Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, ob und in welchem Ausmaß große Anteilseigner das Bewertungsniveau einer Unternehmung determinieren. Die zu diesem Thema vorhandene Literatur ist breit gefächert und liefert zu Teilen widersprüchliche Evidenzen. Auf theoretischer Ebene wird in erster Linie die klassische Prinzipal-Agenten-Theorie (PAT) nach Jensen und Meckling (1976) als Erklärungsansatz herangezogen. Moderne Literatur zum Thema "Corporate Governance" beschäftigt sich ebenfalls mit dieser Fragestellung, da der Begriff des Aktionärsschutzes ein zentrales Element dieses Forschungsgebiets ist. Die empirischen Befunde zu gleichen oder vergleichbaren Fragestellungen sind pluralistisch, weshalb auf Basis vorhandener Studien keine allgemeingültige Aussage hinsichtlich der vorliegenden Fragestellung getroffen werden kann. Darüber hinaus lassen bisherige Studien Bewertungskennzahlen mit Bezug auf gängige Unternehmensbewertungsverfahren außer Acht. Die vorliegende Arbeit verfolgt demzufolge das Ziel, diese Forschungslücke zu schließen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Formelverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Untersuchung
2 Theoretische Diskussion des Wertbeitrags von Anteilsbesitzkonzentration
2.1 Rolle der Aktionäre einer Aktiengesellschaft
2.2 Prinzipal-Agenten-Theorie und Informationsasymmetrien zwischen Manager und Aktionär
2.2.1 Entstehung und Beschreibung der allgemeinen Prinzipal-Agenten-Theorie
2.2.2 Prinzipal-Agenten-Theorie in Bezug auf Manager und Aktionär
2.2.3 Pecking-Order-Theory
2.2.4 Prinzipal-Prinzipal-Konflikte zwischen Groß- und Kleinaktionären
2.3 Charakterisi erung von Großakti onären
2.3.1 Strategische Investoren
2.3.2 Finanzinvestoren
2.3.3 Management als Eigentümer
2.3.4 Zusammenfassung
2.4 Unternehmensbewertung mithilfe des Discounted-Cashflow-Verfahrens
2.4.1 Der Einfluss der Eigentümerstruktur auf den Flow to Equity
2.4.2 Der Einfluss der Eigentümerstruktur auf die geforderte Eigenkapitalrendite
2.5 Einordnung in den Stand der Forschung
2.6 Hypothesenableitung
3 Methodik und Vorgehensweise
3.1 Datenerhebung und Stichprobe
3.2 Operationalisierung der Variablen
3.2.1 Operationalisierung der abhängigen Variable
3.2.2 Operationalisierung der erklärenden Variablen
3.2.3 Operationalisierung der Kontrollvariablen
3.3 Spezifikation des Regressionsmodells
3.3.1 Regressionsgleichungen
3.3.2 Regressionsvoraussetzungen
3.3.3 Besonderheiten bei der Analyse von Paneldaten
3.3.4 Definition des Endogenitätsbegriffs
3.3.5 Endogenität - Vorgehensweise
4 Durchführung und Ergebnisse der empirischen Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Anteilsbesitzkonzentration und Unternehmenswert
4.1 Deskriptive Analyse
4.1.1 Abhängige Variable - Bewertungsniveau des Unternehmens
4.1.2 Erklärende Variablen - Anteilsbesitzkonzentration
4.1.3 Kontrollvariablen
4.1.4 Weitere deskriptive Statistik
4.2 Wahl des Regressionsmodells
4.3 Prüfung der Regressionsvoraussetzungen
4.4 Ergebnisse der Regressionsanalyse
4.4.1 Panel A Fixed Effects Model
4.4.2 Panel B Fixed Effects Model
4.5 Ergebnisse der Regressionsanalyse unter Berücksichtigung von Endogenität
4.5.1 Panel A Copula-Korrektur
4.5.2 Panel B Copula-Korrektur
4.6 Zusammenfassung der Ergebnisse
4.7 Rückschlüsse der empirischen Ergebnisse auf die Prinzipal-Agenten-Theorie und Einordnung in den Stand der Forschung
5 Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ausblick hinsichtlich der
Forschungsfrage
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Rolle der Aktionäre in einer Aktiengesellschaft
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Agency-Kosten und Unternehmenswert
Abbildung 3: Ziele von Finanzinvestoren und strategischen Investoren
Abbildung 4: Berechnung des Flow to Equity
Abbildung 5: Zusammenhang zwischen Rendite und CAPM Beta
Abbildung 6: Vergleichbare Studien I
Abbildung 7: Vergleichbare Studien II
Abbildung 8: Branchenzusammensetzung der Stichprobe
Abbildung 9: Wechselwirkung zwischen abhängiger und unabhängiger Variable
Abbildung 10: Ergebnisverzerrungen aufgrund von Endogenität
Abbildung 11: Entwicklung des Bewertungsniveaus im Zeitverlauf
Abbildung 12: Entwicklung der Anteilsbesitzkonzentration im Zeitverlauf
Abbildung 13: Korrelationsmatrix der Variablen
Abbildung 14: QQ-Plot der Residuen
Abbildung 15: Dichtediagramm der Residuen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Stichprobenerhebung
Tabelle 2: Übersicht verwendete Variablen
Tabelle 3: Deskriptive Statistik Bewertungsniveau
Tabelle 4: Deskriptive Statistik Bewertungsniveau im Zeitverlauf
Tabelle 5: Deskriptive Statistik Anteilsbesitzkonzentration
Tabelle 6: Deskriptive Statistik Anteilsbesitzkonzentration im Zeitverlauf
Tabelle 7: Deskriptive Statistik Kontrollvariablen
Tabelle 8: Deskriptive Statistik Kontrollvariablen im Zeitverlauf
Tabelle 9: Wahl des Regressionsmodells
Tabelle 10: Ergebnisse des Hausmann-Tests
Tabelle 11: VIF-Werte der Variablen
Tabelle 12: Ergebnisse FEM Panel A
Tabelle 13: Ergebnisse FEM Panel B
Tabelle 14: Ergebnisse Copula-Korrektur Panel A SH1 und SH2 als endogene Regressoren
Tabelle 15: Ergebnisse der Copula-Korrektur Panel A SH2 als endogener Regressor
Tabelle 16: Ergebnisse der Copula Korrektur Panel B
Tabelle 17: Modellvergleich Panel A und Panel B nach Copula-Korrektur Formelverzeichnis
Formel 1: Agency-Kosten
Formel 2: Berechnung des Marktwerts des Eigenkapitals nach dem Equity-Ansatz
Formel 3: Berechnung des Flow to Equity
Formel 3 a: Verkürzte Form zur Berechnung des Flow to Equity I
Formel 3b: Verkürzte Form zur Berechnung des Flow to Equity II
Formel 4: Berechnung des CAPM Beta
Formel 5: Berechnungsgrundlage MV
Formel 6: Verhältnis SH1 zu SH2
Formel 6a: Verhältnis SH1SH2 zu SH1 und SH2
Formel 7: Regressionsgleichung Panel A
Formel 8: Regressionsgleichung Panel B
Formel 9: Kovarianz Vit ,uit
Formel 10: Korrelation Ven und Vex I
Formel 10a: Korrelation Ven und Vex II
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, ob und in welchem Ausmaß große Anteilseigner das Bewertungsniveau einer Unternehmung determinieren. Die zu diesem Thema vorhandene Literatur ist breit gefächert und liefert zu Teilen widersprüchliche Evidenzen. Auf theoretischer Ebene wird in erster Linie die klassische Prinzipal- Agenten-Theorie (PAT) nach Jensen und Meckling (1976) als Erklärungsansatz herangezogen. Moderne Literatur zum Thema „Corporate Governance“ beschäftigt sich ebenfalls mit dieser Fragestellung, da der Begriff des Aktionärsschutzes ein zentrales Element dieses Forschungsgebiets ist.1 Die empirischen Befunde zu gleichen oder vergleichbaren Fragestellungen sind pluralistisch, weshalb auf Basis vorhandener Studien keine allgemeingültige Aussage hinsichtlich der vorliegenden Fragestellung getroffen werden kann. Darüber hinaus lassen bisherige Studien Bewertungskennzahlen mit Bezug auf gängige Unternehmensbewertungsverfahren außer Acht. Die vorliegende Arbeit verfolgt demzufolge das Ziel, diese Forschungslücke zu schließen.
