Diese Arbeit ist eine Literaturrecherche zum Thema Spiegelneuronen. Dabei soll besonders auf ihre Relevanz in Bezug auf die Empathiefähigkeit des Menschen eingegangen werden.
Spiegelneurone sind eine Entdeckung des späten 20. Jahrhunderts und seither ein beliebtes Forschungsobjekt in der Psychologie und Neurologie. Entdeckt wurden die Neurone zufällig bei einem Experiment an Affen, die die Bewegungen der Wissenschaftler intuitiv spiegelten. Anhand dieser Entdeckung geht die Forschung davon aus, dass Menschen mithilfe der Spiegelneurone ebenfalls dazu in der Lage sind, neben Bewegungen und Handlungen auch Mimik und Gefühle zu spiegeln. Die Gefühle eines anderen nachzuempfinden und sich in jemanden einfühlen zu können ist ein wichtiger Bestandteil unseres sozialen Miteinanders. Umgangssprachlich bezeichnet man diese Fähigkeit als Einfühlungsvermögen oder Empathie. Da das menschliche Gefühlsspektrum sehr weitreichend ist, bezieht sich diese Hausarbeit explizit auf die Emotion Schmerz.
Inwieweit sind also Spiegelneurone dafür verantwortlich, dass wir den Schmerz anderer nachempfinden? Zur Erforschung des Nachempfindens von Schmerz haben Wissenschaftler Experimente durchgeführt, bei denen die Versuchsperson zuerst selbst Schmerzen erlitt und im Anschluss bei einer weiteren Person die gleichen Schmerzen beobachten musste. Dabei haben sie entdeckt, dass sich bei den beobachtenden Versuchspersonen die gleichen Hirnareale aktivieren, wie zu dem Zeitpunkt, als sie den Schmerz selbst erlitten. Deshalb besteht die Annahme, dass Spiegelneurone für diese Aktivierung verantwortlich sein könnten.
Inhaltsverzeichnis
Hamburger Fern-Hochschule
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Spiegelneurone in Bezug auf Empathie
1.1 Begriffsbestimmung Empathie
1.2 Die Rolle der Spiegelneurone
1.3 Schmerznachempfindung
1.3.1 Funktion der Schmerznachempfindung
1.3.2 Experimente und aktueller Forschungsstand
2 Kritik an Spiegelneuronen
3 Methodisches Vorgehen bei der Literaturrecherche
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Spiegelneurone sind eine Entdeckung des späten 20. Jahrhunderts und seither ein beliebtes Forschungsobjekt in der Psychologie und Neurologie. Entdeckt wurden die Neurone zufällig bei einem Experiment an Affen, die die Bewegungen der Wissenschaftler intuitiv spiegelten. Anhand dieser Entdeckung geht die Forschung davon aus, dass Menschen mithilfe der Spiegelneurone ebenfalls dazu in der Lage sind, neben Bewegungen und Handlungen auch Mimik und Gefühle zu spiegeln. Die Gefühle eines anderen nachzuempfinden und sich in jemanden einfühlen zu können ist ein wichtiger Bestandteil unseres sozialen Miteinanders. Umgangssprachlich bezeichnet man diese Fähigkeit als Einfühlungsvermögen oder Empathie. Da das menschliche Gefühlsspektrum sehr weitreichend ist, bezieht sich diese Hausarbeit explizit auf die Emotion Schmerz. Inwieweit sind also Spiegelneurone dafür verantwortlich, dass wir den Schmerz anderer nachempfinden? Zur Erforschung des Nachempfindens von Schmerz haben Wissenschaftler Experimente durchgeführt, bei denen die Versuchsperson zuerst selbst Schmerzen erlitt und im Anschluss bei einer weiteren Person die gleichen Schmerzen beobachten musste. Dabei haben sie entdeckt, dass sich bei den beobachtenden Versuchspersonen die gleichen Hirnareale aktivieren, wie zu dem Zeitpunkt, als sie den Schmerz selbst erlitten. Deshalb besteht die Annahme, dass Spiegelneurone für diese Aktivierung verantwortlich sein könnten.
Die Spiegelneuronenforschung befasst sich mit der Verbesserung und Förderung der persönlichen Empathiefähigkeit. Dabei ist davon auszugehen, dass es gerade für Kinder und Jugendliche ein bedeutsames Thema ist. Aufgrund ihres geistigen Entwicklungsstadiums ist es leichter Einfluss auf die Heranwachsenden zu nehmen. Da es hier um das breitgefächerte emotionale Spektrum geht, ist natürlich unter anderem das Schmerznachempfinden und Mitleid gegenüber unseren Mitmenschen äußerst relevant. Die Forschung an Spiegelneuronen ist aber auch ein wesentliches Feld in der klinischen Medizin und Psychologie. Insbesondere Autismus und die Behandlung von Läsionen im zerebralen Kortex spielen in vielen Abhandlungen und Studien eine zentrale Rolle.
