Inhalt
1. Untersuchung zur Beurteilung von Gut und Böse und von verschiedenen moralischen Konzepten.
2. heteronome und autonome Moral
3. Kritik:
3a. Moralische Perspektive, Veränderbarkeit von Regeln und Kontingenz von Vergehen und Strafen (Dimension 1 bis 3)
3b. Objektive Verantwortlichkeit (Dimension 4)
3c. Orientierung an Strafen und Autoritäten vs. Orientierung an Prinzipien der Gerechtigkeit (Dimensionen 5 bis 9)
4. Zusammenfassung
Literatur
Charakteristika der heteronomen Moral und der autonomen Moral
(zit. nach Trautner, 1997, Band 2, S.419)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Untersuchung zur Beurteilung von Gut und Böse und von verschiedenen moralischen Konzepten.
Im allgemein, fragt moralischen Urteil über Gut und Böse, nach der gerechten Bestrafung von Vergehen und nach dem Verständnis verschiedener moralischer Konzepte, wie z.B. Stehlen und Lügen.
Die Methode: Piaget und seine Mitarbeitern erzählten Kinder zwischen 5 und 13 Jahren Geschichten, in denen ein Kind entweder etwas beschädigt, etwas stiehlt, lügt usw. Die Geschichten waren so konstruiert, daß sie bei den Probanden einen kognitiven Konflikt erzeugen sollten. Zu einigen Problemen wurden jeweils Geschichtenpaare vorgelesen. Wie z.B. das Geschichtenpaar von Hans und Heinz (zit. nach Piaget, 1954, S. 134).
Geschichte A:
Ein kleiner Junge namens Hans war in seinem Zimmer. Man rief ihn zum Essen. Er ging ins Speisezimmer. Aber hinter der Tür stand ein Stuhl. Auf dem Stuhl war ein Tablett, und auf dem Tablett standen fünfzehn Tassen. Hans konnte nicht wissen, daß all dies hinter der Tür war. Er trat ein: die Tür stieß an das Tablett und bums!, die fünfzehn Tassen zerbrachen.
Geschichte B:
Es war einmal ein kleiner Junge, der hieß Heinz. Eines Tages war seine Mama nicht da, und er wollte Marmelade aus dem Schrank nehmen. Er stieg auf einen Stuhl und streckte den Arm aus. Aber die Marmelade war zu hoch, und er konnte nicht drankommen. Als er doch versuchte, daran zu kommen, stieß er an eine Tasse. Die Tasse ist heruntergefallen und zerbrochen.
Die Probanden sollten die folgenden Fragen beantworten:
ob die Kinder in Geschichte A und Geschichte B gleich schlimm sind, oder ob eines von beiden schlimmer ist. In letzterem Fall sollte angeben werden, welches von beiden Kindern schlimmer ist und warum.
Mit dem ersten Geschichtenpaar soll ein Konflikt zwischen der Bewertung der objektiven Größe des Schädens (Handlungsfolge) und der Bewertung der subjektiven Motivation (Handlungsabsicht) geschaffen werden.
Das zweite Geschichtenpaar zielt einen Vergleich zwischen der altruistischen und der egoistischen Motivation eines Verhaltens an.
Mit der Befragung zu einer Reihe ähnlicher Geschichten wollte Piaget herausbekommen,
- wie unterschiedliche Strafen für ein Vergehen beurteilt werden,
- welche Art des Zusammenhangs zwischen Vergehen und Bestrafung gesehen wird und,
- inwieweit Autoritäten im Vergleich zu Kindern größere Rechte eingeräumt werden.
- Außerdem ließ er die Kinder verschiedene Begriffe wie z.B. lügen oder stehlen definieren und die Definition begründen.
Die erste Frage (Definition der Lüge) ist mit dem Problem der objektiven Verantwortlichkeit und des moralischen Realismus verbunden. Es handelt sich darum, zu wissen, ob das Kind begriffen hat, daß lügen ,,bewußt und absichtlich die Unwahrheit sagen" heißt.