Smith (1776) postullierte bereits vor Jahrhunderten, dass Manager die Ressourcen eines Unternehmens nicht effizient einsetzen, solang sie diese nicht besitzen: „The directors of such [joint stock] companies, however, being the managers rather of other people's money than of their own, it cannot well be expected that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own. [...] Negligence and profusion, therefore, must always prevail, more or less, in the management of the affairs of such a company“.2 Die These von Smith (1776) trifft die Ausführungen von Jensen und Meckling (1976) im Kern, da sie das Spannungsfeld zwischen den, in Höhe der Einlage haftenden Anteilseignern und dem handelnden Manager skizziert.
In Anlehnung daran stellten Berle und Means (1933) fest, dass die Macht des Managers durch einen breit gestreuten Anteilsbesitz gesteigert wird. Die Ausführungen basieren auf der Annahme, dass der Manager (Agent) gegenüber den Kapitalgebern (Prinzipal) einen Informationsvorteil besitzt. Daraus resultierend handele der Manager nicht im Interesse der Aktionäre, sondern zunehmend im eigenen Interesse. Informationsasymmetrien zwischen Management und Anteilseignern führen zu Agency-Kosten, welche sich laut Jensen und Meckling (1976) negativ auf den Unternehmenswert auswirken.
Demnach bedarf es einer Kontrollinstanz, welche die Fähigkeit besitzt, das Management dahingehend zu überwachen, dass es im Sinne der Aktionäre handelt. Eben diese Fähigkeit wird den Aktionären selbst zugesprochen, sodass angenommen wird, dass Anteilsbesitzkonzentration die Agency-Kosten senken kann. Dies wiederum basiert auf der These, dass ein Großaktionär aufgrund des hohen Investitionsvolumens ein starkes Interesse daran hat, Agency-Kosten zu minimieren und dementsprechend bereit ist, die für die Kontrolle nötigen Mittel aufzuwenden. Ist eine Vielzahl der ausgegebenen Anteile eines Unternehmens auf einen Aktionär gebündelt, wird von einem „Blockholder“ bzw. von Anteilsbesitzkonzentration gesprochen.3
Die Konzentration vieler Anteile auf einen Aktionär kann jedoch ebenfalls mit ähnlichen Effekten gegenüber den übrigen Aktionären verbunden sein. Es ist denkbar, dass ein großer Anteilseigner ebenso einen Informationsvorsprung gegenüber den restlichen Anteilseignern besitzt. Divergieren die Interessen zwischen diesen, kann es zu einem PrinzipalPrinzipal-Konflikt kommen - mit vergleichbaren negativen Effekten auf den Unterneh- menswert.4 Beispielsweise Shleifer und Vishny (1997) stellten fest, dass große Anteilseigner verstärkt eigene Interessen verfolgen, mitunter auf Kosten anderer Kapitalgeber.5 Ein weiteres Argument für einen inversen Zusammenhang zwischen dem konzentrierten Anteilsbesitz und der Unternehmensbewertung ist, dass Anteilsbesitzkonzentration eine sinkende Liquidität der Aktie nach sich zieht. Dies begründet sich darin, dass ein sinkender Streubesitz mit einer geringeren Anzahl an frei handelbaren Anteilen einhergeht, weshalb die Handelbarkeit der Anteile ebenfalls sinkt. Dementsprechend würde ein sinkender Streubesitz Bewertungsabschläge nach sich ziehen.6
Außerdem stellt sich die Frage, ob die Bewertung eines Unternehmens am Kapitalmarkt Einfluss auf die individuelle Investitionsentscheidung eines Aktionärs nehmen kann. Dies würde bedeuten, dass ein Investor seinen Anteilsbesitz je nach Unter- oder Überbewertung der Aktie am Kapitalmarkt erweitert oder verringert.7 In diesem Fall bestehen wechselseitige Beziehungen zwischen der Anteilsbesitzkonzentration und dem Unternehmenswert, welche in der empirischen Untersuchung berücksichtigt werden müssen.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Evaluation dieser Forschungsfragen für den deutschen Aktienmarkt. Letztlich wird untersucht, inwiefern Großaktionäre in der Lage sind, die Entscheidungen des Managements zu überwachen und zu steuern, um den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern.
1.2 Aufbau der Untersuchung
Im folgenden zweiten Kapitel wird zunächst die PAT ausführlich diskutiert. Die Basis dafür bilden die Ausführungen von Jensen und Meckling (1976). In diesem Abschnitt wird das Spannungsfeld zwischen Manager und Aktionär deutlich, aus dem abzuleiten ist, welche Faktoren aus diesem Kontext Einfluss auf den Unternehmenswert nehmen. In diesem Zusammenhang werden ebenfalls Sonderformen der Theorie wie beispielsweise der Prinzipal-Prinzipal-Konflikt diskutiert.
Darauffolgend werden verschiedene Arten von Großaktionären definiert und charakterisiert. Im Kern wird zwischen strategischen Investoren und Finanzinvestoren unterschieden. Ziel dieses Abschnitts ist, die verschiedenen Ziele von Großaktionären herauszuarbeiten, um darauf aufbauend zu analysieren, in welchem Umfang ein Investor Einfluss auf das Bewertungsniveau des Unternehmens nehmen kann. Dementsprechend gilt es in diesem Zusammenhang zu erörtern, welche einzelnen Faktoren eines klassischen Bewertungsmodells durch Großaktionäre beeinflusst werden können.
Zum Abschluss dieses Kapitels wird die Thematik der vorliegenden Untersuchung in den aktuellen Stand der Forschung eingeordnet. Das Schrifttum liefert pluralistische Evidenzen zu gleichen und ähnlichen Fragestellungen. Auf Basis der durchgeführten Metaanalyse, in Kombination mit den vorherigen Ausführungen auf theoretischer Basis, werden die Forschungsfragen formuliert. Es wird ein linearer Zusammenhang zwischen Anteilsbesitzkonzentration und dem Bewertungsniveau unterstellt.
Das dritte Kapitel befasst sich sodann mit der methodischen Vorgehensweise und bildet somit die Grundlage für die empirische Untersuchung. Zunächst wird die Stichprobenerhebung detailliert erläutert. Darauffolgend werden die Einflussfaktoren auf den Unternehmenswert abgeleitet und operationalisiert. Sie stellen die erklärenden Variablen des Regressionsmodells dar. Als Regressionsverfahren wird nach entsprechender Evaluation das Fixed Effects Model (FEM) gewählt.
Im nächsten Schritt werden die einzelnen Regressionsvoraussetzungen skizziert. Ein zentrales Element für die vorliegende Untersuchung ist die Identifikation einer möglichen Endogenität innerhalb der Regressionsergebnisse. Dementsprechend wird zum Abschluss des dritten Kapitels der Begriff der Endogenität erläutert, um im Anschluss das spezifische methodische Vorgehen für die Untersuchung zu beschreiben. Mögliche Verzerrungen der Ergebnisse des FEM werden mithilfe der Copula-Korrektur identifiziert und korrigiert.
Das vierte Kapitel erläutert die empirische Untersuchung. Um die Transparenz der zugrundeliegenden Daten zu erhöhen, wird zunächst eine deskriptive Analyse durchgeführt. In diesem Teilabschnitt richtet sich die Aufmerksamkeit auf alle im Modell verwendeten Variablen und individuellen Besonderheiten. Im Anschluss werden die im dritten Kapitel dargestellten Regressionsvoraussetzungen zur Verifizierung der Belastbarkeit von den Ergebnissen überprüft. Um die empirische Untersuchung abzuschließen, wird das ebenfalls im dritten Kapitel angesprochene Problem der Endogenität analysiert und die Regressionsergebnisse nach Durchführung der Copula-Korrektur dargestellt. Zum Abschluss des Kapitels werden die Ergebnisse mit den theoretischen Ausführungen sowie der Metaanalyse aus dem zweiten Kapitel verglichen.
