In der vorliegenden Arbeit sollen die jeweiligen Pflichten sowie umsatzsteuerlichen Besonderheiten grenzüberschreitender Warenlieferungen, im Hinblick auf die Rechnungsstellung, dargestellt und erläutert werden. Die Lieferung von Waren erfolgt dabei stets aus der Sicht eines deutschen Unternehmens, mit Anwendung nationalen Rechts, welches Waren aus dem Inland in das Ausland befördert oder versendet. Es werden hauptsächlich regelmäßige grenzüberschreitende Warenlieferungen begutachtet. Lieferungen neuer Fahrzeuge sowie verbrauchsteuerpflichtige Waren bleiben größtenteils außer Acht.
Im Zuge der Harmonisierung des EU-Binnenmarktes sowie einer allgemein stetig voranschreitenden Globalisierung gehört der internationale Warenverkehr mittlerweile zum Tagesgeschäft für viele Unternehmen. Als Gründe können hierfür eine Symbiose aus Preiskampf und Wettbewerbsdruck auf der einen Seite sowie eine potentiell größere Anzahl an Kunden bzw. Lieferanten auf der anderen Seite angesehen werden. Aus umsatzsteuerlicher Sicht müssen für grenzüberschreitende Warenlieferungen einige besondere Regelungen beachtet werden. Gerade für mittelständische deutsche Unternehmen, die ihre Beziehungen in das Ausland erst aufgenommen haben oder nur gelegentlich Waren in das Ausland liefern, können diese Regelungen zu Fehlern in der Rechnungsstellung führen. Im Vergleich zu „Global Playern“ wie z. B. die deutschen Autokonzerne Volkswagen, Daimler oder BMW, besitzen Unternehmen im deutschen Mittelstand häufig nicht das notwendige „Know-how“ oder eine zuständige Fachabteilung in ihrem Unternehmen, um umsatzsteuerliche Sachverhalte im grenzüberschreitenden Warenverkehr korrekt zu deuten. Eine falsche Rechnungsstellung kann durch eine Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27 Buchst. b UStG oder eine Außenprüfung gemäß § 193 ff. AO durch das Finanzamt zu erheblichen Umsatzsteuer-Nachzahlungen führen. Dies kann für mittelständische Unternehmen ein hohes finanzielles Risiko darstellen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Zielsetzung der Arbeit
2 Der Mittelstand - Motor der deutschen Volkswirtschaft
2.1 Definition des Mittelstands
2.1.1 Quantitative Kriterien
2.1.2 Qualitative Kriterien
2.2 Wirtschaftliche Bedeutung
2.2.1 Nationale Bedeutung
2.2.2 Internationale Bedeutung
2.3 Ausblick
3 Ausstellung von Rechnungen
3.1 Grundlagen
3.2 Anforderungen
3.2.1 Echtheit der Herkunft
3.2.2 Unversehrtheit des Inhalts
3.2.3 Lesbarkeit der Rechnung
3.3 Berechtigung und Verpflichtung zur Rechnungsausstellung
3.4 Pflichtangaben
3.5 Vereinfachungen und Rechnungsberichtigung
4 Grenzüberschreitender Warenverkehr
4.1 Steuerfreie Warenlieferungen in das Drittland
4.1.1 Voraussetzungen
4.1.2 Nachweispflichten
4.1.3 Vorsteuerabzug
4.1.4 Rechnungstellung
4.2 Innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer
4.2.1 Voraussetzungen
4.2.2 Nachweispflichten
4.2.3 Sonstige Erklärungs- und Meldepflichten
4.2.4 Vorsteuerabzug
4.2.5 Rechnungstellung
4.3 Innergemeinschaftliche Lieferungen an Nichtunternehmer
4.3.1 Anwendungsbereich
4.3.2 Umsatzsteuerliche Behandlung
4.3.3 Rechnungstellung
4.4 Konsignationslager in der europäischen Union
4.4.1 Innergemeinschaftliches Verbringen
4.4.2 Lieferung der Ware
4.4.3 Rechnungstellung
4.4.4 Vereinfachungsregeln
5 Grenzüberschreitende Reihengeschäfte
5.1 Grundlagen
5.2 Voraussetzungen
5.2.1 Mehrere Unternehmer
5.2.2 Gegenstand
5.2.3 Mehrere Umsatzgeschäfte
5.2.4 Unmittelbares Gelangen
5.2.5 Grenzüberschreitung
5.3 Umsatzsteuerliche Folgen
5.4 Zuordnung der Warenbewegung
5.4.1 Warenbewegung durch den ersten Lieferer
5.4.2 Warenbewegung durch den letzten Abnehmer
5.4.3 Warenbewegung durch den mittleren Abnehmer
5.5 Folgen für die Rechnungstellung
6 Spezialfall: Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte
6.1 Merkmale
6.2 Voraussetzungen
6.2.1 Beteiligung von drei Unternehmen
6.2.2 Steuerliche Erfassung in verschiedenen Mitgliedstaaten
6.2.3 Grenzüberschreitende Warenbewegung
6.2.4 Warenbewegung durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer
6.3 Rechtsfolgen
6.3.1 Übertragung der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer
6.3.2 Innergemeinschaftlicher Erwerb des letzten Abnehmers
6.3.3 Besonderheiten bei der Rechnungstellung
6.3.4 Bemessungsgrundlage
6.3.5 Besondere Aufzeichnungspflichten
7 Unrichtiger Steuerausweis
7.1 Grundlagen
7.2 Zu hoher Steuerbetrag
7.3 Steuerausweis bei steuerfreien Leistungen
7.4 Zu niedriger Steuerbetrag
7.5 Rechtsfolgen des unrichtigen Steuerausweises
8 Fazit und Empfehlung
Anhangsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Zielsetzung der Arbeit
