Im Rahmen von Assessment Centern (AC) machen sich die Beobachter Gedanken darüber, warum sich die Bewerber in der Situation so verhalten, wie sie es tun. Es werden Vermutungen über die Ursachen des Verhaltens angestellt. Anhand von konkreten Beispielen wird erläutert, welche drei Informationsarten die Beobachter nutzen, um die Ursachenzuschreibung auf die Person, die Situation oder die besonderen Umstände vorzunehmen.
Im Sinne einer objektiven, zuverlässigen und gültigen Messung von Eigenschaften im Rahmen eines AC ist es wichtig, dass die Beobachter das beobachtete Verhalten auf die korrekte Ursache attribuieren. Beschreiben Sie verschiedene Attributionsfehler. Dabei werden die Maßnahmen im Rahmen des Bewerbungsprozesses aufgezeigt, mit dem Attributionsfehler kontrolliert und minimiert werden.
Im dritten Teil wird aufgezeigt, was Zuckerman unter dem Begriff „Sensation Seeking“ verstanden wird. Zudem wird aufgezeigt was die Sensation Seeking Scale“ misst.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Aufgabe A1
Aufgabe A2
Aufgabe A3
Literatur- und Quellenverzeichnis
Einleitung
Unser tägliches Leben ist bestimmt durch unterschiedliche Phänomene der Sozialpsychologie. Wie und was denken wir über die Mitmenschen? Wie beeinflussen wir uns gegenseitig? Um diesen Fragen auf den Grund gehen zu können, beschäftigt sich die Sozialpsychologie mit Themen wie Macht, Einstellungsbildung oder auch Vorurteile.
Diese wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich jedoch nur mit einem Teilbereich der Sozialpsychologie und wird in drei Teilkapitel eingeteilt.
Im ersten Kapitel geht es um das beobachtbare Verhalten von Bewerbern in einem Assessment Center. Zur besseren Veranschaulichung wird hierfür das Kovariationsmodell nach Harold Kelley verwendet. Dieses Modell „[...] nimmt an, dass Beobachter kausale Schlüsse über das Verhalten ziehen, indem sie Daten über vergleichbare Fälle sammeln.“1 Auf das Modell und dessen Spezifikationen wird ferner genau eingegangen.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit sogenannten Attributionsfehlern, die bei einem Assessment Center auftreten können. Unter diesen Attributionsfehlern sind Fehler zu verstehen, die dazu führen könnten, eine Beobachtung falsch zu deuten. Auf die Messung und Minimierung dieser Fehler wird in diesem Kapitel ebenfalls eingegangen.
Zum Abschluss dieser Arbeit wird im letzten Kapitel das Thema Sensation Seeking behandelt. Dieser Begriff ist „[...] gekennzeichnet durch das Bedürfnis nach abwechslungsreichen, neuen, komplexen Eindrücken und Erfahrungen und der dazugehörigen Bereitschaft, physische und soziale Risiken in Kauf zu nehmen.“2 Was genau sich hinter diesem Begriff verbirgt und welche Bedeutung dieser für Menschen mit hohen Werten beim Sensation Seeking hat, wird im letzten Kapitel genau betrachtet und diskutiert.
Aufgabe A1
Wie bereits in der Einleitung beschrieben, geht es in diesem Kapitel um das beobachtbare Verhalten von Bewerben bei einem Assessment Center. Dieses soll vor dem Hintergrund des Kovariationsmodells nach Harold Kelley genauer erläutert und betrachtet werden, wobei zuvor kurz auf das Assessment Center generell eingegangen wird.