Im letzten Schritt werden die Evidenzen aus dem vierten Kapitel kritisch gewürdigt, sodass das fünfte Kapitel die vorliegende Arbeit abschließt.
2 Theoretische Diskussion des Wertbeitrags von Anteilsbesitzkonzentration
2.1 Rolle der Aktionäre einer Aktiengesellschaft
Zunächst wird als Basis für die Bearbeitung der vorliegenden Fragestellung die Rolle der Aktionäre in einer Aktiengesellschaft kurz skizziert. Die Rechtsstellung der Aktionäre ist grundsätzlich im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht geregelt. Wie Abbildung 1 verdeutlicht, entsteht der Anspruch auf Aktionärsrechte durch den Erwerb von Unternehmensanteilen bzw. durch die Einlage von Eigenkapital in das Zielunternehmen.8
Die Aktionärsrechte lassen sich in Verwaltungsrechte und Vermögensrechte unterscheiden, in der Literatur sind jedoch auch andere Definitionen auffindbar. Zu den Verwaltungsrechten zählen unter anderem die Teilnahme an der Hauptversammlung (HV), das Rede- und Stimmrecht auf der HV, das Auskunftsrecht in der HV sowie das Recht zur Anfechtung von Beschlüssen der HV.9 Zu den Vermögensrechten zählen im Wesentlichen der Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung und der Anspruch auf das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen.10
Darüber hinaus wählen die Aktionäre ihre Vertretung im Aufsichtsrat, dem die Bestellung, Abberufung und Überwachung des Vorstandes obliegt.11 Dementsprechend dient der Aufsichtsrat den Aktionären zur mittelbaren Einflussnahme auf die Geschäftstätigkeit.
Für die vorliegende Untersuchung sind in erster Linie die Stimmrechte der Aktionäre sowie des Aufsichtsrats von Bedeutung. Diese ermöglichen dem Aufsichtsrat über alle zur Abstimmung gestellten Anträge mitzuentscheiden und darüber hinaus eigene Anträge einzubringen. Aufgrund dessen hat der Aktionär mittels seines Stimmrechts die Möglichkeit, bei wesentlichen Entscheidungen Einfluss zu nehmen.12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Prinzipal-Agenten-Theorie und Informationsasymmetrien zwischen Manager und Aktionär
2.2.1 Entstehung und Beschreibung der allgemeinen Prinzipal-Agenten-Theo- rie
Die im deutschsprachigen Raum primär von Gutenberg (1998) begründete Neoklassik war und ist zentraler Bestandteil der betriebswirtschaftlichen Forschung.13 14 Der neoklassische Ansatz beruht auf der Annahme des vollkommenen Marktes. Dieser setzt mitunter voraus, dass jeder Marktteilnehmer zu jedem Zeitpunkt alle Informationen besitzt und keine Transaktionskosten anfallen. Die moderne Forschung widerspricht der Neoklassik insofern, dass diese Annahmen in der Realität nicht oder nur teilweise erfüllt sind. Vor diesem Hintergrund ist die Neue Institutionenökonomie (NIE) entstanden, welche vor allem von Coase (1937) und Williamson (1975) geprägt wurde. Im Mittelpunkt stehen, anders als bei der Neoklassik, Informationen und die Kommunikation zwischen den einzelnen Markteilnehmern. Ähnlich wie die Neoklassik, unterstellt die NIE ein opportunisti- sches Verhalten der Marktteilnehmer, mit dem Unterschied der bewussten Berücksichtigung von Transaktionskosten und Informationsasymmetrien zwischen einzelnen Markt- teilnehmern.15
Die in diesem Zusammenhang entstandene (PAT) konzentriert sich auf die Interaktion zwischen Auftraggeber (Prinzipal) und Auftragnehmer (Agent). Wie die Begrifflichkei- ten bereits implizieren, handelt es sich um eine spezielle Form der ökonomischen Beziehung zweier Marktteilnehmer, in der der Prinzipal eine Aufgabe an den Agenten über- gibt.16 Der Agent besitzt erwartungsgemäß einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal in Bezug auf die konkrete Aufgabe. Anders ausgedrückt sind die Informationen asymmetrisch verteilt. Diese Ungleichverteilung der Informationen wird unter dem Begriff begrenzte Rationalität subsumiert. Eine Grundannahme des Modells ist, dass ein Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent besteht, da ihre Interessen nicht vollständig übereinstimmen.17
Je nach individueller Nutzenfunktion eines jeden einzelnen Akteures wird opportunistisches Verhalten unterstellt.18 Hierbei werden drei konkrete Problemfelder identifiziert.19 Informationsasymmetrien vor Vertragsabschluss werden als Hidden Characteristics bezeichnet. Diese äußern sich darin, dass der Prinzipal nicht vollständig über die Fähigkeiten des Agenten informiert ist.20 Nach Vertragsabschluss können gemäß PAT sowohl Hidden Action als auch Hidden Intention auftreten. Hidden Action beschreibt das Problem, dass der Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht beobachten kann. Hidden Intention hingegen beschreibt das Risiko des Prinzipals, dass er das Verhalten des Agenten zwar beobachten und bewerten, jedoch nicht verhindern kann.
Eine erweiterte Form wird als Hidden Information bezeichnet.21 In diesem Fall kann der Prinzipal die Handlungen des Agenten zwar beobachten, er ist jedoch nicht in der Lage, diese zu beurteilen. Die Bezeichnung ,,Moral Hazard“ steht für die Gefahr, dass der Agent diesen Spielraum opportunistisch ausnutzt.22 Der Prinzipal-Agenten-Konflikt beschreibt somit das Phänomen der Informationsasymmetrien der beiden Markteilnehmer in Zusammenhang mit opportunistischem Verhalten eines jeden Marktteilnehmers.
2.2.2 Prinzipal-Agenten-Theorie in Bezug auf Manager und Aktionär
Die durch den zuvor beschriebenen Prinzipal-Agenten-Konflikt entstehenden Agency- Kosten brachten Jensen und Meckling (1976) mit Anteilseignern eines Unternehmens und dessen Manager in Verbindung. In dieser speziellen Prinzipal-Agenten-Situation tritt der Aktionär als Prinzipal auf, während der Manager im Auftrag der Aktionäre den Agenten darstellt.23 Die Autoren greifen die von Berle und Means (1932) angesprochene Problematik der Teilung von Anteilsbesitz und Kontrolle mit der Argumentation auf, dass ein breit gestreuter Anteilsbesitz diese Problematik hervorrufen kann.
Zentraler Punkt des Modells ist, dass Manager, solange sie nicht zu 100% Eigentümer des Unternehmens sind, nicht alle Konsequenzen ihrer Handlungen tragen müssen.24 Anhand dieser These wird der Bezug zu den Ausführungen von Smith (1776) deutlich. Indem der Manager sich gemäß PAT opportunistisch verhält, entsteht ein Prinzipal-Agen- ten-Konflikt in dem Moment, in dem sich seine Interessen nicht mit denen der Anteilseigner decken.25 Die Autoren unterstellen, dass der Manager seinen Nutzen auf Kosten der Aktionäre maximiert. Für den Aktionär treten alle drei zuvor skizzierten Problemfelder der klassischen PAT auf. Hidden Characteristics treten bei der Ernennung eines neuen Vorstands indirekt über die Vertreter im Aufsichtsrat auf, Hidden Action beziehungsweise Hidden Information, wenn eine qualitative Überwachung nicht oder nicht ausreichend möglich ist und Hidden Intention, wenn der Aktionär opportunistisches Verhalten des Managers zwar erkennt, ihn dafür jedoch nicht belangen kann.