Im Zuge der Harmonisierung des EU-Binnenmarktes sowie einer allgemein stetig voranschreitenden Globalisierung gehört der internationale Warenverkehr mittlerweile zum Tagesgeschäft für viele Unternehmen. Als Gründe können hierfür eine Symbiose aus Preiskampf und Wettbewerbsdruck auf der einen Seite sowie eine potentiell größere Anzahl an Kunden bzw. Lieferanten auf der anderen Seite angesehen werden.1 Aus umsatzsteuerlicher Sicht müssen für grenzüberschreitende Warenlieferungen einige besondere Regelungen beachtet werden. Gerade für mittelständische deutsche Unternehmen, die ihre Beziehungen in das Ausland erst aufgenommen haben oder nur gelegentlich Waren in das Ausland liefern, können diese Regelungen zu Fehlern in der Rechnungstellung führen. Im Vergleich zu „Global Playern" wie z. B. die deutschen Autokonzerne Volkswagen, Daimler oder BMW, besitzen Unternehmen im deutschen Mittelstand häufig nicht das notwendige „Know-how" oder eine zuständige Fachabteilung in ihrem Unternehmen, um umsatzsteuerliche Sachverhalte im grenzüberschreitenden Warenverkehr korrekt zu deuten. Eine falsche Rechnungstellung kann durch eine Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27 Buchst. b UStG oder eine Außenprüfung gemäß § 193 ff. AO durch das Finanzamt zu erheblichen Umsatzsteuer-Nachzahlungen führen. Dies kann für mittelständische Unternehmen ein hohes finanzielles Risiko darstellen.
In der vorliegenden Arbeit sollen die jeweiligen Pflichten sowie umsatzsteuerlichen Besonderheiten grenzüberschreitender Warenlieferungen, im Hinblick auf die Rechnungstellung, dargestellt und erläutert werden. Die Lieferung von Waren erfolgt dabei stets aus der Sicht eines deutschen Unternehmens, mit Anwendung nationalen Rechts, welches Waren aus dem Inland in das Ausland befördert oder versendet. Es werden hauptsächlich regelmäßige grenzüberschreitende Warenlieferungen begutachtet. Lieferungen neuer Fahrzeuge sowie verbrauchsteuerpflichtige Waren bleiben größtenteils außer Acht.
2 Der Mittelstand - Motor der deutschen Volkswirtschaft
2.1 Definition des Mittelstands
Der Begriff „Mittelstand" wird häufig von Politikern, den Behörden, den Medien oder den Banken verwendet.2 Dabei besteht weder eine gesetzliche noch eine allgemein gültige Definition für den Mittelstand.3 Vielmehr kann er als Überbegriff angesehen werden und beinhaltet die Kleinstunterneh- men, kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland, auch KMU genannt.4 Eine Abgrenzung mittelständischer Unternehmen von internationalen Konzernunternehmen erfolgt dabei durch quantitative als auch qualitative Kriterien.5 Nach Meinung des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn können die Begriffe Mittelstand, Familienunternehmen, Eigentümerunternehmen und familiengeführte Unternehmen als Synonyme angesehen werden.6
2.1.1 Quantitative Kriterien
Eine Abgrenzung nach quantitativen Merkmalen erfolgt über betriebswirtschaftliche Kennzahlen.7 8 9 Es können verschiedene KMU-Definitionen herangezogen werden. Die bekannteste deutsche KMU-Definition liefert das IfM Bonn. Nach quantitativen Kriterien spricht man von einem mittelständischen Unternehmen, wenn die Zahl der Beschäftigten die Grenze von 500 Mitarbeitern nicht überschreitet und der jährliche Umsatz des Unternehmens maximal 50 Millionen € beträgt.8 9 Die Europäische Kommission bedient sich ebenso quantitativer Kriterien, um die Unternehmensgruppen voneinander zu trennen.10 11 12 Danach zählt ein Unternehmen zum Mittelstand, wenn es weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erwirtschaftet oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro ausweist.11 12
2.1.2 Qualitative Kriterien
Mit der qualitativen Abgrenzung wird über einen Merkmalskatalog versucht den Mittelstand zu definieren.13 Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Besitz- und Leitungsstrukturen. Ein Unternehmen kann sich grundsätzlich entweder im Eigentümer- oder im Fremdbesitz befinden. Dazu kann ein Unternehmen durch den oder die Eigentümer bzw. durch ein Fremdmanagement geleitet werden.14 Für das IfM Bonn definiert sich der Mittelstand nach qualitativen Gesichtspunkten durch die Einheit von Eigentum und Leitung. Halten bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienangehörige, direkt oder indirekt, mindestens 50% der Anteile eines Unternehmens und gehören gleichzeitig noch der Geschäftsführung an, dann spricht das IfM Bonn von einem mittelständischen Unternehmen nach qualitativen Gesichtspunkten. Qualitative Kriterien sind dabei den quantitativen Kriterien vorzuziehen. Ein Unternehmen, welches mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigt oder einen größeren Jahresumsatz als 50 Millionen Euro pro Jahr erzielt, kann trotzdem dem Mittelstand zugerechnet werden, wenn es den qualitativen Kriterien entspricht. KMU, auf die beispielsweise ein beherrschender Einfluss gemäß § 290 Abs. 1 S. 1 HGB ausgeübt wird, erfüllen hingegen die Mittelstandsdefinition nicht.15
Insgesamt bestehen einige Möglichkeiten, die qualitativen Kriterien unterschiedlich streng oder weitgefasst zu interpretieren.