Empathie und das (Nach-)Empfinden von Schmerz ist thematisch der Emotionspsychologie zuzuordnen. Spiegelneurone im Allgemeinen werden, aufgrund Ihrer Entdeckung, eher der Lernpsychologie zugeordnet. Aus diesem Teilbereich der Allgemeinen Psychologie II stammt auch die Idee zur Hausarbeit. Die Fokussierung auf Schmerz hat sich erst im Laufe der Literaturrecherche ergeben. Besonders interessant ist dieses Thema im Hinblick auf die Hirnaktivitäten bei Schmerzempfindung. Außerdem konnte auch festgestellt werden, dass wir beim Mitfühlen von Schmerzen einen Unterschied zwischen nahestehenden und fremden bzw. unbeliebten Personen ziehen, was in den folgenden Unterpunkten noch weiter erläutert wird.
1 Spiegelneurone in Bezug auf Empathie
Spiegelneurone sind Nervenzellen, die bei der Beobachtung einer Handlung das gleiche Aktivitätsmuster im Gehirn zeigen, wie sie es auch bei der eigenen Ausführung zeigen würden. Als diese Neuronen zufällig entdeckt wurden, untersuchten der italienische Neurophysiologe Giacomo Rizzolatti und sein Team 1996 den prämotorischen Kortex von Makaken und die Erkennung von motorischen Aktionen. (Rizzolatti, Fadiga, Gallese & Fogassi, 1996, S. 137). Es zeigte sich, dass die Affen Bewegungen, wie z.B. das Ergreifen einer Nuss, intuitiv spiegelten und hier scheinbar ein Lernprozess stattfand. Wichtig hierbei ist, dass dieses Experiment ohne emotionale Bedeutung stattgefunden hat. Übertragen wir jedoch diese Ergebnisse auf den Menschen geschieht es selten, dass eine Handlung oder Aktion ohne ein Motiv ausgeführt wird. Der Mensch handelt beispielsweise aus Freude, Ehrgeiz oder Mitleid oder unterlässt die Handlung aus Furcht, Ekel oder Schmerz.
Ein von Schmerz verzerrtes Gesicht etwa ist laut Eilert (2018, S. III.3.5.b) kultur- und länderübergreifend durch zusammengezogene Augenbrauen, angespannte Augenlider, geschlossene Augen und ein Hochziehen der Oberlippe gekennzeichnet. Zusätzlich können auch Beruhigungsgesten vermehrt auftreten, die Lippen seitlich auseinandergezogen oder aufgeschrien werden. (Eilert, 2018, S. III.3.5.b). Eben diese Erkennung der Anzeichen einer Emotion ist die grundlegende Funktion unserer Empathie.
1.1 Begriffsbestimmung Empathie
Die Bezeichnung Empathie findet in vielen Publikationen verschiedene Definitionen. Überwiegend unterscheiden sich die Erklärungen in den Begriffen sich „Ein-Fühlen“ oder mit jemandem „Mit-Fühlen“. „Gemeinsam ist den Definitionen die Beschreibung, dass es durch Empathie zu einer affektiven und kognitiven Bezugnahme zu einer anderen Person kommt.” (Häusser, 2012, S. 323). Kognitive Empathie bedeutet, dass die beobachtende Person sieht, was ein anderer fühlt, während affektive Empathie das Nachempfinden von Gefühlen anderer beschreibt. Als umgangssprachliches Synonym verwendet man auch das Wort Einfühlungsvermögen. Hierbei sollte allerdings Mitgefühl, trotz der Formulierung, von Empathie abgegrenzt werden, da es sich um explizit fürsorgliche Emotionen handelt, die aber nicht den möglichen Emotionen des Gegenübers entsprechen müssen. (Altmann, 2019).
