In dieser Hausarbeit wurde das subjektive Sicherheitsempfinden von Fahrgästen der U1 in Berlin empirisch erhoben. Die Daten wurden kartiert und vor dem Hintergrund ausgewertet, Maßnahmen zu ermitteln, die das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste an Berliner U-Bahnhöfen stärken können.
U-Bahnhöfe weisen eine wachsende mediale Präsenz auf und werden vermeintlich häufig Schauplatz krimineller Delikte. Berichte über "U-Bahn-Gangster" häufen sich, die Schlagzeilen lauten "Schon wieder Gewalt in der Berliner U-Bahn!". Die BVG, eine Institution des öffentlichen Rechts, welche die Berliner U-Bahn betreibt, wird jährlich von etwa 937 Mio. Fahrgästen genutzt. Bahnhöfe werden als Zugang zum öffentlichen Nahverkehr tagtäglich von einer großen Masse heterogener Menschen genutzt und bilden somit Dreh- und Angelpunkte des öffentlichen Lebens.
Inhalt
Einleitung
Theoretischer Hintergrund
Methodik
Empirische Ergebnisse
Anwendungsbezogene Relevanz der Ergebnisse
Fazit
Literatur
Anhang
1: Auszug der empirischen Ergebnisse
2: Streudiagram Beleuchtung/ Sicherheitsempfinden nachts
3: Streudiagramm Sauberkeitsempfinden/ Sicherheitsempfinden
4: Belichtungswerte nach Sonnenuntergang
Einleitung
U-Bahnhöfe weisen eine wachsende mediale Präsenz auf und werden vermeintlich häufig Schauplatz krimineller Delikte. Berichte über „U-Bahn-Gangster“ (vgl. Focus, 2015) häufen sich, die Schlagzeilen lauten „Schon wieder Gewalt in der Berliner U-Bahn!“ (vgl. Bild, 2016). Die BVG, eine Institution des öffentlichen Rechts, welche die Berliner U-Bahn betreibt, wird jährlich von etwa 937 Mio. Fahrgästen genutzt (vgl. Stadtentwicklung Berlin, 2013). Bahnhöfe werden als Zugang zum öffentlichen Nahverkehr tagtäglich von einer großen Masse heterogener Menschen genutzt und bilden somit Dreh- und Angelpunkte des öffentlichen Lebens.
Im Hinblick auf das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste wurde eine Gesamterhebung entlang der 13 U-Bahnstationen der U1 durchgeführt. Die U1 ist besonders geeignet, weil sie durch verschiedene Gegenden unterschiedlicher sozialer Schichten im Stadtkern Berlins führt und damit die sozialen Disparitäten Berlins repräsentiert. Folgende Stationen fährt die U1 an (Ost nach West): Warschauer Straße (Friedrichshain-Kreuzberg) - Schlesisches Tor (F.-K.) - Görlitzer Bahnhof (F.-K.) - Kottbusser Tor (F.-K.) - Prinzenstraße (F.-K.) - Hallesches Tor (F.-K.) - Möckernbrücke (F.-K.) - Gleisdreieck (F.-K.) - Kurfürstenstraße (Mitte) - Nollendorfplatz (Tempelhof-Schöneberg)- Wittenbergplatz (T.-S.) - Kurfürstendamm (Charlottenburg- Wilmersdorf) - Uhlandstraße (C.-W.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Verlauf der Linie U1 in Berlin
Quelle: http://www.spirit-of-berlin.de/transportation/u1/
Anhand des Forschungsprojektes soll das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste der Linie U1 in Berlin erhoben und analysiert werden, woraus ein (Un-)Sicherheitsgefühl resultiert. Ausgehend von den Ergebnissen dieser Arbeit sollen Handlungsempfehlungen für künftige Umbau- bzw. Umstrukturierungsmaßnahmen an innerstädtischen Bahnhöfen abgeleitet werden, um so das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste zu stärken. Somit sind die Ergebnisse von Relevanz für Entscheidungsträger wie der BVG und Planungsämter auf Stadt- und Planungsraumebene, für die Polizei und die Politik sowie für die Nutzer der öffentlichen Verkehrsbetriebe, die ggf. von verbesserten strukturellen Bedingungen profitieren würden. Auch das Image der Stadt Berlin steht in Abhängigkeit zu dem Image der Berliner Verkehrsbetriebe.
Die Hauptforschungsfrage der Arbeit lautet: Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste an Berliner U-Bahnhöfen zu stärken?