2.2 Wirtschaftliche Bedeutung
Welche zentrale Rolle von mittelständischen Unternehmen bzw. den KMU für die deutsche Volkswirtschaft ausgeht, wird von der Politik immer wieder betont. Diese Behauptung soll durch statistische Befunde belegt werden.16 Als Ausgangspunkt dient die KMU-Definition des IfM Bonn. Es werden dabei die quantitativen Größenklassenkriterien berücksichtigt. Die qualitativen Kriterien sind aus den amtlichen Statistiken nur unzureichend ablesbar.17
2.2.1 Nationale Bedeutung
Für das Jahr 2016 geht das IfM Bonn von ca. 3,5 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland aus, die insgesamt ca. 29,5 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen.18 Das Unternehmensregister des Statistischen Bundesamtes dient dabei als Datenbasis.19 20 21 Folgende Daten werden für KMU in Deutschland aufgelistet:
- Die KMU umfassen 99,5% aller Unternehmen mit Umsatz aus Lieferungen und Leistungen,
- KMU erzielen mit 2,27 Billionen Euro insgesamt 35,3% des gesamten Umsatzes,
- KMU beschäftigen 17,18 Millionen Arbeitnehmer, dies entspricht 58,3% aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten,
- KMU bilden 82% aller Auszubildenden aus,
- KMU erwirtschaften 53,5% zur gesamten Nettowertschöpfung aller Unternehmen in Deutschland.20 21
Der deutsche Mittelstand nach KMU-Definition des IfM Bonn umfasst somit nicht nur fast alle Unternehmen in Deutschland, sondern ist auch Hauptarbeitgeber in Deutschland.
2.2.2 Internationale Bedeutung
Mit Hilfe der Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamts hat das IfM Bonn die Anzahl der Exportunternehmen in Deutschland nach Umsatzgrößenklassen für das Jahr 2016 ermittelt. So haben laut IfM Bonn insgesamt ca. 356.000 Unternehmen Exportumsätze erzielt. Damit ergeben sich folgende Daten für den Mittelstand in Deutschland:
- Die KMU umfassen mit 346.400 Unternehmen insgesamt 97,3% der Unternehmen mit Exportumsätzen.22
- KMU erwirtschafteten einen Exportumsatz von 208,2 Milliarden Euro mit dem Ausland, dies entspricht einem Anteil von 17,0%.23
- KMU erzielten durchschnittlich 9,2% ihrer Umsätze mit dem Ausland.
Die Bedeutung der Exportaktivitäten von KMU auf Basis der Umsatzsteuerstatistik werden allerdings unterschätzt. Bezogen auf Europa werden Exporte mit geringem Warenwert oder Lieferungen an Privatpersonen nicht erfasst. Des Weiteren wird ein erheblicher Teil der Dienstleistungsexporte ebenfalls nicht berücksichtigt.24
2.3 Ausblick
In der Dekade 2005 bis 2015 stieg die Anzahl an Unternehmen mit Auslandsaktivitäten, auch die des Mittelstands, ungebrochen. Der Umfang der ansteigenden Internationalisierung unterliegt zwar krisenbedingten konjunkturellen Schwankungen, wie z. B. während der Weltwirtschaftskrise im Jahreszeitraum von 2008 bis 2009, der Trend zur Internationalisierung im Mittelstand besteht aber weiterhin.25 Deutschland ist in viele europäische und transatlantische Handels- und Produktionsnetzwerke verflochten und profitiert von dieser Vernetzung nachhaltig. Unternehmen aus dem deutschen Mittelstand bieten in vielen Bereichen Spitzenleistungen, für die international großes Marktpotenzial herrscht. Die Globalisierung wird weiter voranschreiten, dabei bietet die internationale Weltwirtschaft ungeahnte Chancen nicht nur für Großunternehmen, sondern gerade auch für den Mittelstand.26
3 Ausstellung von Rechnungen
3.1 Grundlagen
Eine Rechnung dient im Handelsverkehr den beiden Geschäftspartnern, dem liefernden Unternehmer und dem Leistungsempfänger, als Buchungs- beleg.27 Aus umsatzsteuerlicher Sicht bezeichnet eine Rechnung gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 UStG jedes Dokument mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Dabei ist es völlig irrelevant wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.28 Eine Rechnung selbst berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG. Vielmehr dient sie als formelle Voraussetzung für die Ausübung des Vorsteuerabzugs. Im Gegensatz zu einem Kaufvertrag nach § 433 BGB werden bei Rechnungen keine rechtserheblichen Willenserklärungen abgegeben. Im Regelfall werden keine Rechtsfolgen ausgelöst, sondern lediglich dem Käufer gegenüber bereits bekannte Fakten festgehalten und mitgeteilt.29
3.2 Anforderungen
§ 14 Abs. 1 S. 2 bis 6 UStG nennt Anforderungen an eine Rechnung, die durch das StVereinfG vom 01.11.2011 rückwirkend zum 01.07.2011 formuliert wurden. Zweck ist es, die Anforderungen von Papier- und elektronischen Rechnungen i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 8 UStG gleichzustellen. Die Anforderungen an Rechnungen im Papierformat sind bereits nach den bestehenden Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung zu gewährleisten.30
3.2.1 Echtheit der Herkunft
Nach § 14 Abs. 1 S. 3 UStG muss die Echtheit der Herkunft der Rechnung gewährleistet werden. Damit meint die Vorschrift die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers, also des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfängers im Falle einer Gutschrift.31
3.2.2 Unversehrtheit des Inhalts
