Die Zeit der Präsidialkabinette von 1930 bis 1933 markiert die einsetzende Phase des Untergangs der Weimarer Republik und die Vorbereitung der Nationalsozialsichten Diktatur. Thematisiert wird die Rolle Kurt von Schleichers, inwieweit sein politisches Mitwirken den demokratischen Rahmen der Weimarer Verfassung aushöhlte.
Kurt von Schleicher - erfolgreicher Totengräber oder gescheiterter Retter der Republik?
Die Zeit der Präsidialkabinette von 1930 bis 1933 markiert die einsetzende Phase des Untergangs der Weimarer Republik und die Vorbereitung der Nationalsozialsichten Diktatur. Ihr Charakteristikum war, dass sie anders als die bisherigen Minderheitskabinette in der Weimarer Republik, durch Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung am Parlament kontinuierlich vorbei regierten. Zunehmende Gesetzesbeschlüsse, die nicht über die gesetzgebende Versammlung - dem Reichstag, sondern über sogenannte Notverordnungen eingebracht wurden, weisen ihre Bedeutung zu, für die Aushöhlung der parlamentarischen Verantwortung verantwortlich zu sein und trugen zu einem Ansehensverlust der Demokratie in der Bevölkerung bei. Eingebrachte Notverordnungen über den Reichspräsidenten waren in der Weimarer Republik sicher kein Novum. In ihrer ab 1930 einsetzenden Vielzahl jedoch, sollten sie für die demokratischen Rahmenbedingungen der Weimarer Republik ein erschütterndes Ereignis sein. Die Machtfülle des in der Weimarer Reichsverfassung niedergeschriebenen monarchistischen Stellung des Reichspräsidenten, erwies sich als Fatal für die junge Republik. Mit Hindenburg war ein ehemaliger General an der Macht der in der Kombination der Artikel 25, 48 und 53 die Möglichkeit sah, seine Politik des Rechtsrucks durchzusetzen und vor Reichstagsauflösungen nicht zurückschreckte, um seine Ziele - insbesondere die Ausbootung der Sozialdemokraten aus der Regierung zu verfolgen. Die Kombination aus unverantwortlicher Machtfülle des Reichspräsidenten, Zerstrittenheit der Parteien, die in ihren Milieus verhaftet sich nicht mehr in der Lage sahen kompromissorientierte Politik zu betreiben und die ab 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise, hatten letztlich zur Folge , dass extreme antidemokratische Parteien wie die NSDAP - die vor 1930 einen Bruchteil der Stimmen bei den Reichstagswahlen einfahren konnten, salonfähig gemacht wurden und die Demokratie bedrohten.
Ein weiterer Aspekt ist sicherlich zu suchen in der nie wirklich gelungenen Unterordnung der Reichswehr in das demokratische System der Weimarer Republik. Die 1920-er weisen diesbezüglich eine Vielzahl von Beispielen auf, die zeigen, inwieweit die Reichswehr einen Staat im Staate bildete und letztlich nur durch Mühe an die Demokratie gebunden wurde. Diese ab 1928 weiter zunehmende Staatsführungsrolle der Reichswehr ist sicherlich auf die Wahl Hindenburgs 1925 zurückzuführen, dem die Demokratie von Weimar keine Herzensangelegenheit war aber auch insbesondere in der Person Kurt von Schleichers zu suchen ist.
Von Schleicher gilt in der geschichtswissenschaftlichen Forschung als neben Ebert und Co., als einer der einflussreichsten und maßgeblich die Geschicke der Weimarer Republik bestimmende Politiker: Der aus einer preußischen Adelsfamilie kommende von Schleicher, sollte schon als junger Hauptmann über außerordentlich gute Verbindungen und Personenkenntnisse verfügen, welche sich als später elementar für seine Karriere im Militär und in der Weimarer Republik erweisen sollten, in der er als Strippenzieher und Kenner der politischen Landschaft sich einen Namen machte.
Schleicher der als einer der wenigen Offiziere der Kaiserlichen Armee sich auf die Weimarer Reichsverfassung vereidigen ließ und derjungen Republik nicht ablehnend gegenüber stand, gelangte 1919 in das innenpolitische Referat „Truppenamt“ in die Nachfolgeeinrichtung des Generalstabs der Reichswehr. Er lehnte den Kap-Putsch entschieden ab und auf dem Höhepunkt der Staatskrise im Jahr 1923 war Schleicher derjenige, der den Chef des Truppenamtes - von Seeckt, von Alleingängen ohne die Reichsregierung abriet. Seine Abteilung wurde zur Schaltstelle innenpolitischer Maßnahmen, als Friedrich Ebert die vollziehende Gewalt auf General von Seeckt übertrug. Diese Erfahrungen von positiven Maßnahmen auf die Inflation und des Abbruchs des Ruhrkampfes durch den vom Reichspräsidenten gebilligten Notverordnungen und der Umgehung des Reichstags sollten für von Schleicher als gutes Beispiel autoritärer Krisenbekämpfung im Gedächtnis bleiben. Auch hier erwies sich von Schleicher als verfassungstreu und der Republik zugetan. Er riet von Seeckt dringend dazu, die vollziehende Gewalt im Frühjahr 1924 an Reichspräsident Ebert zurückzugeben, den Schleicher zu schätzen wusste.
Mit dem Tod von Friedrich Ebert im Jahr 1925 ließ von Schleicher seine Unterstützung von Seeckts als kommenden Reichspräsidenten fallen - von Schleicher hatte ihm seine Unterstützung zugesagt und von Seeckt abgerungen auf eine Militärdiktatur zu verzichten. Statt dessen unterstützte er die Kandidatur von Hindenburgs - zweifelsfrei erhoffte er sich durch seine Unterstützung auf einen positiven Ausgang einen weiteren Karriereschub.
Die gute Beziehung zu dessen Sohn Oskar, sollte für von Schleicher die Tür zu Hindenburgs Beraterstab - die sogenannte Kamarilla, werden. Seeckts der bei Hindenburg in Verruf geworden war durch die Einladung des Kronprinzen zu einem Truppenmanöver, musste durch den Reichswehrminister Otto Geßlers zurücktreten. Zwar war von Schleicher nicht aktiv an Seeckts Entlassung eingebunden, doch ohne sein gutes Verhältnis zu Hindenburg und seine zunehmende Distanz in politischen Fragen zu Seeckts wäre diese Entlassung nicht möglich gewesen. Als auch Geßler Anfang 1928 zurücktrat, verdankte der folgende Reichswehrminister General Groener von Schleicher den Posten.
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- Thibaut Rivière (Autor), 2019, Kurt von Schleicher. Erfolgreicher Totengräber oder gescheiterter Retter der Republik?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/985503