Die aus dem Interessenskonflikt resultierenden Kosten sind in drei Punkten festzuhalten, nämlich den Überwachungskosten des Prinzipals, den Vermittlungskosten des Agenten sowie einen Restwert. Dieser Restwert ist von gesonderter Relevanz, denn diese Kosten entstehen durch den Unterschied zwischen den Entscheidungen beziehungsweise Handlungen des Managers und denen, die den Shareholder Value maximieren würden. Als Beispiele werden das Sichentziehen von Arbeit sowie die Inanspruchnahme von Privilegien oder Sonderleistungen aufgeführt.26 Ist der Manager zu 100% Eigentümer des Unternehmens, trägt er auch sämtliche Konsequenzen und Kosten selbst. In diesem Fall wären die Agency-Kosten gleich Null.27 Sie entstehen, sobald der Manager Anteile abtritt, da er dann lediglich einen Teil der Kosten selbst trägt.
Unter der Voraussetzung, dass die Marktteilnehmer Agency-Kosten antizipieren können, entsteht ein Anreiz für den Manager, Agency-Kosten zu reduzieren, sobald er persönlich an der Aktienkursentwicklung des Unternehmens partizipiert.
In der Annahme, dass die Summe aller Aktivitäten des Managers, bei denen er einen nicht-finanziellen Vorteil für sich selbst generiert, mit XM, der Nutzen für das Unternehmen durch N(Xm) und die Kosten für die daraus resultierenden nicht-finanziellen Vorteile des Managers mit K(XM) ausgedrückt werden, so ergibt sich für den Nettonutzen, der dem Unternehmen zugute kommt, folgende Gleichung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Formel 1: Agency-Kosten
Handelt der Manager ausnahmslos rational, wird er XM so wählen, dass er seinen persönlichen Nutzen maximiert. Wird der prozentuale Besitzanteil p des Managers am Unternehmen berücksichtigt, trägt er pK(XM) der Kosten. Je kleiner p ist, desto größer ist sein persönlicher Nutzen aus Xm und der Nachteil für das Unternehmen. Dieser Zusammenhang lässt sich grafisch wie in Abbildung 2 darstellen. Die Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen den Ausgaben des Managers für seinen nicht-finanziellen Vorteil und dem Unternehmenswert. XM1 und V1 zeigen einen bestimmten Punkt auf der Kurve. In diesem Punkt wählt der Manager die Summe seiner Aktivitäten in Höhe von Xm1. Daraus resultierend ergibt sich auf der Geraden der Unternehmenswert V1.
Gelingt es dem Manager, seinen persönlichen Nutzen auf Kosten der Anteilseigner zu maximieren und ist die Kontrollinstanz der Anteilseigner nicht oder nicht ausreichend vorhanden, ist vom sogenannten Free-Rider-Problem die Rede.28 Die Forschung kennzeichnet eine Free-Rider-Situation im Allgemeinen als eine solche, in der ein Mitglied einer Gruppe einen persönlichen Nutzen aus der Mitgliedschaft der Gruppe zieht, ohne dass es die entstehenden Kosten zur Erwirtschaftung des gesamten Nutzens der Gruppe in gleichem Maße proportional trägt.29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Trotzdessen es sich hierbei um ein sehr theoretisches Modell handelt, dessen Annahmen in der Realität mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vollständig erfüllt werden, illustrieren Jensen und Meckling (1976) sehr anschaulich den Konflikt zwischen Manager und Eigentümer. Pagano und Röell (1998) untermauern diese These, indem sie zeigen, dass Manager als Eigentümer einen breit gestreuten restlichen Anteilsbesitz bevorzugen, da dies mit einer geringeren Kontrolle durch die Aktionäre einhergeht. Neben der Möglichkeit, dem Manager Anreize durch Anteilsbesitz zu schaffen, ist es denkbar, dass Großaktionäre beziehungsweise Anteilsbesitzkonzentration eine Kontrollfunktion des Managers übernehmen können und dadurch Agency-Kosten reduziert werden.
Dieser Problemstellung entgegnet unter anderem die Corporate-Governance-Theorie (CGT). Die CGT postuliert, dass eine transparente Unternehmensführung notwendig ist, um die Interessen der Anteileigner und die des Managements zu vereinen und in der Folge den Shareholder Value zu maximieren.30 Auch Pérez Carrillo (2007) und Damodaran (2015) argumentieren dahingehend, dass Corporate Governance als Kontrollmechanismus, die Aktionäre vor dem Ausnutzen von Informationsasymmetrien durch das Management schützt.31 Der Begriff Corporate Governance umfasst darüber hinaus weitere Aspekte wie beispielsweise „Social Responsibility“. Zu diesem Thema hat die Europäische Kommission bereits im Jahr 2001 ein Working Paper veröffentlicht.32 Hieraus lässt sich die These ableiten, dass Agency-Kosten in Ländern mit hohen Corporate Governance- Anforderungen geringer sind als in Ländern mit niedrigeren Corporate Governance-An- Forderungen. Dies wird in der Literatur häufig unter dem Begriff „Aktionärsschutz“ zusammengefasst.
2.2.3 Pecking-Order-Theory
In dem thematischen Kontext der Agency-Theory sollte als Randnotiz ebenfalls auf die klassische Pecking-Order-Theory (POT) hingewiesen werden. Es handelt sich hierbei um einen Spezialfall von Managemententscheidungen, da die Theorie vornehmlich Corporate Finance Entscheidungen zu erklären versucht. Die POT postuliert, dass der Manager Finanzierungsentscheidungen auf Basis einer Präferenzordnung trifft.33 Welche Finanzierungsform gewählt wird, hängt gemäß POT davon ab, welche Entscheidung des Managers die geringsten Widerstände erwarten lässt bzw. die geringsten Unsicherheiten in sich birgt.34
Findet die POT Anwendung, handelt der Manager nicht im Sinne der Aktionäre, sobald sich ihre Interessen nicht mit der Präferenzordnung des Managers decken. Auch wenn die POT lediglich Corporate Finance Entscheidungen zu erklären versucht, ist es trotzdem möglich, dass sich die Entscheidungsfindung des Managers auch auf andere Geschäftsvorfälle übertragen lässt. Dementsprechend stützt die POT den Gedankengang der Agency-Theory dahingehend, dass der Manager mitunter opportunistisch handelt.
2.2.4 Prinzipal-Prinzipal-Konflikte zwischen Groß- und Kleinaktionären
Die vorangegangenen Ausführungen erläuterten ausführlich den Prinzipal-Agenten-Kon- flikt zwischen Manager und Anteilseignern und zeigten auf, dass Anteilsbesitzkonzentration eine Kontrollfunktion ausüben und dadurch Agency-Kosten reduzieren kann. Die diskutierten Argumente gelten jedoch gleichermaßen für die Beziehung zwischen einem Blockholder und den übrigen Aktionären.35 In diesem Zusammenhang wird von einem Prinzipal-Prinzipal-Konflikt oder dem Prinzipal-Agenten-Konflikt II gesprochen.36 Im Grunde kann in der Theorie die Lösung des Prinzipal-Agenten-Konflikts zu einem Prinzipal-Prinzipal-Konflikt führen.37 Hält ein Aktionär einen Großteil der Anteile alleine, entstehen für ihn Anreize, seinen Einfluss, beispielsweise in Form von Stimmrechten, für seinen individuellen Nutzen einzusetzen.38 Während Prinzipal-Agenten-Konflikte eher in entwickelten Volkswirtschaften auftreten, sind Prinzipal-Prinzipal-Konflikte eher in Entwicklungsländern gegenwärtig.39 Ein möglicher Lösungsansatz besteht darin, dass ein zweiter Blockholder die Kontrollmechanismen aufrechterhält und ein Prinzipal-Prinzipal-Konflikt somit zumindest teilweise vermieden werden kann. Existieren mehrere Blockholder in einem Unternehmen, besteht die Möglichkeit einer Koalitionsbildung mit dem Ziel, die Kontrolle der Unternehmensleitung zu erhöhen und Informationsasymmetrien zu senken.40 Infolgedessen ist die Rolle des zweitgrößten Anteilseigners im Kontext des Themas der vorliegenden Arbeit nicht zu unterschätzen.