Der Inhalt einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 UStG muss unversehrt sein. Dies bedeutet, dass die nach dem UStG erforderlichen Angaben während der Übermittlung der Rechnung nicht geändert werden.32 Empfehlenswert ist es, eine Rechnung, direkt nach Zugang mit Hilfe eines Archivsystems oder einer Arbeitsanweisung, in einen unveränderbaren Zustand zu überführen.33
3.2.3 Lesbarkeit der Rechnung
Die in § 14 Abs. 1 S. 2 und S. 5 UStG erwähnte Anforderung der Lesbarkeit der Rechnung wird im UStG nicht näher umschrieben. Für Rechnungen im Papierformat gilt die Lesbarkeit jedoch als Selbstverständlichkeit. Für gleichgestellte elektronische Rechnungen muss folglich das gleiche gelten. In welcher Weise die Anforderungen an eine Rechnung gewährleistet werden, legt jeder Unternehmer nach § 14 Abs. 1 S. 5 UStG selbst fest.34
3.3 Berechtigung und Verpflichtung zur Rechnungsausstellung
Nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG ist ein Unternehmer berechtigt, für steuerbare Leistungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG eine Rechnung auszustellen. An wen der Unternehmer leistet, ist für die Berechtigung irrelevant, nicht aber für die Verpflichtung. Die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung ergab sich bis zum Jahr 2003 nur „auf Verlangen" des Leistungsempfängers, wenn dieser Unternehmer war. Folglich war die Verpflichtung eine zivilrechtliche Nebenpflicht aus dem Schuldverhältnis. Mittlerweile zwingt der Steuergesetzgeber nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG leistende Unternehmer zur Ausstellung einer Rechnung.35 Die Rechnung erfüllt dabei vor allem eine Kontrollfunktion für die Finanzämter.36
3.4 Pflichtangaben
Mit § 14 Abs. 4 S. 1 UStG werden alle Angaben aufgezählt, die eine Rechnung aus umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten beinhalten muss. Für Spezialfälle wie z. B. grenzüberschreitende Sachverhalte oder besondere Besteuerungsformen finden sich in § 14 Buchst. a UStG Sondervorschriften zu den einzelnen Rechnungsangaben. Ergänzend zu § 14 Abs. 4 UStG bestimmt § 31 Abs. 1 bis 4 UStDV verschiedene Vereinfachungen für die Erfüllung der Rechnungsangaben.37 Eine Rechnung muss nachfolgende Angaben nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 10 enthalten:
- Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
- die Steuernummer oder USt-IdNr. des leistenden Unternehmers,
- das Ausstellungsdatum,
- die fortlaufende Rechnungsnummer,
- die handelsübliche Bezeichnung der Ware,
- den Zeitpunkt der Leistung und Vereinnahmung des Entgelts,
- den Steuersatz und den Steuerbetrag oder einen Hinweis auf eine Steuerbefreiung,
- einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers bei der Ausführung einer steuerpflichtigen Werkslieferung sowie
- bei der Ausstellung einer Rechnung durch den Leistungsempfänger gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 UStG die Angabe „Gutschrift".38
Die genannten Pflichtangaben gelten nur für Rechnungen an andere Unternehmer oder an juristische Personen, soweit sie nicht Unternehmer sind, sowie an Leistungsempfänger, die in § 14 Buchst. a UStG bezeichnet sind. Besondere Bedeutung haben die Pflichtangaben in Hinblick auf Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis, da fehlende Angaben zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen können, sofern nicht die materiellen Voraussetzungen aus der Sicht des Finanzamts für den Vorsteuerabzug vorliegen.39
3.5 Vereinfachungen und Rechnungsberichtigung
§ 14 Abs. 6 UStG ermächtigt das BMF, mit Zustimmung des Bundesrates, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen Dokumente als Rechnung anerkannt werden können.40 Mit den §§ 31 bis 34 UStDV hat das BMF von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Beispielsweise können die nach § 14 Abs. 4 S. 1 UStG erforderlichen Pflichtangaben in einer Rechnung sich insgesamt aus mehreren Dokumenten ergeben oder bestimmte Rechnungen müssen nicht alle Pflichtangaben enthalten.41
Enthält eine Rechnung nicht alle Pflichtangaben kann sie gemäß § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt werden. Dabei müssen die fehlenden oder unzutreffenden Angaben ergänzt bzw. berichtigt werden. Eine Berichtigung muss durch ein Dokument erfolgen, welches spezifisch und unmissverständlich auf die fehlerhafte Rechnung bezogen ist. Die formalen Anforderungen der §§ 14 und 14 Buchst. a UStG müssen von dem Dokument, mit dem die Berichtigung durchgeführt werden soll, erfüllt werden.42
4 Grenzüberschreitender Warenverkehr
4.1 Steuerfreie Warenlieferungen in das Drittland
Zur Gewährung der Wettbewerbsneutralität richtet sich die Besteuerung bei Warenlieferungen in das Drittland nach dem Bestimmungslandprinzip. Folglich können Unternehmen, die Warenlieferungen von Deutschland in das Drittlandsgebiet ausführen, diese steuerfrei gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG als sog. Ausfuhrlieferungen i. S. d. § 6 UStG abrechnen. Im Bestimmungsland kann daraufhin nach den dortigen Regelungen eine Besteuerung erfolgen, die der Besteuerung der lokalen Anbieter entspricht.43 Die Steuerfreiheit ist dabei an die nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen geknüpft.
