. Zentrum dessen waren die Beantwortung der Fragen der Nachschubgestaltungen sowie der Truppenbewegungen.3
Die Begriffserklärung hat sich verändert. Logistik wird heute als Planung, Gestaltung, Abwicklung und die Kontrolle des gesamten Material- und Informationsflusses zwischen Unternehmen und Lieferanten, innerhalb der Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und dessen Kunden verstanden.4
Bei der Untersuchung der klassischen Logistik bezieht sich der Autor im Rahmen dieser Forschungsarbeit größtenteils auf die Branche der KEP-Dienste. Hier konzentriert man sich auf die Einhaltung spezieller Kriterien in Bezug auf Volumen und Gewicht (bis 31,5 kg).5 Diese zu befördernde Güterart lässt sich als KEP-Gut bezeichnen.6
Die Abbildung 2 verdeutlicht die Branche der KEP-Dienste und teilt diese in drei Segmente ein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Produkte, Merkmale und Segmente des KEP-Marktes
Quelle: Bundesverband Paket und Expresslogistik, KEP-Studie, 2019, S. 9.
Das Angebot der Kurierdienste beschreibt hauptsächlich den Transport von Dokumenten und Kleinsendungen mit einem geringen Durchschnittsgewicht bis ungefähr 3 kg.7 Kurierdienste lassen sich in die regionalen, nationalen sowie internationalen Kurierdienste einteilen. Regionale Kurierdienste befördern Sendungen mit Hilfe von Fahrrädern oder PKWs i.d.R. direkt vom Absender zu den Empfängern. Nationale Kurierdienste hingegen sind bundesweit tätige Unternehmen mit Regionalniederlassungen oder auch Zusammenschlüsse von regionalen Kurierdiensten. Internationale Kurierdienste verfügen über weltweit eigene Niederlassungsnetze mit eigenem Fuhrpark und Flugzeugen. Durch den weltweiten Zugriff auf eigene Kapazitäten kann das Leistungsangebot jederzeit auf die Ansprüche der Versender angepasst werden. Der Hauptlauf wird über Hub-and-Spoke-Systeme abgewickelt. Dieses besteht aus einem zentralen Umschlagpunkt der sog. Nabe und den sternförmig auf den zulaufenden Punkt liegenden Strecken, welche man auch Speichen nennt. Güter werden an einer Speiche aufgenommen und dann an die anderen Speichen sowie das Hub verteilt. Gestützt wird dieses Prinzip durch Einsatzmöglichkeiten des Barcodes, um eine lückenlose informatorische Verfolgung der Güter zu ermöglichen.8
Die Geschwindigkeiten teilen sich in Same Day sowie Over Night / Time Definite und in die Regellaufzeit auf. Same Day Lieferungen lassen sich häufig mit den Kurierdiensten in Verbindung bringen.9 Gemeint ist hiermit die Zustellung noch am selben Tag der Bestellung.10 Der Express-Markt ist durch Over Night / Time Definite Zustellungen gekennzeichnet. Hier werden verbindliche Zustellzeiten garantiert.11 Paketsendungen unterliegen der Regellaufzeit. Dabei werden keine Zustellzeiten garantiert, allerdings erfolgen nationale Sendungen zumeist am folgenden Werktag. Prozesse sind bei Paket-Dienstleistern vereinheitlicht und verfügen über einen hohen Automatisierungsgrad.12 Die Empfänger der Sendungen können bei den meisten Paket-Dienstleistern über deren Track-and-Trace Systeme mithilfe der Eingabe der Sendungsnummer den Status der Sendung abfragen. Dabei wird nicht nur der aktuelle Status abgerufen, sondern auch alle bereits durchlaufenen Prozesse. Dies ermöglicht den Dienstleistern eine umfassende Überwachung zur Qualitätserhaltung. Empfänger hingegen können damit einen ungefähren Zustellzeitpunkt antizipieren.