Web (6 Jahre):
,,Was ist eine Lüge?" - ,,Das heißt, wenn man häßliche Sachen sagt, die man nicht sagen dürfte." - ,,Was beutet dies `häßliche Sachen´?" - ,,Daß er häßliche Sachen gesagt hat." - ,,Sage mir häßliche Worte! Kennst Du welche?" - ,,Aas." (Charogne. Dieses Wort wird so häufig in der französischen Schweiz als Fluch- oder Schimpfwort gebraucht, daß sehr viele seine wirkliche Bedeutung nicht mehr kennen.) - ,,Ist das eine Lüge?" - ,,Ja." - ,,Warum?" - ,,Weil es ein häßliches Wort ist." - ,,Wenn ich Dummkopf sage, ist das dann auch eine Lüge?" - ,,Ja." - ,,Ein Kind hat eine Tasse heruntergeworfen, sagte aber, es sei es nicht gewesen. Ist das eine Lüge?" - ,,Ja." - "Warum?" - ,,Weil es es doch getan hat." Betrachte diesen Herrn (einen Studenten). Ich behaupte, daß dieser Herr 39 Jahre alt ist. Sind Sie 39 Jahre alt?" (Der Student antwortet: ,,Nein, nur 36") - (Zu Web): ,,Ist das eine Lüge zu sagen, er sei 39 Jahre alt, wenn er 36 Jahre alt ist?" - ,,Ja das ist eine Lüge." - ,,Warum?" - ,,Weil er 36 Jahre alt ist." - ,,Ist das eine häßliche Lüge oder nicht?" - ,,Nicht häßlich" - ,,Warum nicht?" - ,,Weil es kein häßliches Wort ist." - ,,Wenn ich sage zwei und zwei sind fünf. Ist das eine Lüge oder nicht?" - ,,Ja." - ,,Eine häßliche oder nicht?" - ,,Nicht häßlich." - ,,Warum?" - ,,Weil es kein häßliches Wort ist"(zit. nach Piajet, 1954, S.156).
Rib (7 Jahre):
,,Weißt Du was eine Lüge ist?" - ,,Das ist lügen." - ,,Was ist lügen?" - ,,Häßliche Worte sagen." - ,,Wann sagt man lügen?" - ,,Wenn man etwas sagt, was nicht wahr ist." - ,,Ist das dasselbe, ein häßliches Wort und eine Lüge?" - ,,Nein, das ist nicht dasselbe." - ,,Warum nicht?" - ,,Das ist sich nicht ähnlich." - ,,Warum hast Du mir gesagt, eine Lüge sei ein häßliches Wort?" - ,,Ich glaubte, es wäre dasselbe"(zit. nach Piajet, 1954, S.157).
Die Lüge ist ein mittels Sprache begangenes moralisches Vergehen. Das Aussprechen häßlicher Worte ist ebenfalls ein mittels Sprache begangenes Vergehen. Für das kleinere Kind, das in Wirklichkeit keine innere Hemmung gegen die Lüge empfindet und noch mit 6 Jahren ungefähr so lügt wie es fabuliert oder spielt, stehen die beiden Verhaltensweisen auf der gleichen Ebene.
2. Heteronome Moral und autonome Moral
Aus Antworten der Kinder auf die Fragen zu Regeln und Regelverletzungen schloß Piaget auf charakteristische Arten des Denkens über moralische Sachverhalte. Als idealtypische Ausprägung der frühen, unreifen und der späten, reifen moralischen Urteile stellte er die sogenannte heteronome Moral, die auch Zwangsmoral genannt wird, der autonomen Moral bzw. kooperativen Moral gegenüber.
- Bei heteronomer Moral legen äußere Instanzen (Eltern, Gott, Staat) die Normen fest und sanktionieren (bestrafen) Abweichungen davon.
- Bei autonomer Moral entscheidet die Person selbst nach inneren Wertmaßstäben, was richtig und was falsch ist.
Der heteronomen Moral geht ein sogenanntes vormoralischer Zustand (bis etwa 4-5 Jahre) voraus in dem die Kinder noch kein Regel- oder Normenbewußtsein zeigen und vor allem die soziale Funktion der Regeln und Normen nicht erkennen. Die Regeln werden durch Autoritäten gesetzt, die auch berechtigt sind, Abweichungen zu bestrafen. Gut oder böse oder ungerecht ist das, was die Autoritäten so bezeichnen. Dieses Stadium wird abgelöst durch das der Autonomie. Die Heranwachsenden entscheiden nun selbst mit, was gut und richtig ist, sie vereinbaren die Gebote und Verbote, die Spielregeln und zwar unter Bezugnahme auf Maßstäbe der Gerechtigkeit. Von den Grundschuljahren an, kann man Überzeugungen dieser Art beobachten.
