Der Begriff des "inneren Sprechens", selten auch "Endophasie" genannt, hat eine lange Tradition. Seit der Antike ist der Begriff, als sprachphilosophisches Konzept, mit der Frage nach dem Verhältnis von Denken und Sprechen verknüpft. (WAHMHOFF, S. 1) Die Frage nach der Funktion des inneren Sprechens war auch, mit Unterbrechungen in den 50er und 60er Jahren diesen Jahrhunders, ein klassisches Thema der Leseforschung. (NEUMANN, S. 4)
Zu Beginn der Forschung wurde innere Sprache mit der Reproduktion von Wörtern oft gleichgesetzt. "Denken heißt schweigend zu sich selbst sprechen", hatte man schon im Altertum formuliert. Beginnend mit Plato, haben Philosophen, Linguisten und Psychologen diesen Gedanken weiterentwickelt. (WILD, S. 63)
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die menschliche Sprache in erster Linie von Philologen und Philosophen wissenschaftlich betrachtet. (KLATT, S. 40) Es wurde lange Zeit angenommen, daß die innere Sprache die selbe Struktur wie die äußere Sprache habe. (LURIJA, S. 153)
Eine der ersten zusammenhängenden Darstellungen einer Theorie der inneren Sprache gab Samuel Stricker im Jahre 1880. In der Einleitung zu seinem "Studien über die Sprachvorstellungen" beschreibt er eine Selbstbeobachtung:
"Ich kann bei der größten Anspannung meiner Aufmerksamkeit in den Sprachorganen keine Spur einer Bewegung entdecken. Und doch kommt es mir vor, als ob ich den Vers, den ich still durchdenke, mitreden würde."
Stricker untersucht seine eigenen Gefühle bei bestimmten Lauten. Dabei stellt er fest, daß er die selben Gefühle hat - ob er den Laut nun laut spricht, oder ob er ihn still denkt. Damit beschreibt Stricker eine enge Beziehung zwischen artikulierter Sprache und sprachlichen Vorstellungen. (WAHMHOFF, S.41)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung/Historie
- Anstöße durch L. S. Wygotski
- Allgemeine Definition nach Wygotski
- Methodische Probleme
- Entwicklung und Entstehung der inneren Sprache
- Belege für die Existenz der inneren Sprache
- "Zerebrale Position" der inneren Sprache
- Funktionen der inneren Sprache
- Die Art der inneren Sprache
- Die Syntax der inneren Sprache
- Wortschatz der inneren Sprache
- Semantik der inneren Sprache
- Verständlichkeit der inneren Sprache für andere
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht den Begriff des inneren Sprechens, eine zentrale Thematik in der Sprachphilosophie und Psychologie. Das Ziel ist es, die Entstehung und Entwicklung der inneren Sprache zu beleuchten, insbesondere im Kontext der Theorien von L. S. Wygotski. Die Arbeit analysiert die Funktionen, die Struktur und die Art der inneren Sprache, indem sie die Erkenntnisse von Wygotski und anderen Forschern zusammenführt.
- Die Rolle des inneren Sprechens in der kognitiven Entwicklung
- Die Beziehung zwischen innerer und äußerer Sprache
- Die Funktionen und Eigenschaften der inneren Sprache
- Die "Zerebrale Position" der inneren Sprache
- Die Entwicklung der inneren Sprache aus der egozentrischen Sprache
Zusammenfassung der Kapitel
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Einleitung/Historie: Das Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung des Begriffs "inneres Sprechen" und die verschiedenen Perspektiven auf seine Funktion. Es wird auf die frühen Theorien von Philosophen und Linguisten eingegangen, die innere Sprache oft mit der Reproduktion von Wörtern gleichsetzten. Das Kapitel zeigt, wie die Forschung sich im Laufe der Zeit entwickelte und schließlich zu einer komplexeren Sichtweise auf die innere Sprache führte.
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Anstöße durch L. S. Wygotski: Dieses Kapitel stellt L. S. Wygotski und seine bedeutenden Beiträge zur Forschung über die innere Sprache vor. Wygotski betonte die Bedeutung der inneren Sprache für das Denken und die kognitive Entwicklung. Das Kapitel beleuchtet Wygotskis methodische Ansätze und seine Auseinandersetzung mit der Pädiologie, die in der Sowjetunion zu einem Verbot seiner Werke führte. Es wird auch auf die spätere Wiederentdeckung und Wertschätzung seiner Schriften im Westen eingegangen.
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Allgemeine Definition nach Wygotski: Das Kapitel stellt Wygotskis Definition der inneren Sprache vor, die sich von früheren Ansätzen unterscheidet. Wygotski betonte, dass die innere Sprache nicht einfach eine lautlose Wiederholung der äußeren Sprache ist, sondern eine eigenständige Form mit spezifischen Funktionen und Strukturen. Das Kapitel beleuchtet Wygotskis Kritik an anderen Theorien, wie beispielsweise der von K. Goldstein, und erklärt, warum er die innere Sprache als eine "Verdampfung" der Sprache in den Gedanken betrachtete.
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Methodische Probleme: Das Kapitel diskutiert die methodischen Herausforderungen, die mit der Erforschung der inneren Sprache verbunden sind. Die innere Sprache ist nicht direkt beobachtbar, daher mussten Forscher verschiedene Methoden entwickeln, um sie zu untersuchen. Das Kapitel erläutert die Entwicklung von der Introspektion zur Beobachtung verbaler Schilderungen und schließlich zum "lauten Denken". Es wird auch auf Wygotskis Ansatz eingegangen, die egozentrische Sprache als Analogon zur inneren Sprache zu untersuchen.