2.3 Charakterisierung von Großaktionären
Den Anteilseignern eines Unternehmens werden bestimmte Rechte zugesprochen, mithilfe derer sie einen mittelbaren oder unmittelbaren Einfluss auf das Unternehmen nehmen können. Sind die Anteilseigner mit der Unternehmensleitung nicht zufrieden, stehen ihnen drei mögliche Handlungsoptionen zur Verfügung. Einerseits können sie den Unmut dulden und ihre Anteile weiterhin halten (1), andererseits haben sie die Möglichkeit, die Anteile weiterhin zu halten und die Unternehmensleitung sowie gegebenenfalls andere Aktionäre von ihrem Unmut zu unterrichten (2). Die dritte Möglichkeit ist ein Verkauf der Anteile, ein sogenannter „Exit“ (3).41 Eine Mischung aus der zweiten und dritten Option ist die Androhung eines Exits.42 Die folgenden Ausführungen dienen dazu, verschiedene Arten von Großaktionären zu charakterisieren. Für die vorliegende Untersuchung werden, zur Vereinfachung und klaren Abgrenzung, strategische Investoren von Finanzinvestoren unterschieden.
2.3.1 Strategische Investoren
Wie aus ihrer Bezeichnung hervorgeht, verfolgen strategische Investoren strategische und somit typischerweise eher langfristige Ziele. Ihr Ziel ist im Wesentlichen das langfristige Wachstum des Unternehmens und damit einhergehend die Steigerung des eingesetzten Kapitals. Grundsätzlich besteht in der Literatur weitestgehend Einigkeit darüber, dass strategische Investoren oder gar große Kooperationen länger an vermeintlich unrentablen Investitionen festhalten als reine Finanzinvestoren.43 Durch den aktiven Eingriff in fundamentale Elemente der Unternehmenspolitik versuchen Investoren, ihr Ziel zu errei- chen.44 Um das Ziel verfolgen zu können, ist es notwendig, größere Anteile an den Unternehmen zu halten. Dementsprechend besitzen strategische Investoren in der Regel größere relative Anteile als Finanzinvestoren.45 Der entscheidende Unterschied zu einem Finanzinvestor liegt darin, dass neben der Bereitstellung des Kapitals auch Unterstützungen und Wertbeiträge in nicht-monetärer Hinsicht geleistet werden.46 Neben konstanten Mittelzuflüssen in Form von Dividenden verfolgt der strategische Investor das Ziel, direkte oder indirekte Vorteile aus seiner Investition zu ziehen.47 Dies gelingt beispielsweise durch das Herstellen von Synergieeffekten zwischen verschiedenen Investitionen eines strategischen Partners.48 Neben den Synergieeffekten sind das Sammeln von Erfahrungen im Zusammenhang mit Märkten sowie mit Eigenkapitalinvestitionen und der Eintritt in neue Märkte von besonderem Interesse.49
In Bezugnahme auf die Fragestellung ist festzuhalten, dass der strategisch orientierte Anteilseigner gewillt ist, den Cashflow des Unternehmens zu steigern, um neben den konstanten Mittelzuflüssen Wachstum zu generieren und somit ceteris paribus den Unternehmenswert zu steigern. Da vor allem das Wachstum im Vordergrund steht, versucht der strategische Investor den Unternehmenswert mittels Investitionen positiv zu beeinflussen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in Abhängigkeit von Anteilsgröße und Einfluss des Investors, die Informationsasymmetrien zwischen ihm und dem Manager gering sind.
2.3.2 Finanzinvestoren
Einen Großteil der Kapitalmarktinvestitionen halten institutionelle Investoren, beispielsweise an den Kapitalmärkten Europas oder der Vereinigten Staaten.50 Während ein strategischer Investor unter Umständen eine einzelne Person ist, sind Finanzinvestoren häufig institutionelle Anleger und somit juristische Personen wie beispielsweise Pensionsfonds, Investment- oder Hedgefonds und Staatsfonds.51 Sie lassen sich in zwei Arten, den aktiven und passiven Investoren, unterscheiden. Insbesondere seit der Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 kommt es auf den Märkten vermehrt zu einer Verschiebung von aktiven hinzu passiven Investmentfonds.
Institutionelle Anleger haben in der Regel eine starke treuhänderische Verantwortung.52 Infolgedessen rückt die stichtagsbezogene Performance häufig in den Vordergrund, sodass Unternehmen mit regelmäßigen Gewinnausschüttungen präferiert werden.53 Einerseits bringen Investitionen in derartige Unternehmen eine jährliche Rendite mit sich, andererseits wird daraus geschlussfolgert, dass es sich um ein stabiles Unternehmen han- delt.54 Grundsätzlich haben sie ein gesteigertes Interesse daran, das Management des Unternehmens zu überwachen, um den künftigen Mittelzufluss sicherzustellen. Je nach Anlagephilosophie und gewichtetem Anteil des Investments am Gesamtportfolio des institutionellen Anlegers ist also davon auszugehen, dass er das Management im Sinne seiner Ziele beeinflusst.55
Bei den bisher beschriebenen Punkten handelt es sich um aktive institutionelle Investoren. Bei passiven institutionellen Investments handelt es sich vor allem um Exchange-Traded Fonds (ETF). ETFs haben lediglich das Ziel, einen bestimmten Index, beispielsweise einen Aktienindex wie den DAX30, möglichst genau zu replizieren.56 Daraus ist abzuleiten, dass weniger die Einflussnahme auf die unternehmerischen Entscheidungen eines einzelnen Unternehmens, sondern vielmehr die Minimierung des Tracking-Errors im Fokus eines ETFs steht. Im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds wird eine Investition nicht durch den Fonds selbst entschieden, sie ist allein durch die Zusammensetzung des zugrundeliegenden Indizes vollständig vorgegeben. Da die ETFs dementsprechend ständiger passiver Anteilseigner sind, haben sie ein Interesse an Dividendenzahlungen. Da auch passive Investoren stimmberechtigt sind, allerdings nicht dazu in der Lage sind, ihr Investment zurückzuziehen, ist also davon auszugehen, dass ETFs primär Einfluss über ihre Stimmrechte nehmen.57
Aufgrund der Heterogenität verschiedener Typen von Finanzinvestoren kann keine einheitliche Schlussfolgerung dahingehend abgeleitet werden, inwieweit sie den Unternehmenswert beeinflussen. Festzuhalten ist jedoch, dass sie in der Regel ein verstärktes Interesse an Dividendenzahlungen charakterisiert. Vor allem passive Investitionen sind in erster Linie nicht am Wachstum der Zielunternehmen, sondern an Mittelzuflüssen interessiert. Daraus wird abgeleitet, dass das Interesse an notwendigen Wachstumsinvestitionen unter Umständen geringer ausfällt als bei einem strategischen Investor. Nichtsdestotrotz ist auch der institutionelle Investor an konstanten Mittelzuflüssen interessiert, weswegen er seine Rolle als Kontrolleur des Managements wahrnimmt. Infolgedessen würde der Unternehmenswert aufgrund sinkender Informationsasymmetrien steigen. Unter der Annahme, dass institutionelle Anleger einen Informationsvorsprung gegenüber privaten Anlegern besitzen, kann großer Anteilsbesitz, gehalten von institutionellen Investoren, als ein Zeichen für positive Geschäftsaussichten interpretiert werden.58 Dies würde jedoch bedeuten, dass hohe Dividendenzahlungen der betreffenden Unternehmen eine redundante Information senden.
Des Weiteren gibt es Finanzinvestoren außerhalb der institutionellen Anleger, die allerdings in den vorliegenden Ausführungen nicht weiter klassifiziert werden, da eine Klassifizierung keinen Einfluss auf die Ergebnisinterpretation hat. Demgemäß werden die zuvor diskutierten Punkte zur Vereinfachung des Modells und zur klaren Abgrenzung zwischen Finanzinvestoren und strategischen Investoren auf Finanzinvestoren nicht-institutioneller Art übertragen.