1.2 Die Rolle der Spiegelneurone
Eine wichtige Funktion der Spiegelneurone in empathischer Hinsicht ist das Verstehen der emotionalen Reaktionen des Anderen. Um die Neuronen am Menschen zu untersuchen ist derzeit die funktionelle Magnetresonanztomographie die gebräuchlichste Methode. Bezugnehmend auf Rizzolatti und Sinigaglia (2012, S. 187) aktiviert die Beobachtung von Emotionen anderer, insbesondere Mimik und Gestik, die Spiegelneuronen in unserem prämotorischen Kortex. Diese Informationen werden zur Insula und weiteren somatosensorischen Arealen weitergeleitet, um eine Kopie des Handlungs- und Aktivierungsmusters der Emotion zu veranlassen. Mithilfe dieser Kopie wird in unserem Gehirn ein Muster ausgelöst, das dem des Senders ähnelt und wir somit seine Gefühle nachempfinden können. (Rizzolatti et al., 2012, S. 187). Im Falle einer Schädigung des prämotorischen und damit inbegriffen des gesichtsmotorischen Systems, kann die Fähigkeit zur Erkennung von Gesichtsausdrücken maßgeblich eingeschränkt sein. Das lässt aber wiederum schlussfolgern, dass wir die Gefühle anderer Menschen nur dann nachempfinden können, wenn wir auch dazu in der Lage sind, die Gesichtsausdrücke innerlich zu simulieren. (Keysers & Kober, 2013, 141 f.). Des Weiteren reduzieren Anspannung, Angst und Stress laut Bauer sehr stark die Signalrate der Spiegelneurone. Die Fähigkeit andere zu verstehen, unser Einfühlungsvermögen und die Wahrnehmung von weiteren wichtigen Details der Umwelt ist nicht mehr möglich, sobald der Organismus unter Druck oder Angst steht. (Bauer, 2016, S. 39).
1.3 Schmerznachempfindung
Im Folgenden sollen wissenschaftliche Experimente, der aktuelle Forschungsstand sowie die Relevanz des Nachempfindens von Schmerz genauer dargestellt werden.
1.3.1 Funktion der Schmerznachempfindung
Die evolutionäre Funktion der Emotion Schmerz ist dem Organismus zu signalisieren, dass etwas für den Körper schadhaft sein könnte. Schmerzen, die den eigenen Körper betreffen, werden durch Nervenzellen registriert und an den Gyrus cinguli weitergeleitet. Laut Bauer (2016, S. 50) befindet sich dort unser Lebensgefühl und emotionaler Grundzustand. Erkennen wir in der Mimik eines anderen Menschen Schmerzen, so können die Spiegelneurone des gesichtsmotorischen Systems aktiviert werden. Somit sind wir in der Lage sowohl kognitiv als auch affektiv den Schmerz des anderen nachzuempfinden. Allerdings hat sich gezeigt, dass wir nicht bei jedem Mitmenschen Mitgefühl empfinden. Gerade bei denjenigen, die uns eher fremd oder sogar unbeliebt sind, neigen wir weniger dazu Empathie zu zeigen. In solch einem Fall wird der Schmerz des anderen zwar wahrgenommen, aber nicht empathisch nachempfunden. Besteht jedoch ein gutes Verhältnis zum Gegenüber, so ist das Zeigen von Mitgefühl oder Mitleid und das Spiegeln seiner Gefühle wahrscheinlicher. (Rizzolatti et al. 2012, S. 190).
1.3.2 Experimente und aktueller Forschungsstand
Zur Erforschung der Schmerzempfindung und der daraus folgenden Nachempfindung haben die Experimente von W. Hutchison und T. Singer beigetragen.
William Hutchison und seine Kollegen untersuchten 1999 schmerzbezogene Neuronen im cingulären Kortex. Dabei wurde einem Patienten, der aufgrund einer epileptischen Erkrankung am Gehirn operiert werden musste, Schmerzen in Form eines Stiches am Finger zugefügt. Es war zu beobachten, dass sich Nervenzellen am Gyrus cinguli aktivierten. Im Nachgang fügte sich der Leiter des Experiments unter der Beobachtung vom Patienten die gleichen Schmerzen zu. Die Nervenzellen vom Patienten schlugen bei der Beobachtung genauso aus, wie zu dem Moment, als er den gleichen Schmerz erlebte. (Bauer, 2016, S. 51; zit. n. Hutchison, Davis, Lozano, Tasker & Dostrovsky, 1999). "Da der Gyrus cinguli das zentrale Emotionszentrum des Gehirns darstellt, sind die Spiegelneurone, die hier entdeckt worden waren, nicht mehr und nicht weniger als ein Nervenzellsystem für Mitgefühl und Empathie." (Bauer, 2016, S. 51). Diese Entdeckung ist besonders herausragend, da es klinisch meist nicht möglich ist, das Gehirn mit Elektroden zu verbinden. Die Aktivierung der Nervenzellen ist somit genauestens belegt.