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Entwicklung und Entstehung der inneren Sprache: Das Kapitel vergleicht die Theorien von Piaget und Wygotski zur Entwicklung der inneren Sprache. Während Piaget die egozentrische Sprache als eine Übergangsphase betrachtete, die verschwindet, sah Wygotski sie als eine Vorstufe der inneren Sprache. Das Kapitel erklärt Wygotskis Argumentation, dass die egozentrische Sprache tatsächlich eine soziale Funktion hat und sich im Laufe der Entwicklung in Richtung der inneren Sprache entwickelt.
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Belege für die Existenz der inneren Sprache: Das Kapitel präsentiert empirische Belege für die Existenz der inneren Sprache. Es werden Untersuchungen aus verschiedenen Epochen vorgestellt, die die motorischen Komponenten der inneren Sprache mithilfe von elektromyografischen Messungen und anderen Techniken nachweisen konnten. Das Kapitel zeigt, wie die Forschung die Theorien von Wygotski bestätigte und die Bedeutung der inneren Sprache für kognitive Prozesse untermauerte.
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"Zerebrale Position" der inneren Sprache: Das Kapitel befasst sich mit der Frage nach der "Zerebralen Position" der inneren Sprache. Es werden frühe Versuche von Samuel Stricker zur Lokalisierung der inneren Sprache im Gehirn diskutiert, die jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis führten. Das Kapitel geht auf die Rolle der linken Hemisphäre und insbesondere der prämotorischen Zonen bei der Verarbeitung der inneren Sprache ein.
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Funktionen der inneren Sprache: Das Kapitel beschreibt die Funktionen der inneren Sprache, wie sie von Wygotski und anderen Forschern definiert wurden. Wygotski sah die innere Sprache als ein Werkzeug für die geistige Orientierung, die Bewusstmachung und die Überwindung von Schwierigkeiten. Das Kapitel erläutert die Rolle der inneren Sprache im Willensakt und ihre Bedeutung für kognitive Prozesse wie Lernen und Problemlösen.
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Die Art der inneren Sprache: Das Kapitel untersucht die Art der inneren Sprache, insbesondere im Hinblick auf ihre Struktur und ihren Charakter. Wygotski argumentierte, dass die innere Sprache eine verkürzte, stenografische Sprache ist, die sich von der äußeren Sprache unterscheidet. Das Kapitel diskutiert Wygotskis Thesen über die Syntax, den Wortschatz und die Semantik der inneren Sprache und ihre Bedeutung für die kognitive Entwicklung.
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Die Syntax der inneren Sprache: Das Kapitel analysiert die Syntax der inneren Sprache, die sich laut Wygotski von der Syntax der geschriebenen und gesprochenen Sprache unterscheidet. Wygotski argumentierte, dass die innere Sprache prädikativ geprägt ist und sich durch ihre Kürze und Lakonie auszeichnet. Das Kapitel erläutert die Bedeutung des prädikativen Charakters für die Funktion der inneren Sprache.
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Wortschatz der inneren Sprache: Das Kapitel befasst sich mit dem Wortschatz der inneren Sprache, der sich laut Wygotski durch seine Idiomatizität und Reduktion auszeichnet. Es wird erläutert, wie die innere Sprache Wörter verkürzt und sogar "sterben" lässt, um den Gedanken zu gebären. Das Kapitel zeigt, wie Wygotski die innere Sprache als eine "fast wortlose Sprache" betrachtete.
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Semantik der inneren Sprache: Das Kapitel analysiert die Semantik der inneren Sprache, die sich laut Wygotski durch die Vorherrschaft des "Sinnes" über die Bedeutung auszeichnet. Wygotski argumentierte, dass die innere Sprache den Zusammenhang über den Satz stellt und mehrere Wörter zu einem Wort zusammenfasst. Das Kapitel erläutert, wie die Wortbedeutungen in der inneren Sprache oft Idiome sind, die nicht in die äußere Sprache übersetzt werden können.
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Verständlichkeit der inneren Sprache für andere: Das Kapitel diskutiert die Frage, ob die innere Sprache für andere verständlich ist. Wygotski argumentierte, dass die innere Sprache für Außenstehende unverständlich bliebe, da sie verkürzt und voller Kurzschlüsse ist. Das Kapitel erläutert, dass die innere Sprache nur dann für andere verständlich würde, wenn man sie von ihrem sozialen Ausgangspunkt bis zu ihrem individuellen Endstadium verfolgen könnte.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das innere Sprechen, die kognitive Entwicklung, die Theorien von L. S. Wygotski, die egozentrische Sprache, die Funktionen der inneren Sprache, die Syntax, den Wortschatz und die Semantik der inneren Sprache. Die Arbeit beleuchtet die Beziehung zwischen innerer und äußerer Sprache und untersucht die "Zerebrale Position" der inneren Sprache. Empirische Forschungsergebnisse werden präsentiert, um die Existenz und die Bedeutung der inneren Sprache für das Denken und Lernen zu beleuchten.
- Citation du texte
- Frank Rosenbauer (Auteur), 1996, "Das Wort stirbt und gebiert den Gedanken": Zum inneren Sprechen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9821
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