These 1: Dunkelheit und Verlassenheit rufen bei vielen Menschen Ängste hervor und müssen daher dringend vermieden werden; These 2: Mittel- und langfristig müssen Ursachen für soziale Missstände behoben und die Umgebung gestärkt werden.
Dabei stellt sich die Frage , durch welche Faktoren das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste bestimmt wird.
These 1: sowohl strukturelle Bahnhofsmerkmale als auch das Image und die soziale Lage sind gleichermaßen einflussreich; der Einflussbereich ist allerdings begrenzt, da auch die Persönlichkeit des Individuums eine Rolle spielt. Z.B. die allgemeine Ängstlichkeit, das Geschlecht oder die Ortskenntnisse; These 2: Der Soziale Index der umgebenden Planungsräume färbt sich auf das Sicherheitsempfinden am Bahnhof ab
Theoretischer Hintergrund
Zu den Themen urbane Sicherheit, Angsträume und zu Kriminalprävention im öffentlichen Raum gibt es national sowie international bereits eine große Breite an wissenschaftlichen Arbeiten, die den Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf das Sicherheitsempfinden der Menschen analysieren.
Schon die bekannte kanadische Stadtkritikerin Jane Jacobs beschäftigte sich 1961 mit ihrem Werk „The Death and Life of Great American Cities“ mit der Bedeutung der Stadtplanung im Sicherheitskontext. Jacobs hält fest, dass es in einer großstädtischen Umgebung, in der man ständig von Fremden umgeben ist, umso wichtiger ist, den Menschen ein sicheres Gefühl an öffentlichen Plätzen zu vermitteln. Wird ein Ort erst einmal als gefährlich wahrgenommen, so führe das tendenziell zur Meidung dieses Ortes. (vgl. Jacobs, 1961, S. 27 ff.) Dies hat zur Folge, dass betroffene Orte noch gefährlicher werden, da sie weniger frequentiert werden und damit weniger „Augen“ auf den Ort gerichtet sind. (vgl. ebd., S. 28)
Seitdem wurden etliche Studien und Untersuchungen zum subjektiven Sicherheitsempfinden durchgeführt. Wissenschaftler erkannten, dass sich die „reale Sicherheitslage und öffentliche Wahrnehmung [...] zum Teil erheblich unterscheiden“ (vgl. Floeting und Seidel-Schulze, 2012, S.1). Das Sicherheitsempfinden hängt weniger von der Kriminalitätsstatistik ab, als von einer Vielzahl von Variablen, wie etwa der persönlichen Erwartung, Opfer von Kriminalität zu werden und der subjektiven Einschätzung von Gefahren. Frauen und ältere Menschen fühlen sich beispielsweise laut vergangener Studien unsicherer, obwohl sie in der Realität seltener Opfer von Straftaten werden als junge Männer (vgl. Rolfes, 2008). Die generelle Kriminalitätsfurcht einer Person wird zudem von der Situation und der Umgebung beeinflusst. So ist die Unsicherheit in der Regel nachts größer. Auch die Fremdheit der Umgebung spielt eine zentrale Rolle. Je weniger eine Umgebung bekannt ist, desto größer ist die Unsicherheit in dieser. (vgl. Floeting und SeidelSchulze, 2012). Die Bewertung der unmittelbaren Umgebung zu Aspekten wie der Sauberkeit steht ebenfalls in einem Zusammenhang mit dem Sicherheitsempfinden. (vgl. Delbosc und Currie, 2012). Diese und viele weitere Kriterien werden in aktuellen Forschungen mit dem öffentlichen Nahverkehr verknüpft und untersucht. Aktuell nehmen Diskurse um die Videoüberwachung und ihre Effektivität als präventives Instrument an deutschen Bahnhöfen an Brisanz zu. (vgl. Möllers/Hälterlein, 2016). An ganzheitlichen aktuellen Untersuchungen zum Sicherheitsempfinden im öffentlichen Nahverkehr und konkret an U-Bahnhöfen im Raum Berlin mangelt es in der Wissenschaft jedoch. Hier soll diese Untersuchung anknüpfen und den bisherigen wissenschaftlichen Stand erweitern.