Endverbraucher wie auch Unternehmer nutzen die Angebote von KEP-Diensten. Dieses Angebot beinhaltet Leistungen für Business-to-Business (B2B), Business-to-Consumer (B2C) und Consumer-to-Consumer (C2C).13 Unternehmer, welche über keinen eigenen Fuhrpark verfügen oder Kapazitätserweiterungen benötigen, können Geschäftspartner bei den KEP-Diensten werden, welche sich dann um die Zustellung der Sendungen kümmern. So können die Unternehmen weltweit Sendungen an die Kunden ausliefern. Hierbei belaufen sich die Märkte auf den nationalen, EU (international) und non-EU (internationalen) Markt als begleitete Sendungen und nicht begleitete Sendungen.14
Das Transportnetz der KEP-Dienste ist auf eine Vielzahl von Sendern und Empfängern ausgelegt. Diese umfassen dabei das Sammeln, Umschlagen, Sortieren und Verteilen als logistische Funktionen. Dabei bestehen die Transportnetze aus Knoten, welche als Quellen und Senken für die Transporte verwendet werden und die Verbindungen zwischen diesen Knoten. Start- und Endpunkte dieser Verteil- und Sammeltouren werden als Depot bezeichnet. In den Depots erfolgt eine Sortierung zu verschiedenen Versandzielen und es erfolgt eine Konsolidierung mehrerer sendungsschwachen Transportrelationen zu einer Transportrelation zum Hub. Diese Hubs werden als zentrale Umschlagseinrichtung entlang des gesamten Transportnetzes genutzt. Bei dem Transport von Sendungen gibt es folgende drei logistische Phasen: Vorlauf, Hauptlauf und Nachlauf. Dies wird in der Abbildung 3 grafisch verdeutlicht.15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die drei logistischen Phasen
Quelle: Cardeneo, Andreas: Kurier-, Express- und Paketdienste, in Kai Furmans / Horst Tempelmeier / Axel Kuhn / Heinz Isermann / Dieter Arnold (Hrsg.), Handbuch Logistik, 2008, S. 783.
Im Vorlauf werden hier in der Grafik die Sendungen von den Versendern zum Depot transportiert und gesammelt. Zudem werden regionsabhängig mehrere Sammeltouren im Vorlauf initiiert, welche das Sendungsaufkommen der Region in einem Depot vereinen. Danach wird im Depot die Sendungssortierung abgehandelt, welche für den Hauptlauf wichtig ist. Im Hauptlauf wird dann das Sendungsaufkommen in das jeweilige Depot der Zielregionen transportiert. Im letzten Schritt, dem Nachlauf, werden die vom Hauptlauf transportierten Sendungen an die Empfänger ausgeliefert. Bei den Transportnetzen gibt es zwei Netztopologien. Zum einen gibt es das bereits erwähnte Hub-and-Spoke-Netz und das Direktverkehrsnetz. Bei dem Direktverkehrsnetz verfügt jedes Depot über eine Transportrelation zu jedem anderen Depot. Diese Verbindungen unterliegen dem Direktverkehr. Das bedeutet, dass kein Wechsel des Verkehrsmittels stattfindet. Direktverkehre bezeichnet man als ungebrochene Verkehre und das Direktverkehrsnetz gehört zu den einstufigen Verkehrsnetzen. Daraus folgt, dass der Transport nicht durch einen Umschlag unterbrochen wird. Hier sind alle Depots die Quellen und Senken des Hauptlaufes. Dies bedeutet, dass in jedem Depot auch die Sortierung der Sendungen erfolgt. In einem Direktverkehrsnetz kommen somit für n Depots n(n-1) Transportrelationen zusammen.16 Die Abbildung 4 geht dabei auf die Unterschiede dieser Transportnetzwerke ein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Direktverkehrsnetz und Single-Hub-and-Spoke-Netz Quelle: Cardeneo, Andreas: Kurier-, Express- und Paketdienste, in Kai Furmans / Horst Tempelmeier / Axel Kuhn / Heinz Isermann / Dieter Arnold (Hrsg.), Handbuch Logistik, 2008, S. 784.
Neben den Naben und Speichen existieren keine weiteren Verbindungen zwischen den Depots. Vom einem zum anderen Depot erfolgt daher der Umschlag am Hub. Im Gegensatz zum Direktverkehrsnetz, wird beim Hub-and-Spoke-Netz das Verkehrsmittel während des Transportes gewechselt. Aus diesem Grund handelt es sich um den gebrochenen Verkehr. Der Hauptlauf kann bspw. mit dem Zug oder dem Flugzeug überwunden werden und der Vor- und Nachlauf mit dem Lkw.