4.1.1 Voraussetzungen
4.1.1.1 Steuerbare Lieferung
Eine steuerfreie Ausfuhrlieferung kann nur in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen einer steuerbaren Lieferung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr.1 UStG erfüllt sind. Dafür muss eine Lieferung i. S. d. § 3 Abs.1 UStG vorliegen, die ein Unternehmer gemäß § 2 UStG im Inland nach § 1 Abs. 2 S. 1 UStG gegen Entgelt gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 UStG im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Für nicht steuerbare Umsätze kommt keine Steuerbefreiung in Betracht.44
Eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG liegt vor, wenn ein Leistender einem Leistungsempfänger die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft. Somit wird der Begriff der Lieferung von zwei Bestandteilen, dem Liefergegenstand und der Verschaffung der Verfügungsmacht geprägt.45 Anders als im BGB sind Gegenstände i. S. d. Umsatzsteuergesetzes nur bewegliche und unbewegliche Sachen, nicht aber Rechte, Berechtigungen und sonstige Vorteile. Patente, Urheberrechte, Forderungen, Vertragsverhältnisse usw. können nicht geliefert werden. Zu den Sachen gehören im engeren Sinne auch Elektrizität, Wärme, Kälte und alle weiteren Arten von Energieträgern.46 Mit „Verschaffung der Verfügungsmacht“ ist ein Vorgang tatsächlicher Art bezeichnet, bei dem der Lieferer dem Abnehmer Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand unbedingt und endgültig überträgt. Ausschlaggebend ist hierbei die Befähigung, nicht die Berechtigung.47 Eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit des Erwerbers auf den gelieferten Gegenstand ist nicht notwendige Voraussetzung für eine Lieferung.48 Eine Sonstige Leistung nach § 3 Abs.9 UStG kann keine steuerfreie Ausfuhrlieferung sein.49 Bei Kommissionsgeschäften liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor, die ebenfalls eine steuerbefreite Ausfuhrlieferung sein kann.50 Werklieferungen nach § 3 Abs. 4 UStG können ebenfalls als Lieferungen angesehen werden, wenn es sich bei den bearbeiteten oder verarbeiteten Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Verwendet der Unternehmer bei seiner Leistung keinerlei selbst beschaffte Stoffe oder nur Stoffe, die als Zutaten oder sonstige Nebensachen identifiziert werden können, handelt es sich um eine Werkleistung, für die die Anwendung einer Steuerbefreiung durch Ausfuhrlieferung nach § 6 UStG ausscheidet.51 Bei sog. Reihengeschäften können ebenfalls Ausfuhrlieferungen auftreten.52
Steuerfreie Ausfuhrlieferungen können nur Unternehmen nach § 2 UStG im Rahmen ihres Unternehmens durchführen. Dies hat zur Folge, dass Ausfuhren durch Privatpersonen oder für nichtunternehmerische Zwecke sowie unentgeltliche Lieferungen keine Ausfuhrlieferungen sein können und damit in Deutschland nicht steuerbar sind.53 Der Leistungsort der Lieferung muss im Inland liegen. Werden die Lieferungen als im Drittland ausgeführt betrachtet, fehlt es bereits an der Steuerbarkeit, so dass die Frage nach der Steuerbefreiung sich nicht mehr stellt. Der Ort der Lieferung richtet sich nach § 3 Abs. 5 Buchst. a vorbehaltlich der §§ 3 Buchst. c, 3 Buchst. e, 3 Buchst. f und 3 Buchst. g nach den Absätzen 6 bis 8 UStG.54
4.1.1.2 Ausfuhr in das Drittlandgebiet
Des Weiteren ist die tatsächliche Ausfuhr in das Drittland entscheidend. Die Waren müssen notwendigerweise in das Drittlandgebiet gelangen. Drittland wird in § 1 Abs. 2 Buchst. a UStG negativ definiert.55 Es handelt sich dabei um dasjenige Gebiet, welches nicht zum Gemeinschaftsgebiet der Europäischen Union gehört. Folglich um alle Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören. Zusätzlich werden bestimmte Hoheitsgebiete von EU- Mitgliedstaaten ausdrücklich vom Steuergebiet der EU entfernt. Folge daraus ist, dass eine Ausfuhrlieferung vorliegen kann, wenn die Ware in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete gelangt. Darunter zählen Freihäfen und Gewässer und Watte zwischen Hoheitsgrenze und Strandlinie.56
4.1.1.3 Alternativen der steuerfreien Ausfuhrlieferung
Die erste der drei Alternativen einer steuerfreien Ausfuhrlieferung befasst sich nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG mit der Ausfuhrlieferung durch das Unternehmen selbst. Dabei muss der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, befördern oder versenden.57
Alternative zwei umfasst die Abholung durch einen ausländischen Abnehmer nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG. Ausländischer Abnehmer wird in § 6 Abs. 2 UStG genauer definiert. Es handelt sich dabei um eine Person mit Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete. Der ausländische Abnehmer muss dabei kein Unternehmer sein. Er muss auch kein Abnehmer aus dem Drittland sein. „Ausland" bezeichnet nach § 1 Abs. 2 S. 2 UStG das Gebiet, welches nicht zum Inland gehört. Nichtsdestotrotz muss der Gegenstand der Lieferung aber in das Drittlandgebiet gelangen.58
Die letzte der drei Alternativen behandelt die Sonderregelung für die in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 UStG. Diese Lieferungen sind grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 Nr.3 Buchst. a UStG nur dann steuerfreie Ausfuhrlieferungen, wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nr. 8 bis 27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll. Trifft dies nicht zu, setzt die Befreiung voraus, dass der Abnehmer ein ausländischer Abnehmer i. S. d. § 6 Abs. 2 UStG ist und der Gegenstand der Lieferung letztendlich in das übrige Drittlandgebiet gelangt.59 60
4.1.2 Nachweispflichten
Die Voraussetzungen für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung müssen vom Lieferer gemäß § 6 Abs. 4 S. 1 UStG nachgewiesen werden. § 6 Abs. 4 S. 2 UStG ermächtigt das BMF mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wie der liefernde Unternehmer die Nachweise zu führen hat. Details sind in den §§ 8 bis 11, 13 und 17 UStDV geregelt. Sowohl ein Ausfuhrnachweis als auch ein Buchnachweis müssen dabei geführt werden.59 60 61
4.1.2.1 Ausfuhrnachweis
Die Vorgaben zum Ausfuhrnachweis sind seit dem 01.01.2012 als Mussvorschriften ausgestaltet worden. Bis dahin regelte die UStDV den notwendigen Ausfuhrnachweis noch in Form von Sollvorschriften. Die UStDV unterscheidet bei dem Ausfuhrnachweis drei unterschiedliche Ausfuhrlieferungen:
- Ausfuhrlieferungen in Beförderungsfällen nach § 9 UStDV, bei denen der Lieferer oder Abnehmer den Gegenstand befördert.