Methodik
Zur Erhebung der Primärdaten wurde eine Umfrage an jeder Station der 13 Stationen durchgeführt. Hierbei wurden pro Bahnhof zehn Personen befragt. Damit ergibt sich eine Grundmenge von 130 Befragten. Die Befragungen fanden im Januar 2017 sowohl zu Wochen- als auch an Wochenendtagen zwischen 11 und 16 Uhr statt. Es wurde hierbei ein heterogenes Publikum befragt, 67 männlich, 63 weiblich. Sowohl einheimische Fahrgäste als auch Touristen wurden für die Befragung berücksichtigt. Die Auswahl wurde rein zufällig getroffen. Die Erhebung zielte dabei aufgrund der schwierigen Unterscheidung für Passagiere jeweils auf das gesamte Bahnhofsgebäude ab (inkl. Gleise anderer Linien), nicht jedoch auf die Bahnhofsumgebung. Zur Erhebung wurde ein klassischer Fragebogen genutzt. Zusätzlich wurden strukturelle Gegebenheiten, die quantitativ erfasst werden konnten, selbst erhoben. Die Lux-Werte wurden mittels der Lux-Funktion eines Smartphones erfasst. Als Sekundärquelle diente der Soziale-Index aus der LOR-Datenbank der Berliner Senatsverwaltung.
Erhoben wurden folgende Daten:
Quantitativ
- Empfinden (Skala) von: Geruch, Sauberkeit und Sicherheitsgefühl tagsüber/ nachts
- Haltung (Pro/ Contra/ Neutral) zu: Videoüberwachung, Sicherheits- und Bahnhofspersonal
- Häufigkeit der Nutzung (selten, ab und zu, regelmäßig, täglich); Alter und Geschlecht
- Zählung von Kameras, Einzelhandel, Beleuchtung (nach Sonnenuntergang), Aufgänge, Gleise, Umsteigeoption, Verlauf Oberhalb/ Untergrund
Qualitativ
- Faktoren, die das individuelle Sicherheitsempfinden beeinflussen
- Gewünschte Maßnahmen zur Verbesserung des Bahnhofs
Zur Quantitativen Analyse wurde eine Skala von -3 (sehr negativ) bis +3 (sehr positiv) gewählt, wobei es keine neutrale 0 gibt.
Alle erfassten Daten wurden miteinander in Beziehung gesetzt und auf Korrelationen überprüft. Zur Erstellung der Diagramme und der Korrelationsanalysen wurde Excel verwendet. Die Erzeugung der Karten wurde zunächst mit ArcGIS und später aufgrund von technischen Störungen mit QGis durchgeführt. Dazu wurden zu den umliegenden Planungsräumen (die kleinste Ebene der LORs) der Bahnhöfe die Daten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zum Sozial-Index von 2013 entnommen. Der Sozial-Index schreibt den LORs Werte zu und klassifiziert sie. Er setzt sich zusammen aus Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Transferbezug (SGB II und XII), Kinderarmut (SGB II der unter 15-jährigen) (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, 2013).
Aus den Skalenwerten zum Sicherheitsempfinden wurden Mittelwerte errechnet und klassifiziert. Qualitative Ergebnisse wurden mittels Word-Tabellen ausgewertet.
Empirische Ergebnisse
In der Auswertung der Frage „Wie sicher fühlen Sie sich an diesem Bahnhof im Vergleich zu anderen Berliner U-Bahnhöfen?“ ist zu erkennen, dass das Sicherheitsempfinden tendenziell von West nach Ost entlang der U1 abnimmt. (vgl. Abb. 2). Dabei gibt es zwei Ausreißer. Zum einen die Prinzenstraße, die im Vergleich zu ihren Nachbarstationen öfter als „sicherer“ eingeschätzt wurde. Zum anderen die Kurfürstenstraße, die im westlichen Abschnitt negativ heraussticht. Besonders viele „weniger sicher“- Angaben haben die Stationen Kottbusser Tor (6/10) und Hallesches Tor (5/10) erhalten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste an den Bahnhöfen vergleichend zu anderen Berliner Bahnhöfen (Ost nach West) eigene Darstellung
An allen Stationen ist das Empfinden tagsüber im Mittelwert in einem positiven Bereich. An den Stationen mit Mittelwerten im niedrigeren positiven Bereich ist allerdings die Standardabweichung höher, der Mittelwert bedeutet hier also nicht, dass die Befragten einheitlich ein eher positives Empfinden hatten. Vielmehr reichen die Antworten von sehr negativ bis sehr positiv, woran deutlich wird, dass die individuellen Persönlichkeiten Gefahren sehr unterschiedlich einschätzen. An den besonders hoch bewerteten Stationen ist die Standardabweichung sehr gering, hier waren sich also die Befragten recht einig. (s. Anhang 1).
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