Darüber hinaus existieren Mischformen der bereits bekannten Netzwerktypen. Die Regionalhubstruktur besteht dabei aus mehreren Hubs, wie es in der folgenden Abbildung 5 verdeutlicht wird. Diese wird auch zweistufige Hubstruktur genannt. Hier bekommt jede Sendungsregion ein Hub worüber die Sendungen gesammelt und im Anschluss über Direktverkehre zwischen den Regionalhubs transportiert werden. Die Sendungen werden somit zweimal umgeschlagen.17
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Regionalhubstruktur
Quelle: Cardeneo, Andreas: Kurier-, Express- und Paketdienste, in Kai Furmans / Horst Tempelmeier / Axel Kuhn / Heinz Isermann / Dieter Arnold (Hrsg.), Handbuch Logistik, 2008, S. 785.
Bei allen Segmenten stellt sich die letzte Meile im Nachlauf als die größte Herausforderung bei der Zustellung heraus. Diese ist nicht vermeidbar und bildet wie bereits geschildert die größte Kostenposition innerhalb des Zustellprozesses.
2.1.1 Definition und Herausforderungen der letzten Meile
Metzler versteht unter dem Begriff der letzten Meile den letzten Abschnitt der Distributionskette zum Empfangskunden, also die Auslieferung aus dem finalen Distributionszentrum. Dabei wird diese Art der Dienstleistung vorwiegend durch die KEP-Dienste abgewickelt.18
Laut dem Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) wurden bereits im Jahr 2016 3,16 Milliarden Pakete und Päckchen ausgeliefert und damit doppelt so viele wie im Jahr 2000. Zudem wird der Anteil des Onlinehandels bis 2030 um grob 25 % bis 30 % steigen. Durch derartige Steigerungen wird die Logistik stetig komplexer und aufwändiger. Nicht nur steigt die Anzahl der Sendungen, auch die Serviceleistungen wie bspw. Same Day Delivery erschweren zudem die Ausführung und Optimierung letzte Meile.19 Der Grund für die Steigerung des Anteils des Onlinehandels ist, dass die Lieferung von Bestellungen bewusst in den Kaufprozess integriert wird.20
Die nachfolgende Abbildung 6 geht dabei auf die Auswahlkriterien bei Onlineshops ein. Die Erkenntnisse hier sind, dass alle Kriterien bzgl. des Versands große Entscheidungsfaktoren für die Auswahl eines Online-Shop sind. Dabei ist die Retourenabwicklung und der kostenlose Versand sowie die Auswahloptionen von Versanddienstleistern ein wichtiges Kriterium für die Konsumenten.21
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Kriterien bei der Auswahl eines Online-Shops
Quelle: ibi Research E-Commerce Leitfaden, 2017, zitiert nach Rumscheidt, Sabine: Die letzte Meile als Herausforderung für den Handel, in: ifo Schnelldienst, 2019, S. 46.
Daneben müssen die Onlinehändler weitere Kriterien bei dem Versand beachten. Eine versandkostenfreie Lieferung, sowie die Möglichkeit der Sendungsverfolgung sind bei mindestens 90% der Kunden laut Abbildung 7 wichtig. Die Schnelligkeit einer Zustellung und Optionen bzgl. des Zeitfensters oder der Lieferung mit dem bevorzugten Lieferservice sind unter anderen weitere wichtige Faktoren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anforderungen an die Händler wie auch an die Lieferungen allgemein sehr hoch sind. Das Umweltbewusstsein der Kunden spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle bei der stetig wachsenden Anzahl an Paketlieferungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Lieferkriterien bei der Wahl des Onlineverkäufers
Quelle: PricewaterhouseCoopers, Aufbruch auf der letzten Meile, 2017, S. 9.