2.3.3 Management als Eigentümer
Während sowohl strategische als auch institutionelle Investoren externe Kapitalgeber sind, ist die Eigentümerschaft des Managements eine interne Alternative. Da in den vorangegangenen Ausführungen unter Kapitel 2.2.2 detailliert auf diese spezielle Form der Eigentümerstruktur eingegangen wurde, soll dieser Themenbereich an dieser Stelle kurzgehalten werden. Basis für die vorliegende Arbeit ist die Erkenntnis von Jensen und Meckling (1976), dass der Manager eines Unternehmens nur dann die vollen Konsequenzen seiner Handlungen trägt, wenn er selbst hundertprozentiger Eigentümer des Unternehmens ist. Das Schrifttum liefert zu dieser Fragestellung weitreichende und zugleich widersprüchliche Evidenzen.59
2.3.4 Zusammenfassung
Abbildung 3: Ziele von Finanzinvestoren und strategischen Investoren60
2.4 Unternehmensbewertung mithilfe des Discounted-Cashflow-Verfahrens
Nachdem in den vorangegangenen Ausführungen der erste Teil der Fragestellung, die Anteilsbesitzstruktur, näher charakterisiert wurde, werden sich die folgenden Ausführungen auf den zweiten Teil, das Bewertungsniveau eines Unternehmens, konzentrieren. Neben anderen Bewertungsmethoden wie beispielsweise die Multiplikatoren-Methode ist der Discounted-Cashflow-Ansatz (DCF) das wohl gängigste Verfahren zur Bewertung eines Unternehmens.
Die zu bewertenden Unternehmen werden als Investitionsobjekte angesehen, die dem Eigentümer in Zukunft Mittel in Form von Zinsen oder Dividenden zufließen lassen.61 Der Unternehmenswert ermittelt sich aus der Summe der geschätzten künftigen Erträge und impliziert somit die erwartete Leistungsfähigkeit des Unternehmens.62 Unterschieden wird hierbei in den Bruttoansatz, „Entity-Approach“ und den Nettoansatz, “Equity-Approach“.63 Für die folgenden Ausführungen wird der Equity-Ansatz herangezogen. Die Gleichung der Equity-Methode stellt sich wie folgt dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Formel 2: Berechnung des Marktwertes des Eigenkapitals nach dem Equity-Ansatz64
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.4.1 Der Einfluss der Eigentümerstruktur auf den Flow to Equity
Bei allen DCF-Verfahren steht im Zähler eine Cashflow-Größe. Bei der Equity-Methode ist dies der sogenannte Flow to Equity (FTE), also der den Eigentümern zur Verfügung stehende Zahlungsmittelüberschuss. Abbildung 4 zeigt die grundsätzliche Berechnung des FTE.
Dementsprechend lässt sich mit dem operativen Cashflow (OCF) als Startpunkt folgende Gleichung aufstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Formel 3: Berechnung des Flow to Equity
Zur Vereinfachung des Modells werden alle Paramater, bis auf den OCF und den Investitionssaldo (I), als konstant angenommen. Dementsprechend ergibt sich:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Formel 3a: Verkürzte Form zur Berechnung des Flow to Equity I - wobei I und C in der Regel negative Werte annehmen.
Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kiem, R. (2018) S. 15 ff. Wird der Zähler des DCF-Modells isoliert betrachtet, kann eine Steigerung des Unternehmenswerts lediglich durch eine Steigerung des FTE erreicht werden. Unter der Annahme, dass strategische Investoren durch Wachstumsinvestitionen eine Wertsteigerung erreichen möchten, würde der FTE in t=0 zunächst aufgrund des negativen Investitionssaldos in t=0 sinken. Zahlt sich die in t=0 getätigte Investition jedoch aus, steigt infolgedessen der OCF in t=1+. Darüber hinaus versucht der strategische Investor über Synergieeffekte die Effizienz und Profitabilität zu erhöhen, was in der Folge eine Steigerung des OCFs mit sich bringt.
Da der FTE den Zahlungsüberschuss, der den Eigentümern zur Gewinnbeteiligung zur Verfügung steht, darstellt, sind Investoren mit einem gesteigerten Interesse an konstanten Mittelzuflüssen, wie beispielsweise Finanzinvestoren, an einem konstanten FTE interessiert. Demzufolge lässt sich Gleichung (3b) wie folgend aufgeführt darstellen:65
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Formel 3b: Verkürzte Form zur Berechnung des Flow to Equity II66
Bei einem Investitionssaldo von Null würde demnach ein konstanter OCF ausreichen, um die Ansprüche der Eigenkapitalgeber zu befriedigen. Das Unternehmen wird jedoch vermutlich Marktanteile verlieren, wenn es keine Wachstumsinvestitionen tätigt. Um Gleichung (3b) zu erfüllen, muss infolgedessen jede Investition, solange sie nicht durch eine Desinvestition saldiert wird, durch eine Steigerung des OCF aufgefangen werden.
Aus Kapitel 2.3.4 ist abzuleiten, dass Großaktionäre gewillt sind, Agency-Kosten zu reduzieren. Sinkende Agency-Kosten bedeuten ceteris paribus einen höheren OCF. Dementsprechend lässt sich schlussfolgern, dass nicht nur strategische Investoren, sondern auch Finanzinvestoren einen positiven Einfluss auf den OCF eines Unternehmens nehmen können.
2.4.2 Der Einfluss der Eigentümerstruktur auf die geforderte Eigenkapitalrendite
Die Cashflow-Größe im Zähler des DCF-Modells wird über die Eigenkapitalkosten beziehungsweise die erwartete Rendite der Eigenkapitalgeber im Nenner abgezinst.
Die Berechnung der Kapitalkosten wird üblicherweise mithilfe des Capital Asset Pricing Models (CAPM) durchgeführt, welches durch folgende Formel ausgedrückt wird:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da sowohl der risikolose Zins als auch die Marktrendite exogene Größen sind, können sie im Rahmen dieser Analyse vernachlässigt werden. Dementsprechend ist die einzige untersuchungswerte Größe der Beta-Faktor. Grundsätzliche Annahme der traditionellen Finance ist, dass jede Überrendite das Ergebnis eines Risikofaktors ist.67 Dieser Zusammenhang kann grafisch wie in Abbildung 5 dargestellt werden.
Dementsprechend gilt, dass ein höherer Beta-Faktor eine höhere geforderte Eigenkapitalrendite nach sich zieht.68 Da im DCF-Verfahren die FTE mit dieser Eigenkapitalrendite diskontiert werden, geht ein höherer Beta-Faktor unter sonst gleichen Umständen mit einer sinkenden Bewertung einher und umgekehrt.
Das CAPM basiert auf der Portfoliotheorie von Markowitz (1952). Das Risiko einer Aktie lässt sich demnach in ein systematisches Risiko, dem Marktrisiko, und einem unsystematischen Risiko, dem unternehmensspezifischen Risiko, aufgliedern. Der Beta-Faktor drückt aus, inwiefern sich das unternehmensspezifische Risiko vom Marktrisiko unterscheidet. Berechnet wird der Betafaktor durch die Standardabweichung eines gewählten Portfolios bzw. einer Aktie und dem Marktportfolio, multipliziert mit dem Korrelationskoeffizienten des Wertpapiers mit dem Markt. Ist der Beta-Faktor gleich Eins, liegt kein unternehmensspezifisches Risiko vor. Er drückt also die prozentuale Veränderung des Aktienpreises aus, wenn sich der Marktindex um 1% verändert.69
Wie in Kapitel 2.3.2 beschrieben, gilt die Annahme, dass institutionelle Anleger einen Informationsvorsprung gegenüber privaten Anlegern haben. Wird dieser Punkt mit Theorien bezüglich Herdenverhalten an den Kapitalmärkten in Verbindung gesetzt, wird abgeleitet, dass Aktienverkäufe von Kleinanlegern aufgrund des Vertrauens in einen großen institutionellen Blockholder verzögert oder gar vermieden werden können.70 Derartiges Verhalten hätte einen positiven Effekt auf den individuellen Betafaktor zur Folge. Gleiche Argumente gelten jedoch ebenso im Falle des Ausstiegs eines Großaktionärs, indem ihm weitere Anleger folgen. Grundsätzlich würde dies jedoch bedeuten, dass Anteilsbesitzkonzentration einen positiven Einfluss auf den Betafaktor und somit auf das Bewertungsniveau nimmt.