- Ausfuhrlieferungen in Versendungsfällen nach § 10 UStDV, bei denen der Lieferer oder Abnehmer einen Dritten mit dem Transport des Gegenstands beauftragt.
- Ausfuhrlieferungen in Bearbeitungs- und Verarbeitungsfällen nach § 11 UStDV, bei denen ein Beauftragter den Gegenstand der Lieferung vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet hat.
Seit dem 01.07.2009 wurden die bisherige schriftliche Ausfuhranmeldung durch eine elektronische Ausfuhranmeldung ersetzt. In Deutschland steht dafür das IT-System ATLAS-Ausfuhr zur Verfügung. Bis auf wenige Ausnahmen bestehen für alle Anmeldungen, unabhängig vom Beförderungsweg, die Pflicht zur Abgabe in elektronischer Form. Der Anmelder der Ausfuhr erhält nach Ausfuhranmeldung bei der zuständigen Binnenzollstelle und nach registriertem Grenzübertritt der Ware eine elektronische Ausfuhrbestätigung.62
4.1.2.2 Buchnachweis
Neben dem Ausfuhrnachweis hat der Unternehmer die Ausfuhr auch buchmäßig nachzuweisen. Der sog. Buchnachweis ist in § 13 UStDV geregelt. Demnach müssen die buchmäßig nachzuweisenden Voraussetzungen einer steuerfreien Ausfuhrlieferung eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein. Daraus ergibt sich, dass die erforderlichen Aufzeichnungen laufend und unmittelbar nach Ausführung des jeweiligen Umsatzes vorgenommen werden müssen. Den buchmäßigen Nachweis der steuerfreien Ausfuhrlieferung muss der Unternehmer bis zu dem Zeitpunkt führen, zu dem er die Umsatzsteuer-Voranmeldung für die Ausfuhrlieferung abzugeben hat.63 Fehlen dem Unternehmer die aufzeichnungspflichtigen Informationen zu diesem Zeitpunkt, muss er den Umsatz bis zum Vorliegen der Informationen als steuerpflichtig behandeln.64 Fehlerhafte oder fehlende Aufzeichnungen eines rechtzeitig erbrachten Buchnachweises kann der Unternehmer bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht ergänzen oder berichtigen.65
4.1.3 Vorsteuerabzug
Ausfuhrlieferungen gemäß § 6 UStG, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG umsatzsteuerbefreit sind, gewähren das Recht zum Vorsteuerabzug.66 Dieser Vorgang kann zu einer völligen Entlastung der Umsätze von der Umsatzsteuer führen und kann damit auch als sog. „echte Steuerbefreiung" angesehen werden. Die Ausgangsumsätze sind steuerfrei, gleichzeitig hat ein Unternehmer die Möglichkeit, die auf die Einfuhr liegende Umsatzsteuer als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG abzuziehen. Für Privatpersonen besteht diese Möglichkeit nicht, da diese nicht das Recht auf einen Vorsteuerabzug besitzen. Für die Einfuhr von Gegenständen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, ist zwar gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 UStG der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, jedoch schafft § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG eine Ausnahme, wodurch für die Einfuhr ein Vorsteuerabzug für Unternehmer möglich ist.67 68 69
4.1.4 Rechnungstellung
Generell erfolgt das Ausstellen von Rechnungen nach den Vorgaben des §§ 14 bzw. 14 Buchst. a UStG. Erfüllt eine Warenlieferung die beschriebenen Voraussetzungen sowie Nachweispflichten einer steuerfreien Ausfuhrlieferung, dann ist nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 UStG auf die Steuerbefreiung hinzuweisen. Der Unternehmer muss bei dem Hinweis auf die Steuerbefreiung nicht die entsprechende Vorschrift des UStG oder der MwStSystRL nennen. Allerdings soll die Rechnung einen Hinweis auf den Grund der Steuerbefreiung enthalten. Eine Angabe in umgangssprachlicher Form reicht dabei aus. Die Formulierung eines solchen Hinweises kann z B. folgendermaßen aussehen:
- Ausfuhr,
- Steuerfreie Ausfuhrlieferung oder
- Steuerfreier Export.68 69
4.2 Innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer
Mit der Einführung des Binnenmarktes und Aufhebung der Grenzkontrollen für den internationalen Warenverkehr innerhalb der EU musste ein allgemeingültiges System beschlossen werden, um die Besteuerung der länderübergreifenden Warenbewegung sicherzustellen. Nachdem es politisch nicht durchsetzbar erschien, die Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip vorzunehmen, gilt simultan zu den Ausfuhrlieferungen gemäß § 6 UStG das Bestimmungslandprinzip. Zu diesem Zweck wurde das ursprünglich als Übergangsregelung titulierte und mittlerweile als endgültiges Konzept anerkannte System der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 6 Buchst. a UStG sowie des steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 1 Buchst. a UStG eingeführt. Dieser Mechanismus zeichnet sich seither dadurch aus, dass ohne Grenzkontrollen nunmehr die Unternehmen selbst für den Nachweis der Steuerfreiheit gefordert sind.70