Singer und ihre Kollegen (2004, S. 1157) hingegen führten ihr Experiment mit 16 Paaren mithilfe der funktionellen Bildgebung durch. Die Probanden erlitten den Schmerz in diesem Fall über eine Elektrode auf dem Handrücken in Form eines Stromstoßes. Während die Männer nur den schmerzhaften Stimulus erhielten, mussten die Frauen sowohl den Schmerz erfahren als auch diesen bei ihrem Partner beobachten. Es zeigte sich, dass sich bei der Beobachtung die Insula, der cinguläre Kortex, der Hirnstamm und das Kleinhirn analog zum eigenen Schmerzempfinden aktivierten. Die Aktivierung der Gehirnareale findet somit auf affektiver Ebene statt. Singer postuliert, dass die Repräsentation in den Hirnarealen eine Doppelfunktion haben. Zum einen geben sie uns ein Bewusstsein für die Auswirkungen von emotionalen Stimuli für den eigenen Körper. Zum anderen lassen sie uns Reize, die eine andere Person empfängt, verstehen, deuten und die damit verbundenen Folgen vorausahnen. (Singer et al., 2004, S. 1157).
Ein wichtiger Aspekt der meisten neurowissenschaftlich motivierten Untersuchungen von Empathie ist, dass die Aktivierung gemeinsamer Repräsentationen im Beobachter meist automatisch und ohne bewusste Wahrnehmung initiiert wird. Beispielsweise wurden die Teilnehmer der Studie von Singer nicht darüber informiert, dass das Ziel der Studie darin besteht, empathiebezogene neuronale Reaktionen zu untersuchen. Sie wurden vielmehr angewiesen, sich passiv anzuschauen, wie der eigene Partner die Stromstöße erleidet. (Singer & Lamm, 2009, S. 89).
Die Erforschung der Spiegelneurone unter dem Aspekt der Empathie und damit auch des Schmerznachempfindens ist dahingehend so relevant, um zu verstehen, wie neuronale Prozesse in unserem Gehirn funktionieren. Mit diesem Wissen ist es uns möglich Defizite, wie zum Beispiel bei Autisten oder Psychopathen, auszugleichen und die Empathiefähigkeit zu fördern. Dies trägt zu einem besseren sozialen Miteinander bei, ohne das der Mensch kaum überlebensfähig wäre.
2 Kritik an Spiegelneuronen
Auch wenn Spiegelneurone scheinbar einen großen Einfluss auf unsere Empathie haben, bedeutet dies nicht, dass sie das gesamte Konzept der Empathie erklären. So zeigen die Untersuchungen der Spiegelneurone laut Häusser „[…] lediglich korrelative Zusammenhänge zwischen neuronalen Aktivitäten und psychischem Erleben […]“. (Häusser, 2012, S. 332). Diese Annahme bestätigen auch Lamm und Majdandžić, da es zudem an empirischer Unterstützung fehlt. (Lamm & Majdandžić, 2015, S. 19). Damit ist unter anderem die Untersuchungsmethode gemeint. Bereits zuvor wurde erwähnt, dass die Untersuchungsmethoden aktuell noch begrenzt sind. Bildgebende Verfahren können nie eine Aktivierung von Nervenzellen so genau darstellen, wie es Elektroden an den jeweiligen Hirnarealen können. Darüber hinaus ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus den Experimenten an Makaken auf den Menschen in Frage zu stellen. (Lamm et al., 2015, S. 19). Makaken zählen nicht zu der Gattung der Menschenaffen und sind somit körperlich nicht in allen Aspekten vergleichbar.
3 Methodisches Vorgehen bei der Literaturrecherche
Im Folgenden wird dargestellt, wie die Literaturrecherche durchgeführt wurde und welche Stichworte und Literatur letztendlich zu einer vollständigen Hausarbeit geführt haben.
Die Recherche begann mit einer generellen Auseinandersetzung des Themas über Google, auf Basis der Kenntnisse aus dem Studienbrief II „Lernpsychologie“ aus dem Modul Allgemeine Psychologie II. Dort sind vor allem Namen von Wissenschaftlern aufgetaucht, die maßgebend an der Erforschung der Spiegelneuronen beteiligt waren bzw. nach wie vor sind.
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- Citation du texte
- Vanessa Reich (Auteur), 2020, Die Bedeutung der Spiegelneurone im Hinblick auf unsere Empathiefähigkeit. Dein Schmerz ist auch mein Schmerz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/983549
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