Beschließt ein Unternehmen neue Mitarbeiter zu rekrutieren, durchlaufen diese im ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren. Die Gestaltung dieses Verfahrens obliegt dem Unternehmen selbst, wobei unter anderem auch auf Assessment Center zurückgegriffen wird. Dieses Assessment Center dient den Recruitern zum Beobachten und Vergleichen der Bewerber in den jeweils vorgegebenen Aufgaben. Diese Aufgaben sind unternehmensseitig jeweils auf die zu besetzende Position zugeschnitten, wobei diese von Einzel- bis hin zu Gruppenaufgaben reichen können. Auch die Länge des Assessment Centers wird vom Unternehmen festgelegt und kann von einigen Stunden bis hin zu mehreren Tagen andauern. Ist das Assessment Center erstmal abgeschlossen vergleichen die Recruiter die Bewerber und können sich anhand ihrer Beobachtungen für den passenden neuen Mitarbeiter entscheiden.3
Vor dem Hintergrund eines Assessment Centers, soll im Folgenden auf das Kovariationsmodell nach Kelley eingegangen werden, welches auf der Grundlage der Attributionstheorie von Fritz Heider aufbaut. Seine Attributionstheorie besagt, „ [...] dass Menschen besonders daran interessiert sind, die persönlichen Dispositionen [(...)] herauszufinden, die das Verhalten anderer Menschen erklären. Mit anderen Worten wollen Beobachter wissen, wie ein Handelnder eigentlich dazu kommt, so zu handeln, wie er es tut.“4 Harold Kelley fügte seine Theorie hinzu, indem er behauptete, „[...] dass [Menschen] mehrere Informationen und mehrfache Beobachtungen berücksichtigen, wenn wir uns einen Eindruck bilden und Gedanken über die Ursache eines Verhaltens machen.“5 Kelley spricht hier von einer Kovariation, was bedeutet: ein „[...] gemeinsames Auftreten eines bestimmten Ereignisses mit einer bestimmten Art von Information.“6 Aus der Beobachtung des Verhaltens kann schlussendlich auf eine Ursache geschlossen werden. Zusammengefasst sagt das Kovariationsmodell aus, „[...] dass Beobachter kausale Schlüsse über das Verhalten anderer ziehen, indem sie Daten über vergleichbare Fälle sammeln.“7
Verdeutlicht wird die Anwendung des Kovariationsmodells nach Kelley anhand des Beispiels eines Assessment Centers. Wie bereits erwähnt, werden Assessment Center zur Personalauswahl genutzt. Hier werden Bewerber durch die Beobachtung innerhalb unterschiedlicher Gegebenheiten (Aufgaben, Orte, etc.) miteinander verglichen und anschließend bewertet und ausgewählt. Hierbei findet das Kovariationsmodell Anwendung, welches nun schrittweise erläutert wird.
Betrachtet wird hier das Szenario, in dem sich fünf unterschiedliche Bewerber (A,B,C,D und E) auf eine Position in Unternehmen Z bewerben und zu einem Assessment Center eingeladen werden. Das Assessment Center startet um 8:30 Uhr und endet voraussichtlich um 16:30 Uhr. Ein gemeinsames Mittagessen von 13 bis 14 Uhr ist ebenfalls geplant. Es wird hierbei lediglich auf die Beobachtung am Tage des Assessment Centers zurückgegriffen, weitere Faktoren wie zum Beispiel Krankheit/Müdigkeit/etc. der Bewerber bleiben ungeachtet. Zur Beobachtung sind zwei Mitarbeiter aus der Personalabteilung und der Leiter des Teams, für die die Stelle ausgeschrieben ist, geplant Gewählt werden die Aufgaben so, dass die Bewerber zu unterschiedlicher Zeit mit unterschiedlichen Menschen (Bewerber oder Mitarbeiter oder allein) und unterschiedlichen Aufgaben beobachtet werden können, welches anhand der zugrunde gelegten Agenda veranschaulicht wird:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Agenda Assessment Center
Die Kausalanalyse nach Kelley erfolgt in dem Zuge, dass die Beobachter das Verhalten der Bewerber während der Aufgaben betrachten und die Daten festhalten. Beim ersten Mathematik-Test werden die erreichten Punktzahlen der Bewerber miteinander verglichen. A, B, C und D haben alle mindestens 80 oder mehr Punkte erreicht. E schnitt mit 43 Punkten am schlechtesten ab. Bei der Gruppenaufgabe ließ sich beobachten, dass A und B den größten Einfluss auf die Zielerreichung hatten. C, D und E waren hingegen eher passiv. Die Präsentation im Anschluss übernahmen B und D, wobei B besser präsentierte. Die Beobachter stellen fest, dass Bewerber A und B am Ende des Tages am besten abschneiden. Der Effekt nach dem Kovariationsmodell scheint sich demnach wie folgt zusammenzusetzen:
Die Bewerber C, D und E können sich in unterschiedlichen Aufgaben zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Personenkonstellationen nicht durchsetzen. Diese Bewerber waren im Vergleich zu A und B demnach schlechter, woraufhin folgender Kausalschluss gezogen wird: Gemäß dem Kovariationsprinzip können die Bewerber C, D und E die entsprechend für die Stelle benötigten Fähigkeiten nicht aufweisen.