4.2.1 Voraussetzungen
4.2.1.1 Steuerbare Lieferung
Eine innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6 Buchst. a UStG kann nur steuerbefreit nach § 4 Nr. 1 Buchst. b sein, wenn die grundlegenden Tatbestandsmerkmale einer steuerbaren Lieferung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG erfüllt sind.71 Identisch zur Ausfuhrlieferung muss bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Lieferung eines körperlichen Gegenstandes erfolgen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmens seines Unternehmens ausführt.72 Auch bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung muss der Ort der Lieferung als im Inland ausgeführt gelten. Der Lieferort richtet sich vorbehaltlich der §§ 3 Buchst. c, 3 Buchst. e, 3 Buchst. f und 3 Buchst. g nach den Absätzen 6 bis 8 UStG.73 Als Sonderregelungen bei der Bestimmung des Lieferorts, lassen sich u. a. die Versandhandelslieferung nach § 3 Buchst. c UStG sowie das sog. Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft nach § 25 Buchst. b UStG ansehen. Bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs befindet sich der Ort der Lieferung, nach den allgemeinen Bestimmungen §§ 3 Abs. 6 und Abs.7 sowie § 3 Buchst. c UStG, stets im Ursprungsstaat, da bei diesem Sachverhalt auch private Lieferer nach § 2 Buchst. a S. 1 UStG und Abnehmer nach § 1 Buchst. b Abs. 1 UStG als Unternehmer behandelt werden. Nach § 6 Buchst. a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG muss der Steuerpflichtige, der eine innergemeinschaftliche Lieferung ausführt, ein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG sein.74 Steuerbefreit ist die innergemeinschaftliche Lieferung nur dann, wenn sie im Rahmen des Unternehmens ausgeführt wird. Für Umsätze von Kleinunternehmern, die nicht gemäß § 19 Abs. 2 UStG zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes optiert haben, sowie Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gemäß § 24 UStG, als auch Umsätze, die der Differenzbesteuerung gemäß § 25 UStG unterliegen, findet die Steuerbefreiung durch eine innergemeinschaftliche Lieferung nach §§ 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. 6 Buchst. a UStG keine Anwendung.75
4.2.1.2 Befördern oder Versenden in das übrige Gemeinschaftsgebiet Eine innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6 Buchst. a UStG setzt voraus, dass der Unternehmer, der Abnehmer oder ein vom liefernden Unternehmer oder vom Abnehmer beauftragter Dritter die Ware aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet nach § 1 Abs. 2 Buchst. a S. 1 und 2 UStG befördert oder versendet hat. Befördern bezeichnet jede Fortbewegung eines Gegenstandes gemäß § 3 Abs. 6 S. 2 UStG. Eine Versendungslieferung liegt vor, sobald die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausgeführt oder besorgt wird. Die Ware muss dabei von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat der EU physisch befördert oder versendet worden sein.76 Eine Ware wird nicht physisch bewegt, wenn lediglich der Herausgabeanspruch an der Ware abgetreten wird, weil die Lieferung innerhalb eines Lagerorts erfolgt, aber die Ware dabei nicht bewegt wurde.77
[...]
1 Vgl. Schulz (2006), in: Unternehmensführung im Mittelstand, S. 34-35.
2 Vgl. Schneider (2010), S. 63.
3 Vgl. Wolf/Paul/Zipse (2009), S.14.
4 Vgl. Schneider (2010), S. 63.
5 Vgl. Krimphove/Tytko (2002), in : Praktiker-Handbuch Unternehmensfinanzierung, S.4.
6 Vgl. IfM (URL 1), Mittelstandsdefinition des IfM Bonn.
7 Vgl. Schneider (2010), S. 64.
8 Siehe Anhang 1: Tabellarische Darstellung der KMU-Definition des IfM Bonn.
9 Vgl. IfM (URL 2), KMU-Definition des IfM Bonn
10 Vgl. Goeke (2008), in: Praxishandbuch Mittelstandsfinanzierung, S.10.
11 Siehe Anhang 2: Tabellarische Darstellung der KMU-Definition der EU-Kommission.
12 Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union v. 20.05.2003, L124/39 Anhang TITEL 1, Artikel 2 Abs. 1.
13 Vgl. Schneider (2010), S. 63.
14 Vgl. Becker/Ulrich/Botzkowski (2015), S. 5.
15 Vgl. IfM (URL 1), Mittelstandsdefinition des IfM Bonn.
16 Vgl. Wallau/et al. (2007), S.11.
17 Vgl. IfM (URL 3), Mittelstand im Überblick.
18 Vgl. Wolf/Paul/Zipse (2009), S.13; IfM (URL 3), Mittelstand im Überblick, Kennzahlen der KMU nach Definition des IfM Bonn.