Konträr dazu steht, dass Anteilsbesitzkonzentration Abschläge in der Liquidität des Wertpapiers nach sich zieht, welche sich wiederum in einem Anstieg des „Bid-Ask-Spreads“ niederschlagen.71 Hohe Bid-Ask-Spreads führen zu einem Aufschlag der Risikoprämie und somit zu einem Abschlag in der Bewertung.72 Zusammenfassend ist der Einflussfaktor für die Liquidität der Anteile die Anzahl der Aktionäre, welche in Folge von Anteilsbesitzkonzentration sinkt.73
Das Ableiten einer finalen Hypothese, in welchem Umfang die Anteilsbesitzstruktur einen Einfluss auf den Beta-Faktor nimmt, ist an dieser Stelle nicht möglich. Es wird aufgrund der diskutierten Argumente geschlussfolgert, dass sich der Einfluss möglicherweise in zwei Richtungen auswirkt und sich die oben beschriebenen Punkte unter Umständen gegenseitig aufheben.
2.5 Einordnung in den Stand der Forschung
Das vorhandene Schrifttum zu der vorliegenden Forschungsfrage liefert unterschiedliche Ergebnisse. Wie in Kapitel 1 erwähnt, zeigten Berle und Means bereits im Jahr 1933 Evidenzen für den Einfluss der Anteilsbesitzkonzentration auf den Unternehmenswert. Die Autoren stellen einen Zusammenhang zwischen Anteilsbesitz und Unternehmenskontrolle her und postulieren, dass ein breit gestreuter Anteilsbesitz die Macht des Managers steigert. Unter der Annahme, dass sich die Interessen des Managers in der Regel von denen der Eigentümer unterscheiden, wird geschlussfolgert, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht zur Maximierung des Shareholder Values eingesetzt werden.74
Claessens und Djankov (1999) untersuchen diesen Zusammenhang für die Tschechische Republik infolge der großen Privatisierung für den Zeitraum von 1992 bis 1997 mit einer Stichprobe von 706 tschechischen Unternehmen. Das Resultat der Forschung zeigt, dass eine erhöhte Anteilsbesitzkonzentration eine höhere Arbeitsproduktivität sowie Profitabilität des Unternehmens hervorruft.75
Lins (2003) untersucht in seiner Studie den Zusammenhang zwischen Anteilsbesitz und Unternehmenswert bei Unternehmen in Wachstumsmärkten. Seine Stichprobe umfasst 1433 Unternehmen aus insgesamt 18 Schwellenländern, verteilt über verschiedene Kontinente. Das Resultat seiner Analyse zeigt, dass konzentrierter Anteilsbesitz außerhalb des Managements einen positiven Einfluss auf den Unternehmenswert nimmt. Darüber hinaus nimmt dieser Effekt in Ländern, in welchen ein grundsätzlich geringerer Aktionärsschutz besteht, signifikant zu.
Einer ähnlichen Fragestellung wie die vorliegende Arbeit gehen Vintila und Gherghina (2014) nach. Mithilfe von 334 statistischen Beobachtungen von Unternehmen der Bukarest Stock Exchange, über einen Zeitraum von fünf Jahren, modellieren die Autoren den prozentualen Anteilsbesitz der drei größten Aktionäre sowie die Summe dieser auf das Bewertungsniveau der Unternehmen, gemessen durch die Kennzahl Tobin's Q. Während dem größten Aktionär in dieser Studie kein Einfluss auf den Unternehmenswert nachgewiesen werden kann, nimmt der zweitgrößte Aktionär einen positiven Einfluss. Der Einfluss des drittgrößten Aktionärs ist bis zu einem Besitz von 13,08% positiv und wird darunter negativ. Hinsichtlich der unterstellten Koalitionen konnte ein positiver Zusammenhang lediglich bei der Summe aller drei Aktionäre festgestellt werden.
Inwiefern sich der Aktienkurs eines Unternehmens durch die Akquise eines größeren Aktienpaketes von einem externen Investor verändert, haben Bethel, Porter-Liebeskind und Opler (1998) für die Unternehmen der Fortune 500-List untersucht. Handelte es sich hierbei um einen aktiven Investor, so stieg der Aktienkurs innerhalb der darauffolgenden fünf Tage durchschnittlich um 15,7%.
Zusätzlich zu den vorhandenen Studien, die den Unternehmenswert explizit messen, gibt es weitere Forschungsfelder, die den Einfluss verschiedener Anteilsbesitzstrukturen auf andere Kennzahlen, mitunter auf die Performance, untersuchen. Das Schrifttum liefert in dieser Thematik ebenfalls pluralistische Ergebnisse.
Obgleich die beschriebenen Studien einen mitunter signifikanten Zusammenhang postulieren, werden die Ergebnisse weitestgehend nicht auf Wechselwirkungen zwischen abhängiger und erklärender Variablen untersucht. Zumindest in der Theorie ist es denkbar, dass der Zusammenhang zwischen dem Anteilsbesitz der Großaktionäre und dem Bewer- tungsniveau der Anteile umgekehrt funktioniert. Ein hohes oder niedriges Bewertungsniveau der Aktie könnte ebenfalls Einfluss auf die Anteilsbesitzstruktur des Unternehmens nehmen. Somit könnten beidseitige oder gar umgekehrte Wechselwirkungen bestehen.
Hu und Izumida (2008) analysieren den Einfluss von Anteilsbesitzkonzentration auf Corporate Performance bei börsennotierten Unternehmen in Japan von 1980 bis 2005 unter Berücksichtigung des zuvor beschriebenen Phänomens. Um beidseitige Wechselwirkungen auszuschließen, wird die Regression in der Analyse mithilfe des Granger-Causality- Tests sowie durch ein simultanes Gleichungssystem gestützt. Der Granger-Causality-Test zeigt einen Einfluss von Anteilsbesitzkonzentration auf die Performance und keinen Effekt in die andere Richtung. Das simultane Gleichungsmodell hingegen zeigt einen nichtlinearen Zusammenhang und einen nicht-signifikanten Einfluss von Performance auf den Anteilsbesitz.76
Machek und Kubicek (2018) beispielsweise zeigen anhand einer großen Stichprobe von 34.284 tschechischen Unternehmen, über einen Zeitraum von neun Jahren, einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen dem Herfindahl Index und der Profitabilität, gemessen durch den Return on Assets und Return on Equity. Auch für den US-amerikanischen Markt liefert das Schrifttum vergleichbare Ergebnisse.77
Eine Metaanalyse auf Basis von 33 Studien bezüglich des Einflusses von Anteilsbesitzkonzentration auf die Unternehmensperformance liefern Sânchez-Ballesta und Garcia- Meca (2007). Obwohl die Analyse keinen signifikanten Zusammenhang herstellen kann, postulieren die Autoren, dass der Einfluss von Anteilsbesitzkonzentration in Ländern mit charakteristisch höheren Konflikten zwischen Groß- und Kleinaktionären, höher ist, als bei Unternehmen im angelsächsischen Raum.78
Demgegenüber stehen diverse Studien, die keinen oder sogar einen negativen Zusammenhang zwischen Anteilsbesitzkonzentration und der Performance beziehungsweise dem Bewertungsniveau herstellen.
Die Untersuchung von Vasilic (2019) für die Belgrade Stock Exchange zeigt beispielsweise einen negativen Einfluss ab einer Anteilsbesitzkonzentration von 55% auf die Performance. Burkart, Gromb und Panunzi (1997) argumentieren, dass die Anteilsbesitzkonzentration einen Zielkonflikt zwischen Managementkontrolle und Anreizsystemen für das Management in sich birgt, so könnten beispielsweise Wachstumsinvestitionen gehemmt werden.
Zweifel an der Grundidee von Berle und Means (1933) äußert Demsetz (1983) sowie gemeinsam mit Lehn (1985). In ihrer Studie untersuchen die Autoren 511 US-amerikanische Unternehmen in Anbetracht der Fragestellung, in welcher Höhe die Anteilsbesitzkonzentration auf die Profitabilität wirkt. In der Analyse wird der prozentuale Anteil der größten fünf sowie der größten zwanzig Aktionäre kumuliert und auf jährliche Profitabilitätskennzahlen regressiert. Das Ergebnis ist, dass sich kein signifikanter Zusammenhang herstellen lässt.