Im nächsten Schritt des Kovariationsmodells spricht Kelley von drei Informationsarten: die Distinktheits-, Konsensus- und Konsistenzinformation. Diese werden von Beobachtern genutzt, um die Ursachenzuschreibung auf die Person, die Situation oder die besonderen Umstände vorzunehmen, wobei die Ausprägungen dieser Informationsarten jeweils niedrig bis hoch sein können.
Distinktheitsinformation: „Informationen darüber, wie ein Handelnder unter ähnlichen Umständen auf unterschiedliche Entitäten (d.h. Objekte) reagiert.“8
Konsensusinformation: „Informationen darüber, wie sich unterschiedliche Handelnde gegenüber derselben Entität verhalten.“9
Konsistenzinformation: „Informationen darüber, ob sich das Verhalten eines Handelnden gegenüber einer Entität in verschiedenen Situationen und zu verschiedenen Zeiten unterscheidet.“10
Diese drei Informationsarten sollen nun mithilfe von jeweiligen Beispielen näher erläutert werden.
Bei der Distinktheitsinformation geht es um die Frage, ob sich beim Vergleich aller beobachteten Personen Unterschiede aufgeben. Betrachtet man alle Aufgaben (unterschiedliche Entitäten) haben die Beobachter festgestellt, dass Bewerber A und B immer besonders gut abschließen (= niedrige Distinktheit). Hohe Distinktheit liegt vor, wenn der Effekt nur bei einer bestimmten Aufgabe beobachtbar wäre (Bewerber A oder B hätten nur bei einer Aufgabe gut abgeschnitten).
Wird ein Vergleich von mehreren Personen durchgeführt (so wie bei einem Assessment Center) und wird dabei kein Unterschied unter den Personen festgestellt, spricht man von hohem Konsens. Niedriger Konsens liegt hingegen vor, wenn die Beobachter feststellen, dass der Effekt nur bei einer Person auftritt. Wird also angenommen, dass alle Bewerber beispielsweise die persönlichen Interviews gleich gut abschließen, spricht man von hohem Konsens (Persönliches Interview als Entität).
Bei der letzten Informationsart (Konsistenzinformation) geht es um den Aspekt der Zeit: inwieweit ändert sich demnach der Effekt zu verschiedenen Zeitpunkten. Wir nehmen an, dass die Bewerber vor dem Assessment Center einen Online-Test absolvieren mussten. Dieser beinhaltete unter anderem Aufgaben des Assessment Centers (Mathematik-Test, Situations-Test, Persönlichkeits-Test, etc.). Zwischen dem Online Test und dem Assessment Center liegen bei den Bewerbern etwa jeweils zwei Wochen. Auch hier waren die Ergebnisse ähnlich: Bewerber A und B hatten die besten Ergebnisse. Jedoch schnitt Bewerber E (überraschenderweise) ebenfalls besonders gut ab. Bei Bewerber A und B kann von hoher Konsistenz gesprochen werden, da der Effekt (besonders gute / besonders schlechte Ergebnisse) zeitlich unabhängig zu beobachten ist. Bei Bewerber E müssen die Ergebnisse jedoch in Frage gestellt werden. Es liegt eine niedrige Konsistenz vor, denn der Effekt (gute Ergebnisse von Bewerber E) war nur im Online-Test beobachtbar, nicht jedoch beim Assessment Center.
Eine Herausforderung des Kovariationsmodells ist, dass eine ideale Ursachenanalyse häufig nicht stattfindet, da den Beobachtern in der Regel meist nur eine einzige Beobachtung eines Effekts vorliegt. In diesem Modell gilt es also mögliche sogenannte Attributionsfehler zu minimieren, die im Zweifel dazu führen, dass die Beobachter sich für weniger qualifizierte Bewerber entscheiden.