Die Antworten der sechsjährigen beruhten nicht auf einem Mißverständnis. Sie wußten sehr wohl, was Gleichbehandlung ist, und sie forderten in anderem Zusammenhang Gleichbehandlung unter Kindern. Piaget schilderte eine zweite Geschichte, in der Kinder Ball spielen, der Ball häufiger auf die Straße fliegt und die Mitspieler immer wieder den gleichen Jungen auffordern, den Ball zurückzuholen. Dies fanden alle sechsjährigen ungerecht. In diesem Fall forderten sie Gleichbehandlung. Dieser Unterschied in der Beurteilung ist Ausdruck der Heteronomie im Sinne des Respekts vor der moralischen Autorität der Erwachsenen, die im frühen Alter als unfehlbar anerkannt sind.
Die Entwicklung von der heteronomen Vorgabe zur autonomen Vereinbarung von Regeln bestätigt sich auch in der Definition, was eine Verfehlung ist. Für jüngere Kinder ist eine Verfehlung eine objektive Verletzung von Geboten und Verboten oder Ungehorsam gegenüber einer Autorität, für ältere eine Verletzung des Vertrauens, der gegenseitigen Achtung und der auf Vereinbarung beruhenden gerechten Ansprüche der Partner. Die Jüngeren beziehen sich auf den Wortlaut von Geboten und Verboten, die Älteren auf den Sinn von sozialen Normen, den sie in der Aufrechterhaltung gemeinschaftlichen Lebens sehen.
Dementsprechend wandeln sich auch die Ansichten, was eine gerechte Strafe sei. Jüngere Kinder fordern Sühnestrafen, wenn sie Übertretungen zu beurteilen haben. Nicht selten werden drakonische Strafen ohne Gespür für die Verhältnismäßigkeit von Strafe und Vergehen als gerechte Sühne vorgeschlagen. Ältere Kinder plädieren für Strafen, die eine Wiedergutmachung beinhalten, oder solche, die eine natürlich Konsequenz der Verfehlung darstellen, womit der Sinn der verletzten Norm demonstriert wird. Eine gerechte Strafe für Lüge ist Zweifel an der Wahrheit einer Aussage des Lügners bei nächster Gelegenheit. Eine gerechte Strafe für Ungefälligkeit ist reziproke Ungefälligkeit bei nächster Gelegenheit. Eine gerechte Strafe ist damit nicht primär eine Sühne, sondern demonstriert den Sinn der verletzten Norm. Reine Sühnestrafen werden häufig abgelehnt, weil sie mit der Verfehlung ,,nichts zu tun haben".
Moralische Autonomie beruht auf einer Einsicht in den Sinn von Normen für das Leben in der Gemeinschaft. Die Verletzung einer Norm ist eine Gefährdung des sozialen Bandes, des Vertrauens und der gegenseitigen Verantwortlichkeit.
3.1 Moralische Perspektive, Veränderbarkeit von Regeln und Kontingenz von Vergehen und Strafen (erste bis dritte Dimension)
Piaget sagt, daß der Egozentrismus und Realismus des voroperatorischen Denkens mit der Verabsolutierung des eigenen moralischen Standpunkts zu tun hat. (Der eigene Standpunkt gilt für alle).
Piaget hat nicht genau zwischen dem Verstehen des Regelkonzepts und dem Regelverständnis getrennt.
Piaget unterscheidet außerdem nicht streng zwischen Problemen der Regeländerung und der Regelverletzung und konfundiert Aussagen der Kinder zur Herkunft von Regeln mit Schlußfolgerungen bezüglich ihrer Umwandelbarkeit (Turiel, 1983).
Turiel unterscheidet zwischen sozialen Konventionen (z. B. Tischsitten, Spielregeln) und moralischen Normen (wie z. B. nicht betrügen oder lügen). Sei werden sich unterschiedlich entwickeln.
3.2 Objektive Verantwortlichkeit versus (gegen) subjektive Verantwortlichkeit (vierte Dimension)
Nach Piaget ist die heteronome Moral des jüngeren Kindes durch die objektive Verantwortlichkeit gekennzeichnet, d. h. Beurteilung nach den sichtbaren Folgen einer Handlung (autonome Strafe).