Mit Bezug auf diese Ergebnisse veröffentlichten Himmelberg, Hubbard und Palia (1999) eine Studie, in der durch eine Panelregression mit Fixed Effects ebenfalls kein Zusammenhang zwischen Anteilsbesitz und Performance nachgewiesen werden kann.
Fama und Jensen (1983) betrachten dieses Forschungsfeld aus einem anderen Blickwinkel. Sie argumentieren, dass sich Anteilsbesitzkonzentration ab einer gewissen Höhe zulasten der kleineren Aktionäre auswirkt.
Zwiebel (1995) liefert indirekt theoretische Evidenz dafür, dass das Ausbleiben eines Großaktionärs zu einer Koalitionsbildung kleinerer Aktionäre führt, welche sodann die Rolle eines einzigen Großaktionärs übernehmen können.
Ein weiterer Forschungsbereich unter der übergeordneten Thematik der Anteilsbesitzkonzentration ist die Fragestellung, ob die Anteilsbesitzstruktur Einfluss auf die Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden nimmt. Zu dieser Fragestellung liefern mitunter die Autoren Thanatawee (2013), Brown et al (2003), Al-Najjar (2009) sowie Rojahn und Kuhlmann (2017) weitrechende Forschungsbeiträge.
Eine Übersicht über vergleichbare Studien hinsichtlich der Fragestellung der vorliegenden Arbeit zeigen die Abbildungen 6 und 7.
Resümierend lässt sich festhalten, dass das vorhandene Schrifttum zu keinen einheitlichen Schlüssen gekommen ist. Der deutsche Aktienmarkt bleibt weitestgehend unberührt, ebenso wie die Analyse beidseitiger Wechselwirkungen zwischen abhängiger und unabhängiger Variablen.
[...]
1 Vgl. Gompers, P. A. et al (2003).
2 Smith, A. (1776) S. 606 f
3 Vgl. Bethel, J., Porter Liebeskind J., Opler, T. (1998) S. 606.
4 Vgl. Young, M. N. (2008).
5 Vgl. ebenfalls Claessens, S., Djankov, S., Fan, J. P. H., Lang, L. H. P. (2002).
6 Vgl. Fama, E. F., French, K. R. (1996) S. 55ff
7 Vgl. Demsetz, H., Lehn, K. (1985).
8 Vgl. Drygala, T. (2012) S. 529.
9 Vgl. § 118 I AktG, § 134 AktG, § 131 AktG, § 245 AktG.
10 Vgl. §§ 58 IV 60 AktG, §§ 186 I, 212 AktG.
11 Vgl. Semler, J. (1996) S. 55.
12 Vgl. Easterbrook, F. H., Fischel, D. R. (1983) S. 403 ff.
13 Eigene Darstellung in Anlehnung an F. Ruhwedel (2002) S. 18 ff.
14 Vgl. Gutenberg, E. (1998).
15 Vgl. Picot, A., Dietl, H., Franck, E. (2002) S. 53 ff.
16 Vgl. Ebers, M, Gotsch W. (1995) S. 204 ff.
17 Vgl. Richter, R., Furubotn, E. G. (2010) S. 201 ff.
18 Vgl. Ebers, M, Gotsch W. (1995) S. 204-205.
19 Vgl. Ebers, M, Gotsch W. (1995) S. 207-208.
20 Vgl. Jung, S., Krebs, P. (2016) S. 313.
21 Vgl. Jung, S., Krebs, P. (2016) S. 314.
22 Vgl. Caillaud, B., Hermalin, B. E. (2000), S. 2 ff; Vgl. Boshkoska, M. (2015) S. 204.
23 Vgl. Boshkoska, M. (2015) S. 205.
24 Vgl. Vijayakumaran, R. (2019) S. 133.
25 Vgl. Siregar, H. et al (2015) S. 311 ff.
26 Vgl. Roberts, J. (2004) S. 3.
27 Vgl. Ang, J. S. et al (2000) S.81.
28 Vgl. Shleifer, A., Vishny R. W., (1986) S. 461; Gillan, S. L., Starks, L. T. (2003), S. 5; Easterbrook, F. H., Fischel, D. R. (1983).
29 Vgl. Albanese, R., Van Fleet, D. (1985), S. 244.
30 Vgl. Gugler, K. et al (2003) S. 514.
31 Vgl. Damodaran, A. (2015); Vgl. Pérez Carrillo, E. F. (2007); Vgl. La Porta, R. et al (2001) S. 5.
32 Vgl. Commission of the European Communities (2001).
33 Vgl. Myers, S. C. (1984), S. 581.
34 Vgl. Fama, E.F., French, K.R., (2012), S. 60.
35 Vgl. Gogineni, S. et al (2013) S. 1.
36 Vgl. Young, M. N. (2008).
37 Vgl. Babic, V., Nikolic, J. (2016) S. 69.
38 Vgl. Faccio, M. et al (2001); Vgl. Owusu, A. Weir, C. (2017) S. 3; Vgl. Gugler, K., Yurtoglu, B. B. (2003) S. 753.
39 Vgl. Peng, M. W., Sauerwald, S. (2012) S. 658.
40 Vgl. Jiang, Y., Peng, M. W. (2010) S. 4.
41 Vgl. Hirschman, A. (1971).
42 Vgl. Edmans, A. (2009).
43 Vgl. Brody, P., Ehrlich, D. (1998), S. 53.
44 Vgl. Arping, S., Falconieri, S. (2009), S. 1 ff;
45 Vgl. Barclay, M., et al (2009).
46 Vgl. Hellmann, T. (2002) S. 287.
47 Vgl. Dauderstädt, P. (2013) S. 30.
48 Vgl. Chesbrough, H. (2002) S. 95.
49 Vgl. Maula, M. (2007) S. 374 ff.
50 Vgl. Gillan, S. L., Starks, L. T. (2003), S. 3.
51 Vgl. Celik, S., Isaksson, M. (2014), S. 6.
52 Vgl. Chung, K. H., Zhang, H. (2009) S. 6.
53 Vgl. Dauderstädt, P. (2013) S. 30.
54 Vgl. Grinstein, Y., Michaely, R. (2005).
55 Vgl. Khan, T. (2006).
56 Vgl. Bogle, J. C. (2016) S. 11 ff.
57 Vgl. Evans, R. B. et al (2018) S. 2.
58 Vgl. Shleifer, A., Vishny (1986).
59 Vgl. Demsetz, H., Lehn, K. (1985); Vgl. Shleifer, A., Vishny, R. W., Morck, R. (1988); Vgl. Lins, K. (2003); Vgl. Lee, S. Ryu, K. (2003).
60 Eigene Darstellung in Anlehnung an Dauderstädt, P. (2013) S. 30.
61 Vgl. Ernst, D. et al (2010) S. 8.
62 Vgl. Hommel, M., Dehmel, I. (2008) S. 45 ff.
63 Vgl. Born, K. (2003) S.9.
64 Vgl. Vgl. Schmidlin, N. (2015) S. 147 ff.
65 Vgl. Lee, S. Ryu, K. (2003).
66 In Anlehnung an Pomp, T. (2015) S. 270.
67 Vgl. Sharpe, W. (1964); Vgl. Lintner, J. (1965); Vgl. Koller, T. et al (2015) S. 270.
68 Vgl. Jensen, M.C. (1969) S. 167.
69 Vgl. Al-Afeef, M. (2017) S. 183 ff.
70 Vgl. Daxhammer, R., Facsar, M. (2012) S. 97; Vgl. Montier, J. (2010) S. 727ff; Vgl. Hott, C. (2004) S. 48 ff.
71 Vgl. Boujelbéne, N. B., Bouri, A. (2008).
72 Vgl. Amihud, Y., Mendelson, H. (1989).
73 Vgl. Merton, R. C. (1987), S. 487 ff.
74 Vgl. Berle, A., Means, G. (1933).
75 Claessens, S., Djankov, S. (1999).
76 Vgl. Hu, Y., Izumida, S. (2008) S. 355 ff.
77 McConnell, J. J., Servaes, H. (1990).
78 Vgl. Sânchez-Ballesta J., Garcia-Meca E. (2007).
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