19 Vgl. Wallau/et al. (2007), S.11.
20 Siehe Anhang 3: Tabellarische Darstellung der Kennzahlen der KMU.
21 Vgl. Wolf/Paul/Zipse (2009), S.13; IfM (URL 3), Mittelstand im Überblick, Volkswirtschaftliche Bedeutung der KMU.
22 Siehe Anhang 4: Balkendiagramm der Exportunternehmen in Deutschland nach Umsatzgrößenklassen 2016.
23 Siehe Anhang 5: Balkendiagramm des Exportumsatzes von deutschen Unternehmen nach Umsatzgrößenklassen 2016.
24 Vgl. IfM (URL 4), Mittelstand im Einzelnen, Auslandsaktivitäten.
25 Vgl. Kranzusch/Holz (2013), S. 98.
26 Vgl. Börner (2016), in: Fahrenschon/Kirchhoff/Simmert, Mittelstand - Motor und Zukunft der deutschen Wirtschaft, S. 469-470.
27 Vgl. Korn, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 14 Rn. 5.
28 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 14 Rn. 60; Abschn. 14.1 Abs. 1 S. 1-2 UStAE.
29 Vgl. Korn, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 14 Rn. 5-9.
30 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 14 Rn. 66.
31 Vgl. Leipold, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 14 Rn. 53; Abschn. 14.4 Abs. 3 S. 2 UStAE.
32 Vgl. Abschn. 14.4 Abs. 3 S. 3 UStAE.
33 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 14 Rn. 85-86.
34 Vgl. Leipold, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 14 Rn. 53-56.
35 Vgl. Korn, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 14 Rn. 13.
36 Vgl. EuGH v. 15.11.2017, Rs. C-374/16, C-375/16, Geissel, Butin, DStR 2017, 2544.
37 Vgl. Leipold, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 14 Rn. 300-301.
38 Vgl. Abschn. 14.5 Abs. 2 bis 24 UStAE.
39 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 14 Rn. 275; EuGH v.15. 9. 2016, Rs. C-516/14, DStR 2016, 2216.
40 Vgl. Leipold, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 14 Rn. 750.
41 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 14 Rn. 460.
42 Vgl. Abschn. 14.11 Abs. 1 S. 1-5 UStAE.
43 Vgl. Robisch, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 6 Rn. 1.
44 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6 Rn. 21.
45 Vgl. Leonard, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 3 Rn. 33.
46 Vgl. Reiß (2014), S. 35.
47 Vgl. Leicht, in: Beck'sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Ed. 43 2018, Lieferung Rn. 5.
48 Vgl. BFH Urt. v. 9.9.2015 - XI R 21/13, BFH/NV 2016, S. 597 Nr. 4.
49 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6 Rn. 22.
50 Vgl. Treiber, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 6 Rn. 23.
51 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6 Rn. 24.
52 Vgl. BFH Urt. v. 21.1.2015 - XI R 12/14, BFH/NV 2015, S. 957 Nr. 7.
53 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6 Rn. 26.
54 Vgl. Grune/Elvers (2008), S. 115.
55 Vgl. Grune/Elvers (2008), S. 116.
56 Vgl. Robisch, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 6 Rn. 6.
57 Siehe Anhang 6: Beispielfall zu den Alternativen der steuerfreien Ausfuhrlieferung, Grundfall.
58 Siehe Anhang 6: Beispielfall zu den Alternativen der steuerfreien Ausfuhrlieferung, Alternative 1.
59 Siehe Anhang 6: Beispielfall zu den Alternativen der steuerfreien Ausfuhrlieferung, Alternative 2.
60 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6 Rn. 37-41.
61 Vgl. Grune/Elvers (2008), S. 120.
62 Vgl. Robisch, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 6 Rn. 24-27.
63 Vgl. Abschn. 6.10 Abs. 1 und Abs. 3 UStAE; BFH, Urt. v. 28.8.2014, - V R 16/14, BStBl. 2015 II, S. 46.
64 Vgl. Robisch, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 6 Rn. 32.
65 Vgl. Abschn. 6.10 Abs. 3 UStAE; BFH-Urteil v. 28.5.2009, - V R 23/08, BStBl. 2010 II, S. 517.
66 Vgl. Treiber, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 6 Rn. 1.
67 Vgl. Grune/Elvers (2008), S. 113.
68 Siehe Anhang 7: Musterrechnung einer steuerbefreiten Ausfuhrlieferung.
69 Vgl. Abschn. 14.5 Abs. 20 S. 1-4 UStAE.
70 Vgl. Robisch, in: Bunjes, 17. Aufl. 2018, UStG § 6a Rn. 1-2.
71 Vgl. Abschn. 6a.1 Abs. 1 S. 1 UStAE.
72 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6a Rn. 40.
73 Vgl. Treiber, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 6a Rn. 32.
74 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6a Rn. 50.
75 Vgl. Treiber, in: Sölch/Ringleb, 83. EL Juni 2018, UStG § 6a Rn. 33.
76 Vgl. Abschn. 6a.1 Abs. 5 bis Abs. 7 S. 2 UStAE.
77 Vgl. Weymüller, in: BeckOK UStG, 17. Ed. 25.6.2018, UStG § 6a Rn. 57.
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- Anonym,, 2018, Rechnungsstellung mittelständischer Unternehmen. Internationaler Warenverkehr aus umsatzsteuerlicher Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/984426
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