Durch das gestiegene und weiter ansteigende Sendungsaufkommen, welches durch den wachsenden Onlinehandel beeinflusst wird, nimmt die Komplexität der Stadtlogistik deutlich zu.22
Zahlen hierfür kann man aus Abbildung 8 entnehmen, welche der BIEK 2018 veröffentlicht hat. Im Jahr 2000 betrug das Sendungsvolumen noch 1,69 Milliarden Sendungen. Bis zum Jahr 2022 könnte die Anzahl auf 4,1 Milliarden Sendungen ansteigen. Durch das gesteigerte Sendungsvolumen steigt zusätzlich die Anzahl der Sendungsempfänger. Dies zwingt die beteiligten Akteure, neue Kooperationen einzugehen, um dieser Entwicklung, welche Umweltprobleme, Unfallrisiken, und Lärmbelästigungen mit sich bringt, entgegenzuwirken. Geschuldet sind diese Probleme auch der unzureichenden Infrastruktur.23
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Sendungen von Kurier,- Express und Paketlieferungen (KEP) in Deutschland
Quelle: In Anlehnung an Bundesverband Paket und Expresslogistik, KEP-Studie, 2018, S. 13.
Durch das gestiegene Sendungsvolumen tritt somit auch die letzte Meile vermehrt auf.
Die letzte Meile ist deshalb teuer, weil die Vereinzelung der Sendungen an den Stopps eine geringe Produktivität pro Stopp und je Tour im Gegensatz zur Abholung und dem Hauptlauf aufweist. Auffällig wird die letzte Meile vor allem im Journalismus aufgrund der sozialen Kosten. Diese setzen sich aus der resultierenden Luftverschmutzung in Form von Treibhausgasen, wie z.B. CO2 und Feinstaub zusammen. Aber auch die Lärmbelastung aufgrund der Motorengeräusche und Be- bzw. Entladevorgänge tragen zu den sozialen Kosten bei. Die Abnutzung der Infrastruktur stellt eine weitere Position dar. Durch die Fahrten werden steuerfinanzierte Straßen belastet und die Fußgängerzonen werden verstopft. Auch Stauprobleme verstärken die Belastung der Infrastruktur. Werden die sozialen Kosten nicht vom Verursacher selbst kompensiert, führt dies zu Regularien. Zu beobachten ist dies bereits in Deutschland mit der Einführung von Diesel-Fahrverboten und Umweltzonen.24
Die Transportkosten der letzten Meile werden in Personal-, Betriebs- und Bereitschaftskosten unterteilt. Damit kostet eine typische Tour circa 275 €. Kleine Sendungen weisen im Gegensatz zu großen Sendungen eine verhältnismäßig teurere Kostenposition in der Zustellung auf. Auch die Tourenproduktivität kann man von der Dichte der Stopps abhängig machen. Stadttouren sind produktiver, da diese einen hohen Stoppfaktor und kleine Stopp-Stopp-Strecken besitzen. Um eine optimale Tour zu bilden, muss die Fahrzeugkapazität und auch der Personaleinsatz gleichzeitig gut genutzt werden, um weder Zeit noch Kapazitäten zu verschwenden.25
2.1.1.1 Strategische Entscheidungen
Die letzte Meile unterliegt den strategischen, taktischen und operativen Entscheidungen bei der Erbringung der Leistung. Bei den strategischen Entscheidungen befasst man sich mit der Servicequalität und den Kosten. Hierbei geht man von der Überlegung aus, eine geeignete Balance zwischen den beiden zu finden. Diese wird erreicht, wenn der Kunde diesen Service wahrnimmt und bereit ist dafür zu bezahlen. Auf der anderen Seite werden die Kosten dafür gering gehalten. Hier ist auch die strategische Fremdvergabe eine signifikante Entscheidung, wenn es um die letzte Meile geht. Prozesse wie Transport, Lagerhaltung, Umschlag, Versand, Verpackung und der Retourenprozess können fremdvergeben werden.26 Durch die Fremdvergabe können einige Hersteller und Händler, vor allem im E-Commerce Bereich, die komplette Distribution auslagern, was zu geringeren Kosten führt. Das äußert sich auch darin, dass Händler und Hersteller kein Kapital in Logistikanlagen investieren müssen. Logistikdienstleister können durch die Annahme der Fremdvergaben ihre Kapazitäten besser auslasten. Auch können durch die Fremdvergaben Lohnkosten eingespart werden, da die Logistikbranche häufig niedrigere Löhne zahlen muss.27