-Während im Stadium der autonomen Moral überwiegend die Absichten das moralische Urteil bestimmen (die Frage, warum hat er das gemacht?) - subjektive Verantwortlichkeit
-Basis für diese Schlußfolgerung sind die Antworten der Kinder Geschichtenpaare wie das von Hans und Heinz (im ersten Beispiel)
3. Kritik
Sie begründet sich in:
1) daß die einfache Unterscheidung von Absichten und Folgen einer Handlung zu ungenau ist
2) daß die Beachtung und Gewichtung der Absichten von Inhalt und der Präsentation der Information abhängen und
3) daß Piaget die Fähigkeit und Bereitschaft jüngerer Kinder, Absichten zur Bewertung von Handlungen heranzuziehen, erheblich unterschätzt hat.
Von den vier möglichen Kombinationen guter und schlechter Absichten mit geringen und großen Schaden, hat Piaget in seinen Geschichten nur die beiden Kombinationen verwendet:
a) gute Absicht mit großen Schaden und
b) schlechte Absicht mit geringem Schaden.
Absichten und Folgen sind damit konfundiert und die jeweiligen Schäden sind eher das zufällige Ergebnis einer Nachlässigkeit als die direkte Folge der beabsichtigten Handlung. Die berichtete gute oder schlechte Absicht bezieht sich vielmehr auf eine andere Handlung als die, die zu einem Schaden führt.
Piaget vergleicht somit nicht einen absichtliche herbeigeführten Schaden mit einem zufällig eingetretenen Schaden, sondern einen großen Schaden (z. B. das Zerbrechen von 15 Tassen) im Zusammenhang mit einer positiven Handlung (z. B. der Aufforderung Folge zu leisten, zum Essen zu kommen) und einen geringen Schaden im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten (z. B. heimlich Marmelade zu naschen).
Geschichte Absicht der Handlung 1 Verursachung eines Schadenshöhe
Schädens durch Handlung 2
A gut zufällig groß
B schlecht zufällig gering
*Werden ausschließlich Informationen über gute und böse Absichten gegeben und nicht über Handlungsfolgen mitgeteilt, werden die Absichten im Urteil sehr stark gewichtet (Surber, 1977).
3.3 Orientierung an Strafen und Autoritäten gegen (versus) Orientierung an Prinzipien der Gerechtigkeit (fünfte bis neunte Dimension)
Bei heteronomer Moral wird sich an Strafen und Autoritäten orientiert und bei autonomer Moral wird sich an Prinzipien und Gerechtigkeit orientiert. Piaget bezeichnet den Übergang von heteronomer zu autonomer Moral als die anwachsende Fähigkeit, Gegenseitigkeit und Gleichheit (Gerechtigkeit), als Grundlage sozialer Beziehungen zu erkennen.
Anstelle des einseitigen Respekts für Autoritäten tritt die gegenseitige Achtung zwischen Gleichen.
Kritik von William Damon (1977/1984, 1980):
(zit. nach Damon, 1977).
Damon fragte vier- bis zehnjährige Jungen und Mädchen nach den Grenzen der elterlichen Autorität und der Autorität Gleichaltriger und was jemanden dazu legitimiert, Autorität auszuüben.
,,Das hier ist Peter (bei Mädchen: Michelle), und das hier ist seine Mutter, Frau Johnson. Frau Johnson möchte, daß Peter jeden Tag sein Zimmer aufräumt, und sagt ihm, daß er nicht zum Spielen hinausgehen darf, bevor er nicht sein Zimmer aufgeräumt und seine Spielsachen weggepackt hat. Eines Tages kommt nun Peters Freund Michael vorbei und erzählt Peter, daß alle Kinder sich zu einem Picknick fertigmachen und gleich losgehen wollen. Peter möchte mit, aber in seinem Zimmer herrscht eine heillose Unordnung. Er sagt seiner Mutter, daß er keine Zeit habe, jetzt sein Zimmer aufzuräumen, daß er es aber später tun werde. Seine Mutter sagt Nein!, er müsse zu Hause bleiben und das Picknick ausfallen lassen" (zit. nach Trautner, 1997, S. 426)
Im Anschluß an die Geschichte stellt Damon u. a. folgende Fragen: Was soll Peter tun? Warum? War seine Mutter im Recht, ihn nicht weggehen zu lassen? Was ist, wenn er unbemerkt weggehen kann?