Auf diese Attributionsfehler soll in Aufgabenteil A2 genauer eingegangen werden.
Aufgabe A2
Dieser Aufgabenteil befasst sich mit den Attributionsfehlern, die beim Beobachten von Bewerbern in einem Assessment Center auftreten können. Im nächsten Schritt geht es darum, mögliche Maßnahmen aufzuzeigen, um diese Attributionsfehler minimieren oder gänzlich vermeiden zu können.
Attributionsverzerrungen treten auf, wenn Menschen auf „[...] Vorwissen, [ihre] Erfahrungen oder Annahmen über Zusammenhänge [oder] erlernte Attributionsstile [zurückgreifen].“11 Diese gilt es jedoch gerade in der Personalauswahl zu minimieren. Im Folgenden werden nun beispielhaft einige mögliche Attributionsfehler beschrieben.
Die erste mögliche Attributionsverzerrung ist der fundamentale Attributionsfehler nach Lee Ross. Dieser beschreibt „[...], dass Menschen dazu neigen, externale Einflüsse zu unterschätzen, wenn Sie das Verhalten anderer Personen erklären wollen.“12 Hieraus folgt, dass der fundamentale Attributionsfehler derjenige ist, der einen Beobachter glauben lässt, die Ursache eines beobachtbaren Verhaltens rührt hauptsächlich aus dem Inneren der Person, äußere Umstände bleiben eher außen vor (dispositionale Zuschreibung). Diese Beobachtung wird durch die Wahrnehmung von bestimmten äußeren Reizen (Salienz) beeinflusst. Beispielsweise kann ein auffallendes Merkmal an der Person (Kleidung, Stimmfarbe, etc.) dafür sorgen, dass die Wahrnehmung der Beobachter entsprechend auf die Person gerichtet wird.13
Ein weiterer Attributionsfehler ist der Falsche-Konsensus-Fehler. Hierbei geht es darum, dass die Beobachter das beobachtbare Verhalten daran messen, wie sie sich selbst in der Situation verhalten würden. Es wird demnach erwartet, dass die beobachteten Menschen die gleichen Einstellungen, Werte und Überzeugungen wie die des Beobachters teilen.14
Die Akteur-Beobachter-Verzerrung ist eine weitere Attributionsverzerrung, die darauf hinweist, dass das Verhalten einer Person in einer Situation anders bewertet wird, als das eigene Verhalten in derselben Situation. Beobachtet man die Person in der Situation, führen die Beobachter die Ursache auf die Person zurück. Anders hingegen wird die Ursache gesehen, wenn man selbst in derselben Situation ist. Hierbei wird die Ursache auf die Situation zurückgeführt.15
Ferner kann auch die Diagnostizität ein Attributionsfehler sein. Diese Verzerrung beschreibt eine Interpretation des Charakters aufgrund von nicht normenkonformen Verhaltens. Zur Veranschaulichung kann folgendes Beispiel dienen: Wird eine Person bei einem Ladendiebstahl beobachtet (nicht normenkonformes Verhalten) schließen Beobachter in dem Fall eher auf den Charakter, als auf einen möglichen äußeren Umstand, nämlich die finanzielle Notlage der Person.16
[...]
1 Jonas et. al (2014) S.75
2 Becker (2014) S.64
3 Vgl. Assessment Center Academy Autor (n.b.)
4 Jonas et. al.(2014) S.72
5 Orth (2018) S.48
6 Ebd.
7 Orth (2018) S.48
8 Vgl. Jonas et.al.(2014) S.76
9 Vgl. Ebd.
10 Vgl. Ebd.
11 Orth (2018) S.53
12 Aronson (2014) S.120
13 Vgl. Orth (2018) S.53
14 Vgl. Ebd.
15 Vgl. Jonas (2014) S.94
16 Vgl. Orth (2018) S.54
- Citation du texte
- Regine Scheibel (Auteur), 2020, Beobachter in Assessment Centern, Attributionsfehler und Sensation Seeking, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/984006
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