Der Fremdvergabe gegenüber steht die Investitionsentscheidung. Hier konzentriert man sich selbst auf die Entscheidungsobjekte der letzten Meile. Diese umfassen die Flotte wie auch die IT und das Personal aber auch die Overhead-Prozesse wie die Rechnungsprüfung oder den Standort mit der jeweiligen technischen Ausstattung. Der Faktor der Standortentscheidung beschreibt das Kostenminimierungsproblem, welches bei den Transport-, Lagerhaltungs-, Standort-, und Gebäudekosten besteht.28
Um ein Liefergebiet optimal abzudecken, müssen die Fragen der Anzahl und Orte der Terminals geklärt werden.29
2.1.1.2 Taktische Entscheidungen
Bei den taktischen Entscheidungen geht es um die Rahmentourenplanung. Es werden Transportbedarfe in Touren eingeteilt, damit diese in Verantwortlichkeitsbereiche fallen. Dabei werden die täglichen Fahrten in den Tourgebieten, welche Teilgebiete eines größeren Liefergebiets sind, täglich optimiert. Die Optimierungen sind abhängig von den Umständen und der Arbeitslast.30
Die Distributionsplanung beinhaltet die Bestandsvolumina für die Produkte, Filialen und Tourgebiete. Ziel der Planung ist es, die kommende Nachfrage zu prognostizieren und ein dementsprechendes Angebot offerieren zu können.31
Auch die Zustell- und Übergabeoptionen, welche Teil der Service-Features sind, gehören zu den taktischen Entscheidungen. Die Zufriedenheit der Kunden ist ein wichtiger Faktor, um die Erlöse anzuheben. Die Qualität der Zustellung sorgt zudem für die Senkung von misslungenen Zustellungen, Retouren und Beschwerden. Dies führt wiederrum zu einer Senkung zusätzlicher Kosten. Auch in diesem Fall kann die Fremdvergabe an Subunternehmer vorgenommen werden. Hier ist eine Abwägung der Kosten und der Qualität notwendig, wobei die Qualität Vorrang hat.32
2.1.1.3 Operative Entscheidungen
Zu den operativen Entscheidungen gehört das Bestandsmanagement. Das Bestandsmanagement besagt, wie oft und in welcher Höhe ein bestandsführender Punkt verfügbar sein soll. Durch Prognosen wird eine Distributionsplanung angefertigt, welche die Nachfrage ermittelt. Dadurch kann darauf ein entsprechendes Angebot abgeleitet werden. Das Bestandsmanagement reagiert dann auf die Distributionsplanung durch die operative Festlegung der Lagerbewegungen. Außer Acht bleiben aber die Zuordnungen von Teilbeständen und Fehlmengen. Das heißt, dass es keine Bestimmungen dazu gibt, welcher Kunde bei Fehlmengen nicht beliefert wird. Die Lagerhaltung kümmert sich um die Prozesse in einem Lager. Ein- und Auslagern, Kommissionieren, Umschlagen, Be- und Entladen sind unter anderen Prozessen, welche bei der Lagerhaltung anfallen. Durch die Anpassung des Lagerlayouts und der Eliminierung von Verschwendungen können Lagerhaltungskosten reduziert werden. Die Bestandsmenge bleibt dabei unberührt aber die Prozesskosten können durch Automatisierung und effizienten Personaleinsatz verringert werden. Leerlaufzeiten sollten zudem so niedrig wie möglich gehalten werden. Dadurch können Bestände gesenkt werden, was sich mit guten Prozessen positiv auf die freistehende Zeit auswirkt, welche in der Zustellung genutzt werden kann.33
Ein weiterer wichtiger Bereich der operativen Entscheidung ist das Routing. Hier wird für jedes Fahrzeug der Distributionsflotte der Transportbedarf bestimmt, um dann eine Route festzulegen. Dabei werden die Bedingungen der Personaleinsatzzeit wie auch die Fahrzeugkapazität und weitere kundenorientierte Einschränkungen berücksichtigt. Die operativen Entscheidungen fallen täglich an und kümmern sich um die Umsetzung für die Endkunden.34
[...]