Aus den Antworten der Kinder schloß Damon auf sechs Niveaus (Ebenen) des Verständnisses von Autorität und Gehorsam:
1) Das Kind unterscheidet nicht zwischen Autoritätserfahrungen und eigenen Bedürfnissen.
2) Das Kind erkennt den Konflikt zwischen Autoritätsforderungen und eigenen Bedürfnissen, gehorcht aber, um Ärger oder Strafen zu vermeiden. Autorität wird durch physische Überlegenheit legitimiert.
3) Gehorsam basiert auf der Achtung des Kindes vor der Allmacht und dem Allwissend der sozial und physisch überlegenen Autorität. (Verehrung, Bewunderung)
4) Das Kind gehorcht aus Dankbarkeit für das, was die Autoritätsfigur früher für es getan hat. (Ehrung)
5) Autorität wird verstanden als eine Beziehung zwischen grundsätzlich Gleichen mit gleichen Rechten, jedoch einem unterschiedlichem Ausmaß an Erfahrung und Kenntnis. (Ehrung)
6) Autoritätsbeziehungen werden als wechselseitige Beziehungen zwischen Parteien angesehen, wobei die eine Partei vorübergehend Autorität ausübt, um dem Wohlergehen aller zu dienen. Gehorsam ist eher situationsspezifisch als eine generelle Haltung gegenüber einer überlegenen Person.
4. Zusammenfassung
Piaget (1932/ 1954) versuchte, die moralische mit der allgemeinen kognitiven Entwicklung des Kindes, zu verbinden. Während das Kind die Stufen der kognitiven Entwicklung durchläuft, gewichtet es Handlungsergebnis und Handlungsintention auf unterschiedliche Weisen. Ein Kind auf der präoperationalen Stufe (Heteronome Moral) beurteilt jemand, der aus Versehen mehrere Tassen kaputtmacht, als böser als jemanden, der eine einzige Tasse mit Absicht zerbricht. Sobald das Kind ein bißchen älter ist, wird es die Absicht des Handelnden stärker in sein Urteil einbeziehen (Autonome Moral). Als zweiter Grund für die heteronome Moral nannte Piaget den einseitigen Respekt für Erwachsene bzw. Autoritäten. Der Übergang von der heteronomen zur autonomen Moral hat nicht nur mit der kognitiven Entwicklung des Kindes zu tun, sondern auch mit Erfahrungen sozialer Gleichheit in der Gruppe der Gleichaltrigen, sowie der damit einhergehenden Ablösung von der Unterwerfung unter die Autorität der Erwachsenen. Piagets Kritiker sagen, daß in seinen Unterschungen moralische Probleme zu sehr auf die Beurteilung von Personen nach gut und böse und nach der Strafwürdigkeit ihres Verhaltens eingeschränkt hat. Es geht bei ihm meist darum zu beurteilen, wie schlecht eine Person ist, die sich in einer vorgegebenen Situation in einer bestimmten Art und Weise verhält. Piaget erfragte hingegen nicht, wie sich eine Person in einer bestimmten Situation verhalten sollte und warum sie sich so verhalten sollte, was ihr das Recht dazu gibt bzw. was sie dazu verpflichtet. Dies sind zentrale Fragen, die Lawrence Kohlberg in seiner Analyse der Moralentwicklung angibt.
Literatur
Piaget, J. (1932/1954). Das moralische Urteil beim Kinde,Zürich: Rascher & Cie. AG
Trautner, H.M. (1997 Band 2). Lehrbuch der Entwicklungspsychologie,Hogrefe-Verlag
William, K. (1970/1975). Die moralische Entwicklung des Kindes,Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf.
Damon, W.(1977). Self-understanding and moral devolopment from childhood to adolesence.
In W.M. Kurstines & J.L. Gewirtz (Eds.), Morality, moral behavior, and moral devolpment (pp. 109-127). New- York: Wiley.
- Quote paper
- Stefan Kusinski (Author), 1998, Moral Entwicklung beim Kinde nach Piaget, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98345
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