1 Vgl. Rahn, Klaus-Peter: Crowd Logistics, in: Intralogistik-radar.de, 08.2018, [online] https://www.intralogistik-radar.de/themen/crowd-logistics/ [01.03.2020].
2 Vgl. Borgfeld, Wolfgang: Logistik: Verliert die letzte Meile ihren Schrecken?, in: etailment.de, 20.11.2019, [online] https://etailment.de/news/stories/logistik-drohnen-roboter-22685 [01.03.2020].
3 Vgl. Krulis-Randa, Jan S.: Marketing-Logistik, Bern, Schweiz: Haupt, 1977, S. 1.
4 Vgl. Schulte, Christof: Logistik: Wege zur Optimierung der Supply Chain, 6. Aufl., München, Deutschland: Vahlen, 2013, S. 1.
5 Vgl. ebd., S. 191.
6 Vgl. ebd., S. 191.
7 Vgl. Schulte, 2013, S. 193.
8 Vgl. ebd., S. 191.
9 Vgl. Bundesverband Paket und Expresslogistik: KEP-Studie, 2019, [online] https://www.biek.de/download.html?getfile=2335, S. 9.
10 Vgl. Werner, Karsten: Same-Day-Delivery: Echter Mehrwertdienst oder bloß Marketing-Trick?, in: t3n Magazin, 20.08.2012, [online] https://t3n.de/news/same-day-delivery-echter-409462/ [04.03.2020].
11 Vgl. Bundesverband Paket und Expresslogistik, 2019, S. 9.
12 Vgl. ebd., S. 9.
13 Vgl. ebd., S. 9.
14 Vgl. ebd., S. 9.
15 Vgl. Cardeneo, Andreas: Kurier-, Express- und Paketdienste, in: Kai Furmans / Horst Tempelmeier / Axel Kuhn / Heinz Isermann / Dieter Arnold (Hrsg.), Handbuch Logistik, 3., Berlin Heidelberg, Deutschland: Springer-Verlag, 2008, S. 783.
16 Vgl. Cardeneo, 2008, S. 783.
17 Vgl. ebd., S. 784.
18 Vgl. Metzler, Ute: Anwendungsbereiche der Transportplanung, in: Uwe Clausen / Christiane Geiger (Hrsg.), Verkehrs- und Transportlogistik, 2. Aufl., Berlin, Deutschland: Springer Vieweg, 2013, S. 287.
19 Vgl. Borgfeld, 2019.
20 Vgl. Rumscheidt, Sabine: Die letzte Meile als Herausforderung für den Handel, in: ifo Schnelldienst, Jg. 72, Nr. 1, 2019, [online] https://www.ifo.de/DocDL/sd-2019-01-2019-01-10.pdf, S. 47.
21 Vgl. ebd., S. 46f.
22 Vgl. Rumscheidt, 2019, S. 47.
23 Vgl. ebd., S. 47.
24 Vgl. Brabänder, Christian: Die Letzte Meile: Definition, Prozess, Kostenrechnung und Gestaltungsfelder, Wiesbaden, Deutschland: Springer Gabler, 2020, S. 23-28.
25 Vgl. Brabänder, 2020, S. 45.
26 Vgl. ebd., S. 47-51.
27 Vgl. Bretzke, Wolf-Rüdiger, 1989, zitiert nach Brabänder, Christian: Die Letzte Meile: Definition, Prozess, Kostenrechnung und Gestaltungsfelder, Wiesbaden, Deutschland: Springer Gabler, 2020, S. 51.
28 Vgl. Brabänder, 2020, S. 52.
29 Vgl. Brabänder, 2020, S. 52.
30 Vgl. ebd., S. 52f.
31 Vgl. ebd., S. 52f.
32 Vgl. ebd., S. 53f.
33 Vgl. Brabänder, 2020, S. 55.
34 Vgl. ebd., S. 55f.
- Citar trabajo
- Marco Lehnhardt (Autor), 2021, Welche Chancen bringt die Crowd-Logistik? Anwendungsmöglichkeiten und Potentiale für die Zukunft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/988133
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